2018/05 Digitale Bildung?
Digitale Bildung heißt das 'neue' Schlagwort und ist in aller Munde. Dabei werden positivistische, pessimistische, aber auch kritische Stimmen laut. Digitalisierungsstrategien fordern ein Überdenken von Curricula – und nicht zuletzt Einigkeit der Bundesländer. Doch was ist Bildung? Was soll sie und wie sieht es also wirklich mit der Digitalen Bildung in Deutschland aus? Oder handelt es sich vielmehr um einen Deckmantel für unerreichbare Ziele? merz 5/18 packt den Begriff bei den Wurzeln und ergründet, angefangen vom vorherrschenden Bildungsverständnis und der Dialektik des Bildungsbegriffs, die Ergebnisse politischer Bemühungen, die bisher eine Digitale Bildungsoffensive vermissen lassen. Kritisch fragt merz 5/18 nach der Ver- wie Anwendbarkeit Digitaler Bildung im gegenwärtigen Diskurs um Digitalisierung und fordert mehr Klarheit in der Zielsetzung. Abrundend zur deutschen Perspektive wird der Blick auf internationaler Entwicklungen geweitet und anhand ausgewählter Länder die Unterschiede wie Gemeinsamkeiten in Strategien, Konzepten, Zielsetzungen aber auch grundsätzlichen Haltungen zur Digitalen Bildung und ihrem Einsatz in Schulen und Unterricht zusammengetragen.
aktuell
Dana Neuleitner: Kinder-Medien-Studie 2018
Den Ergebnissen der diesjährigen Kinder-Medien-Studie zufolge sind klassische Medien bei Kindern nach wie vor sehr beliebt. Zwar wünscht sich jedes dritte Kind zwischen vier und fünf Jahren und jedes zweite zwischen sechs und neun Jahren ein eigenes Smartphone, richtig interessant wird das mobile Gerät aber erst später. Spielen Sechs- bis Zehnjährige noch hauptsächlich im Freien, treffen Freunde, treiben Sport, malen oder basteln, gehören Apps und digitale Spiele ab etwa dem elften Lebensjahr zur festen Freizeitgestaltung. Demnach nutzen 47,4 Prozent der älteren Kinder mehrmals pro Woche YouTube und 40,6 Prozent Spiele auf dem Tablet, Computer oder Smartphone. Doch auch in dieser Altersklasse ist die Freizeitgestaltung insgesamt ausgewogen. Gelesen wird bis zum Teenager-Alter überwiegend auf Papier. Über 70 Prozent der Kinder lesen weder Bücher, noch Zeitschriften oder Zeitungen in elektronischer Form. Gleichzeitig steht der Wunsch nach Spielen für Konsolen bei einem Drittel der Sechs- bis Neunjährigen hoch im Kurs. Während über 80 Prozent der befragten Elternteile der Ansicht sind, ihr Kind könne beim Lesen von Zeitschriften etwas lernen, sind es beim Fernsehen nur knapp 60 Prozent. Beim Gebrauch des Internets sind 57,5 Prozent der Eltern von Zehn- bis 13-Jährigen derselben Auffassung (bei Sechs- bis Neunjährigen bzw. Vier- bis Fünfjährigen fallen die Werte mit 35,8 Prozent bzw. 14,9 Prozent noch deutlich geringer aus). Dementsprechend nutzen 40,3 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen nie das Internet und nur 34,6 Prozent suchen auf diesem Weg mehrmals pro Woche nach Informationen. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen dagegen surfen 41,7 Prozent täglich bzw. 39 Prozent mehrmals wöchentlich. Lediglich 8,1 Prozent tun dies nie. Die Verlagshäuser Blue Ocean Entertainment AG, Egmont Ehapa Media GmbH, Gruner + Jahr, Panini Verlags GmbH, der SPIEGEL-Verlag und der ZEIT Verlag führten die Kinder-Medien-Studie bereits zum zweiten Mal durch, um zu erfassen, wie ihr Angebot bei der jungen Zielgruppe angenommen wird. Befragt wurden 255 Erziehungsberechtigte Vier- bis Fünfjähriger und 1.002 Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren in Doppelinterviews.
www.kinder-medien-studie.dePia Deutsch: Social Media und Social Messaging
Für die meisten Internetnutzerinnen und -nutzer (90 %) gehört Social Media bereits zum Alltag. Dies zeigt eine Studie von Bitkom e. V. 87 Prozent der Befragten sind in einem Sozialen Netzwerk angemeldet, bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar 98 Prozent. Im Durchschnitt ist eine Internetnutzerin bzw. ein -nutzer in drei Sozialen Netzwerken angemeldet, bei den Jüngeren sind es fünf. Facebook und YouTube sind dabei mit Abstand am beliebtesten. Genutzt werden solche Netzwerke vor allem von Jüngeren und auf mobilen Endgeräten. Über ein Drittel der Befragten und fast die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen kann sich dabei ein Leben ohne Soziale Netzwerke nicht mehr vorstellen. Soziale Netzwerke werden vorwiegend zur Anbahnung und Pflege privater Kontakte und zum Austausch von Nachrichten sowie zur Produktund Dienstleistungsrecherche genutzt. Insbesondere Jüngere organisieren über Soziale Netzwerke auch ihr Privatleben. Die Nutzenden folgen Freundinnen und Freunden bzw. Familienmitgliedern. Insbesondere die jüngere Generation verbindet sich zudem mit Personen des öffentlichen Lebens, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben und auf Themen und Meinungen aufmerksam zu werden. Die beliebtesten Aktivitäten sind Chatten, Liken und eigene Fotos hochladen. Social Messaging verwenden neun von zehn der Befragten, wobei WhatsApp und der Facebook Messenger am häufigsten genutzt werden und Snapchat fast ausnahmslos bei Jüngeren Anwendung findet. Sprachnachrichten sowie Emojis sind sehr beliebt und ungefähr jede bzw. jeder Zweite ist von gelesenen, aber ignorierten Nachrichten verärgert. Bei Social Messaging wird leichte Bedienbarkeit als wichtiger empfunden als Datenschutz. Trotzdem ist dieser eins der wichtigsten Auswahlkriterien für ein Soziales Netzwerk, wie 89 Prozent angeben. Jede bzw. jeder zweite Befragte meint darüber hinaus, dass Influencerin bzw. Influencer heutzutage ein normaler Beruf sei. Jede bzw. jeder Fünfte folgt dabei mindestens einer Influencerin oder einem Influencer, meistens aus den Bereichen Fitness, Mode und Ernährung. Die digitale Kluft zwischen den Generationen ist besonders bei Sozialen Netzwerken wie Instagram und Snapchat deutlich erkennbar. Lediglich bei Facebook ist die Spannbreite geringer.
Für die Studie wurde eine Online-Befragung unter 1.212 deutschsprachigen Internetnutzerinnen und -nutzern in allen Altersgruppen ab 14 Jahren durchgeführt.
Dana Neuleitner: Studie Hass auf Knopfdruck
Soziale Netzwerke bieten nicht nur eine Plattform, um sachlich über ein Thema zu diskutieren, sondern auch, um unreflektiert seine Meinung kundzutun oder Personen und Institutionen öffentlich zu diffamieren. Zwar ist dies bei jeder politischen Ausrichtung beobachtbar, doch im rechten Spektrum besonders verbreitet. Das Institute for Strategic Dialogue untersuchte zusammen mit der Aktionsgruppe #ichbinhier die Ursprünge und die Verbreitung rechter Hate Speech in den Kommentarspalten entsprechender Netzwerkplattformen. Die Studie ‚Hass auf Knopfdruck‘ zeigt, dass sich die Anzahl koordinierter rechtsextremer Hasskampagnen zuletzt verdreifacht hat. Den Ergebnissen zufolge zählen dazu beispielsweise Kampagnen wie # Kikagate, #Kandelistueberall, #120dB, #AfD, #Traudich- Deutschland und #Merkelmussweg. Durch Likes unterstützt werden die Posts, in denen beispielsweise Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht wird, in der Regel von stets denselben Accounts: Lediglich ein Prozent der im Rahmen von Hate Speech aktiven Konten sorgt demnach für ein Viertel der Zustimmungsbekundungen. Sie sollen suggerieren, dass es sich um die Meinung der Durchschnittsbürgerin bzw. des Durchschnittsbürgers und nicht die einer Minderheit handelt. Plural geführte Diskurse sollen so gar nicht erst zustande kommen. Als besonders aktiv zeigten sich Accounts der Identitären Bewegung, einer rechtsextremen Bewegung, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Da einige Nutzerkonten stets gleichzeitig aktiv werden, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um reale Personen handelt, sondern um sogenannte ‚Sockenpuppen‘ – eine Person, die mehrere Benutzerkonten verwendet. Zur Koordinierung und Organisation der Hasskampagnen verwenden Online- Netzwerke wie Reconquista Germanica beispielsweise verschlüsselte Chats, in denen militärähnliche Strukturen vorherrschen. Der AfD-Sprecher Björn Höcke war dabei mit Abstand der am stärksten 'glorifizierte' Politiker. Die AfD tritt darüber hinaus häufig als Multiplikator für Hasskampagnen der rechtsextremen Strömungen auf – ebenso russische Medien wie etwa Russia Today oder Sputnik. Zivilcourage im Netz oder moderierte Kommentarspalten werden beispielsweise empfohlen, um Hate Speech entgegenzuwirken.
Jerome Wohlfarth: Neue Medien verlangen neue Verträge
Der erste Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens (kurz: Rundfunkstaatsvertrag) wurde 1987 geschlossen. Darin wurde vor allem das Verhältnis zwischen öffentlichem und privaten Rundfunk und Fernsehanstalten im neu entstandenen dualen System geregelt. Das Grundgerüst dieses Vertrages entstand in einer Zeit, in der die Senderfrequenzen limitiert waren. Zwanzig Überarbeitungen und Anpassungen hat der ursprüngliche Vertrag bereits erfahren; von der Einführung des Digitalradios bis hin zur Anpassung durch neue Datenschutzverordnungen. In diesem Jahr geht die Rundfunkkommission der Länder jedoch einen anderen Weg. Die Kommission ist eine Vermittlungsinstanz zwischen den von den Bundesländern geführten Rundfunkanstalten. Sie möchte aus dem Rundfunkstaatsvertrag einen Medienstaatsvertrag machen und bittet um aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Medienschaffenden und Intermediäre. Unter Intermediären versteht man Videoportale, Instant- Messenger, Suchmaschinen und soziale Online-Netzwerke. Dieses breitgefächerte Befragungsspektrum zeigt, dass sich die Rundfunkkommission des Umfangs ihres Unterfangens bewusst ist: Als Konsequenz zu den letzten Änderungen wird hier der Versuch unternommen, den Vertrag an die digitalisierte Welt anzupassen.
So wird den verschiedenen Interessensgruppen die Möglichkeit gegeben, sich aktiv und transparent an der Entstehung des neuen Vertrags zu beteiligen. Den aktuellen Entwurf kann man online einsehen. Die alte Variante steht der geänderten gegenüber, wodurch jede Veränderung erkennbar ist. So wird deutlich, was modifiziert werden soll. Transparenz fordert der neue Entwurf vor allem von Medienintermediären wie Google und Facebook, die Auskunft über ihre Funktionsweise und Algorithmen geben sollen. Diese sollen für jeden verständlich und zugänglich sein. Wie der fertige Vertrag aussehen wird, bleibt abzuwarten. Die Frist für die Beteiligung musste verlängert werden, weil bereits in der ersten Woche über 300 Eingaben vorgelegt worden waren. Ein gelungenes Beispiel für Bürgerbeteiligung.
Antje Müller: stichwort Bildung 4.0
Was im Jahr 2015 mit dem Netzwerk Digitale Bildung begann und sich politisch wie gesellschaftlichpzur Debatte formte, löste das Versprechen der Politik durch eine Forderung ab: Digitale Bildung!pEntfacht in Bildungskonferenzen, über einen „Digitalen Thesenanschlag“ bis hin zum Milliarden-pVersprechen der ehemaligen Bildungsministerin Johanna Wanka im Jahr 2017 – das Thema Digitalisierungpist im Bildungsbereich angekommen, und der Zusatz „4 – Punkt – 0“ ruft nun nachpgesellschaftlicher Verständigung in, mit, durch und über Digitalität. Sprach man 1994 noch vomp‚Internet der Computer‘ oder ‚George-Orwell-Jahr mit Macintosh‘ hieß es mit dem Web 2.0pplötzlich ‚Social Web – Internet der Menschen‘ und ‚Mitmach-Netz‘. Gegenwärtige Transformationsprozessepum ‚fleet learning network‘, ‚machine learning‘ und soziotechnische Systeme habenpjedoch das Grundelement der Gesellschaft erfasst: Kommunikation. Austausch. Lernen. Bildungp4.0. So die Strategie zum Lernen im digitalen Wandel. Was mit der Hightech-Strategie Industriep4.0 des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) begann, postuliert einen zeitgemäßenpBildungsbegriff, der weit mehr ist als E- bzw. Blended Learning, Lernplattformen oder MOOCs.p„Aktuelles Wissen ist die zentrale gesellschaftliche Währung in einem Wirtschaftssystem“, so heißtpes jedenfalls in der Präambel des Bildung 4.0 Manifests. In einer VUCA-Welt (volatility, uncertainty,pcomplexity und ambiguity) voll von Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeitpbenötige es ein neues Verständnis von Social Learning und einen Open-Innovation-Prozess,pin dem Kompetenzen im permanenten Wissensaustausch immer wieder neu entwickelt werdenpkönnen, sodass sich ein sich unaufhörlich veränderndes, erweiterndes und skalierbares Wissenpden Veränderungen angemessen anpasst. Bildung 4.0 soll sich bürokratiefrei, hierarchiearm,punabhängig und alternativ wertschöpfend als gesellschaftliches Betriebssystem dem steten Wissensflusspstellen und für eine Verschlankung des institutionellen Bildungssystems mit einer breiten,pgesamtgesellschaftlichen Bildungskultur sorgen. Zwischen Homo faber und Homo oeconomicuspheißt es ‚weder noch', aber vor allem ‚Citizen'. Nämlich ein solcher, der die Gesellschaft aktivpmitprägt(en) (kann) und die gesamtgesellschaftliche Grundkompetenz zu tragen weiß. Bildung 4.0psteht für „Mint & Makers“, Kompetenzbündelung und lebenslanges Lernen mit BELGUT, einempbedingungslosen Lernguthaben innerhalb einer Bildungskultur, die ein digitales Umdenken forciert,pstatt in digitalen Aktionismus zu verfallen. Transversal, offen und hybrid, intrinsisch motiviert undpentgrenzt, aber auch proaktiv, wider qualitativer Unterschiede und personalisiert in maximalerpGemeinfreiheit – das alles kann oder könnte Bildung 4.0 sein.p
thema
Anja Hartung-Griemberg/Bernd Schorb: Digitale Bildung oder von der ewigen Wiederkunft der Unvernunft
Was wäre Hiphop ohne Loops? Keine Frage: Er wäre langweilig oder gar überfordernd. Die Redundanz der Tonsequenzen macht das Besondere aus. Musik lebt von der Wiederholung und Wiederholung macht Musik. In der Lerntheorie wird Wiederholung (auch Repetition oder Rekapitulieren) als Voraussetzung dafür verstanden, das Gelernte manifestieren zu können: Repetitio est mater studiorum („Wiederholung ist die Mutter des Studierens“)! Mit der Bildung verhält es sich bekanntermaßen anders. Sie ist das, was übrig bleibt, wenn man das Gelernte vergessen hat. Sie entfaltet sich dann, wenn wir an Grenzen geraten, weil alte Muster sich angesichts neuer Herausforderungen als inadäquat erweisen. Vergegenwärtigen wir uns den Stand der Diskussion um die Konsequenzen der Digitalisierung, hat die Zeitgeschichte offenkundig weder Lernerfolge gezeitigt noch Bildungskräfte entfaltet. Hier wiederholt sich ein überzogener bildungstechnologischer Optimismus, der bereits mehrfach – zuletzt unter dem Label des E-Learning – gescheitert ist. Und abermals wird das Etikett gewechselt. Bildung lautet heute das viel beschworene Schlüsselwort. Auf eine nähere Bestimmung desselben wird in der Regel verzichtet. Rhetorisch gesehen dreht sich das Karussell in Sachen Digitalisierung in Hochgeschwindigkeit. Im Hype um das neue Wirtschaftssystem herrscht Goldgräberstimmung. Und es scheint ebenso ausgemacht, dass die Digitalisierung das gesamte Bildungssystem revolutioniert. Und alte Verheißungen tauchen wieder auf: Anschaulichkeit, individualisiertes, selbstständiges, kollaboratives, fächerübergreifendes, projekt- und handlungsorientiertes Lernen ... Zweifelsohne bergen die mit der Digitalisierung verbundenen Optionen erweiterte Lernmöglichkeiten und gewiss auch Bildungspotenziale. Worin aber besteht der Mehrwert eines neuerlichen Begriffswechsels? Was unterscheidet die digitale Bildung von Medienbildung, was digitale Kompetenz von Medienkompetenz und was schließlich den digital gebildeten Menschen vom allseitig gebildeten? Wo steht die Praxis selbst jenseits populärer Verlautbarungen und was sind konkrete Herausforderungen und Hürden aber auch Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung verbunden sind? In der aktuellen merz-Ausgabe beziehen Expertinnen und Experten Stellung. In Abgrenzung zu verbreiteten Engführungen tragen sie dabei einerseits der historisch-gesellschaftlichen Verfasstheit des Bildungsbegriffs Rechnung und sie hinterfragen andererseits seine aktuelle Verwendung und vor allem seine praktische Umsetzung im politischökonomischen Betriebssystem der Gesellschaft.
Eröffnet wird die Auseinandersetzung mit einem Beitrag von Manuel Rühle. Seine historische Rekonstruktion der ideen- als auch sozialgeschichtlichen Aspekte des Bildungsbegriffs bietet eine Hintergrundfolie dafür, die aktuellen Debatten einordnen und in ihrer Relevanz reflektieren zu können. Diesen Versuch unternehmen die nachfolgenden zwei Beiträge. Hans-Dieter Kübler hinterfragt den substanziellen Ertrag euphorischer Debatten um die Bildungszukunft der Gesellschaft. Der Autor erinnert an vergleichbare Diskurse, markiert sinnentleerte Redundanzen und legt dabei den Finger in die Wunden unbedachter Wiederholung. Denn unter der Oberfläche der gegenwärtigen Diskussion um die Chancen der Digitalisierung harren noch viele andere Probleme im Bildungssystem der Bearbeitung. Auch Ralf Vollbrecht setzt sich kritisch mit dem Konstrukt der digitalen Bildung auseinander. In seinem Beitrag beleuchtet er einschlägige Argumentationsführungen der Digitalisierungsstrategie und plädiert angesichts einer fehlendenden Klarheit der Zielsetzung für eine Unterscheidung der Beobachterperspektiven. Denn nur, wenn die Perspektiven von Bildungspolitik, Organisationen, Profession und Lernenden hinreichend differenziert würden, sei es möglich, Interessen- und Zielkonflikte deutlicher herauszuarbeiten.
Die sich anschließenden Beiträge reflektieren das Verhältnis von Soll und Haben aus internationaler Perspektive. In sieben Kurzdarstellungen werfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland (Sven Kommer und Christian Spannagel), Österreich (Christine Trültzsch-Wijnen), Tschechien (Zdeněk Sloboda), Schweden (Michael Forsman und Anne Kaun), Südkorea (Jinsuk Kang und Merita Ignatius), Japan (Daniel Diegmann) und den USA (Jennifer Kreß) einen kritischen Blick auf den je spezifischen Status quo. Und es wird deutlich: Bei all den nicht von der Hand zu weisenden länderspezifischen und kulturellen Unterschieden zeigen sich vielerlei Gemeinsamkeiten – übereilte Investitionen, fehlende didaktische Konzepte und konzeptionelle Verkürzungen, Ausstattungs- und Wartungsprobleme, die Ignoranz vieler anderer substanzieller Baustellen im Bildungsbetrieb und nicht zuletzt die unzureichende Berücksichtigung all jener Akteurinnen und Akteure, die nur im Verbund zum Gelingen dessen beitragen können, was unhinterfragt bereits vorausgesetzt wird.
Beitrag aus Heft »2018/05 Digitale Bildung?«
Autor: Anja Hartung-Griemberg, Bernd Schorb
Beitrag als PDFEinzelansichtManuel Rühle: Was ist Bildung? Geschichte und Gegenwart einer neuzeitlichen Idee
Vor dem Hintergrund einer kursorischen Rekonstruktion der historisch- systematischen Ursprünge des modernen Bildungsdenkens im Zeitalter der Aufklärung nimmt der Beitrag das aktuell vorherrschende Bildungsverständnis kritisch in den Blick, das durch eine Engführung auf ökonomische Aspekte gekennzeichnet ist. Die Argumentation mündet in die Formulierung prinzipieller Anforderungen an einen emanzipatorischen Bildungsbegriff unter den gegenwärtigen Verhältnissen.
Literatur
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Hans-Dieter Kübler: Was ist und was soll digitale Bildung?
Die Bundesregierung strebt mit dem DigitalPakt#D eine „Digitale Bildungsoffensive“ an. Dennoch liegen die Ausgaben für Bildungsmittel weit unter den Richtwerten der OECD und viele Bildungseinrichtungen sind marode. Dazu birgt die Digitalisierung neben enormen Automatisierungs- und Rationalisierungspotenzialen auch die Frage nach adäquater politischer Bildung und beeinflusst das Lernen und Spielen Heranwachsender. Wie sieht es also wirklich mit der digitalen Bildung in Deutschland aus? Oder handelt es sich vielmehr um einen Deckmantel für unerreichte Ziele?
Literatur
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Ralf Vollbrecht: Medienbildung in digitalisierten Welten
Der Beitrag setzt sich zunächst kritisch mit dem Begriff digitale Bildung und seiner Verwendung im gegenwärtigen Diskurs um Digitalisierung auseinander. Im Folgenden werden Argumente der Digitalisierungsstrategie beleuchtet und eine fehlende Klarheit in der Zielsetzung kritisiert. Plädiert wird für eine Unterscheidung der Beobachterperspektiven von Bildungspolitik, Organisationen, Profession und Lernenden, um Interessen- und Zielkonflikte deutlicher herausarbeiten zu können.
Literatur
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Sven Kommer: Digitale Bildung in der Bundesrepublik Deutschland
„Mission erfüllt“ meldete bereits 2012 die „Initiative Schulen ans Netz“. Sie sah ihren Gründungsauftrag als erfüllt an. Damit sollte die Frage nach einer ‚Digitalen Bildung‘ in Deutschland eigentlich als erledigt abgehakt werden können – oder? Aus der Perspektive des Jahres 2018 erinnert dies allerdings eher an eine andere grobe Fehleinschätzung von „mission accomplished“. Erinnert sei hier nur an den bereits 2016 angekündigten Digitalpakt für Schulen, der bis heute nicht umgesetzt ist.
Literatur
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Christine W. Wijnen: Schule 4.0 – Digitale Bildung aus österreichischer Perspektive
Einleitung
Sowohl die Medienerziehung als auch die informatische Bildung sind in der österreichischen Bildungspolitik durch eigene Abteilungen innerhalb des Bildungsministeriums fest verankert. Seit Anfang der 1990er Jahre bildet der Grundsatzerlass Medienerziehung die Grundlage für die schulische Medienerziehung und mit zunehmender Digitalisierung wird auch der informatischen Bildung eine große Bedeutung beigemessen. Explizit wird das Thema digitale Bildung seit Beginn des Jahres 2017 verfolgt, als seitens des Ministeriums die Strategie „Schule 4.0“ ausgerufen wurde. Im Folgenden werden daher die verschiedenen Ansätze der schulischen Medienerziehung beleuchtet, um einen Einblick in die österreichische Perspektive auf digitale Bildung zu geben. Des Weiteren wird das Pilotprojekt Denken lernen – Probleme lösen, welches das Bildungsministerium im Zuge seiner Digitalisierungsstrategie initiiert hat, vorgestellt, da es die aktuelle Schwerpunktsetzung in Österreich besonders verdeutlicht. Abschließend wird die Frage gestellt, inwiefern sich die, auf den ersten Blick stark divergierenden Konzepte innerhalb der österreichischen Bildungspolitik in eine einheitliche Strategie überführen lassen.
Das Unterrichtsprinzip Medienerziehung
Medienerziehung ist seit der Errichtung einer Abteilung für Medienpädagogik im Jahr 1991 und in den darauffolgenden Jahren eines Referats für praktische Medienerziehung im damaligen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) fest in der österreichischen Bildungslandschaft verankert (Brousek 2008, S. 120; Süss/Lampert/Trültzsch-Wijnen 2018, S.63-70). Explizit wurde dies 2001 mit der Einführung des Grundsatzerlasses Medienerziehung, welcher bis heute das damit verbundene Unterrichtsprinzip begründet. Dieser Grundsatzerlass wurde vor dem Hintergrund der fortschreitenden Medienentwicklung aktualisiert und ist heute in der letztgültigen Version aus dem Jahr 2014 Grundlage für eine fächerübergreifende Medienerziehung über die gesamte schulische Laufbahn hinweg. Er verpflichtet alle Lehrkräfte Medienerziehung als Querschnittsmaterie (Trültzsch-Wijnen 2016; Spanhel 2006) in ihrem Unterricht zu realisieren.
„Da die in den Medien behandelten Themen alle Bereiche des Erkennens und Handelns berühren, ist die Medienerziehung nicht auf einzelne Unterrichtsgegenstände oder bestimmte Schulstufen beschränkt. Jeder Lehrer/ jede Lehrerin ist vielmehr verpflichtet, auf sie als Unterrichtsprinzip, wie es in den einzelnen Lehrplänen verankert ist, in allen Unterrichtsgegenständen fachspezifisch Bedacht zu nehmen. […] Die Medienerziehung hat grundsätzlich auf allen Schulstufen – der geistigen Entwicklung der Schüler und Schülerinnen entsprechend – zu erfolgen.“ (BMBF 2014, S. 5)
Medienerziehung wird diesbezüglich als umfassende Medienbildung und Erziehung zur Medienkompetenz verstanden. Medienbildung wird hier aus stark emanzipatorischer Perspektive als medienpolitische Bildung und kritische Auseinandersetzung mit den Formen, Ursachen und Wirkungen medialer Kommunikation sowie als Orientierung in einer mediatisierten Gesellschaft gefasst. Im Hinblick auf Medienkompetenz orientiert man sich an Baackes (1998) vierfacher Ausdifferenzierung in Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung. Neben technischen Fertigkeiten wird der Schwerpunkt auf die Fähigkeit zur Selektion, Differenzierung und Strukturierung sowie das Erkennen der eigenen Bedürfnisse gelegt. Darüber hinaus wird dem Hintergrundwissen über das Mediensystem, der kreativen Mediengestaltung sowie – analog zur emanzipatorischen Ausrichtung des Medienbildungsbegriffs – der aktiven Teilhabe an der Gesellschaft mithilfe von Medien eine große Bedeutung beigemessen (BMBF 2014).
So gewinnbringend ein fächer- und schulstufenübergreifender Ansatz der schulischen Medienerziehung auf den ersten Blick erscheinen mag, so schwierig erweist sich dieses Konzept jedoch in seiner Realisierung. Da die Art und Weise der Umsetzung im positiven Sinne bewusst offengelassen (und damit auch nicht kontrolliert) wird, fühlt sich im schulischen Alltag letztendlich kaum jemand dafür zuständig. Es liegt damit stark an der Schule und an der einzelnen Lehrperson, ob überhaupt und wenn ja in welcher Form im Unterricht ein kritischer, selbstbestimmter und kreativer Medienumgang vermittelt wird. Ein Großteil der Lehrkräfte setzt in ihrem Unterricht andere Prioritäten. Zugleich finden sich aber auch viele äußerst engagierte Lehrpersonen, die sich vor allem mit praktischen Medienprojekten profilieren. Dies wird beispielsweise in der Fülle der Einreichungen zum Media Literacy Award1 (mla), welcher jährlich vom österreichischen Bildungsministerium für herausragende Medienprojekte an europäischen Schulen vergeben wird, deutlich. Die Ursachen dafür liegen zum einen darin, dass Medienerziehung weder von Eltern noch von einer Mehrheit der Lehrpersonen als relevante Bildungsaufgabe erachtet wird, zum anderen in einer mangelnden Motivation und Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen. In der aktuellen Lehramtsausbildung kommt es auf die jeweilige Hochschule an, inwieweit Medienpädagogik tatsächlich als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip gelehrt wird. Jene Lehrpersonen, die ihr Studium bereits vor längerer Zeit abgeschlossen haben, haben keine umfassende medienpädagogische Ausbildung erhalten.
Informatische Bildung und Digitale Kompetenz(en)
Neben dem Unterrichtsprinzip Medienerziehung setzt das österreichische Bildungsministerium mit der informatischen Bildung einen weiteren Schwerpunkt. Hier liegt der Fokus auf dem Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), welcher ebenfalls über alle Schulstufen hinweg vermittelt werden soll. Dazu wurde das sogenannte digi.komp-Modell2entwickelt. Das Ziel ist eine systematische Auflistung geforderter Kompetenzen, welche in Form von Can-Do-Statements ausformuliert wurden (Wiesner et al. 2017; Nárosy 2017, S. 6). Dieses Modell soll als Orientierung für Lehrkräfte dienen und sie dabei unterstützen, informatische Bildung sowie die Hinführung der Schülerinnen und Schüler zu einem selbstbestimmten Umgang mit IKT in unterschiedlichen Fächern praktisch umzusetzen. Das Modell umfasst vier Schwerpunkte (BMBWF 2018):
Informationstechnologie, Mensch und Gesellschaft (reflektierter Umgang mit IKT)
Informatiksysteme (technische Handhabung von IKT)
Anwendungen (Software und Internetangebote nutzen)
Konzepte (informatische Fähigkeiten und Fertigkeiten, z. B. kodieren)
Aus Perspektive des Informatikunterrichts wurde hier versucht, anwendungsbezogene Kriterien mit einer gesellschaftlichen Perspektive zu verbinden. Diese Kategorien haben keine Entsprechung im Lehrplan, sie sollen aber analog zum Unterrichtsprinzip Medienerziehung fächerübergreifend und in allen Schulstufen umgesetzt werden. Auch wenn sich durchaus Gemeinsamkeiten (beispielsweise hinsichtlich eines reflektierten Medienumgangs) zeigen, werden das Unterrichtsprinzip Medienerziehung sowie das digi.komp-Modell in der schulischen Praxis derzeit eher parallel behandelt.
Schule 4.0 – die Strategie des Bildungsministeriums
Über das digi.komp-Modell wurde bereits eine Grundlage zur Förderung digitaler Kompetenzen gelegt. Dabei beruft man sich unter anderem auf das DigComp-Konzept des Joint Research Centre der Europäischen Kommission (Ferrari 2013; Carretero/Vuorikari/Punie 2017) sowie deren Definition von digitaler Kompetenz.
„Digital Competence is the set of knowledge, skills, attitudes (thus including abilities, strategies, values and awareness) that are required when using ICT and digital media to perform tasks; solve problems; communicate; manage information; collaborate; create and share content; and build knowledge effectively, efficiently, appropriately, critically, creatively, autonomously, flexibly, ethically, reflectively for work, leisure, participation, learning, socialising, consuming, and empowerment“ (Ferrari, 2013, S. 3).
Mit Jahresbeginn 2017 hat das österreichische Bildungsministerium mit der sogenannten Digitalisierungsstrategie Schule 4.0 vor dem Hintergrund des zunehmenden Bedarfs an Arbeitskräften in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen einen Schritt weiter hinsichtlich der Förderung informatischer und digitaler Kompetenzen von der Grundschule bis zum Abitur (Matura) gesetzt. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche dazu zu befähigen, sich, angefangen von der Quellenkritik bis hin zu den Grundzügen der Programmierung (Coding), kritisch mit digitalen Medien und deren Inhalten auseinanderzusetzen. Schwerpunkte dieses Konzepts sind die Gewährleistung einer digitalen Grundbildung (Säule 1), die Ausbildung digital kompetenter Lehrpersonen (Säule 2), die Bereitstellung angemessener IKT-Infrastruktur (Säule 3) sowie die Entwicklung und Bereitstellung entsprechender Lehrmittel (Säule 4).
Diese, über die 71. Verordnung zur Änderung der Lehrpläne (Bundeskanzleramt 2018) festgeschriebene, Strategie hebt sich deutlich von den bisherigen Verordnungen ab, da sie sowohl auf eine Änderung der Lehrpläne, als auch auf eine bessere Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen sowie die Bereitstellung von Infrastruktur und die Entwicklung kostenloser Lehr- und Lernmaterialien abzielt. Bislang betrafen ähnliche Verordnungen zumeist nur einen dieser vier Bereiche, ohne sich auf ein gemeinsames Konzept zu berufen. Anschließend an das digi.komp-Modell liegt der Fokus hier auf der Vermittlung informatischer Kenntnisse und dem Umgang mit IKT, beschrieben als digitale Kompetenz und verstanden als technische Fertigkeiten sowie der Fähigkeit des selbstbestimmten Einsatzes digitaler Medien (respektive von Hard- und Software) in schulischen bzw. beruflichen und privaten Kontexten. Als Erweiterung des europäischen DigComp-Ansatzes und des österreichischen digi.comp-Konzepts liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Förderung des Computational Thinking (siehe Ausführungen weiter unten), als Fähigkeit zu iterativem, algorithmischem und modellhaftem Denken sowie technologiegestütztem Problemlösen. In enger Verbindung zur Schule 4.0-Strategie steht die Strategie eEducation Austria, welche primär dazu dient, die Umsetzung des digi.komp-Modells an den jeweiligen Schulstandorten zu forcieren. Gefördert werden diesbezüglich schulinterne und schulübergreifende Fortbildungen sowie die Entwicklung und Verbreitung kleiner Lerneinheiten bzw. mediendidaktischer Szenarien (eTapas).
Eine wesentliche Neuerung durch die Schule 4.0-Strategie ist neben einer noch stärkeren Fokussierung auf informatische Fähigkeiten und Fertigkeiten die Einführung der verbindlichen Übung Digitale Grundbildung in der Sekundarstufe I ab dem Schuljahr 2018/19; die Schulen können die Realisierung dieser verbindlichen Übung im Umfang von zwei bis vier Jahreswochenstunden innerhalb von vier Jahren autonom umsetzen (als eigenes Fach, integrativ im Rahmen anderer Fächer oder als Mischform). Da diese Verordnung sehr rasch umgesetzt wurde, sind die betroffenen Lehrkräfte nun damit konfrontiert, sich auf schnellstem Wege jene Kompetenzen anzueignen, welche für die Vermittlung einer entsprechenden digitalen Grundbildung an Schülerinnen und Schüler benötigt werden. Dazu wurde ein Instrument zur Selbstüberprüfung der Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit den IKT entwickelt (digi.checkP); dieser soll die Lehrpersonen dabei unterstützen, gemäß ihrer Bedürfnisse gezielte Fortbildungen auszuwählen. Seitens des Bildungsministeriums wird von den Lehrkräften die Absolvierung einschlägiger Fortbildungen im Umfang von mindestens 6 ECTS sowie das Führen eines persönlichen, digitalen Portfolios zur Dokumentation des eigenen Unterrichts verlangt.
Das Pilotprojekt „Denken lernen – Probleme lösen“
Die Initiative Schule 4.0 betrifft allerdings nicht nur die Sekundarstufe, denn nach dem Vorbild ähnlicher Entwicklungen im angloamerikanischen Raum sowie in anderen europäischen Staaten (Grandl/Ebner 2017) ist es Ziel, Kinder bereits ab der Primarstufe an informatisches und naturwissenschaftliches Denken heranzuführen. Als erster Schritt dazu diente – bereits vor Implementierung der verbindlichen Übung Digitale Grundbildung in der Sekundarstufe – das Pilotprojekt Denken lernen – Probleme lösen. Ziel dieses Projekts ist die Einführung von Robotik und Programmieren in der Grundschule mittels einfach zu bedienender Roboter (BeeBots), LegoWeDo-Bausätzen und der visuellen Programmieroberfläche Scratch. Dieses Projekt wurde im Schuljahr 2017/18 an 100 Volksschulen (Grundschulen) unter Beteiligung von 13 pädagogischen Hochschulen durchgeführt (Himpsl-Gutermann et al. 2017). Im Mittelpunkt des Projekts steht zum einen die Vermittlung von algorithmischem Denken als Grundlage für das Verstehen und Lösen verschiedener Probleme in schulischen und alltäglichen Kontexten, zum anderen sollen damit unter dem Stichwort „Making“ der kreative Umgang mit IKT, informatische Fähigkeiten sowie das kollaborative Arbeiten gefördert werden.
Didaktische Grundlage: Computational Thinking
Didaktisch beruft sich dieses Projekt auf die Arbeit von Seymour Papert. Dieser entwarf in den 1960er Jahren am Massachusetts Institute of Technology (MIT) gemeinsam mit Kollegen die Programmiersprache Logo, um Heranwachsenden zu vermitteln, wie Computer ‚denken‘ und auf diese Weise die Auseinandersetzung mit und das Lösen von Problemen zu fördern. Als ehemaliger Schüler Piagets entwickelte Papert seinen Ansatz des Konstruktionismus (Papert 1980) basierend auf konstruktivistischen Lerntheorien. Paperts Ziel war es, Mädchen und Jungen dazu zu befähigen, neue Erfahrungen vor dem Hintergrund ihres bereits vorhandenen Wissens zu reflektieren und daraus neues Wissen zu entwickeln. Der Ansatz des Computational Thinking (z. B. BBC Bitsice 2017; Barefoot Project 2014) kann als Weiterentwicklung von Paperts Konzept verstanden werden. Himpsl-Gutermann et al. (2017) beschreiben es als „Problemlösungsmethode mit verschiedenen Techniken und Strategien, die auch für digitale Systeme implementiert werden können.“ Dieser Ansatz bildet die Grundlage des Projekts Denken lernen – Probleme lösen; er lässt sich in fünf Grundelemente aufschlüsseln: decomposition (Zerlegen komplexer Probleme in kleinere Teile), pattern recognition (Erkennung von Mustern), algorithm design (Gestaltung logischer Anweisungen und Lösungsstrukturen), abstraction (Entwicklung abstrakter Konzepte) und generalize patterns and modes (Nutzung verallgemeinernder Muster und Modelle in unterschiedlichen Kontexten). Er ist Grundlage für ein Lernkonzept, das auf die Förderung des abstrakten Denkens ausgerichtet ist; im Mittelpunkt steht die Fähigkeit der Formulierung und schrittweisen Lösung von Problemen.
Ausgehend davon wurde eine schrittweise Einführung von Robotik-Elementen in den am Projekt beteiligten Grundschulen konzipiert: Zunächst liegt der Fokus auf der haptischen Erfahrung und dem Einfühlen in die Denkweise von Robotern durch die Aneignung von Bee Bots4 Diese kleinen Roboter in Form einer Biene können mit einfachen Befehlen (Schritt vorwärts, Schritt rückwärts, Rechtsdrehung, Linksdrehung) programmiert werden. Mit bis zu 40 aufeinanderfolgenden Befehlen können diese Roboter spielerisch durch den Raum manövriert werden. Die Aneignung von Algorithmen als Handlungsvorschrift bzw. konkrete Anweisung an die Roboter-Biene erfolgt zunächst damit, dass die Heranwachsenden selbst die Rolle des Roboters übernehmen, sich gegenseitig Befehle geben und diese ausführen. In einem zweiten Schritt werden diese Befehle mittels eigens beschrifteter Bauklötze gelegt oder handschriftlich festgehalten (z. B. Schritt vorwärts, Schritt vorwärts, Rechtsdrehung, Schritt vorwärts, Schritt vorwärts) und in einem weiteren Schritt vereinfacht (z. B. 2x Schritt vorwärts, Rechtsdrehung, 2x Schritt vorwärts). Die Bee Bots werden in verschiedenen Fächern eingesetzt, um durch die Steuerung der Roboter unterschiedliche Aufgaben zu lösen (beispielsweise aus dem Bereich der Verkehrserziehung, aber auch in Mathematik, Deutsch, Englisch, Sachunterricht usw.). Sobald sich die Schülerinnen und Schüler gut mit der Handhabung der Roboter vertraut gemacht haben, wird durch die Nutzung einer Bee Bot-App5 auf Tablets von der haptischen, auf eine abstraktere Ebene gewechselt, wobei die jeweiligen Aufgabenstellungen gleich bleiben, jedoch virtuelle Bienen programmiert werden.
Im weiteren Verlauf werden die Bee Bots gegen Lego WeDo-Bausätze getauscht und das einfache Programmieren wird mit angewandten Problemstellungen und Konstruktionsaufgaben aus dem Bereich Technik und Sachunterricht in einer spielerischen Lernumgebung verknüpft. Damit können einfache Roboter und Maschinen selbst gebaut und über eine visuelle Programmierumgebung auf dem Tablet gesteuert werden. Hier ist das Ziel, in Kleingruppen durch den Bau und das Ausprobieren von Prototypen gemeinsam Lösungen für bestimmte Aufgaben zu finden. Die über das visuell basierte Programmieren der selbstgebauten Roboter erlernten Fähigkeiten werden weiter genutzt, um anschließend das Programmieren mittels der visuellen Programmiersprache Scratch zu erlernen.
Evaluation des Projekts
Im Projekt Denken lernen – Probleme lösen wurden jeder der 13 beteiligten pädagogischen Hochschulen mehrere Schulen zugeordnet. Diese werden von der jeweiligen pädagogischen Hochschule in der Umsetzung des Projekts betreut. Die Pädagogische Hochschule Salzburg arbeitet diesbezüglich mit fünf Grundschulen zusammen und die Ergebnisse dieser Arbeit sollen im Folgenden näher analysiert werden. Das Projekt endet mit dem Schuljahr 2017/18. Daher ist es zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags noch nicht zur Gänze abgeschlossen, es können jedoch erste Ergebnisse präsentiert werden. In Salzburg wird das Projekt in zwei Phasen durchgeführt: Die erste Phase ist bereits abgeschlossen und erfolgte gemäß des oben geschilderten, vorgegebenen, Ablaufs. Dabei konnten sich die Lehrpersonen sowie die Schülerinnen und Schüler mit allen im Projekt eingesetzten Geräten und technischen Anwendungen (Tablets, Bee Bots, Lego WeDo, Scratch) vertraut machen. Am Ende dieser Projektphase wurde eine Gruppendiskussion mit den beteiligten Lehrkräften durchgeführt, in welcher die Projekterfahrungen gemeinsam reflektiert wurden. Diese Gruppendiskussion wurde transkribiert und mittels thematischen Kodierens analysiert; die Ergebnisse bilden die Grundlage der folgenden Ausführungen. In der, zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen, zweiten Projektphase ist es den Lehrkräften selbst überlassen, wie und in welchen Kontexten sie die einzelnen Materialen in ihrem Unterricht einsetzen. Die Erfahrungen daraus sollen in Gesprächen mit den einzelnen Lehrpersonen ein weiteres Mal reflektiert werden.
Im gesamten Projektverlauf ist es den beteiligten Schulen und Lehrpersonen überlassen, in wie vielen Klassen und in welchen Fächern mit den einzelnen Tools gearbeitet wird. In der ersten Projektphase waren durchschnittlich sechs Klassen pro Schule involviert und es wurde sowohl im Regelunterricht als auch in unverbindlichen Übungen damit gearbeitet (Bee Bots: Mathematik, Fremdsprachenunterricht, Sachunterricht, Verkehrserziehung; Lego WeDo: Werken, Informatik, Lernwerkstätten; Scratch: Deutsch, Lernwerkstätten). Die Schulklassen wurden jeweils gemeinsam in neue Geräte und Anwendungen eingeführt und anschließend konnten die Schülerinnen und Schüler frei damit arbeiten. Die ursprünglich vorgegebene Reihenfolge des Einsatzes der einzelnen Tools (Bee Bots – Lego WeDo – Scratch) wurde eingehalten und hat sich in der abschließenden Evaluation als didaktisch sinnvoll erwiesen.
Aus der Diskussion mit den Lehrenden geht hervor, dass das Projekt besonders zur Förderung des kollaborativen, kooperativen und sozialen Lernens beigetragen und auch die Klassendynamik positiv beeinflusst hat. Der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Schülerinnen und Schülern erfolgte ohne das Zutun der Lehrpersonen. Genderspezifische Unterschiede waren in der Aneignung der technischen Fertigkeiten nicht zu beobachten und Jungen wie Mädchen, die anfänglich Berührungsängste („das kann ich nicht“) zeigten, konnten diese schnell abbauen. Die Schülerinnen und Schüler wiesen sich in der Wahrnehmung der Lehrenden als begeistert von der spielerischen Lernumgebung und konnten ihren persönlichen Interessen durch den Entwurf eigener Projekte nachgehen. Von den Lehrkräften wurde diesbezüglich besonders positiv hervorgehoben, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler anders als gewohnt beobachten und kennenlernen konnten – unbekannte Kompetenzen traten zutage und manche wuchsen über das gemeinsame Arbeiten über sich hinaus. In einer Schule kam das Experimentieren im offenen Lernsetting einem autistischen Kind sogar so sehr entgegen, dass es sich als Experte mehr als gewohnt in die Klasse integrieren konnte. Die Lehrpersonen konnten des Weiteren beobachten, dass von den Heranwachsenden Zusammenhänge zwischen dem Programmieren an sich und dem Lösen praktischer Probleme hergestellt wurden. Allerdings zeigte sich ebenso, dass für ein tatsächliches Problemlösen im Sinne des Computational Thinking mehr Zeit notwendig gewesen wäre, da zunächst viel Energie in das Verstehen einzelner Tools und ihrer Funktionen investiert werden musste. Die Fähigkeit, Probleme gemeinsam in der Gruppe anzugehen und zu lösen, war aus Perspektive der Lehrpersonen in einzelnen Projektgruppen erkennbar. In ihrer abschließenden Beurteilung schrieben die Lehrkräfte den eingesetzten Geräten und Anwendungen potentiell die Möglichkeit zu, zur Vermittlung algorithmischen Denkens und zur Förderung der informatischen Bildung in der Schule beizutragen.
Das Gesamtprojekt muss aus dem Blickwinkel der ersten Projektphase als partiell erfolgreich beurteilt werden. Die Schülerinnen und Schüler stellten sich als motiviert heraus und arbeiteten in engagierter Weise kollaborativ und kooperativ zusammen, um verschiedene Aufgabenstellungen zu lösen. Die Roboter-Bienen (Bee Bots) erwiesen sich als hilfreich für das Verstehen von Befehlen und das Erlernen des algorithmischen und iterativen Denkens. Im Hinblick auf die Lego-WeDo-Bausätze und die Software Scratch kann nicht genau beantwortet werden, inwiefern die Projektziele tatsächlich erreicht wurden. Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten gemeinsam an spezifischen Aufgaben. Inwieweit damit aber tatsächlich die Fähigkeit des Verstehens, Formulierens und Lösens von Problemen gefördert wurde, konnte weniger klar festgestellt werden. Dies liegt allerdings weniger an den beiden Produkten, sondern an der Tatsache, dass dafür zum einen mehr Zeit notwendig gewesen wäre und zum anderen die Arbeit der Schülerinnen und Schüler, ihrer Lehrerinnen und Lehrer und die dadurch entstehenden Dynamiken im Klassenzimmer eingehender und mit weiteren Methoden hätten evaluiert werden müssen. Auch die Frage, inwiefern solche Projekte tatsächlich den kreativen Umgang mit den IKT fördern, kann erst nach einer längeren Beobachtung festgestellt werden, es zeigen sich jedoch Anzeichen dafür.
Resümee
In Österreich existieren verschiedene Ansätze zur schulischen Medienerziehung, die sich zwei unterschiedlichen Perspektiven zuordnen lassen, welche jeweils durch verschiedene Organisationseinheiten innerhalb des österreichischen Bildungsministeriums repräsentiert und fest verankert sind. Die medienpädagogische Perspektive versteht digitale Bildung als einen Teilbereich einer umfassenden Medienbildung und Medienerziehung als ein holistisches Konzept, das alle digitalen und analogen Medien einbezieht. Dieser Ansatz ist mit dem Grundsatzerlass Medienerziehung seit beinahe 30 Jahren Basis für die schulische Medienerziehung in Österreich. Das Unterrichtsprinzip Medienerziehung soll demgemäß die Integration von Medien und Medienerziehung als selbstverständlichen Bestandteil des Unterrichts in allen Fächern, Schulen und Schulstufen garantieren. Die Breite dieses Ansatzes bietet nicht nur viele Möglichkeiten zur Vermittlung eines reflektierten, selbstbestimmten und kreativen Medienumgangs, sondern wird auch einer modernen, mediatisierten Gesellschaft gerecht, da allen Medien gleichermaßen Bedeutung beigemessen wird. Das Ziel des Unterrichtsprinzips Medienerziehung ist daher die Förderung Heranwachsender im Erwerb einer umfassenden (digitalen wie analogen) Medienbildung im Sinne der UNESCO Paris Declaration on Media and Information Literacy in the Digital Era (Frau-Meigs et al. 2014). Allerdings ist dieses Unterrichtsprinzip trotz der Schaffung vieler Anreize (z. B. Media Literacy Award) und der Unterstützung von Lehrpersonen mit diversen Informations- und Unterrichtsmaterialien sowie eines eigenen Internetportals in der schulischen Praxis zu wenig sichtbar.
Anders gestaltet sich das Bild in Bezug auf die informatische Perspektive, welche ihren Fokus ausschließlich auf das Lehren und Lernen mit digitalen Medien sowie die Vermittlung informatischer Kenntnisse richtet. Durch die zunehmende Digitalisierung und damit verbundenen politischen Strategien auf europäischer wie nationaler Ebene erlangte dieser Blickwinkel in den letzten Jahren an großer Bedeutung. Medienbildung wird hier als synonym mit digitaler Bildung betrachtet bzw. darauf reduziert. Analog zu ähnlichen Entwicklungen in anderen europäischen Staaten (Frau-Meigs et al. 2014) stehen die Digitalisierung und die digitale (Grund-)Bildung im Mittelpunkt der aktuellen Bildungspolitik. Grundlage dafür liefert die Schule 4.0-Strategie des österreichischen Bildungsministeriums über die, anders als im Hinblick auf die allgemeine Medienbildung, ein eigenes Fach in Form einer verbindlichen Übung ab der Sekundarstufe eingeführt wurde, das vermutlich eine höhere Breitenwirksamkeit erzielen wird als ein allgemeines Unterrichtsprinzip. Da diese Digitalisierungsstrategie primär aus einem informatischen Blickwinkel vorangetrieben wird, wird der informatischen (Aus-)Bildung in diesem Kontext zumeist eine größere Bedeutung beigemessen, als einer allgemeinen digitalen Bildung. Ein Beispiel dafür ist das vorgestellte Projekt Denken lernen – Probleme lösen, das auf die Förderung der Fähigkeit des informatischen Denkens sowie des Verstehens von Grundlagen der Robotik bei Grundschulkindern ausgerichtet ist. Dieses Projekt konnte partiell positiv evaluiert werden und zeigt, dass eine Auseinandersetzung mit algorithmischem und iterativem Denken bereits in der Grundschule umsetzbar ist. Allerdings wird es weiterer Forschung bedürfen, um den Mehrwert der eingesetzten Anwendungen und Geräte besser beurteilen zu können. Das Pilotprojekt verdeutlicht allerdings auch, dass Heranwachsende Freiräume als zur Verfügung stehende Zeit im Unterricht brauchen, um sich selbstbestimmt, kollaborativ und kreativ mit Medien auseinandersetzen zu können (z. B. im Hinblick auf die Arbeit mit Lego-WeDo-Bausätzen).
Abschließend stellt sich allerdings die Frage nach der Sinnhaftigkeit paralleler Strukturen und einer inhaltlichen Trennung zwischen medienpädagogischen und informatischen Konzepten, wie sie derzeit in Österreich anzutreffen sind. Aus gewissem Abstand betrachtet, stehen die beiden Ansätze des österreichischen Bildungsministeriums nicht im Widerspruch zueinander. Da Medien in einer mediatisierten Gesellschaft fester Bestandteil des alltäglichen Lebens sind, sollten sie auch in der Schule nicht als ‚Sonderfall‘ betrachtet, sondern integrativer Bestandteil des Schulunterrichts sein, wie es das Unterrichtsprinzip Medienerziehung vorsieht, denn gesellschaftliche wie individuelle Handlungsfähigkeit sowie Mündigkeit können heute nicht mehr ohne (digitale genauso wie analoge) Medien gedacht werden. Zugleich brauchen kreatives Experimentieren, forschendes Lernen und kritisches Reflektieren Zeit und die Möglichkeit, sich etwas länger und intensiver mit einem bestimmten Medium, einem Medieninhalt oder einer spezifischen Fragestellung auseinanderzusetzen. Dies spricht für die Einführung einer verbindlichen Übung, wie im Falle der „digitalen Grundbildung“ ab der Sekundarstufe, als Ergänzung zu einer integrativen Medienerziehung. Auch inhaltlich lassen sich durchweg Gemeinsamkeiten zwischen einer medienpädagogischen und einer informatischen Perspektive erkennen. Eine intensive Auseinandersetzung mit digitalen Medien sowie ein grundlegendes Verständnis für informatische Prozesse und iteratives Problemlösen – im medienpädagogischen Sinne als Wissen über Medien und Mediensysteme – ist in einer mediatisierten Gesellschaft ebenso von Bedeutung. Diese digitale Bildung aus informatischer Perspektive sollte allerdings nicht für sich alleine stehen, sondern als ein wichtiger Bestandteil in eine allumfassende und ganzheitliche Medienbildung integriert werden. Ein erster Ansatz dazu wurde vom österreichischen Bildungsministerium in Form einer Sammlung prototypischer und alle Medien umfassender Aufgaben für eine fächerübergreifende Medienerziehung basierend auf dem entsprechenden Unterrichtsprinzip entwickelt (Schipek/Windischbauer 2018). In diesem Sinne wäre es zielführend, wenn in einer verbindlichen Übung als Ergänzung zum Unterrichtsprinzip Medienerziehung, eine intensive Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Medien und nicht nur mit informatischen Fragestellungen erfolgen würde. Umgekehrt sollte das Unterrichtsprinzip Medienerziehung unter anderem auch genutzt werden, um – ähnlich wie es im Pilotprojekt Denken lernen – Probleme lösen erfolgt ist – informatisches Denken und iteratives Problemlösen fächerübergreifend zu fördern
Anmerkungen
[1] https://www.mediamanual.at/media-literacy-award/ Der Media Literacy Award (mla) richtet sich an europäische Schulen mit dem Ziel, den kreativen und kritischen Umgang mit Medien aller Art zu fördern.
2 Weitere Informationen zum digi.komp-Modell sowie die Ausdifferenzierung der Can-Do-Statements für die unterschiedlichen Schulstufen finden sich hier: www.digikomp.at/
3 Zur näheren Erläuterung siehe www.digikomp.at (Katalog Digitale Kompetenzen & Informatische Bildung)
4 Weitere Informationen und Unterlagen zur Einführung von Bee Bots finden sich auf folgender Website: beebot.ibach.at
5 http://bee.baa.at/beebot_pc.php
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Christine W. Trültzsch-Wijnen ist Hochschulprofessorin für Medienpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig. Dort leitet sie das Kompetenzzentrum für Medienpädagogik und E-Learning sowie das Education Innovation Studio (EIS) für Robotik, kindgerechte Programmierumgebungen und digitale Technologien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Medienrezeption, Mediennutzung und Medienaneignung, kommunikative Kompetenz und Medienkompetenz, international vergleichende Medienpädagogik und Media Literacy Policies.
Zdeněk Sloboda: Digitale Bildung aus der Perspektive Tschechiens
Das Thema Digitale Bildung ist auch in Tschechien ausgesprochen aktuell und erfährt nicht zuletzt in den politischen Diskursen große Beachtung. Im Herbst 2017 erklärte die neu gewählte Parlamentspartei der Tschechischen Piraten die Digitalisierung der Staatsverwaltung als Mastbaum ihrer Politik. Im Juli 2018 widmete ihr die neue Regierung in ihrer Antrittserklärung einen eigenen Abschnitt. In der Sektion Bildung und Schulwesen wurde ein Schwerpunkt auf Innovationen im Bereich der IT-Ausbildung gesetzt. Geplant ist zudem eine Koordinationsstelle, deren Leiter (Regierungsbeauftragter für IT und Digitalisierung) einem Minister gleichgestellt werden soll.
Literatur
ČŠI (Česká školní inspekce) (2018). Rozvoj informační gramotnosti na základních a středních školách ve školním roce 2016/2017: Tematická zpráva. Praha: Česká školní inspekce.
Janík, Tomáš/Maňák, Josef/Knecht, Petr/Němec, Jiří (2010). Proměny kurikula současné české školy: vize a realita. In: ORBIS SCHOLAE, 4 (3), S. 9–35. DOI: 10.14712/23363177.2018.109
Lessner, Daniel (2014). Analýza významu pojmu „Computational Thinking“. In: Journal of Technology and Information Education, 6 (1), S. 71–88. jtie.upol.cz/pdfs/jti/2014/01/06.pdf [Zugriff: 26.07.2018]
MŠMT (2016). Průběžné hodnocení implementace Strategie digitálního vzdělávání do roku 2020. Stav plnění k 22.12.2016. Praha: MŠMT. www.msmt.cz/uploads/SDV_plneni_vFIN.pdf [Zugriff: 26.07.2018]
Sloboda, Zdeněk (2018). Considering Historical (Dis)Continuities of Media (Literacy) Education in the Czech Republic fot he Future Approach. In: Communication Today, 9 (1), S. 4–19. www.communicationtoday.sk/download/12018/01.-SLOBODA-%25E2%2580%2593-CT-1-2018.pdf [Zugriff: 26.07.2018]
Strategie digitálního vzdělávání do roku 2020 (2014). Praha: MŠMT.
Daniel Diegmann: Digitale Bildung aus der Perspektive Japans
Auch wenn das Bild, das in westlichen Medien von Japan produziert wird, häufig durch Technikaffinität, technische Innovationen und eine besondere Mensch-Maschine-Interaktion geprägt ist, spiegeln sich diese Vorstellungen kaum in den schulischen Alltagswelten Japans wider – auch nicht im Alltag der Japanerinnen und Japaner allgemein. Möglicherweise sind diese medialen Darstellungen eher Ausdruck einer tradierten, stereotypen Vorstellung von Japan als exotischem und fremdem Land, das trotz aller Erfolge in internationalen Vergleichsstudien nicht als (positive) Referenzgesellschaft gereicht, vor allem nicht in Bezug auf Bildungsfragen. Die regelmäßig auch in deutschen Medien inszenierten Blicke in japanische Klassenzimmer, in denen Roboter Grundschulkinder unterrichten, sollen eher Zweifel und Skepsis hervorrufen, als Bewunderung und Anerkennung. Sie entwerfen eine Karikatur der japanischen Schule.
Literatur
OECD (2018). Education Policy in Japan: Building Bridges towards 2030. OECD Publishing.
OECD (2016). PISA 2015 Results (Volume I). Excellence and equity in education. OECD Publishing.
OECD (2015). Students, Computers and Learning: Making the Connection. OECD Publishing.
Jennifer Kreß: Digitale Bildung aus der Perspektive der USA
„Why are students in the 21st century still being taught by 20th-century teachers in 19th-century classroom?” (Koch/Koster/Primo 2016). Diese Frage bezieht sich auf ein gefordertes Umdenken, welches in den USA häufig mit Begriffen wie „education in the age of digital revolution“, „educational technology“, „digital turn“ oder einfach „digital education“ bezeichnet wird. Digital education umfasst „social computing, big data, artificial intelligence, and other emerging technologies” (Koch/Koster/Primo 2016: V) und stattet die Lernenden mit vielfältigen und neuen Formen der Interaktion, des Lernens und der Wissensgenerierung aus (ebd.). Das U.S. Department of Education (o. J.) sieht die Vorteile von digitaler Bildung darin, dass diese Bildungsprozesse nicht nur produktiver gestalten würde, sondern gleichsam Materialkosten minimiert und die „teacher time” effektiver genutzt werden könnten (ebd.)
Literatur
Center for digital education (2018). Rethinking Teaching. How K-12 and Higher Education Leaders can facilitate collaborative learning with technology. media.erepublic.com/document/CDE18_BRIEF_Cisco_V.PDF [Zugriff: 12.07.18]
Institute of Education Sciences (2018). Student Access to Digital Learning Resources Outside of the Classroom. nces.ed.gov/pubs2017/2017098.pdf [Zugriff: 22.08.18]
Koch, Fernando/Koster, Andrew/Primo, Tiago (Eds.) (2016). Social Computing in Digital Education – First International Workshop, SOCIALEDU 2015 Stanford, CA, USA, August 19, 2015, Revised Selected Papers, Switzerland: Springer International Publishing.
Office of Educational Technology (2017). Reimagining the Role of Technology in Education: 2017 National Education Technology Plan Update. tech.ed.gov/files/2017/01/NETP17.pdf [Zugriff: 22.08.18]
U.S. Department of Education (o. J.). Use of Technology in Teaching and Learning. www.ed.gov/oii-news/use-technology-teaching-and-learning [Zugriff: 12.07.18]
Statista (2017). Results of digital learning technologies usage of college students in the United States as of August 2016. www.statista.com/statistics/662850/digital-study-technologies-usage-results-usa [Zugriff: 12.07.18]
Michael Forsman: Digitale Bildung aus der Perspektive Schwedens
In Schweden ist der Begriff „digitale Kompetenz“ stärker verbreitet als „digitale Bildung“, wenngleich beide Begriffe zuweilen synonym in der Diskussion um die Digitalisierung des Schulwesens und der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen verwendet werden. Zu erklären ist dies damit, dass „digitale Kompetenz“ seit 2016 als Kernkompetenz in schwedische Lehrpläne Einzug gehalten hat. Seit Juli 2018 ist digitale Kompetenz sowohl als Grundwert als auch als übergreifende Fähigkeit sowie als Fachwissen verpflichtend für die gesamte Ausbildungslaufbahn von Kindergarten bis Erwachsenenbildung festgehalten (Skolverket 2018). Ziel der staatlichen Digitalisierungsstrategie ist es, digitale Klüfte durch einen gleichwertigen Zugang zu angemessener digitaler Technik sowie die Weiterbildung von Lehrpersonal und praxisnaher, evidenzbasierter Forschung zu überwinden.
Literatur
Biesta, Gert (2010). Good Education in the age of measurement. Ethics, Politics, Democracy. Boulder, Colorado: Paradigm Publishers.Carlsson, Ulla (Hrsg.) (2018). Medie- och informationskunnighet i den digitala tidsåldern. En demokratifråga. Göteborg: Nordicom.
Drotner, Kirsten/Frau-Meigs, Divina/Kotilainen, Sirkku/Uusitalo, Niina (2017). The double bind of media and information literacy: A critical view on public policy discourses about MIL. In: Frau-Meigs, Divina/Velez, Irma/Michel, Julieta Flores (Eds.), Public policies in media and information literacy in Europe: Cross-country comparisions. Abingdon, England: Routledge, pp. 269–283.
Forsman, Michael (Hrsg.) (2015). Paducation: an EU-based method-advancement project by German and Swedish teachers working with Ipad. Huddinge: Södertörns högskola.
Forsman, Michael (2018a). Media and information literacy in Sweden: governance, trends and traditions. In: Hobbs, Renee/Mihailidis, Paul (Eds), The International Encyclopedia of Media Literacy. Hoboken, New Jersey: Wiley & Sons, Inc.
Forsman, Michael (2018b). Digital competence and the future media citizen:a preliminary conceptual analysis. In: The Journal of Media Literacy, 1–2 (2018).
Friesen, Norm (2013). Educational technology and the ‘new language of learning’: lineage and limitations. In Selwyn, Neil/Facer, Keri (Eds), The politics of education and technology. Conflicts, Controversies, and Connections. Basingstoke: Palgrave Macmillan, pp. 21–38.
Ilomäki, Liisa/Paavola, Sami/Lakkala, Minna/Kantosalo, Anna (2016). Digital competence: an emergent boundary concept for policy and educational research. In: Education and information technologies, 21 (3), S. 655–679.
Pikkarainen, Eetu (2014). Competence as a key concept of educational theory. A semiotic point of view. In: Journal of Philosophy of Education, 48 (4), S. 621–636.
Salavati, Sadaf (2016). Use of digital technologies in education: the complexity of teachers’ everyday practice. Dissertation. Linnéuniversitetet Kalmar Växjö.
Skolverket (2018). Digitalisering i skolan – möjligheter och utmaningar. Stockholm: Skolverket.
Williamson, Ben (2013). The future of the curriculum. School knowledge in the digital age. Cambridge. Mass.: MIT Press.
Williamson, Ben (2017). Big data in education. The digital future of learning, policy and practice. London: Sage.
Wilson, Carolyn/Grizzle, Alton/Tuazon, Ramon/Akyempong, Kwame/Cheung, Cchi Kim (2011). Media and information literacy. Curriculum for teachers. Paris: Unesco.
Jin-Suk Kang: Digitale Bildung aus der Perspektive der Republik Korea
Seit den 1960er Jahren hat sich die Republik Korea in rasantem Tempo zu einer der bedeutendsten Volkswirtschaften der Welt entwickelt. Die IT-Branche nimmt dabei einen zentralen Stellenwert ein. Südkorea ist einer der größten App-Hersteller, insbesondere für Games, aber auch in der Smartphone-Herstellung ist das Land (mit Samsung, LG und Pantech) Branchenführer. Wie wird dieser Dynamik im Bereich der Bildung entsprochen? Vor zehn Jahren wurde von der südkoreanischen Regierung bekanntgegeben, dass das gedruckte Schulbuch abgeschafft werde, um künftig allein mit digitalen Lehrmethoden zu arbeiten. Was ist seither geschehen?
Literatur
Bawden, David (2001). Information und digitale Kompetenz: eine Überprüfung der Konzepte. Zeitschrift für Dokumentation, 57 (2), 218–259.
Breivik, Patricia S. (2005). 21. Jahrhundert Lernen und Informationskompetenz. Änderung, März/April, 20–27.
Kang, Jinsuk/Cho Jaehee/Jeong, Suyoung/Park, Seongwoo (2017). Studium des Medienbildungssystems und des politischen Mechanismus in Übersee. Seoul: Korea Press Foundation.
Kang, Jinsuk (2018). Post-human Discourse and Aesthetic-ethical Competence: Rethinking the Human-Machine Relationship. In: Korean Journal of Journalism & Communication Studies 62 (3), S. 385–414.
Koreanische Bildungsakademie für Informatik (2017). Analyse des koreanischen Bildungsinformationsniveaus durch OECD PISA 2015 <Problembericht>.
Kim, Myown (2017). Digital Literacy Wie können wir es erhöhen? Korea Media Promotion Foundation Web Magazin <Medienkompetenz>.
Nam, Doyoung (2018, 7. 9). news 1. news1.kr/articles/
Für die Übersetzung danken wir Merita Ignatius von der Universitaet Chung-Ang, Abteilung Media communication (Magister).
Anja Hartung-Griemberg/Bernd Schorb: Flipped Classroom als Ansatz für die pädagogische Praxis
Im Zuge der Digitalisierung finden ständig neue elektronische Medien Einzug in die Klassenräume. Christian Spannagel von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg erklärt im Interview mit Bernd Schorb, emeritierter Professor für Medienpädagogik an der Universität Leipzig, und Anja Hartung-Griemberg, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, das Konzept des Flipped Classrooms und dessen Potenziale in verschiedenen Bildungsbereichen.
Beitrag aus Heft »2018/05 Digitale Bildung?«
Autor: Anja Hartung-Griemberg, Bernd Schorb, Christian Spannagel
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spektrum
Anna Zembala: Digitale Lern- und Spielumgebung in Kindermuseen
Aktuell sind die Meinungen der Pädagoginnen und Pädagogen bzw. von Lehrerinnen und Lehrern geteilt, ob es notwendig wäre, digitale Medien in die schulische Bildung zu implementieren. Die einen sehen im Einsatz von E-Books oder Game-based Learning große Chancen. Die anderen wünschen einen medienfreien Unterricht und verweisen auf die Gefahren intensiver Mediennutzung durch Kinder und Jugendliche. Im außerschulischen Kontext, insbesondere in Museen und Kindermuseen werden neue Wege des medialen Einsatzes ausgelotet. Im folgenden Artikel werden erste Erfahrungen der US-amerikanischen Kindermuseen besprochen. Mit Hilfe einiger konkreter musealer Beispiele wird die Best Practice digitaler Lernsituationen vorgestellt.
Literatur
Association of Children’s Museums (Hrsg.) (2016). The Uses of Digital Technology in Children’s Museums. In: Hand to Hand. 4, Winter 2016/2017.
Donohue, Chip (2016). Media Mentor: A Digital Age Role for Children’s Museum Educators. In: Association of Children’s Museum (Hrsg.), The Uses of Digital Technology in Children’s Museums. In: Hand to Hand. 4, Winter 2016/2017, S. 8–9.
Herzig, Bardo (2014). Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht? Bielefeld: BertelsmannStiftung. www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Studie_IB_Wirksamkeit_digitale_Medien_im_Unterricht_2014.pdf [Zugriff: 18.08.2018]
Herzig, Bardo/Aßmann, Sandra (2008). Digitale Medien in informellen und formalen Lernumgebungen von Kindern und Jugendlichen. In: Wernstedt, Rolf/John-Ohnesorg, Marei (Hrsg.), Neue Medien in der Bildung. Berlin: FES (Friedrich-Ebert-Stiftung), S. 41–46. library.fes.de/pdf-files/stabsabteilung/05767.pdf [Zugriff: 18.08.2018]
Herzig, Bardo/Grafe, Silke (2007). Digitale Medien in der Schule. Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemein bildenden Schulen in Deutschland. Bonn: Deutsche Telekom.
Krotz, Friedrich (2001). Die Mediatisierung des kommunikativen Handelns. Der Wandel von Alltag und sozialen Beziehungen, Kultur und Gesellschaft durch die Medien. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Ostfeld Keith (2016). Digitally Enhancing the Visitor Experience. In: Hand to Hand. 4, Winter 2016/2017, S. 1–2; 16.
Prensky, Marc (2001). “Digital Natives, Digital Immigrants Part 1”. In: On the Horizon. 9(5), S. 1–6 DOI: 10.1108/10748120110424816 [Zugriff: 18.08.2018]
Roll Josef (2016). Digitale Lernszenarien – Social Media als pädagogische Herausforderung. In: Zweckstetter Marion, Schmerr Martina, Antritter Martina (Hrsg.), Erfolgreich mit Neuen Medien! Was bringt das Lernen im Netz? Frankfurt: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft , S. 15–23.
Siemens George (2004). Connectivism: A Learning Theory for the Digital Age. www.elearnspace.org/Articles/connectivism.htm [Zugriff: 18.08.2018]
Tang Carol (2016). Digital Technology: Use it or Not – One Museum’s Guiding Principles. In: Hand to Hand. 4, Winter 2016/2017, S. 3.
Sarah Genner/Lilian Suter: Generation Smartphone
Im partizipativen Forschungsprojekt „Generation Smartphone“ haben 30 Jugendliche über 30 Tage hinweg ihre Smartphone-Nutzung im Alltag dokumentiert: Insgesamt 900 einzelne Nutzungstage konnten so untersucht werden. Ziel des hier vorgestellten Projekts war es, die Perspektive Jugendlicher systematisch einzubeziehen. Dieser Beitrag beleuchtet die Chancen, Risiken und Dilemmata der alltäglichen Smartphone-Nutzung der Jugendlichen auf der Basis dieser 900 dokumentierten Tage.
Literatur
Appel, Markus/Schreiner, Constanze (2014). Digitale Demenz? Mythen und wissenschaftliche Befundlage zur Auswirkung von Internetnutzung. In: Psychologische Rundschau, 65 (1), S. 1–10. DOI: 10.1026/0033-3042/a000186.
Feierabend, Sabine/Plankenhorn, Theresa/Rathgeb, Thomas (2017). JIM-Studie 2017. Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest.
Genner, Sarah/Süss, Daniel (2017). Socialization as Media Effect. In: Roessler, Patrick (Eds.). The International Encyclopedia of Media Effects. Hoboken, NJ: Wiley.
Jandura, Olaf/Karnowski, Veronika (2015). Digital Natives vs. Digital Immigrants – fruchtbares empirisches Konzept für die Kommunikationswissenschaft oder populärwissenschaftliche Fiktion? In: Publizistik, 60 (3), S. 63–79. DOI: 10.1007/s11616-014-0221-5.
Mayring, Philipp (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. 12. Aufl. Weinheim: Beltz. (Original erschienen 1983)
Schulmeister, Rolf (2009). Gibt es eine «Net Generation»? Erweiterte Version 3.0. Universität Hamburg. epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2013/19651/pdf/schulmeister_net_generation_v3.pdf [Zugriff: 16.07.2018]
Twenge, Jean M. (2017). Have smartphones destroyed a generation? The Atlantic. www.theatlantic.com/magazine/archive/2017/09/hasthe-smartphone-destroyed-a-generation/534198 [Zugriff: 16.07.2018]
von Gehlen, Dirk (2016). Digitale Paranoia – Online bleiben, ohne den Verstand zu verlieren. München: C. H. Beck.
Waller, Gregor/Willemse, Isabel/Genner, Sarah/Suter, Lilian/Süss, Daniel (2016). JAMES – Jugend, Aktivitäten, Medien – Erhebung Schweiz. Zürich: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Willemse, Isabel/Waller, Gregor/Süss, Daniel/Genner, Sarah/Huber, Anna-Lena (2012). JAMES – Jugend, Aktivitäten, Medien – Erhebung Schweiz. Zürich: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Beitrag aus Heft »2018/05 Digitale Bildung?«
Autor: Sarah Genner, Lilian Suter
Beitrag als PDFEinzelansichtManuela Endberg/Ramona Lorenz: Schülerzentrierte Nutzung digitaler Medien im Unterricht und die Rolle der Lehrperson
Die Vermittlung von Kompetenzen im Kontext digitaler Medien ist eine Kernaufgabe der Schule. Auf Basis der Studie „Schule digital – der Länderindikator 2017" werden Angaben der Lehrpersonen zur Nutzung digitaler Medien sowie digitaler Anwendungen durch Schülerinnen und Schüler im Unterricht präsentiert. Zudem wird der Zusammenhang der Kompetenz der Lehrpersonen bei der Planung computergestützter Unterrichtsstunden mit der Häufigkeit der aktiven Medienarbeit der Schülerinnen und Schüler aufgezeigt.
Literatur
Bitkom (2015). Digitale Schule – vernetztes Lernen. Ergebnisse repräsentativer Schüler- und Lehrerbefragungen zum Einsatz digitaler Medien im Schulunterricht. Berlin. www.bitkom.org/noindex/Publikationen/2015/Studien/Digitale-SchulevernetztesLernen/BITKOM-Studie-Digitale-Schule-2015.pdf [Zugriff: 07.02.2018]
Bonitz, Anika/Bonitz, Monika (2016). Lernen ohne Papier – Digitale Schulbücher. In: Zweckstetter, Marion/Schmerr, Martina/Antritter, Wolfgang (Hrsg.), Schule. Erfolgreich mit Neuen Medien! Was bringt das Lernen im Netz? Frankfurt am Main: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), S. 43–51.Endberg, Manuela/Lorenz, Ramona/Senkbeil, Martin (2015). Einstellungen von Lehrpersonen der Sekundarstufe I zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht. In: Bos, Wilfried/Lorenz, Ramona/Endberg, Manuela/Schaumburg, Heike/Schulz-Zander, Renate/Senkbeil, Martin (Hrsg.), Schule digital – der Länderindikator 2015. Vertiefende Analysen zur schulischen Nutzung digitaler Medien im Bundesländervergleich: Münster: Waxmann, S. 95–140.
Groebel, Jo (2012). Digitale Lernwerkzeuge. BSP Business School Berlin Potsdam – Hochschule für Management (FH).
Herzig, Bardo (2017). Medien im Unterricht. In: Schweer, Martin K. W (Hrsg.), Lehrer-Schüler-Interaktion. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 503–522.
Lorenz, Ramona/Bos, Wilfried/Endberg, Manuela/Eickelmann, Birgit/Grafe, Silke/Vahrenhold, Jan (Hrsg.) (2017). Schule digital – der Länderindikator 2017. Schulische Medienbildung in der Sekundarstufe I mit besonderem Fokus auf MINT-Fächer im Bundesländervergleich und Trends von 2015 bis 2017. Münster: Waxmann.
Lorenz, Ramona/Endberg, Manuela (2016b). Digitale Medien in der Lehrerausbildung. Die Sichtweise aus der Unterrichtspraxis. In: merz | medien + erziehung, 60 (4), S. 60–65.
mpfs [Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest]. (2017). JIM 2017. Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (LFK, LMK).
Schiefner-Rohs, Mandy (2018). Zwischen Heilserwartung und Weltuntergang. Digitale Medien in der Schule. In: Zeitschrift Schulmanagement, 1/2018, S. 31–33.
Beitrag aus Heft »2018/05 Digitale Bildung?«
Autor: Manuela Endberg, Ramona Lorenz
Beitrag als PDFEinzelansichtBernd Kleinhans: "Welcome to the Typosphere!"
Seit den 2000er Jahren gibt es ein scheinbar anachronistisches Revival der mechanischen Schreibmaschine, das vor allem von jüngeren Studierenden, Akademikerinnen bzw. Akademikern und Autorinnen und Autoren, die selbst nur mit dem Computer aufgewachsen sind, getragen wird. Sie labeln sich unter Begriffen wie „Typosphere“ oder „Schreibmaschinisten“ und propagieren einen Wiedereinsatz der Schreibmaschine. War sie im 19. Jahrhundert noch ein Instrument der Rationalisierung der Büroarbeit, wird sie nun zum Instrument gegen die industrielle Effizienzlogik. Es geht in diesem Diskurs auch um eine grundlegende medientheoretische Frage: Sind Medien bloße Mittel oder bestimmen sie durch ihre spezifische Technizität auch Denken und Handeln der Nutzerinnen und Nutzer?
Literatur
Bliven, Bruce Jr. (1954). The Wonderful Writing Machine. New York: Random House.
Bolz, Norbert (1993). Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. München: Wilhelm Fink Verlag.
Eye, Werner von (1941). Kurz gefaßte Geschichte der Schreibmaschine und des Maschinenschreibens. Berlin: Apitz, Verlagsbuchhandlung.
Fritz, Hans-Joachim (1985). Der Weg zum modernen Büro. Vom Sekretär zur Sekretärin, In: Stümpel, Rolf (Hrsg.), Vom Sekretär zur Sekretärin. Katalog der Ausstellung zur Geschichte der Schreibmaschine und ihrer Bedeutung für den Beruf der Frau im Büro. Mainz: Gutenberg-Museum Mainz, S. 48–60.
Glavinic, Thomas (2014). Meine Schreibmaschine und ich. Bamberger Vorlesungen. München: Carl Hanser Verlag.
Giuriato, Davide/Stingelin, Martin/Zanetti, Sandro (Hrsg.) (2005). „Schreibkugel ist ein Ding gleich mir: von Eisen“. Schreibszenen im Zeitalter der Typoskripte. München: Fink.
Gustafson, Michael/Uberti, Oliver (2018). Notes from a Public Typewriter. New York: Hachette Book Group.
Hayles, Katherine (2002). Writing Machines. Cambridge und London: Mediawork. The MIT Press.
Ihde, Don (1990). Technology and the Lifeworld from Garden to Earth. Bloomington and Indianapolis: Indiana University Press.
Kittler, Friedrich (1986). Grammophon, Film, Typewriter. Berlin: Brinkmann & Bose.
Knobloch, Jürgen (2018). Für sensible Poeten: Die Rückkehr der Schreibmaschine, Berliner Zeitung vom 19.03.2018: www.berliner-zeitung.de/berlin/fuer-sensible-poeten-die-rueckkehr-der-schreibmaschine-29889058 [Zugriff: 31.07.2018]
Koziol, Klaus (2017). Die Erzählung vom besseren Leben gegen die Logik der digitalen Welt. München: kopaed.
Lassnig, Ewald (1993). Peter Mitterhofer 1822 – 1893. Ein Pionier der Schreibmaschine. Bozen: Verlagsanstalt Athesia.
Masi, Frank T. (1985). The Typewriter Legend. New Jersey: Matsushita Electric Corporation of America.
McLuhan, Marshall (2001). Das Medium ist die Botschaft. The Medium is the Message. Dresden: Philo Fine Arts. Verlag der Kunst.
McLuhan, Marshall (2018). Die magischen Kanäle. Hamburg: Gingko Press Verlag.
Messer, Sam/Auster, Paul (2005). Die Geschichte meiner Schreibmaschine. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Müller, Friedrich (1900). Schreibmaschinen und Schriften-Vervielfältigung. Berlin: Verlag der Papierzeitung.
Munk, Theodore (2017). The Manual Typewriter Repair Bible.
NZZ Digital (2018). Die Schreibmaschine ist 150 Jahre alt - und nicht tot zu kriegen, Neue Züricher Zeitung Digital vom 17.06.2018: www.nzz.ch/panorama/die-schreibmaschine-ist-150-jahre-alt-und-nicht-tot-ld.1395516 [Zugriff: 31.07.2018]
Platon: Phaidros, In: Eigler, Gunther (Hrsg.), Platon. Werke in acht Bänden, Bd. 5. 4. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Polt, Richard (2015). The Typewriter Revolution. A Typist´s Companion for the 21st Century. New York: The Countryman Press.
Sax, David (2016). The Revenge of the Analog. Real things and why they Matters. New York: Public Affairs
Stümpel, Rolf (Hrsg.) (1985). Vom Sekretär zur Sekretärin. Katalog der Ausstellung zur Geschichte der Schreibmaschine und ihrer Bedeutung für den Beruf der Frau im Büro. Mainz: Gutenberg-Museum Mainz.
Ulbrich, Gerhard (1953). Kleine Entwicklungsgeschichte der Schreibmaschine. Leipzig: Fachbuchverlag GmbH.
Waize, Alfred (1998). Die Welt der Schreibmaschinen. Stationen einer Entwicklungsgeschichte. Erfurt: Desotron Verlagsgesellschaft.
medienreport
Marko Junghänel: "Junait“ – ein webbasiertes Lernspiel
planpolitik Simon Raiser und Björn Warkalla (Hrsg.) (2017).Junait, das Medienkompetenzspiel. Im Unterricht den Umgang mit Sozialen Medien lernen. www. junait.de, kostenfrei.
Soziale Medien wie Instagram, YouTube oder Facebook sind sowohl im Alltag von Kindern und Jugendlichen als auch in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern von Pädagoginnen und Pädagogen permanent präsent. Nach zahlreichen Skandalen um den Datenmissbrauch durch Plattformbetreiber ist die Sensibilität bei der Nutzung dieser Netzwerke zwar durchaus vorhanden. Konsequenzen in Form einer endgültigen Abmeldung von diesen Diensten bleiben bei allen Altersgruppen jedoch eine Ausnahme.
Mit dem webbasierten Lernspiel Junait stellt das Unternehmen planpolitik eine browserbasierte Anwendung zur Verfügung, die über die häufigsten Gefahren innerhalb der verschiedenen Sozialen Netzwerke aufklärt und geeignete Handlungsstrategien vorstellt, um Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte und eigene Daten wirksam zu schützen. Junait ist ein Online-Spiel, das Lehrkräfte und Schülerinnen bzw. Schüler kostenfrei nutzen können. Das Ziel, die Nutzerinnen und Nutzer auf reale Gefahren in Sozialen Netzwerken aufmerksam zu machen und ihnen Möglichkeiten an die Hand zu geben, diese Gefahren zu bannen und medienkompetent Entscheidungen zu treffen, erreicht Junait durch einen leicht verständlichen Spielaufbau und die glaubwürdige Simulation echter Plattformen. Im Vorfeld müssen die Lehrkräfte über die Junait- Website einen Zugang zur Spielplattform für die Schulklasse beantragen. Mit dem unmittelbar danach per E-Mail verschickten „geheimen Codewort“ kann ein neues Spiel gestartet werden. Zunächst ist jedoch die Einrichtung eines Lehrkräfte-Kontos erforderlich, in dem Name, Mail-Adresse, Passwort und Postleitzahl angegeben werden müssen. Zusätzlich werden etwa die Schuhgröße, der Name des Lieblingsfilms oder das persönliche Lieblingsessen abgefragt. Dass der damit verbundene Abruf der IP-Adresse der Nutzenden und das Speichern der Pflichtangaben für die Dauer des Spieles notwendig sein sollen, hinterlässt trotz der Ankündigungen, dass nach Spielende alle Daten gelöscht würden, ein unangenehmes Gefühl. In Anbetracht der behandelten Thematik und der Spielelogik ist dieses Vorgehen allerdings nur konsequent und Teil der später umzusetzenden pädagogischen Intervention. Durch das eigentliche Spiel führen zwei Charaktere: Dr. SURIV, Erfinder des fiktiven sozialen Netzwerks Junait, der sich als datenstehlender Bösewicht entpuppt, und Condor, die Programmiererin, die die Spielenden beispielsweise dabei unterstützt, Bots zu identifizieren oder persönliche Daten zu schützen. Zunächst müssen jedoch einige organisatorische Vorbereitungen getroffen werden, um im Spiel aktiv mitwirken zu können. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung eines eigenen Avatars, mit dem man durch das Setting navigiert. Zudem ist ein Scroll-Test erforderlich. Für das Erledigen dieser und anderer Aufgaben erhält der Spielende bereits Münzen, mit denen verschiedene Items für den Avatar freigeschaltet werden können. Schließlich müssen die AGBs angenommen werden. Damit kann das eigentliche Spiel beginnen. Die Aufgabenstellungen hierzu können unter anderem folgendermaßen lauten:
- Freunde finden (Belohnung für das Hinzufügen von Freunden bekommen),
- etwas auf eine Pinnwand posten (daraufhin Meldung mit z. B. Werbung für Schuhe in der eingangs angegebenen Größe) oder kommentiere die Posts anderer (dabei auf Werbeanzeige stoßen, eine nicht weiter spezifizierte Fehlermeldung erhalten),
- einen Chat starten und beantworten (und dabei mit taktlosen Antworten oder Werbung konfrontiert werden),
- den versteckten Sicherheitsbereich im Profil aktivieren und dabei lernen, Bots zu melden und zu blockieren und
- den Virenscanner aktivieren (dazwischen tauchen Werbe-Pop-ups und Hinweise auf, dass gerade persönliche Daten verkauft werden), neue Einstellungen der Privatsphäre vornehmen und zum Schluss ein sicheres Passwort anlegen
Der interaktive Aufbau des Spiels ermöglicht auch im Umgang mit sozialen Netzwerken unerfahrenen Kindern und Jugendlichen eine problemlose Navigation durch das Setting. Eine Unterstützung durch die Lehrkraft ist jedoch ratsam. Am Ende werden die Spielenden aufgefordert, kurze Fragen zu beantworten, um das Gelernte zu wiederholen bzw. zu reflektieren: „Welche Daten sollte man nicht im Internet angeben?“, „Wo und warum habt ihr euch mit Viren angesteckt?“, „Wer waren die Fremden bei Junait und was wollten sie?“ Diese Antworten bilden bei der durch die Lehrkraft geleiteten Auswertung die Diskussionsgrundlage zur (medien-) pädagogischen Intervention. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind selbst nicht in das Ziel eingebunden, können aber im „Lehrkraftbereich“ die Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler verfolgen. Der Spielelogik liegt ein hoher Grad an Handlungsorientierung zugrunde, was nicht nur der Förderung von Medienkompetenz zuträglich ist, sondern das Spiel auch aus handlungspraktischer Sicht alltagsnah erscheinen lässt.
Die Vorbereitungszeit für Lehrkräfte ist verhältnismäßig hoch und liegt bei zirka vier Stunden. Das Spiel muss zunächst komplett durchgespielt werden. Andererseits wird mit den mitgelieferten Auswertungshilfen die abschließende Reflexion und Diskussion gut vorbereitet, eigene Recherchen sind nicht notwendig. Nachteilig am Spielkonzept ist zu werten, dass die Nutzung vor allem nur für stationäre Endgeräte (PCs in der Schule) begrenzt ist – eine mobile Version als App ist nicht verfügbar. Zudem können die bearbeiteten Folien nicht heruntergeladen oder modifiziert werden – ein Einstieg in das Lernspiel ist ebenfalls nicht variabel gestaltbar, sondern folgt einer strengen Chronologie. Hilfreich wäre darüber hinaus, wenn reale aktuelle Beispiele aus sozialen Netzwerken eingebunden worden wären.
„Junait, das Medienkompetenzspiel. Im Unterricht den Umgang mit Sozialen Medien lernen“, so der vollständige Titel, richtet sich an Schülerinnen und Schüler von acht bis 12 Jahren. Ein vollständiger Spielzyklus dauert zwischen 50 und 90 Minuten. Das Spiel wurde 2017 im Rahmen des Grimme-Online Awards mit dem klicksafe-Anerkennungspreis geehrt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband vergibt für das Spiel die Gesamtbewertung „Gut“. Junait ist ein Projekt, das sich seit über 20 Jahren mit der Entwicklung von Plan- und Simulationsspielen im gesellschaftspolitischen Kontext befasst. Dieses Bildungsangebot wurde von Ein Netz für Kinder und vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert
Dana Neuleitner: Im Schatten der Netzwelt – The Cleaners
„Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar.“ „Dieser Post wurde gelöscht.“ Benachrichtigungen wie diese zeigen an, dass Inhalte aus den sozialen Medien entfernt wurden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber was wird alles gelöscht? Und wer bestimmt, was bleiben darf? Der investigative Dokumentarfilm Im Schatten der Netzwelt – The Cleaners von Hans Block und Moritz Riesewieck, der zu diesem Thema schon ein Buch und ein Theaterstück verfasst hat, sucht nach Antworten. In 85 Minuten wird ein umfassendes Bild der Lage gezeichnet – allerdings mit geschärftem Blick auf die großen, den Markt bestimmenden Player wie Facebook, Google oder YouTube. Sie wollte keine Müllsammlerin werden, deshalb habe sie sich in der Schule angestrengt, erklärt eine junge Philippinerin. Die Berufsaussichten und die Bezahlung in ihrer Heimat sind oft schlecht. Doch anstatt wie viele andere sortiert sie nicht den Müll auf den großen Deponien, sondern digital: Sie ist Content-Moderatorin und arbeitet über eine Drittfirma für ein Soziales Netzwerk. Die philippinische Hauptstadt Manila ist der „weltweit größt[e] Standort für Content-Moderation“. „Unsere Aufgabe ist es, die Inhalte der Nutzerinnen und Nutzer zu überwachen und zu moderieren. Ich helfe den Menschen. Ich kämpfe gegen die Verbreitung von Kindesmissbrauch. Ich muss Terrorismus identifizieren und Cybermobbing eindämmen“, erzählt sie im Dokumentarfilm, der am 28. August 2018 erstmals im Free-TV auf ARTE ausgestrahlt wurde und Anfang September in der Mediathek von Das Erste abrufbar war.
Der Film beschäftigt sich mit Zensur in den Sozialen Medien – ein sensibles und wichtiges Thema, mit dem sich auch junge Nutzerinnen und Nutzer auseinandersetzen sollten. Einerseits können gefährliche Inhalte von den etwa drei Milliarden aktiven Social Media-Userinnen und -Usern ferngehalten und sie so vor möglichem Schaden bewahrt werden. Andererseits bleibt Zensur eben Zensur, was im ungünstigsten Fall die Meinungs- und Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger beschneidet. Das Internet – und somit auch Soziale Netzwerke – kann für sie ein wichtiger Ort sein, um von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen, besonders in Ländern, in denen es um dieses Recht schlecht bestellt ist. Die Autoren gehen hier etwa auf politisch motivierte Löschungen in der Türkei und Videos von Anschlägen in Syrien ein – Material, das etwa von NGOs schnellstmöglich gesammelt und vor dem Löschen bewahrt wird, um über die Lage dort zu berichten. In der Regel verfügen soziale Plattformen über eigene Nutzungsbedingungen – Gewalt, Pornografie und Hassrede verstoßen meistens dagegen. Diese Inhalte werden entfernt, wenn sie jemand meldet. Facebook etwa verbietet, „etwas zu tun oder zu teilen“, das „rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch“ ist oder „verletzt bzw. […] gegen die Rechte einer anderen Person [verstößt]“. Die Auslegung in der Praxis ist oft willkürlich. Schülerinnen und Schülern sollte diese Thematik nähergebracht werden. Dazu könnte im Unterricht darauf eingegangen werden, dass sich die Betreiber in Deutschland seit Anfang Oktober 2017 an den Richtlinien des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) ‚orientieren‘ müssen. Jedoch entscheiden nicht etwa Juristinnen oder Juristen darüber, ob gemeldete Beiträge den Kategorien entsprechen und entfernt werden, sondern „Personen, […] [die] lediglich halbjährlich geschult werden“ müssen, wie No Hate Speech Movement Deutschland kritisiert. Sie – oder eben philippinische Cleaner, die oftmals über geringe Vorkenntnisse verfügen – formen durch ‚Löschen‘ oder ‚Ignorieren‘ das Welt- und Wertebild der Userinnen und User mit, bei denen Social Web fest im Alltag integriert ist und sie – auch unbewusst – beeinflusst.
Durch die bildhafte Sprache der geschilderten Erfahrungen und die Machart der Reportage und Dokumentation kann sich die Zuschauerin bzw. der Zuschauer in die Lage der Cleaner hineinversetzen. So werden beispielsweise ausgewählte, von Facebook gelöschte Bilder zum Teil nicht zensiert oder sehr detailliert beschrieben – etwa das einer erschossenen Person oder eines ertrunkenen Flüchtlingskindes sowie das provokative Gemälde eines nackten Donald Trumps der Künstlerin Illma Gore. The Cleaners trägt unter anderem deshalb FSK 16. Die Filmautoren verzichten dennoch auf eine Kommentatorin bzw. einen Kommentator. Somit lassen sie die Rezipientinnen und Rezipienten in der Verortung des Gesehenen zwar weitestgehend selbstbestimmt, allerdings in ihrer Eigenverantwortlichkeit zu wissen, zu verstehen und einzuordnen auch tendenziell auf sich gestellt.
The Cleaners könnte sich gut als Lehrvideo eignen, dabei sollte die Lehrkraft jedoch darauf achten, dass die Inhalte mit den Schülerinnen und Schülern ausreichend besprochen oder eventuell nur einige Szenen auswählt werden. Ob und wie die philippinischen Cleaner psychisch betreut werden, ist darüber hinaus fraglich.
Auch in den USA wird über psychische Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichtet. Facebook droht dort nun eine Sammelklage: Dem SPIEGEL zufolge werfen die Klägerinnen und Kläger der Plattform vor, ihre Angestellten – oft Zeitarbeiterinnen und -arbeiter – nicht ausreichend zu schützen. Es wird auch dargestellt, warum Algorithmen und schlecht ausgebildete Content-Moderatorinnen und -Moderatoren nicht zuverlässig arbeiten können: Oft muss der Kontext mit ausgewertet werden. Doch das nötige Hintergrundwissen fehlt. Ein philippinischer Content-Moderator erkennt beispielsweise den türkischen Präsidenten Erdoğan nicht und hält ihn lediglich für einen alten Mann. Jungen Lernenden kann so verdeutlicht werden, wie wichtig es ist, Inhalte aus dem Netz stets zu reflektieren und den eigenen Wissensstand zu vergrößern.
The Cleaners leistet einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über Inhalte, die gegen Gesetze oder Community-Richtlinien verstoßen und regt an, über mögliche Lösungen nachzudenken. Uploadfilter wie sie die EU-Kommission Mitte September vorschlug und die beispielsweise gegen terroristische Inhalte vorgehen sollen, könnten zwar nützen, jedoch auch schnell in Richtung Zensur schwenken. So betonte Nicole Wong, ehemalige Führungskraft bei Google und Twitter, im Film: „Wenn man Wert auf Meinungsfreiheit legt und eine demokratische Plattform will, dann entscheidet man sich für die liberaleren Grundsätze.“ Eltern oder pädagogischen Fachkräften ist demnach zu empfehlen, Jugendliche im Anschluss an den Film zu Gesprächen oder Diskussionen über Filminhalte anzuregen und unter anderem Arbeitsbedingungen der Cleaners sowie mögliche Lösungswege oder auch das eigene Nutzungsverhalten auf Sozialen Plattformen zu reflektieren.
Johannes Rockstuhl: Spiele, (für) groß und klein
Dienstag, den 21. August 2018, 9 Uhr in der Messe Köln. Die Tore öffnen sich und die Hallen beginnen sich langsam zu füllen. Noch sind die vielen Bildschirme der zehn Hallen mit rund 200.000 Quadratmetern leer und man kann sich ohne Mühe von Stand zu Stand der über 1.000 Aussteller bewegen. Am nächsten Tag um diese Zeit sollte das jedoch bereits ganz anders aussehen. Am Mittwoch startete nämlich zum zehnten Mal die alljährliche gamescom in Köln. Rund 370.000 leidenschaftliche Gamerinnen und Gamer feierten hier frei nach dem diesjährigen Motto „Vielfalt gewinnt“.
Vieles hat sich in den letzten zehn Jahren nicht verändert. Zwar haben sich sowohl Fläche als auch Ticketpreis verdoppelt, doch bereits damals reisten schon rund 235.000 Besucherinnen und Besucher aus aller Welt an, um die neuesten Spiele höchst persönlich zu testen. Die altbekannten Spielereihen waren bereits 2009 zu sehen. Während sich Fans zu dieser Zeit auf Fifa 10 und den zweiten Teil der Assasin’s Creed-Reihe stürzten, gab es in diesem Jahr die Möglichkeit, Fifa 19 und Assassin’s Creed Odyssey anzuspielen. Letzteres versetzte die Spielerin bzw. den Spieler in das antike Griechenland. Nach dem stark umstrittenen Teil Assassin’s Creed Syndicate hat sich das Team von Ubisoft zurückgezogen und Zeit genommen, um das grundlegende Spielkonzept zu überarbeiten und landete 2017 mit Origins einen sowohl von Fans, als auch von Kritikerinnen und Kritikern gelobten Hit. Nun kehrt Ubisoft mit Odyssey zurück und präsentiert ein Spiel, das, das fast ohne Grafikfehler und Ingame-Einkäufe auskommt. Ebenso kritisch beäugt wird Bethesdas neuer Ableger der Fallout-Reihe. Die postapokalyptischen Open-World-Singleplayer-Spiele werden nun mit einem Multiplayerspiel (Fallout 76) fortgesetzt, in dem jeder Charakter eine echte Person ist. Die Skepsis steigerte sich vor Ort jedoch noch weiter, denn Bethesda stellte das Spiel auf der Messe nicht zum Anspielen bereit. Lediglich ein paar Trailer konnten angesehen und angehört werden. Dies solle jedoch, wie der Direktor Todd Howard den Fans versicherte, das Spielerlebnis in keiner Weise hemmen.
Auf der Messe vertreten waren aber nicht nur AAA-Titel der großen Studios. Wenn man es einmal geschafft hatte, sich aus den überfüllten Hallen neun und sechs herauszuquetschen und einen Blick in Halle zehn zu werfen, traf man viele kleine, charmante Indie-Spiele an, wodurch auch die kleinsten Spielestudios die Chance erhalten sollten, ihre Games unter die Leute zu bringen. Diese sogenannte Indie Arena Booth hat sich nun schon seit ein paar Jahren etabliert, doch war sie in diesem Jahr größer denn je. Hier bestand die Möglichkeit, sich direkt mit den Entwicklerinnen und Entwicklern auszutauschen und die herrlich unkonventionellen Spiele auszuprobieren. In Felix the Reaper spielt man zum Beispiel ein Skelett, das sich nur tanzend bewegt und nicht aus dem Schatten hervortreten darf. Supermarket Shriek war wiederum ein Rennspiel, in dem ein Einkaufswagen gesteuert werden muss, mit dem man sich – beladen mit Mensch und Hund – durch diverse Supermärkte kämpft.
Ein Stockwerk darüber schlugen andere Herzen höher: Nämlich die der Retrospiele-Fans. In der Halle 10.2 bot sich eine Zeitreise durch vier Jahrzehnte Games-Geschichte. Für das freie Ausprobieren standen hier alte Pinball-Tische und liebevoll erhaltene alte oder auf alt gemachte Konsolen und C64-Computer bereit. An diversen Tischen durfte in die frühen Anfänge des Videospiels eingetaucht und alte Klassiker wie Pong, Space Invaders oder Moorhuhn wiederentdeckt werden. Hier trafen sich Jung und Alt, um sowohl nostalgische Gefühle als auch Neugier sprühen zu lassen. Praktisch hierbei war: Die Family & Friends-Area befand sich direkt nebenan und ermöglichte es auch den kleinsten Videospielbegeisterten, ihren Spielspaß ausleben zu können. Natürlich waren altbekannte Spiele wie Minecraft und Mario Kart anzutreffen, allerdings stand das Lernspiel klar im Fokus. Ubisoft baute zum Beispiel in seinem aktuellen Assassin’s Creed-Ableger Origins einen Lernmodus ein. Darin können Fans des alten Ägypten ohne Zeitdruck und (Überlebens-)Wettkampf die Landschaft erkunden und viel über die Kultur, Architektur und Lebensweisen der Ägypterinnen und Ägypter lernen.
Nicht nur vor den Bildschirmen stehend
Seit einigen Jahren ist die gamescom nicht mehr nur eine Messe für Gamerinnen und Gamer. Schon seit einiger Zeit scheint es viel mehr im Vordergrund zu stehen, die sich bietende einzigartige Chance zu ergreifen, in einer der Hallen sein großes Idol zu treffen. Gemeint sind hier nicht die Spieleentwicklerinnen und -entwickler, sondern die eigentlichen Stars der heutigen Zeit: YouTuberinnen und YouTuber. Es gab sogar eine eigene signing area, in der die Möglichkeit bestand, ein Foto und eine Unterschrift von diversen Let’s Playerinnen und Let’s Playern (z. B. Sarazar) oder Musikerinnen und Musikern (z. B. Rockstah) zu ergattern. An jeder Ecke fanden Events statt, die von YouTube-Stars moderiert wurden, bei denen E-Sport-Wettkämpfe geführt oder Livestreams eingeblendet wurden. Neben dem hautnahen Erleben der neuen ‚Popstars‘ präsentierte sich die gamescom aber auch gewohnt offen für ein ‚Nerdtum‘. Cosplayerinnen und Cosplayer, verkörpert als ihre Lieblingscharaktere, hatten beispielsweise Gelegenheit, in Halle fünf fündig zu werden – auch und vor allem ohne ein Kleidungsstück selbst zu nähen. Hier war der Ort, sein Geld liegen zu lassen! Man konnte T-Shirts seiner Lieblings-YouTuberin oder seines Lieblings-YouTubers kaufen oder Plakate zu Games und sogar Vinylplatten mit dem Soundtrack einzelner Spiele erwerben.
Die Vielfalt der Messe reichte jedoch nicht nur bis zu den Hallentoren. Auch wer mit Videospielen nichts am Hut hatte, konnte sich dem gamescom-Fieber nicht entziehen. Ganz Köln stand im Zeichen der Spielemesse und wurde durch Werbeplakate für diverse Spiele dekoriert. Selbst eine Brücke wurde vollkommen in die Farben von Nordrhein-Westfalen getaucht. Darüber hinaus wurde auf Werbeplakaten für diverse Spiele geworben und das alljährliche gamescomcity festival angeboten.
Sonja Berger: Datenschutz für eine enorme Zielgruppe
Digitale Gesellschaft e.V. (2018). Deine Daten. Deine Rechte. Ein Informationsportal für Verbraucher*innen zum Thema Datenschutz. deinedatendeinerechte.de, kostenfrei.
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist seit dem 25. Mai 2018 gültig – dennoch kennen sich nur die wenigsten Internetnutzerinnen und -nutzer mit ihren neuen Rechten zum Datenschutz aus. Nicht zuletzt, weil die Flut an Ratgeber-Seiten, Forendiskussionen und Blogeinträgen, die dazu im Internet kursieren, kaum zu überblicken ist. Das neue Infoportal Deine Daten. Deine Rechte. schafft Abhilfe. Der Verein Digitale Gesellschaft e. V. hat sich der Herausforderung gestellt und die wichtigsten Informationen zur DSGVO aufbereitet.
Das vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz geförderte Portal stellt Informationen rund um das Thema Datenschutz zur Verfügung und will damit eine möglichst große Zielgruppe erreichen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist das Portal in vier Bereiche gegliedert, die definieren, in welchem Modus die neun Subthemen erschlossen werden können: durch Schauen, Lesen, Machen und Spielen.
Der Bereich Schauen enthält Erklärvideos zu den jeweiligen Subthemen des Datenschutzes. Deutschsprachige 3D-Animationen, unterlegt mit einer professionellen OFF-Stimme, erklären anschaulich, wie unsere personenbezogenen Daten unhinterfragt in die Firmen wandern. Eine Waage stellt das Macht-Ungleichgewicht dar, durch welches wir als Einzelne gegen die große Firma nicht bestehen können. Hier wird vermittelt: Die DSGVO verleiht uns buchstäblich mehr Gewicht und hilft uns, einen Teil der Kontrolle über die Verarbeitung unserer personenbezogenen Daten wiederzuerlangen, indem wir unsere Rechte kennen und einfordern. Die etwa zweiminütigen Erklärvideos können unabhängig voneinander betrachtet werden, um Schritt für Schritt Thema für Thema zu erschließen. Die Wiederholung der symbolhaften Waage in jedem Video macht das Schauen mehrerer Videos hintereinander ein wenig repetitiv, ist aus mediendidaktischer Sicht angesichts der vernetzten Struktur der Inhalte jedoch legitim. Die Rezeption der Videos erfordert nur bedingt Vorwissen, da sie anhand von alltagsnahen Beispielen in die Problematiken einführen und Tipps für die Praxis, die aus der Gesetzeslage hervorgehen, prägnant formulieren. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, welche mit Tutorial-Formaten vertraut sind, werden hier angesprochen. Beispielsweise erfahren wir, wie unsere Daten „umziehen“. Dabei sind die auf YouTube gehosteten Videos mit einem Erklärtext versehen, der die Nutzerinnen und Nutzer darüber aufklärt, dass trotz des erweiterten Datenschutzmodus beim Ansehen Daten an YouTube gesendet werden. Ein didaktischer Doppeldecker. Der Bereich Lesen beinhaltet ein großes Repertoire an Info-Texten zu verschiedenen Subthemen und der Bereich Machen stellt Musterschreiben bereit, die genutzt werden können, wenn beispielsweise bei einem Anbieter Auskünfte zu den dort gespeicherten Daten eingeholt werden möchten. Die Subthemen behandeln unterschiedliche Fragestellungen. Welche Datenschutzeinstellungen kann ich vornehmen, um meine Daten präventiv zu schützen? Welche Informationspflichten haben die Firmen? Wie kann ich als Nutzerin bzw. Nutzer meine Rechte einfordern? Wie kann ich mich beschweren? Wie kann man seine Daten berichtigen oder löschen lassen?
Jede Textseite ist so gestaltet, dass sie einen Überblick über das Thema liefert und zusätzlich detaillierte Infos eingeblendet werden können. Das verleiht der Seite Übersichtlichkeit und Tiefgang zugleich. Die Texte sind kurz, dafür aber mit anschaulichen Beispielen versehen und richten sich in Du-Form an die Leserschaft. Eine vernetzte Benutzerführung sorgt zudem dafür, dass von den Textseiten in die anderen Bereiche gesprungen werden kann.
Weniger übersichtlich ist hingegen die Navigation im Bereich Lesen, wo der Spagat zwischen Überblick und Fokussierung deutlich wird: Die etwas groß geratenen Überschriften sind teilweise zweizeilig und überladen das Menü, was die Themenbereiche sehr komplex wirken lässt. Klickt man auf Spielen, gelangt man zu einem niedlich gestalteten Tower-Defense-Browserspiel namens Data Clash. Es richtet sich vorwiegend an Nutzerinnen und Nutzer mit wenig Vorwissen, wie Kinder und jüngere Jugendliche. Data Clash ist eine spielerische Darbietung der Idee, seine Daten vor Diebstahl zu schützen und sie sich zurückzuholen, wenn sie doch einmal abhanden kommen. Die in Wellen angreifenden Gegnerinnen und Gegner sind Anbieter aus dem Netz und sehen erst einmal harmlos aus: Beispielsweise werden die Mailanbieter von niedlichen blauen Brieftauben verkörpert. Die Mission: Türme errichten, um diese Fieslinge abzuhalten. Für jede erfolgreiche Verteidigung gibt es eine Währung: Wissen. Wer genügend davon gesammelt hat, kann seine Verteidigungsanlagen aufwerten.
Zur Einführung jedes neuen Gegners oder Items liefert das Spiel schriftliche Kurzerläuterungen. Diese seien, so erklärt das Entwicklerteam, „absichtlich sehr grob gehalten“. Es gehe „vor allem darum, mit dem Spiel für die Bedeutung von Datenschutz allgemein und den Datenschutzrechten zu sensibilisieren, ohne detaillierte juristische Kenntnisse zu benötigen (oder zu erlernen)“. Die Botschaft: Anbieter im Internet mögen zwar auf den ersten Blick harmlos erscheinen, sind aber bei näherer Betrachtung eine potenzielle Gefahr für den eigenen Datenschutz. Bei den letzten Leveln kommen Hilfswerkzeuge wie Anwälte hinzu, welche die gestohlenen Daten wieder zurückbringen können. Sehr junge Kinder können diese „Waffen“ zur Verteidigung der eigenen Daten noch nicht verstehen und sollten beim Spielen begleitet werden. Großer Pluspunkt: Es wird eine Textseite angeboten, die in leichter Sprache wesentliche Inhalte des Info-Portals wiedergibt und dabei die EU-Standards für Inklusion einhält. Außerdem ist ein Lexikon zu finden, das die grundlegenden Begriffe verständlich definiert. Ebenfalls mit dabei: eine englischsprachige Übersetzung des Info-Portals. Dabei werden die Textseiten auf englischer Sprache angezeigt und die Erklärvideos mit englischen Untertiteln abgespielt. Mit diesen Features ist die Seite für eine extrem große Zielgruppe zugänglich. Wenn auch diese Grätsche große Herausforderungen birgt: die Lösung, verschiedene Modi mit unterschiedlichen inhaltlichen Ansprüchen anzubieten, ist ein guter Anfang. Sicherlich könnte die Seite noch weiter differenzieren. Trotzdem: ob erfahren oder weniger erfahren, deutsch- oder englischsprachig, jung oder alt, mit oder ohne Beeinträchtigung – alle können in diesem Info-Portal etwas Neues zum Thema Datenschutz dazulernen.
publikationen
Pia Deutsch: OER in Deutschland – der 'Nachzügler' holt auf
Orr, Dominic/Neumann, Jan/Muuß-Merholz, Jöran (2018). OER in Deutschland: Praxis und Politik. Bonn. 89 S., kostenfrei.
Digitale Bildung ist in aller Munde und ein zentrales Thema unserer Zeit. Speziell Open Educational Resources (OER) sind hierfür ein bedeutendes Element. OER sind Bildungsmaterialien, die auf jegliche Art und Weise und in jedem Medium, unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden und frei zugänglich sind. Was OER betrifft, gilt Deutschland jedoch eher als Nachzügler und wurde international bisher wenig beachtet – obwohl es auch hier eine starke OER-Community gibt. Die Studie ‚OER in Deutschland: Praxis und Politik‘ zeigt dabei, dass hierzulande Initiativen, sowohl Bottom-Up (von der Praxis ausgehend) als auch Top-Down (von der Politik ausgehend) parallel existieren. Für jeden Bildungssektor werden ausgewählte sowie relevante Beispiele aus der Praxis und Politik vorgestellt, wobei sich vorwiegend auf politische Fragen im Zusammenhang mit OER konzentriert wird.
Laut UNESCO ermöglichen OER den Zugang zu hochwertiger Bildung und sind demzufolge für die Realisierung der Globalen Bildungsagenda 2030 bedeutend. Die Autoren sprechen zunächst offen an, dass sie mit OER sympathisieren und ihre Voreingenommenheit im Bericht transparent ansprechen werden. Anschließend wird ein kurzer chronologischer Überblick über die bisherigen Entwicklungen in Bezug auf OER in Deutschland geliefert. Dabei wurde versucht, die Waage zwischen den Bottom-Up- und Top-Down-Initiativen zu halten. Als wichtige Strategie heben die Autoren die Digitale Bildungsagenda der Bundesregierung hervor. Diese widmet sich im Handlungsfeld fünf der Agenda den Bereichen Bildung, Forschung und Wissenschaft. Bezüglich OER haben die Bildungsserver der Länder 2016 eine Selbstverpflichtung zu OER verabschiedet. Dies seien erste Schritte in die richtige Richtung, denn speziell die Bildungsserver stellen mitunter offen lizensierte Ressourcen zur Verfügung und sind daher ein bedeutender Aspekt für die Verbreitung von OER.
Im Fokus auf zentrale Herausforderungen, die sich mit dem Eingang von OER in das Bildungssystem hervortaten, wird unter anderem die Debatte über die Digitalisierung, das Urheber- und das Datenschutzrecht und die dezentrale Struktur der Bildung in Deutschland beleuchtet. Die Autoren bemängeln, dass das Strategiepapier der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Digitalen Agenda das innovative Potenzial von OER nicht erwähnt. Auch die Digitale Agenda der Bundesregierung selbst thematisiert OER nicht. Die bestehenden Verzögerungen beim Zustandekommen des Digitalpakts betrachten die Verfasser kritisch, da hierdurch wertvolle finanzielle Mittel zur Förderung und Verbreitung von OER entfallen.
Im quantitativen Überblick über OER in Deutschland betrachten die Autoren insbesondere Services, also (Web-)Angebote, die den Nutzenden einen Dienst dauerhaft anbieten, und deren Bereitstellung von Ressourcen. Dabei wird unterschieden zwischen Repositorien bzw. Plattformen, die Dokumente hosten, und Referatorien, im Sinne von Plattformen, die auf von anderen gehostete Dokumente verlinken. Allerdings wurden die Daten mittels der OER World Map erhoben und können daher nicht ohne Weiteres verallgemeinert werden. Unter kritischer Betrachtung können sie lediglich als Anhaltspunkt hinzugezogen werden. Anschließend werden einige Beispiele für ländergeführte und staatliche Top-Down-Aktivitäten genannt. Als bedeutendste staatliche Maßnahme zur Förderung von OER wird das bereichsübergreifende Förderprogramm OERinfo angeführt. Neben der Informationswebseite steht primär die Förderung der Kompetenzen zur Nutzung, Erstellung und Verbreitung von OER, im Sinne von Train-the-Trainer, im Mittelpunkt. Die Verfasser geben schließlich sechs Anregungspunkte für die zukünftige Erfolgsförderung des Webseitenprojekts OERinfo an, wobei die Autoren Muuß-Merholz und Neumann sogar selbst an dem Projekt beteiligt gewesen sind. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass an dem Gelingen des Projekts besonderes Interesse besteht, welches sich anhand der Aufführungen vielfältiger Beispiele von Bottom-Up-Initiativen aus verschiedenen Bildungssektoren und dem Aufzeigen einer stark bereichsübergreifenden Community mit gemeinsamem Interesse an OER in Deutschland im Band widerspiegelt. Weitere Einschätzungen werden jedoch, aufgrund des Fokus auf Top-Down-Aktivitäten, nicht abgegeben.
Das letzte Kapitel gibt eine Gesamtbewertung zu den Entwicklungen in Deutschland ab und zeigt mögliche nächste Schritte auf. Das Potenzial von OER, Bildungsmedien zugänglicher und anpassungsfähiger zu machen, wird nochmals bekräftigt. Das Programm OERinfo wird hierbei als erster sinnvoller Ansatz im Bereich OER hervorgehoben. Als mögliche nächste Schritte stellen die Verfasser drei verschiedene Szenarien für die Zukunft dar, die das Zustandekommen des Digitalpakts voraussetzen. Als zentrale Einsichten aus der Studie geben die Autoren an, dass unter anderem zu prüfen sei, ob das ganze Potenzial der OER in wichtigen Strategiepapieren bedacht wird und ob OER-Anwender durch Top-Down-Programme unterstützt werden.
Das Kapitel OER in Deutschland: Praxis und Politik richtet sich schließlich erneut vor allem an die Politik, aber auch an die OER-Community sowie pädagogisches Fachpersonal und weitere Interessierte. Nach einer klaren Positionierung der Autoren für den Einsatz von OER, legen sie Probleme und bisherige Arbeitsfelder offen, die als wichtige Grundlage für eine aussichtsreiche, zukünftige Arbeit anzusehen seien. Es gelingt ihnen, mit der Umschau von bisherigen Top-Down-Aktivitäten und Bottom-Up-Initiativen zentrale Beispiele aufzuführen und für sowohl staatliche als auch weitere Maßnahmen der Community anzuregen. Insgesamt fällt der Fokus auf Top-Down-Aktivitäten auf, was auf die bislang wenigen erfolgreichen Projekte dieser Art zurückgeführt werden könnte. Dennoch sind Bottom-Up-Initiativen nicht zu vernachlässigen, da sie Anreiz und Motivation für eine Weiterentwicklung von wegweisenden OER-Communitys bieten können. Des Weiteren ist markant, dass dem Zustandekommen des Digitalpakts eine sehr große Rolle beigemessen wird und dieser als zentraler Faktor für die zukünftige Entwicklung für OER womöglich andere beeinflussende Faktoren überdeckt.
Auch wenn offen bleibt, welche Top-Down-Aktivitäten sinnvoll einzusetzen wären und wie diese gestaltet werden sollen, liefert der Band wichtige Aspekte für politische Fragen im Zusammenhang mit OER sowie Top-Down-Aktivitäten und reichert damit gewiss die Debatte um Open Access Resources und die Erhöhung ihrer allgemeinen Akzeptanz an.
Sebastian Ring: Blumenkranz, Anna (2017). Der kleine Hacker: Wearables für Maker. Experimentieren, nähen, gestalten. Wernding: FRANZIS, 160 S., 25 €.
Wearables wie Smartwatches und Fitnessarmbänder haben längst den Massenmarkt erreicht. Wo auf der einen Seite große Konzerne Maßstäbe setzen und die Nutzung von anziehbarer Technologie definieren, entwickelte sich aus dem Hintergrund heraus auch eine Szene, die das Selbermachen und Gestalten in den Mittelpunkt stellt. Making macht – nicht nur, aber eben auch – Kindern großen Spaß und ist ungeheuer vielfältig, weil kreatives und haptisches Gestalten auf Technologie und Programmierung treffen.
Im Buch Wearables für Maker. Experimentieren, nähen, gestalten, das in der Reihe Der kleine Hacker – Technik spielend verstehen des FRANZIS-Verlags erschienen ist, stellt Anna Blumenkranz Grundlagenwissen, Ideen und Anleitungen zum Thema E-Textiles und Wearables bereit. Die Autorin ist eine der führenden Akteurinnen in diesem Feld und international ausgezeichnet vernetzt. Die Medienkünstlerin und -pädagogin beschäftigt sich seit Jahren mit anziehbarer Technologie und dem kreativen Einsatz von Technik.
Im Buch wird erklärt, wie leuchtende Hipster-Monster, Piranha-Ratsch-Taschen, Musikmützen oder DJ-to-go-Shirts entstehen. Eine Einführung in Nähtechniken vom Steppstich bis zum Endknoten findet sich in der Publikation ebenso wie Grundlagen der Elektronik vom Ohmschen Gesetz bis zur Parallelschaltung. Diese werden in einfacher Sprache anschaulich, wenn auch knapp, erklärt. Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Materiallisten schaffen einen leichten Einstieg und einfachen Zugang zu einer komplexen Thematik. Wer schon mit Microcontrollern und Programmierung zu tun hatte, weiß auch, dass Troubleshooting und die Suche nach Fehlern in der Schaltung oder im Code ein ständiger Begleiter sind. Auch hierzu gibt die Publikation praktische Hinweise. Mit den erworbenen Grundkenntnissen dürften Kinder ab zehn Jahren auch mit genügend Wissen und Inspiration versorgt sein, um dann eigene Ideen für größere Projekte zu entwickeln.
Im Gespräch werden Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt, die sich mit E-Textiles beschäftigen, kurz vorgestellt. Die Publikation wirft dabei auch einen Blick über die Ländergrenzen hinaus. sr
Georg Materna: Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.) (2018). Transnationaler Extremismus. Berlin: Aktion Courage e.V. 59 S., kostenfrei zum Download oder 2,95 €.
Rechtsextremismus wird in der deutschen Öffentlichkeit und Wissenschaft oft als national begrenztes Problem verstanden. Die Autorinnen und Autoren des sehr aufschlussreichen Bandes Transnationaler Extremismus zeigen, dass Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft innerhalb nationaler Grenzen nicht verstanden werden kann. Sie beschreiben, inwiefern ähnliche Ideologeme der Ungleichwertigkeit im Islamismus, türkischen Ultranationalismus und „Rechtsextremismus“ unter Russlanddeutschen vorzufinden sind. Darauf aufbauend zeigen sie Schwierigkeiten, diese Bewegungen im pädagogischen Setting und in der medialen Öffentlichkeit zu thematisieren. Der Band hat drei Teile. Einführend geben mit Sanem Kleff und Eberhard Seidel zwei leitende Akteure von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage Auskunft über die Entwicklung ihres Arbeitsbereiches und den verfolgten pädagogischen Ansatz. Anschließend analysiert Floris Biskamp die ideologischen Grundlagen der oben genannten drei transnationalen Extremismen. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf ein Verständnis von Rassismus als soziales Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheiten in Einwanderungsgesellschaften. Dieses oft von strukturellen Ungleichheiten geprägte Verhältnis ist auch für die mediale Thematisierung extremistischer Tendenzen von Minderheiten relevant. Denn diese bewegt sich in einem doppelten rassistischen Diskurskontext, da die Problematisierung rassistischer Tendenzen in Minderheiten wiederum rassistische Diskurse der Mehrheitsgesellschaft über diese Minderheiten verstärken kann. Im dritten Teil des Bandes schreiben Saba-Nur Cheema und Meron Mendel über Strategien, wie sich der transnationale Extremismus von Minderheiten im pädagogischen Kontext thematisieren lässt. Sie zeigen auf, wie pädagogische Fachkräfte mit extremistischen Äußerungen Jugendlicher umgehen können. Der Band Transnationaler Extremismus stellt in kompakter und gut zugänglicher Form komplexe Zusammenhänge dar, die für die Extremismusprävention und -forschung von Bedeutung sind. Nützlich ist der Band für pädagogische Fachkräfte sowie Akteurinnen und Akteure aus Medien und Wissenschaft. gm
Heinrike Paulus: Fleischer, Jane (2018). Erwachsenwerden als Prozess mediatisierter Sozialisation. Wie junge Menschen mit Hilfe online verfügbarer Informationen eigene Entwicklungsaufgaben bearbeiten. Baden-Baden: Nomos. 356 S., 64 €.
Jugendliche und junge Erwachsene eignen sich aktiv Informationen aus dem Netz an, um Entwicklungsaufgaben wie etwa die Loslösung vom Elternhaus zu bewältigen. Im Verhältnis zu früheren Generationen hat sich der Verlauf dieser Lebensphase gewandelt: Mehr denn je müssen sie ihr Leben selbstverantwortlich planen, sei es etwa im Hinblick auf das Berufsleben oder die Gründung einer eigenen Familie. Zugleich kommt aufgrund fehlender Medienkompetenz bei den jungen Menschen die kritische Reflexion des eigenen Medienhandelns zu kurz.
Zu diesen Ergebnissen kommt Jane Fleischer in ihrer Forschungsarbeit Erwachsenwerden als Prozess mediatisierter Sozialisation. Ihr Hauptaugenmerk legt sie dabei auf die Omnipräsenz digitaler Medien und inwieweit diese jungen Menschen im Übergang zum Erwachsenenalter Orientierung bieten und Informationen liefern. Ausgehend vom Konzept der mediatisierten Sozialisation untersucht sie dies mit Hilfe eines explorativen, multi-methodischen Ansatzes. Durch die Kombination von Beobachtungs- und Befragungsdaten bietet Fleischer unter anderem einen Einblick in Prozesse der Informationsaufnahme, -selektion und -bedürfnisse Jugendlicher und junger Erwachsener.
Vor diesem Hintergrund richtet sich der Band vor allem an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Medien- und Kommunikationsforschung, Medienpädagogik, Soziologie und Erziehungswissenschaft. Mit ihrer Arbeitet leistet Fleischer, die schon an der Universität Augsburg und der Technischen Hochschule Nürnberg lehrte und forschte, einen wertvollen Beitrag zur gegenwärtigen wissenschaftlichen Reflexion der Mediensozialisation und -pädagogik. Für all jene, deren berufliche Aufgabe es ist, mit Heranwachsenden zu arbeiten, ist ihre Forschungsarbeit ein notwendiger Appell, zu überlegen, wie diese auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden unterstützt werden können. Allerdings bleibt in dieser Studie offen, wie dies nachhaltig in der pädagogischen Praxis umgesetzt werden kann. hp
Aileen Schlichting: Gölz, Hanna (2018). Fernsehrealität und Realitätswahrnehmung. Eine Untersuchung zum Einfluss von Scripted-Reality-Sendungen auf Erwachsene. Baden-Baden: Nomos – Edition Reinhard Fischer. 273 S., 59,00 €.
Das Fernsehnutzungsverhalten sowie die präsentierten Inhalte und Angebote haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Weltweit beansprucht das Bewegtbild in erheblichem Maße die Zeit seiner Rezipierenden und bietet eine wachsende Fernsehlandschaft mit einer immer breiteren Auswahl an Zugängen wie auch Genre. Scripted-Reality stellt eine dominante Hybridform von fiktionalen und non-fiktionalen Medieninhalten dar. Die vorliegende Publikation ist eine wissenschaftliche Darstellung einer Untersuchung, die das Rezeptionsverhalten sowie die wahrgenommene Medienrealität von Scripted-Reality-Sendungen auf erwachsene Rezipientinnen bzw. Rezipienten analysiert und potenzielle Kultivierungseffekte aufdeckt. Obgleich sich die Studie auch an allgemein Interessierte richtet, stellt sie dennoch eine wissenschaftlich fundierte Publikation dar, bietet sie auch für ein Fachpublikum differenzierte Inhalte und erfordert fundierte Grundkenntnisse. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass beide Forschungsschritte mit einer umfangreichen medienpädagogischen Handlungsempfehlung abschließen, um so einen Zugang explizit für Pädagoginnen und Pädagogen zu schaffen. Zudem wird in den Ergebnissen hervorgehoben, dass die Realitätsnähe in Bezug auf aufgedeckte Kultivierungseffekte besonders kritisch zu betrachten ist. Die Autorin appelliert demzufolge mit ihrem Band Fernsehrealität und Realitätswahrnehmung an einen reflektierten, erkennenden Umgang mit den fiktionalen und realitätsnahen Medieninhalten, um die Medienkompetenz zu fördern. Insbesondere Medienpädagoginnen und -pädagogen haben mit dieser Lektüre die Möglichkeit, sich intensiv mit den Einflüssen von Scripted-Reality-Sendungen auseinanderzusetzen und so die Relevanz eines kritischen Umgangs nachzuvollziehen und in ihre Arbeit zu integrieren. Diesbezüglich hält die wissenschaftliche Untersuchung ein breites Spektrum an Themen rund um die Familie, persönliche Werte oder Medienrealität bereit. as
Dana Neuleitner: Himmelrath, Armin/Egbers, Julia (2018). Fake News – Ein Handbuch für Schule und Unterricht. Bern: hep verlag. 184 S., 19 €.
Die Publikation Fake News beschäftigt sich mit verschiedenen Kategorien von Falschmeldungen, wie etwa Parodien oder Hybrid-Fakes. Sie soll Lehrkräfte über dieses Thema aufklären und mit vielen Übungen Schülerinnen und Schüler darin fördern, Fake News zu erkennen und richtig mit ihnen umzugehen.
Himmelrath und Egbers beginnen mit einem informativen Abriss historischer und aktueller Fake News, die aufzeigen, dass dieses Problem nicht erst seit der Ära Trump existiert. Zusätzlich stellen die Autorin und der Autor Studien vor, die sich mit der Thematik auseinandersetzen und auch als Basis für Unterrichtseinheiten genutzt werden können. Wodurch lassen sich Falschmeldungen identifizieren? Wie kann die Medienkompetenz von Jugendlichen gefördert werden? Die Verfasserin und der Verfasser bieten Antworten auf diese Fragen und veranschaulichen, dass das Vertrauen in die Medien mit dem Bildungsgrad der Rezipientinnen und Rezipienten zusammenhängt. Somit verdeutlichen sie, wie wichtig es ist, Heranwachsende im Umgang mit Fake News zu schulen. In Kapitel drei werden nicht nur Wege zur Förderung der Medienkompetenz von Jugendlichen aufgezeigt, sondern auch Lehrkräfte auf den aktuellen Stand der sozialen Medien gebracht, bevor Kapitel vier verdeutlicht, dass Medienkompetenzförderung inzwischen unerlässlich ist. Abschließend appellieren die Autorin und der Autor daran, die Schulbildung der Digitalisierung zu öffnen.
Als Einführung in die Thematik der Fake News ist die Publikation gut geeignet. Es finden sich zahlreiche Tipps zur Unterrichtsgestaltung. Diese gibt es zu den unterschiedlichsten Bereichen – Hoaxes, Social Bots, Algorithmen und die Strafbarkeit von Fake News sind nur wenige davon. Dazu werden beispielsweise Kopiervorlagen, Übungen oder Vorschläge geboten. Zudem werden Snapchat und Co. vorgestellt und in Bezug auf ihre Verwendung im Unterricht bewertet. Der Band enthält viele Themenbereiche, die gegebenenfalls noch stärker miteinander verzahnt bzw. aufeinander aufgebaut werden könnten. Verschiedene Ansätze zum Thema Falschmeldungen geben einen hilfreichen Überblick, vor allem für Lehrkräfte, die beginnen, sich näher mit dem Bereich soziale Medien zu befassen. Lesenden mit fortgeschrittenen Kenntnissen im Bereich Fake News sind eher die ersten drei Kapitel ans Herz zu legen. dn
Heinrike Paulus: van Ackeren, Isabell/Kerres, Michael/Heinrich, Sandra (Hrsg.) (2018). Flexibles Lernen mit digitalen Medien ermöglichen. Strategische Verankerung und Erprobungsfelder guter Praxis an der Universität Duisburg-Essen. Münster: Waxmann Verlag
Ein Studium ohne Computer und Internet ist heute nicht mehr vorstellbar: Vielfach erfolgt etwa die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden per Mail und Lernmaterialien sind größtenteils nur noch online verfügbar. Wie verändern sich in der Folge Lehr- und Lernprozesse an Hochschulen durch die Digitalisierung? Wie können die daraus resultierenden Chancen im alltäglichen Hochschulbetrieb genutzt werden?
Diesen Fragen geht der Sammelband Flexibles Lernen mit digitalen Medien ermöglichen nach. Grundlage hierfür bildet die seit 2010 entwickelte E-Learning-Strategie der Universität Duisburg-Essen. Im Rahmen von Pilotprojekten werden zahlreiche E-Learning-Formate getestet, darunter das Lernen mit Lernplattformen oder die Verbindung von Online- und Präsenzveranstaltungen. Erfolgreiche Projekte setzen dadurch Impulse für eine nachhaltige Prüfungsvorbereitung und die Hochschullehre an allen Fakultäten. Deutlich wird dabei, dass die Digitalisierung der Hochschulbildung alle Arbeitsbereiche der Hochschule tangiert und einen umfassenden und längeren Transformationsprozess erfordert.
Der Sammelband umfasst interdisziplinäre Beiträge und Erfahrungsberichte etwa aus den Bereichen der Soziologie, Wirtschaft, Mathematik, Naturwissenschaft, Medizin und Lehrerbildung. Die vorgestellten Beispiele einzelner E-Learning-Formate werden in Hinblick auf ihr Konzept, ihre praktische Durchführung sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse aus interdisziplinär-forschungswissenschaftlicher Perspektive vorgestellt und in ihrer jeweiligen Ausgangssituation verortet. Durchaus wünschenswert wäre es, wenn die Autorinnen und der Autor auch die Nachteile des E-Learnings in der Hochschullehre berücksichtigt hätten. All jenen, die im Bereich Mediendidaktik oder als Forschende und Dozierende an Hochschulen tätig sind, liefert der Sammelband dennoch neben wissenschaftlichen Hintergründen auch Strategien, etwa für Kursplanung und Lehrpraxis sowie onlinebasiertes wissenschaftliches Arbeiten. hp
kolumne
Marko Junghänel: GigaSchule – oder, wenn Sprache verräterisch ist
Was haben die Elbphilharmonie in Hamburg, die Lkw-Maut und etwa 90 Schulen im Landkreis Offenbach gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass diese Projekte als sogenannte Public Private Partnership-Vorhaben (PPP) geplant und realisiert wurden. Das Zusammenwirken von privatem und öffentlichem (public) Sektor scheint zum bevorzugten Lösungsmodell für alle Kämmerer und Finanzminister geworden zu sein. ‚Betroffen‘ sind nicht mehr nur Infrastrukturprojekte von den heilsbringenden Versprechungen der PPP-Befürworter. Unternehmen – vor allem solche, die global agieren – setzen vehement ihren Fuß in die Tür des „Bildungs-Markts“, die Schulaufwandsträger oder hoheitlich wirkende Institutionen zuvor bereitwillig geöffnet haben. Und in der Medienpädagogik? Auch hier wächst die Zahl der Initiativen, Projekte, Wettbewerbe oder Stipendien, die durch Unternehmen ausgelobt werden, um – in Kooperation mit neutralen und damit reputationsfähigen kommunalen/staatlichen Trägern – das Thema Kinder, Jugendliche und Medien zu bearbeiten, bestehende Defizite auszugleichen oder gar den Fachdiskurs zu ‚befördern‘. Was soll daran auch schlecht sein, wenn Vodafone die GigaSchule sucht und prämiert? Warum sollten Kinder und Jugendliche nicht lernen, wie man codiert? Code your Life – Programmieren für die Zukunft nennt sich das entsprechende Programm, bei dem unter anderem der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, die Initiative Deutschland sicher im Netz oder der Verein n-21: Schulen in Niedersachsen online federführend agieren. Oder warum sollte Microsoft mit seinem Project Zanzibar nicht eine interaktive Spiel- und Lernmatte auf den Markt bringen? Man kann in diesem Zusammenhang das Grundgesetz bemühen, in dem formuliert ist, dass das Schulwesen – und damit Bildung – unter der Aufsicht des Staates steht. Noch greifbarer wird die Sache allerdings, wenn als Aufgabe des Staates formuliert wird, dass es zu dessen zentralen Aufgaben gehört, für Chancengleichheit – also auch für gleiche Chancen im Bereich Bildung – zu sorgen. Das alles wird kein privatwirtschaftliches Unternehmen leisten können und wollen – auch wenn es in seinen Corporate Social Responsibility (CSR)- oder Nachhaltigkeitsrichtlinien von einer wirtschaftlichen Spielart der „good governance“ spricht. Der Aspekt, dass Unternehmen vorrangig unternehmerische Interessen verfolgen und nicht Beschleuniger von Medienkompetenz sind, soll an dieser Stelle weitgehend unkommentiert bleiben. Verantwortung aber einfach abgeben? Nicht im Bereich der Bildung, nicht bei der Zusicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse, nicht beim Versprechen, gleiche (Bildungs-)Chancen für alle zu schaffen. Singuläre Projekte wie Googles „Zukunftswerkstatt“ mögen sinnvoll sein. Wenn die Nutzung allerdings voraussetzt, zunächst eine Vielzahl persönlicher Daten abzugeben, muss spätestens an dieser Stelle die medienpädagogische Zunft aufschrecken und den Staat an seine Pflichten erinnern. Fazit: Projekte mit Vorbildcharakter in Zusammenarbeit zwischen öffentlich und privat – ja, gern, wenn dabei die inhaltliche Deutungshoheit beim öffentlichen Partner bleibt. Eine dauerhafte Finanzierung und Etablierung von Bildungsangeboten durch Unternehmen – nein, danke.
Ansprechperson
Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
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