2018/03 Orientierung in der komplexen Welt
Beispielen von Personen Ausschau, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind oder waren sowie nach Handlungsmöglichkeiten für unterschiedliche Bedürfnislagen. Da die Medien einen breiten Fundus an derartigen Angeboten vorhalten, werden sie oft als Orientierungsquelle herangezogen, insbesondere von Seiten von Kindern und Jugendlichen. Die Bedeutung der Medien als Orientierungsinstanz und die damit verbundenen Möglichkeiten wurden von der Medienindustrie erkannt und (auch) für eigene Zwecke genutzt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem sogenannten Social Web zu.
Der aktuelle Themenschwerpunkt der merz 3/2018 hellt Intransparenz in Sachen Orientierungsfunktion der Medien auf und fordert eine kritische Medienpädagogik. Nach welchen Kriterien geschieht die Auswahl von Information? Welchen Regeln folgen Meinungsbildungsprozesse in sozialen Netzwerken? Welche Rolle spielen dabei politische und kommerzielle Interessen? Das Heft verdeutlicht, dass Orientierung im Alltagserleben Jugendlicher keine einfach Aufgabe ist – nicht nur beliebte Casting Shows, vor allem auch Soziale Netzwerke sind bestimmt durch Interessenlagen der Global Player. merz 3/2018 liefert damit Anregungen für eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Orientierung in der komplexen Welt stattfindet.
aktuell
Marko Junghänel: Datenschutz in Vereinen und Verbänden
Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist am 25. Mai 2018 in Kraft getreten. Im Zuge der Harmonisierung der Rechtsprechung innerhalb der EU wurde bereits im Mai 2016 eine einheitliche Datenschutz-Grundverordnung verabschiedet. Nun gelten diese Regelungen auch in Deutschland.
Bei der DSGVO geht es vor allem um den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen – insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Damit ergeben sich unmittelbare Auswirkungen auf die medienpädagogische Arbeit. Betroffen sind all diejenigen, die personenbezogene Daten – beispielsweise im Rahmen von Freizeitangeboten, von Mitgliedschaften in Vereinen oder zu Forschungszwecken – erheben. In jedem dieser Fälle muss sichergestellt sein, dass bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen angemessen berücksichtigt wird und alle Vorgänge dokumentiert sind.
Als personenbezogene Daten gelten Angaben, die zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person dienen. Die Einwilligung zur Datenerhebung muss in Form einer "unmissverständlich abgegebene Willensbekundung" vorliegen. Das Gesetz sieht des Weiteren vor, dass es künftig ein verbrieftes Recht "auf Vergessen" und damit endgültige Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten gibt. Dieser Rechtsanspruch wird nicht nur im Verhältnis zu kommerziellen Anbietern (z. B. Suchmaschinen), sondern auch innerhalb von Organisationen wirksam.
Eine zweite Regelung umfasst das Recht auf Datenübertragbarkeit. Diese Regelung gibt Nutzenden die Möglichkeit, ihre Daten zu einem anderen Anbieter mitzunehmen. Die Datenportabilität ist beispielsweise für den Wechsel zu anderen (sozialen) Netzwerken relevant.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Marko Junghänel
Beitrag als PDFEinzelansichtKim Beck: Alles neu beim Handysektor
Seit Mai sieht es anders aus auf der Informationsplattform www.handysektor.de. Doch nicht nur optisch hat sich einiges geändert, auch inhaltlich gibt es Neuerungen. Vom Angebot für Jugendliche, Eltern und Pädagoginnen bzw. Pädagogen wandelt sich die werbefreie Informationsplattform zur unabhängigen Anlaufstelle für Jugendliche. Sowohl bei der Gestaltung der Webseite als auch bei der redaktionellen Aufbereitung und Auswahl von Themen werden Nutzungsgewohnheiten Jugendlicher noch stärker in den Vordergrund gerückt. Große Bilder, viel multimedialer Content sowie die Einbindung von Social-Media-Posts und eine besonders auf die mobile Nutzung optimierte Webseite zeichnen die neue Webpräsenz des Projekts der Landesanstalt für Medien NRW und des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest aus.
Neben der pädagogischen Bearbeitung von Problemen rund um digitale Medien werden weitere Alltags-und Lifestyle-Themen eingebunden, über die das Interesse der Zielgruppe zwischen elf und 21 Jahren geweckt wird. So wird auch der Reflexion über das eigene Mediennutzungsverhalten mehr Raum gegeben.
Weiterhin finden sich kleine Tipps und Tricks für den digitalen Alltag. Der Handysektor steht damit sowohl bei konkreten Problemen und Fragen rund um Smartphone, Apps und Co. zur Seite, wird aber mit neuen Formaten auch zum "mal schauen, was es Neues gibt" anregen. Zur Webseite erhalten die Social-Media-Kanäle eine gleichberechtigte Stellung. Über personenbezogener Content auf Instagram und YouTube erhalten Jugendliche auf ihre Bedürfnisse und Sehgewohnheiten zugeschnittenen Snack-Content. Für pädagogische Fachkräfte bedeutet dies: Die Handysektor- Erklärvideos bleiben erhalten, Unterrichtsmaterialien werden zum Partner klicksafe überführt.
www.handysektor.deBeitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Kim Beck
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang: Nachruf
"Das Ästhetische lauert immer und überall. Medien sind prinzipiell ästhetisch signiert, irgendwie und sowieso: Sie verbinden, vermitteln zwischen Sinn und Sinnlichkeit, Bildern und Bedeutungen, Sachen und Symbolen, Wahrnehmungen und Werten."
Mit dieser Kernaussage in einer merz- Kolumne von Wolfgang Zacharias aus dem Jahr 2005 war sein Verständnis von Medienpädagogik umrissen. Seine Texte zu lesen, war immer ein Abenteuer; sie forderten zum Widerspruch heraus und haben sich doch immer wieder verfestigt. Seine Liebe für den "homo ludens digitalis" war grenzenlos und seine Fähigkeit zu vernetzen genial. Mit dem Tod von Wolfgang Zacharias verlieren wir einen Vordenker für die Sache der ästhetischen und kulturellen Bildung. Bereits in frühen Jahren verfasste er gemeinsam mit Hans Mayrhofer das Standardwerk der kulturellen Bildung "Ästhetische Erziehung". Als junger Student in den 1970er Jahren war dies meine erste Begegnung mit dem Gedankengut der Kulturpädagogik, die der sich ebenfalls formierenden Medienpädagogik gegenüberstand. Später sollten sich diese Begegnungen vertiefen und schließlich in gemeinsame Aktionen münden.
Als Gründer des Münchner Netzwerks Interaktiv und als Impulsgeber für zahlreiche medienpädagogische Projekte hat er die medienpädagogische Landschaft in Deutschland entscheidend geprägt. Er verfasste zahlreiche Standardwerke der kulturell-ästhetischen Medienbildung und war schließlich auch Redaktionsmitglied der Zeitschrift merz–medien+erziehung. Mit Wolfgang Zacharias haben wir einen Kollegen, Freund und Inspirator verloren, der die medienpädagogische Diskussion nachhaltig beeinflusst hat. Wir verlieren aber auch einen engagierten Verfechter der Spielpädagogik, der den berühmten Satz Schillers wie kaum ein anderer verinnerlicht hatte und als Maxime vor sich hertrug: "Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt" (Schiller 1793/2000, S.62). In die Gegenwart übertragen, taugt Schiller durchaus auch für das 21. Jahrhundert, für eine, wie es Zacharias in seiner Glosse formuliert "… nachhaltige kulturelle Medienbildung in einer "glokalen" und "virealen" Netzwerkgesellschaft". Dem ist nichts hinzuzufügen. Wolfgang, wir werden dich vermissen!
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtTanja Gottsmann: Stichwort
Dezentralität, Unveränderlichkeit und Transparenz – und damit Neutralität, Fälschungssicherheit und Verlässlichkeit, so das Versprechen dieser Kryptotechnologie. Bei einer Blockchain wird eine potenziell endlos lange Kette verschlüsselter Daten-Blöcke stetig durch neue Elemente linear erweitert. Innerhalb dieser Datenbestände können verschiedene Arten von Informationen mit einem hohen Maß an Sicherheit gespeichert werden. Diese Sicherheit resultiert aus der vollständigen Offenheit aller Vorgänge innerhalb kryptografisch abgesicherter Verkettungen. Der Clou: Die Daten werden auf verschiedenen voneinander unabhängigen Rechnern gespeichert, die keiner Steuerung einer zentralen Autorität unterliegen. Alle Vorgänge und Entscheidungen werden mittels Konsensprinzip innerhalb einer vernetzten Community getroffen. Sind die Daten in der Blockchain verifiziert, sind sie nahezu unmöglich veränderbar.
Bislang ist die Technologie allerdings eher aus der Finanzwelt bekannt. Schnell erfolgreich führte sie 2009 zur Einführung und Verbreitung der sogenannten Kryptowährung Bitcoin. Heute ist sie, umringt von Etherum, Ripple und Co, längst nicht mehr die einzige am Markt. Wie etwa eine Bank ermöglichen solche digitalen Währungen einen Zahlungsverkehr ohne Zentralinstanz. Transaktionen und Kontrolle unterliegen einzig der Verantwortung eines dezentralen Netzwerks. Neben dem Transfer von Kryptowährungen kann insbesondere über Blockchains auch der Austausch aller denkbaren digitalen Inhalte erfolgen. Durch eine Verifizierung von Medieninhalten in einer Blockchain könnte so theoretisch auch der Sektor Journalismus und Medien demokratischer, transparenter, glaubwürdiger und unabhängiger gemacht werden. Ein direkter und transparenter Austausch über Blockchains könnte jedoch ebenso Einfluss auf gesellschaftliche und politische Abstimmungsprozesse nehmen. Ohne menschliches Zutun könnten so Wahlen durch die Selbstregulierung des Systems geschützt vor Betrugsversuchen stattfinden.
Die Technologie hat aber auch so ihre Tücken. Denn wie schon erwähnt: Was einmal in einer Blockchain hochgeladen wurde bleibt auch in der Blockchain. Zudem ist nicht belegt, dass Blockchains tatsächlich nicht gehackt werden können. Würde man sich vorstellen, Kinder und Jugendliche würden die Blockchains zum Sharing, Chatten, Tauschen nutzen, ist es fraglich mit welchen Inhalten sie konfrontiert werden. Auch bleiben bislang noch viele rechtliche Fragen offen. Denn durch eine fehlende zentrale Instanz stellt sich die Suche nach einem Verantwortlichen doch recht beschwerlich dar. Außerdem steht aus, welche rechtlichen Regulierungen sich überhaupt durchsetzen lassen. Somit bleibt abzuwarten, inwiefern sie sich tatsächlich als sicher und vertrauenswürdig erweisen.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Tanja Gottsmann
Beitrag als PDFEinzelansichtMarko Junghänel: Initiative zeigt 130 Hass-Postings an
Laut einer Umfrage vom Mai 2017, die im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein- Westfalen (LfM) durchgeführt wurde, sind 67 Prozent der Befragten schon einmal selbst mit Hass-Reden im Internet konfrontiert worden. Bei den 14- bis 24-Jährigen geben sogar 94 Prozent an, in sozialen Netzwerken, Internetforen oder Blogs auf Hass-Kommentare gestoßen zu sein. Die LfM hat daraufhin die Arbeitsgruppe Verfolgen statt nur Löschen – Rechtsdurchsetzung im Internet eingesetzt. Aufgabe und Ziel der Initiative ist, den Grundwerten der Gesellschaft auch innerhalb des Internets zur Durchsetzung zu verhelfen. Auch im Internet dürfe es keine Räume geben.
Um diesem Ziel näher zu kommen, arbeiten seit Februar entsprechende Aufsichts- und Strafverfolgungsorgane, Medienhäuser und Anbieter zusammen. In den ersten zweieinhalb Monaten ihres Wirkens hat Verfolgen statt nur Löschen bereits in mehr als 130 Fällen Hass-Postings bei der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen angezeigt. Bei einer Mehrzahl der Verstöße handelt es sich um Online-Kommentare, die im Verdacht der Volksverhetzung stehen. Cybercrime hatte daraufhin Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das Projekt soll generalpräventive Wirkung entfalten und so sowohl das Unrechtsbewusstsein der Täter erhöhen, als auch bei potenziellen Hass-Rednerinnen und -Rednern Lerneffekte erzielen.
Die laufende Projektphase für die Arbeitsgruppe ist zunächst auf ein Jahr angelegt. Die Federführung innerhalb dieser Initiative wurde an die LfM übertragen, da der Jugendschutz, der Schutz der Menschenwürde und der Nutzerschutz zu ihren zentralen Aufgaben zählen.
Projektbeteiligte sind neben der LfM auch die Zentralstelle Cybercrime, das Landeskriminalamt Nordrhein- Westfalen, das Polizeipräsidium Köln und die Medienunternehmen Rheinische Post, Mediengruppe RTL Deutschland sowie der WDR.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Marko Junghänel
Beitrag als PDFEinzelansichtNicole Rauch und Fabian Wörz: bildmachen | gegen Rassismus und Extremismus im Netz
Jugendliche sind im Internet zunehmend mit digitaler Gewalt und extremistischen Ansprachen konfrontiert. Verschwörungstheorien, Falschinformationen und Hate Speech gehören zum Alltag im Netz. Extremistische Akteurinnen und Akteure greifen dabei oft lebensweltliche Fragen auf und bieten hierfür ebenso einfache wie radikale Antworten. An dieser Stelle setzt das Projekt bildmachen an und bietet handlungsorientierte Workshops sowie Fortbildungen. Gefördert werden die Handlungskompetenzen von Jugendlichen im Umgang mit religiös-extremistischen und rassistischen Ansprachen. Ziel ist es, Jugendliche zu bestärken, eigene Perspektiven zu gesellschaftlichen, politischen sowie religiösen Fragen zu entwickeln.
In Workshops werden lebensweltnahe Themen aufgegriffen und Möglichkeiten aufgezeigt, wie eigene Ideen und Ansichten in Medienprodukten umgesetzt werden können, um so die Netzkultur mitzugestalten. Dabei muss Extremismus nicht immer explizit im Fokus stehen. Vielmehr werden Ausgrenzungserfahrungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit thematisiert, um einer Instrumentalisierung dieser Erfahrungen entgegenzuwirken.
bildmachen bietet schulische und außerschulische Workshops für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 21 Jahren sowie Fortbildungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Angesprochen sind sowohl pädagogische Fachkräfte als auch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit sowie andere pädagogisch Tätige. Ein Workshop setzt sich aus zweitägigen Workshops für Jugendliche und einer eintägigen Fortbildung für Multiplikatorinnen sowie Multiplikatoren zusammen.
bildmachen ist ein Projekt des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis in Kooperation mit ufuq.de. Es wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales sowie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben! gefördert.
www.bildmachen.netBeitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Fabian Wörz, Nicole Rauch
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: nachgefragt
Antje Müller sprach mit Dr. Ida Pöttinger, Sprecherin der GMK-Fachgruppe Global Media Literacy und Gründungsmitglied der International Association for Media Education (IAME), über Zielstellungen und Beweggründe für den Aufbau des gemeinnützigen medienpädagogischen Vereins und Netzwerks IAME.
merz Sie haben als Vertreterin der GMK Ende 2016 den medienpädagogischen Verein IAME in Brüssel mit begründet. Womit befasst sich IAME?PöttingerIAME ist ein Zusammenschluss verschiedener Organisationen und Personen. Die Gründungsmitglieder arbeiten fast ausschließlich ehrenamtlich am Aufbau mit. Uns eint die Erkenntnis, dass eine Arbeit auf nationaler Ebene nicht ausreichend ist. Medien und die Medienindustrie arbeiten international. Die Probleme hinsichtlich Datenschutz, Fake News, Social Media oder der Algorithmisierung des Alltags sind weltweit dieselben. Auch die Strukturen sind zum Teil identisch: Viel Informatikunterricht, wenig kreativer oder reflektierter Umgang mit Medien. Der inhaltliche Druck auf die Politik ist höher, wenn man gemeinsam auftritt. Es gibt zwar mit der Global Alliance for Partnerships on Media and Information Literacy (GAPMIL) eine aktive UNESCO-Organisation. Sie erarbeitet medienpädagogische Programme für die Lehrerbildung, unter anderem für Kenia, Puerto Rico oder Korea. Das Problem bei dieser Organisation ist allerdings, dass sie nach dem Top-Down- Prinzip funktioniert. IAME dagegen ist eher eine Bottom-Up-Community, in der sich Mitglieder einbringen sollen und ein gleichberechtigter Austausch zu aktuellen Themen angestrebt wird.
merz An wen richtet sich IAME genau?Pöttinger An alle, die mit Medienpädagogik zu tun haben. Hier in Deutschland ist die Struktur ja relativ einfach, es gibt das JFF und die GMK. Alle Medienpädagoginnen und Medienpädagogen, egal ob sie einzeln oder in einem größeren Verband arbeiten, erhalten über diese Organisationen Informationen und können sich untereinander austauschen. In anderen Ländern ist das ganz anders. In Frankreich zum Beispiel wird Medienpädagogik in den Ganztagsschulunterricht integriert. Das heißt, es gibt viele über das ganze Land verstreute Lehrkräfte, die sich allein gelassen fühlen und höchstens auf verschiedenen Tagungen zusammenkommen. An die wendet sich unser Verein auch.
merz Auf welche Themenfelder und Arbeitsbereiche hat sich IAME spezialisiert?Pöttinger Wir verstehen uns in erster Linie als Austauschplattform und widmen uns aus diesem Grund in sieben Arbeitsgruppen sieben verschiedenen Themenfeldern. Dabei haben wir eine ähnliche Struktur wie die GMK. Dort ist es so, dass es Untergruppen gibt, die sich um bestimmte Themenbereiche kümmern, die sogenannten Fachgruppen. So in etwa machen wir das auch. Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit Forschung auf dem Gebiet Medienbildung. Eine andere Gruppe hat sich den Schwerpunkt neue Medien und ihre Herausforderungen gesetzt. Wieder eine andere Arbeitsgruppe beschäftigt sich beispielsweise mit Produktionen in der medienpädagogischen Praxis, eine weitere mit neuen Medien und Kultur. Es gibt zudem eine Gruppe, die sich mit rein strategischen Fragen befasst. Also beispielsweise mit der Frage, wie Medienpädagogik in die internationale Politik einfließen kann. Im sechsten Aufgabenbereich geht es um Medienerziehung in inter- sowie transkulturellen Gesellschaften. Und schließlich gibt es noch eine Arbeitsgruppe zum frühkindlichen Medienzugang. Die medienpädagogische Praxis ist also gut abgebildet.
merz Was wären Gründe für Medienpädagoginnen und Medienpädagogen dem Verein beizutreten?Pöttinger Zu unseren drei Hauptzielen gehört erstens, dass Medienbildung überall in Europa sichtbar wird, und nicht nur wahrgenommen wird, wenn etwas schief gegangen ist. Zweitens wollen wir Ressourcen, didaktische Ansätze und Wissen austauschen. Drittens unterstützen wir uns gegenseitig und treten als Interessensvertretung auf. Aus diesen drei Hauptzielen kann abgeleitet werden, wie die künftige Arbeit aussehen wird. Im Vordergrund stehen das gegenseitige Kennenlernen und das Knüpfen von Partnerschaften. Wenn ich bestimmte Vorstellungen von einem Projekt habe und Partner suche, dann kann ich mich beispielsweise an IAME wenden. Hilfreich sind zudem länderübergreifende Diskussionen von Forschungsergebnissen, von fachlichen Stellungnahmen zu aktuellen Themen oder der Austausch von Informationen zu Tagungen in ganz Europa.
merz Gibt es schon konkrete Planungen für einen regelmäßigen Mitgliederaustausch?Pöttinger Ja, die gibt es. Wir sind gerade dabei, die erste Tagung und die Wahl eines Vorstandes zu planen. Die erste Generalversammlung und eine damit verbundene Tagung findet vom 1. bis 3. Juli 2018 in Lucca, Italien statt. Zu dem dreitägigen englischsprachigen Treffen werden unter anderem David Buckingham aus Großbritannien und Normand Landry aus Kanada erwartet. Sie werden die Keynote-Speaker sein. Dazu wird es, ausgehend von den beschriebenen Arbeitsbereichen, mehrere Workshops geben. Der Fokus der Tagung liegt auf dem Thema Fake News. Was kann strategisch und pädagogisch getan werden, damit Informationsbeschaffung transparenter wird? Kann man beispielsweise gesetzliche Regulierungen einführen? Ist es gut, wenn der Staat diese Regulierungen vollzieht?
merz In welche Richtung möchte sich der Verein weiterentwickeln, wenn er sich etabliert hat?Pöttinger Wir hoffen natürlich, dass IAME eine Art ‚pressure group‘ wird, die gemeinsam beschlossene Vorschläge durchsetzt, sodass wir der Politik als starker Verband ein Signal senden können. Es gibt noch keine konkrete Agenda. Tatsache ist jedoch, dass sich auch in anderen Gründungsländern die Medienpädagoginnen und -pädagogen überfordert fühlen. Medienpädagogik soll alles richten, was Politik falsch macht oder wo sie vor großen Konzernen einknickt. Die IAME-Gründungsmitglieder sind unabhängig, verfügen über langjährige Erfahrung und sind oft genug empört, dass sich so wenig tut. Fake News ist nur unser erstes Thema, das wir mit Expertinnen und Experten aus mehreren Ländern diskutieren und unter medienpädagogischen und politischen Aspekten auswerten möchten. Es werden andere Themen folgen, aber wir möchten, dass die Mitglieder die Themen bestimmen. Die Pannen, die trotz Verschlüsselung von Daten passieren und die unübersichtlichen Hackerangriffe, das Darknet mit seinen Waffen- und Pornoangeboten liefern Themen genug. Wir möchten uns aber nicht auf die Jugendschutzseite konzentrieren, sondern darauf, wie wir Kinder, Jugendliche und Erwachsene in dieser komplizierten Welt begleiten können. Meine Vorstellung wäre, bürgernahe Hotspots zu schaffen, an denen alle Menschen konkrete Unterstützung bei Problemen mit Medien erhalten. Darüber hinaus könnten Kreativ-Kurse für Kinder und Jugendliche angeboten werden, um die Möglichkeiten und Grenzen beim Umgang mit Medien aufzuzeigen. Das PIXEL am Kulturzentrum Gasteig in München wäre so ein Beispiel. Aber das ist Zukunftsmusik.
Weitere Informationen: www.iame.educationBeitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Antje Müller
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thema
Susanne Eggert und Friedrich Krotz: Sich orientieren oder orientiert werden?
Um sich in ihrer Welt zurechtzufinden halten Menschen Ausschau nach Beispielen von Personen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind oder waren wie sie selbst, nach Situationen, die ihrer eigenen aktuellen Situation vergleichbar sind, sowie nach Handlungsmöglichkeiten für unterschiedliche Bedürfnislagen. Seit dem 18. Jahrhundert wird dieses Vorgehen als "sich orientieren" beschrieben. Da die Medien einen breiten Fundus an derartigen Angeboten vorhalten, werden sie oft als Orientierungsquelle herangezogen. Dass sie dabei insbesondere für Kinder und Jugendliche eine wichtige Rolle spielen, ist wissenschaftlich gut belegt (vgl. z. B. Theunert/Gebel 2000, Paus- Haase 1998). Die Bedeutung der Medien als Orientierungsinstanz und die damit verbundenen Möglichkeiten wurden von der Medienindustrie bald erkannt und (auch) für eigene Zwecke genutzt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei heute auch dem sogenannten Social Web zu. Aufgrund der vielen persönlichen Daten, die die Nutzerinnen und Nutzer hier zum Teil freiwillig, zum Teil weil sie von den Anbietern dazu genötigt werden (bspw. weil die Angebote sonst nicht genutzt werden können) hinterlassen, ist es möglich, diese mit personalisierten, das heißt, auf ihr persönliches Profil zugeschnittenen Angeboten zu bedienen. Ob sie das auch wollen, steht dabei nicht zur Debatte. Dies kann auch als Manipulation bezeichnet werden.
Menschen nutzen die Medien also auch deswegen, um hier nach Orientierungsangeboten für ihr eigenes Leben Ausschau zu halten. Die Medien wiederum machen selbst aktiv Angebote, an denen die Menschen sich orientieren sollen. In Anbetracht dieser Ausgangslage stellen sich viele Fragen, was das Potenzial der Netze für Orientierung und Orientierungsleistungen angeht. Woran orientieren sich die Kinder und Jugendlichen von heute, über welche Themen und warum ist das so? Wie geht Medienpädagogik mit den Orientierungspotenzialen von medialen Angeboten um, wie beurteilt sie sie, wie hilft sie Kindern und Jugendlichen, damit umzugehen, inwieweit vermittelt sie selbst Orientierungen und wie transparent geschieht das? Über solche Fragen ist bisher viel zu wenig geforscht worden.Einen ersten Schritt in die Richtung, diese Intransparenz in Sachen Orientierungsfunktion der Medien aufzuhellen geht das vorliegende Heft – natürlich nur in einzelnen Beispielen.
In seinem einführenden Beitrag macht Friedrich Krotz deutlich, wie sich die Rolle der Medien als Orientierungsinstanz im Laufe der Zeit verändert hat. Um die Angebote der Medien nutzen zu können, mit dem Ziel, sich in einer komplexen Welt zurechtzufinden und einen eigenen Standpunkt zu entwickeln, sind und waren schon immer spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten notwendig. Denn durch die Monopolstellung globaler Player wie zum Beispiel Google dienen viele Orientierungsleistungen in erster Linie wirtschaftlichen Interessen und die Nutzenden stehen vor der Herausforderung zu erkennen, worin der Nutzen für sie selbst besteht.
Folgt man Guido Bröckling ist hier insbesondere eine kritische Medienpädagogik gefordert, durch die die Nutzenden dazu befähigt werden, die Strukturen innerhalb der Medien zu durchschauen und sie ethisch zu bewerten: Nach welchen Kriterien geschieht die Auswahl von Information? Welchen Regeln folgen Meinungsbildungsprozesse in sozialen Netzwerken? Welche Rolle spielen dabei politische und kommerzielle Interessen? Dieses Wissen, mit dem die Komplexität der mediatisierten Welt reduziert werden kann, brauchen schon Kinder und Jugendliche, um die Angebote der Medien bewerten und souverän für ihre eigenen Bedürfnisse nutzen zu können.
Dass dies im konkreten Alltagserleben Jugendlicher keine einfache Aufgabe ist, zeigt der Beitrag von Nadine Tournier. Soziale Netzwerkdienste wie etwa der Messenger WhatsApp oder bildorientierte Dienste wie Instagram und Snapchat haben hohen Beliebtheitswert unter Jugendlichen. Diese nutzen die Dienste, um sich mit anderen zu vergemeinschaften und in diesen Gemeinschaften relevante entwicklungsbezogene Fragen zu bearbeiten. Dies geschieht aber nicht unbeeinflusst von den plattformbezogenen Vorgaben und Funktionen.
Einen Aushandlungsort von gesellschaftlichen Normen und Werten vor allem für Heranwachsende und junge Erwachsene stellen auch Casting Shows wie Germany’s next Topmodel (GNTM) dar. Dass diese derartigen Angebote dann oft auch kritisch gesehen werden, zeigt die Hashtag-Kampagne #notheidisgirl, die Miriam Stehling als ein Potenzial der Möglichkeiten in einer mediatisierten Welt analysiert.
Schließlich wird noch ein Blick auf die für Jugendliche wichtige Videoplattform YouTube geworfen. Christa Gebel und Andreas Oberlinner haben im Rahmen des vom BMFSFJ unterstützten Projekts ACT ON! untersucht, wie YouTube von Jugendlichen wahrgenommen und genutzt wird. Die Ergebnisse der im Anschluss durchgeführten Analyse der beliebtesten YouTuber und YouTuberinnen stellen sie in diesem Heft vor.
Die Wahrnehmung von YouTube-Stars durch ältere Kinder stand zudem im Mittelpunkt einer FLIMMO-Kinderbefragung. Michael Gurt fasst zusammen, inwiefern diese den Kindern als Orientierungsangebot dienen können.
Abgerundet wird der Themenschwerpunkt mit einem Text aus der medienpädagogischen Praxis (Ilona Herbert und Martin Noweck). Im Juni soll LiFE starten, ein neues medienübergreifend angelegtes Sendungsformat, in dem sich Jugendliche und junge Erwachsene als Redakteurinnen und Redakteure erproben können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich hier mit ihren Themen auseinandersetzen und dies in Fernseh-, Film- oder Radiobeiträgen oder auch Internet-Angeboten zur Diskussion stellen und sich so aktiv an der Gestaltung und Entwicklung der Gesellschaft, in der sie leben, einbringen.
Wir hoffen, dass wir mit diesem Spektrum Anregungen für eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Orientierung in der komplexen Welt, in der wir leben, geben können und wünschen viel Spaß beim Lesen!
Literatur Paus-Haase, Ingrid (1998). Heldenbilder im Fernsehen. Eine Untersuchung zur Symbolik von Serienfavoriten in Kindergarten, Peer-Group und Kinderfreundschaften. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Theunert, Helga/Gebel, Christa (Hrsg.) (2000). Lehrstücke fürs Leben in Fortsetzung. Serienrezeption zwischen Kindheit und Jugend. BLM-Schriftenreihe, Bd. 63. München: Reinhard Fischer.Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Susanne Eggert, Friedrich Krotz
Beitrag als PDFEinzelansichtFriedrich Krotz: Orientierung durch Medien
Der Begriff der Orientierung war mit seinem Aufkommen mit "sich orientieren" verbunden. Es wird aufgezeigt, wie die Medien in der prädigitalen Zeit welche Orientierungsleistungen über ihre journalistischen Inhalte anboten, und dass auch ein Rezipieren von Geschichten in den Medien Orientierung vermitteln kann. Im Zeitalter einer computergesteuerten digitalen Infrastruktur, wie wir sie heute vorfinden, haben sich aber die Bedingungen geändert. Orientierungsleistungen von Monopolen wie zum Beispiel Google sind den Geschäftsinteressen der Unternehmen untergeordnet: Die Orientierungsleistungen der Medien sind infolgedessen in der heutigen Infrastruktur ausgesprochen fraglich geworden.
Literatur
Drosdowski, Günther (1989). Duden-Etymologie. Das Herkunftswörterbuch. 2., völlig neu bearbeietete und erweiterte Auflage. Mannheim: Duden Verlag.
Ebersbach, Anja/Glaser, Markus/Heigl, Richard (2008). Social Web. Konstanz: UVK.
Gerbner, George (1978). Über die Ängstlichkeit von Vielsehern. Fernsehen und Bildung, 12, (1–2), S. 48–58.
Habermas, Jürgen (1987). Theorie kommunikativen Handelns. 2 Bände. 4. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Herzog, Herta (1955). Motivations and Gratifications of Daily Serial Listeners. In: Schramm, Wilbur (Hrsg.), The process and effects of mass media. Urbana, Ill., University of Illinois Press, S. 50-55.
Illich, Ivan (2010). Im Weinberg des Textes. München: C. H. Beck.
Jäckel, Michael/Mai, Manfred (Hrsg.)(2005). Online-Vergesellschaftung? Wiesbaden: Springer VS.
Krotz, Friedrich (2001): Die Mediatisierung kommunikativen Handelns. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Krotz, Friedrich/Despotovic, Cathrin/Kruse, Merle-Marie (Hrsg.) (2017). Mediatisierung als Metaprozess. Transformationen, Formen der Entwicklung und die Generierung von Neuem. Wiesbaden: Springer VS.
Neuberger, Christoph/Gehrau, Volker (Hrsg.)(2010): StudiVZ. Wiesbaden: Springer VS.Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Friedrich Krotz
Beitrag als PDFEinzelansichtGuido Bröckling: Orientierung als zentrales Moment kritischer Medienpädagogik
Was meint Orientierung im Kontext der Medienpädagogik? Wie kann Medienpädagogik Kinder und Jugendliche in ihrer Orientierungssuche in und mit Medien adäquat begleiten? Wie können Medienpädagogik und Medienbildung Orientierung vermitteln? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden, indem der theoretische Rahmen einer kritisch-reflexiven Medienaneignung und wertebasierten Orientierungssuche im Kontext einer kritischen Medienpädagogik skizziert wird.
Literatur
Baacke, Dieter (1973). Kommunikation und Kompetenz. Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien. München: Juventa.
Baacke, Dieter (1996). Medienkompetenz – Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In: von Rein, Antje (Hrsg.), Medienkompetenz als Schlüsselbegriff. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 112–124.
Bachmair, Ben (2001). Problemfelder der aktuellen Massenkommunikation und die Suche nach Kriterien. Interpretationsweisen und Diskurse. In: de Witt, Claudia (Hrsg.), Medienethik: Werte neu denken. – Gibt es Maßstäbe im Informationszeitalter? www.medienpaed.com/article/view/229/229 [Zugriff: 10.03.2018]
Bachmair, Ben (2005). Themenfelder der Medienpädagogik. In: Bachmair, Ben/Diepold, Peter/de Witt, Claudia (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 5. Evaluation und Analyse. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 255–269.
Bachmair, Ben/Seipold, Judith (2017). Intertextuelle und intramediale Bezüge als Orientierungsangebot – systematische Überlegungen und exemplarische Untersuchungen zu Verweisen auf das Fernsehangebot. In: Bachmair, Ben/Diepold, Peter/de Witt, Claudia (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 3. Opladen: Leske + Budrich, S. 51–81.
Bröckling, Guido (2012). Das handlungsfähige Subjekt zwischen TV-Diskurs und Netz-Dialog. Vilém Flusser und die Frage der sozio- und medienkulturellen Kompetenz. München: kopaed.
Bröckling, Guido (2015). Die Medienkompetenz des homo ludens: Ein Kinderspiel? Vilém Flussers neue Schule zwischen (Medien-)Kulturkritik und Ästhetischer Erziehung. In: Haarmann, Her-mann/Winkler, Steffi/Hanke, Michael (Hrsg.), Play it again, Vilém! Medien und Spiel im Anschluß an Vilém Flusser. kommunikation & kultur. Bd 6. Marburg: Tectum, S. 219–260.
Bröckling, Guido (2017): Kommunikologische Gedanken zur Re-Politisierung der Gesellschaft und der Rolle der handlungsorientierten Medienpädagogik im Kontext des medienkulturellen Wandels. In: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (Hrsg.), Medien – Pädagogik – Gesellschaft. Der politische Mensch in der Medienpädagogik. Interdisziplinäre Diskurse, Bd. 9. Reihe Medienpädagogik, Bd. 21. München: kopaed 2017, S. 81–93.
Brüggen, Niels/Bröckling, Guido (2017). Außerschulische Medienkompetenzförderung. In: Gapski, Harald/Oberle, Monika/Staufer, walter (Hrsg.), Medienkompetenz. Herausforderung für Politik, politische Bildung und Medienbildung. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2017, S. 155–165.
Gebel, Christa/Wütscher, Swenja (2015). Social Media und die Förderung von Werte- und Medien-kompetenz Jugendlicher. Expertise zu den Potenzialen der Medienarbeit mit Social Media. München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, online unter www.ich-wir-ihr.de/wissen/werte [Zugriff: 10.03.2018]
Herzig, Bardo/Tulodziecki, Gerhard (2001). Ethische Implikationen einer handlungs- und entwick-lungsorientierten Medienpädagogik. In: de Witt, Claudia (Hrsg.), Medienethik: Werte neu denken. – Gibt es Maßstäbe im Informationszeitalter? www.medienpaed.com/article/view/229/229 [Zugriff: 10.03.2018]
Hug, Theo (2001). Instantwissen und Bricolage – Überlegungen zu einigen ethischen Implikationen. In: de Witt, Claudia (Hrsg.), Medienethik: Werte neu denken. – Gibt es Maßstäbe im Informations-zeitalter? www.medienpaed.com/article/view/229/229 [Zugriff: 10.03.2018]
Hurrelmann, Bettina (2002). Medienkompetenz: Geschichtliche Entwicklung, dimensionale Struktur, gesellschaftliche Einbettung. In: Groeben, Norbert/Hurrelmann, Bettina (Hrsg.), Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim, München: Juventa, S. 301–314.
Kammerl, Rudolf (2001). Ethische Aspekte heteronomer und autonomer Moral netzbasierter Kom-munikation. In: MedienPädagogik 2.
Krotz, Friedrich (2007). Mediatisierung. Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Lauber, Achim (2003). Die Rezeptionsanalyse. In: Schorb, Bernd/ Lauber, Achim/ Echtermeyer, Katrin/ Eggert, Susanne (Hrsg.), Was guckst' du, was denkst du? Der Einfluss des Fernsehens auf das Ausländerbild von Kindern und Jugendlichen. Kiel: ULR, S. 34–42.
Marci-Boehncke, Gudrun/Rath, Matthias (Hrsg.) (2006). Jugend – Werte – Medien: Der Diskurs. Weinheim und Basel: Beltz Verlag.
Marotzki, Winfried/Jörissen, Benjamin (2008). Medienbildung. In: Sander, Uwe/von Gross, Friederike/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 100–109.
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Autor: Guido Bröckling
Beitrag als PDFEinzelansichtNadine Tournier: Handlungsmöglichkeiten und Herausforderungen für Jugendliche auf sozialen Netzwerkplattformen
Soziale Netzwerkplattformen wie WhatsApp, Instagram und Snapchat halten für Jugendliche eine Vielzahl an Handlungsoptionen und Herausforderungen bereit. Dies wird anhand der drei zentralen Entwicklungsaufgaben Identitätsmanagement, Informationsmanagement und Beziehungsmanagement im Jugendalter exemplarisch aufgezeigt. Dabei wird auf die relevante Orientierungsfunktion von medienvermittelten Beziehungen und plattformbezogenen Vorgaben verwiesen.
Literatur
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Autor: Nadine Tournier
Beitrag als PDFEinzelansichtMiriam Stehling: "#notheidisgirl, weil ..."
Der Beitrag befasst sich mit digitalen Protest-Artikulationen am Beispiel der Kampagne, die unter dem Hashtag #notheidisgirl geführt wurde und die sich gegen die Castingshow Germany’s next Topmodel richtet. Es wird gezeigt, dass Rezipierende die Sendung als transmedialen Ort zur kritischen Aushandlung von Schönheitsidealen und Körpernormen nutzen und dass feministische Hashtag-Proteste gesellschaftliche Debatten über diese Themen anregen können.
Literatur
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Autor: Miriam Stehling
Beitrag als PDFEinzelansichtChrista Gebel und Andreas Oberlinner: "Das GEHEIMNIS meines ERFOLGES"
Das Orientierungspotenzial von YouTube-Stars für Heranwachsende ist nicht zu unterschätzen. Mit einer direkten Ansprache der jungen Fans, jugendaffinen Themen und einer breiten Palette von Strategien der Publikumsbindung sichern sich hoch kommerzialisierte Kanäle die Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen. Eine Analyse von Kanälen, die bei der Altersgruppe der Zehn- bis 14-Jährigen Zuspruch finden, gibt Hinweise auf offenkundig zweifelhafte Orientierungsangebote. Besonders YouTuberinnen und YouTuber, die es nicht an die Spitze der Hitlisten geschafft haben, scheinen sich dabei ihrer ihrer Vorbildrolle nicht immer bewusst zu sein.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Christa Gebel, Andreas Oberlinner
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Gurt: YouTube als Orientierungsquelle im Alltag von Kindern zwischen sechs und 13 Jahren
Für Kinder ist YouTube als derzeit populärste Videoplattform ein wichtiger Teil ihres Medienalltags. Die Vielfalt der Angebote fasziniert sie. Jüngere Heranwachsende sehen in YouTube vor allem eine Abspielstation von Videos und eine weitere Möglichkeit fernzusehen. Mit zunehmendem Alter rücken aktiven YouTuberinnen und YouTubern auch interaktive und kommunikative Funktionen bzw. Möglichkeiten der Plattform ins Zentrum des Interesses. Welche Bedeutung diese YouTuberinnen bzw. YouTuber als Orientierungsquelle haben, welche Eigenschaften und Themen für die Kinder wichtig sind und ob sie sich selbst ein Leben als YouTuberin bzw. YouTuber vorstellen können, zeigen Ergebnisse der FLIMMO-Kinderbefragung von 2017.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Michael Gurt
Beitrag als PDFEinzelansichtIlona Herbert und Martin Noweck: LiFE is HEART – ein Werkstattbericht
Die LiFE-Jugendmedienredaktion ist ein neues Format, das sich aus den Jugendredaktionen matzTV (Fernsehen) sowie Störfunk und Junge Talente (Radio) entwickelt hat. Jugendliche haben die Möglichkeit, sich als Redakteurinnen und Redakteure von Beiträgen für unterschiedliche Medien zu erproben und sich dabei mit ihren Themen auseinanderzusetzen. Die LiFE-Redaktion nahm im Januar 2018 ihre Arbeit auf, das Format LiFE startet voraussichtlich im Juni 2018.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Martin Noweck, Ilona Herbert
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spektrum
Stefan Piasecki: "Kein Opfer zu groß”
Computer- und Videospiele oder Spiele auf mobilen Endgeräten wie Tablets oder Mobiltelefonen erzeugen Subrealitäten innerhalb der primären Kontextrealität des Alltags. Sie werden damit Teil des persönlichen Gesamterlebens – zunächst durch die Grenzen des Mediums gerahmt. Diese Grenzen verschwimmen zunehmend. Spiele melden sich auch außerhalb des eigentlichen Spielgeschehens mit SMS, Status-Updates und Erinnerungen und werden so zu alltäglichen Begleitern, die beständig Aufmerksamkeit verlangen. Damit werden Inhalte von der reinen Spielumgebung gelöst. Sie werden zum Alltagsbestandteil und ihre Inhalte sind nicht mehr so leicht von der "Spielsituation” als solcher abgrenzbar.
Literatur
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Luhmann, Niklas (1995). Die Realität der Massenmedien. Reihe: Vorträge, G333. Düsseldorf: Akademie der Wissenschaften.
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Piasecki, Stefan (2017a). Credere et Ludere. Glauben und Spielen: Computer- und Videospiele aus religionspädagogischer Perspektive. Baden-Baden: Tectum.
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Wünsch, Carsten/Jenderek, Bastian (2008). Computerspielen als Unterhaltung. In: Quandt, Thorsten/Wimmer, Jeffrey/Wolling, Jens (Hrsg.), Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden: VS, S. 41–56.Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Stefan Piasecki
Beitrag als PDFEinzelansichtThomas Rakebrand und Romy Nitzsche: #NoHateNoFake – ein Medienkompetenz- Projekt gegen Hass und Manipulation im Netz
Das Medienkompetenz-Projekt #NoHateNoFake hat zum Ziel Jugendliche zu den Themen Hate Speech und Fake News aufzuklären. Die Ergebnisse der Projektdurchführung im Schuljahr 2017/2018 an fünf sächsischen Schulen in der Sekundarstufe I bestätigen die Relevanz der Thematik für die medienpädagogische Arbeit. Der vorliegende Praxisbericht schildert den Projektverlauf und reflektiert die Herausforderungen in der Konzeption und Umsetzung auf inhaltlicher, technischer und organisatorischer Ebene. Er stellt zentrale Erfordernisse für eine gelingende Projektarbeit heraus.
Literatur
forsa (2017). Ergebnisbericht Hate Speech. Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM). www.lfm-nrw.de/fileadmin/user_upload/lfm-nrw/Service/Pressemitteilungen/Dokumente/2017/Ergebnisbericht_Hate-Speech_forsa-Mai-2017.pdf [Zugriff: 31.03.2018]
Institut für Jugendkulturforschung (2016). Zusammenfassung/Key outcomes der Studie "Gerüchte im Netz: Wie bewerten Jugendliche Informationen aus dem Internet". www.saferinternet.at/fileadmin/files/SID_2017/Zusammenfassung_Studie_Ger%C3%BCchte_im_Web.pdf [Zugriff: 31.03.2018]
Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (2017). 7. Tätigkeitsbericht. März 2015 – Februar 2017. Berlin. www.kjm-online.de/fileadmin/user_upload/KJM/Publikationen/Taetigkeitsbericht/KJM_Siebter_Bericht_2015-2017.pdf [Zugriff: 31.03.2018]
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2017). JIM 2017. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart. www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2017/JIM_2017.pdf [Zugriff: 31.03.2018]Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Thomas Rakebrand, Romy Nitzsche
Beitrag als PDFEinzelansichtChristina Schachtner: Der Bildschirm als "Beinahe-Akteur"
Bildschirme konstituieren einen intermediären Raum, der die Entwicklung der Subjekte vielfach stimuliert. Die daraus resultierenden emotionalen Bindungen an Bildschirme führen zur Unverzichtbarkeit dieser ‚Beinahe-Akteure‘, aber auch zu ersten Zweifeln, ob sie nicht zu einer neuen Fessel geworden sind. Welche Rolle spielt also der Bildschirm im Verhältnis von Dingen und Menschen? Dazu sollen die Praktiken von Netzakteurinnen und -akteuren aus der Perspektive des psychoanalytischen Ansatzes von Donald Woods Winnicott (1973) analysiert werden. Aus dieser Analyse ergibt sich, dass die Neubestimmung unseres Verhältnisses zu den Bildschirmen eine der großen Herausforderungen in digitalisierten Gesell¬schaften darstellt.
Literatur
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Schachtner Christina (2013). Digital media evoking interactive games in virtual space, In: Subjectivity, 6 (1), S. 33–54.
Strauss, Anselm (1995). Im Gespräch mit Heiner Legewie und Barbara Schervier-Legewie. In: Journal für Psychologie (1), S. 64–75.
Turkle, Sherry (2007). Evocative Objekts, Things we think with. Cambridge/Massachusetts, London: The MIT Press.
Tuschling, Anna (2009). Klatsch im Chat, Freuds Theorie des Dritten im Zeitalter elektronischer Kommunikation. Bielefeld: transcript.
Winnicott, Donald W. (1973). Vom Spiel zur Kreativität. Stuttgart: Klett Cotta.Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Christina Schachtner
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medienreport
Elisa Eberle: Psychospiele im Klassenraum
Oppermann, Lea-Lina (2017). Was wir dachten, was wir taten. Hörbuch, Hörcompany. 259 Min., 14,95 €.
Was tust du, wenn deine Matheklausur plötzlich von einem Amoklauf unterbrochen wird und eine maskierte fremde Person deine Mitschüler zwingt, Stück für Stück ihre dunkelsten Geheimnisse der Klasse zu offenbaren? Für Fiona Nikolaus, ihren Mitschüler Mark Winter und ihren Lehrer Anton Filler wird Gedankenexperiment in Was wir dachten, was wir taten zur Realität. Gelesen von Birte Schnöink, Julian Greis und Sebastian Rudolph – allesamt Mimen des Hamburger Thalia Theater – schildern die drei Hauptfiguren des Hörbuchs von Lea-Lina Oppermann aus verschiedenen Perspektiven, „was WIRKLICH passiert ist“, während Radio und Presse ihrer Meinung nach eine andere Wahrheit erzählen. Die Handlung beginnt inmitten einer Situation, die eigentlich jede Hörerin und jeder Hörer aus der Schulzeit kennt: Vierzehn Jugendliche brüten über einer schweren Matheklausur. Dabei sind alle typischen Charaktere einer durchschnittlichen Schulklasse vorzufinden: Die coolen Jungs, die den Anschein erwecken, gerade aus die Muckibude zu kommen, das püppchenhafte Modelmädchen, das nur an sich denkt, und die Desinteressierten aus der letzten Reihe. Alles ist wie immer, bis auf einmal eine Lautsprecherdurchsage die Stille durchbricht und vor einem Sicherheitsproblem warnt. Zunächst reagieren alle wie sie es gelernt haben: Tür verriegeln, ruhig verhalten, abwarten. Doch als ein kleines Mädchen weinend von außen an die Klassenzimmertüre klopft ist es vorbei mit der Gelassenheit. Was sollen sie jetzt tun? Sollen sie das Mädchen hereinlassen – oder etwa nicht? Nach einer langen Diskussion lassen sie das Mädchen, gefolgt von einer bewaffneten Gestalt, herein. Was jetzt passiert, hat niemand erwartet: Aus der jeweils eigenen Perspektive erzählen die drei Hauptfiguren, wie maskierte Person mit erhobener Pistole zehn nummerierte Umschläge zum Vorschein holt und den Mathelehrer dazu zwingt, die darin enthaltenen letzten Wünsche vorzulesen. Es sind Wünsche, die Rache üben, demütigen, Träume zerstören und die dunkelsten Seiten der einzelnen Schüler zum Vorschein bringen. Sie alle werden systematisch zu den im Verlauf immer drastischeren Straftaten gezwungen, die von Nötigung über Sachbeschädigung bis hin zu Körperverletzung reichen. All das dauert so lange, bis selbst der Lehrer seine regelkonforme Fassade verliert und blind gehorcht. Bis schließlich der letzte Zettel vorgelesen wird…
Was wir dachten, was wir taten ist ein psychologisches Kammerspiel, welches ausschließlich in einem geschlossenen Klassenzimmer spielt und die Gedanken, Sorgen und Ängste der Schüler aufgreift und mit einem spannenden Zugang bearbeitet. Selbst wenn manche Aufgaben der maskierten Person für Außenstehende lächerlich wirken – die Betroffene und damit auch Hörenden sind gezwungen, sich mit ihren Taten und Wünschen auseinanderzusetzen. Wie zum Beispiel Fiona, die gezwungen wird, ihren heimlichen Schwarm zu küssen und dabei feststellen muss, dass sie nichts an ihm wirklich anspricht. Durch diese tiefen psychologischen Bezüge wirken die Figuren glaubwürdig und real. Jungen Hörern kann mithilfe dieses Hörbuchs vermittelt werden, dass jeder Mensch eine dunkle Seite hat und es sich lohnt, gegen unfaires Verhalten gegenüber Mitmenschen zu kämpfen. Eifersucht, jugendliche Schwärmerei für die Lehrerin oder den Lehrer, Diebstahl, Magersucht – viele der im Hörspiel behandelten Themen kennen die meisten Hörer selbst aus ihrem Alltag. Das Hörspiel spielt außerdem mit einigen typischen Schüler-Lehrer-Klischees, die eigentlich jede und jeder aus seiner Schulzeit kennt, auch wenn sie nicht immer widerspruchslos von der Gesellschaft akzeptiert werden. In Kombination mit der Vermittlung von Schülerweisheiten, wie zum Beispiel, dass der beste Sitzplatz bei einer Klausur in der Ecke sei, und einem regelkonformen, überforderten Lehrer generieren eine besonders faszinierende Spannung, die durch die direkte Ansprache des Hörenden als eine Art ‚Eingeweihte‘ verstärkt wird. Durch diese emotional-psychologische Komponente lernen Jugendliche einige wichtige Lektionen: Wie verhalte ich mich bei Amoklauf? Was kann passieren? Und wozu können Mut und Zivilcourage führen? Durch die Tatsache, dass einige Rettungsversuche der Figuren scheitern, erhält die Erzählung einerseits einen realistischen Charakter. Andererseits können die misslungenen Versuche unter Umständen besonders sensible, kleine Heldinnen und Helden auch desillusionieren. Neben den psychologischen Lerneffekten auf die Rezipierenden sticht jedoch auch die metatextuelle Gestaltungsebene der Geschichte ins Auge: Auffallend häufig spielt der Text mit Alliterationen und Wortspielen wie ‚Schweiß auf weiß‘. Aussagen wie „kein Ring, kein Tarnumhang, um mich unsichtbar zu machen“ hingegen verweisen auf andere Medien und Geschichten, wie in diesem Fall Der Herr der Ringe oder Harry Potter. Genauso werden Geschehnisse von den Schülerfiguren mit Szenen aus Horror- oder Westernfilmen verglichen sowie literarische Figuren wie Winnetou oder die Todesser in die Erzählung integriert. Diese popkulturellen und intermedialen Verweise machen den Text besonders lebhaft und ansprechend für junge Hörer. Selbst wenn Hörer einige Zitate nicht durchdringen und zuordnen können, bleibt das gesamte Hörbuch trotzdem nachvollziehbar und regt im Idealfall zur Auseinandersetzung mit unbekannten Geschichten an.
Zusammenfassend gelingt Lea-Lina Oppermann in ihrem Hörspiel Was wir dachten, was wir taten eine interessante und kurzweilige Geschichte, die die jugendlichen Rezipienten zum Nachdenken über ihr eigenes Sozialverhalten anregt. Dazu trägen insbesondere die thematische Schwerpunktverschiebung auf einer psychologischen Ebene – weg von einem klassischen Amoklauf – bei.
Elisa Eberle war Praktikantin bei merz | medien + erziehung. Sie studiert derzeit den Masterstudiengang Theaterwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Elisa Eberle
Beitrag als PDFEinzelansichtUlrich Tausend: Die re:publica – am digitalen Puls?
Was macht das Internet mit der Gesellschaft? Was kann die Gesellschaft mit dem Internet anstellen? Um diese Fragen zu diskutieren, treffen sich jährlich Tausende Akteure aus der Netzgemeinde, Wissenschaft, Politik und Kultur zur re:publica- Konferenz in Berlin. Vor 12 Jahren als Blogger- Konferenz, von den Betreibern von Spreeblick und netzpolitik.org gestartet, hat sie sich zu einer international beachteten Veranstaltung mit einem vielfältigen Themenspektrum rund um Digitales und Gesellschaft entwickelt. Teil dieses digitalen Zeitgeschens wollte in diesem Jahr auch die Bundeswehr sein, was gleich zur ersten Kontroverse unter den Teilnehmenden der Konferenz führte. Drei Soldaten in Flecktarn standen zum Start der Tagung vor dem Veranstaltungsgelände, sprachen die Wartenden an und verteilten Flyer, um für die Zulassung mit einem eigenen Stand zu werben. Begleitet wurde der Auftritt von einer re:publica-kritischen Social Media-Kampagne. Ich persönlich kenne keine Veranstaltung bei der Twitter so stark genutzt wird wie auf der re:publica. Hier wird der Puls der Konferenz spürbar, und man bekommt einen kleinen Ausschnitt in das, was auf den 19 Bühnen gerade passiert. Vieles davon hatte mit dem diesjährigen Thema der Konferenz POP zu tun, das in verschiedenen Spielarten interpretiert wurde. Es sollten beispielsweise Filterblasen zum Platzen gebracht werden. Zudem wurden drängende Fragen nach den aktuellen Entwicklungen in der Medienlandschaft gestellt: Welchen Einfluss haben (Scripted) Reality Shows, Insta-Stars und Influencer auf die Gesellschaft? Was macht alternative Fakten so ‚sexy‘ für besorgte Bürgerinnen und Bürger? Sascha Lobo stellte hingegen die Frage nach dem Pop und Antipop(ulismus). Häufigstes Deutungsschema war aber "Power Of People", also wo die Macht der Masse liegt. Unverkennbar: Es wurde die politischste re:publica bisher. Der Stargast der diesjährigen Konferenz war die Whistleblowerin Chelsea Manning. Im Jahr 2010 hat sie, noch als Nachrichtenanalytikerin des US-Militärs unter dem Namen Bradley Manning, Hunderttausende Dokumente an Wikileaks weitergegeben.
Diese enthüllten unter anderem, dass Merkels Handy durch die NSA abgehört wurde und enthielten brisante Informationen über unrechtmäßig Inhaftierte in Guantanamo. Bekannt wurde auch ein Video, in dem US-Soldaten aus einem Kampfhubschrauber mehr als ein Dutzend Zivilisten erschossen. Nach sieben Jahren Haft wurde sie in einer der letzten Amtshandlungen Barack Obamas begnadigt. Auf der re:publica wurde ihr ein sehr herzlicher Empfang bereitet. Die größte Bühne war überfüllt und es gab viel Applaus für ihre Äußerungen. Manning kritisierte, dass in den zurückliegenden Jahren das Sammeln von Daten durch Staaten und Unternehmen immer weiter zu¬genommen hätte. "Wir dürfen nicht darauf warten, dass Institutionen sich verändern. Wir müssen sie selbst verändern", so appellierte sie an Programmiererinnen und Programmierer. Sie wandte sich auch an die versammelten Medienvertreterinnen bzw. -vertreter: Meinungsfreiheit bedeute nicht, jedem ein Mikrophon in die Hand zu geben, der eine Meinung habe. Manning selbst will kein Vorbild sein. Für viele re:publica-Besucherinnen und Besucher ist sie aber genau das. Jemand, der nicht nur redet und die Hoffnung auf Veränderung in Tweets ausdrückt, sondern handelt und für Überzeugungen – auch im Gefängnis – einsteht. Chelsea Menning hinterließ den Eindruck, dass die Netzgemeinde Heldinnen und Helden sucht und braucht. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Euphorie, die viele noch mit dem Internet der Anfangsjahre verbinden, mehr und mehr verfliegt. Für Sascha Lobo war das Internet zwar schon auf der re:publica 2014 kaputt. Die Bedenken gegenüber neuen technischen Entwicklungen und deren Einfluss auf die Gesellschaft haben wohl aber erst jetzt die Mitwirkenden über die Jahre eingeholt. Besonders häufig problematisiert wurde dabei die Rolle von Algorithmen in Entscheidungsprozessen. So sah Harald Lesch einen Verlust der Erkenntnisbegründungen, die zu einem Ende der Aufklärung führen könne. Man würde die Kontrolle durch von Algorithmen gesteuerte Prozesse verlieren. Die aktuell am weitesten fortgeschrittene Entwicklung in diesem Bereich beschrieb Katika Künreich. Sie gab einen Einblick in Chinas Social Credit-Systeme, bei der Konzerne die gesammelten Daten zu Suchverhalten, Social Media oder Finanztransaktionen kombinieren – mit vollumfänglich ‚legitimierten‘ Zugriff eines auf "Harmonie" zielenden Staates. 2020 wird die Nutzung solcher Systeme für alle Chinesinnen und Chinesen obligatorisch sein. Der Vortrag zeigte, wie sich die Digitalisierung zu einer massiven Bedrohung kritischen und damit auch demokratischen Denkens entwickeln kann.
Dagegen positioniert sich die p≡p coop, ein Zusammenschluss von Internet-Aktivistinnen und Aktivisten (Autorinnen wie Sibylle Berg, Juli Zeh und der Autor Marc-Uwe Kling sind Gründungsmitglieder), die auf der re:publica ihre Idee präsentierten: "Es wird allerhöchste Zeit, uns Bürgerinnen und Bürgern wirksam vor den Folgen der Digitalisierung zu schützen. Weil die Politik nichts unternimmt, machen wir das jetzt eben selbst", erklärte Zeh. p≡p steht für "pretty easy privacy" und will uns ermöglichen, auf CryptoPartys endlich wirklich zu feiern, da deren Verschlüsselungstechnik keiner langen Erklärung bedarf. Die düstere Show ließ viele Zuschauenden lange zweifeln, ob es sich um eine ernsthafte Initiative oder um eine Kunstaktion handelt. Als ich mit zwei Medienpädagogen über die Aktion sprach, zeigte sich, wie stark sie polarisierte. Für den einen war es die inspirierendste Session. Beim zweiten fiel sie komplett durch. Der kontroverse Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, gerade auf einer nicht rein medienpädagogischen Veranstaltung stellt einen großen (Mehr-)Wert der re:publica dar. Auf der re:publica laufen einem ständig Medienpädagoginnen und -pädagogen über den Weg. Besonders viele sieht man natürlich bei den unter dem Begriff re:learn zusammengefassten Vorträgen. Dort wurde gefragt, wie die Digitalisierung der Bildung gelingen kann. Es wurde über Making und Open Source in Bildungskontexten debattiert und besprochen, was der DigitalPakt so (nicht) mit sich bringt. Aber bei der re:publica handelt es sich eben nicht um eine medienpädagogische Fachkonferenz. Viele Vorträge bleiben eher an der Oberfläche. Die Stärke der re:pulica ist ihre Vielschichtigkeit. So konnte man dieses Jahr in vielen von den 400 Vorträgen, welche größtenteils online verfügbar sind, auch in Themen wie Blockchain oder Smart City eintauchen. Dazu gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm, dessen kommerzieller Einfluss durch die hohe Präsenz von (Medien-)Unternehmen in Ausstellungsständen und Vorträgen spürbar ist. Insbesondere bei der angedockten Media Convention kann es passieren, dass eine Session weniger kritisch ausfällt und eher einer Werbeveranstaltung gleicht. Einige Besucherinnen und Besucher schwärmen in solchen Momenten vom weniger kommerziellen Chaos Computer Congress. Dennoch: Ein Besuch der re:publica gibt die Chance auf das Einverleiben des Hier und Jetzt – dem Spüren des digitalen Pulses.
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Autor: Ulrich Tausend
Beitrag als PDFEinzelansichtDaphne Schubert: eKidz.eu – "Kind+iPad+eKidz.eu = Lesenlernen macht Spaß!"
eKidz.eu GmbH (2017). eKidz.eu – Deutsch lernen. App für iOS. kostenfreie Testversion.
"Lesenlernen leichtgemacht! – Spannende digitale Inhalte und mehr Motivation zum Lernen." Mit diesem Versprechen präsentiert sich eKidz.eu als neuer Player auf den Markt der Lern- Apps. Innerhalb von neun Stufen soll die Anwendung Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren darin unterstützen, ihrem Lernstand entsprechend, Lesefähigkeiten auszubauen und somit das Sprachverständnis zu schulen. Die aktuell kostenfrei zur Verfügung stehende Testversion richtet sich vorrangig an Kinder der Vorschule und der ersten bis zweiten Grundschulklasse. Auf der Basis der Erfahrungen von Akademikerinnen und Akademikern, Lehrenden und pädagogischen Fachkräften werden die Leselevels, den Vorkenntnissen der Kinder entsprechend, in drei Gruppen unterschieden und unterteilen sich jeweils in drei Stufen: Leseanfänger (Stufe 1-3), Frühleser (Stufe 4-6) und fortgeschrittene Frühleser (Stufe 7-9). Je Lese-Stufe stehen drei bis fünf Texte in Form von ‚Büchern‘ zu verschiedenen klassischen Unterrichtsthemen, wie zum Beispiel zu gesunder Ernährung, Kunstformen oder dem Wetter aber auch zu Alltagsthemen zur Verfügung. Diese können nach einem wiederkehrenden Schema bearbeitet werden: Das Kind kann einen Text lesen, sich vorlesen lassen und – sobald diese beiden Schritte abgeschlossen sind – fünf Fragen zu den behandelten Themen beantworten. Im Unterschied zu anderen Apps können nicht nur das Erkennen von Buchstaben oder einzelnen Wörtern geübt, sondern ebenfalls Wort- und Satzerfassung, der Lesefluss sowie das Textverständnis trainiert werden.
Nach Installation der App muss zunächst ein Hauptkonto eingerichtet werden, das auf bis zu 35 weitere Konten erweitert werden kann. Jeder Account kann durch ein von der App vorgeschlagenes Passwort gesichert werden. In diesem Account sind für jedes Kind die Lesestufe sowie die Sprache für die Anleitungen individuell festgelegt. Sowohl die volljährige Inhaberin oder der Inhaber des Hauptkontos bzw. Mentorin und Mentor als auch das Kind haben die Möglichkeit, die in der App verbrachte Zeit sowie den Stand der bereits bearbeiteten Bücher mit entsprechendem Lernfortschritt einzusehen und nachzuverfolgen. So stellt eKidz.eu ein gut geeignetes Instrument für Lehrende oder Erziehende dar, den Entwicklungsstand der Lernenden zu beobachten und individuell zu unterstützen.
Der Textumfang pro Buch bzw. pattern book beginnt auf Stufe eins mit 30 Wörtern und steigert sich nach und nach auf 550 Wörter in der letzten Lesestufe. Bei zunehmender Länge der Texte erhöht sich auch die Anzahl der dargestellten Wörter pro Seite. Dabei werden die Texte durch lebendige Illustrationen in kräftigen Farben begleitet, die das Verständnis des Erzählten durch visuellen Bezug erhöhen. Zum erleichterten Nachvollzug von Lautverbindungen wird in den Stufen eins bis drei sehr langsam und silbenbetont vorgelesen. Die Vorlesegeschwindigkeit sowie die Verbindung der Silben nimmt für die Gruppe der Frühleserinnen und -leser zu und mündet für Fortgeschrittene in eine natürliche Sprechgeschwindigkeit mit erhöhter Komplexität der Satzstrukturen. Die vorgelesenen Wörter werden parallel zum Ton farbig hervorgehoben, sodass das Kind eine visuelle Orientierung innerhalb des angezeigten Textes erhält. Sobald die Aufgaben Hören und Lesen erfüllt wurden, werden – bei bestehendem Internetzugang – Verständnisfragen zu den Texten gestellt. Falls dabei noch Fehler auftreten, haben die jungen Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, den Text erneut zu lesen. Dabei stehen alle vorab heruntergeladenen Texte auch offline zur Verfügung.
eKidz.eu ist eine gut durchdachte und kindgerecht gestaltete App, die intuitiv zu bedienen ist und in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt werden kann: Zur Unterstützung des Lernprozesses zu Hause, innerhalb von Lerngruppen oder – bei vorhandener technischer Ausstattung – durchaus auch im schulischen Kontext. Der übersichtliche Aufbau und die klar strukturierten Lernabläufe ermöglichen Kindern eine selbstständige Beschäftigung mit der Anwendung. Motivationale Impulse erhalten die Übenden durch eine Lernfortschrittsanzeige, die sowohl die Intensität der Auseinandersetzung mit Texten steigert als auch mit den Inhalten. Die Angabe von Prozentzahlen erscheint für die adressierten Kinder jedoch etwas abstrakt und könnte durch eine visuelle Aufbereitung mit Piktogrammen kindgerechter ausfallen. Zudem findet sich noch keine Aufgabe zum Schreiben, wodurch der Erwerb von Lese- und Sprachkompetenzen beschleunigt und erhöht werden könnte.
Bei der Einrichtung der Kinderkonten müssen die Eltern oder Lehrkräfte den Lernstand der Kinder vorab bereits gut einschätzen können, da die Stufenangaben der Anwendung keine näheren Erläuterungen enthalten. Mehr Transparenz darüber, welchem Lernstand diese Angaben entsprechen, könnte eine bedürfnisgerechtere Lernbegleitung durch Eltern und Lehrer erleichtern.
In Bezug auf die inhaltliche Gestaltung zeigt eKidz.eu, dass sich die Entwickler intensiv mit Unterrichtsinhalten und einer alters- wie kindgerechten Umsetzung auseinandergesetzt haben. Es werden altersgemäße Themen aus dem Alltag und Lehrplaninhalte wie beispielsweise für den Sach- und Heimatkundeunterricht angeboten, aber auch bekannte Märchen und klassische Literatur wie Tom Sawyer und Der Fischer und seine Frau aufgegriffen und entsprechend aufbereitet. Hierdurch kann nicht nur die Lese- und Sprachkompetenz geschult und der Grundwortschatz erweitert, sondern ebenso Allgemeinwissen aufgebaut werden, welches durch Informationen zu verschiedenen Fachbereichen wie unter anderem Kunst oder Biologie angereichert werden kann.
Die Arbeit mit abgeschlossenen Geschichten statt mit isolierten Aufgaben bietet Kindern einen geeigneten Rahmen für den Aufbau von Kompetenzen zur zunehmend eigenständigen Beschäftigung mit Büchern und Texten und verhilft ihnen dabei zu Erfolgserlebnissen.
eKidz.eu ist eine fundiert entwickelte App, deren derzeitige Weiterentwicklung und Funktionserweiterung sich zu verfolgen lohnt. Unter anderem ist eine Erweiterung der Zielgruppe auch auf die dritte und vierte Grundschulklasse in Planung. In der Endversion sollen Basisfunktionen weiterhin kostenlos zur Verfügung stehen. Ergänzend dazu sind verschiedene kostenpflichtige Abonnementmöglichkeiten und In-App-Käufe angedacht.
Aktuell ist die App als iOS-Anwendung erhältlich. Eine Android-Version ist laut Entwickler in Planung.Daphne Schubert
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Autor: Daphne Schubert
Beitrag als PDFEinzelansichtElisa Eberle: Wer hat Urheberrecht?
Vision Kino (Hrsg.) (2017). Wer hat Urheberrecht? www.wer-hat-urheberrecht.de, kostenfrei.
Wie entsteht ein Film? Wer ist alles am Dreh beteiligt? Und wem gehört das fertige Produkt? Diesen Fragen widmet sich die multimediale Plattform von VISION KINO mit ihrem umfangreichen und kostenfreien Angebot an Unterrichtsmaterialien für Lehrende. Die Website bietet Interviews von Filmschaffenden, Erklärvideos, Filmplakate sowie -trailer und verfolgt das Ziel, Kinder und Jugendliche für Urheberrecht zu sensibilisieren und sie mit dem Medium Film vertraut zu machen. Inhaltlich gliedert sich das Angebot in sechs Themen, je drei für eher jüngere bzw. eher ältere Schülerinnen und Schüler. Das ganze Angebot lässt sich über eine Filterfunktion auf der Startseite nach Altersstufe (Primar-, Sekundarstufe I und II) sowie Schulfach selektieren. Einzelne Arbeitsschritte einer Filmproduktion und Formen der Filmrezeption werden über Interviews mit Filmschaffenden sowie in Form von Arbeitsblättern kurz angesprochen. Jüngere Schulkinder lernen auf diese Weise Filmberufe näher kennen und erhalten über ihren Lieblingsfilm einen direkten Zugang zum Thema. Ältere können sich dagegen mit den unterschiedlichen Formaten einer Filmkritik, beispielsweise auf Twitter oder im Feuilleton, auseinandersetzen. Den eigentlichen Schwerpunkt der Seite bilden die hinteren Themen: Zunächst rückt die ‚Medieninstitution Kino‘ in den Fokus, wobei unter anderem verschiedene Kinotypen vorgestellt sowie Jugendliche der Sekundarstufen mit wirtschaftlichen Aspekten des Kinos, wie der Filmfinanzierung, der Verwertung und den Urheberrechten vertraut gemacht werden. Ebenso wird erklärt, aus welchen Teilen sich der Preis einer Blu-ray zusammensetzt und welche Kosten eine Filmproduktion verursacht. Gleichzeitig werden die Jugendlichen für das Thema Raubkopie sensibilisiert. Auch das Filmmarketing eines Kassenschlagers wie Fack ju Göhte wird intensiv analysiert und mit kreativen Arbeitsaufträgen verknüpft. Die zentrale Frage ‚Wer hat Urheberrecht?‘ stellt das letzte Thema. Als Einleitung in den Diskurs werden Grundschülerinnen und -schülern die Unterschiede zwischen geistigem Eigentum und Sacheigentum erklärt. Altersadäquate Praxisbeispiele illustrieren zudem die Entstehungsgeschichte des Animationsfilms und die Bedeutung von Filmmusik. Daneben liefert ein Infoblatt Tipps, welche Filmmusik für eigene Produktionen verwendet werden darf und dabei legale Bezugsmöglichkeiten vorstellt. Außerdem werden die Präsentation von Marken und der Umgang mit Persönlichkeitsrechten in dokumentarischen Filmen erläutert sowie die Unterschiede zwischen Parodie und Remake definiert. Urheberrechtsverletzungen und ihre Folgen werden abschließend auf leicht zugängliche Weise erörtert. Für Grundschülerinnen und -schüler steht ein Beispiel aus dem Schulalltag zur Verfügung, Ältere können sich über legale und illegale Streaming- und Download-Angebote informieren. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II debattieren in den Rollen aller am Urheberrechtsstreit Beteiligten in einer großen Podiumsdiskussion. Daneben bieten zwei Infotheken auch für pädagogische Fachkräfte eine übersichtliche Zusammenfassung der wichtigsten Informationen rund um das Urheberrecht und alle verwandten Themenbereiche.
Das Angebot von Wer hat Urheberrecht? ist zielgruppenorientiert und abwechslungsreich gestaltet: Besonders der Regionalbezug sowie die Zitate aus aktuell populären Kinohits transferieren die Arbeitsaufträge aus einem rein theoretischen Kontext in die Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler. Dabei spornt das Erstellen eines Steckbriefes für den eigenen Lieblingsfilm oder die Durchführung von Interviews mit prominenten Filmschaffenden kleine wie große Filminteressierte zusätzlich an. Sämtliche Arbeitsblätter sind abwechslungsreich, kreativitätsfördernd und informativ. Selbst ‚unliebsame‘ Fächer wie Mathematik oder Wirtschaft werden durch den Filmbezug spannend aufbereitet. Neben der Theorie können Schülerinnen und Schüler in bekannte Momente der Filmgeschichte eintauchen. Durch Abschriften der Interviews und Umschreibungen von Fotos wird dabei gewährleistet, dass hör- oder sehbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche das Angebot ebenso rezipieren können. Somit überzeugt das Format auch methodisch und didaktisch. Die vorangestellte Übersicht über die relevanten Anforderungen zu Zielgruppe, Zeitaufwand sowie zu benötigten Vorkenntnissen oder Fachempfehlungen könnte lediglich durch Lösungsblätter zu den Aufgaben ergänzt werden. Einige Arbeitsblätter sind in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden verfügbar. Für die Sekundarstufe I könnte das Material jedoch noch ein breiteres Anforderungsspektrum abdecken, indem ein größerer thematischer Tiefgang und eine intensivere Auseinandersetzung mit filmmedialen Aspekten angeboten werden. Durch die fächerübergreifende Ausrichtung eignen sich die Arbeitsaufträge auch für Projektwochen, in denen unterschiedliche Methoden und Fähigkeiten spielerisch trainiert werden. Dabei reicht das Angebot von eigenständigen Internetrecherchen und Interviewtechniken über Diskussionen und Filmanalysen bis hin zum korrekten Umgang mit Zitaten. Weiterführende Beschäftigungen bieten schließlich wissensaufbauende Strukturen einzelner Subthemen, eine Verlinkung auf externe Seiten sowie die Rubrik "Fallbeispiele" in der "Infothek für Schüler*innen".
Zusammenfassend stellt die Plattform Wer hat Urheberrecht? mit ihrem Baukastenprinzip und einer stetigen Aktualisierung und Erweiterung eine Basis für eine fokussierte Arbeit dar, Kinder und Jugendliche im kreativen Umgang mit Film und Medien zu begleiten und in der Auseinandersetzung mit dem Entstehungsprozess filmischer Werke ihre Wertschätzung des geistigen Eigentums zu fördern.
Die Website ist der Nachfolger der didaktischen DVD Im falschen Film? – Eine Unterrichts-DVD zu Fragen des Urheberrechts und zum Schutz des geistigen Eigentums (2012) und wird aus Mitteln der Filmförderungsanstalt finanziert. Die Unterrichtsmaterialien beziehen sich auf das von der Länderkonferenz MedienBildung und VISION KINO gemeinsam erarbeitete, mit den Bundesländern abgestimmte kompetenzorientierte Konzept fächerübergreifender Filmbildung für die Schule und verweisen auf Kompetenzerwartungen, die in der Handlungsstrategie Bildung in der digitalen Welt der Kultusministerkonferenz formuliert worden sind.Elisa Eberle
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Autor: Elisa Eberle
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publikationen
Günther Anfang: Frühe Kindheit und Medien
Brandt/Hoffmann/Kaulbach/Schmidt (Hrsg.) (2018). Frühe Kindheit und Medien – Aspekte der Medienkompetenzförderung in der Kita. Budrich Verlag Opladen. 209 S., 24,90 €.
Das Thema boomt, ob digitale Medien in der Kita, Kita digital oder Krippe, Kita und Kinderzimmer – Veröffentlichungen zur Medienarbeit im Kindergarten sind en vogue. Da könnte man fast den Verdacht haben, dass nun jeder und jede auf den Zug aufspringt, um mit der frühen Medienerziehung ein Geschäft zu machen. Deshalb wurde das gerade im Budrich-Verlag erschienene Buch "Frühe Kindheit und Medien" erst einmal kritisch unter die Lupe genommen. Wer schreibt da, mit welchem Background und welcher Expertise? Nun gut, die Herausgeberinnen und Herausgeber stammen alle von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Der Band wurde angeregt durch zwei Tagungen zur "Frühen Kindheit und Medien" im Juni 2014 und Oktober 2015 an der gleichnamigen Hochschule und versammelt eine Reihe bemerkenswerter Artikel zum Thema. Somit hebt er sich von herkömmlichen Tagungsbänden ab und versucht, sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema zu nähern. Dabei gliedert sich der Band in insgesamt vier Kapitel, vom "Aufwachsen und Leben in digitalen Welten" über "Professionelles pädagogisches Handeln" sowie der "Kita in Zeiten der Digitalisierung" bis hin zur Medienpädagogik in der frühen Kindheit". Jedes Kapitel ist mit zwei bis drei grundlegenden Artikeln von renommierten Medienpädagoginnen und -pädagogen ausgestattet. So beginnt das erste Kapitel gleich mit einem Beitrag von Friederike Tilemann zu "Foto, Film und Wachsmalstift" – Medienpädagogik mit jungen Kindern, in dem sie die Notwendigkeit, Kleinkinder bei der Verarbeitung von Medienerlebnissen zu unterstützen, unterstreicht. Sie betont den Bedarf an Medienkompetenzförderung in der frühen Kindheit und schildert Medienpädagogik als Teil des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Kita. Dass das alles nicht ohne Widerstände abgeht, wird gleich im nächsten Artikel von Dagmar Bergs-Winkels und Peter Winkels beschrieben. Medienerziehung wird noch zu oft als Bewahrung vor dem Übel gesehen. Dies liegt auch daran, dass der Widerstand gegen Bildmedien in den europäischen und islamisch geprägten Kulturen stark verankert ist. Auf dem Boden der Geringschätzung von Bildmedien hat es der Erwerb von Medienkompetenz somit nicht leicht. Berger-Winkels plädiert deshalb dafür, diese Grundhaltung zu überwinden und gemeinsam mit den Kindern zu lernen, wie mit dieser neuen Medienwelt umzugehen ist.
Im zweiten Kapitel stellt Henrike Friedrichs-Liesenkötter Medienerziehung in Kindertagesstätten unter dem Blickwinkel des medienerzieherischen Habitus angehender Erzieherinnen und Erzieher vor. In ihrer Untersuchung zur Ablehnung von digitalen Medienkompetenzprojekten durch pädagogische Fachkräfte wird deutlich, dass angehende Erzieherinnen gegenüber älteren Erzieherinnen dem Thema Medienerziehung nicht offener gegenüberstehen. Hier bedarf es praktischer Er¬fahrungen und struktureller Unterstützung, um Medienpädagogik in der Kita zu verankern und Vorurteile abzubauen. Welche Möglichkeiten und Grenzen der Aus- und Fortbildung pädagogischer Fachkräfte sich in Zeiten der Digitalisierung eröffnen, beschreiben Thomas Schmidt und Sebastian Karnoll in ihrem Beitrag zur Professionalisierung pädagogischen Handelns. Dabei führen sie aus, dass virtuelles Lernen erhebliche Potenziale für die Fort- und Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte eröffnet, allerdings nur, wenn dafür auch die Voraussetzungen für onlinebasiertes Lernen geschaffen werden.
Im dritten Kapitel "Die Kita in Zeiten der Digitalisierung" beschreiben Sabine Eder und Susanne Roboom, wie im Zeitalter von "Big Data" das Kinderzimmer, die Kita und die ganze Lebenswelt der Kleinkinder immer stärker ausspioniert, überwacht und kontrolliert werden und wie die Erwachsenen und die Kita darauf reagieren sollten. Sie kommen zum Schluss, dass die digitalisierte Kindheit es notwendig macht, die digitalen Kinderrechte zu stärken und zu verankern. Das Recht auf digitale Bildung bringt aber auch die Bildungseinrichtung Kita mehr und mehr in die Verantwortung, Medienbildung konzeptionell einzubinden. Nehmen wir Medienbildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ernst, müssen auch pädagogische Fachkräfte medienpädagogisch fundierte und aktive Medienerziehung als Querschnittsaufgabe auffassen, die für alle Bereiche der frühkindlichen Bildung und Erziehung bedeutsam sind.
Im abschließenden Kapitel "Medienpädagogik in der frühen Kindheit" gehen Nadja Kutscher und Birgit Schäfer-Biermann noch auf verschiedene sozialpädagogische Aspekte der Medienbildung ein und schildern die Aufgaben, die sich dadurch für die Kita ergeben.
Frühe Kindheit und Medien richtet sich an die wichtigsten Hauptakteure im Bereich Kita und Medien, die in vier Kapiteln mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung adressiert werden. Während sich im ersten Kapitel gegen Katastrophenszenarien und ein utopisches ländliches Kindheitsidyll positioniert wird, erhalten hier insbesondere Eltern einen Aufgabenkatalog mit latenten Mahnungen zu mehr Offenheit, Kooperativität mit ihren Kindern und erhöhter Reflexion des Medien- und Familienalltags. Das Sichtbarmachen von Studienergebnissen und damit des Widerspruchs zum politischen Willen inklusive Bildungsauftrag gegenüber Kitas gelingt dagegen im folgenden Kapitel, gesteigert um eine, für die adressierten pädagogischen Fachkräfte angemessene, fachliche Aufbereitung. In einer anregenden Ursachenforschung über medialen Habitus und Dispositionen von Erziehenden werden schließlich neue Kompetenzbereiche für Fachkräfte in der Frühpädagogik erschlossen und damit gut begründet – neben dem 'An-die-eigene-Nase-fassen' – auf eine Verbesserung der Ausbildung und dem Ausbau der Kita hinsichtlich einer virtuellen Lehr-und Lernkultur verwiesen. Innerhalb eines Selbstverständnisses von Medienkompetenz als "vierte Kulturtechnik", neben Lesen, Schreiben und Rechnen, plädieren die Herausgeberinnen und Herausgeber schließlich für eine verstärkte Zuwendung zu einer informatischen Bildung in Kitas. Viele aktuelle Beispiele, politische Maßnahmen und insbesondere zukunftsträchtige Konzepte liefern Impulse zum Weiterdenken und regen zum Aktivwerden an. Der Band erreicht, trotz so einiger Mahnungen und Imperative samt latenter Instrumentalisierungen medienpädagogischer Koryphäen, einen Überblick über die jeweiligen aktuellen Fragestellungen. Geleistet wird dabei ein Zugang zu den jeweiligen Herausforderungen mit Chancen und neuen Aufgaben in allen angrenzenden Handlungsbereichen.
Als Fazit kann festgehalten werden, dass der Band wichtige Aspekte für eine frühe digitale Medienbildung liefert und damit in jedem Fall die aktuelle Diskussion bereichert. Eine Antwort darauf, welche Modelle der medienpädagogischen Arbeit in der Kita zu entwickeln sind, bleibt das Buch allerdings schuldig. Hier bräuchte es ein Praxisbuch Medienkompetenzförderung in der Kita.Günther Anfang
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtGeorg Materna: "Lasset uns in sha'a Allah ein Plan machen"
Kiefer, Michael/Hüttermann, Jörg/Dziri, Bacem/Ceylan, Rauf/Roth, Viktoria/Srowig, Fabian/Zick, Andreas (2018). „Lasset uns in sha'a Allah ein Plan machen“. Fallgestützte Analyse der Radikalisierung einer WhatsApp- Gruppe. Wiesbaden: Springer VS., 152 S., 26,99 €.
In pluralen Gesellschaften bilden sich regelmäßig radikale Gruppen, die die bestehende Ordnung mit Gewalt in Frage stellen wollen. Die internen Diskurse dieser Gruppen sowie ihre Radikalisierung nachzuvollziehen, ist für die Wissenschaft aufgrund fehlender empirischer Daten zumeist eine schwere Aufgabe. Das Buch von Kiefer et al. gehört in diesem Kontext zu einer begrüßenswerten Ausnahme. Kiefer et al. lag das Chat-Protokoll (5.757 Postings) der neo-salafistischen WhatsApp-Gruppe „Ansaar Al Khilifat Al Islamiyya“ (Helfer des islamischen Kalifats) vor, die zur Vorbereitung eines Anschlags gegründet wurde, der 2016 drei Menschen zum Teil schwer verletzte. Die Analyse von Kiefer et al. ist auf die Online-Kommunikation der Jugendlichen beschränkt, bietet aber aus medienpädagogischer Sicht einen spannenden Einblick in die Radikalisierungsdynamiken eines medialen Sozialraumes.
Kapitel 1 ist eine religionssoziologische Hinführung von Rauf Ceylan. Ceylan stellt die „Helfer des islamische Staates“ in den historischen Kontext und führt Konzepte wie takfīr ein, mit dem frühislamische Splittergruppen ihre Glaubensbrüder und -schwester zu tötungswürdigen Ungläubigen (kuffār) erklärten. Als zeitnahe Vorgänger der Neo-Salafisten nennt Ceylan muslimische Gelehrte, die am Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Kolonialisierung muslimischer Länder durch christliche Besatzer konfrontiert waren. Erneuerung erhofften sich diese Gelehrten in einer Rückbesinnung auf die frommen Altvorderen (as-salaf aṣ-ṣāliḥ).
Ceylan betont jedoch, dass neo-salafistische Gruppen nur durch gebrochene Traditionslinien mit salafistischen Gelehrten in Verbindung gebracht werden können. Vielmehr als islamischen Vorgängern seien neo-salafistische Gruppen modernen Jugendbewegungen ähnlich. Obwohl sie einen islamischen Anspruch proklamieren, basieren neo-salafistische Gruppen nicht auf theologischer Gelehrsamkeit. Vielmehr geht es ihnen um individuelle Emanzipation, die mit religiöser und kultureller Freisetzung parallel verläuft und im Resultat auf Selbsterhöhung abzielt.
Bacem Dziri und Michael Kiefer elaborieren diesen Befund im 2. Kapitel, indem sie die theologischen Diskussionen der Jugendlichen vor einen islamwissenschaftlichen Hintergrund stellen. Dziri/Kiefer behandeln zum Beispiel Fragstellungen nach Arabisch- und Korankenntnissen oder der Meinungsbildung bei rechtlichen Fragen. Je weiter ihre Analyse voranschreitet, desto weniger überrascht die Schlussfolgerung, dass sich die neo-salafistischen Jugendlichen einen „Gruppenkult“ konstruieren, der nach dem „Lego-Baustein-Prinzip“ funktioniert (S. 57). Sie basteln „ihren Islam“ zusammen, wie er ihnen gefällt.
In Kapitel 3 vertiefen Andreas Zick, Viktoria Roth und Fabian Srowig diese Analyse, indem sie herausarbeiten, welche jugendspezifischen Elemente sich in der Online-Radikalisierung zeigen. Sie betrachten die „Helfer des islamischen Staates“ als männerbündische Gleichaltrigengruppe, die ihre jugendliche Sinn- und Identitätssuche mit einer Gemeinschaft und Selbstbewusstsein versprechenden radikalen Ideologie verbindet (S. 63 ff.). Ausgehend von dieser Beschreibung stellen sie heraus, wie sich die Gruppe nach außen abgrenzt oder welche populärkulturellen Jugendelemente in der Kommunikation enthalten sind. Die in diesem Kapitel zitierten Chat-Beiträge nähern sich am eindrücklichsten der Lebenswelt der jungen Neo-Salafisten, zum Beispiel wenn sie über Video-Spiele, Gangsta-Rap oder die Sehnsucht nach Beziehungen zum anderen Geschlecht diskutieren und ihre Gespräche nur durch wiederholte, gegenseitige Ermahnungen erneut auf notwendige Anschlagsvorbereitungen fokussieren können.
Auf die Soziologik dieser Radikalisierungsdynamiken geht Jörg Hüttermann in Kapitel 4 ein, das die neo-salafistische Chat-Gruppe mit dem Naqshbandiyya-Orden vergleicht. Hüttermann stellt beide Gruppen in den Kontext einer entzauberten und individualisierten Welt, in der Jugendliche lernen müssen, mit Sinnverlust und Beliebigkeit umzugehen. In diesem Kontext entsteht eine Sehnsucht nach identitätsstiftender Ursprünglichkeit, argumentiert Hüttermann. Die neo-salafistische Lösung des Problems besteht in einer Selbstreinigung, das heißt in der Vernichtung äußerer Einflüsse. Die Abwertung anderer Muslime (takfīr) wird hier zum zentralen Moment der individuellen Reinigung von schädlichen Einflüssen.
Die gereinigte Selbsterhöhung ließ sich im Fall der neo-salafistischen Jugendgruppe jedoch nur im geschlossenen Chatraum aufrechterhalten. Im „Offline-Leben“ wuchs hingegen der Drang zur radikalen, gewaltsamen Tat (132 ff.). Aus medienpädagogischer Sicht ist Hüttermanns Darstellung interessant, weil sie darauf hindeutet, wie die Aneignung medialer Sozialräume für radikale Zwecke funktionalisiert werden kann. Die jungen Neo-Salafisten lebten ihre Gemeinschaft online, konnten diese aber offline niemals auf dieselbe Weise verwirklichen. Nach Hüttermann ergab sich aus dieser Diskrepanz ein Handlungsdruck, der zur Durchführung des Anschlags beitrug.
Im resümierenden Schlusskapitel betonen Kiefer et al., dass sich die neo-salafistische Chat-Gruppe am besten nicht als Muslime, sondern als Kinder der Moderne verstehen lässt. Die Jugendlichen setzen sich mehr mit der pluralen Moderne und ihren Herausforderungen als mit dem Islam auseinander. Dazu gehört, dass sie ihren Lego-Islam größtenteils mit online rezipierten Inhalten basteln. Zum anderen argumentieren Kiefer et al. dafür, stärker Konzepte der tertiären Prävention, das heißt der De-Radikalisierung, zu entwickeln. Die letzte Forderung arbeiten Kiefer et al. jedoch nicht weiter aus, was angesichts der bis dahin profunden Argumentation bedauerlich ist.
Kiefer et al. legen mit ihrem Buch einen wichtigen Beitrag für die Diskussion um Radikalisierung im Internet vor. Die interdisziplinäre Herangehensweise ist überzeugender Art. Medienpädagoginnen und Medienpädagogen werden kommunikations-, medien- und erziehungswissenschaftliche Fragestellungen vermissen. Ihr Fehlen kann jedoch den Autorinnen und Autoren nicht vorgeworfen werden, sondern zeigt eher die Breite nötiger Herangehensweisen und den Bedarf nach mehr Forschung.
Georg Materna, promovierter Ethnologe, Medienpädagoge und wissenschaftlicher Mitarbeiter im JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Er arbeitet über Fremdheitsdiskurse, Dynamiken von Teilhabe und Ausgrenzung sowie politische Bildung von Jugendlichen in sozialen Medien.
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Georg Materna
Beitrag als PDFEinzelansichtCamuka, Ahmet/Peez, Georg (Hrsg.) (2017). Kunstunterricht mit Smartphones und Tablets – Fotografie, Stop-Motion-Film, digitales Zeichnen und Malen – Unterrichtsbeispiele und Praxisforschung.München: kopaed, 369 S., 19,80 €.
In einer Zeit zunehmender Digitalisierung und dem selbstverständlichen Gebrauch digitaler mobiler Medien durch Kinder und Jugendliche, ist es für die Pädagogik unerlässlich, diese Entwicklungen im Kontext ihres Bildungsauftrags zu berücksichtigen. Der vorliegende Band betrachtet die Einsatzmöglichkeiten von Smartphones und Tablets im schulischen Kunstunterricht für alle Altersstufen mit den Schwerpunkten auf Fotografie, Stop-Motion-Filmen bzw. digitales Zeichnen und Malen. Einleitend befasst sich der Band auf theoretischer Ebene mit Modellen zur Technologieakzeptanz, zu Unterrichtsphasen sowie grundlegenden Chancen und Risiken der Nutzung digitaler mobiler Medien. Der Band bietet zudem einen Abriss der technologischen Entwicklung im 20. und 21. Jahrhundert. Damit können sich Lesende schnell einen Überblick über alle relevanten Aspekte der Thematik verschaffen.
Verweise zur weiterführenden Beschäftigung sind an verschiedenen Stellen vorhanden. Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit der praktischen Umsetzung, Erkenntnissen und Reflexionen aus dem Kunstunterricht sowie der kunstpädagogischen Forschung. In den Kapiteln Fotografie und Stop-Motion-Film werden zudem Projekte und Unterrichtseinheiten von der Projektidee über die Durchführung bis zur möglichen Weiterentwicklung umfassend vorgestellt. Diese reichen von Beschreibungen der vorhandenen Rahmenbedingungen, über Aufgabenblätter bis zu Materialien, wie zum Beispiel Vorlagen für Einverständniserklärungen der Eltern für die Projektdurchführung.
Im Kapitel Digitales Zeichnen und Malen werden schwerpunktmäßig übergeordnete Erkenntnisse aus empirischen Untersuchungen zum Beispiel zur Malentwicklung vorgestellt. Alle drei Kapitel berücksichtigen von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II alle Altersgruppen, sodass Lehrkräfte mit unterschiedlichen Zielgruppen fündig werden können. Wünschenswert wäre eine ausgewogenere Verteilung von empirischen Befunden und Praxisbeispielen innerhalb der Kapitel. Lehrkräfte, die Inspiration für den Einsatz von Smartphones und Tablets im eigenen Unterricht suchen, finden in diesem Band vielfache Anregungen für die pädagogische Praxis, die sie zu einem kritischen und reflexiven Umgang mit dem Thema ermutigen.ds
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Daphne Schubert
Beitrag als PDFEinzelansichtHammerschmidt, Peter/Sagebiel, Juliane/Hill, Burkhard/Beranek, Angelika (Hrsg.) (2018). Big Data, Facebook, Twitter & Co. und Soziale Arbeit. Aktuelle Themen und Grundsatzfragen der Sozialen Arbeit. Weinheim Basel: Beltz Juventa. 178 S., 19,95 €.
Der digitale Wandel ist generationenübergreifend in alle gesellschaftlichen Lebensbereiche vorgedrungen und die technische Entwicklung schreitet im steigenden Tempo voran. Beruf, Privatleben, Bildung etc. sind geprägt von digitalen Technologien, die sowohl Vorteile als auch Gefahren für den Alltag bedeuten. Auch die vorliegende Publikation widmet sich im Kontext der Sozialen Arbeit der digitalen Transformation und konkretisiert die Thematik mithilfe von unterschiedlichen Perspektiven. Auf der einen Seite erlangen Lehrende sowie Studierende der Sozialen Arbeit einen fachspezifisch fundierten Einblick in die Thematik, wobei gezielt auf den Umgang und die Herausforderungen der Digitalisierung eingegangen wird. Zum anderen stellt der Diskurs die Notwendigkeit einer gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung dar. Die Steigerung der Diversität an individueller Medienkompetenz erhöht auch die (generationenübergreifende) digitale Ungleichheit.
Dieser Schnittpunkt verdeutlicht die interdisziplinäre Relevanz von Digitalisierung in der Gesellschaft. Insbesondere Medienpädagogik spielt hierbei eine zentrale Rolle, denn Mediennutzung bei Heranwachsenden und die damit einhergehenden Risiken und Gefahren werden in der Sozialarbeit unter anderem in den Fokus genommen. Dennoch zielt die Publikation nicht grundlegend auf Pädagoginnen und Pädagogen oder das alltagspraktische Umsetzen von Medienkompetenz ab. Aktuelle Aspekte wie der Komfort und das Potenzial digitaler Medien im Bereich der Bildung, die Gefahren und der Machtmissbrauch im Umgang mit Datensammlung und -nutzung sowie die direkten Auswirkungen auf die Fachkräfte der Sozialen Arbeit werden diskutiert.
Dabei werden die Risiken durch Überwachung und Datensammlung kritisiert und die Alternativlosigkeit der Digitalisierung, die einen Großteil der Gesellschaft tangiert, wird beleuchtet. Hierbei werden kontroverse Einschätzungen formuliert. Die wissenschaftlichen Beiträge dieses Bandes bieten – unter Betrachtung der Aktualität – eine Grundlage zur Interessensbildung und Umsetzung medienpädagogischer Methoden.as
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Angelika Speck-Hamdan
Beitrag als PDFEinzelansichtHartmann, Simon/Purz, Dirk (2018). Unterrichten in der digitalen Welt.Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 166 S., 20 €.
Unterrichten in einer digitalisierten Welt mit zahlreichen Tools und technischen Lösungen, die das unabhängige Lernen zu ermöglichen und die Wissensbereitstellung zu übernehmen scheinen, wirf zunehmend Fragen um die Rollen von Lehrenden und Schülerinnen wie Schüler auf. Ist der klassische Lehrkörper obsolet, lösen digitalisierte Lehrmethoden und Lernmedien den klassischen Unterricht ab? Hartmann und Purz stellen sich in ihrem Band Unterrichten in der digitalen Welt den Herausforderungen und Chancen eines ‚guten‘ digitalen Unterrichts und setzen sich dabei nicht nur mit veränderten Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte und Schülerinnen wie Schüler auseinander, sondern liefern ebenso methodische Impulse und praktische Tipps aus dem Spektrum der im eigenen Unterricht gewonnenen Erfahrungen und erprobten Tools. Mit dem Ziel, die eigene Rolle samt Arbeitsbereich zu reflektieren, werden pädagogische Fachkräfte und angehende Lehrende zunächst über traditionelle Lerntheorien und Didaktik-Konzepten langsam auf das neue Erfordernis – der Digitalität – vorbereitet.
Zum Abbau (letzter) Vorbehalte, geht der Band über zu konkreteren Beispielen eines blended oder flipped classroom, die sich von einem Medieneinsatz um ihrer Selbstwillen abgrenzen und von einer Notwendigkeit eigens entwickelter digitaler Lehr- und Lernkonzepte überzeugen. Mit kontinuierlicher Hervorhebung erforderlicher didaktisch-medialer Kompetenzen sowie Kenntnisse, verknüpft mit Tool- , Software- sowie Projektempfehlungen für eine didaktische Aufbereitung digitaler Lernkonzepte, werden Lehrende in die konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten eingeführt. Ganz nah an den Bedürfnissen und pädagogischem Setting der Zielgruppe werden unter anderem interaktive Lernplakate, Multiuser-Mindmaps, Gamification- Tools, Schnittprogramme bis hin zu Open-Source-Lösungen für Schulserver vorgestellt. Dem Medienkompetenz-Aufbau dienend, insbesondere für interessierte Lehrende mit eher seltenem Kontakt zu digitalen Methoden, bietet der Band nicht zuletzt auch einen kleinen Ausschnitt eines Wörterbuchs für verwendete Fachbegriffe zur Digitalität.
Trotz behutsamer Einführung in das Thema und aufschlussreichen Erklärungen mit ausführlichen Praxisvorschlägen bei größtmöglicher Offenheit für eine individuelle Einsetzbarkeit spricht der Band eher Fortgeschrittene im Umgang mit digitalen Lehr- und Lernmethoden an. Unterrichten in der digitalen Welt bietet insgesamt kompakt aufbereitetes, nützliches und vor allem handhabbares Wissen, das zum Weiterdenken anregt. Die wissenschaftlichen Beiträge dieses Bandes bieten - unter Betrachtung der Aktualität und Relevanz der Themen - eine geeignete Grundlage zur Umsetzung medienpädagogischer Methoden.am
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtPietraß, Manuela (2017). Formen von Medialitätsbewusstsein – Relatio¬nen zwischen digitalem Spiel und Wirklichkeit am Beispiel moralischer Entscheidungen. München: Nomos. 195 S., 22 €.
Digitale Games sind eine weit verbreitete Form der Mediennutzung in der heutigen Gesellschaft. Sie eröffnen den Spielenden reale Optionen für Entscheidungen und zwingen dazu, Handlungen virtuell zu vollziehen oder zu beurteilen. Die Rezipierenden üben medial aktiv Einfluss aus. Entscheidungen, die dabei zu treffen sind, können sie allerdings in ein moralisches Dilemma treiben. Zudem verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zunehmend.
Die vorliegende Publikation von Pietraß entstand im Kontext der Diskussion zu Gewaltdarstellungen in digitalen Spielen. Auf der Grundlage zweier Expertisen findet darin eine empirische Erarbeitung von Formen des Medialitätsbewusstseins statt, welche sich einerseits auf das moralische Urteilen – andererseits auf das soziale Handeln aufgrund gewalttätiger Spiele beziehen. Sie bietet eine umfangreiche wissenschaftliche Darstellung des Forschungsstands in Bezug auf Vorgehensweise, Fallauswertung und Analyse. Moralische Urteilsfähigkeit und soziales Handeln werden maßgeblich durch Medialitätsbewusstsein beeinflusst – so die zentrale Erkenntnis. Die umfangreiche Falldarstellung und Reflexion von Forschungsergebnissen verdeutlicht die Relevanz eines Bewusstseins im Medienumgang. Vor dem Hintergrund der Bedeutung von Medien als Sozialisationsfaktor muss dieser Erkenntnis besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Aufgrund der vorwiegend medienwissenschaftlichen Behandlung des Themas, bietet die Publikation allerdings kaum praxisnahe Umsetzungsmöglichkeiten, sondern liefert eine eher theoretische Auseinandersetzung. Die Lektüre schließt mit einer kontroversen Expertendiskussion ab. Der Band eignet sich insbesondere für wissenschaftliche und pädagogische Fachkräfte, die sich mit dem aktuellen Forschungsstand, der Medienerziehung und den daraus resultierenden Anforderungen auseinandersetzen. Für diese finden sich darin wertvolle Erkenntnisse im Zusammenhang mit Medienbildung und Kompetenzaneignung, die sich bei der Vermittlung des Umgangs mit digitalen und gewalthaltigen Medien als hilfreich erweisen.as
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Manuela Pietraß
Beitrag als PDFEinzelansichtStark, Birgit/Magin, Melanie/Jürgens, Pascal (2017). Ganz meine Meinung? Informationsintermediäre und Mei-nungsbildung – Eine Mehrmethoden¬studie am Beispiel von Facebook. Bd. 55. Düsseldorf: Landesanstalt für Me-dien Nordrhein-Westfalen (LfM). 259 S. kos
Algorithmen nehmen Einfluss darauf, welche Inhalte Nutzerinnen und Nutzern auf ihren sozialen Netzwerken begegnen. Doch wie wirken sich diese Selektionsmechanismen auf den Meinungsbildungsprozess aus? In ihrer Studie Ganz meine Meinung? gehen Stark, Magin und Jürgens der Frage nach, wie soziale Netzwerke als Informationsübermittler (Intermediäre) fungieren und welche Meinungsbildungsrelevanz von ihnen ausgeht.
Untersucht werden mögliche Einflüsse der Netzwerkplattform Facebook auf die Rezeption politischer Themen hinsichtlich Meinungsvermittlung, Themenwahrnehmung und Meinungsbildung unter der deutschen Nutzerschaft zwischen 14 und 69 Jahren. Darüber hinaus werden Chancen und Risiken der Filtermechanismen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene betrachtet und zudem Phänomene wie Fragmentierung, Filterblasen und Echokammern unter die Lupe genommen. Die Grundlagenstudie bedient sich sowohl quantitativer als auch qualitativen Methoden. Dabei werden nicht nur Nutzende untereinander verglichen, sondern auch deren Qualitätseinschätzung von Nachrichtenrezeption im Verhältnis von traditionellen Massenmedien zu Facebook. Die Untersuchung mündet in einen Maßnahmenkatalog, der sowohl Empfehlungen für die Nutzenden, Forderungen an Gesetzgeber und klassische Massenmedien sowie Handlungsanweisungen für Facebook selbst präsentiert.
Zudem werden Denkanstöße geliefert, wie diese Akteure zur digitalen Aufklärung über Algorithmen beitragen können und müssen. Allerdings bleiben Fragen – beispielsweise nach medienpolitischen Regulierungsmaßnahmen – ungeklärt. Wo endet die Meinungsfreiheit und wann sollte der Gesetzgeber regulierend eingreifen? Die Studie bietet im methodischen Bereich grundlegende Ansätze für weitere Untersuchungen zu Informationsintermediären. Durch ihr vielschichtiges Methodendesign gibt sie Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern Impulse zur Erweiterung der qualitativen Daten mit Hilfe quantitativer Forschung. Für die medienpädagogische Forschung eröffnet sich zudem ein Blick auf andere soziale Netzwerke, die von Jugendlichen inzwischen häufiger als Facebook genutzt werden.
tg
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Tanja Gottsmann
Beitrag als PDFEinzelansichtStegbauer, Christian (2018). Shitstorms. Der Zusammenprall digitaler Kulturen. Wiesbaden: Springer. 175 S., 19,99 €.
Schmähungen und Unflätigkeiten in Form von massenhaften Protesten sind in der digitalen Welt keine Seltenheit. Denn auch im Internet werden alle Meinungen abgebildet – auch extreme Positionen. Nutzerinnen und Nutzer finden sich so in ihrem Denken oft bestätigt.
In seinem Band Shitstorms – Der Zusammenprall digitaler Kulturen geht Stegbauer insbesondere auf den Begriff der Kulturen ein und beschreibt anschaulich deren Entstehungsprozesse sowie das Phänomen von Kulturkonflikten im Internet. Dabei beruft er sich auf sozialwissenschaftliche Theorien, Begriffe und empirische Daten. Theorien, wie die der Echokammern und der Schweigespirale werden aufgegriffen und für die Erklärung von Kulturkonflikten herangezogen. Für Einsteigerinnen und Einsteiger in den Fachbereich der Sozialwissenschaft werden Begriffe, wie der der Filterblase verständlich erklärt. Unter Einbeziehung von Medienwirkmechanismen erläutert der Autor zudem, weshalb das Internet zur idealen Plattform für Shitstorms geworden ist. Ferner geht er auf grundlegende Strukturbedingungen des Phänomens ein und trägt Reaktionsmöglichkeiten und deren Konsequenzen zusammen.
Der Band bietet einen fundierten und leicht verständlichen Überblick über die Entstehung von Kulturkonflikten im Internet. Wünschenswert wären Denkanstöße und Lösungsvorschläge in Bezug auf solche Kulturkonflikte. Die Publikation eignet sich sowohl für sozialwissenschaftlich interessierte Leserinnen und Leser als auch für Einsteigerinnen und Einsteiger in das Fachgebiet. Mit Blick auf die Medienpädagogik können Anknüpfungspunkte zu Jugendkulturen im Netz gefunden und damit künftig Hinweise gegeben werden, wie Kinder und Jugendliche angemessen vor Shitstorms geschützt werden können. Stegbauers Werk bietet sowohl Forschenden als auch Einsteigenden eine fundierte Orientierungshilfe zu den im Internet auftretenden Effekten und Bedingungen, die zu einem Shitstorm führen können.
tg
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Tanja Gottsmann
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kolumne
Dietmar Kammerer: Okay, Google?
Die Berichterstattung um Facebook, Cambridge Analytica und missbrauchte Nutzerdaten habe ich, ehrlich gesagt, nur mit halbem Interesse verfolgt. Wer sich wie ich seit Jahren mit Datenschutz beschäftigt, den kann dieser ‚Skandal‘ nicht mehr überraschen. Skandalös fand ich vielmehr die Stellungnahme des Unternehmens, wonach man „laut und deutlich“ verstanden habe, dass „die Einstellungen zur Privatsphäre zu schwer zu finden“ seien – im Klartext: die Nutzerinnen und Nutzer von Facebook seien zu doof, um die Häkchen an den richtigen Stellen zu setzen. Andererseits: Kann schon sein. Und das beste Beispiel dafür bin ich selbst. Denn letztes Jahr hat mein Sohn mich gefragt: „Papa, was heißt Frechdachs auf Italienisch?“. Um seine Neugierde zu befriedigen und ihm zu zeigen, dass selbst der klügste Papa der Welt nicht alles wissen kann, beschloss ich, ihn die Antworten selbst herausfinden zu lassen. Dafür konsultierten wir die gewaltigste Bibliothek der Menschheitsgeschichte: Die Datenbanken von Google. Wir mussten nur ein Häkchen an der richtigen Stelle setzen und schon hatten wir die (ungelesenen) Bedingungen der „Sprach- und Audioaktivitäten“ des Unternehmens akzeptiert. Googles Erfolg liegt seit jeher darin, komplexe Algorithmen durch eine simple Eingabemaske zugänglich zu machen.
Auch Kinder, die das Schreiben erst noch lernen, können auf die Datenbank zugreifen. Es reicht, das Tablet vor sich zu halten und laut und deutlich den Zauberspruch zu sagen („Ok, Google“), dann werden alle Fragen beantwortet. Nicht nur die nach der korrekten italienischen Übersetzung („sfacciato diavolo“). Die Maschine gab auch Auskünfte auf: „Was ist der höchste Berg der Welt?“ (bekannt) oder „Wieviel wiegt der Mond?“ (etwa 1/81 der Erdmasse). Ich hatte das gute Gefühl, meinem Sohn beizubringen, dass ein Computer nicht nur dazu da ist, sich „Wickie“-Videos anzusehen, sondern dass er auch als Lerninstrument eingesetzt werden kann. Das alles ist mehr als ein Jahr her und aktuelle Fragen wie „Was macht 17 minus vier?“ oder „Wie schreibt man Dinosaurier?“ kann ich ganz gut ohne Tablet beantworten. Dass ich dennoch weiß, wann und welche Fragen wir der Maschine damals gestellt haben – und zwar auf den Tag, die Stunde und die Minute genau – liegt daran, dass Google es sich gemerkt hat. Wer ein Google-Konto hat, kann sich seine so genannten „Aktivitäten“, eigentlich seine Interaktionen, mit den verschiedenen Diensten von Google, übersichtlich ausgeben lassen. All das war mir als Medienprofi bekannt, all das hatte ich über die entsprechenden Häkchen und Klicks in Kauf genommen. Als ich mir meine „Aktivitäten“ vor einigen Wochen ausgeben ließ, war ich daher zunächst wenig überrascht.
Bis ich die Aufzählung der „Sprachaktivitäten“ entdeckte: Google speichert tatsächlich das Gesprochene selbst. Irgendwo auf den Servern von Google liegen also Audiodateien, in denen meine und die Stimme meines Sohnes gespeichert sind, unsere Versprecher, unsere Lacher. Und zwar schon einige Sekunden bevor ich „Ok, Google“ sage – das Mikrofon muss ja permanent lauschen, ob das Zauberwort fällt. Ich beschloss, umgehend alle Häkchen und Erlaubnisse zu entfernen. Es wird ja viel darüber diskutiert, wie man ein Bewusstsein für so etwas letztendlich Abstraktes und Unanschauliches wie „Datenschutz“ weckt.
Mein Vorschlag: Ein Programm, das jedem in ihrer oder seiner je eigenen Stimme sämtliche Daten vorliest, die Google, Facebook & Co. gespeichert haben. Dieses Programm darf keinen Ausschalt-Knopf haben, muss regelmäßig von alleine starten und die Lautstärke immer maximal halten. Das könnte helfen: Laut und deutlich.Dietmar Kammerer
Beitrag aus Heft »2018/03 Orientierung in der komplexen Welt«
Autor: Dietmar Kammerer
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Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
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