2020/05 Ethik und KI
Seit den 50er Jahren entwickelt sich die Wissenschaftsdisziplin der Künstlichen Intelligenz (KI) stetig weiter. Vieles ist schon passiert, vieles scheint noch möglich. Vor allem aber werden immer wieder grundlegende Fragen aufgeworfen, welche die breite Öffentlichkeit bisher zu wenig erreicht haben. merz 20-5 soll genau dazu einen Beitrag leisten: zum Entstehen einer kritischen Öffentlichkeit, die sich kontinuierlich und transparent mit Fragen und Entwicklungen zu KI auseinandersetzt. Was darf KI und was nicht? Wo wird sie eingesetzt und was sind die Bedingungen dafür? Eine Voraussetzung für unser Eingreifen in diese Prozesse ist die Bewusstwerdung, dass wir die Gestaltung der Digitalen Kultur in der Hand haben. Informationen, Hintergrundwissen und pädagogische Ansätze dazu finden Sie in unserer neuen Ausgabe.
aktuell
Jounas Al Maana: Nationaler Bericht zu Bildung in der digitalisierten Welt
Der Bericht über die Gesamtentwicklung des deutschen Bildungswesens legt 2020 den Fokus auf Bildung in der digitalisierten Welt, was angesichts der andauernden Corona-Pandemie besonders aktuell ist. Zwar wird deutlich, dass digitale Technologien mittlerweile selbstverständlicher Teil des alltäglichen Lebens sind, jedoch bestehen individuelle und strukturelle Unterschiede im Zugang zu digitalen Medien. Die digitalen Kompetenzen der Bildungsteilnehmenden sind ausbaufähig und unterscheiden sich innerhalb verschiedener Gruppen, wobei sich Leistungsunterschiede insbesondere zu Ungunsten der Jungen, der Schüler*innen mit Migrationshintergrund sowie derer aus Elternhäusern mit niedrigem sozialen Status zeigen. Wie erfolgreich Lernprozesse sind, hängt maßgeblich von einem didaktisch sinnvol-len und kritisch reflektierten Einsatz digitaler Technologien ab. Entscheidend scheint nicht die eingesetzte Technik zu sein, sondern wie Lehrende digitale Medien in das alltägliche Lehr-Lern-Geschehen integrieren. Blickt man auf den tatsächlichen Einsatz digitaler Medien, sieht man im Hochschulbereich eine weite Verbreitung digitaler Technologien, seltener jedoch im schulischen Bereich und in der frühen Bildung nur partiell. Erkennbar sind große Entwicklungsbedarfe bei der Ausstattung von Schulen und Einrichtungen der frühen Bildung mit digitalen Medien. Die Bildungschancen für Kinder von gering qualifizierten Eltern stiegen trotz weiterhin vorhande-ner sozialer Disparitäten. Sie erreichen häufiger einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern.
Der Bildungsbericht erscheint seit 2006 alle zwei Jahre und wird gefördert mit Mitteln der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Erarbeitet wurde der Bericht 2020 von einer unabhängigen Wissenschaftler*innengruppe unter Federführung des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation.
Dana Neuleitner: Selbstdarstellung von Kindern in Social Media
Auch Kinder wollen sich online präsentieren und zeigen, was sie können und was sie ausmacht. Zu diesem Schluss kommt der Bericht ‚Kinder in Social Media‘ von jugendschutz.net.
Als Zeichen der Beliebtheit gelten auch bei dieser Altersgruppe Likes und Follower*innen. Dennoch greifen Kinder nur selten auf reichweitensteigernde Strategien wie etwa die Nutzung von Hashtags zurück. Stattdessen besteht ihr Netzwerk vor allem aus anderen Kindern oder Freund*innen, in deren Beiträgen sie häufig zu Gast sind. In ihrem Social-Media-Auftritt orientieren sich Kinder besonders an den dort vertretenen Vorbildern und adaptieren deren Verhaltensmuster, zum Beispiel bei der Begrüßung im YouTube-Video oder der Aufforderung, Kommentare oder Likes zu hinterlassen. Auf Instagram finden sich vergleichsweise mehr private Profile. Öffentlich inszenieren sich bzw. ihren Körper vor allem ältere Mädchen. Als übergreifendes Thema lässt sich feststellen, dass Kinder zum Ausdruck bringen, woran sie Spaß haben – Freundschaften, Haustiere oder Hobbys. Dabei offenbaren sich geschlechterspezifische Unterschiede: Jungen posten auf Instagram und TikTok eher Sportbilder und Online-Games und zeigen auf Instagram ihr Können, während bei Mädchen eher deren Äußeres im Fokus steht. Technisch gesehen sind die Inhalte durch die Smartphone-Kameras durchschnittlich guter Qualität, während die kreative Gestaltung eher keine Beachtung findet und auf Filter des Dienstes zurückgegriffen wird.
Obwohl die veröffentlichten Inhalte größtenteils unproblematisch sind, ergeben sich aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der Kinder dennoch Probleme. Sie verstehen etwa die Themen Datenschutz oder Privatsphäre noch nicht hinrei-chend – die AGB der Anbieter sind ihnen wegen schwieriger Formulierungen keine Hilfe. Solange keine sicheren und attraktiven Social-Media-Angebote für Kinder verfügbar sind, empfiehlt jugendschutz.net Eltern und pädagogischen Fachkräften gemeinsam mit den Kindern einen möglichst unaufgeregten, aber informierten Umgang mit den Plattformen.
Ausgewertet wurden 60 YouTube-Kanäle, 120 TikTok- und 30 Instagram-Profile, die öffentlich zugänglich sind und von deutschsprachigen, augenscheinlich unter 13-Jährigen genutzt werden.
Jounas Al Maana: Wie ticken Jugendliche?
Viele Jugendliche fühlen sich von der Politik weder gehört noch ernst genommen. Das ist eine der vielen Antworten auf die Frage, wie Jugendliche ticken. Die ‚SINUS-Jugendstudie' untersucht alle vier Jahre die Lebensrealitäten von Jugendlichen. Auftraggeber sind unter anderen die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj), der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sowie die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS). Die untersuchten 14- bis 17-Jährigen beklagen eine fehlende Teilhabe der jungen Generation an politischen Entscheidungsprozessen und die mangelnde Repräsentation im politischen Raum. Dabei wird die Lösung der Klimakrise als zentrale Frage der Generationengerechtigkeit benannt. Die Klimakrise wird aus jugendlicher Perspektive von den Verantwortlichen (Politik, Wirtschaft, ältere Generation) nicht ernst genommen.
In der Schule fühlen sich Jugendliche vor allem dann wohl, wenn sie sozial gut eingebunden sind, gute Beziehungen zu den Lehrkräften haben und sich am Unterricht aktiv beteiligen können. Unwohl fühlen sich Schüler*innen in erster Linie dann, wenn sie Fehler machen oder der Leistungsdruck steigt. Möglichkeiten für Mitbestimmung in der Schule werden kaum gesehen. Schule wird als statisches und kaum gestaltbares System erlebt. Ein weiterer Befund der Studie ist, dass die ehemals so jugendtypische hedonistische Mentalität weiter abnimmt: Feiern gehen und Action verlieren an Bedeutung. Die Werte Leistung und Selbstverantwortung stehen bei den Jugendlichen hoch im Kurs, auch wenn gleichzeitig die Skepsis gegenüber dem neoliberalen Wettbewerbsparadigma zugenommen hat.
Auch die Corona-Krise findet Einzug in die Studie. Dabei spielt Solidarität mit anderen eine zentrale Rolle. Die befragten Jugendlichen haben zwar wenig Angst davor, sich selbst mit dem Virus zu infizieren, befürchten aber, andere Menschen anzustecken (Ältere, Großeltern etc.). Die meisten sehen es als ihre soziale und gesundheitliche Verantwortung, die Krise ernst zu nehmen und sich um ihre Mitmenschen zu sorgen. Kritisiert wird die nach Meinung der Jugendlichen verfrühte Wiedereröffnung der Schulen und dass die Chance verpasst wurde, in dieser Debatte das Vertrauen der Jugend zu gewinnen, in dem man sie hätte zu Wort kommen lassen.
Sina Stecher: Wie Jugendliche TikTok wahrnehmen und nutzen
Heranwachsende suchen und finden ihren Spaß auf TikTok, müssen aber einen Mittelweg zwischen der Lust an Selbsterprobung und dem Schutz vor gehässiger Herabsetzung durch andere finden. Zu diesem und weiteren Ergebnissen kommt der ‚ACT ON! Short Report Nr. 7', der die Perspektive von Zwölf- bis 14-Jährigen auf die App TikTok behandelt. Die Heranwachsenden erklären, wie sie die Plattform nutzen, worauf sie bei ihrer Selbstdarstellung achten und inwiefern Erfolgsdruck und Interaktionsrisiken eine Rolle spielen. So sind sie nicht völlig frei in ihrer Selbstdarstellung, sondern müssen Normen und Konformitätsanforderungen der Plattform berücksichtigen. Außerdem haben die Kinder und Jugendlichen eigene Ideen, wie die Plattformfunktionen sein sollten, um ihren Bedürfnissen nach Kreativität, Kommunikation und Schutz gerecht zu werden.
Die Befragten schätzen an TikTok, dass Videos einfach umzusetzen und inhaltlich nicht vordefiniert sind. Plattformaktivitäten, wie zum Beispiel anderen zu folgen, Videos zu herzen und zu kommentieren, gehören für einen Großteil dazu. Hohe Popularität ist laut den Kindern und Jugendlichen ein wichtiger Maßstab auf TikTok, die aber mit Schattenseiten (zum Beispiel Hasskommentare) einhergeht. Zwar kennen die Heranwachsenden einige Möglichkeiten, um sich zu schützen – wie etwa die Privatsphäre-Einstellungen – weisen aber darauf hin, dass sich die Weiterverbreitung ihrer Videos nicht sicher ausschließen lässt. In Bezug auf Risiken spielt verbale Gewalt (‚Hate‘) in der Wahrnehmung von Jugendlichen die größte Rolle für die jungen Menschen. Weiterhin nennen sie Fake-Profile und Identitätsdiebstahl als relevante Risiken.
Von 89 Befragten im Alter von zwölf bis 14 Jahren gaben 31 an, TikTok zu nutzen oder genutzt zu haben. Davon nutzt ein knappes Drittel die App täglich und über die Hälfte hat schon einmal eigene Videos hochgeladen. Die App ist besonders bei Mädchen beliebt.
ACT ON! wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Initiative Gutes Aufwachsen mit Medien.
Judith Strohmayer: Neues Mitmachportal für Bildungsinhalte
Mit WirLernenOnline veröffentlicht Wikimedia Deutschland eine Online-Plattform für Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen. Auf der Website werden länderübergreifend Online-Bildungsmaterialien lizenzfrei angeboten. Darunter finden sich Lehr- und Lernunterlagen von der Grundschule über Sekundarstufe eins und zwei bis zur beruflichen Bildung. Die Nutzer*innen können explizit nach einem Thema suchen oder in den jeweiligen Fächern nach Arbeitsblättern, Klausuren, Videos oder kleinen Softwaretools für das Lehren und Lernen recherchieren. Die Materialien eignen sich auch für Distance Schooling oder eine hybride Unterrichtsform, sollten diese wieder notwendig werden. WirLernenOnline leitet für die Inhalte auf andere Plattformen weiter, welche die Originalunterlagen bereitstellen oder weitere Erklärungen zu dem jeweiligen Thema bieten. Für Schüler*innen, Lehrkräfte, Eltern und Schulen gibt es außerdem Tipps und Weiterempfehlungen zu anderen Portalen, welche ebenfalls freie Materialien im Repertoire haben, beispielsweise memucho oder Serlo. Die Plattform befindet sich allerdings noch in der Weiterentwicklung, weswegen das Angebot momentan noch nicht für alle Fächer verfügbar ist. Infolgedessen können auch nicht alle Funktionen umfassend ge-nutzt werden. Für den weiteren Ausbau ist das Portal somit auf die Mithilfe der Nutzer*innen angewiesen. Diese können der Redaktion noch fehlende Inhalte oder Tools empfehlen oder durch die Mitarbeit im WirLernenOnline-Team einen Beitrag leisten. Einzelne Schulen und ganze Bundesländer können WirLernenOnline in ihre eigenen Lernplattformen und Portale integrieren.
WirLernenOnline ist eine von Wikimedia Deutschland e. V. und dem edu-sharing Network e. V. gemeinschaftlich entwickelte Mitmach-Plattform, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Teilprojekt der HPI Schul-Cloud gefördert wird.
Judith Strohmayer: stichwort: OnlyFans
„Registriere dich, um Geld zu verdienen und mit deinen Fans in Verbindung zu treten“, mit diesen Worten wirbt die Social-Media-Plattform OnlyFans. Ähnlich wie bei Instagram können Kreateur*innen auf ihrem Profil Beiträge in Form von Fotos und Videos hochstellen. Allerdings unternimmt OnlyFans keine Selektierung (zum Beispiel bei Nacktheit) und die Profilinhaber*innen bestimmen selbst, was sie (von sich) zeigen wollen. Damit die Fans auf die Inhalte zugreifen können, müssen sie zuerst das Profil abonnieren. Die Kosten werden von den Content-Kreateur*innen festgelegt und betragen zwischen fünf und 50 Dollar monatlich. Zusätzlich können die Follower*innen Trinkgeld senden oder für private Nachrichten mit noch persönlicherem Inhalt einen Aufpreis zahlen. An die Plattform gehen dabei 20 Prozent der Einnahmen. Das Soziale Netzwerk aus Großbritannien gibt es zwar bereits seit 2016, doch der Corona-Lockdown führte zu einem Anstieg an Mitgliedern um 75 Prozent. Nach eigenen Angaben hat OnlyFans derzeit weltweit 24 Millionen registrierte Nutzer*innen, wovon 500.000 selbst Beiträge erstellen. Aus Deutschland soll es 4.000 Kreateur*innen geben. Die Plattform ist ab 18 Jahren, aber da die Anmeldung über Twitter, Google oder mit einer E-Mail-Adresse erfolgt, können sich Jugendliche hier auch mit falschen Angaben anmelden. Für das Abonnement eines Kanals müssen die Fans mit ihrer Kreditkarte zahlen und somit ihr Alter verifizieren. Möchte ein Mitglied selbst Content erstellen, muss die Volljährigkeit durch ein Selfie mit einem gültigen Ausweisdokument bestätigt werden.
Wegen ihrer Freizügigkeit wird die Plattform in den Medien auch als ‚Porno-Instagram‘ bezeichnet. Viele Nutzer*innen dagegen sehen in dem Netzwerk vielmehr eine Möglichkeit für Empowerment und Feminismus. Im Gegensatz zu anderen Sozialen Netzwerken können sich Frauen, Männer und queere Personen hier ohne jegliche Einschränkung präsentieren. Influencer*innen und Künstler*innen bietet sich zudem die Möglichkeit, ohne Werbekooperationen oder Product Placement Geld zu verdienen
thema
Friedrich Krotz/Heidi Schelhowe: Editorial: Ethik und KI
Vor 80 Jahren, als die ersten funktionierenden Computer gebaut wurden, kam eine neue Art der Maschine auf die Welt: Sie konnte in gewisser Weise mit Symbolen und Zeichen operieren und beherrschte formale Logik und Mathematik. Es gab nur wenige davon, sie waren riesengroß und der Zugang war Wissenschaftler*innen vorbehalten. Die gesellschaftliche Bedeutung lag – wie Konrad Zuse es formulierte – darin, „dem Ingenieur stures Wiederholen von Rechengängen abzunehmen“ (Zuse 1993, S. 33) und den zuvor menschlichen ‚Computer‘ durch eine Maschine zu ersetzen. Die damalige Rede von ‚Elektronengehirn’ und ‚Denkmaschine’ lag nahe. Gleichzeitig aber regten diese Begriffe die Fantasie vieler Menschen an. Auch in Literatur, Kino und Fernsehen wurden immer neue Geschichten erzählt, die an den Potenzialen dieser Maschinen anknüpften – unabhängig davon, ob das realistisch war oder nicht.
Heute haben sich diese Maschinen als Laptops, Tablets, Smartphones, stationäre Kleincomputer und große Server, die im Hintergrund arbeiten, in riesiger Zahl über die Welt verbreitet. Sie haben sich in nahezu allen Lebens- und Arbeitsbereichen eingenistet, können im Prinzip von allen genutzt werden und sind in vielfacher Weise vernetzt. Parallel dazu entstand seit 1956 eine neue Wissenschaftsdisziplin, oft auch als Teildisziplin der Informatik verstanden, unter dem Titel ‚Künstliche Intelligenz‘ (KI). Sie arbeitet an computerbasierten Systemen, die Leistungen erbringen sollen, die bisher nur von Menschen erwartet worden sind: Schach spielen, Autos steuern, Gespräche führen, Muster und Gesichter erkennen, Spezialist*innen bei der Arbeit behilflich sein. Dialogsysteme wie Alexa, Siri, Cortanaund andere sind heute in vielen Haushalten in Gebrauch; immer mehr Bereiche menschlichen Alltags, auch von Ökonomie, Arbeit, Politik, Bildung, Wissenschaft und Forschung, werden von Computern und zunehmend auch von dieser sogenannten Künstlichen Intelligenz geprägt und durchdrungen. Ein Ende dieser Entwicklungen ist nicht abzusehen. Im Hinblick auf den Einsatz dieser KI werden viele Bereiche auch in neuer Weise organisiert: zum Beispiel die Arbeit in Fabriken und Verwaltung, die Diagnosen und Operationen in der Medizin, das Einkaufen, das Lernen und Vieles mehr.
Einigermaßen unklar ist allerdings, wohin diese Reise die Menschheit führt. Die Transformationen beinhalten wie jeder Wandel einerseits Vorteile und Chancen für das Zusammenleben der Menschen, zum Beispiel, wenn gefährliche oder unangenehme Arbeiten von Computern übernommen werden können oder neue Formen von Kommunikation und Information entstehen, an denen Roboter beteiligt sind. Sie beinhalten aber auch Risiken und Gefahren: Wie werden zukünftig Einkommen und Status verteilt, wenn immer mehr Jobs von KI übernommen werden? Wie wird garantiert, dass Kommunikation und Information nicht zu Manipulation und Beeinflussung werden? Wie kann verhindert werden, dass die Grundlagen der Demokratie durch datenbasierte Kontrolle und überlegene Technologien bedroht werden, die allein den ökonomischen Interessen großer IT-Konzerne folgen? Wo und von wem sollen die Entwicklungen kontrolliert und verantwortet werden?
Ein konkretes Beispiel für Vorzüge, aber auch Probleme ist die auf KI gestützte Entwicklung selbstfahrender Autos, die auf uns zukommt. Solche Automobile können dazu beitragen, dass verstopfte Städte, die sich immer deutlicher abzeichnende Umweltkatastrophe und die aus dem Ruder laufenden Bedingungen räumlicher Mobilität in neue und menschengerechtere Bahnen gelenkt werden, dass es weniger Unfälle gibt und dass die im Auto verbrachte Zeit sinnvoller genutzt werden kann. Dafür sind hervorragende und sichere KI-Programme unerlässlich, die mit menschlichen Kompetenzen vergleich-bare Fähigkeiten haben. Sie müssen mit ihren Sensoren und der Auswertung der darüber erlangten Daten menschliche Wahrnehmung ersetzen und unter den jeweiligen Bedingungen Gas geben, bremsen oder ausweichen – bei Menschen würde man sagen, entsprechende Entscheidungen treffen.
Mit den Algorithmen und der Technik alleine ist es aber nicht getan. Wer wird diese kommende Mobilität gesamtgesellschaftlich organisieren und betreiben – werden es Unternehmen wie VW und UBER sein, die den zukünftigen Verkehr organisieren, zwei Unternehmen, die nicht dafür bekannt sind, dass sie Recht und Gesetz einhalten, wenn es um ihre Gewinne geht? Oder wird die zukünf-tige Mobilität als öffentliche Daseinsfürsorge unter parlamentarischer Kontrolle organisiert – das ist bei einigen öffentlichen Infrastrukturen im (Nah-)Verkehr in einigen Ländern Europas teilweise noch der Fall, häufig wurden und werden solche Infrastrukturen aber wie bei der Wasserversorgung oder im Gesundheitsbereich im Zuge des Neoliberalismus mehr und mehr privatisiert.
Nicht klar ist auch, wie solche Autos mit den typischen, bisher meist nur von der Philosophie diskutierten Dilemmata umgehen: Der Wagen fährt auf einer Bergstraße, vor ihm erscheint plötzlich ein Kind, rechts geht es in den Abgrund – was geschieht, wenn das selbstfahrende Auto nicht mehr bremsen kann? Menschen entscheiden in solchen Situationen individuell und müssen für ihre Entscheidungen moralisch wie strafrechtlich geradestehen. Aber ist es denkbar, dass ein von einer Software gesteuertes Auto entscheidet, dass der Wagen sich und seine Passagiere in den Abgrund steuert, um das Kind zu retten? Oder verliert zukünftig immer das Kind?
Es gibt inzwischen zahlreiche Studien, die zeigen, dass manches auch schief gehen kann, wenn es Maschinen sind, die ‚entscheiden’ (vgl. hierzu allgemein Rath/Karmasin/Krotz 2019 und insbesondere Saurwein 2019): So hat Microsoft den Gesprächsroboter Tay entwickelt und eingesetzt, der sich nach ein paar Stunden des Dialogs mit Menschen zu antisemitischen Aussagen verstieg und Hitler positiv würdigte. In China wird die KI-basierte Gesichtserkennung von der Polizei in Fällen nicht-systemkonformen Verhaltens eingesetzt. Jedem Menschen dort wird auf Basis der über ihn gesammelten Daten ein Punktwert zugeordnet, der letztlich dessen gesellschaftlichen Wert ausdrücken soll und wonach entsprechend belohnt oder bestraft wird. In den USA wurde von der Justiz ein KI-Programm eingesetzt, das prognostizieren sollte, ob ein Strafgefangener, wenn er begnadigt würde, wohl rückfällig wird, also besser nicht zu begnadigen ist: Dieser Algorithmus wurde mit vorliegenden Daten trainiert. Im Endeffekt wurden die Aussichten für schwarze Häftlinge in der Regel wesentlich schlechter prognostiziert als für weiße. Algorithmen, die bei der Auswahl von Bewerber*innen für einen Job helfen sollten, bewerteten Frauen in der Regel schlechter, weil sie bisher seltener in Führungspositionen aufsteigen.KI wird derzeit vor allem von den großen Digitalunternehmen wie Facebook, Google, Apple, Amazon, Microsoft und Uber, aber auch von den Militärs vorangetrieben, mehr und mehr auch von chinesischen Unternehmen, die die Entwicklungsrichtungen bestimmen und entsprechende Instrumente und Methoden einsetzen. Heute werden so die Rahmenbedingungen für zukünftige Entscheidungen festgelegt.
Es sind Staat und Politik, die zunächst gefordert sind, diese Prozesse zu kontrollieren und zu regulieren, Rahmenbedingungen zu setzen und zu klären, welchen ethischen Kriterien Algorithmen zu folgen haben. Gleichzeitig ist es die Aufgabe von uns allen, diese Entwicklungen im Auge zu behalten. Schon heute sind wir alle durch die Daten, die wir in den unterschiedlichsten Kontexten an Soziale Netzwerke oder andere Datensammelsoftware preisgeben, an der Entwicklung moderner KI beteiligt. Ohne unser heutiges unbewusstes Zutun könnten die Algorithmen nicht ‚lernen’, sie entwickeln sich durch das Sammeln und Analysieren der von uns eingegebenen Daten und durch unsere Rückmeldungen. Moderne KI speist sich daraus und nur noch zu einem Teil aus intelligenten Algorithmen, die sich Entwickler*innen ausdenken. Oft ist bei den heutigen KI-Systemen nicht vollständig zu klären, wie sie zu ihren Ergebnissen kommen. Sie nutzen Formen ‚Maschinellen Lernens’, sodass die Muster, die aus der Interaktion mit Umwelt und Nutzer*innen abgeleitet sind, selbst für die Entwickler*innen nicht mehr nachvollziehbar sind. Wollen wir solche Entscheidungen? Brauchen wir nicht prinzipiell Kontrolle und Transparenz darüber, wie die Maschinen zu ihren ‚Entscheidungen’ kommen, um sie hinterfragen zu können? Müssen wir nicht auch die Konzerne und ihre Logik der Ökonomie im Auge behalten, die hinter der Entwicklung und Anwendung von KI stehen?
Es bedarf politischer und ethisch begründeter Entscheidungen, was KI darf und was nicht, wo sie eingesetzt wird und welche Bedingungen sie erfüllen muss. Diese wiederum dürfen nicht nur Staat und Wirtschaft untereinander aushandeln, vielmehr muss in einer gelebten Demokratie eine kontinuierliche öffentliche Diskussion darüber geführt werden, wie sie in Deutschland vom Ethikrat, in Europa von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament, weltweit auch von UNO und UNESCO begonnen wurde, aber bisher kaum eine breite Öffentlichkeit erreicht hat. Das Entstehen einer kritischen Öffentlichkeit, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzt, ist entscheidend. Dazu müssen Bürger*innen zunächst über diese technologischen und ökonomischen Entwicklungen informiert werden, damit sie in der Lage sind, an den Entscheidungen mitzuwirken.
Eine Voraussetzung dafür, dass wir selbst in die Prozesse eingreifen, einen Rahmen setzen und sie mitgestalten können ist, dass wir uns unserer eigenen Beteiligung an der Schaffung der Digitalen Kultur durch unsere Interaktion bewusst werden, dass wir lernen zu verstehen, was da wann, wie und an welchen Orten passiert. Dies gilt insbesondere auch für die zukünftigen Generationen. Kinder und Jugendliche werden in durch die Technologie sehr veränderten sozialen und kulturellen Umgebungen aufwachsen, die von ihnen verstanden und durchschaut werden müssen. Sie müssen (weit mehr noch als die derzeitigen Erwachsenen) diese Entwicklungen verstehen, gestalten, kontrollieren und sie souverän verwenden können.
Damit ist das Schwerpunktthema des vorliegenden merz-Heftes angesprochen. Es geht um KI, um einen ethischen Rahmen für KI und darum, wie Lernen über KI stattfinden kann: Was kann KI, was soll KI, was darf KI, wohin soll die Reise mit KI gehen? Diese Themen müssen in die Medienpädagogik Einzug halten, weil sie von fundamentaler Bedeutung für unsere mediale Kultur und unseren Umgang mit den Medien sind.
Das Heft setzt sich mit diesen Themen eher grundlegend auseinander und versucht zu verdeutlichen, was hinter dem oft schon fast mystisch verwendeten Begriff der KI tatsächlich stattfindet und wie Medienpädagogik bzw. wie eine Pädagogik unter Bedingungen einer KI-Umwelt damit umgehen kann. Dabei soll es nicht darum gehen, Kinder und Jugendliche für ein Schritthalten mit den technologischen Entwicklungen fit zu machen. Ein amerikanisches Unternehmen, das einen Online-Kurs zu KI für Kids im Netz für 15 bis 240 Dollar – je nach Service – anbietet, wirbt für das Angebot: „Artificial intelligence and machine learning are going to become a huge part of our future. And kids need to be prepared for it. To make them AI-ready for the future, we’ve designed an online AI course for kids of the 21st-century“. Es wird versprochen, dass Kids durch den Kurs „fall in love with artificial intelligence“1. Darum geht es den Autor*innen dieses Heftes nicht. Sie wollen demgegenüber – auch spielerisch – Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, die junge Menschen befähigen, selbst zu urteilen und Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen, statt sich an die von den Konzernen entwickelte KI anzupassen.
In einem ersten Aufsatz beschäftigen sich Serge Autexier und Heidi Schelhowe aus der Innensicht der Informatik in einer nachdenklichen Weise mit der Entstehung und der bisherigen Geschichte der KI. Sie erklären, was es mit der heutigen KI und ihrem rasanten Aufstieg unter dem Begriff des ‚Maschinellen Lernens’ auf sich hat und problematisieren die schlichte Datensammelwut und die automatisierte Erkennung von Mustern durch KI statt einer grundlegenden Entwicklung und Durchdringung der Algorithmen, durch die wissenschaftlicher Fortschritt und Transparenz erst möglich würden. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, welche Vorstellungen vom ‚Lernen’ die KI von Anfang an prägen. Ein vom Konstruktivismus geprägter Ansatz von Lernen, so die beiden Autor*innen, würde auch eine andere Art der Anwendung und des Umgangs mit KI in Bildungskontexten bedeuten, anders als der Glaube, dass man mit der KI einem individualisierten Lernen gerecht werden könne.
Der dann folgende Text von Friedrich Krotz hinterfragt KI auf grundsätzliche Weise mit dem Ziel, einerseits die Diskussion zu versachlichen, andererseits um herauszuarbeiten, dass manche Entwicklungen in eine falsche Richtung gehen. KI ist in der hier eingenommenen Perspektive wesentlich damit beschäftigt, komplexe Hardware/Software-Systeme zur Bewältigung komplexer Aufgaben zu schaffen. Für solche Leistungen von Maschinen müssen aber noch eine angemessene Sprache und eine kontrollierte gesellschaftliche Einbettung gefunden werden – eine Vermenschlichung von Maschinen ist dafür nicht angebracht: Maschinen denken und entscheiden nicht, sie gehen auf eine maschinentypische Art mit Daten um. Als Problem benennt Friedrich Krotz, dass es derzeit vor allem die großen Digitalfirmen sind, die festlegen, wo und wie KI verwendet wird und wohin die derzeitige Entwicklung geht. Stattdessen wäre es notwendig, Systeme zu entwickeln, die für die Menschen, für Demokratie und Menschenrechte hilfreich sind.
Der dritte Aufsatz von Gudrun Marci-Boehnke und Matthias Rath beschäftigt sich schließlich mit KI und Ethik. Er geht von der Prämisse aus, dass die Leistungsfähigkeit von KI für das Wohl der Menschen nutzbar gemacht werden muss und dass dies auch die Erziehungsarbeit betrifft. Vor diesem Hintergrund werden Chancen, Probleme und Risiken der KI aus ethischer und pädagogischer Perspektive dargestellt und diskutiert. Als Schlüsselbegriff für die zukünftigen Diskussionen wird der Begriff der algorithmic literacy entwickelt, der an den bisher die Medienpädagogik prägenden Kompetenzkonzepten ansetzt.
Zwei weitere Beiträge gehen dann auf konkrete Projekte mit Kindern und Jugendlichen ein. Der erste Beitrag von Simone Opel, Lina Nordemann, Carsten Schulte und Claudia Tenberge entstand im Rahmen des ‚Wissenschaftsjahrs KI’ und befasst sich mit dem Simulationsspiel Mensch, Maschine!, mit dem Kinder und Jugendliche die Funktionsweisen von KI kennenlernen und konkret erfahren können, was Maschinen können und was nicht. Dazu wurden Materialien für Schüler*innen sowie für Lehrende entwickelt und bereitgestellt, die unterschiedliche Zugänge ermöglichen. Darüber hinaus werden Evaluationsergebnisse aufbereitet. Das Material ist konzipiert für den Schulunterricht, lässt sich aber aufgrund seiner Vielfalt sicherlich auch in der außerschulischen Jugendarbeit verwenden. Über webdaysmoocKI, ein Projekt der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V. (IJAB), berichten Janina Carmesin, Hannah Bunke-Emden und Kristin Narr. Es handelt sich um einen Online-Kurs zu KI für Jugendliche ab 14 Jahren. Die Materialien stehen dauerhaft zur Verfügung. Besonders interessant ist, dass der Kurs partizipativ zusammen mit Jugendlichen entwickelt wurde. Die Jugendlichen setzen sich mit KI in ihrem Alltag auseinander, stellen sich ethischen Fragen und bekommen einen Einblick in Entwicklungen der KI-Technologie weltweit.
Schließlich wird in einigen Auszügen auf weitere Materialien verwiesen. Dies sind einmal Auszüge aus dem Grundlagenpapier, das von der Ethik-Kommission, eingesetzt von der Bundesregierung, erarbeitet wurde. Es ermöglicht einen systematischen und kritisch reflektierenden Einstieg in die Thematik. Zum anderen sind es Ausschnitte aus einer von der UN veranstalteten Wissenschaftler*innenkonferenz von 2019, auf der ein Papier mit dem Titel 'Bejing Consensus on Artificial Intelligence and Education' erarbeitet wurde. Es macht die internationale Aufmerksamkeit für das Thema KI deutlich. Schließlich wird noch auf weitere Projekte und weiterführende Literatur verwiesen.Wenn die Autor*innen in den Beiträgen dieses Heftes sich in einem einig sind, dann ist es die Forderung nach einer fundamentalen Kompetenz, KI und deren ethische Implikationen begreifen zu lernen, was technologisches Wissen, Wissen um Daten und Algorithmen und die Fundamente der heutigen KI, aber auch grundlegende ethische Fragen umfasst, wie auch politischen und ökonomischen Durchblick erfordert. Klar ist, dass dieses Thema wohl nicht zum letzten Mal in der merz verhandelt werden wird.
Literatur
Rath, Matthias/Krotz, Friedrich/Karmasin, Matthias (Hrsg.) (2019). Maschinenethik. Normative Grenzen autonomer Systeme. Wiesbaden: Springer VS.
Saurwein, Florian (2019). Automatisierung, Algorithmen, Accountability. Eine Governance Perspektive. In: Rath, Matthias/Krotz, Friedrich/Karmasin, Matthias (Hrsg.), Maschinenethik. Normative Grenzen autonomer Systeme. Wiesbaden: Springer VS, S. 35–56.
Zuse, Konrad (1993). Der Computer – Mein Lebenswerk. Berlin: Springer.
Anmerkung
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Friedrich Krotz, Heidi Schelhowe
Beitrag als PDFEinzelansichtSerge Autexier/Heidi Schelhowe: Interaktion und Künstliche Intelligenz
Der Erfolg von Computern in Lebens- und Arbeitswelt beruht auf einer engen Verbindung von menschlichem und maschinellem Handeln. Die heutige Künstliche Intelligenz (KI) fußt auf diesem Paradigma. Nicht nur symbolische, abstrakt-logische Verfahren, sondern ebenso Interaktion sind wesentliche Methoden. Auch aus der Innensicht der Informatik werden Grenzen der KI deutlich. In Bildungskontexten muss die eigene Beteiligung sichtbar gemacht werden, um Einmischungs- und Gestaltungskompetenz auszubilden.
Literatur:
Bockermann, Iris/Schelhowe, Heidi (2020). Be-Greifbare Interaktion – Potenzial für Diversität im Umgang mit Digitalen Medien. In: Doff, Sabine/Pfingsthorn, Joanna (Hrsg.), Media Meets Diversity@School. Wie kann Lernen und Lehren in der digitalen Welt unter den Vorzeichen von Diversität gelingen? Trier: WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, S. 257–274.
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Zuse, Konrad (1993). Der Computer – Mein Lebenswerk. Berlin: Springer.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Heidi Schelhowe, Serge Autexier
Beitrag als PDFEinzelansichtFriedrich Krotz: Ziemlich falsche Richtung!
Die Forschung zu Künstlicher Intelligenz zielt darauf ab, Hardware-/Software-Systeme zu entwickeln, die komplexe Aufgaben lösen bzw. zu deren Lösung beitragen können. Wie der Beitrag herausarbeitet, sind es derzeit allerdings vor allem die großen Digitalfirmen, die festlegen, welche Probleme wie gelöst werden und wohin die derzeitige Entwicklung geht. Zu einer Weiterentwicklung von Demokratie und den Formen des menschlichen Zusammenlebens trägt dies nicht bei. Das muss sich dringend ändern.
Literatur:
Cawsey, Alison (2002). Künstliche Intelligenz im Klartext. München: Pearson.
Chen, Jize/Wang, Changhong (2019). Reaching Cooperation using Emerging Empathy and Counter-empathy. In: Agmon, Noa/Taylor, Matthew E./Elkind, Edith/Veloso, Manuela (Hrsg.), Proceedings of the 18th International Conference on Autonomous Agents and Multiagents (AAMAS 2019), S. 746–753. www.ifaamas.org/Proceedings/aamas2019/pdfs/p746.pdf [Zugriff: 12.08.2020]
Daum, Timo (2019). Die künstliche Intelligenz des Kapitals. Hamburg: Nautilus.
Dreyfus, Hubert L. (1985). Die Grenzen künstlicher Intelligenz. Was Computer nicht können. Königstein im Taunus: Athenäum.
Ertel, Wolfgang (2018). Introduction to Artificial Intelligence. Cham, Schweiz: Springer Nature.
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Flasiński, Mariusz (2016). Introduction to Artificial Intelligence. Cham, Schweiz: Springer International.
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Krotz, Friedrich/Despotović, Cathrin/Merle-Marie Kruse (Hrsg.) (2017). Mediatisierung als Metaprozess: Transformationen, Formen der Entwicklung und die Generierung von Neuem. Wiesbaden: Springer VS.
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Searle, John R. (1994). Geist, Gehirn, Programm. In: Zimmerli, Walther C./Wolf, Stefan (Hrsg), Künstliche Intelligenz. Stuttgart: Reclam, S. 232–267.
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Tegmark, Max (2017). Leben 3.0. Berlin: Ullstein.
Weizenbaum, Joseph (1982). Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Gudrun Marci-Boehncke/Matthias Rath: Ein Blick auf die ‚Hinterbühne‘. Ethische und pädagogische Überlegungen zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz verarbeitet große Datenmengen schneller als menschliche Gehirne dies vermögen. Die Nutzung dieser Leistungsfähigkeit zum Wohl der Menschen stellt sich im Kleinen schon heute als Herausforderung für die Erziehungsarbeit dar. Der Beitrag betrachtet Problembereiche, Chancen und Risiken aus ethischer und pädagogischer Perspektive. Er plädiert angesichts der komplexen Datenflüsse neben dem Erwerb einer basalen technischen algorithmischen Kompetenzvor allem für die Stärkung menschlicher Reflexions-, Argumentations- und Entscheidungskraft als Basiskompetenzen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz.
Literatur
Baacke, Dieter (1996). Medienkompetenz – Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In: von Rein, Antje (Hrsg.), Medienkompetenz als Schlüsselbegriff. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 4–10.
Bosse, Ingo/Schluchter, Jan René/Zorn, Isabel (Hrsg.) (2019). Handbuch Inklusion und Medienbildung. Weinheim: Beltz Juventa.
Eickers, Gen/Rath, Matthias (2020). Digital Change and The “Trust Deficit”: Ethical and Pedagogical Implications – First Results of the German Research Project Digitaldialog21. In: INTED2020 Proceedings, pp. 3043-3051. DOI: 10.21125/inted.2020.0894.
Goffman, Erving (1988). Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München: Piper.
Hales, Patrick D./Anderson, Melissa/Christianson, Tonya/Gaspar, Amber/Meyer, Billi Jo/Nelson, Beth/Shilvock, Krista/Steinmetz, Mary/Timmons, Makenzi/Vande Weerd, Michelle (2019). Alexa?: Possibilities of Voice Assistant Technology and Artificial Intelligence in the Classroom. In: Empowering Research for Educators, 3 (1). https://openprairie.sdstate.edu/ere/vol3/iss1/4 [Zugriff: 11.07.2020]
Klovig Skelton, Sebastian (2019). Accountability is the key to ethical artificial intelligence, experts say. www.computerweekly.com/feature/Accountability-is-the-key-to-ethical-artificial-intelligence-experts-say [Zugriff: 11.07.2020]
Kontovourki, Stavroula/Tafa Eufimia (2020). Pedagogical approaches to digital literacy in early years education. In: Erstad, Ola/Flewitt, Rosie/Kümmerling-Meibauer, Bettina/Pires Pereira, Íris Susana (Eds.), The Routledge Handbook of Digital Literacies in Early Childhood. London/New York: Routledge, pp. 187–199.
Krotz, Friedrich (2007). Mediatisierung. Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: Springer VS.
Lafton, Tove (2015). Digital Literacy practices and pedagogical moments: Human and non-human intertwining in early childhood education. In: Contemporary Issue in Early Childhood, 16 (2), pp. 142–152. DOI: 10.1177/1463949115585657.
Loh, Janina (2019). Roboterethik. Eine Einführung. Berlin: Suhrkamp.
Marci-Boehncke, Gudrun (2019). Digitale Teilhabe als ethischer Anspruch schulischer Bildung: Überlegungen zur Reflexion individueller Normen und Überzeugungen im Kontext der Lehramtsausbildung. In: Stapf, Ingrid/Prinzing, Marlis/Köberer, Nina (Hrsg.), Aufwachsen mit Medien. Zur Ethik mediatisierter Kindheit und Jugend. Baden-Baden: Nomos, S. 315–334.
Marci-Boehncke, Gudrun/Rath, Matthias (2019). Medienbildung, Diversität und das Recht auf Teilhabe: Warum für Lehrkräfte die Vermittlung von digital literacy eine ethische Frage ihres Professionsverständnisses ist. In: Holzmann, Katharina/Hug, Theo/Pallaver, Günther (Hrsg.), Das Ende der Vielfalt? Zur Diversität der Medien. Innsbruck: University Press, S. 85–100.
Marci-Boehncke, Gudrun/Rath, Matthias (2020). Education with Digital Culture: Shifting the Paradigms of Prospective Knowledge by Mediatization. In: MedienJournal, 43 (1), pp. 5–17. DOI: 10.24989/medienjournal.v43i1.1924.
Mayer-Schönberger, Viktor/Ramge, Thomas (2017). Das Digital. Markt, Wertschöpfung und Gerechtigkeit im Datenkapitalismus. Berlin: Econ.
Nussbaum, Martha C. (2007). Human Rights and Human Capabilities. In: Harvard Human Rights Journal, 20, pp. 21–24.
Ramge, Thomas (2020). Postdigital. Wie wir Künstliche Intelligenz schlauer machen, ohne uns von ihr bevormunden zu lassen. Hamburg: Murmann.
Rath, Matthias (2016). Vom Ende der Profession. Medienethische Anmerkungen zur „Produsage“. In: MedienJournal, 40 (2), S. 20–33. DOI:10.24989/medienjournal.v40i2.49.
Rath, Matthias (2020). „Kritische Medienkompetenz“ – Zur ethischen Überforderung einer allein pädagogischen Medienbildung. In: Communicatio Socialis, 53 (2), S. 148–157.
Rath, Matthias [i. E.]. Digitalisierung als ethischer Anlass. Zu den Grenzen einer Ethik für Maschinen. In: Beck, Wolfgang/Valentin, Joachim/Nord, Ilona (Hrsg.), Die Unsicherheit bewohnen? Erkundungen einer Theologie der Digitalität. Freiburg im Breisgau: Herder.
Saran, Cliff (2019). Stanford University finds that AI is outpacing Moore’s Law. Every three months, the speed of artificial intelligence computation doubles, according to Stanford University’s 2019 AI Index report. www.computerweekly.com/news/252475371/Stanford-University-finds-that-AI-is-outpacing-Moores-Law [Zugriff: 11.07.2020]
Woopen, Christiane/Mertz, Marcel (2014). Ethik in der Technikfolgenabschätzung: Vier unverzichtbare Funktionen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 64 (6–7), S. 40–46.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Gudrun Marci-Boehncke, Matthias Rath
Beitrag als PDFEinzelansichtLina Nordemann/Simone Opel/Carsten Schulte/Claudia Tenberge: ‚Mensch, Maschine!‘. Ein Unplugged-Einstieg in KI und Maschinelles Lernen
Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen (ML) finden nicht nur Eingang in den Alltag, sondern vermehrt auch in die schulische Bildung. Es gab bisher kaum Ansätze, die ein grundlegendes Verständnis von KI vermitteln und auch gesellschaftliche Folgen betrachten. Diese Lücke schließt das Material zu verschiedenen technischen, ethischen und sozialen Aspekten zum Wissenschaftsjahr KI. Der Beitrag stellt das Material sowie das Konzept vor und gibt einen Überblick über ausgewählte Evaluationsergebnisse.
LiteraturBaumert, Jürgen/Kunter, Mareike (2011). Das Kompetenzmodel von COACTIV. In: Kunter, Mareike/Baumert, Jürgen/Blum, Werner/Neubrand, Michael (Hrsg.), Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S.27-54.
Brinda, Torsten/Brüggen, Niels/Diethelm, Ira/Knaus, Thomas/ Kommer, Sven/Kopf, Christine/Missomelius, Petra/ Leschke, Rainer/Tilemann, Friederike/Weich, Andreas (2019). Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt. In: Pasternak, Arno (Hrsg.), Informatik für alle. Bonn: Gesellschaft für Informatik. (S. 25-33).
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2019). MENSCH, Maschine! Wer zeigt hier dem den Weg? Lehr- und Arbeitsmaterial. Berlin.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2020). Mensch, Maschine! Wer zeigt hier wem den Weg? - Lehrerbegleitpräsentation. Berlin. www.wissenschaftsjahr.de/2019/fileadmin/user_upload/Wissenschaftsjahr_2019/Jugendaktion/BMBF_ JA_Praese_Lehrer_16zu9_CPS_barrRZ.pdf [ Zugriff: 06.07.2020].
Gardner, Martin (1962). Mathematical games. In: Scientific American 206 (3), S. 138–144.
Harris, Judi/Koehler, Matthew/Mishra, Punya (2009). What Is Technological Pedagogical Content Knowledge? In: Contemporary Issues in Technology and Teacher Education 9, S. 60-70.
Jerusalem, Matthias/Klein-Heßling, Johannes (2009). Skala Selbstwirksamkeit Proaktives Handeln fördern. In:
Schwarzer, Ralf/Jerusalem, Matthias (Hrsg.), Skalenbuch – Förderung von Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung im Unterricht. Skalen zur Erfassung von Lehrer- und Schülermerkmalen. Humboldt-Universität zu Berlin, S. 84–86.KMK [Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland] (2017). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. In der Fassung vom 07.12.2017. Berlin. www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2018/Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt_idF_vom_07.12.2017.pdf [Zugriff: 06.07.2020].
Lorenz, Ramona/Bos, Wilfried/Endberg, Manuela/Eickelmann, Birgit/Grafe, Silke/Vahrenhold, Jan (Hrsg.) (2017). Schule digital – der Länderindikator 2017. Schulische Medienbildung in der Sekundarstufe I mit besonderem Fokus auf MINT-Fächer im Bundesländervergleich und
Trends von 2015 bis 2017. Münster: Waxmann.Möller, Kornelia/Vehmeyer, Julia/Stadelhofer, Beate/ Tröbst, Steffen (2008). Lernen mit der Klasse(n)kiste «Schwimmen und Sinken» im Sachunterricht der Grundschule. Ergebnisse einer Befragung von Grundschullehrkräften [Evaluationsbericht im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung]. Münster: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Seminar für Didaktik des Sachunterrichts.
Möller, Kornelia (2010). Lehrmittel als Tools für die Hand der Lehrkräfte – Ein Mittel zur Unterrichtsentwicklung?. In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 28 (2010), S. 97-108.
Schwarzer, Ralf/Warner, Lisa-Marie (2011). Forschung bei Selbstwirksamkeit bei Lehrerinnen und Lehrern. In: Terhart, Ewald/Bennewitz, Hedda/Rothland, Martin (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf. 1. Auflage. Münster, New York: Waxmann, S. 496–510.
Shulman, Lee (1986). Those who understand: Knowledgegrowth in teaching. Educational Researcher 15 (2), S.4–14.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Lina Nordemann, Simone Opel, Carsten Schulte, Claudia Tenberge
Beitrag als PDFEinzelansichtHannah Bunke-Emden/Janina Carmesin/Kristin Narr: Der webdaysmoocKI. Ein Online-Kurs für Jugendliche zu Künstlicher Intelligenz
Der webdaysmoocKI ist ein Online-Kurs für Jugendliche zu Künstlicher Intelligenz, der im Rahmen des Projekts WebDays der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V. (IJAB) entstanden ist. Im partizipativ entwickelten Kurs setzen sich die Teilnehmenden mit Hilfe von Videos und interaktiven Elementen mit der Rolle von Künstlicher Intelligenz in ihrem Alltag auseinander, sie lernen, wie KI-Systeme und KI-Algorithmen funktionieren und bekommen einen Einblick in weltweite Entwicklungen der KI-Technologie.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Hannah Bunke-Emden, Janina Carmesin, Kristin Narr
Beitrag als PDFEinzelansichtAuszüge aus der Kurzfassung des Gutachtens der Datenethikkommission der Bundesregierung von 2019 als Anregung für die Jugendarbeit zu KI und Ethik
Leitgedanken
Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft tiefgreifend. Neuartige datenbasierte Technologien können für das Leben des Einzelnen und das gesellschaftliche Zusammenleben Nutzen stiften, die Produktivität der Wirtschaft steigern, zu mehr Nachhaltigkeit und zu grundlegenden Fortschritten in der Wissenschaft beitragen. Gleichzeitig zeigen sich jedoch auch Risiken der Digitalisierung für grundlegende Rechte und Freiheiten. Es stellen sich damit zahlreiche ethische und rechtliche Fragen, in deren Mittelpunkt die gewünschte Rolle und die Gestaltung der neuen Technologien stehen. Wenn der digitale Wandel dem Wohl der gesamten Gesellschaft dienen soll, müssen sich Gesellschaft und Politik mit der Gestaltung datenbasierter Technologien einschließlich der Künstlichen Intelligenz (KI) befassen. [...]
Die DEK hat sich für ihr Gutachten an den folgenden Leitgedanken orientiert:
Menschenzentrierte und werteorientierte Gestaltung von Technologie | Förderung digitaler Kompetenzen und kritischer Reflexion in der digitalen Welt | Stärkung des Schutzes von persönlicher Freiheit, Selbstbestimmung und Integrität | Förderung verantwortungsvoller und gemeinwohlverträglicher Datennutzungen | Risikoadaptierte Regulierung und wirksame Kontrolle algorithmischer Systeme | Wahrung und Förderung von Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt | Ausrichtung digitaler Strategien an Zielen der Nachhaltigkeit | Stärkung der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas [...]
Im Folgenden führt dann die Kommission die ethischen Aspekte, die sie für die Datenhaltung wie auch für die Algorithmik im Hinblick auf KI sieht, detailliert aus. Dies ist in der Vollversion nachzulesen unter: https://datenethikkommission.de/wp-content/uploads/191128_DEK_Gutachten_bf_b.pdf Bedauerlich ist, dass die Kommission den Bildungsanliegen kein explizites Kapitel widmet.
https://datenethikkommission.de/wp-content/uploads/191023_DEK_Gutachten_Kurzfassung_dt_bf.pdf [Zugriff: 01.08.2020]
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Friedrich Krotz, Heidi Schelhowe
Beitrag als PDFEinzelansichtBEIJING CONSENSUS ON ARTIFICIAL INTELLIGENCE AND EDUCATION
Die folgenden Auszüge zu KI und Ethik stammen aus einem UNESCO-Dokument, das im Rahmen einer internationalen Konferenz in Peking 2019 entstand. Sie sollen auf die weltweite Bedeutung der Debatte um KI und Ethik aufmerksam machen.
BEIJING CONSENSUS ON ARTIFICIAL INTELLIGENCE AND EDUCATION
Preamble
1. We, the participants of the International Conference on Artificial Intelligence (AI) and Education, including 50 government ministers and vice ministers, as well as around 500 international representatives from more than 100 Member States, United Nations agencies, academic institutions, civil society and the private sector, met in Beijing, People’s Republic of China, from 16 to 18 May 2019. [...]
2. We reaffirmed the commitment made in the 2030 Agenda for Sustainable Development, particularly Sustainable Development Goal (SDG) 4 and its targets, and discussed the challenges faced by education and training systems in achieving SDG 4. [...]
6. We also recognize the distinctive features of human intelligence. Recalling the principles set forth in the Universal Declaration of Human Rights, we reaffirm UNESCO’s humanistic approach to the use of AI with a view towards protecting human rights and preparing all people with the appropriate values and skills needed for effective human-machine collaboration in life, learning and work, and for sustainable development.
7. We also affirm that the development of AI should be human-controlled and centred on people; that the deployment of AI should be in the service of people to enhance human capacities; [...] and that the impact of AI on people and society should be monitored and evaluated throughout the value chains. [...]
AI to Empower Teaching and Teachers
12. Be mindful that while AI provides opportunities to support teachers in their educational and pedagogical responsibilities, human interaction and collaboration between teachers and learners must remain at the core of education. Be aware that teachers cannot be displaced by machines, and ensure that their rights and working conditions are protected. [...]
Ensuring ethical, transparent and auditable use of education data and algorithms
28. Be cognizant that AI applications can impose different kinds of bias that are inherent in the data the technology is trained on and uses as input [...]. Be cognizant of the dilemmas of balancing between open access to data and data privacy protection. Be mindful of the legal issues and ethical risks related to data ownership, data privacy and data availability for public goods. [...]
29. Test and adopt emerging AI technologies and tools for ensuring teachers‘ and learners’ data privacy protection and data security. Support robust and long-term study of deeper issues of ethics in AI, ensuring AI is used for good and preventing its harmful applications. Develop comprehensive data protection laws and regulatory frameworks to guarantee the ethical, non-discriminatory, equitable, transparent and auditable use and reuse of learners’ data.
30. Adjust existing regulatory frameworks or adopt new ones to ensure responsible development and use of AI tools for education and learning. Facilitate research on issues related to AI ethics, data privacy and security, and on concerns about AI’s negative impact on human rights and gender equality.
https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000368303 [Zugriff: 21.09.2020]
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Friedrich Krotz, Heidi Schelhowe
Beitrag als PDFEinzelansichtHinweis auf weitere Praxisprojekte
Neben den beiden Praxisprojekten in diesem Heft gibt es inzwischen eine Vielzahl an interessanten Initiativen, die KI und Ethik in Schulklassen und in der Jugendarbeit thematisieren. Wir möchten insbesondere auf die folgenden Projekte hinweisen:
PhiloLab
Der Kurs PhiloLab: KI am Ars Electronica Center in Linz, Österreich, richtet sich an junge Menschen ab der 7. Schulstufe und wird folgendermaßen beworben: Philosophieren, ein Deuten von dem, was in der Welt vor sich geht, ein Reflektieren der Geschehnisse und das Bilden einer Meinung – das ist in einer Zeit, in der sich durch sich rasant entwickelnde Technologien neue ethische Fragestellungen ergeben, besonders wichtig. Doch wie kann ich diesen gegenstandslosen Prozess greifbar und erlernbar machen? Im Unterrichtsformat können oft bedeutungsvolle Grundfragen nicht diskutiert werden. Im PhiloLab wird Nachdenken zum behandelbaren Prozess. In einer Kombination aus verschiedenen Programmpunkten und einer abschließenden Diskussion werden die Schüler*innen angeregt, über das technologische Phänomen Künstliche Intelligenz zu reflektieren, ihre Gedanken auszudrücken und zu argumentieren.
https://ars.electronica.art/center/de/philolab-kuenstliche-intelligenz/
Cognimates
Cognimates ist eine öffentliche und kostenlos zugängliche Bildungsplattform, in der Sieben- bis 14-Jährige Spiele oder Robots programmieren und KI-Trainings-Modelle entwickeln können. Heranwachsende nutzen in ihren Kinderzimmern inzwischen intelligente Spielzeuge und kommunizierende Agenten. Stefania Druga, Wissenschaftlerin am MIT MediaLab, entwickelte Cognimates mit dem Ziel, ihnen durch aktives Konstruieren Kenntnisse zu vermitteln, damit sie KI-Systeme begreifen, demystifizieren, sich als Gestaltende erleben und sich eine Haltung zu KI erarbeiten können, statt sich nur als Konsumierende zu verstehen. „The main goal of the Cognimates platform is to extend coding to AI education and literacy.“
Ein Beitrag von Stefania Druga zu ihrer Motivation und zur Entstehungsgeschichte von Cognimates: www.media.mit.edu/posts/kids-teach-ai-a-little-humanity-with-cognimates/
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Friedrich Krotz, Heidi Schelhowe
Beitrag als PDFEinzelansicht
spektrum
Niels Brüggen/Maximilian Schober: Self-Tracking von Kindern und Jugendlichen. Digitale Selbstvermessung als sportliche und medienpädagogische Herausforderung
Ausgehend von den Ergebnissen einer explorativen Befragungsstudie im Rahmen des Forschung-Praxis-Projekts ‚Self-Tracking im Freizeitsport‘ lassen sich zentrale Herausforderungen und Ansatzpunkte für eine zielgruppenadäquate Förderung von Medienkompetenz zum Thema Self-Tracking bestimmen. Dabei wird deutlich, dass Self-Tracking sowohl Nutzer*innen als auch medienpädagogische Praxis und Profession auffordert, sich zu bewegen.
Literatur:
Bröckling, Ulrich (2007). Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Brüggen, Niels (2015). Gedanken zur Neuausrichtung der Medienkompetenzförderung angesichts Big Data. In: Gapski, Harald (Hrsg.), Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt. München: kopaed, S. 51–62.
Deleuze, Gilles (1993). Unterhandlungen. 1972–1990. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Duttweiler, Stefanie (2016). Körperbilder und Zahlenkörper Zur Verschränkung von Medien- und Selbsttechnologien in Fitness-Apps. In: Strübing, Jörg/Passoth, Jan-Hendrik/Gugutzer, Robert/Duttweiler, Stefanie (Hrsg.), Leben nach Zahlen. Bielefeld: transcript Verlag, S. 221–251.
Foucault, Michel (2016). Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Gehring, Petra (2014). Bio-Politik/Bio-Macht. In: Kammler, Clemens/Parr, Rolf/Schneider, Ulrich Johannes/Reinhardt-Becker, Elke (Hrsg.), Foucault-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler, S. 230–231.
Lupton, Deborah (2014). Self-tracking cultures. In: Leong, Tuck (Hrsg.), Proceedings of the 26th Australian Computer-Human Interaction Conference on Designing Futures the Future of Design. New York: ACM, S. 77–86.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (2020). JIM-Studie 2019. Jugend, Information, Medien. Stuttgart. www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2019/JIM_2019.pdf [Zugriff: 31.03.2020]
Moll, Ricarda/Schulze, Anne/Rusch-Rodosthenous, Miriam/Kunke, Christopher/Scheibel, Lisa (2017). Wearables, Fitness-Apps und der Datenschutz: Alles unter Kontrolle? Düsseldorf: Verbraucherzentrale NRW.
Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz - Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme. Berlin, S. 18–23.
Selke, Stefan (2017). Digitale Alchemie. Von der Sehnsucht nach Effizienz mittels digitaler Selbstvermessung. In: merz | medien + erziehung, 61 (5), S. 12–20.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Niels Brüggen, Maximilian Schober
Beitrag als PDFEinzelansichtKatja Berg/Georg Materna: Themenzentrierte Medienarbeit mit Memes in der Präventionsarbeit. Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Praxisprojekts bildmachen
Das Projekt bildmachen will Jugendliche für die Strategien und Hintergründe religiös-extremistischer Ansprachen in Sozialen Medien sensibilisieren und Möglichkeiten aufzeigen, mit Memes im Online-Diskurs zu partizipieren. Es leistet einen Beitrag zur Primärprävention in der schulischen und außerschulischen Jugendarbeit. Hier werden ausgewählte Ergebnisse der Begleitstudie und der Projektevaluation vorgestellt sowie die Befunde im Kontext der themenzentrierten Medienarbeit reflektiert.
Literatur:
Brüggen, Niels (2018). Medienaneignung und ästhetische Werturteile. Zur Bedeutung des Urteils ‚Gefällt mir!‘ in Theorie, Forschung und Praxis der Medienpädagogik. München: kopaed.
Holzwarth, Peter (2008). Bildpädagogik und Medienkompetenzentwicklung als politische Bildung. In: Jahrbuch Medienpädagogik 7. Medien. Pädagogik. Politik. Wiesbaden: Springer VS, S. 97–116.
Inan, Alev (2017). Jugendliche als Zielgruppe salafistischer Internetaktivitäten. In: Toprak, Ahmet/Weitzel, Gerrit (Hrsg.), Salafismus in Deutschland. Jugendkulturelle As-pekte, pädagogische Perspektiven. Wiesbaden: Springer VS, S. 103–117.
Johann, Michael/Bülow, Lars (2019). Politische Internet-Memes: Erschließung eines interdisziplinären Forschungsfeldes. In: Bülow, Lars/Johann, Michael (Hrsg.), Politische Internet-Memes – Theoretische Herausforderungen und empirische Befunde. Berlin: Frank & Timme, S. 13–40.
Keilhauer, Jan (2010). Methodische Hinweise zur Bearbeitung gesellschaftlicher Themen mit Medien – Eigene Positionen entwickeln und mitmischen. In: Keilhauer, Jan/Schorb, Bernd (Hrsg.), Themenzentrierte Medienarbeit mit Jugendlichen. Ein Modellprojekt mit deutschen und tschechischen Jugendlichen zum Thema Präimplantationsdiagnostik. München: kopaed, S. 38–75.
Keilhauer, Jan/Schorb, Bernd (2010). Themenzentrierte Medienarbeit. In: Schorb, Bernd/Keilhauer, Jan (Hrsg.), Themenzentrierte Medienarbeit mit Jugendlichen. Ein Modellprojekt mit deutschen und tschechischen Jugendlichen zum Thema Präimplantationsdiagnostik. München: kopaed, S. 13–22.
Lobinger, Katharina (2015). Praktiken des Bildhandelns in mediatisierten Gesellschaften – eine Systematisierung. In: Lobinger, Katharina/Geise, Stephanie (Hrsg.), Visualisierung – Mediatisierung. Bildliche Kommunikation und bildliches Handeln in mediatisierten Gesellschaften. Köln: Herbert von Halem, S. 37–58.
Lobinger, Katharina/Brantner, Cornelia (2015). Q-Sort: qualitative-quantitative Analysen bildlicher Rezeptions- und Aneignungsprozesse. Leistungen und Limitationen für das Feld visueller Kommunikationsforschung. In: Lobinger, Katharina/Geise, Stephanie (Hrsg.), Visualisierung – Mediatisierung. Bildliche Kommunikation und bildliches Handeln in mediatisierten Gesellschaften. Köln: Herbert von Halem, S. 181–206.
Materna, Georg/Lauber, Achim/Brüggen, Niels (i. E.). Politisches Bildhandeln Jugendlicher in sozialen Medien im Kontext politischer Kontroversen und islamistischer Ansprachen. München: kopaed.
Reinemann, Carsten/Nienierza, Angela/Fawzi, Nayla/Riesmeyer, Claudia/Neumann, Katharina (2019). Jugend – Medien – Extremismus. Wo Jugendliche mit Extremismus in Kontakt kommen und wie sie ihn erkennen. Wiesbaden: Springer VS.
Shifman, Limor (2014). Meme. Kunst, Kultur und Politik im digitalen Zeitalter. Berlin: Suhrkamp.
Würfel, Maren/von Holten, Susanne (2008). Themenzentrierte aktive Medienarbeit: Ein Ansatz zur Förderung der politischen Beteiligung Jugendlicher. In: Jahrbuch Medienpädagogik 7. Medien. Pädagogik. Politik. Wiesbaden: Springer VS, S. 187–203.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Katja Berg, Georg Materna
Beitrag als PDFEinzelansichtJan-René Schluchter: Medienbildung und (Bildung für) nachhaltige Entwicklung. Eine Annäherung
Wie wird, oder besser, soll die Welt von morgen aussehen? Eine Frage, auf die es eine Vielzahl von Antworten gibt... Eine Orientierung für die (Weiter-)Entwicklung von Gesellschaft(en) wird durch Diskurse um Nachhaltigkeit bzw. Bildung für nachhaltige Entwicklung gegeben; es geht um eine Auseinandersetzung mit und Reflexion von aktuellen Konstitutionen von Gesellschaften (in nationaler und internationaler Perspektive) mit Blick auf deren Zukunftsfähigkeit im Horizont des Verhältnisses von Mensch, Ökonomie, Gesellschaft und Natur. Welche Bedeutung hier Medien bzw. Mediatisierung(sprozesse) sowie medienpädagogisches Handeln spielen können, soll in diesem Beitrag entlang erster Verbindungslinien von Medien, Medienpädagogik und Nachhaltigkeit/Bildung für nachhaltige Entwicklung aufgezeigt werden.
Literatur:
Behrendt, Siegfried/Henseling, Christine/Scholl, Gerd (Hrsg.) (2019). Digitale Kultur des Teilens. Mit Sharing nachhaltiger Wirtschaften. Wiesbaden: Springer Gabler.
Behrendt, Siegfried (2013). Entlastend und belastend zugleich. Der ökologische Fußabdruck unserer digitalen Medienwelt. In: Gräßer, Lars/Hagedorn, Friedrich (Hrsg.), Medien nachhaltig nutzen. Beiträge zur Medienökologie und zur Medienbildung. München: kopaed, S. 19–30.
Blühdorn, Ingolfur (2020). Die Gesellschaft der Nicht-Nachhaltigkeit. Skizze einer umweltsoziologischen Gegenwartsdiagnose. In: Blühdorn, Ingolfur (2020), Nachhaltige Nicht-Nachhaltigkeit. Warum die ökologische Transformation der Gesellschaft nicht stattfindet. Bielefeld: transcript. S. 83–160.
Böhnisch, Lothar (2020). Sozialpädagogik der Nachhaltigkeit. Eine Einführung. Weinheim/Basel: Beltz Verlag.
Brocchi, Davide (2019). Nachhaltigkeit und Soziale Ungleichheit. Warum es keine Nachhaltigkeit ohne soziale Gerechtigkeit geben kann. Wiesbaden: Springer VS.
Bude, Heinz/Staab, Philipp (2016). Einleitung: Kapitalismus und Ungleichheit – Neue Antworten auf alte Fragen. In: Bude, Heinz/Staab, Philipp (Hrsg.), Kapitalismus und Ungleichheit. Die neuen Verwerfungen. Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag, S. 7–24.
de Haan, Gerhard (2000). Kompetent für die Gestaltung der Zukunft. In: ANU Bayern, Schnittmenge Mensch. Bildung für nachhaltige Entwicklung als neue Lernkultur, Politische Ökologie, Sonderheft 12.
de Haan, Gerhard (2008). Gestaltungskompetenz als Kompetenzkonzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung. In: Bormann, Inka/de Haan, Gerhard (Hrsg.), Kompetenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Operationalisierung, Messung, Rahmenbedingungen, Befunde. Wiesbaden: Springer VS, S. 23–44.
de Haan, Gerhard/Kamp, Georg/Lerch, Achim/Martingnon, Laura/Müller-Christ, Georg/Nutzinger, Hans (2008), Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Grundlagen und schulpraktische Konsequenzen. Berlin/Heidelberg: Springer VS.
Görgen, Benjamin/Wendt, Björn (2015). Nachhaltigkeit als Fortschritt denken. Grundrisse einer soziologisch fundierten Nachhaltigkeitsforschung In: Soziologie und Nachhaltigkeit (SuN). DOI: 10.17879/sun-2015-1443.
Gräßer, Lars/Hagedorn, Friedrich (2013). Warum Medienökologie? Eine Einleitung. In: Gräßer, Lars/Hagedorn, Friedrich (Hrsg.), Medien nachhaltig nutzen. Beiträge zur Medienökologie und zur Medienbildung. München: kopaed, S. 11–18.
Gräßer, Lars/Hagedorn, Friedrich (2013). Medienkompetenz und Medienökologie – Ein Fazit. In: Gräßer, Lars/ Hagedorn, Friedrich (Hrsg.), Medien nachhaltig nutzen. Beiträge zur Medienökologie und zur Medienbildung. München: kopaed, S. 105–109.
Kammerl, Rudolf/Lang-Wojtasik, Gregor (2006). Globales Lernen und Neue Medien. Lernherausforderungen, Bildungsmöglichkeiten und didaktische Arrangements. In: ZEP – Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 29 (6), S. 2–6.
Kropp, Ariane (2019). Grundlagen der nachhaltigen Entwicklung. Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Umsetzung. Wiesbaden: Springer Gabler.
Krotz, Friedrich (2007). Mediatisierung. Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: Springer VS.
Lange, Steffen/Santarius, Tilman (2018). Smarte grüne Welt? Digitalisierung zwischen Überwachung, Konsum und Nachhaltigkeit. München: oekom Verlag.
Michel, Ulrich/Siegmund, Alexander/Ehlers, Manfred/Jahn, Markus/Bittner, Alexander (Hrsg.) (2013). Digitale Medien in der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Potenziale und Grenzen. München: oekom Verlag.
Ottersbach, Markus/Platte, Andrea/Rosen, Lisa (2016). Soziale Ungleichheiten als Herausforderung für inklusiver Bildung. Wiesbaden: Springer VS.
Pufé, Iris (2017). Nachhaltigkeit. Konstanz: UVK.
Vare, Paul/Scott, William (2007). Learning for a Change. Exploring Relationships between Education and Sustainable Development. In: Journal for Education for Sustainable Development, 1 (2), S. 191–198.
Vare, Paul/Scott, William (2008). Education for Sustainable Development. Two sides and an edge. Discussion Paper. DEA. www.tidec.org/sites/default/files/uploads/dea_thinkpiece_vare_scott.pdf
Staab, Philipp (2019). Digitaler Kapitalismus. Markt und Herrschaft in der Ökonomie der Unknappheit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Sühlmann-Faul, Felix/Rammler, Stephan (2018). Der blinde Fleck der Digitalisierung. Wie sich Nachhaltigkeit und digitale Transformation in Einklang bringen lassen. München: oekom Verlag.
von Hauff, Michael (2014). Nachhaltige Entwicklung. Grundlagen und Umsetzung. Oldenburg: de Gruyter.
Wulf, Christoph (2007). Zukunftsfähige Bildung. Frieden, kulturelle Vielfalt und Nachhaltigkeit. In: ZEP – Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 30 (2), S. 2–6.
Zuberbühler, Christa/Weiss, Christine (2017). Nachhaltigkeit (ungleich) Gerechtigkeit. Plädoyer für einen präzisen Nachhaltigkeitsbegriff. München: oekom Verlag.
Georg Peez: Tablets im Schulunterricht. Qualitativ-empirische Begleitforschung zu Lernverhalten und Leistungsmotivation
An einem Gymnasium in Frankfurt am Main wurde die Einführung von Tablets wissenschaftlich begleitet: Qualitative Erhebungen erfolgten mittels teilnehmender Beobachtungen in acht Schulfächern über ein Schuljahr hinweg. Nach einer Codierung des Forschungsmaterials ergaben sich Charakteristika der Interaktion der Beteiligten und des Umgangs mit den Tablet-Computern. Anhand von Protokollpassagen und Fotos aus dem Unterricht wird exemplarisch der Code ‚intrinsisch‘ vorgestellt.
Literatur:
Helmke, Andreas (2015). Unterrichtsqualität und Lehrer-professionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze: Kallmeyer.
Lipowsky, Frank (2007). Was wissen wir über guten Unterricht? Im Fokus: die fachliche Lernentwicklung. In: Becker, Gerold/Feindt, Andreas/Meyer, Hilbert/Rothland, Martin/Stäudel, Lutz/Terha, Ewald (Hrsg.), Friedrich-Jahresheft XXV. Guter Unterricht. Maßstäbe & Merkmale – Wege & Werkzeuge Seelze: Friedrich Verlag, S. 26–30.
Lipowsky, Frank/Hess, Miriam (2019). Warum es manchmal hilfreich sein kann, das Lernen schwerer zu machen – Kognitive Aktivierung und die Kraft des Vergleichens. In: Schöppe, Karola/Schulz, Frank (Hrsg.), Kreativität & Bildung – Nachhaltiges Lernen. München: kopaed, S. 77–132.
Rabenstein, Kerstin/Steinwand, Julia (2016). Praktiken der Differenz(re)produktion im individualisierten Unterricht. In: Rauin, Udo/Herrle, Matthias/Engartner, Tim (Hrsg.), Videoanalysen in der Unterrichtsforschung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa, S. 242–262.
Vollmeyer, Regina/Engeser, Stefan (2005). Tätigkeitsanreize und Flow-Erleben. In: Brunstein, Joachim/Vollmeyer, Regina (Hrsg.), Motivationspsychologie und ihre Anwendung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 59–71.
medienreport
Judith Strohmayer: Jugendhilfe-Navi
Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW (2018). Jugendhilfe-Navi. YouTube-Kanal. Kostenlos.
„Hallo und herzlich willkommen zum Jugendhilfe-Navi, mein Name ist Kok Hung Cheong [...]“, mit diesen Worten leitet der Redakteur des YouTube-Formats Jugendhilfe-Navi seine Videos ein. In einem Büro sitzend oder bei Interviews mit Praktiker*innen widmet er sich in dem Format allen möglichen Fragen rund um das Thema Medien und Jugendhilfe.
Die Palette der behandelten Themen ist weitreichend. Zum einen finden sich auf dem Kanal Erklärvideos, in denen auch immer Pro und Contra der vorgestellten Themen verhandelt werden. Hierzu zählen die kurzen Zusammenfassungen über TikTok, Influencer*innen, Cybermobbing, Instagram und Facebook. Zum anderen bietet das Jugendhilfe-Navi auch Tutorials an, welche in der Praxis umgesetzt werden können. Allein rund um das Thema Let’s play sind fünf Videos verfügbar. Hier finden Pädagog*innen und andere Interessierte Informationen über die notwendige Vorbereitung, Produktion, die Aufnahme und die Nachbereitung. Damit die angesprochenen Inhalte auch weiterhin relevant für die Praxis sind, werden die Zuschauer*innen aufgefordert, Vorschläge für neue Beiträge zu machen. In der Kommentarfunktion der Videos wird diesem Angebot allerdings noch nicht zahlreich nachgekommen.
Mit den Videos wird außerdem versucht, eine Brücke zwischen analogen und digitalen Angeboten zu schlagen, beispielsweise in dem Beitrag ‚Idee für ein digitales & analoges Fußballturnier‘. Dafür wird ein Fußballturnier zwischen den Teilnehmenden auf dem Feld und am Computer oder an der Konsole veranstaltet. Grundlage ist ein Turnierbaum auf Challonge, in welchem die Spieler*innen und die jeweiligen Ergebnisse eingetragen werden. Anschließend erfolgt der Wettbewerb digital und analog. Neben Tipps zur Anwendung in Projekten und Praxis beschäftigt sich das Format mit möglichen Problematiken des Medieneinsatzes in der Jugendarbeit. So stellt sich für Arbeitende in diesem Bereich beispielsweise stets die Frage, welcher Messenger am besten für die Kommunikation mit den Jugendlichen geeignet ist. Denn während WhatsApp der am meisten genutzte weltweit ist, weist dieser Dienst in Bezug auf Datenschutz erhebliche Mängel auf. Diesem Thema widmet sich das Jugendhilfe-Navi und stellt auch gängige Alternativen mit ihren Vor- und Nachteilen vor. Gerade in der Corona-Situation, den damit einhergehenden Schließungen von Jugendzentren und dem Wegfall von Fortbildungen für Fachkräfte kam es zu einem regelrechten Boom von digitalen Angeboten in Sozialen Medien und auf Streaming-Plattformen. Das Jugendhilfe-Navi veröffentlichte deswegen einige Videos, die sich besonders mit der digitalen Jugendarbeit und sicherer Kommunikation beschäftigen. Unter anderem wird darin besprochen, warum Jugendeinrichtungen mehr in Sozialen Medien vertreten sein sollten, welche Potenziale das bietet, wie kreative und partizipative Angebote gestaltet werden können und welche Chancen und Grenzen Streaming bietet. Hierbei wird die Plattform Discord mit ihren Funktionen vorgestellt. Außerdem werden auch wieder verschiedene Gründe für und gegen die Nutzung der Plattform aufgezählt. So ist das kostenlose Kommunikationstool für Jugendliche leicht verständlich und der Zugang zu dem genutzten Raum relativ kontrollierbar. Allerdings stellt auch das Thema Datenschutz bei Discord ein Problem dar.
Zusätzlich zu YouTube bietet das Jugendhilfe-Navi auf Instagram Content, welcher die aktuellen Videos ergänzt. Außerdem werden hier für Fachkräfte partizipative Möglichkeiten geboten, in denen diese beispielsweise ihre Jugendeinrichtungen vorstellen können. Auf der Website des Jugendhilfe-Navis finden sich auch nochmal alle Videos thematisch nach den Inhalten geordnet sowie Verlinkungen zu weiterem Informationsmaterial.Die Videos, welche sich mit der Wahl des richtigen Messengers auseinandersetzen oder die verschiedenen Plattformen der Sozialen Medien erklären, stechen mit besonders hohen Klickzahlen heraus. Hier ist zu sehen, dass diese Fragen die Jugendhilfe besonders beschäftigen. Auch die Vorschläge von Praxisprojekten wie das Gestalten eines Escape-Rooms als Jugendprojekt oder die Anleitung für ein Let’s Play können eine größere Reichweite verzeichnen.
Das Jugendhilfe-Navi versucht mit seinen Beiträgen die Digitalisierung auch in der Jugendhilfe mehr zu verankern. Teilweise wären allerdings etwas umfassendere Videos wünschenswert, damit die Praktiker*innen noch mehr Einblick in die Inhalte bekommen ohne selbst noch weiter recherchieren zu müssen. Die Entwicklung des Formats ist im Laufe der Videos festzustellen. Während zu Beginn des Formats Cheong durch seine sehr bedachte Sprechweise mit einigen Pausen auffiel, führt er jetzt sicher durch seine Videos. Die neueren Beiträge sind inzwischen auch nach Kapiteln geordnet, somit können die Zuschauer*innen Themen, die sie bereits kennen, überspringen und die für sie relevanten Inhalte aussuchen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Jugendhilfe-Navi eine gute Informationsgrundlage für Praktiker*innen bietet, welche in der Jugendhilfe mit Medien arbeiten. Hier werden verschiedene Methoden aufgezeigt, die in der Praxis angewendet oder auch noch weiterentwickelt werden können. Bisher werden monatlich ein bis zwei Videos veröffentlicht. Gefördert wird das Projekt durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Nordrhein-Westfalen.
Jounas Al Maana/Stefanie Neumaier: Kann Medienkompetenz gemessen werden? Der #DigitalCheckNRW im Überblick
Der #DigitalCheckNRW bietet zur Messung der individuellen Medienkompetenz einen Online-Test in Form von sechs Kompetenzbereichen an: Bedienen und Anwenden; Informieren und Recherchieren; Kommunizieren und Kooperieren; Produzieren und Präsentieren; Analysieren und Reflektieren; Problemlösen und Modellieren. Dabei gliedern sich die einzelnen Kompetenzbereiche in je zwei Level. Pro Level gilt es vier Fragen zu beantworten, woraus jeweils bis zu fünf Punkte für den eigenen Medienkompetenz-Score resultieren. Passend zu einzelnen Leveln bietet der #DigitalCheckNRW die Möglichkeit, adäquate Weiterbildungsangebote in der Umgebung bzw. online, zum Beispiel von Volkshochschulen und anderen Anbietern, ausfindig zu machen.
Mit dem Angebot der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) wird versucht, ein Tool bereitzustellen, mit dem eine kritische (Selbst-)Reflexion der eigenen Mediennutzung und den damit einhergehenden Kompetenzen angestrebt wird.
Für den Test spricht zunächst einmal, dass er kostenlos zur Verfügung steht. Ferner lädt ein Trailer durch dessen optisch ansprechende Aufbereitung zur Teilnahme am Check ein. Das farbenfrohe Design des Trailers findet sich in den einzelnen Leveln wieder und ist dabei gepaart mit einer klaren Struktur der Fragen und Antworten. Auch die Details zu den Fragen, welche im Nachgang erscheinen, bieten ein großes Spektrum an Hintergrundwissen und ermöglichen den Nutzer*innen, ihre eigenen Antworten zu überprüfen und so dazuzulernen. Schließlich gilt es hervorzuheben, dass die empfohlenen Weiterbildungsangebote – im Sinne einer digitalen (sozialen) Teilhabe – größtenteils kostenlos angeboten werden. Diese sind sehr spezifisch und bieten so gezielte Weiterbildungsmöglichkeit für die Nutzer*innen an.
Das Ziel ist hoch gesteckt: Das Schaffen einer Plattform, um möglichst viele Menschen zur Selbstreflexion der eigenen Medienkompetenz anzuregen, Defizite aufzuzeigen und konkrete Fördermaßnahmen anzubieten. Hierbei irritiert, dass die Antwortmöglichkeiten auf einzelne Fragen nicht deckungsgleich mit dem Spektrum an möglichen Standpunkten der Befragten sind. Beispielhaft wird bei der Frage nach einer gesunden Gestaltung des Umgangs mit Medien die bedürfnisorientierte Nutzung als Antwortmöglichkeit nicht bedacht. Ferner werden vereinzelt eindimensionale Hinweise gegeben. So wird den Nutzenden bei der gleichen Frage als richtige Antwort nahegelegt, mit Apps wie dem ‚Digitalen Wohlbefinden‘ das eigene Mediennutzungsverhalten zu optimieren. Bei dieser App geht es darum, die Häufigkeit und Nutzungslänge von Apps auszuwerten und wenn möglich, einzuschränken. Gerade medienpädagogische Fachkräfte wissen jedoch, dass ein rein quantifizierender Blick eine verkürzte Betrachtung dieser Materie darstellt.
Es wird dennoch versucht, das komplexe Konstrukt des (Medien-)Kompetenzbegriffs in verschiedenen Facetten für die Nutzer*innen greifbar zu machen. Am Ende jeder Einheit wird ein Punktescore angegeben. Durch dieses Punktesystem wird einerseits ein Anreiz geschaffen, sich verbessern zu können. Andererseits bleibt es schwierig, Medienkompetenz eindeutig mit einem Punktescore zu bewerten, da keinerlei Trennschärfe dahingehend besteht, was ein Punkt mehr oder weniger wirklich aussagt. Ferner kann auf der Metaebene konstatiert werden, dass es bei einem derart vielseitigen Konstrukt, wie dem der Medienkompetenz, nichts auf Grundlage einer einheitlichen Definition zu messen gibt.
Insgesamt ist der #DigitalCheckNRW eine Plattform, die das Potenzial hat, viele Menschen zu erreichen und ihnen die Möglichkeit zur Reflexion ihrer Mediennutzung und -kompetenz zu ermöglichen. Außerdem können so zahlreiche Angebote zur medienpädagogischen Fort- und Weiterbildung spezifisch verbreitet und wahrgenommen werden.
Die GMK wurde von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit dem #DigitalCheckNRW beauftragt. Ausschlaggebend war die Digitalstrategie des Bundeslandes. Den Grundstein für den Test bildet der für Schulen konzipierte ‚Medienkompetenzrahmen Nordrhein-Westfalen‘. Um lebensbegleitendes Lernen zu unterstützen, wurde dieser nun für Erwachsene ausgeweitet.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Jounas Al Maana, Stefanie Neumaier
Beitrag als PDFEinzelansichtSebastian Hirschbeck/Dominik Joachim: Gamescom digital. Innovativ mit Startschwierigkeiten
„Hello and welcome to the Gamescom Opening Night Live 2020 Preshow“, so wurden am 27. August gegen 17:30 Uhr die Besucher*innen zur Eröffnung der Gamescom begrüßt. Anders als die letzten Jahre nicht auf dem Messegelände in Köln, sondern zuhause vor ihren Computern.
Denn wie viele andere Veranstaltungen im Jahr 2020 konnte die Gamescom nicht als Präsenzveranstaltung realisiert werden. Statt sich also zusammen mit etwa 300.000 Besucher*innen durch die Messehallen zu drängen und die neuesten Spiele auszuprobieren, saß man vor einem eigenen Endgerät und hörte sich an, was die Entwickler*innen dieses Jahr zu präsentieren hatten.
Spieleankündigungen
Im Bereich der AAA-Titel wurden den Zuschauer*innen dieses Jahr nur wenige Neuerscheinungen präsentiert. Dafür warteten die Entwickler*innen mit einer Vielzahl an Fortsetzungen bereits bekannter Spielereihen auf.
So wurde der erste Next-Gen-Konsolentitel für die kommende Playstation 5 mit Ratchet & Clank: Rift Apart angekündigt und die ersten Einblicke in das Spiel selbst gezeigt. Die Spielereihe unter dem Publisher Sony Computer Entertainment ist seit dem ersten Titel aus dem Jahre 2002 ein Kaufargument für die hauseigene Spielekonsole Playstation. Das klassische ‚Jump and Run‘-Abenteuer beschränkt sich diesmal nicht auf eine Welt. Spieler*innen kämpfen sich nun durch eine abwechslungsreiche Umgebung und nutzen erstmals Portale, um die Regeln von Zeit und Raum zu ihren Gunsten zu brechen.
Auch Activision Blizzard machte mit der Ankündigung der neuesten Erweiterung für das Gamescom MMORPG World of Warcraft deutlich, dass dieses Spielgenre seit 16 Jahren nach wie vor Millionen Fans begeistern kann. Für die kommende Erweiterung World of Warcraft: Shadowlands wurde das Erscheinungsdatum angekündigt, auf welches Spieler*innen bereits seit Monaten warten. Am 27. Oktober 2020 dürfen sich dann alle Spieler*innen in das Reich des Todes wagen.
Von der legendären Spieleschmiede Gearbox Software, welche Titel wie Half-Life, die Borderlands-Reihe oder auch Duke Nukem entwickelte, gab es Einblicke in den neu angekündigten Titel Godfall, welcher Ende 2020 für Windows PCs und Playstation 5 erscheinen wird. Godfall ist ein ‚action role-playing game‘ in einem Fantasy-Setting. Die Spieler*innen bekämpfen mit einem dynamischen Kampfsystem ihre Gegner*innen, um die Welt vor dem Untergang zu retten.
Zudem wurden zahlreiche Spiele angekündigt, welche aktiv auf Virtual Reality ausgerichtet sind. Dabei sind erstmals auch Fortsetzungen bekannter Spielereihen zu finden, wie der Flight Simulator von Microsoft, bei dem die Spielenden in die Rolle von Pilot*innen schlüpfen, um unter realistischen Bedingungen alle nur erdenklichen Arten von Flugobjekten zu steuern. Neu dabei ist, dass sämtliche Bedienelemente den Spielenden nicht mehr nur per Knopfdruck, sondern nun auch visuell zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Virtual-Reality-Titel wurde mit Medal of Honor: Above and Beyond angekündigt, bei dem Spieler*innen die Rolle eines Soldaten im Zweiten Weltkrieg übernehmen. Durch die aktive Ausrichtung auf Virtual Reality werden die gezeigten Szenarien noch dramatischer und realistischer als man es von dem Urgestein des Shooter-Genres (Ersterscheinung: Medal of Honor 1999) ohnehin gewohnt ist.
Gamescom – alles digital
Anstelle einer Erkundungstour durch die Hallen, bei der sich die Besucher*innen genau aussuchen können, was sie sehen möchten, wurden sie dieses Mal von einer freundlichen und lustigen Moderator*innen-Crew durch das Programm geführt. Es entstand weniger der Charakter eines Städtetrips in eine Spielestadt, als vielmehr der einer Rundtour durch eben jene.
Dies hatte viele Vorteile. Die schiere Masse an Ständen auf der Gamescom führt fast immer dazu, dass Dinge übersehen und nicht entsprechend gewürdigt werden. Zudem sind die Laufwege durch die rund 200.000 Quadratmeter großen Hallen entsprechend lang, und man ‚verliert‘ viel Zeit dabei, sich von einer Halle in die nächste durch die Menschenmassen zu quetschen.
Allerdings büßt diese Art der Veranstaltung den Reiz des selbst Entdeckens ein. Zwar wurden die großen Ankündigungen so häufig wiederholt, dass es nahezu unmöglich war, sie zu verpassen, gerade im Bereich der Indie-Games wurde aber nur ein Ausschnitt der Szene gezeigt. Zudem konnten sämtliche Spiele nur anhand von Trailern oder kurzen Spielausschnitten vorgestellt werden, das ‚Vorab-Testen‘ entfiel gänzlich.
Zusätzlich hatten die Livestreams häufig Verbindungsprobleme, wodurch es schwierig war, dem Programm zu folgen. Die Internetverbindung der Veranstalter war nicht auf die Massen an Zuschauenden ausgelegt (zum Beispiel ca. 2 Millionen Zuschauer*innen für die Eröffnungs-Show ‚Opening Night Live‘; Quelle: gamescom.de), was immer wieder zu technischen Problemen führte. Das Konzept der Livestreams war dabei nicht auf einen Kanal beschränkt. Neben dem Hauptkanal gab es zusätzlich themenbasierte Kanäle, zum Beispiel für Cosplay oder Retro-Games.
Insgesamt wurden aber nicht nur die neusten Games und Erweiterungen angekündigt. Wie bereits in den Jahren davor gab es Gespräche mit den jeweiligen Entwickler*innen rund um ihre Games, von der Entwicklung bis hin zu Hintergründen und Erzählungen zur Entstehung. Begleitet wurden diese von Talks zu verschiedensten Themen aus dem Gaming-Bereich, wie zum Beispiel der Talk über ‚toxisches Gaming‘, welcher neben einer Streamerin, die direkten Kontakt mit einer jungen Zielgruppe hat, auch mit einem Cyber-Kriminologen geführt wurde.Insgesamt war der Gamescom-Besuch dieses Jahr ungewohnt, doch obwohl der direkte Kontakt zu anderen Besucher*innen fehlte, mangelte es durch den aktiven Livestream-Chat nicht an Interaktion. Die Probleme, welche durch die Umstellung auf ein Digitalkonzept entstanden sind, erübrigten sich innerhalb der Gamescom weitestgehend wieder.
Beitrag aus Heft »2020/05 Ethik und KI«
Autor: Sebastian Hirschbeck, Dominik Joachim
Beitrag als PDFEinzelansichtKati Struckmeyer: Futurium Berlin. Ein Museum zur Entdeckung möglicher ‚Zukünfte‘
Futurium Berlin. Alexanderufer 2, 10117 Berlin. www.futurium.de. Kostenloser Eintritt.
„Wie wollen wir leben?“ Dieser zentralen Frage unserer Gegenwart und Zukunft können Besucher*innen des Futuriums in Berlin seit rund einem Jahr nachgehen. In der Ausstellung sollen mögliche Zukünfte entdeckt, im Forum gemeinsam diskutiert und im Futurium Lab eigene Ideen ausprobiert werden. Das Futurium soll somit Museum, Bühne und Forum für offene Fragen der Zukunft sein. Als Veranstaltungs- und Ausstellungszentrum will das Futurium interessierte Besucher*innen über aktuelle und künftige Entwicklungen aus Wissenschaft, Forschung und Gesellschaft informieren.
Architektur
Bereits das Gebäude, malerisch am Spreebogen gelegen und in der Nähe wichtiger politischer und wirtschaftlicher Orte Berlins, mutet futuristisch an und stimmt auf den Besuch ein. Der Grundriss des Futuriums ist ein unregelmäßiges Fünfeck, der so wie das Gebäude von dem Berliner Architektenduo Christoph Richter und Jan Musikowski entworfen wurde. Steht man davor, stellt sich schnell eine Assoziation zu einem Raumschiff ein, das gerade gelandet ist. Betritt man das Futurium, geht die Reise in die Zukunft weiter. Während das lichte Foyer einer Fahrt durch die Wolken gleichkommt, muten die obere Etage mit der Ausstellung und die untere Etage mit dem Lab durch die andere Beleuchtung eher wie Black Boxes an.
Ausstellung
In einer zentralen, sich immer weiter verändernden Ausstellung werden aktuelle gesellschaftliche Fragen behandelt, so zum Beispiel die Frage nachhaltiger Energiewirtschaft, nach einem Zusammenleben von Mensch und Roboter und anderen, die Zukunft bestimmende Fragen. Alle Informationen sind dabei grundlegend vom Konzept des Anthropozäns beeinflusst, also dem Zeitabschnitt, in dem der Mensch zum wichtigsten Einflussfaktor auf biologische, geologische und atmosphärische Prozesse der Erde geworden ist. In diesem Konzept hängen Mensch, Technik und Natur nicht nur zusammen, sondern müssen auch zusammen gedacht werden. Somit gibt es statt einer mehrere, unterschiedlich denkbare ‚Zukünfte‘. Die Besucher*innen des Futuriums sollen durch das Ausprobieren verschiedener Prozesse ein Bewusstsein dafür bekommen, dass Zukunft gestaltbar ist – durch ihren Einfluss. Dem Auftrag, Wissen zu generieren und zu verhandeln, wie diese ‚Zukünfte‘ aussehen können, kommt das Futurium in einem breiten Spektrum nach. Hands on – auch mit Hilfe digitaler Technologie – ist ein zentrales Prinzip des Vermittlungskonzepts. Interaktive Installationen, diverse Sensoren und ungewöhnliche Steuerelemente gestatten verschiedene Zugriffe auf Wissen. Die Besucher*innen erhalten am Eingang zudem ein Armband mit RFID-Chip, mit dem sie an ausgewählten Stationen individuell interagieren können, Zusatzwissen abrufen oder für die spätere Vertiefung im Web speichern können.
Futurium Lab
Inspiriert durch die Ausstellung kann es, angekommen im Futurium Lab, ans Experimentieren gehen. Es können zum Beispiel eigene Prototypen entwickelt oder die Funktionsweise eines 3D-Druckers ausprobiert werden. Wer auch kulinarisch experimentierfreudig ist, kann in der Versuchsküche ausprobieren, ob Insekten die Nahrung der Wahl von morgen sind. Auch ein Medienlabor und eine Werkstatt stehen für die Ideen der Gäste bereit. Interaktive und künstlerische Installationen machen komplexe Technologie nachvollziehbar und erlebbar, zum Beispiel die Rolle künstlicher Intelligenz im Kontext von Malerei oder digitale Technologie für Wahlen. Aufgrund von Corona finden begleitende Workshops und Seminare gerade nur digital statt, das Programm kann man sich auf der Website www.futurium.de ansehen.
Skywalk
Will man sich zwischendrin einmal durchlüften, um die vielen Eindrücke zu verarbeiten, ist ein Spaziergang über das Dach des Gebäudes empfehlenswert. Abgesehen von einmaligen Blicken auf Berlin überzeugt hier auch das Konzept der nachhaltigen Energiegewinnung. Das Dach des Futuriums ist großflächig mit Solar- und Photovoltaik-Modulen bestückt, die man beim Skywalk genau betrachten kann. Um die Sonnenwärme und hausinterne Energiegewinne für den Betrieb des Gebäudes nutzbar zu machen, wurde auch ein neuartiger Hybridspeicher eingesetzt, so dass das Gebäude dem Standard eines Niedrigst-Energiehauses entspricht.Insgesamt lohnt sich der Besuch des Futuriums für alle Technik- und Zukunftsinteressierten, sowie jede*n, die*der sich – auch im Rahmen von Ethik und KI – mit der eigenen Rolle in der Gestaltung der möglichen ‚Zukünfte‘ beschäftigt.
Das Futurium ist eine Projektinitiative wissenschaftlicher Einrichtungen und Netzwerke mehrerer Wirtschaftsunternehmen und Stiftungen sowie der deutschen Bundesregierung in Berlin, Träger ist die gemeinnützige Einrichtung Futurium gGmbH.
publikationen
Heinrike Paulus: Medien in der Grundschule
Kulcke, Gesine (2020). Kinder. Medien. Kontrolle. Vorstellungen von Lehramtsstudent*innen über den Umgang mit Medien in der Grundschule. Bielefeld: transcript. 332 S., 40,00 €.
Mit dem von den Kultusministerien anlässlich der Corona-Pandemie auferlegten Home-Schooling und Distance Learning wurden Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und Bildungspolitiker*innen schneller ins kalte Wasser der Digitalisierung geworfen, als gedacht. Einige von ihnen reagierten darauf mit großem Engagement, andere wurden davon bisweilen nicht nur überrascht, sondern fühlten sich sogar überfordert, aus der Ferne das Unterrichtsgeschehen aufrecht erhalten zu müssen. Viele Schulen waren für ‚Distance Schooling‘ (vgl. merz 3/2020, S. 70–75) kaum gerüstet und schienen noch nicht im digitalen 21. Jahrhundert angekommen. Dabei beschlossen Bundesregierung und Bundestag bereits 2018 den ‚DigitalPakt Schule‘in einem Umfang von fünf Milliarden Euro. 2019 trat er in Kraft. Doch bis jetzt geht die digitale Ausstattung etwa mit Tablets oder Laptops für zukunftsorientiertes Lernen nur schleppend voran. Noch immer gehört es zum Alltag vieler Schulen, dass sie Schüler*innen und Lehrer*innen nicht oder nur begrenzt die notwendigen Endgeräte bereitstellen können und es zudem keinen Internetzugang in den Klassenzimmern gibt. Hätte, könnte, wäre – ist Alltag an vielen deutschen Schulen und frustriert Lehrkräfte und Schüler*innen, die sich mit solchen Arbeits- und Lernbedingungen konfrontiert sehen, gleichermaßen. Doch mit der Geräteausstattung allein ist es nicht getan. Lehrer*innen benötigen darüber hinaus fundierte Aus- und Fortbildungen, um die digitalen Endgeräte mit all ihren Möglichkeiten effektiv für die Unterrichtsgestaltung zu nutzen. Ein dringender Nachholbedarf ist bei ihnen also in Sachen Medienkompetenz zu monieren. Dabei kommen drängende Fragen mit Blick auf die Zukunft auf: Sind angehende Lehrer*innen mit den digitalen Medien gut vertraut? Welche Vorstellungen haben sie von der Mediennutzung ihrer Schüler*innen? Gesine Kulcke, derzeit akademische Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg, analysiert in ihrer elf Kapitel umfassenden empirischen Forschungsarbeit Kinder. Medien. Kontrolle. aus Gruppendiskussionen eruierte Ansichten zum ‚Lernen mit, durch und über Medien‘ von Student*innen des Lehramts an Grundschulen. Gerade in dieser Schulart gilt der Einsatz von Medien als Herausforderung. Ausgangspunkt für Kulcke ist der von Rudolf Kammerl konstatierte „Teufelskreis fehlender Medienbildung“, wonach „fehlende Medienkompetenzen bei Schüler*innen auf fehlende Medienkompetenzen und fehlende medienpädagogische Kompetenzen von Lehrer*innen zurückzuführen sind“. Weiter geht der Ansatz davon aus, dass „Lehramtsstudent*innen ihr Studium aufnehmen, ohne hierfür ausreichende Medienkompetenzen entwickelt zu haben.“ Angehende (Grundschul-)Lehrer*innen sollen sich daher in ihrem Studium technisches, gesellschaftliches, politisches und ökonomisches Wissen rund um die Digitalisierung aneignen, um so Lernprozesse initiieren sowie gestalten zu können. Kulcke beschreibt fundiert und ausführlich Methodologie, Methode und Durchführung ihrer empirischen Studie für die sie die Dokumentarische Methode gewählt hat. Daten hat sie in elf Gruppendiskussionen erhoben und mit Hilfe von formulierender und reflektierender Interpretation ausgewertet. Die 40 Student*innen der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Alter zwischen 19 und 38 Jahren tauschten sich im Wintersemester 2014/15 sowie Sommersemester 2015 über Erfahrungen aus, die sie in Schulpraktika sammeln konnten. Kulcke geht es in ihrer Arbeit nicht darum „einzelne Positionen von Student*innen herauszuarbeiten, sondern ein Feld zu beschreiben.“ Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Student*innen das ‚Lernen mit, durch und über digitale Medien‘ vor allem auf „die Aufgabe reduzieren, die Mediennutzung von Kindern zu dosieren und zu kontrollieren [...]“. Ebenso lassen die Gruppendiskussionen eine große Abwehrhaltung der Studierenden gegenüber Medien erkennen. So betrachten sie es beispielsweise als problematisch, wenn Schüler*innen von ihren Erfahrungen und Erlebnissen mit Medien im Unterricht erzählen, da dies andere Kinder in ihrer Unschuld bedrohen könne (S. 205). Darüber hinaus gehen sie davon aus, dass die Medienkompetenz eines Kindes zu einem Kontrollverlust der Lehrkraft führe, die nicht nur befürchten müsse, weniger zu wissen und zu können, als das Kind, sondern von diesem vorgeführt werde (S. 211). Die Einordnung der empirischen Ergebnisse verdeutlicht diese Defensivhaltung: „So werden digitale Medien von den Student*innen, mit denen ich für meine Arbeit gesprochen haben, nicht nur abgewehrt, weil die Student*innen ein Problem damit haben, sich von didaktischen Prinzipien zu lösen, sondern weil sie digitale Medien insgesamt als für Schule bzw. ihre zukünftige Rolle als Lehrer*innen bedrohend wahrnehmen“ (S. 269). Diese Aussage ist aus medienpädagogischer Sicht besorgniserregend. Kulcke beschreibt in ihrem Abschlusskapitel nur vage, wie diese „Überforderungskreisläufe“ in ihren Augen durchbrochen werden könnten: „Im Studium sind digitale Medien daher nicht nur bezüglich ihrer möglichen Effekte auf Lernprozesse in den Blick zu nehmen, sondern es sind die Bildungs- und Subjektivierungsprozesse selbst aufzugreifen.“Auch wenn niemand über eine Glaskugel verfügt, kann sicherlich dennoch prophezeit werden, dass digitale und computerisierte Medien definitiv im Alltags- und Berufsleben zukünftiger Generationen eine entscheidende Rolle spielen werden. Aufgabe von Akteur*innen der Lehrer*innenbildung ist es deshalb, mehr denn je, angehende Lehrer*innen zu animieren und an sie zu appellieren, sich auf die digitalen Medien einzulassen. Nur so können sie lernen, Medien mit ihren Vorzügen und Nachteilen einzuordnen. Eine weitere Forderung, die sich aus der Lektüre ableiten lässt, ist sicherlich, dass die Curricula von Pädagogischen Hochschulen und Universitäten medienpädagogische Inhalte noch umfangreicher berücksichtigen müssen als bisher, und diese nicht nur vor allem auf freiwillige Erweiterungsstudiengänge beschränkt bleiben dürfen. Denn zum Allgemeinwissen gehört für Lehrer*innen im 21. Jahrhundert auch das Wissen über, der Umgang mit und die Reflexion über Medien – ob für Distance Learning oder den vertrauten Präsenzunterricht.
Heinrike Paulus: Gemeinsam einsam?
Goldhorn, Marius (2020). Park. Berlin: edition suhrkamp. 179 S., 14,00 €.
Arnold lebt in Berlin, ist Mitte zwanzig, Student, liest gerne Gedichte und versucht sich selbst als Dichter 2.0. Er ist der Protagonist in Marius Goldhorns nüchternem post-postmodernen Liebesroman Park. In seinem Leben verschwimmen die Sphären online und offline. Als Digital Native sowie Smartphone- und Internet-Junkie lebt er in einer Internet-Blase aus Wikipedia-Einträgen, QR-Codes, Google-Maps-Touren und Yoga-Videos. Binnen eines Tages prasselt auf ihn eine Flut an Nachrichten ein: über Terroranschläge, in Portugal wütende Waldbrände oder abgestürzte Flugzeuge, doch nichts davon scheint wirklich zu ihm vorzudringen. Zum Zeitvertreib liest er alte Chatverläufe seiner Nachrichten-App, E-Mails von Ex- und Nicht-Geliebten oder schreibt gleich welche an sich selbst. Smartphone und Laptop sind bei ihm im Dauereinsatz.
Auf einer Party trifft er Filmemacherin Odile. Um einem Date auf die Sprünge zu helfen, fotografiert er das Klingelschild des Wohnhauses und durchpflügt so lange die Suchmaschine, bis er Odile per Mail anschreiben kann. Sein Plan geht auf: „Ein halbes Jahr lang aßen sie morgens Brote. Sie aßen abends in billigen Restaurants. [...] Sie lagen mit ihren MacBooks nebeneinander, jeder schaute irgendwas. [...] Sie sahen Systeme stürzen. Sie gingen in den Park.“ Meist scheint es, als scrollten die beiden Liebenden aneinander vorbei. Dann geht Odile nach London. Ihre Beziehung wird zu einer Liaison auf Distanz – räumlich und zeitlich. Da vergehen schon einmal mehr als sechs Monate zwischen den Kontaktaufnahmen, was in gewisser Weise in ein Beinahe-Ghosting mündet. Weil Arnold trotzdem alle Hoffnung in Odile legt, reist er von Berlin über Paris nach Athen zu ihr. Selbst Gemeinsam einsam?während des lange erwarteten Wiedersehens sind Smartphone und Computer-Display allgegenwärtig. Sie sind Dingsymbol für den Normalzustand des Immer-auf-Empfang-Seins. Doch mit einem gedruckten Ausstellungskatalog ist es schließlich ein nicht-digitales Medium, das dem Roman eine spannende Wendung verleiht. Was das bei Arnold auslöst, muss jede*r Leser*in selbst für sich beantworten. Anfang der 1990er geboren, schwimmt Autor Marius Goldhorn, der selbst zur Digital-Native-Generation gehört, mit seiner einfachen Sprache sowie seinem eigenwilligen Humor gegen den literarischen Mainstream. Das macht seinen Debütroman so außergewöhnlich, der eine gelungene Charakterisierung der Mediengesellschaft ist, zu der wir alle gehören. Weil eine andersartige literarische Sichtweise darauf eröffnet wird, lohnt sich die Lektüre daher für all jene, die beruflich oder im Studium mit dem Thema (digitale) Medien befasst sind. Das Buch ist zudem für Medienpädagog*innen und Lehrer*innen ein guter Anlass, um mit Jugendlichen (etwa ab 16 Jahren / 9. Jahrgangsstufe) ins Gespräch zu kommen, zum Beispiel über ihre Vorstellungen vom Leben, der Liebe, der Zukunft, was Smartphone und Social Media ihnen bedeuten oder die eigene Medienbiographie. Der 180-seitige Roman verdeutlicht mit seinen vier Kapiteln, dass unsere Welt digitaler ist, als wir weithin annehmen, vielleicht weil so manches schon Alltagsroutine ist: Sei es das Zusammenrollen der Kopfhörer-Kabel oder der Blick auf das leuchtende Display – Park ist voll davon.
Kati Struckmeyer: Agarwala, Anant (2020). Das Integrationsexperiment. Flüchtlinge an der Schule – eine Bilanz nach fünf Jahren. Berlin: Dudenverlag. 127 S., 15,50 €.
Die Publikation widmet sich der großen Frage: Haben die Schu-len es geschafft? Es geht um das ‚Bildungsschicksal‘ der circa 300.000 Kinder und Jugendlichen, die 2015 Deutschland und damit auch seine Schulen erreichten. Da niemand darauf vorbereitet war, gab es kein großes Konzept, sondern jede Schule experimentierte für sich, und kam somit auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bildungsjournalist Agarwala hat genau hingeschaut und liefert damit einen spannenden Einblick in unser Bildungssystem. Schnell wird klar, dass jedes Schicksal ein individuelles ist und einiges der Bildungskarrieren der Heranwachsenden davon abhing, wann sie wo gelandet sind und wie die ersten Monate sich gestaltet haben. Dabei weist Agarwala vor allem auf den Missstand hin, dass die Geflüchteten zu oft in sogenannten Brennpunktschulen gelandet seien, in denen der Anteil der Heranwachsenden mit Migrationshintergrund besonders hoch war und die meisten aus „sozial schwachen Milieus“ kamen. Ein weiterer Missstand sei das „Abschulen“ der Heranwachsenden wegen fehlender Sprachkenntnisse, obwohl dies sogar den Schulgesetzen widerspreche. Aber die Auf gabe, herauszufinden, was die Geflüchteten wirklich konnten, abseits der Sprachkenntnisse, wurde laut Agarwala fast überall sträflich vernachlässigt. Aktionen wie die Potenzialanalyse 2P (Potenzial und Perspektive), die z.B. von Baden-Württemberg schon 2016 eingeführt wurde, seien leider weiterhin die Ausnahmen. Das führte dazu, dass in vielen Übergangs- bzw. Vorbereitungsklassen regelmäßig 16-jährige Analphabet*innen neben 12-jährigen Gymnasiast*innen säßen. Agarwala geht immer wieder auf individuelle Schicksale ein, berührende Geschichten, die vor allem eines verdeutlichen: Ob Integration und Bildungskarriere in Deutschland gelingen, hängt von individuellen Faktoren ab (den Schüler*innen selbst, den Lehrer*innen, den Schulleitungen, Ehrenamtlichen ...), und nicht von einem funktionierenden System. „Das Integrationsexperiment wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, die Lehrerzimmer der Republik in einer überfälligen, konzentrierten Fortbildungsoffensive nach bindenden Standards für die Einwanderungsgesellschaft fit zu machen. Man hat sie verstreichen lassen.“ (S. 119)
Jerome Wohlfarth: Brenne, Andreas/Brönnecke, Katharina/Roßkopf, Claudia (Hrsg.) (2020). Auftrag Kunst. Zur politischen Dimension der kulturellen Bildung. München: kopaed Verlag. 194 S., 18,80 €.
Für viele Menschen hat Kunst vor allem eine ästhetische Dimension, die als Spiegel unserer Kultur gesehen werden kann. Dabei kann Kunst darüber hinaus auch politische Formen annehmen, die essenziell für die kulturelle Bildung sind. Die neunte Tagung des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung setzte sich dezidiert und multiperspektivisch mit den vielschichtigen Beziehungen zwischen kultureller Bildung und ihren politischen Dimensionen auseinander.
In diesem Tagungsband werden die Beiträge der Referent*innen aus den verschiedenen Disziplinen der kulturellen und der politischen Bildung sowie der Kunstbildung zum ersten Mal publiziert, um den Diskurs der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hierbei werden Ideen aufgezeigt, wie Kunst ein Instrument für die dialektische Verknüpfung von Politik und Kultur sein kann. So können etwa rassismuskritische Perspektiven in unsere Migrationskultur eingearbeitet oder versucht werden, regionalen Benachteiligungen durch neue Ansätze von kultureller Bildung entgegenzuwirken. Darüber hinaus werden Fragen nach den Erwartungen, Versprechungen und nach dem Verhältnis von Kultureller Bildung und Politik verhandelt. Es geht dabei um Grundsätzliches, aber auch um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Praxistransfer.
Das Buch richtet sich an Studierende, die Kunst- und Kulturbildung in ihrer Praxis der Erziehungswissenschaften, der Sozialen Arbeit, der Politik oder der Kunstwissenschaften einsetzen möchten. Ebenso geeignet ist der Band für bereits im Feld Praktizierende, die ihre politische Bildung durch kulturelle Elemente zugänglicher gestalten wollen oder auch umgekehrt für Personen, die ihren kulturellen Beiträgen mehr politische Tiefe verleihen möchten.
Jerome Wohlfarth: Dander et al. (Hrsg.) (2020). Digitalisierung – Subjekt – Bildung. Kritische Betrachtungen der digitalen Transformation. Leverkusen/Opladen: Verlag Barbara Budrich. 276 S., 29,90 €.
Jerome Wohlfarth: Dander, Valentin/Bettinger, Patrick/Ferraro, Estella/Leineweber, Christian/Rummler, Klaus (Hrsg.) (2020). Digitalisierung – Subjekt – Bildung. Kritische Betrachtungen der digitalen Transformation. Leverkusen/Opladen: Verlag Barbara Budrich. 276 S., 29,90 €.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bezeichnet die Digitalisierung als unaufhaltsam, revolutionär, tiefgreifend und chancenreich. Eine kritische Betrachtung ist dennoch nötig. Diese erfolgt durch die Autor*innen von Digitalisierung – Subjekt – Bildung. Die Vertreter*innen aus Medienpädagogik, Bildungsforschung, Erziehungs- sowie Medienwissenschaft problematisieren in ihren Beiträgen die Tendenzen der ökonomistischen und technizistischen Vereinnahmung und beschreiben widerständige Praktiken. Der Band versammelt kritische Perspektiven auf digitale Transformationen und die diesen zugrunde liegenden Mechanismen wie die Kommerzialisierung, Quantifizierung und Algorithmisierung. So werden die mit digitalen Medien in neuartiger und umfassender Form realisierbaren Kontroll- und Herrschaftsmechanismen problematisiert. Mit ‚Digitalisierung‘ ist in der Publikation stets ein diffuser Meta-Prozess gemeint, der Bildung, Kultur, Welt und Gesellschaft betrifft. Die Publikation von Dander et al. ist für diejenigen interessant, die sich mit Digitalisierung auf vielen verschiedenen Ebenen auseinandersetzen möchten. Die Bandbreite reicht von den Möglichkeiten von Let’s-Play-Videos über digitale Bildung, die Herausforderungen durch Fake News bis hin zu Cyberfeminismus. Die Beiträge sind dabei sowohl auf einem hohen fachlichen Niveau als auch gut lesbar gehalten.
Jounas Al Maana: Peterlini, Hans Karl/Donlic, Jasmin (Hrsg.) (2020). Jahrbuch Migration und Gesellschaft 2019/2020. Digitale Medien. Bielefeld: transcript. 169 S., 25,00 €.
Der Band ermöglicht einen breiten Blick auf Migration, Gesellschaft und Medien. Angefangen wird bei virtueller Migration durch die Digitalisierung der Arbeitswelt und globalen Arbeitsplätzen, die von überall bedient werden können. Dann wird der Bogen gespannt bis hin zu transnationalen Lebensrealitäten und der Bedeutung von digitaler Vernetzung in der Lebenswelt von Migrant*innen. Dabei geht es sowohl um kulturelle Auseinandersetzungen, als auch digitale Medien als Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Diese Transnationalität bietet der Mediengestaltung eine Bereicherung an diversen Perspektiven für Film, Fernsehen und Theater. Neben theoretischen Auseinandersetzungen mit Medien und Macht werden auch konkrete Studien, zum Beispiel zur Mediennutzung junger Geflüchteter, mitdiskutiert. Auch auf die Bedeutung des Darknets in Verbindung mit Flucht und Lebensrealitäten in Ländern ohne freie Presse wird eingegangen. Zudem werden Spielfilme beleuchtet, in denen die Motive Migration, Flucht und Zugehörigkeit aufgegriffen werden. Anhand mehrerer Filme werden diese Motive diskutiert und Chancen und Risiken von Filmen in Bezug auf mediale Repräsentation beleuchtet. Dies alles geschieht mit der Aufforderung, mediale Konstruktionen im pädagogischen Kontext immer wieder kritisch zu thematisieren. Insgesamt bringt die Publikation unterschiedliche Facetten des Bereichs digitaler Medien und Migration zusammen. Durch die Berücksichtigung transnationaler Perspektiven werden Räume aufgezeigt, die nationale Hegemonien überschreiten und somit auch den Raum für Handlungsmöglichkeiten erweitern.
Judith Strohmayer: Ponce Kärgel, Marco (2020). Hörspiel und Podcast selber machen für dummies junior. Weinheim: WILEY-VCH Verlag GmbH. 192 S., 16,00 €.
Alles, was für eine Hörspiel- oder Podcastproduktion benötigt wird, ist ein Laptop. Und natürlich auch ein gewisses Maß an Kreativität, damit die Produktion interessant wird. Ist beides vorhanden, kann mit Hilfe der neuesten Publikation von Marco Ponce Kärgel ein Hörspiel beziehungsweise ein Podcast selber produziert werden kann. Sein Buch richtet sich dabei an Kinder ab zehn Jahren und ist dementsprechend auch sehr verständlich geschrieben. Wie jede gute Geschichte muss für ein Hörspiel zuerst eine Idee gefunden werden. Hierfür werden verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen. So können sich die Kinder natürlich eine eigene Geschichte ausdenken, eine bereits bekannte Erzählung neu interpretieren oder eigene Erlebnisse verschriftlichen oder vertonen. Außerdem lernen die zukünftigen Hörspielproduzent*innen, inwiefern bestimmte Geräusche den Gesamteindruck einer Szene abrunden. Beispielsweise kann das Essen eines Apfels anhand von Öffnen und Schließen des Kühlschranks, dem Hinsetzen auf einen Stuhl, dem Schälen des Apfels und schließlich mit Essgeräuschen, dem Publikum hörbar gemacht werden. Nach der Fertigstellung der Geschichte kann mit der Aufnahme begonnen werden. Hierfür wird verschiedenes technisches Equipment vorgestellt, welches einen professionelleren Sound erzeugen kann. Für die Vertonung der Geschichte wird die kostenlose Software Audacity empfohlen. Anhand von vielen Bildern und schrittweisen Erklärungen leitet die Publikation durch das Programm und somit zu den ersten Aufnahmen und der anschließenden Bearbeitung und Fertigstellung. Im letzten Kapitel des Buches erfahren Interessierte noch, wie sie ihre eigenen Beiträge auf Podomatic veröffentlichen können. Wieder werden die Produzierenden Schritt für Schritt mit der Internetseite vertraut gemacht und lernen dadurch, wie sie ihre Hörspiele oder Podcasts veröffentlichen können. Ein Stichwortverzeichnis ermöglicht, wichtige Begriffe nochmals nachzuschlagen. Außerdem finden sich zwischen den Erklärungen zusätzliches Hintergrundwissen, Erinnerungen oder der Hinweis auf bereits erwähnte Inhalte beziehungsweise auf eine notwendige erhöhte Aufmerksamkeit an dieser Stelle. Ponce Kärgel hat als Musiker, Tontechniker und Medienpädagoge schon viel Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt, was in seiner Publikation auch zum Ausdruck kommt. Die vielfache Bebilderung und umfassende Einführung in die Produktion von Tondokumenten ermöglicht es Anfänger*innen, leicht Zugang zu diesem Gebiet zu finden und letztlich eigene Beiträge zu erstellen. Auch Schulen können das Buch für medienpädagogische Projekte nutzen.
Judith Strohmayer: Trültzsch-Wijnen, Christine (2020). Medienhandeln zwischen Kompetenz, Performanz und Literacy. Wiesbaden: Springer VS., 593 S., 49,99 €.
Die Auseinandersetzung mit den Begriffen Medienkompetenz, -performanz und media literacy ist ein ständiger Begleiter der Medienpädagogik. Die Publikation von Christine Trültzsch-Wijnen versucht das individuelle Medienhandeln, im Hinblick auf eine eigenständige und sichere Handhabung von Medien, zu erfassen. Dafür werden zunächst die sozialen und individuellen Zusammenhänge des Medienhandelns untersucht. Hierbei wird mit Blick auf die soziologischen, psychologischen und kommunikationswissenschaftlichen Grundlagen erläutert, wie Menschen sich individuelle Medienkenntnisse aneignen. Des Weiteren wird die Beeinflussung des Medienhandelns durch den Sozialen Raum und die daraus entstehenden Unterschiede näher beleuchtet. Darüber hinaus werden für das weitere Verstehen die Begriffe Kompetenz und Performanz vorgestellt und zwischen ersterem und media literacy differenziert. Die Überprüfung der theoretischen Schlussfolgerungen erfolgt mithilfe zweier empirischer Untersuchungen. Die erste Studie beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Sichtweisen von Schüler*innen auf eine Casting-Show. Die kritische Würdigung der rezipierten Sendung ist dabei abhängig vom Bildungshintergrund der Heranwachsenden. Die Medienkompetenz und -performanz bei der Nutzung Sozialer Netzwerke wird anhand einer Zielgruppe zwischen zehn und 18 Jahren untersucht. Trültzsch-Wijnen richtet sich mit ihrer Publikation an Fachkräfte, welche bereits Erfahrung in der theoretischen Medienpädagogik haben und sich zu den angesprochenen Themen weiterbilden möchten. Sie selbst hat eine Professur an der Pädagogischen Hochschule Salzburg. Des Weiteren leitet sie das dortige Kompetenzzentrum für Medienpädagogik und E-Learning.
Judith Strohmayer: Wirtz, Malte (2020). Das Leben ist kein Drehbuch. Filmemachen ohne Geld. Marburg: Schüren Verlag GmbH. 120 S., 15,00 €.
Wie verwirkliche ich einen Film ohne Budget? Dieser und weiteren Fragen rund um das Thema Filme drehen widmet sich Malte Wirtz in seiner Publikation Das Leben ist kein Drehbuch. Wirtz ist deutscher Regisseur und Drehbuchautor, unter anderem bekannt für den Film Voll Paula!. Das Buch gliedert sich in drei Akte, die sich thematisch mit dem Drehbuch, dem Halten der Spannung und dem Abschluss beziehungsweise dem Finale eines Filmdrehs beschäftigen. Der Autor geht auf verschiedene Teilaspekte des Arbeitsprozesses ein, wobei er das Pro und Contra verschiedener Entscheidungen immer abwägt: Wie viele Takes sind die richtige Wahl, wähle ich ein junges Team oder ein erfahrenes Team, welche Kamera verwende ich und wo veröffentliche ich meinen Film am besten? Anhand seiner eigenen Erfahrungen und durch praktische Beispiele erläutert Wirtz, welche Wahl er für seine Produktionen getroffen hat, aber zeigt auch auf, was für die jeweils andere Entscheidung sprechen könnte. In dem Buch werden alle essenziellen Aspekte eines Filmdrehs angesprochen inklusive des Caterings, denn eine hungrige Crew arbeitet mit weniger Enthusiasmus als eine satte. Wirtz erzählt in erster Linie aus seinem eigenen Filmdrehleben und gibt anhand dessen Tipps. Da ein Film aber auf viele Arten gedreht werden kann, lässt sich schwer sagen, ob die von Wirtz gewählte auch für den eigenen Film die richtige ist. Was die Leser*innen nach diesem Buch wissen, ist auf jeden Fall alles über seine Filme und welche Auszeichnungen er gewonnen hat. Wer allerdings einen ausführlichen Ratgeber sucht, für den eignet sich dieses Buch nicht unbedingt, da es sich hierbei um eine sehr subjektive Erzählung handelt. Das Leben ist kein Drehbuch richtet sich in erster Linie an Produzent*innen von Independent-Filmen, Interessierte an diesem Genre sowie an den Methoden von Wirtz.
kolumne
Kristin Narr: Was mache ich hier eigentlich?
Das Jahr 2020 stellt viele Menschen und Institutionen vor neue Herausforderungen und verlangt neue Ideen, kreative Herangehensweisen und manchmal auch ein Umdenken. Mich hat dieses Jahr mit allem, was war und neu kam, zum Nachdenken angeregt. Schon länger und jetzt viel intensiver stelle ich mir, mit Blick auf meine beruflichen Tätigkeiten, zwei Fragen: Was ist das eigentlich, was ich hier mache und wie nenne ich es?
Auf meiner Website steht, ich bin freie Medienpädagogin. Das sage ich so seit zehn Jahren. Ich verorte mich, auch durch Anfragen, Netzwerke und Projekte, irgendwo im Kontext von Bildung, Medien und ‚Irgendwas mit Digital‘ ein. Auf die Frage, was mein Beruf ist, sage ich seit jeher der Einfachheit halber „Medienpädagogin“. Ich verbinde damit die Hoffnung, dass sich die Menschen darunter vielleicht am ehesten etwas vorstellen können. Gleichzeitig merke ich, dass ich mit dieser Bezeichnung und mit dem, was darunter alles verstanden wird, hadere. Dafür gibt es drei Gründe:
Unterschiedliche Verständnisse: Ich denke momentan immer wieder ganz grundlegend über den Begriff ‚Medienpädagogik‘ nach, weil ich merke, dass die Dinge, die mit und unter diesem Begriff passieren, sehr komplex, umfangreich und vielfältig sind. Es gibt sehr verschiedene Verständnisse von Medienpädagogik. Für mich gehören zum Beispiel Prinzipien wie Offenheit und Partizipation sehr selbstverständlich zu meiner Arbeit. Gleichzeitig merke ich, dass andere Personen in meinem Berufsfeld dieses Verständnis und diese Einstellung nich in dem Maße teilen. Damit komme ich zu Grund zwei.
Unterschiedliche Selbst- und Fremdwahrnehmung: Ich habe den Eindruck, wenn sich jemand Medienpädagog*in nennt, nimmt er*sie sich niemals ganz genauso wahr, wie ein*e zweite*r Medienpädagog*in: von den Praktiker*innen aktiver Medienarbeit bis zu den selbsternannten Expert*innen für alles (rund um Medien und Digitalisierung). Genauso verschieden, wie wir uns selbst sehen, werden wir auch von außen und von denen, die mit ihren Anliegen an uns herantreten, wahrgenommen. Braucht es eine genauere Profilbeschreibung?
Unterschiedliche Tätigkeiten: Ich reflektiere häufig meine beruflichen Tätigkeiten und auch die Anfragen, die ich bekomme. Ich habe großen Spaß an der Organisation praktischer Making-Projekte mit Kindern und Jugendlichen, bilde Fachkräfte weiter und entwickle Konzepte für (digitale) Bildungssettings. Aber ich bin keine Expertin für Hörspiel-Workshops oder die medienpädagogische Arbeit mit Senior*innen. Ich freue mich enorm, dass wir Medienpädagog*innen momentan in vielen Bereichen gefragt sind. Gleichzeitig merke ich, dass die unterschiedlichen Verständnisse, Wahrnehmungen und Tätigkeiten derart auseinandergehen, dass es schwer ist, einen roten Faden zu finden. Ich habe meine Schwerpunkte und Themen, in denen ich mich auskenne, an denen ich wachsen will. Gleichzeitig gibt es auch Dinge, die ich nicht kann und auch nicht machen möchte. Die können andere besser, die wollen andere mehr. Also: Was ist das eigentlich, was ich hier mache und wie nenne ich es?
Ansprechperson
Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
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