KINO ASYL gewinnt den Dieter Baacke Preis in der Kategorie interkulturelle und internationale Projekte
KINO ASYL gewinnt den Dieter Baacke Preis in der Kategorie interkulturelle und internationale Projekte
„Wir schaffen das!“ Mit diesen Worten versuchte die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Sommer 2015 im Zuge der damals beginnenden Flüchtlingskrise eine politische Marschrichtung vorzugeben. Was wohl als Motivation gemeint war, wurde allerdings von vielen Menschen als Provokation wahrgenommen.Vielleicht weil dieser Satz eine entscheidende Frage unbeantwortet ließ, nämlich: „Wie schaffen wir das?“
Wenn tausende Menschen aus Angst vor Krieg und Terror dazu gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen und sie Zuflucht bei uns in Deutschland suchen, dann braucht es zur Bewältigung dieser Herausforderung mehr als nur motivierende Worte. In praktisch allen Lebensbereichen sind die Geflüchteten auf Unterstützung und Hilfe angewiesen. Angesichts existenzieller Notlagen stehen Konzepte zur Förderung des kulturellen Austauschs dabei nicht gerade oben auf der Prioritätenliste – obwohl gerade sie wichtige Rahmenbedingungen schaffen, um Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, Vorurteile zu überwinden und Respekt und Toleranz zu fördern.
Genau hier setzt das Projekt „Kino Asyl“ an. Die Kernidee ist dabei so einfach wie genial: Geflüchtete kuratieren ein Filmfestival mit Produktionen aus ihren Herkunftsländern. Hinter diesem Ansatz verbirgt sich eine ganze Bandbreite von Potentialen, die medienpädagogische wie auch bildungs- und kulturpolitische Zielsetzungen miteinander verbinden. Von Anfang an sind die Teilnehmer in alle organisatorischen Bereichen aktiv eingebunden. Sie stellen das Filmprogramm zusammen, gestalten Plakate und Programmhefte, organisieren Presse – und Öffentlichkeitsarbeit, übersetzen oder untertiteln die Filme und präsentieren sie schließlich vor Publikum. Im Rahmenprogramm runden musikalische und kulinarische Eindrücke aus ihren Heimatregionen das Festival ab.
Auf diese Weise macht „Kino Asyl“ das Medium „Film“ zur Grundlage eines Kulturevents mit vorbildlich partizipativem Charakter. Dass dabei nicht die individuellen Schicksale der Geflüchteten im Mittelpunkt stehen, sondern die Vielfalt ihrer Herkunftskulturen, zeichnet das Projekt in besonderer Weise aus. Hier wird kulturelle Identität zur Ressource eines Austauschs auf Augenhöhe. Die Flüchtlinge haben die Chance, ihren Blick nach vorne zu richten und Perspektiven für einen Neuanfang in Deutschland auszuloten. Nicht die Frage „Was habe ich in meiner Heimat zurücklassen müssen?“ steht im Fokus, sondern vielmehr die Frage: „Was bringe ich in das neue Land mit und wie kann ich Anderen Aspekte meiner Herkunftskultur vermitteln?“ Den Besuchern des Festivals wird damit ein tiefgehender und sehr persönlicher Einblick in eine für Sie ansonsten unerreichbare Lebenswelt ermöglicht. Die Filme werden zum Ausgangspunkt für Dialog und Diskurs. Sie bilden ein Gegengewicht zu Klischees und Ressentiments und stellen diffusen Ängsten reale Bilder gegenüber.
„Kino Asyl“ wurde in München initiiert, einer Stadt, die wie kaum eine andere von der Flüchtlingskrise überrascht wurde. Längst sind aber alle Kommunen mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Vor diesem Hintergrund erlangt dieses interkulturelle Filmprojekt einen weiteren besonderen Stellenwert – nämlich als ein ausdrücklich zur Nachahmung empfohlenes Modell. Wenn wir in zehn Jahren auf diese Zeit zurückblicken und uns fragen werden, wie wir das alles geschafft haben, dann sind es Projekte wie diese, von denen man sagen wird: „So haben wir das geschafft!“
Der Dieter Baacke Preis 2016 in der Kategorie „Internationale und interkulturelle Projekte“ geht an „Kino Asyl“ und das Team des Medienzentrums München. Herzlichen Glückwunsch!
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