Jahresbericht 2014
Berichte über die Projekte aus Forschung und Praxis, sowie Informationen über die Publikationen des JFF aus dem Jahr 2014
Wiewohl unsere Gesellschaft noch sehr real ist, stand das Wissenschaftsjahr 2014 unter dem Motto „Die digitale Gesellschaft“. An einem Projekt des Wissenschaftsjahres, „Jugend erforscht die digitale Gesellschaft“, das Jugendliche zur Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Forschung und Analyse zur fortschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche anregen sollte, beteiligte sich auch das JFF. Schülerinnen und Schüler setzten sich gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit aktuellen Forschungsarbeiten zur digitalen Gesellschaft auseinander, hinterfragten die Ergebnisse,
diskutierten die Konsequenzen und präsentierten ihre Sicht auf die Forschung in Kurzvorträgen. Die Vielfalt der von den Jugendlichen gewählten Interessensgebiete war beeindruckend und reichte von „Neue Regeln für Online-Werbung? Werbung in der digitalen Gesellschaft“ über „Überwachung im Alltag“ bis hin zu „Wird die Handschrift aussterben?“. Sehr engagiert analysierten und diskutierten die Jugendlichen und mindestens ebenso engagiert präsentierten sie ihre Ergebnisse auf einer Jugendtagung im Münchner Feierwerk.
Neben diesem Projekt spielte die Digitalisierung der Gesellschaft in vielen anderen Projekten und Aktivitäten eine zentrale Rolle. Nicht zuletzt auf der Fachkonferenz Medienkompetenz, die das JFF Anfang 2014 gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung, der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten und der politischen Akademie Tutzing veranstaltete. Unter dem
Titel „Medienpädagogik im digitalen Umbruch“ diskutierten Fachleute aus dem deutschsprachigen Raum die Perspektiven für die Medienpädagogik. Die Fachkonferenz baute auf einer Tagung des JFF und ihrer Veröffentlichung aus dem Jahr 1998 auf (Schell/Stolzenburg/Theunert: Medienkompetenz: Grundlagen und pädagogisches Handeln. München 1999).
Die damals erarbeiteten Grundlagen sollten mit der Fachkonferenz Medienkompetenz 2014 diskutiert und weiterentwickelt werden. Im Austausch der teilnehmenden Expertinnen und Experten wurden Fragen rund um Medienkompetenz heute, an Thementischen zu Inklusion, zu politischer Teilhabe, Schule und außerschulischer Bildung diskutiert und in Arbeitsgruppen unter dem Aspekt der Altersgruppen ‚Kindheit‘, ‚zwischen Kindheit und Jugend‘ sowie ‚Jugend‘ vertieft. Diskussionsrunden mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Praxis und Politik eruierten den Bedarf an Transfer von tragfähigen Konzepten für verschiedene Praxisfelder.
Vielfältig wie diese Tagung war das inhaltliche Spektrum des JFF im vergangenen Jahr. So wurde unter anderem im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Broschüre zu Kindern und Online-Werbung erarbeitet. Das Thema Medianeignung in der Familie bleibt auch weiter wichtig, da sich die Tendenz, dass Kinder immer früher v.a. über Tablets und Smartphones mit medialen Inhalten in Berührung kommen, fortsetzt und sich hieraus sowohl Forschungsbedarfe als auch die Notwendigkeit der Weiterentwicklung von pädagogischen Modellen und Konzepten ableiten. Im Medienzentrum München des JFF steigt die Nachfrage nach Fortbildungen und Informationsveranstaltungen für die Frühpädagogik, v.a. im Bereich der Krippen. In diesem Kontext konnten wir eine Zusammenarbeit mit dem Institut für Frühpädagogik realisieren: Wir begleiteten die Dokumentation der Bayerischen Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende der Grundschulzeit. Hier erweiterten wir unsere Kontakte zu frühpädagogischen Bildungseinrichtungen in Bayern und entwickelten neue Ansatzpunkte für medienpädagogische Angebote.
Sowohl bei der Arbeit mit Familien als auch bei allen Projekten mit Kindern und Jugendlichen ist Offenheit für alle sozialen und kulturellen Vorerfahrungen zentral. Gerade grenzüberschreitende
Projekte zeichnet dies besonders aus. Gemeinsam mit dem Arbeiter-Samariter-Bund wurde ein außergewöhnliches Projekt realisiert. Jugendliche aus der Fernsehredaktion matz reisten für acht Tage nach Kiew, um dort – noch vor Beginn der Unruhen – ehemalige ukrainische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die in München und Bayern während des 2. Weltkrieges eingesetzt waren, zu ihrer Biografie zu interviewen. Um die Gruppe auf das schwierige Thema einzustimmen, wurden sie an zwei Wochenenden in Workshops inhaltlich und technisch vorbereitet. In Kiew startete dann ein umfangreiches Programm zu Kultur, Geschichte, Krieg und Zwangsarbeit. Dazu kamen mehrere Begegnungen mit Zeitzeugen, -zeuginnen und Jugendlichen aus Kiew, die ebenfalls auf diesem Feld forschten. Die Reisegruppe dokumentierte ihre Reiseeindrücke täglich per Blog. Wieder zurück in München produzierten die Jugendlichen eine Radiosendung im Störfunk und einen 45-minütigen Dokumentarfilm, der 2015 auf Festivals präsentiert und auf matz ausgestrahlt wird. Im Frühjahr 2015 kommt es nun zu einem Gegenbesuch. Einige Jugendliche aus Kiew und einige ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter kommen nach München und verbringen hier eine Woche. Auch von diesem Besuch werden die Münchner Jugendlichen berichten.
Auch bezogen auf die medialen Entwicklungen gab es im Jahr 2014 neue Projekte. So haben die deutschlandweit vom JFF durchgeführten Projekte unter dem Titel „mobil im museum“ die Potenziale der mobilen Medien zur thematischen Medienarbeit, zur interkulturellen Arbeit und zur Arbeit an besonderen Orten gezeigt. Gleich zu Jahresbeginn fand die Abschlusstagung des vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration finanzierten Projekts GamesLab statt. Darauf aufbauend erschien eine Publikation mit theoretischen und praktischen Ansätzen zu Pädagogik und Computerspielen.
Der Frage, wie sozial die sozialen Medien sind und wo aus der Sicht des Verbraucherschutzes Fallen liegen, gingen die Projekte Jugendliche als Verbraucherinnen und Verbraucher im Social Web (Verso) und webhelm.de nach. Verso hat sich insbesondere mit der Frage der Werbung beschäftigt und Webhelm geht der Frage nach, wie die Selbstverantwortung Jugendlicher im Netz gestärkt werden kann.
In unserer medienpädagogischen Arbeit war die Begegnung von und mit Jugendlichen auf Augenhöhe schon immer zentral. Konzeptuell unterfüttert und deutschlandweit erprobt haben wir die unter dem Schlagwort „peer-to-peer“ firmierenden Konzepte im Rahmen des Projekts peer³. Über drei Jahre konnten wir mit Unterstützung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend modellhafte Projekte fördern und wissenschaftlich begleiten. Ende 2014 präsentierten wir die Ergebnisse dann gemeinsam mit zwei weiteren Projekten in Berlin. Ebenso wie peer³ wurde auch das Projekt KAJUTO 2014 beendet. Dieses Projekt verdeutlichte beispielhaft, wie mit Jugendlichen Kampagnen zu Toleranz erarbeitet und produziert werden können.
Zu danken ist an dieser Stelle allen Mitgliedern des Vorstands des JFF – Jugend Film Fernsehen e.V. Neben der Befassung mit aktuellen Fragen des Vereins und des Instituts wurde die Diskussion zum Jugendmedienschutz bzw. zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag aufgegriffen und eine Stellungnahme erarbeitet. Wir freuen uns sehr über die positive Resonanz auf diese Stellungnahme und sind auf die weiteren Entwicklungen gespannt.
Leider läuft aber nicht immer alles glatt. Es gibt Pleiten, Pech und Pannen – auch im JFF. Ein dramatisches Bespiel dafür aus dem JFF-Jahr 2014 ist sicherlich das Einstellen des Projekts IN EIGENER REGIE. Leider müssen wir immer mehr dafür kämpfen, qualitativ hochwertige Projekte anbieten zu dürfen, die Kindern und Jugendlichen eine selbstbestimmte Befassung mit Medien über einen längeren Zeitraum erlauben. Wir möchten uns nicht alleine dem Diktat der Quantitäten unterordnen, stehen aber leider auch unter dem Rechtfertigungsdruck der Zahlen. Selbst inhaltliche Jahresberichte sind oft nicht mehr gefragt, bunte Statistiken erfüllen diesen Zweck scheinbar auch.
Die erfolgreiche Arbeit des JFF im Jahre 2014 war nur möglich dank der Anstrengung des gesamten Teams des JFF. Alle haben sich überaus engagiert für die Themen und die Strukturen medienpädagogischer Forschung und Praxis eingesetzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fachabteilungen, die all die Projekte inhaltlich gestalten, diese nach außen vertreten, intern intensiv zusammenarbeiten und gemeinsam versuchen, mit oft eingeschränkten Ressourcen modellhafte, einzigartige Arbeit zu leisten und dies sowohl in der Geschäftsstelle, als auch im MZM und in der MSA. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Sekretariat und Verwaltung sorgen für eine funktionierende Infrastruktur im Institut, im MZM und in der MSA und sind immer ansprechbar. Dabei versuchen sie zwischen aufwendigen Bestimmungen von Geldgebern oder Finanzbehörden und den knappen Zeitressourcen der Kolleginnen und Kollegen zu vermitteln. Für ein medienpädagogisches Institut ist darüber hinaus eine funktionierende technische Infrastruktur unabdingbar. Mit durchaus knappen Ressourcen leisten die Fachkräfte am JFF hier Beachtliches. Stolz sind wir auch darauf, dass wir in diesem Bereich auch ausbilden, aktuell absolviert der vierte junge Mann bei uns eine Ausbildung zum Fachinformatiker. Darüber hinaus arbeiten wir mit vielen Firmen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen. Für deren Flexibilität und die hohe Professionalität möchte ich mich auch bedanken.
Nicht zuletzt gilt mein Dank natürlich all jenen Referaten, Ministerien, Stiftungen, Landesmedienanstalten und Firmen, die die Arbeit des JFF finanziell unterstützen und Vertrauen in unsere Arbeit haben.
Prof. Dr. Bernd Schorb
Vorsitzender des JFF e. V.
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