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2007

Jahresbericht 2007

Berichte über die Projekte aus Forschung und Praxis, sowie Informationen über die Publikationen des JFF aus dem Jahr 2007

25 Jahre MZM! Das war sicher das wichtigste Ereignis des vergangenen Jahres. Denn mit der Einrichtung des "Medienzentrum München des JFF" startete 1982 eine Phase der praktischen Arbeit des JFF, in der explizit der selbsttätige Umgang von Heranwachsenden mit Medien in den Mittelpunkt gestellt wurde. Die "aktive Medienarbeit", als elaboriertes medienpädagogisches Konzept Anfang der 80er Jahre am JFF theoretisch und pädagogisch fundiert und entwickelt, begreift Medien als Mittel der Artikulation. Hier wird eine Vielfalt von Ausdrucksformen eröffnet, die die sprachliche Aussage um die Äußerung in Symbolen, Bildern und Tönen erweitert, und als Mittel einsetzt, um Öffentlichkeit herzustellen und damit gesellschaftliche Partizipation zu stützen. Aktive Medienarbeit ist ein auf Emanzipation gerichtetes Konzept humanistischer Pädagogik und sie repräsentiert die umfassendste Form der Medienkompetenzförderung. Im Medienzentrum konnte dieses Konzept seine Praxisrelevanz und –tauglichkeit erweisen. Als Eckpfeiler und Leitlinien dieser Arbeit galten damals wie heute Aspekte wie die nachstehenden: - Im Zentrum stehen diejenigen Medien, die Kinder und Jugendliche in Gebrauch haben, sie vor allem sollen ihnen als Artikulationsmittel aufgeschlossen werden.

  • Die inhaltliche Zwecksetzung des aktiven Mediengebrauchs ist der Technikhandhabung vorgeordnet oder als Abgrenzung formuliert: Medienkompetenz ist mit der Vermittlung von Bedienungsfertigkeiten nicht zu erreichen.
  • Pädagogisch lautet die Aufgabe, Heranwachsenden Räume zur Verfügung zu stellen, in denen die Potenziale des aktiven Gebrauchs von Medien entdeckt und in der Balance von Autonomie und Anregung ausgeschöpft werden können.
  • Aktive Medienarbeit ist als pädagogisches Angebot allen Zielgruppen zugänglich zu machen, das heißt, sie ist geschlechtssensibel zu gestalten und sie muss den Voraussetzungen und Belangen unterschiedlicher Sozialmilieus gerecht werden.

In den vergangen 25 Jahren sind am Medienzentrum und in der gemeinsamen Praxisarbeit des JFF eine Fülle von Modellen mit bundesweitem Vorbildcharakter entstanden, aber auch Strukturen für die Kinder- und Jugendmedienarbeit, die in der Bundesrepublik ihresgleichen suchen. Genannt seien hier beispielhaft die Jugendmedienfeste, die mit dem Jugendfilmfest, dem heutigen flimmern & rauschen des MZM starteten und mittlerweile nicht nur von Film/Video auf Multimedia erweitert, sondern um ein Handyclipfestival angereichert wurden. Auch die heute schon zwanzig Jahre alten Festivals JuFinale und KiFinale, die unter der Trägerschaft des JFF und des BJR sowie der Bezirksjugendringe für Jugendliche und Kinder bayernweit veranstaltet werden, haben hier ihre Wurzel. Mit den Jugendredaktionen im AFK-Fernsehen (maTz-TV) und im AFK-Hörfunk (Störfunk), wurde und wird den Jugendlichen darüber hinaus eine kontinuierliche, medienpädagogisch betreute Präsentationsfläche geboten, die großen Zuspruch zu verzeichnen hat. Genannt seien aber auch beispielhafte Modelle wie etwa das bundesweit angelegte Projekt Mit Medien gegen Gewalt oder DRUGS SUCK – Filmregie statt Ecstasy. Das Medienzentrum München des JFF ist in den 25 Jahren seines Bestehens eine Einrichtung geworden, die aus der medienpädagogischen Szene der Bundesrepublik nicht mehr wegzudenken ist. Im Gegenteil, es ist ein Knotenpunkt dieser Szene, von dem Innovation und Kontinuität gleichzeitig ausgehen. Wir möchten uns an dieser Stelle für das große Engagement aller MitarbeiterInnen bedanken, die zu dieser herausragenden Positionierung des MZM beigetragen haben. Und wir möchten uns bei der Landeshauptstadt München bedanken, die der Idee des Medienzentrums vor 25 Jahren mit großer Offenheit begegnet ist, sie seither unterstützt und sie auch zu Zeiten enger Haushaltsvorgaben nie aufgegeben hat. Bezüge zur Praxis haben auch zwei weitere Bereiche der JFF-Arbeit, die im Verlauf des Jahres 2007 etabliert bzw. aufgenommen werden konnten. Der erste Bereich betrifft eine Tradition im JFF, nämlich Praxisprojekte evaluativ oder zumindest reflektierend zu begleiten. Für systematische wissenschaftliche Evaluationen von Projekten oder Strukturmaßnahmen wurden und werden allerdings oftmals die notwendigen Mittel nicht bereitgestellt. Es scheint sich jedoch ein Umdenken abzuzeichnen. Das JFF wurde im letzten Jahr verstärkt angefragt, Modelle medienpädagogischer Praxis wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren. Das reicht von pädagogisch ambitionierten Internetplattformen für Jugendliche bis zu medienbezogenen Qualifizierungsmaßnahmen in pädagogischen Feldern. Evaluationsforschung war im vergangenen Jahr ein Schwerpunkt und dessen Fortbestehen zeichnet sich ab. Der zweite Bereich betrifft eine noch intensivere Verzahnung von Forschung und Praxis des JFF. Ende 2007 wurde die "Fünfte Konvergenzstudie" von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) beauftragt. Die BLM gewährleistet damit eine in der heute üblichen Forschungsfinanzierung sehr selten gewordene Kontinuität, die es ermöglicht, die Aneignung von Medienentwicklungen in der heranwachsenden Generation in die Tiefe gehend und aus verschiedenen Perspektiven zu untersuchen. Für dieses außerordentliche Engagement möchten wir der BLM an dieser Stelle herzlich danken. Im Zentrum der neuen Konvergenzstudie steht die Untersuchung des Internet als Rezeptions-, Präsentations- und Produktionsplattform für Jugendliche. Im ersten explorativen Abschnitt des mehrjährigen Vorhabens werden jugendaffine Plattformen analysiert. Zugleich ist eine explizite Praxisphase integriert, die von Forschung und Praxis gemeinsam konzipiert und durchgeführt wird. In evaluativ begleiteten web2.0-Werkstätten sollen verschiedene Formen erprobt werden, wie Jugendliche die kommunikativen und produktiven Möglichkeiten des Internet für ihre Belange nutzen können. Als primäre Zielgruppe für diese Werkstätten sind bildungsbenachteiligte Jugendliche vorgesehen. Damit kann die mit der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beauftragten Studie Bildungsbenachteiligung und multifunktionale Medien und der im Rahmen des Integrationsgipfels der Bundesregierung erstellten Expertise Integrationspotenziale neuer Medien für Jugendliche mit Migrationshintergrund begonnene Untersuchung dieser Zielgruppe fortgesetzt sowie in wichtigen Ergebnissen auf die Praxisebene

transferiert und weiterentwickeltet werden. Die Verzahnung von Forschung und Praxis war seit der Gründung ein Anliegen des JFF. Nicht immer ist sie so gut gelungen wie im vergangenen Jahr. Für die Medienpädagogik ist diese Verzahnung von hohem Wert, denn sie befördert eine reflektierte und empirisch fundierte praktische Medienarbeit ebenso wie sie die Praxisrelevanz von Forschung und eine an den Belangen der Praxis orientierte Aufbereitung ihrer Ergebnisse sichert. Der Leitung und den MitarbeiterInnen des JFF sei an dieser Stelle gedankt für ihr Engagement und ihre Kreativität. Auch sei all denen gedankt, die dieses Engagement finanziell und ideell unterstützen und so innovative medienpädagogische Forschung und Praxis vorantreiben - und besonders denen, die dies schon seit Jahren und kontinuierlich tun, dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus für das gesamte JFF und der Stadt Augsburg für die dortige Medienstelle.

Prof. Dr. Bernd Schorb

1. Vorsitzender


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