2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung
Im Mittelpunkt der Ausgabe steht die Frage, wie sich Medien auf die Entwicklung der Allerkleinsten im Alter von ein bis drei Jahren auswirken und wie eine sinnvolle Befassung mit den Medienerfahrungen aussehen kann: im Kontext der Familiensituation, der Bedingungen in Einrichtungen der frühen Bildung sowie unter den gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Es soll damit zu einer Versachlichung der Diskussion beigetragen werden und all jene mit Hintergrundinformationen und praktischen Tipps unterstützt werden, die sich tagtäglich für ein gutes Aufwachsen von Kindern einsetzen. Statt programmatischer Forderungen geht es schließlich darum, die Allerkleinsten im Prozess des Aufwachsens mit besonderer Sorgfalt zu begleiten und ihre Kompetenzen im Umgang mit Medien zu stärken.
aktuell
Lisa Melzer: Infoportal zur Stärkung psychischer Gesundheit von Schüler*innen
Wie können Lehrkräfte dabei unterstützt werden, psychische Erkrankungen oder Belastungen von Schüler*innen besser zu verstehen? Als Reaktion auf die Folgewirkungen der Covid-19-Pandemie hat die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität München bereits 2021 das erste wissenschaftlich fundierte Infoportal zur psychischen Gesundheit und Depression bei Kindern und Jugendlichen namens ich bin alles ins Leben gerufen. Mit dem Ziel, einen Beitrag zur Sensibilisierung und Aufklärung über psychische Belastungen bei Heranwachsenden zu leisten, wurde das Portal nun um ein neues Angebot erweitert. Mit ich bin alles@Schule, das im November 2023 an den Start ging, steht pädagogischen Fachkräften nun ein Informations- und Schulungsportal zur Verfügung, welches praxisorientiertes Handlungswissen über Ursachen, Diagnostik und Verlauf psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen vermittelt.
Einen geeigneten Umgang mit psychischen Belastungen im Schulkontext zu finden, stellt hohe Anforderungen an die Zusammenarbeit der Beteiligten. Damit Lehrkräfte nicht nur Verständnis für Belastungsfaktoren entwickeln, sondern auch gezielt Hilfestellungen anbieten können, stellt das Portal verschiedene Anregungen zur Förderung einer gesunden Lebensweise, zur Vorbeugung von (Cyber) Mobbing, sowie zur Einbindung von positiven Aktivitäten in den Schulalltag bereit. Insbesondere in Bezug auf das Sprechen über Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen liefert das Portal wertvolle Hinweise, um Lehrkräften die Kommunikation und den Umgang mit betroffenen Schüler*innen, dem Klassenverband oder Eltern zu erleichtern. Das Portal wird anhand von Rückmeldungen der Nutzer*innen fortlaufend um Inhalte und Formate erweitert werden, um langfristig einen Beitrag zur Prävention, Bekämpfung und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen leisten zu können.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Lisa Melzer
Beitrag als PDFEinzelansichtKatharina Halo: Repräsentation von Klima und Artenvielfalt im deutschen Fernsehen
Fernsehen ist mit Abstand das am häufigsten genutzte Medium, um sich über den Klimawandel zu informieren. Das hat eine Studie der MaLisa Stiftung in Zusammenarbeit mit den vier größten deutschen TV-Sendern ergeben. Fast die Hälfte aller Befragten (47 %) gab an, sich im Fernsehen über den Klimawandel zu informieren. Das unterstreicht die bedeutende Rolle des Mediums in der Berichterstattung, wenn es darum geht, zentrale Themen wie Klima- und Biodiversitätskrise informativ und verständlich zu präsentieren und Lösungsansätze aufzuzeigen. Die Befragten sehen das Thema bei den aktuell wichtigsten Problemen in Deutschland allerdings nur an fünfter Stelle; Energie und Versorgung oder auch der Krieg in der Ukraine erschienen ihnen zum Zeitpunkt der Untersuchung wichtiger.
Die Sendezeit im TV beträgt für das Thema Klimawandel nur 1,8 Prozent. Bei Biodiversität sind es sogar nur 0,2 Prozent. Laut der Studie wünschen sich 62 Prozent der Zuschauer*innen, dass der Klimawandel in Zukunft häufiger Thema ist. Die Unterrepräsentation führt dazu, dass fast 80 Prozent der Befragten ihre Kenntnisse als „mäßig“ bis „gar nicht vorhanden“ einschätzen. Weitere Aspekte, die in der Studie untersucht wurden, sind ‚Gender & Klima im TV‘ und ‚Extremwetter-Ereignisse‘. In einem abschließenden Ausblick wurden mögliche Praktiken, Perspektiven und Potenziale für die Zukunft der Medienberichterstattung vorgestellt.
An der qualitativen Gruppendiskussion nahmen 42 Personen teil, aus deren Angaben sich Rückschlüsse auf ihre TV-/ Mediennutzung und ihre Einstellung zum Klimawandel ableiten lassen. Zusätzlich fanden zwei quantitative Befragungen zum Thema Klimawandel und Biodiversität mit jeweils 1.445 und 1.125 Teilnehmenden statt. Die Studie wurde gemeinsam mit den TV-Sendern ARD, ZDF, ProSieben/Sat.1 und RTL Deutschland von der MaLisa Stiftung initiiert und gefördert.
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Autor: Katharina Halo
Beitrag als PDFEinzelansichtMaria Matinyan: Stichwort Threads
Die bisher am schnellsten wachsende App in der Geschichte, die gerne eine ernsthafte Konkurrenz für X wäre: Threads weckte in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung das Interesse von Millionen von Menschen.
Threads ist eine mobile Anwendung von Mark Zuckerbergs Firma Meta. Die App ist textfokussiert und erlaubt Beiträge von bis zu 500 Zeichen. Threads ist eng mit der Schwesterplattform Instagram verknüpft und ermöglicht das Teilen von Fotos, Videos und Audioinhalten. Der Fokus liegt auf Textbeiträgen und der anschließenden Diskussion innerhalb der Community.
Die Plattform wurde am 5. Juli 2023 in den USA und weiteren 100 Ländern veröffentlicht und erreichte innerhalb von zwei Monaten 100 Millionen Nutzer*innen. In der EU war die App erst fünf Monate später verfügbar, nachdem die Datenschutzbestimmungen geklärt waren. Nach der Übernahme durch Elon Musk und der Umbenennung von Twitter zu X erhielt die Plattform starke Kritik und befand sich in einer Krise. Zuckerberg profitierte davon und veröffentlichte Threads genau zum richtigen Zeitpunkt, um unzufriedene Nutzer*innen von X für Threads zu gewinnen. Threads eignet sich gut für Nutzer*innen, denen auf Instagram der Fokus auf Gespräche und Austausch in Echtzeit, vor allem durch Text, gefehlt hat. Die App ermöglicht es, mit Freund*innen zu kommunizieren und den eigenen Status zu teilen. Threads ist außerdem eine gute Alternative für diejenigen, die sich in X nicht (mehr) wohl fühlen, aber etwas Ähnliches suchen. Außerdem ermöglicht Threads eine Kompatibilität mit anderen Plattformen und Instanzen wie dem datenschutzsensiblen Mastodon, was X bisher nicht zulässt.
Obwohl der Start vielversprechend war, ist derzeit noch unklar, ob Threads wirklich in der Lage ist X langfristig Konkurrenz zu machen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Plattform weiterentwickelt.
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Autor: Maria Matinyan
Beitrag als PDFEinzelansichtKatharina Stengl: Geschlechter- und Sexualitätsnormen in Social Media
Leider treffen junge Menschen bei der Nutzung von Social Media immer wieder auf Anforderungen, die ihre Teilhabe einschränken oder gar verhindern können. Denn in Social Media werden Heranwachsende nicht nur mit bestärkenden, sondern auch mit abwertenden oder diskriminierenden Situationen konfrontiert, die Konsequenzen für die Selbstentfaltung und Sichtbarkeit von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt nach sich ziehen können.
Das Handlungskonzept widmet sich dem Umgang mit Geschlechter- und Sexualitätsnormen in Social Media in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA). Entwickelt wurde das Konzept in Gruppendiskussionen, Reflexionsworkshops und einem abschließenden Arbeitstreffen gemeinsam mit Jugendlichen und Fachkräften. In der Publikation werden grundlegende Informationen zu Social Media sowie zu Geschlecht und Sexualität in den Lebenswelten Jugendlicher dargestellt. Anschließend wird vertieft, welche Relevanz die Thematik Social Media und Geschlecht für die pädagogische Praxis hat. Das Handlungskonzept wird abgerundet von abschließenden und ermutigenden Bemerkungen sowie einer Sammlung weiterführender Links. Das Konzept soll Fachkräfte motivieren, sich dieser wichtigen Thematik anzunehmen. Oftmals reicht es schon, jungen Menschen zuzuhören, Gespräche über die Nutzung von Social Media und persönliche Erfahrungen anzuregen und damit Reflexionsräume zu eröffnen. Vor diesem Hintergrund ist das vorrangige Ziel, die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Social Media und Geschlechter- und Sexualitätsnormen in der OKJA aufzuzeigen und über die Relevanz in der Alltags- und Lebenswelt junger Menschen zu informieren.
Das Handlungskonzept entstand im Rahmen des ForschungsprojektsDecoding Gender in Social Media. Zur Entwicklung eines geschlechterreflektierenden Handlungskonzepts für die Offene Kinder- und Jugendarbeit der TH Köln, der Universität zu Köln und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und wurde gefördert von der RheinEnergie Stiftung.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katharina Stengl
Beitrag als PDFEinzelansichtKati Struckmeyer: JIM-Studie 2023
2023 waren Jugendliche im Durchschnitt 224 Minuten täglich online. Elementar war dabei vor allem die Nutzung von Messengern und Social Media. WhatsApp wird von 94 Prozent folgt von TikTok (59 %) und Snapchat (49 %). So lauten einige der Ergebnisse der Anfang Dezember 2023 veröffentlichten JIM-Studie. Weiterhin wurde ermittelt, dass jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge 2023 im Netz schon einmal sexuell belästigt worden sind. Besorgniserregend ist weiterhin, dass 23 Prozent der Jugendlichen im letzten Monat vor der Befragung ungewollt mit pornografischen Inhalten konfrontiert wurden. Zudem gaben 14 Prozent an, innerhalb des letzten Monats im Internet angefeindet oder beleidigt worden zu sein.
Wenn es um onlinebasierte Möglichkeiten geht, Serien, Sendungen und Filme anzusehen, ist die Nutzung von Netflix (63 %) gestiegen (2022: 50 %), während die Nutzung von YouTube (2023: 50 %, 2022: 53 %) fast gleich blieb. Es sind nach wie vor die beliebtesten Portale Jugendlicher.
Die JIM-Studie 2023 (Jugend, Information, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest ist eine Kooperation der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg und der Medienanstalt Rheinland-Pfalz, in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk. Dafür wurden in ganz Deutschland im Zeitraum vom 30. Mai bis 9. Juli 2023 insgesamt 1.200 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren befragt.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Kati Struckmeyer
Beitrag als PDFEinzelansichtKatharina Halo: Fokusauswertung Ethik und Medienkompetenz
Die medienpädagogische Auseinandersetzung mit ethischen Reflexionen des Medienumgangs ist mit der steigenden Komplexität digitaler Medien sehr herausfordernd. Für die Fokusauswertung Ethik und Medienkompetenz in mediatisierten Gesellschaften. Zur Notwendigkeit einer subjekt-, medien- und gesellschaftsbezogenen kritisch-reflexiven Fähigkeit wurden mehrere Studien und Kompetenzmodelle analysiert, dabei wurde ein deutlicher Forschungsbedarf erkannt. Denn da sowohl digitale als auch KI-Technologien mittlerweile in fast allen Lebensbereichen eine zentrale Rolle spielen, hat die Relevanz ethischer Aspekte für einen selbstständigen Umgang mit digitalen Medien enorm zugenommen. Die Fokusauswertung fand im Rahmen von Digitales Deutschland statt, einem Projekt des JFF – Institut für Medienpädagogik in Kooperation mit der Universität Siegen und der PH Ludwigsburg.
Studien zeigen laut der Fokusauswertung, dass medienpädagogische Lehrkräfte die meisten Probleme damit haben, medienethische Aspekte zu vermitteln, obwohl Medienkritik bei den befragten Medienpädagog*innen mit Priorität bearbeitet wird. Eine weitere Herausforderung liege in der Erforschung und Förderung analytischer, reflexiver und ethischer Fähigkeiten. Es sei von großer Bedeutung, dass weitere Studien und medienpädagogische Arbeiten realisiert werden, die sich darauf konzentrieren, die ethische Reflexion des Medienumgangs auf den drei Ebenen des Subjekts, der Medien und der Gesellschaft zu betrachten. Darüber hinaus wird betont, dass Individuen sich mit ethischen Aspekten von KI-Systemen auseinandersetzen sollten. Dabei geht es darum zu verstehen, wie diese Systeme menschliche Handlungsmöglichkeiten beeinflussen und wie ein verantwortungsvoller Umgang erlernt werden kann. Darüber hinaus sei es wichtig, nicht nur jüngere Menschen in der Ausbildung, sondern auch Menschen im Erwerbsalter und ältere Menschen in den Fokus zu nehmen. Eine altersdifferenzierte und lebensphasenübergreifende Perspektive im Bereich Medienethik sei entscheidend.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katharina Halo
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thema
Günther Anfang/Kathrin Demmler/Klaus Lutz: Editorial. Und sie tun es doch: Kleinkinder nutzen Medien, aber wie?
Mitte November 2023 sorgte die Forderung eines Moratoriums (Aufschubs) der Digitalisierung in Kitas und Schulen1 für Verunsicherung in Teilen der Bildungslandschaft. An diesem Ereignis wird deutlich, wie aktuell in Deutschland Themen der Bildung und insbesondere der frühen Bildung diskutiert werden. 40 Wissenschaftler*innen hatten sich zusammengetan, um eine Technologiefolgenabschätzung zu fordern, „bevor weitere Versuche an schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen mit ungewissem Ausgang vorgenommen werden.“ Besonders erstaunlich ist dabei, dass das Ende von Medienbildungsangeboten in Kita und Schule mit der vermeintlich schädlichen Wirkung von konsumtiver Nutzung von Medien im Familienalltag begründet wird. Was soll sich für Kinder und Jugendliche verbessern, wenn sie mit ihrer Mediennutzung von den Bildungsinstitutionen allein gelassen werden? All jenen, die sich sehr ernsthaft und reflektiert und dem Wohl der Kinder zugewandt mit Fragen der frühen Bildung mit Medien befassen, danken ganz herzlich für diese populistsche Herangehensweise an das Thema. Ebenso sehen Wissenschaftler*innen, die sich differenziert und faktenbasiert mit der Medienaneignung von Kindern befassen, ein Moratorium als nicht zielführend. Leider wird hier erneut deutlich, dass markige Aussagen in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich mehr fruchten, als es Potenziale und Gefahren abwägende, differenzierende Publikationen können.
Wir wollen mit der vorliegenden Ausgabe zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen und all jene mit Hintergrundinformationen und praktischen Tipps unterstützen, die sich tagtäglich für ein gutes Aufwachsen von Kindern einsetzen. Statt programmatischer Forderungen geht es schließlich darum, die Allerkleinsten im Prozess des Aufwachsens mit besonderer Sorgfalt zu begleiten und ihre Kompetenzen im Umgang mit Medien zu stärken. Die explodierende Medienwelt sorgt zu Recht für große Verunsicherung, da die Wirkung von Medien auf Kinder schwer einschätzbar ist. Andererseits müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich Zweijähre im familiären Umfeld selbstverständlich die Geräte aneignen und neugierig auf diese bunte, lustige Bilderwelt sind. Vor allem die selbstständige Nutzung von Medien wie zum Beispiel interaktiven Kinderbüchern, YouTube-Hits oder Hörspielen auf Spotify hat eine neue Dimension erreicht, deren Auswirkungen kritisch beleuchtet werden müssen. So ermöglicht es die Sprachsteuerung schon sehr kleinen Kindern, sich selbstständig im Internet zu bewegen, was nicht frei von Risiken und Gefahren ist. An dieser Stelle halten wir es in der aktuellen Diskussion für nötig, klarzustellen: Dies sind die Fakten alltäglichen Medienhandelns in Familien und nicht unsere Wunschvorstellungen. In der familiären Alltagswelt sind nämlich viele unterschiedliche Medien in Gebrauch und so in das Familienleben integriert, dass die Medien den Alltag in der Familie zu einem maßgeblichen Teil auch mitbestimmen.
Im Mittelpunkt dieses Hefts steht somit die Frage, wie sich Medien auf die Entwicklung der Allerkleinsten im Alter von ein bis drei Jahren auswirken und wie eine sinnvolle Befassung mit den Medienerfahrungen aussehen kann, im Kontext der Familiensituation, der Bedingungen in Einrichtungen der frühen Bildung sowie unter den gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Ausgehend von den Medienerfahrungen der Allerkleinsten beleuchtet im einleitenden Artikel Sonja DiVetta das Medienangebot für die Ein- bis Dreijährigen. Durchschnittlich mit einem Jahr kommen Kinder das erste Mal mit digitalen Medien in Kontakt. Für diese Zielgruppe gibt es bereits einen großen Bereich an medialen Angeboten wie Apps, Spiele und weitere Gadgets. Im Mittelpunkt des Beitrags steht dabei die Frage, welche Angebote in den Familien und Bildungseinrichtungen sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden können.
Auf eine Entdeckungsreise, wie wir die Jüngsten beim Erkunden der Medienwelt unterstützen können, begibt sich Karolina Böhm in ihrem Beitrag. Ihrer Meinung nach wirft die Mediennutzung von Kindern unter drei Jahren viele Fragen und Sorgen auf. Familien und pädagogische Fachkräfte benötigen ein vielfältiges Wissen, um Angebote für die Jüngsten alters- und alltagsgerecht aufzubereiten. Es zahlt sich ihrer Meinung nach jedoch aus, für Kinder und Erwachsene, den gemeinsamen Weg zu einem kreativen und aktiven Medienumgang bereits früh zu begehen.
Einen Überblick über den wissenschaftlchen Stand der internationalen Forschung zur frühkindlichen Mediennutzung gibt der Artikel von Stefan Aufenanger. Er zeigt auf, dass in fast allen Ländern der Medienkonsum der Null- bis Dreijährigen in den letzten Jahren angestiegen ist, die daraus gezogenen Konsequenzen aber unterschiedlich sind.
Was das Umfeld den Kindern bietet, zeigen die folgenden Interviews, in denen Eltern einen Einblick in die Mediennutzung verschiedener Familien in Deutschland gewähren, sowie exemplarische Erfahrungsberichte über frühkindliche Medienbildung in anderen europäischen Ländern.
Eine Studie des DJI zu digitalen Bilderbüchern rundet den Thementeil im Heft ab und geht der Frage nach, ob die Unterscheidung zwischen digital und analog überhaupt Sinn macht.
Begleitend zum Heft werden außerdem online beispielhafte Modellprojekte zur frühen Medienbildung vorgestellt, wie die Kampagne Startchance kita.digital aus Bayern, das Projekt medienBunt aus Rheinland-Pfalz sowie die landesweite Qualifizierungsinitiative KiM – Kindgerechte Medienbildung in Niedersachsen.
Ergänzend zum Überblick über die frühe Bildschirmnutzung im internationalen Kontext von Stefan Aufenanger wirft Susanne Eggert einen Blick hinter die Zahlen. In einer Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis wurden Familien mit Kindern im Kleinkindalter dreieinhalb Jahre lang begleitet. Dabei zeigte sich, dass eine frühe Bildschirmnutzung je nach der familiären Situation sehr unterschiedlich sein kann.
Wir wünschen eine anregende Lektüre und hoffen, damit die Diskussion um die Digitalisierung in Kitas ein Stück weiter zu bringen, weg von Verboten, hin zu aktiver Gestaltung und sinnvoller Medienerziehung im frühkindlichen Bereich.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Günther Anfang, Kathrin Demmler, Klaus Lutz
Beitrag als PDFEinzelansichtSonja di Vetta: Welche Medienangebote gibt es für die Kleinsten
Durchschnittlich mit einem Jahr kommen Kinder das erste Mal mit digitalen Medien in Kontakt. Auch für kleine Kinder gibt es bereits einen großen Bereich an medialen Angeboten wie Apps, Spiele und weitere Gadgets. Gerade bei Kindern in diesem Alter sollte ein besonderes Augenmerk auf den konkreten Einsatz, den zeitlichen Umfang und die Balance zwischen Medien- und medienfreier Zeit gelegt werden. Welche Angebote in den Familien und Bildungseinrichtungen sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden können, wird in diesem Beitrag beleuchtet
Literatur
Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), Bremische Landesmedienanstalt, Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), Medienanstalt Hessen, Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern & Medienanstalt Rheinland-Pfalz (o. J.). Medien kindersicher. Ihr Portal zum technischen Jugendmedienschutz. https://medien-kindersicher.de [Zugriff: 10.11.2023]
Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW (fjmk) (o. J.). Pädagogischer Ratgeber zu digitalen Spielen.https://spieleratgeber-nrw.de [Zugriff: 09.11.2023]
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2020). miniKIM-Studie 2020. Kleinkinder und Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang von Kleinkindern in Deutschland.https://mpfs.de/fileadmin/files/Studien/miniKIM/2020/lfk_miniKIM_2020_211020_WEB_barrierefrei.pdf
Neuß, N. (2013). Medienkompetenz in der frühen Kindheit. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme (S. 34–45).
Palme, H.-J. (1999). Computer im Kindergarten. Was Kinder am Computer spannend finden und wie Erzieherinnen damit umgehen können. Don Bosco.
Programmberatung für Eltern e. V. (o. J.). FLIMMO. Elternratgeber für TV, Streaming & YouTube. https://flimmo.de [Zugriff: 09.11.2023]
Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München (Hrsg.) (2023). Apps im Einsatz – Medienpädagogische Impulse aus dem Projekt Multimedia-Landschaften für Kinder.https://studioimnetz.de/wp-content/uploads/2023/06/MuLa_Broschuere-Din-A4_online-Version.pdf
Saferinternet.at & Institut für empirische Sozialforschung (IFES) (2020). Die Allerjüngsten (0–6 J.) & digitale Medien.https://saferinternet.at/fileadmin/redakteure/Projekt-Seiten/Safer_Internet_Day/Safer_Internet_Day_2020/Praesentation_PK_Safer_Internet_Day_2020.pdf
Reichert-Garschhammer, E. et al. (2020). Nutzung digitaler Medien für die pädagogische Arbeit in der Kindertagesbetreuung. Expertise des IFP im Auftrag des BMFSFJ.https://kita-digital-bayern.de/files/media/public/downloads/Endfassung-Kurzexpertise-IFP-DigitalisierungKindertagesbetreuung.pdf
SIN – Studio im Netz e. V. (o. J.). Pädagogischer Medienpreis. https://studioimnetz.de/projekte/paedagogischer-medienpreis [Zugriff: 09.11.2023]
Stiftung Digitale Chancen (o. J.). Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt. https://kinderrechte.digital [Zugriff: 09.11.2023]
Theunert, H. (Hrsg.) (2007). Medienkinder von Geburt an: Medienaneignung in den ersten sechs Lebensjahren. kopaed.
Zentrum für Kinderschutz im Internet (I-KiZ) (Hrsg.) (2016). Jahresbericht 2015. https://kinderrechte.digital/hintergrund/index.cfm/topic.279/key.1496
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Sonja di Vetta
Beitrag als PDFEinzelansichtKarolina Böhm: Was können die Kleinsten?
Die Mediennutzung von Kindern unter drei Jahren wirft viele Fragen und Sorgen auf. Familien und pädagogische Fachkräfte benötigen ein vielfältiges Wissen, um Angebote für die Jüngsten alters- und alltagsgerecht aufzubereiten. Zumindest anfänglich ist diese Vorbereitung mit viel Aufwand verbunden. Es zahlt sich jedoch für Kinder und Erwachsene aus, den gemeinsamen Weg zu einem kreativen und aktiven Medienumgang bereits früh zu gehen. So haben alle die Möglichkeit, die Medienwelt in ihrem Tempo zu erkunden.
Literatur
Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest (mpfs) (2020). Mini-KIM-Studie 2020. Kleinkinder und Medien. Stuttgart. https://mpfs.de/de/studien/minikim-studie/2020
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Karolina Böhm
Beitrag als PDFEinzelansichtStefan Aufenanger: Effekte der Mediennutzung bei Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren
Die folgende Übersicht soll einen Überblick darüber geben, was wir aus Sicht der internationalen Forschung über die Nutzungszeiten von Kindern im Alter von null bis drei Jahren wissen und welche möglichen Auswirkungen auf ihre Persönlichkeit damit verbunden sein könnten. Dabei beschränken wir uns auf Bildschirmmedien, da der Bericht sonst zu umfangreich würde.
Literatur
Bergmann, C., Dimitrova, N., Alaslani, K., Almohammadi, A., Alroqi, H., Aussems, S., Barokova, M., Davies, C., Gonzalez-Gomez, N., Gibson, S. P., Havron, N., Horowitz-Kraus, T., Kanero, J., Kartushina, N., Keller, C., Mayor, J., Mundry, R., Shinskey, J., & Mani, N. (2022). Young children’s screen time during the first COVID-19 lockdown in 12 countries. Scientific Reports, 12(1). https://doi.org/10.1038/s41598-022-05840-5
Büsching, U., & Riedel, R. (2018). BLIKK-Medien. Kinder und Jugendliche im Umgang mit elektronischen Medien.
Chonchaiya, W., & Pruksananonda, C. (2008). Television viewing associates with delayed language development. Acta Paediatrica, 97(7), 977-982.
Dennison, B. A., Erb, T. A., & Jenkins, P. L. (2002). Television viewing and television in bedroom associated with overweight risk among low-income preschool children. Pediatrics, 109(6), 1028-1035.
DGKJ, D. G. f. K.-u. J. e. V. (2022). SK2-Leitlinie: Leitlinie zur Prävention dysregulierten Bildschirmmediengebrauchs in der Kindheit und Jugend.https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-075
Duch, H., Fisher, E. M., Ensari, I., & Harrington, A. (2013). Screen time use in children under 3 years old: a systematic review of correlates. International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity, 10(1), 102. https://doi.org/10.1186/1479-5868-10-102
Egert, F., Hartig, F., & Cordes, A.-K. (2022). Metaanalyse zur Wirksamkeit von Bildungs- und Förderaktivitäten mit digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen. Frühe Bildung, 11(2), 73-84. https://doi.org/10.1026/2191-9186/a000562
Guellai, B., Somogyi, E., Esseily, R., & Chopin, A. (2022). Effects of screen exposure on young children’s cognitive development: A review. Frontiers in Psychology, 13, 923370.
Hill, D., Ameenuddin, N., Reid Chassiakos, Y., Cross, C., Hutchinson, J., Levine, A., Boyd, R., Mendelson, R., Moreno, M., & Swanson, W. S. (2016). Media and Young Minds. Pediatrics, 138(5), e20162591. https://doi.org/10.1542/peds.2016-2591
Kabali, H. K., Irigoyen, M. M., Nunez-Davis, R., Budacki, J. G., Mohanty, S. H., Leister, K. P., & Bonner Jr, R. L. (2015). Exposure and use of mobile media devices by young children. Pediatrics, 136(6), 1044-1050.
Li, C., Mendoza, M., & Milanaik, R. (2017). Touchscreen device usage in infants and toddlers and its correlations with cognitive development. Ped Health Res, 2(1).
Madigan, S., Eirich, R., Pador, P., McArthur, B. A., & Neville, R. D. (2022). Assessment of Changes in Child and Adolescent Screen Time During the COVID-19 Pandemic. JAMA Pediatrics. https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2022.4116
Panjeti-Madan, V. N., & Ranganathan, P. (2023). Impact of Screen Time on Children’s Development: Cognitive, Language, Physical, and Social and Emotional Domains. Multimodal Technologies and Interaction, 7(5), 52. https://www.mdpi.com/2414-4088/7/5/52
Reichert-Garschhammer, E. (2021). Digitalisierung in Kindertageseinrichtungen. In R. Braches-Chyrek, J. Moran-Ellis, C. Röhner, & H. Sünker (Eds.), Handbuch Kindheit, Technik und das Digitale (pp. 319-337). Verlag Barbara Budrich.
Rideout, V., & Robb, M. (2020). The common sense census: Media use by kids age zero to eight 2020.
Rideout, V. J., Vandewater, E. A., & Wartella, E. A. (2003). Zero to Six - Electronic Media in the Lives of Infants, Toddlers and Preschoolers.
Takahashi, I., Obara, T., Ishikuro, M., Murakami, K., Ueno, F., Noda, A., Onuma, T., Shinoda, G., Nishimura, T., Tsuchiya, K. J., & Kuriyama, S. (2023). Screen Time at Age 1 Year and Communication and Problem-Solving Developmental Delay at 2 and 4 Years. JAMA Pediatrics, 177(10), 1039-1046. https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2023.3057
Thompson, D., A., & Christakis, D. A. (2005). The Association Between Television Viewing and Irregular Sleep Schedules Among Children Less Than 3 Years of Age. Pediatrics, 116, 851-856.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Stefan Aufenanger
Beitrag als PDFEinzelansichtKristina Weber/Olaolu Fajembola/Tobias Weber/Fabian Wörtz: Interview. Blick in die Familien
So divers wie die gesellschaftliche Diskussion und die medienpädagogischen Ansätze, so unterschiedlich ist auch Familienleben mit Medien. Wir haben Einblicke in vier Familien bekommen, teils mit, teils ohne medienpädagogischen Hintergrund. Eine Herausforderung ist Medienerziehung als Teil des Familienalltags für alle. Die Interviews zeigen aber auch, welches Potenzial darin liegt und welche individuellen Modelle jede Familie für sich entwickelt hat. Wobei eines alle eint – Medienerziehung ist immer ein Aushandlungsprozess, der sich in ständiger Weiterentwicklung befindet und von Höhen und Tiefen gekennzeichnet ist.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Kati Struckmeyer
Beitrag als PDFEinzelansichtPatricia Lang-Kniesner/Lisa Rutzmoser/Silvia Mendes/Alena Suschnig/Lisa Pollak/Carine Burkhardt Bossi/Arlinda Idrizi/Jan Ole Størup/Andreas Lieberoth: Blick über die Grenzen
Frühkindliche Medienbildung in der Kita unterscheidet sich in europäischen Kindergärten nicht grundsätzlich. Überall gibt es erste Ansätze, aber auch viele Bedenken und Berührungsängste. Um einen Einblick in die verschiedenen Konzepte zu bekommen, haben wir exemplarisch fünf Erfahrungsberichte aus dem europäischen Umfeld eingeholt. Angefangen von Deutschland, wo sich aufgrund der Kultur- und Bildungshoheit der Länder schon innerhalb eines Landes Unterschiede ausmachen lassen, über Italien, das durch ein Nord-Süd-Gefälle gekennzeichnet ist, bis hin zu Österreich und der Schweiz, die sich durchaus engagiert auf den Weg der digitalen Bildung mit den Jüngsten gemacht haben und schließlich Dänemark, das sicher am weitesten fortgeschritten ist. Grundsätzlich herrscht aber in allen euro-päischen Ländern noch große Skepsis, vor allem, was die Null- bis Dreijährigen betrifft. Müssen die denn wirklich schon mit Medien konfrontiert werden? Da gilt es noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten, denn auch die Jüngsten leben längst in einer von Medien geprägten Welt.
Literatur
Betz, T. (2013). Anforderungen an Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen. In M. Stamm, D. Edelmann (Hrsg.), Handbuch
frühkindliche Bildungsforschung. S. 259–272. Springer.Steiner, O., Schmid, M., Reber, C., Kaiser, F., Villiger A., Kamberi, L., Heeg, R., Luginbühl, M., Butters, A. & Sticca, F. (2023). Digitale Medien in Kindertagesstätten der Schweiz: Eine Studie zum Einsatz digitaler Medien in Kindertagesstätten der Schweiz und zu den Sichtweisen von Fachpersonen und Erziehungsberechtigten. Hochschule für Soziale Arbeit FHNW.
Ministerium für Kinder und Bildung (2020). Der verstärkte pädagogische Lehrplan: Rahmen und Inhalt.https://emu.dk/dagtilbud
Johansen, S. L. & Larsen, M. C. (2016). Digitale Medien im Kleinkindalter: Zur Nutzung digitaler Medien durch 0-8-jährige Kinder zu Hause.
Størup, J. O., Lieberoth, A., & Winther-Lindqvist, D. (2020). Wer steckt hinter dem Bildschirm ... und wer hilft? Nationale Kartierung der Nutzung digitaler Medien in Vorschulen und Kindertagesstätten.https://ebooks.au.dk/aul/catalog/book/385
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Patricia Lang-Kniesner, Lisa Rutzmoser, Silvia Mendes, Alena Suschnig, Lisa Pollak, Carine Burkhardt Bossi, Arlinda Idrizi, Jan Ole Størup, Andreas Lieberoth
Beitrag als PDFEinzelansichtKatja Flämig: Digitale Medien in der sozialen Praxis der Kindertageseinrichtung
In sozialwissenschaftlichen Diskursen um Digitalisierungsprozesse wird zunehmend die Einbettung digitaler Medien in soziale Prozesse und ihre Verschränkung mit kulturellen Ordnungen betont. Vor diesem Hintergrund wird im Beitrag gezeigt, wie Kinder und pädagogische Fachkräfte in unterschiedlichen pädagogischen Arrangements in der Kita mit digitalen Bilderbüchern umgehen und wie dies pädagogische Handlungen, Aufgaben und Rollen modifiziert.
Literatur
Egert, F., Cordes, A.-K. & Hartig, F. (2021). Metaanalysen zur Nutzung und Wirkung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen. IFP Staatsinstitut für Frühpädagogik. https://www.ifp.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifp/20211006_metaanalyse_abschlussbericht.pdf
Genz, J. & Gévaudan, P. (2016). Medialität, Materialität, Kodierung. Grundzüge einer allgemeinen Theorie der Medien. Transcript.
Groth, K., Engel, J., Fakhir, Z. & Weihmayer, L. (2022). Digitale Bilderbücher in der Kita. Handreichung basierend auf zentralen Ergebnissen des Projekts „Digitale Bilderbücher in der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung“. DJI. www.dji.de/digitalebilderbuecher/handreichung
Hemmerich, F. & Cohen, F. (2021). Haben digitale Bilderbücher in Kitas einen sprachförderlichen Mehrwert? In Frühe Bildung 10(1), 53–55.
Hillebrandt, F. (2014). Soziologische Praxistheorien. Eine Einführung. Springer.
Kutscher, N. & Bischof, J. (2020). Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes „Medienbildung in der Kita“. Abschlussbericht. https://www.kita.nrw.de/system/files/media/document/file/ericht%20MKFFI_Medienbildung%20in%20der%20Kita_UzK_0.pdf
Knoblauch, H. & Heath, C. (1999). Technologie, Interaktion und Organisation: Die Workplace Studies. Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, 25(2), 163-181.
Lorenz, S., Schreyer, I., Danay, E. & Krause, M. (2021). Medienkompetenz in der Frühpädagogik stärken. Ergebnisbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchs. IFP Staatsinstitut für Frühpädagogik. https://www.kita-digital-bayern.de/files/media/public/downloads/KitaDigital-Abschlussbericht-2021-Tei-I-II-16-11-2021.pdf
Pallesche, M. (2021). Mediendidaktische Konzepte und die Kultur der Digitalität. In U. Hauck-Thum, J. Noller (Hrsg.), Was ist Digitalität? Philosophische und pädagogische Perspektiven. (S. 83–96). J.B. Metzler.
Proske, M., Rabenstein, K. & Thiersch, S. (2023). Rekonstruktiv-sinnverstehende Forschung zu Unterricht und Schule im digitalen Wandel. Abgrenzungen, Anschlüsse, Ansätze. In M. Proske, K. Rabenstein, A. Moldenhauer, S. Thiersch, A. Bock, M. Herrle (Hrsg.), Schule und Unterricht im digitalen Wandel. Ansätze und Erträge rekonstruktiver Forschung. (S. 11–34). Klinkhardt.
Schmid, M. (2019). Nutzung von digitalen Medien und E-Learning durch pädagogische Fachkräfte in Kitas. Auswertungsbericht zur Online-Befragung. Hochschule Koblenz. https://www.hskoblenz.de/fileadmin/media/fb_sozialwissenschaften/IBEB/Forschung/Data_Literacy/Auswertungsbericht_Mediennutzung_und_E-Learning_20190830neu.pdf.
Schubert, G., Eggert, S., Lohr, A., Oberlinner, A., Jochim, V. & Brüggen, N. (2018). Digitale Medien in Kindertageseinrichtungen: Medienerzieherisches Handeln und Erziehungspartnerschaft. Perspektiven des pädagogischen Personals. Zweiter Bericht der Teilstudie „Mobile Medien und Internet im Kindesalter – Fokus Kindertageseinrichtungen“ im Rahmen von MoFam – Mobile Medien in der Familie. Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis JFF.
Stalder, F. (2016). Kultur der Digitalität. Berlin. Suhrkamp.
Stiftung Haus der kleinen Forscher (2017). Wie nutzen Erzieherinnen und Erzieher digitale Geräte in Kitas? Eine repräsentative Telefonumfrage. https://www.haus-der-kleinen-forscher.de/fileadmin/Redaktion/3_Aktuelles/Presse/171213_Ergebnisse_zur_Telefonbefragung_Digitales.pdf.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katja Flämig
Beitrag als PDFEinzelansichtONLINE EXKLUSIV: Eva Reichert-Garschhammer. Die Kampagne "Startchance kita.digital" in Bayern
Die Kampagne ist eine mehrjährige Qualifizierungsinitiative für das pädagogische Personal in Kitas, die im September 2021 gestartet ist. Mit ihr werden die Ergebnisse aus dem Modellversuch Medien-kompetenz in der Frühpädagogik stärken (2018 bis 2020) und der Kampagne in die Fläche getragen. Sie richtet sich an alle bayerischen Kinderkrippen, Kindergärten und Häuser für Kinder; für Horte gibt seit dem dritten Kampagnenjahr ein eigenes Angebot, zugeschnitten auf die Medienbedürfnisse von Grundschulkindern. Veranstalter der Kampagne sind das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) und das Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz (IFP) gemeinsam mit dem JFF – Institut für Medienpädagogik. Die Kampagne wird durch das StMAS ge-fördert und über Mittel des Bundesfamilienministeriums aus dem Kita-Qualitätsgesetz mitfinanziert.
ZIELE DER KAMPAGNE
Beim Eintritt in die Kita haben die allermeisten Kinder Erfahrungen mit digitalen Medien. Diese Erfahrungen und die digitalen Kinderrechte aufzugreifen, ist Auftrag der Kita. Wie die Gestaltung ihres bestehenden digitalen Bildungsauftrags (§ 9 AVBayKiBiG) mit Kindern gelingen kann, lernen und erleben Kitas in der Kampagne. Sie
- erfahren, warum digitale Bildung in der Kita für Kinder wichtig ist,
- erproben vielfältige Möglichkeiten der digitalen Foto-, Audio- und Filmarbeit,
- lernen, worauf es ankommt, um mit den Kindern diese digitalen Bildungsaktivitäten kreativ, kritisch-reflektiert und sicher zu gestalten,
- erproben, wie sie Eltern gute Einblicke in ihre digitale Bildungsarbeit geben können,
- nutzen im Kurs die Onlineplattform KITA HUB BAYERN und lernen dessen Lern-, Material- und Vernetzungsangebote kennen.
KONZEPTION DER KAMPAGNE ALS KURSANGEBOT
Qualifizierte kita.digital.coaches* begleiten die Kitas in einjährigen Kursen, die in der Regel vor Ort kreisfreie Städten und Landkreise anbieten, die sich dafür beworben haben. IFP und JFF bieten zusätzlich überregionale Online-Kurse an, die alle Veranstaltungen per Videokonferenz durchführen; die Hort-Kurse gibt es nur als Online-Kurs. Jeder Kurs, an dem bis zu zehn Kitas kostenfrei teilnehmen, umfasst vier aufeinander aufbauende Bausteine:
- Auftaktveranstaltung (September), an der alle Kurskitas mit je zwei bis drei Fachkräften und je eine Träger- und Elternvertretung teilnehmen
- Fortbildungsphase (Oktober bis November) mit drei Fortbildungstagen im Präsenzkurs bzw. sechs halbtägigen Fortbildungseinheiten im Online-Kurs, an denen alle Kurskitas mit je zwei Fachkräften teilnehmen; dazwischen kleine Praxisaufgaben
- Praxisphase (Dezember bis Juni), in der im Wechsel zwei Coaching-Termine in jeder Kita und zwei Praxistreffen mit allen Kurskitas stattfinden; dazwischen zwei kurze praktische Einheiten mit den Kindern, ein Infoangebot für die Eltern und am Ende eine Abschlussreflexion mit dem Team
- Abschlussveranstaltung (Juni/Juli) mit selber Besetzung wie bei der Auftaktveranstaltung, in der jede Kita kurze Einblicke in ihre Praxisphase gibt und eine Teilnahme-Urkunde erhält.
DER KITA HUB BAYERN ALS DIGITALE INFRASTRUKTUR
Alle Kurskitas registrieren sich mit zwei bis drei Personen auf dem KITA HUB, um Zugang zum Kursraum zu haben sowie die Dienste Chat und Meeting für ihre Kursteilnahme und Einrichtung, auch nach Kursende, nutzen zu können:
- Für jeden Kampagnenkurs wird einheitlich strukturiert ein Kursraum angelegt, in dem die Kursmaterialien abrufbar, die Aufgaben der selbstorganisierten Lernphasen hinterlegt sind und die Kitas ihre Ergebnisse einreichen können.
- Weitere Kursbausteine sind der offene Online-Kurs MOOC Startchance kita.digital im Kursbereich und die freie Materialsammlung Digitalisierung & Medienkompetenz in der Medienecke des KITA HUB; sie sollen den Teamtransfer der Fortbildungsinhalte in den Lernphasen erleichtern.
TEILNAHMEBEDINGUNGEN FÜR KITAS
Voraussetzungen für die Kursteilnahme sind:
- Mindestens zwei Tablets (iOS/Android) bei Fortbildungsbeginn
- Stabile Internetverbindung (inklusive WLAN) in der Kita
- IT- und Datenschutz-Support durch den Träger
- Zeitlich-personelle Ressourcen für den Kurs
- Bereitschaft zur Teilnahme an einer Online-Befragung am Kursende.
WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNG UND NACHJUSTIERUNG
Im Sinne einer agilen Steuerung gestalten alle Beteiligten die Kampagne mit – durch Online-Befragungen der Kitas und Coaches, die ein IFP-Team durchführt, und durch Reflexionsgespräche mit den Coaches. So gelang es die Kampagne von Jahr zu Jahr durch Nachjustierungen zu optimieren. Im IFP-Ergebnisbericht zum ersten Kampagnenjahr Was sagen Kitas und Coaches? empfehlen 96 Prozent der Kitas die Teilnahme.
BEGLEITUNG DER KITAS NACH DER KAMPAGNE
Nach dem Kurs sind die Kitas Mitglied im Netzwerk kita.digital.vernetzt, das Qualifizierungs- und Vernetzungsangebote bereithält. Dem Netzwerk gehören bereits 800 Kitas an, ab Herbst werden es 1.100 sein.
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Reichert-Garschhammer, Eva (2024). Die Kampagne "Startchance kita.digital" in Bayern. In: merz | medien + erziehung,68 (1), S. 107–109. merz_24_1_online_exklusiv_Reichert_Garschhammer_Die_Kampagne_Startchance_kitadigital.pdf (merz-zeitschrift.de)
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Eva Reichert-Garschhammer
Beitrag als PDFONLINE EXKLUSIV: Gina Renc/Christian Kleinhanß. Medienkompetenz in Kindertagesstätten: medienBunt-rlp
Medienkompetenz fängt bei den Kleinsten an. Doch wie können Kinder bereits im frühen Alter auf einen souveränen Umgang mit Medien vorbereitet werden?
Eine Antwort auf diese Frage lieferte das vom Bildungsministerium Rheinland-Pfalz geförderte Pilotprojekt medienBUNT-rlp. Die Durchführung erfolgte durch Medien und Bildung RLP, einer Tochter der Medienanstalt Rheinland-Pfalz, und dem Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz. Im Zeitraum von zwei Jahren unterstützte medienBUNT-rlp in zehn Projektkitas die Einführung von digitalen Medien und setzte damit wegweisende Impulse für die frühkindliche Medienbildung. Die vielfältig ausgewählten Kitas verfügten zu Projektbeginn über wenig bis keine Erfahrung mit dem Einsatz von Medien in der frühkindlichen Bildung. Ziel waren ein Kompetenzaufbau und die gemeinsame Entwicklung von medienpädagogischen Konzepten sowie einer ausgewogenen und altersgemäßen Verknüpfung von analogen und medialen Bildungsszenarien.
In der Einführungsphase wurde jede Kita mit einem umfangreichen Technikpaket ausgestattet, welches unter anderem Tablets und Peripheriegeräte wie Stative für Filmaufnahmen, Speichersticks, Kopfhörer und Mikrofone für Audioprojekte, Lautsprecher und je ein Mikro- und Endoskop für eine Forschungswerkstatt beinhaltete. Das Projekt startete mit einer virtuellen Auftaktveranstaltung und drei sich daran anschließenden regionalen Netzwerktreffen.
Das Projektjahr 2022 setzte auf teaminterne Fortbildungen, um die medienpädagogischen und technischen Kenntnisse auszubauen. Die Kita-Teams entwickelten bereits eigene medienpädagogische Konzepte mit Bezug auf die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz. Ein gemeinsames Schwerpunktthema war dabei das Handlungsfeld Inklusion.
Im Projektjahr 2023 stand der Übergang von der Kita zur Grundschule im Fokus. Da durch den DigitalPakt Schule und das Landesprogramm MedienkompetenzmachtSchule meist Tablets an den Grundschulen verfügbar sind, ließ sich darauf ein pädagogisches Erfahrungs- und Begegnungsszenario aufbauen. In den Fortbildungen wurde erforscht, in welchen Situationen und Interaktionen zwischen Fachkräften und Kindern der Medieneinsatz das richtige Werkzeug für das jeweilige Kind und dessen optimale Förderung und Teilhabe sein konnte.
Die entstandenen Medienprojekte illustrierten die bunte Welt der Kindertagesstätten: Eine Kita im städtischen Brennpunkt entwickelte etwa mit einer aufnehmenden Grundschule ein Zebrastreifen-Projekt. Die Kinder erläuterten gemeinsam vor der Kamera die erlernten Verkehrsregeln. In kooperativen Umwelt-Projekten kamen Endoskope und digitale Mikroskope zum Einsatz. Eine deutsch-französische Kita nutzte die Chance, die Mehrsprachigkeit medial in Projektergebnisse integrieren zu können. In allen Einrichtungen entstanden digitale Entwicklungsportfolios. Da Tablets in der Kita und bei Exkursionen stets verfügbar waren, konnten Erzieher*innen und Kinder gleichermaßen diese Geräte zur Dokumentation von Lernerfahrungen nutzen. Auch die Weiterbearbeitung von Fotos oder gar Videos und die Erstellung beschreibender Texte gelangen am Tablet schnell und kostengünstig. Am meisten wurde die neue Technikausstattung jedoch für die Anbahnung zur Dialogorientierung und Sprachförderung genutzt – sei es durch die Betrachtung eines digitalen Wimmelbuchs in der Kleingruppe oder der Nachbereitung einer von den Kindern durchge-führten Foto-Safari. Die Medienprodukte boten stetige Gelegenheit zur Verbalisierung: An eine Kinderfrage wie „Lebt Alexa?“ sollte sich im Idealfall ein ganzes Forschungsprojekt anschließen.
Das Modellprojekt zur frühkindlichen Medienbildung hat Kinder und Erzieher*innen medien-kompetenter gemacht, Eltern beraten und Träger bei ihren strategischen und technischen Maßnahmen unterstützt. Die Ergebnisse sollen möglichst viele Einrichtungen in- und außerhalb von Rheinland-Pfalz inspirieren – für mehr Medienkompetenz in Kindertagesstätten!
BLICK DES EXTERNEN EVALUATORS DR. STEFAN AUFENANGER, SENIOR-FORSCHUNGSPROFESSOR FÜR MEDIENPÄDAGOGIK AN DER JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ
Das gesamte Projekt wurde durch eine formative Evaluation begleitet. Dabei ging es in erster Linie darum, wie die an dem Projekt beteiligten Kitas die digitalen Medien in ihr pädagogisches Konzept integrierten, wie die Erzieher*innen die Fortbildung für sich einschätzten und wie konkret die jeweiligen Projekte in den Kitas abliefen. Neben Fragebögen wurden mündliche Interviews sowie teil-nehmende Beobachtungen eingesetzt.
Die Ergebnisse zeigen, dass durch das Projekt in den beteiligten Kitas das Thema einer digitalen Bildung in der frühen Kindheit diskutiert und immer auch praktisch umgesetzt wurde. Die Fortbildungen wurden von allen beteiligten Erzieher*innen sehr positiv eingeschätzt: So hätten die medienpädagogischen Angebote ihre Professionalität erweitert und ihnen die entsprechenden Kompetenzen vermittelt, die sie in ihren pädagogischen Projekten mit den Kindern benötigten. Auch ihre technischen Fertigkeiten im Umgang mit den Geräten wurden verbessert und ein Großteil der Erzieher*innen fühlte sich anschließend sehr kompetent in der Benutzung von Tablets, Apps und anderen digitalen Geräten.
Die teilnehmenden Beobachtungen in den Kitas zeigten, dass die zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten in Kitas es nicht immer einfach gestalteten, die geplanten digitalen Projekte wie gewünscht umzusetzen. Dennoch führte das Engagement der Erzieher*innen dazu, dass vor allem die Interaktionsstrukturen zwischen ihnen und den Kindern sich von einer eher üblichen Instruktionsorientierung – „ich zeige euch einmal, wie die Geräte funktionieren“ – hin zu einem dialogorientierten Ansatz – „Wie können wir herausfinden, was mit den Fotos passiert, wenn wir sie löschen?“ veränderte. In diesem Sinne hat das Projekt medienBUNT seine Ziele trotz der kurzen Zeit gut erreichen können.
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Renc, Gina & Kleinhanß, Christian (2024). Medienkompetenz in Kindertagesstätten: medienBUNT-rlp. In: merz | medien + erziehung,68 (1), S. 110–112. merz_24_1_online_exklusiv_RencKleinhanss_Medienkompetenz_in_Kindertagesstaetten_medienBUNT-rlp.pdf (merz-zeitschrift.de)
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Gina Renc, Christian Kleinhanß
Beitrag als PDFONLINE EXKLUSIV: Susanne Eggert. "Ansonsten nutze ich es im Moment einfach, um Essen auf den Tisch zu kriegen."
Kinder fühlen sich schon früh von Bildschirmmedien angezogen. Eltern werden immer wieder darauf hingewiesen, dass eine frühe Nutzung von Smartphone, Laptop oder Fernseher sich negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken könnte, deren Nutzung durch Kleinkinder folglich zu vermeiden sei. Die Langzeitstudie FaMeMo zeigt, wann und warum sich Kinder in den ersten Lebensjahren Bildschirmen zuwenden.
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Eggert, Susanne (2024). "Ansonsten nutze ich es im Moment einfach, um Essen auf den Tisch zu kriegen.". Kontexte der Bildschirmnutzung in der frühen Kindheit. In: merz | medien + erziehung,68 (1), S. 97–106. https://www.merz-zeitschrift.de/fileadmin/user_upload/merz/merz_24_1_ONLINE_EXKLUSIV_Eggert_Kontexte_der_Bildschirmnutzung.pdf
Literatur
Eggert, S., Oberlinner, A., Pfaff-Rüdiger, S. & Drexl, A. (2021). Familie digital gestalten. FaMeMo – eine Langzeitstudie zur Bedeutung digitaler Medien in Familien mit jungen Kindern. München: kopaed. Verfügbar unter: https://jff.de/veroeffentlichungen/detail/familie-digital-gestalten
Fleischer, S. (2014). Medien in der Frühen Kindheit. In A. Tillmann, S. Fleischer & K.-U. Hugger (Hrsg.), Handbuch Kinder und Medien (Digitale Kultur und Kommunikation, Bd. 1, S. 303–311). Wiesbaden: Springer VS.
Götz, M. (2020). Selbstreflektierte Medienkompetenz in Pandemiezeiten. Strategien von Heranwachsenden zur Regelung ihrer Mediennutzungszeiten. Televizion, 33(2), 29–32. Verfügbar unter: https://br-online.de/jugend/izi/deutsch/publikation/televizion/33_2020_2/Goetz-Selbstreflektierte_Medienkompetenz.pdf
Linke, C. (2011). Aufwachsen mit mobilen Medien. Rituale und Kommunikation im Alltag von Kindern und Jugendlichen. In P. Grimm & O. Zöllner (Hrsg.), Medien – Rituale – Jugend. Perspektiven auf Medienkommunikation im Alltag junger Menschen. Gefälligkeitsübersetzung: Media – rituals – youth. Perspectives of media communication in the everyday lives of young people. (Medienethik, Bd. 9, S. 81–97). Stuttgart: Steiner.
Madigan, S., Eirich, R., Pador, P., McArthur, B. A. & Neville, R. D. (2022). Assessment of Changes in Child and Adolescent Screen Time During the COVID-19 Pandemic: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Pediatrics, 176(12), 1188–1198. https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2022.4116
Oberlinner, A., Eggert, S., Schubert, G., Jochim, V. & Brüggen, N. (2018). Medienrituale und ihre Bedeutung für Kinder und Eltern. Erster Bericht der Teilstudie „Mobile Medien und Internet im Kindesalter – Fokus Familie“ im Rahmen von MoFam – Mobile Medien in der Familie. Verfügbar unter: https://jff.de/fileadmin/user_upload/jff/projekte/mofam/JFF_MoFam_Studie_T_Medienrituale.pdf
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Susanne Eggert
Beitrag als PDFONLINE EXKLUSIV: Susanne Roboom. Kindgerechte Medienbildung im Elementarbereich - Modellprojekte in Niedersachsen
Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche und damit einhergehende Transformationsprozesse sind seit Jahren relevante gesellschaftliche Themen, die auch die Lebenswelten von Kindern und somit die Anforderungen an die frühkindliche Bildung betreffen. Die Vision vom Kindergarten als medienfreier Schonraum, als Ort, der ‚reale Erfahrungen‘ ermöglicht und vor digitalen Gefahren schützt, rückt zunehmend in den Hintergrund. Gerade der Kindergarten als erstes Glied der Bildungskette kann wesentliche Grundlagen schaffen, um Kindern einen chancengleichen, kritischen und kreativen Umgang mit Medien zu ermöglichen und Eltern in der Wahrnehmung ihrer medienerzieherischen Aufgaben zu unterstützen (Eder et. al., 2017).
In vielen Kindertageseinrichtungen spielt Medienbildung allerdings im Vergleich zu anderen Bildungsbereichen noch immer eine eher untergeordnete Rolle. Studien (unter anderem Nieding & Klaudy, 2020; Schubert et al., 2018; Meister et al., 2012; Six & Gimmler, 2007) zur Situation der Medienerziehung in KiTas und zur medienpädagogischen Ausbildung von Erzieher*innen zeigen seit Jahren dringenden Handlungsbedarf auf: Die medienpädagogische Kompetenz der Fachkräfte wie auch die technische Ausstattung der KiTas ist ausbaufähig und Medien nehmen in der Ausbildung von Erzieher*innen mehrheitlich noch immer einen geringen Stellenwert ein. Und selbst wenn Handlungsbedarf erkannt wird, fühlen sich viele Fachkräfte hinsichtlich der Anforderungen einer frühkindlichen Medienerziehung orientierungslos und überfordert. In zentralen Fragen rund um die frühkindliche Medienbildung benötigen KiTa Teams daher Qualifizierungsangebote und prozesshaft fachliche Unterstützung.
QUALIFIZIERUNGSINITIATIVE KINDGERECHTE MEDIENBILDUNG (KIM)
An dieser Stelle setzt die Qualifizierungsinitiative Kindgerechte Medienbildung (KIM) an. In ihrem Rahmen ist 2022 zunächst in einer interdisziplinären Expert*innen Gruppe eine Handreichung inklusive eines Kompetenzprofils für die Medienbildung in KiTas entwickelt worden: das Rahmencurriculum KiMElementar (https:// kitamedien.bipnds.de). Im Frühjahr 2023 startete dann die landesweite KIM Qualifizierungsinitiative, die vom Niedersächsischen Kultusministerium finanziert und von Blickwechsel e. V. in Kooperation mit dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung e. V. (nifbe) durchgeführt wird.
Wesentliches Ziel der Qualifizierungsinitiative ist es, ein medienpädagogisches Schulungs und Beratungsnetzwerk zu schaffen und bei den Fachkräften eine ‚medienpädagogische Konstante‘ für die pädagogische Praxis zu verankern, um damit die nachhaltige Implementierung von Medienbildung in der frühkindlichen Bildung zu realisieren.
Mit fünf Auftaktveranstaltungen wurde die Initiative im Frühjahr 2023 landesweit bekannt gemacht, um im Feld insgesamt für das Thema Medien-bildung zu sensibilisieren und Multiplikator*innen für eine Qualifizierung zu sogenannten KIM Coaches zu gewinnen. 40 KIM Coaches führen seit September 2023 bis Ende 2024 insgesamt 80 sogenannte KIMPakete in den Kindertageseinrichtungen durch. Ein KIM Paket besteht aus einer dreitägigen Inhouse Qualifizierung für KiTa Teams sowie einer Prozessbegleitung im Umfang von circa zehn Stunden. Die Prozessbegleitung soll insbesondere dazu dienen, das in der Qualifizierung Reflektierte, Erfahrene und Erlernte in die KiTa Praxis umzusetzen sowie bei der Erarbeitung von Medienkonzepten zu unterstützen.
MEDIENBILDUNG IN WOLFSBURGER KITAS
Ein weiteres Modellprojekt hat die Stadt Wolfsburg gestartet, um Medienbildung nachhaltig und mit Konzept in der Wolfsburger frühkindlichen Bildungslandschaft zu thematisieren, zu verankern und zu einem anerkannten Lernbereich und Erfahrungsfeld zu machen. Dazu hat die Abteilung Frühkindliche Bildung der Stadt Wolfsburg – begleitet und beraten durch den Blickwechsel e. V. – eine Rahmenkonzeption erarbeitet, die den Trägern von Kindertageseinrichtungen und den frühkindlichen Bildungsorten eine solide Grundlage für das pädagogische Handeln liefert. Wolfsburg nimmt durch die Initiierung des Modellprojekts ein Stück weit eine Pionierinnenrolle ein. Es gibt zwar bereits einige Träger und natürlich auch viele Kitas, die sich medienpädagogisch auf den Weg gemacht haben, aber mit der Erarbeitung einer Rahmenkonzeption nimmt Wolfsburg seine Verantwortung als Kommune ernst und schafft einen klaren Orientierungsrahmen, an dem alle Akteur*innen im Bereich der früh-kindlichen Bildung ihr pädagogisches Handeln ausrichten können. Der Transfer in Praxis wird durch InhouseSchulungen mit Prozessbegleitung sowie die Schulung von Multiplikator*innen gewährleistet, die vom Blickwechsel e. V. realisiert werden. Die Rahmenkonzeption und Praxiserfahrungen werden im Mai 2024 auf einem großen Fachtag zur Medienbildung vorgestellt.
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Roboom, Susanne (2024). Kindgerechte Medienbildung im Elementarbereich. Modellprojekte in Niedersachsen. In: merz | medien + erziehung, 68(1), S. 113–115. https://www.merz-zeitschrift.de/fileadmin/user_upload/merz/merz_24_1_ONLINE_EXKLUSIV_Roboom_Kindgerechte_Medienbildung_im_Elementarbereich.pdf
Literatur
Eder, S., Brüggemann, M., & Kratzsch, J. (2017). Kinder im Mittelpunkt: Frühe Bildung und Medien gehören zusammen. Positionspapier der GMK- Fachgruppe Kita.https://gmknet.de/fileadmin/pdf/gmk_medienbildung_kita_positionspapier.pdf
Meister, D.M., Friedrichs, H., Keller, K., Pielsticker, A., & Temps, T. (2012). Chancen und Potenziale digitaler Medien zur Umsetzung des Bildungsauftrags in Kindertageseinrichtungen in NRW: Forschungsbericht der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und der Universität Paderborn. https://kw.unipaderborn.de/fileadminkw/fakultaet/Institute/medienwissenschaften/Medienpaedagogik_und_empirische_Medienforschung/Archiv/Kitas_NRW_bericht_2012.pdf
Nieding, I., & Klaudy, K. (2020). Digitalisierung in der frühen Bildung. Der Umgang mit digitalen Medien im Spannungsfeld zwischen Schutzraum und Schlüsselkompetenz. In A. Wilmers, C. Anda & C. Keller (Hrsg.), Bildung im digitalen Wandel. Die Bedeutung für das pädagogische Personal und für die Aus- und Fortbildung (S. 31–56). Waxmann.
Roboom, S. (2022). Auf ein ausgewogenes Maß kommt es an … Bedeutung und Potenzial von digitalen Medien in der Kita. KiTa aktuell spezial, 13(3).
Schubert, G., Brüggen, N., Oberlinner, A., Eggert, S., & Jochim, V. (2018). Haltungen von pädagogischem Personal zu mobilen Medien, Internet und digitalen Spielen in Kindertageseinrichtungen. Bericht der Teilstudie „Mobile Medien und Internet im Kindesalter – Fokus Kindertageseinrichtungen“. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.
Six, U., & Gimmler, R. (Hrsg.) (2007). Die Förderung von Medienkompetenz im Kindergarten. Eine empirische Studie zu Bedingungen und Handlungsformen der Medienerziehung. Vistas.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Susanne Roboom
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spektrum
Helga Theunert/Bernd Schorb: Die Maschine KI - Herausforderung für eine subjektorientierte (Medien-)Pädagogik
Was kann KI und wie genau sehen ihre Unterstützungsleistungen aus? Wo-durch unterscheiden sich Maschinen bzw. das maschinelle Lernen von den generativen KI-Systemen, wie zum Beispiel ChatGPT? Warum ist die Vermenschlichung von KI problematisch und was sind die pädagogischen Implikationen ihres Einsatzes? Hierüber und über weitere Fragen sprechen Prof.Dr. Helga Theunert und Prof. Dr. Bernd Schorb mit Dr. Thomas Hickfang.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Helga Theunert, Bernd Schorb
Beitrag als PDFEinzelansichtJulian Erdmann: Situative Medienkompetenzförderung in offenen Settings der Jugend(-sozial)arbeit
Offene Settings der Jugend(-sozial)arbeit bieten große Chancen für eine lebensweltorientierte Medienkompetenzförderung abseits klassischer Projektarbeit. Allerdings gibt es bislang nur vereinzelt Konzepte und Praxisbeispiele, die Fachkräften dabei Orientierung geben können. Dieser Artikel soll einen Beitrag dazu leisten, diese Lücke zu schließen und auf theoretischer und empirischer Basis erste Ansatzpunkte für ein Konzept
situativer Medienkompetenzförderung aufzeigen.Literatur
Bohnsack, R. (1998). “Milieubildung” - Pädagogisches Prinzip und empirisches Phänomen. In L. Böhnisch, M. Rudolph & B. Wolf (Hrsg.), Jugendarbeit als Lebensort (S. 95–112). Juventa.
Brüggen, N. & Rösch, E. (2022). ((Post-)digitale) Jugendarbeit ermöglichen. Aktuelle und zukünftige Perspektiven der ‚digitalen‘ Jugendarbeit. merz | medien + erziehung, 66(3), 13–22.
Demmler, K. & Rösch, E. (2013). Aktive Medienarbeit in einem mediatisierten Umfeld. In R. Kammerl, A. Unger, P. Grell & T. Hug (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 11: Diskursive und produktive Praktiken in der digitalen Kultur (S. 191–207). Springer VS.
Erdmann, J. & Brüggen, N. (2023). Digital Streetwork. Bericht der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojektes in Bayern im Jahr 2022. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.
Kascha, R. (2013). Projektarbeit. In U. Deinet & B. Sturzenhecker (Hrsg.), Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit (S. 409–413). Springer VS.
Kutscher, N., Klein, A., Lojewski, J. & Schäfer, M. (2009). Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche in benachteiligten Lebenslagen. Konzept zur inhaltlichen, didaktischen und strukturellen Ausrichtung der medienpädagogischen Praxis in der Kinder- und Jugendarbeit. Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM).
Müller, B. (2021). Siedler oder Trapper? Professionelles Handeln im pädagogischen Alltag der Offenen Kinder und Jugendarbeit. In U. Deinet, B. Sturzenhecker, L. von Schwanenflügel, & M. Schwerthelm (Hrsg.), Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit (S. 161–174). Springer VS.
Pöyskö, A. (2023). Minimalinvasive Medienpädagogik. Aktives Arbeiten mit Medien in der offenen Jugendarbeit. merz | medien + erziehung, 67(3), 27–35.
Retzke, C. (2007). Präventiver Jugendmedienschutz: eine Untersuchung des Jugendschutzgesetzes und des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags unter besonderer Berücksichtigung des Systems der regulierten Selbstregulierung und der innerstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzabgrenzung. Sierke Verlag.
Schemmerling, M., Reißmann, W. & Lutz, K. (2023). Von aktiver Medienarbeit zur aktiven Arbeit mit Medien? Konstanten, Wandel und aktuelle Entwicklungen. merz | medien + erziehung, 67(3), 10–18.
Schön S. & Ebner M. (2019). Making – eine Bewegung mit Potenzial. merz | medien + erziehung, 63(4), 9–15.
Schönhofer, G. (2022). Ermächtigung durch Sichtbarkeit? Filmprojekte mit fluchterfahrenen Jugendlichen in Deutschland. transcript.
Spahnel, D. (2021). Aufwachsen in mediatisierten Lebenswelten. Zur Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Medienpädagogik und Medienschutz. In K. D. Wolf, K. Rummler, P. Bettinger, & S. Aßmann (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 16: Medienpädagogik in Zeiten einer tiefgreifenden Mediatisierung (S. 231–280). Zeitschrift MedienPädagogik, Sektion Medienpädagogik (DGfE).
Welling, S. (2008). Computerpraxis Jugendlicher und medienpädagogisches Handeln (Bd. 4). kopaed.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Julian Erdmann
Beitrag als PDFEinzelansichtMarie Jäger/Kani Bahman: Phänomenübergreifende Extremismusprävention mittels Gaming
Das Potenzial des Gaming für die Bearbeitung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist in der Bildungsarbeit angekommen. Während im lebens-weltlichen Ansatz in den 2000er-Jahren noch auf traditionelle Jugendkulturen wie HipHop, Punk und Metal gesetzt wurde, bietet sich in den letzten zehn Jahren vermehrt der Bereich des Gaming an, um mit Jugendlichen interessengeleitet zu arbeiten – auch in der Extremismus Prävention. Im Artikel wird beschrieben, wie Extremist*innen Games einsetzen, warum sich der Einsatz von Games in der Prävention anbietet und welche konkreten Erfahrungen im Projekt Call of Prev gemacht wurden.
Literatur
Baeck, J.P. & Speit, A. (2020). Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat. In A. Speit & J.P. Baeck (Hrsg.), Rechte Egoshooter – Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat (S. 7–26).
Baer, S., Groß, A. & Jäger, M. (2020). Phänomübergreifende und gendersensible Präventionsarbeit im Projekt PHÄNO_cultures. In S. Hößl, L. Jamal & F. Frank (Hrsg.), Politische Bildung im Kontext von Islam und Islamismus (S. 391–406). Bundeszentrale für politische Bildung.
Baraa, A. (2016). Sind Playstation und Computer erlaubt?www.youtube.com/watch?v=p05_0bH5Paw [Zugriff: 25.07.2023]
Dauber, C. E., Robinson, M.D., Baslious, 2019). Call of Duty: Jihad – How the Video Game Motif has Migrated Downstream from Islamic State Propaganda Videos. Perspectives on Terrorism, 13(3), 17–31.
Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG e.V.) (2021). Playstation oder PC-Spiele erlaubt?www.youtube.com/watch?v=lNKjGhKW4Fw [Zugriff: 25.07.2023]
El-Kamili, A.M. (2020). Sind Computerspiele, Playstation, Xbox erlaubt?www.youtube.com/shorts/UxTQrc9TYJg [Zugriff: 25.07.2023]
Engel, M. (2020). Spielbeurteilung. Through the darkest times.www.spielbar.de/spiele/150150/through-the-darkest-of-times [Zugriff: 25.07.2023]
Generation Islam (2019). Fortnite – Ist das Leben nur ein Spiel?www.youtube.com/watch?v=u9sGVwfGVH8&t=37s [Zugriff: 25.07.2023]
Baer, S., Groß, A. & Jäger, M. (2020). Phänomenübergreifende und gendersensible Präventionsarbeit im Projekt PHÄNO_cultures. In S. E. Hößl, L. Jamal & F. Schellenberg (Hrsg.), Politische Bildung im Kontext von Islam und Islamismus (S. 391–406). Bundeszentrale für politische Bildung.
FakerFive (2023). Heimat Defender 2 - The Great Rebellion (Exklusive Beta Pre-View). www.youtube.com/watch?v=x6QraqbgPRg [Zugriff: 10.11.2023]
Kiefer, M., Hüttermann, J., Bacem, D., Rauf, C., Roth, V., Srowig, F., & Zick, A. (2017). „Lasset uns in shaʼa Allah ein Plan machen“. Fallgestützte Analyse der Radikalisierung einer WhatsApp-Gruppe. Springer VS.
Koopmann, J.-P. (2020). Alles nur ein Spaß? Über die Debatte um »Killerspiele« und den Zusammenhang von gespielter und realer Gewalt. In A. Speit & J.P. Baeck (Hrsg.), Rechte Egoshooter – Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat (S. 154–174). Bundeszentrale für politische Bildung.
Lakomy, M. (2019). Let's Play a Video Game: Jihadi Propaganda in the World of Electronic Entertainment. Studies in Conflict and Terrorism, 383–406.
McDonald, K. (2018). Radicalization. Polity press.
Pepito, C. (2020). The Witcher Series Showed the Consequences of Race, Gender Discrimination; Cyberpunk 2077 Shows Same Vibe. https://sirusgaming.com/witcher-cyberpunk-2077-consequence-discrimination [Zugriff: 17.07.2023]
Prinz, M. (2017). „Patriot Peer“ als Mischung aus Tinder und Pokemon Go. www.belltower.news/heimatliebe-im-app-store-patriot-peer-als-mischung-aus-tinder-und-pokemon-go-43312 [Zugriff: 17.07.2023]
Rafael, S. (2018). Identitäre im Internet. Von Crowdfunding bis Memewars. In A. Speit (Hrsg.), Das Netzwerk der Identitären. Ideologie und Aktionen der neuen Rechten (127–141). Ch. Links.
Rauscher, A. (2020). Playing Propaganda. Die Games-Appropriationen des IS. In B. Zywietz (Hrsg.), Propaganda des „Islamischen Staats“. Formen und Formate. Springer VS.
Röpke, A. (2020). Terror von Rechts – Militante Kontinuität und politische Ignoranz. In A. Speit & J.P. Baeck (Hrsg), Rechte Egoshooter – Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat (S. 108–131). Bundeszentrale für politische Bildung.
Schlegel, L. (2020). Jumanji Extremism? How games and gamification could facilitate radicalization processes. Journal for Deradicalization, 23, 1–44.
Schlegel, L. (2021). Connecting, Competing, and Trolling: “User Types” in Digital Gamified Radicalization Processes. Perspectives on Terrorism, 15(4), 54–64.
Sieber, R. (2020). Terror als Spiel – Virtuell vernetzter Rechtsterrorismus rund um den Globus. In A. Speit & J.P. Baeck (Hrsg.), Rechte Egoshooter – Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat (S. 46-67). Bundeszentrale für politische Bildung.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Marie Jäger, Kani Bahman
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medienreport
Katharina Halo: Dr. Stone - New World
Die drei Freund*innen Senku, Taiju und Yuzuhira befinden sich gerade in der Schule, als sie plötzlich ein grünes Licht am Himmel sehen. Dieses Licht verwandelt die gesamte Menschheit zu Stein genau in dem Moment, als Taiju seiner Freundin Yuzuhira seine Liebe gestehen will. 3700 Jahre vergehen, bis Taiju sich aus der Versteinerung löst und feststellt, dass die Welt, wie er sie kannte, nicht mehr existiert. Die Natur hat weite Teile der Erde zurückerobert und von der einstigen Zivilisation sind nur noch Wälder, Berge und Flüsse übrig geblieben. Nach seinem Erwachen entdeckt Taiju, dass seine Liebe Yuzuhira noch immer unter der Wirkung der Versteinerung steht, während sein wissensdurstiger Freund Senku bereits seit geraumer Zeit wieder aktiv ist. Senku forscht intensiv, um die Ursache für die Versteinerung ausfindig zu machen und ein Gegenmittel zu finden. Durch Experimente und seine hervorragende Beobachtungsgabe gelingt ihm schließlich die erfolgreiche Herstellung eines Gegenmittels. Die ge-meinsame Freundin Yuzuhira soll die Erste sein, welche aus der Versteinerung gelöst wird. Doch ihre Pläne werden durchkreuzt, als die Begegnung mit mehreren Löwen sie zwingt, das Gegenmittel an Tsukasa, einem bekannten und erfahrenen Kämpfer aus der Schule, anzuwenden. Tsukasa schafft es, die Löwen auszuschalten und das Leben der Freunde zu retten. Er schließt sich ihnen an und gemeinsam setzen sie sich das Ziel, die Zivilisation durch Wissenschaft und Technologie wieder aufzubauen. Mit dem Wissen des genialen Wissenschaftlers Senku kann dieses Vorgehen zur Realität werden.
Bald jedoch erkennt Senku, dass Tsukasa andere Pläne verfolgt. Tsukasas moralischer Kodex sieht vor, nur die ‚reinherzigen‘ Menschen in der Steinwelt wiederzubeleben. In dieser Situation sieht er die Chance, eine neue Weltordnung zu schaffen, indem er Steinstatuen ‚unreinherziger‘ Menschen zerstört und ihnen damit die Chance auf eine Wiederbelebung nimmt. Er entwickelt sich damit zum Hauptantagonisten der Serie. So beginnen der Kampf und das Abenteuer der Freunde um die Wiederherstellung der Zivilisation.
Dr. Stone ist eine japanische Manga-Serie des Autors Riichiro Inagaki und des Illustrators Park Mu-jik, die seit August 2019 in deutscher Sprache verfügbar ist. Die erste Staffel der Anime-Serie wurde unter der Hauptautorenschaft von Yuichiro Kido und der Regie von Shinya Lino am 15. Juli 2020 in Deutschland auf TNT Comedy veröffentlicht.
Die Serie behandelt die Themen Wissenschaft, Geschichte sowie die Beziehung zwischen Fortschritt und Natur und vermittelt diese Bildungs-aspekte auf unterhaltsame Weise. Dr. Stone ist daher sowohl für Kinder als auch für Erwachsene geeignet, um gemeinsam vor dem Fernseher eine schöne Zeit zu verbringen und sich dabei eine Portion Wissen auf spannende, lustige und unterhaltsame Weise anzueignen.
Besonders interessant ist die Einbindung der Wissenschaft. Der Protagonist Senku teilt seine Leidenschaft zur Wissenschaft anschaulich, ohne dabei zu langweilen. Es werden verschiedene Methoden und Experimente gezeigt, die wichtige Erfindungen unserer Zeit erklären. Durch die an-schaulichen Darstellungen kann es der Serie gelingen, eine Leidenschaft für die Wissenschaft zu entfachen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass einige dargestellte Experimente zwar wissenschaftlich korrekt sind, aber die realen Auswirkungen in der Praxis nicht aufrechterhalten werden könnten. Vieles wird in Dr. Stone vereinfacht erklärt und dargestellt, um es verständlich und für alle zugänglich zu machen.
Dr. Stone überzeugt nicht nur mit seinem Bildungsanspruch und bester Unterhaltung, zusätzlich hervorzuheben ist auch der ganze Aufbau der Anime Welt. Die mysteriösen Umstände der Geschichte harmonieren gut mit dem World Building. Für die Zuschauenden gestaltet sich ein span-nendes Gedankenexperiment daraus, wie unsere Welt nach einersolchen Katastrophe aussehen könnte. Diese Mysterien und Entwicklungen halten kontinuierlich die Spannung und lassen einen tief in die Geschichte eintauchen.
Die Serie behandelt nicht nur Wissenschaft und Technologie, sondern auch Themen wie Freundschaft und Liebe. Die Verbindung zwischen den unterschiedlichen Freunden Senku, der immer logisch und wissenschaftlich denkt und Taiju, der das Herz in dieser Freundschaft ist, macht sie zu einem einzigartigen Duo und unersetzlich für die Geschichte. Der Respekt und die Wertschätzung der beiden füreinander verleiht der Serie eine besondere Tiefe.
Daher ist der Anime Dr. Stone eine sehr gelungene Geschichte, die tief ins Herz geht und Zuschauende auch mit ethischen Fragen konfrontiert, die in der Serie immer wieder reflektiert werden. Was wäre, wenn plötzlich alle Gegenstände noch einmal neu hergestellt werden müssten und man-ches gar nicht erst zu einer Entdeckung führen würde? Oder wie würde eine Welt aussehen, wenn es jemanden wie den Hauptantagonisten Tsukasa gibt, der über Leben und Tod von Menschen bestimmen will? Es wird eine Welt gezeigt, die fernab von unserer Realität und doch gar nicht so weit weg ist.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katharina Halo
Beitrag als PDFEinzelansichtKatharina Stengl: An allem Schuld
Laut Bundeskriminalamt ist die Zahl der antisemitischen Strafen in Deutschland seit dem Überfall der Hamas auf Israel gestiegen. Umso wichtiger ist es, über Antisemitismus zu sprechen und aufzuklären. Es muss präventiv gegen Vorurteile und Stereotype vorgegangen werden, um selbst ver-stecktem Antisemitismus keinen Raum zu bieten. Die Website AN ALLEM SCHULD widmet sich auf eindrucksvolle Weise diesem sensiblen Thema. Bereits der gewählte Name reflektiert treffend die tief verwurzelte Schuldzuweisung an Jüd*innen, die ein zentraler Bestandteil antisemi-tischen Denkens ist. Häufig werden Jüd*innen fälschlicherweise für gesellschaftliche Ereignisse, wirtschaftliche Krisen und Ungerechtigkeiten verantwortlich gemacht. Diese Form der Schuldzuweisung dient dazu, auf komplexe soziale Probleme einfache Antworten zu liefern und stellt für manche Menschen einen simplen Ausweg dar. Durch die Identifikation konkreter Personen als Schuldige erhalten sie ein Ziel, an dem sie ihre Wut und ihren Frust auslassen können.
Die Website ist ein Projekt des BIW – Bildung in Widerspruch e. V. und präsentiert sich als umfassende Informationsplattform, die darauf abzielt, antisemitische Vorurteile zu durchbrechen und ein tieferes Verständnis für deren Ursprünge zu schaffen. Sie bietet Antworten auf zahlreiche Fragen, die man sich so noch nie gestellt hat. Gleichzeitig kann man sein Wissen über Antisemitismus vertiefen, um auch verdeckten Antisemitismus zu erkennen und etwas dagegen zu tun.
Strukturiert wird das Portal durch verschiedene Themenbereiche. In der Rubrik Antisemi…Was? dreht sich alles um das Wort Antisemitismus. Was versteht man darunter? Woher kommt Antisemitismus und wie kann man ihn erkennen? Wem nützt das antisemitische Denken und welche Aus-wirkungen hat das auf andere? Erschreckend ist zum Beispiel, dass jede*r vierte Deutsche antisemitische Ansichten teilt. Dieser Fakt und viele weitere können in den verschiedenen Tools recherchiert werden. Dazu zählen unter anderem Quiz, Expert*innenenvideos und diverse Audioinhalte. Individuelle Erfahrungsberichte junger Jüd*innen ergänzen die vielen Fakten.
Gerüchte, welche oft die Ursprünge von festgefahrenen Stereotypen und Vorurteilen sind, werden ebenfalls in einer eigenen Rubrik thematisiert. Besonders interessant ist hier die geschichtliche Auseinandersetzung mit weitverbreiteten Gerüchten und Vorurteilen gegenüber Jüd*innen. Auch Verschwörungen und Verschwörungstheorien spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle und bilden einen eigenen Themenbereich. In Verschwörungstheorien wird Antisemitismus oft verdeckt geäußert. Auf der Website wird über Begriffe und Schlagwörter aufgeklärt, die dafür benutzt werden. Ein Highlight in der Rubrik Verschwörung ist der Verschwörungsgenerator, bei dem eigene Verschwörungstheorien aufgestellt werden können und die elementaren Bestandteile einer Verschwörungstheorie erklärt werden. Hinzu kommt, dass man auch selbst in die Rolle des*der Verschwörungstheoretiker*in schlüpfen und in einem virtuellen Chat versuchen kann, andere von einer Verschwörungstheorie zu überzeugen.
Ebenfalls bieten die Themenbereiche Israel und Nazi-Vergangenheit interessante Einblicke und helfen beispielsweise, zwischen Kritik und (verstecktem) Hass zu unterscheiden und so Israel bezogenen Antisemitismus zu erkennen. In der Rubrik Jüdisches geht es um die Vielfalt jüdischen Lebens und jüdischer Kultur. Sie bietet einen positiven Gegenpol zu den negativen Stereotypen und trägt dazu bei, Klischees und Vorurteile zu durchbrechen.
Die geplante Veröffentlichung von Begleitmaterial und pädagogischen Handreichungen im Verlauf des Jahres 2024 unterstreicht die pädagogische Ausrichtung der Website. Die Materialien sollen die Möglichkeit bieten, das Thema Antisemitismus auch im schulischen Kontext zu behandeln und Schüler*innen eine vertiefte Auseinandersetzung zu ermöglichen. AN ALLEM SCHULD ist eine herausragende Initiative im Kampf gegen Antisemi-tismus. Es werden nicht nur fundierte Informationen vermittelt, sondern es wird auch zur aktiven Auseinandersetzung damit angeregt. Die interakti-ven Elemente wie Quiz, Videos, Audioaufnahmen und Erfahrungsberichte bieten nicht nur eine abwechslungsreiche Darstellung, sondern ermöglichen auch eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema.
Ausbaufähig ist sicher noch das Glossar, das bisher nur wenige Begriffe enthält. Eine Erweiterung könnte dazu beitragen, ein breiteres Verständnis für die verschiedenen Facetten von Antisemitismus zu fördern. Weiterhin wurde die FAQ-Sektion bisher noch nicht umgesetzt. Sie soll aber zeitnah ergänzt werden, um den Nutzer*innen eine umfassendere Informationsgrundlage zu bieten.
Besonders hervorzuheben ist die Einbindung praxisorientierter Ansätze. Die Rubrik Was tun gibt konkrete Handlungsempfehlungen für den Alltag, indem sie exemplarische Situationen vorstellt und den Nutzenden die Möglichkeit gibt, ihre Reaktionen zu reflektieren. Dies fördert ein proaktives Engagement gegen Antisemitismus. Durch die gelungene Kombination von inhaltlicher Tiefe, interaktiven Elementen und einer bedienfreundlichen Gestaltung erschafft das Projekt eine ansprechende Platt- form, um das Bewusstsein für Antisemitismus zu schärfen und konkrete Handlungs-impulse zu setzen.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katharina Stengl
Beitrag als PDFEinzelansichtLisa Melzer: KI – und jetzt?
In einer Welt, die zunehmend von Technologie und Algorithmen geprägt wird, erleben wir eine Vielzahl von Phänomenen, die unsere Neugier wecken und unser Denken anregen. Ein Bereich, der in den letzten Jahren besonders an Bedeutung gewonnen hat, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Die rasante Entwicklung von KI-Algorithmen und die undurchsichtigen Entscheidungsprozesse von KI-Systemen haben zu Unsicherheiten und Misstrauen in Bezug auf deren Anwendung geführt.
Dem entgegenwirken möchte der Podcast KI – und jetzt? Wie wir Künstliche Intelligenz leben wollen. Als Ko-Produktion des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFK) soll er das Thema KI aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und endlich Klarheit schaffen: sei es hinsichtlich technologischer Trends, Entwicklungen in Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft oder praktischer KI-Anwendungen im Alltag. Die Aufgabe, sich dem abstrakten und komplexen Thema anzunähern, übernehmen ARD-Journalistin und Moderatorin Nadia Kailouli und Aljoscha Burchardt, Forscher am DFKI, einem der weltweit größten gemeinnützigen Forschungszentren für Künst-liche Intelligenz.
Acht 30-minütige Folgen wurden seit Oktober 2023 veröffentlicht. Darin wird Zuhörenden ein Zusammenspiel aus journalistischer Exper- tise und wissenschaftlichem Know-How zum Thema KI geboten. Das Ergebnis sind spannende und gut recherchierte Folgen, die nicht nur eine fundierte Einordnung von Trends, Entwicklungen und technischen Fortschritten in dem umfangreichen und unübersichtlichen Feld der KI-Technologien bieten, sondern auch eine große Portion Unterhaltung.
Auf abwechslungsreiche, verständliche und unterhaltsame Weise zeigt der Podcast auf, wie wir als Gesellschaft KI so gestalten können, dass sie unseren Zwecken dient und an welchen Stellen kritische Haltungen ihr gegenüber durchaus begründet sind. Unterlegt werden alle Folgen mit spannenden Fallbeispielen, die aufzeigen, welche Auswirkungen KI-Tools auf Gesellschaft, Politik und Medienlandschaft langfristig nach sich ziehen können. Beleuchtet werden dabei immer sowohl Chancen und Potenziale als auch Risiken von KI – von Formen der Manipulation von Inhalten durch derartige Tools bis hin zum Einsatz intelligenter Technologien zur Verbesserung der allgemeinen Verkehrssicherheit.
Abgerundet werden die einzelnen Folgendurch interessante Gastbeiträge, die sowohl Einblicke in die Erforschung von Künstlicher Intelligenz als auch in die praktische Arbeit gewähren. Dabei kommen unterschiedliche Expert*innen zu Wort, so zum Beispiel Dr. Corina Apachiţe, Leiterin der KI-Abteilung von Contential Automotive Technologies, Lajla Fetic, Expertin für Tech Governance und Digital Policy der Bertelsmann Stiftung oder Prof. Dr. Benjamin Paaßen, Juniorprofessor für Wissensrepräsentation und Maschinelles Lernen an der Universität Bielefeld. Das Ergebnis sind spannende Diskussionen über technologische Neuheiten wie KI-generierte Influencer*innen, die zur Vermarktung von Brands wie Calvin Klein oder Prada eingesetzt werden oder intelligente Tools, die bei der Aufklärung von Verbrechen unterstützen können. Durch diese Perspektivenvielfalt bietet jede Folge Raum für unterschiedliche Standpunkte und ermöglicht es den Zuhörenden, eigene Schlussfolgerungen aus den Gesprächen zu ziehen und diese zur weiterführenden Auseinandersetzung und Reflexion zu nutzen.
Auch die absurden oder unterhaltsamen Seiten von KI-Anwendungen kommen nichtzu kurz. In der Rubrik What the KI?! geht es um verblüffende Geschichten, in denen KI menschliche Emotionen imitiert, kuriose Reiseempfehlungen gibt oder sich als lukratives Geschäftsmodell erweist. Diese Beispiele demonstrieren auf eindrückliche Weise, welche kreativen Potenziale KI-Systeme besitzen und wie diese eingesetzt werden können, um menschenähnliche Interaktionen nachzuahmen, zeitaufwändige Aufgaben zu automatisieren oder Verwaltungsprozesse zu optimieren. Gleichzeitig machen die amüsanten Geschichten darauf aufmerksam, welche ethischen oder rechtlichen Herausforderungen die Anwendung solcher Technologien mit sich bringt, ohne dabei einen belehrenden Unterton anzunehmen.
Insgesamt reflektiert der Podcast nicht nur die breiten Anwendungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz, sondern zeigt auch auf, wie diese Technologien unterschiedliche Sektoren und Berufsfelder transformieren und welche Aufgaben und Spannungsfelder sich daraus auf gesellschaft-licher Ebene ergeben, die es zukünftig noch stärker in den Blick zu nehmen gilt. Von den Grundlagen der KI-Forschung bis hin zu innovativen Anwendungen im Bildungs- und Marketingbereich bietet der Podcast facettenreiche Perspektiven, aus denen sich spannende Anregungen und Impulse für Forschung und Praxis ableiten lassen.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Lisa Melzer
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publikationen
Katharina Halo: Class, C. B., Coy, W., Kurz, C., Obert, O., Rehak, R., Trinitis, C., Ullrich, S. & Weber-Wulff, D. (Hg.) (2023). Gewissensbisse. Fallbeispiele zu ethischen Problemen der Informatik. Transcript. Edition Medienwissenschaften. 240 S. 29,00€
Was definiert ‚richtig‘ und ‚falsch‘? Mit dieser Frage setzen wir Menschen uns täglich – nicht immer bewusst – auseinander, denn die Antwort beeinflusst oft unser Handeln und formt unser Verständnis vieler Ereignisse. Es gestaltet sich jedoch schwierig, eine klare und eindeutige Antwort darauf zu finden, da Meinungen in der Regel subjektiv sind und oft keine klare Abgrenzung zwischen dem ‚Richtigen‘ und ‚Falschen‘ existiert. Die zunehmenden Fortschritte im Bereich der KI geben ethischen Fragen eine immer relevantere Rolle. Es sind nicht nur Fragen nach der moralisch korrekten Nutzung von Informationstechnologien, sondern ebenso Aspekte des Entwerfens, Herstellens und Betreibens.
In Gewissensbisse werden solche ethischen Dilemmata der Informatik anhand von realitätsnahen Fallbeispielen anschaulich dargestellt und abschließend in Form moralisch relevanter Fragestellungen offengehalten. Diese praktische Herangehensweise soll sowohl allein als auch zum gemeinsamen Nachdenken und Diskutieren über moralische Normen und den kritischen Umgang mit IT-Systemen anregen. Die Autor*innen stellen mögliche Szenarien und Konzepte vor, sei es in der schulischen Lehre oder bei betrieblichen Workshops. Durch die Verwendung von ‚Keywords‘ erhalten Lesende Einsicht in technische und ethische Problematiken, welche in den Fallbeispielen behandelt werden. Fallbeispiele mit offenen Fragen, die zur moralischen Reflexion animieren, beleuchten mögliche Herausforderungen, deren Bedeutung für die Zukunft nicht unterschätzt werden sollte.
Class, C. B., Coy, W., Kurz, C., Obert, O., Rehak, R., Trinitis, C., Ullrich, S. & Weber-Wulff, D. (Hg.) (2023). Gewissensbisse. Fallbeispiele zu ethischen Problemen der Informatik. Transcript. Edition Medienwissenschaften. 240 S. 29,00€
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katharina Halo
Beitrag als PDFEinzelansichtKatharina Halo: Mey, Stefan (2023). Der Kampf um das Internet. Wie Wikipedia, Mastodon und Co. die Tech-Giganten herausfordern. C. H. Beck. München. 236 S., 18,00€
Google, Amazon, Facebook, Microsoft und Apple gehören zu den bekanntesten IT-Konzernen, die in der heutigen Zeit weithin bekannt sind und deren Produkte weltweit täglich von Millionen von Menschen verwendet werden. Diese Tatsache verleiht den Unternehmen eine große digitale Macht, deren Auswirkungen wir als Nutzende zu spüren bekommen. Zu den größten Problemen zählt die Sammlung von Daten der Nutzenden, sowieso die teils hohen Kosten der Produkte aufgrund ihrer Markenpräsenz.
Da die Produkte und Plattformen – durch berufliche oder private Gründe – fester Bestandteil unseres Alltags sind, stellt man sich zurecht die Frage, ob es eine Alternative gibt?
Ja, die sogenannte "digitale Gegenwelt“ wie Stefan Mey sie in seinem Buch nennt. Darin stellt der IT-Journalist informativ geschriebene Porträts und Interviews von Protagonist*innen der digitalen Gegenwelt vor und zeigt deren Ziele, Strategien und Geschäftsmodelle. Hierzu gehören unter anderem die Online-Enzyklopädie Wikipedia, die Twitter-Alternative Maston, der Browser Firefox und der Messenger Signal. Sie wollen freie Inhalte, freie Plattformen, freie Programme und freie Betriebssysteme schaffen, die kostenlos und für jeden frei zugänglich sind. Mey erläutert in seiner Lektüre darüber hinaus, wie sich diese Organisationen strukturieren, wie die Projekte finanziert werden und welcher Umgang mit den Daten gepflegt wird. Im Ausblick appelliert der Autor an die Leserschaft: „Jede*r kann sich auf verschiedene Arten beteiligen.“ und er macht deutlich: „Eine andere digitale Welt ist nicht nur möglich. Sie ist schon lange da.“ Dieses Buch präsentiert uns bisher unbekannte Alternativen, die einen relevanten Einfluss auf unsere zukünftige technologische Nutzung haben kann.
Mey, Stefan (2023). Der Kampf um das Internet. Wie Wikipedia, Mastodon und Co. die Tech-Giganten herausfordern. C. H. Beck. München. 236 S., 18,00€
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Katharina Halo
Beitrag als PDFEinzelansichtKati Struckmeyer: Reichert, Ramón (2023). Selfies. Selbstthematisierung in der digitalen Bildkultur. Bielefeld: transcript. 200 S., 30,00 €.
Selfies sind aus dem alltäglichen Handeln mit Medien nicht mehr wegzudenken und omnipräsent in den Bildkulturen der Gegenwart. Der Kultur- und Medientheoretiker Ramón Reichert analysiert in seinem Werk die Selbstthematisierung im digitalen Zeitalter und verbindet dabei Plattformkritik mit einer Kritik an digitaler Subjektivität.
Selfies werden von Reichert aber auch als Ermöglichung einer kritischen Reflexion des Selbst und seiner Praktiken des Erzählens, Zeigens und Mitteilens in den Fokus gerückt. Dabei wird auch die innovative Dynamik einer kritisch-reflexiven Distanzierung des Selfie-Kults auf der Grundlage praktischer Mediennutzung sichtbar gemacht.
Anhand von Beispielen wie dem Hashtag #rkoi (Rich Kids of Instagram) werden jugendliche Medienpraktiken analysiert. Reichert zeigt hier die Komplexität der Inszenierungen sozialer Ungleichheit in Social Media nachvollziehbar auf. Auch „Selfie Wars“ (S. 66) ist ein Kapitel gewidmet: Reichert zeigt hier, wie hybride Kriegsführung, zum Beispiel in Syrien oder im Irak, auch medialisierte Formen militärischer Gewalt benutzt, um „den digitalen Informationskrieg im Internet für die Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu instrumentalisieren.“ (S. 67).
Diese und weitere Aspekte machen Selfies zu einer interessanten Lektüre für alle, die sich analytisch mit dem Phänomen Selfies auseinandersetzen wollen.
Reichert, Ramón (2023). Selfies. Selbstthematisierung in der digitalen Bildkultur. Bielefeld: transcript. 200 S., 30,00 €.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Kati Struckmeyer
Beitrag als PDFEinzelansichtEric van der Beek: Zweig, Katharina (2023): Die KI war’s! Von absurd bis tödlich: die Tücken der künstlichen Intelligenz. München: Heyne. 320 S., 20,00 €.
Katharina Zweig legt ein populärwissenschaftliches Buch zur Entscheidungsfindung durch künstliche Intelligenzen vor. Die InformatikProfessorin wendet sich der Frage zu, wie algorithmische Urteilsfindung Menschen betrifft und wer die Verantwortung dafür trägt.
Im ersten Teil arbeitet Zweig zunächst die Grundlagen auf. Sie zeigt, wie Entscheidungen von Entwicker*innen die Funktionsweise von Algorithmen prägen und führt Grundbegriffe ein. Im zweiten Teil geht die Autorin dann auf die Fehler von KIs und die Betroffenen ein. Die Verantwortung sucht Zweig in einer langen Kette von Entscheidungen bei der Entwicklung von KIs. Die Entscheidungen, die KI-Systeme treffen, können jedoch nicht immer eindeutig einem Glied zugeordnet werden. Im dritten Teil des Buches geht es daher um die Frage, inwiefern KI-Entscheidungen überhaupt nachvollziehbar gemacht werden können. Mithilfe der Sprechakt-Theorie prüft Zweig, wann die Verantwortung in Entscheidungsprozessen auf eine KI übertragen werden kann. Im vierten Teil werden die Bedingungen für einen verantwortungsvollen Einsatz von KI-Systemen diskutiert.
Neben den verantwortungstheoretischen Überlegungen beeindruckt Die KI war’s durch das breite Spektrum von Anwendungsbeispielen. Hier zeigt Zweig, dass KIs für viele Menschen schon jetzt ein wesentlicher – und häufig unsichtbarer – Teil des Alltags und bei der gesellschaftlichen Teilhabe sind.
Zweig, Katharina (2023): Die KI war’s! Von absurd bis tödlich: die Tücken der künstlichen Intelligenz. München: Heyne. 320 S., 20,00 €.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Eric van der Beek
Beitrag als PDFEinzelansichtEric van der Beek: Medienkompetenz: Ein Plastikwort?
Schulz, Nils Björn (2023): Kritik und Verantwortung. Irrwege der Digitalisierung und Perspektiven einer lebendigen Pädagogik. München: Claudius.
Die kritische Theorie hat die Medienpädagogik insbesondere in der machtkritischen Auseinandersetzung mit der Rolle der Massenmedien für die Herrschaftsordnung der Nachkriegszeit geprägt. Der zentrale Stellenwert der Medienkritik in diversen Medienkompetenzmodellen belegt die Bedeutung, die die ideologiekritischen Arbeiten der Frankfurter Schule für die Medienpädagogik haben. Es zeigt sich jedoch, dass die Disziplin und Profession der Medienpädagogik stets in einem ambivalenten Verhältnis zur kritischen Theorie standen. Ihr normativ-kulturpessimistischer Duktus und die Distanz zur pädagogischen Praxis stehen in einem spannungsvollen Verhältnis zum Subjektzentrismus der Medienpädagogik.
Nils B. Schulz nimmt die Fäden der kritischen Theorie in seinem Essay ‚Kritik und Verantwortung: Irrwege der Digitalisierung und Perspektiven einer lebendigen Pädagogik‘ auf und entwickelt einen macht- und ideologiekritischen Blick auf die Digitalisierung des Bildungssystems. Um den digitalen Wandel zu untersuchen, wendet sich Schulz – selbst Lehrer an einem Gymnasium – im Essay der Medienkritik der Frankfurter Schule zu.
Im ersten von fünf Kapiteln stellt Schulz die Frage, welche Rolle Medien bei der Konstitution von Welt- und Selbstverhältnissen im Schulunterricht haben. Er geht von der Prämisse aus, „dass junge Menschen in schulischen Lernsituationen Sachthemen am besten von älteren Menschen lernen – und zwar in leiblicher Präsenz“ (S. 19). In dieser Konstellation wird der Unterrichtsgegenstand in einer resonanten Beziehung zwischen Lehrkräften, Heranwachsenden und dem Gegenstand bearbeitet. Gerade in der produktiven und kritischen Auseinandersetzung mit Autoritäten und durch die Nicht-Anpassung könnten sich Individualität und Verantwortung bei Schüler*innen entwickeln. Den Digital Turn sieht Schulz als Teil eines umfassenden kulturellen Wandels, in dem die Leiblichkeit des Unterrichts verschwindet.
In den weiteren Kapiteln analysiert Schulz die Sprache, (digitale) Unterrichtspraktiken und den technologischen Wandel im Schulsystem. Durchaus provokant vergleicht er im zweiten Kapitel den Sprachstil der Digitalisierungsstrategie der Kultusministerkonferenz mit einer KI-gestützten Phrasenmaschine. Sprachlich produziere diese eine sich „über dreißig Seiten erstreckende Verkettung von Plastikwörtern“ (S. 41), die sich wolkiger Begriffe wie Individualisierung, Kollaboration und Innovation bedient. Im dritten Kapitel konzentriert sich Schulz auf den neoliberalen Wandel des Bildungssystems, der wesentlich durch junge und karriereorientierte Lehrkräfte vorangetrieben wird. Schulz kritisiert hier, dass die Datafizierung von Lehr- und Lernprozessen eng mit einer Ökonomisierung des Bildungssystems zusammenhängt. Zum einen werden datenbasierte Monitoring- und Evaluationssysteme etabliert, wodurch Schüler*innen zu selbstverwalteten Profil-Subjekten degradiert werden, die in eine technisch-funktionale, bildschirmvermittelte Beziehung zur Welt gestellt werden. Zum anderen schafft die Digitalindustrie mit der Entwicklung und Verbreitung von Bildungstechnologien Fakten in der Schule.
Angesichts der Machtposition der digitalen Ökonomie in der Schule und im Bildungssystem, den verarmten digitalen Weltbeziehungen und den Risiken, die mit der Nutzung digitaler Technologien einhergehen, fordert Schulz im vierten Kapitel Medienmündigkeit ein. Nach Schulz bedeutet das, „das notwendige technische Wissen zu besitzen, digitale Medien achtsam, selbstbestimmt, bewusst in kritischer Distanz und zeitsouverän zu nutzen, was eben auch einschließt, sie nicht zu nutzen“ (S. 105). Im fünften Kapitel entwirft Schulz schließlich die Grundzüge einer neoexistenzialistischen Pädagogik, in der es im Wesentlichen darum geht, eine resonante Beziehung zwischen Lehrkraft und Lerngegenstand herzustellen, Bildung als Krisenerfahrungen ernst zu nehmen und die Eigensinnigkeit von Schüler*innen und Verantwortung von Lehrkräften zu stärken. Ein solcher Unterricht nimmt auch kritisch die digitalen Transformationsprozesse in der Gesellschaft in den Blick.
Schulz zeigt, dass digitale Technologien machtvolle Instrumente zur Durchsetzung einer politisch-ökonomischen Agenda in der Schule sind. Dem Autor Fortschrittsverweigerung zu unterstellen, wird seinem Essay jedoch nicht gerecht. Vielmehr wird deutlich, dass die Gestaltung der Welt- und Selbstverhältnisse im digitalen Unterricht einem politökonomischen Paradigma unterworfen werden. In der Schule verändern sich nicht nur die technologischen Bedingungen der Lehr- und Lernsettings und die Kompetenzanforderungen. Deshalb ist es Schulz hoch anzurechnen, dass es ihm aus dem Bildungssystem heraus gelingt, die Machtverhältnisse in der digitalen Gesellschaft kritisch zu analysieren. Insofern ist sein Essay als Plädoyer dafür zu lesen, die Schule als gestaltbaren Raum für (Medien-)Bildungsprozesse von der Digitalindustrie zurückzuerobern.
Schulz zeigt, dass im digitalen Wandel der Schule ausgerechnet die Medienkompetenz – eines der Kernkonzepte der Medienpädagogik – ausgehöhlt und zu einem Plastikwort der politisch-ökonomischen Bildungsagenda wird. Das liegt auch daran, dass sich der medienpädagogische Diskurs über lange Zeit kritisch gegen allzu normative Positionen gestellt hat. Bei der Rückeroberung der Schule kann auch die Medienpädagogik einen Beitrag leisten, indem sie die Verantwortung für Medienkritik nicht lediglich als Kompetenzanforderung an Heranwachsende delegiert. Mit der kritischen Theorie der Frankfurter Schule kann sie sich ähnlich ideologiekritisch der digitalen Kolonialisierung der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen zuwenden.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Eric van der Beek
Beitrag als PDFEinzelansichtAlicja P. Czupryk: Perspektiven der Animal Studies im Kontext der Medienpädagogik
Schluchter, Jan-René (2023). Tiere – Medien – Bildung. Perspektiven der Animal Studies für Medien und Medienpädagogik, München: kopaed. 171 S., 18,80 €.
Moby Dick und Captain Ahap – nicht erst seit Erscheinen des Romans, ist das Tierliche mit dem Menschlichen verknüpft. Überaus treffend verweist der Herausgeber einleitend auf die Geschichte, die den Umschlag des Buches kürt und den Versuch menschlicher Vormachtstellung und Kontrolle gegenüber Tieren skizziert. Die Brisanz des gesellschaftlichen Tier-Mensch-Verhältnisses ist mit Schlagwörtern wie Massentierhaltung, Artensterben, Umweltverschmutzung und Klimawandel allgegenwärtig.
Das noch relativ junge interdisziplinäre Forschungsfeld der Animal Studies oder Human-Animal-Studies widmet sich seit Ende der 1980er Jahren im anglophonen, seit den 2010er Jahren im deutschsprachigen Raum, den „Interaktionen, Beziehungen und Verhältnissen zwischen Menschen und Tieren“ (S.12) auf kulturell-gesellschaftlicher Betrachtungsebene. Neben den Animal-Studies haben sich im wissenschaftlichen Feld die Cultural Animal Studies formiert, die mit ihren eigenen Instrumenten die Repräsentationen von Tieren sowie das Tier-Mensch-Verhältnis in der medialen Alltags- und Lebenskultur fokussieren.
Jan-René Schluchter, selbst im Forschungsbereich Medienbildung und Animal Studies tätig, stellt die medialen Repräsentationen von Tieren und Tier-Mensch-Verhältnissen als festen Bestandteil medialer Alltags- und Lebenswelten heraus, die „bestimmte gesellschaftliche und kulturelle Perspektiven auf Tiere, Menschen und deren Verhältnis produzieren – jedoch auch die Möglichkeit für entsprechende Gegen- und Neuentwürfe eröffnen“ (S.33f.).
Das vorliegende sowie das in Kürze folgende Band sollen die „divergenten Diskursstränge im Kontext von Cultural Animal Studies, Medien und Bildung“ abbilden und „so eine Möglichkeit zur Annäherung an dieses Feld ermöglichen“ (S.13). Die elf Beiträge des ersten Bandes bearbeiten analytisch-reflexiv mediale Phänomene und Praktiken zu vorherrschenden gesellschaftlichen Konstruktionen von Tier-Mensch-Beziehungen und offerieren zugleich pädagogisch-didaktische Perspektiven.
Im pädagogisch-didaktischen Beitrag von Kompatscher soll die Grundlage für eine gewaltfreie Koexistenz mit Tieren geschaffen werden. Dafür nimmt sie den Unterricht im Allgemeinen und den Literaturunterricht im Speziellen in den Blick und formuliert praktikable Beispiele. Der Herausgeber zeigt in seinem Artikel Verbindungslinien der Animal Studies und Medienbildung auf. Er stellt dabei heraus, dass Perspektiven, die Animal Studies, Cultural Studies und (Medien-)Bildung zusammenführen, bislang eher rar sind, vor allem im Hinblick auf pädagogisch-didaktische Überlegungen für die Gestaltung von Unterricht. Im Folgeartikel re- und dekonstruiert Horstmann den Überwältigungs- bzw. Indoktrinationsvorwurf und diskutiert die Frage, wie damit umzugehen ist, dass Darstellungen von realen Überwältigungen selbst in Verdacht geraten, Lernende zu überwältigen. Mit empirischen Fallbeispielen untersucht Giehl im vierten Beitrag mediale Repräsentationen nichtmenschlicher Tiere sowie deren Auswirkungen auf menschliche Haltungen gegenüber nichtmenschlichen Tieren. Die Beiträge Projecting on predators und Making animals visible in star and celebrity studies zeigen weitere Perspektiven von Animal Studies und Medien auf. So auch der Artikel von Neuthard, in dem der Fleischkonsum und (Nutz-)Tiere in sozialen Medien auf Basis des 2017 erstmals fleischfrei ausgerichteten Umwelt- und Kulturfestes in Kassel und der damit einhergehenden Kontroverse auf Facebook analysiert werden. Neben den Animated Animals, in denen die Schnittstelle von Cartoons, Kindern und Animal Studies dargelegt werden, sind im Folgebeitrag Computerspieltiere Thema, ein Massenmedium, das als idealer Vermittler für tierliche Belange für ein breites Publikum fungiert. In den Ausführungen von Jessica Ullrich wird das Storytelling jenseits des Menschlichen als kreative Erkenntnismethode vorgestellt, im letzten Beitrag die Faszination für die maritime Fauna in fiktiven Tiererzählungen in Kinder- und Jugendmedien untersucht.
Insgesamt bieten die elf Beiträge mit ihren theoretisch-praxisorientierten Ansätzen einen vielfältigen Einblick in das Feld der Animals Studies im Kontext medialer Bildungsprozesse, aber auch den Bereichen, die bislang nur marginal Beachtung finden. Der Herausgeber konstatiert, dass die kritisch-reflexive Auseinandersetzung „von Tier-Mensch-Verhältnissen in Bildungskontexten bzw. der Pädagogik bislang noch keine große Rolle spielen, obwohl Bildung bzw. Pädagogik eine wesentliche Möglichkeit der kritisch-(selbst)reflexiven Auseinandersetzung mit vorherrschenden kulturellen Perspektiven auf Tier-Mensch-Verhältnisse darstellt“ (S.12). Die von ihm formulierte Leitfrage, wie „wir als menschliche Lebewesen, im Kontext von Bildung für die Situation von nicht-menschlichen Lebewesen sensibilisieren (können), um durch Bildung andere gesellschaftliche Tier-Mensch-Beziehungen zu denken und zu ermöglichen“ (S.33) tangiert im Zeitalter des Anthropozän nicht nur Forschende im Bereich der (Cultural) Animal Studies. Mit den einleitend genannten exemplarischen Schlagwörtern werden unmittelbare Verknüpfungen zum menschlichen Umgang mit Tieren und die Brisanz aufgezeigt, die eine kritisch-reflexive Auseinandersetzung, so auch entsprechendes Handeln längst unumgänglich machen. Eine Auseinandersetzung, die wirksame und vor allem nachhaltige Lösungen für eine „the-more-than-human world“ (S.33) offerieren muss, zu finden, insbesondere in Bildungskontexten wie der Medienpädagogik und dem vorliegenden Band.Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Alicja P. Czupryk
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kolumne
Maximilian Schober: Macht. Unterbrechungen.
Zwischen den Jahren: Die Weihnachtsfeiertage sind vergangen, das neue Jahr hat noch nicht begonnen. Durchatmen. Es scheint so, als sei der übliche Lauf der Dinge unterbrochen. Alles ist anders. Doch selbst in dieser Zeit bleibt: Ich hänge an meinem Handy, scrolle durch Instagram oder warte ungeduldig darauf, nach drei Sekunden die Werbung auf YouTube überspringen zu können. Und noch immer weiß ich nicht, wohin meine Daten gehen und wer mit ihnen Geschäfte macht. Es wäre möglich, vieles anders zu machen, noch mehr zu wissen, mein Handeln öfter zu reflektieren und meiner kritischen Haltung konkrete Taten folgen zu lassen – kurzum, medienkompetent zu handeln. Anstrengend! Mehr wissen und öfter reflektieren: Das bekomme ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Institut für Medienpädagogik noch gut hin – mein Daily Business, sozusagen. Aber wirklich etwas anders zu machen, widerständig zu handeln – das scheint mir unmöglich oder zumindest zu anstrengend. Digitale Medien sind omnipräsent, durchdringen sämtliche Lebensbereiche. Und selbst zwischen den Jahren wird durch sie der übliche Lauf der Dinge spürbar: die Macht des Kapitalismus, die ständige Optimierung und Selbstdisziplinierung. Was also tun? „Wo es Macht gibt, gibt es Widerstand“, schrieb Michel Foucault. Widerstand – ein großes Wort. Was bedeutet das?
Sich digitalen Medien zu verweigern? Zivilgesellschaftlich für eine bessere Netzpolitik einzutreten? Auch das scheint mir unmöglich oder zumindest zu anstrengend. Es gibt „im Verhältnis zur Macht nicht den einen Ort der Großen Weigerung“, sondern „einzelne Widerstände: mögliche, notwendige, unwahrscheinliche, spontane, wilde, einsame, abgestimmte, kriecherische, gewalttätige, unversöhnliche, kompromissbereite, interessierte oder opferbereite Widerstände“.1 Mit Blick auf die alltägliche Allgegenwart spricht mich die Idee des unwahrscheinlichen, spontanen und wilden Widerstands besonders an. Es könnten störende Unterbrechungen sein. Nicht ästhetisiert als Digital-Detox-Maßnahme, nicht ritualisiert wie das Durchatmen zwischen den Jahren, und auch nicht selbstoptimierend, vernünftig oder gesund. Nein. Störende Unterbrechungen, wann immer ich es will, ohne Ankündigung, ohne Routine, ohne Anspruch an Ästhetik oder Selbstdisziplin. Mir gefällt die Idee, dass medienkompetentes Handeln auch wild sein kann. Es bedeutet nicht nur, etwas besser bedienen zu können, einen Algorithmus zu durchschauen oder kreative Umgangsweisen mit den verfügbaren Handlungsmöglichkeiten zu finden. Medienkompetenz heißt vielleicht auch, und das könnte immer wichtiger werden, störende Unterbrechungen zu schaffen. Wild.
Literatur
Foucault, Michel (1984): Sexualität und Wahrheit. Bd. 1: Der Wille zum Wissen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Beitrag aus Heft »2024/01: Kleinkinder und Medien – Zwischen Verunsicherung und Verantwortung«
Autor: Maximilian Schober
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