2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität
Für die meisten Jugendlichen ist es mehr als selbstverständlich, sich die Welt über Kommunikations- und Onlinemedien anzueignen. Sie machen ihre Erfahrungen also sowohl unmittelbar im direkten Austausch in ihren Sozialräumen, als auch vermittelt über diverse mediale Kanäle. Die Jugendlichen gehen Beziehungen ein, sie informieren sich, sie beteiligen sich – dazu dienen ihnen die Kommunikationskanäle der bekannten Sozialen Netzwerkdienste und Messenger, aber auch die traditionellen Massenmedien. Gleichzeitig sind die Sozialräume der Jugendlichen in ihren Funktionen als Begegnungs-, Identitäts- und Bildungsräume zunehmend als mediatisiert zu betrachten.Der aktuelle Themenschwerpunkt der merz 1/2018 beleuchtet ausgewählte Facetten dieses Themenkomplexes und thematisiert, wie sich das Kommunikationsverhalten und die Arbeit an der Identität in der Verschmelzung von analoger und digitaler Welt gestaltet. Es wirft unter anderem einen Blick auf Jugendliche, die in ländlichen Räumen aufwachsen, und skizziert geschlechtsspezifische Aneignungsweisen in mediatisierten Sozialräumen. Quer über alle Beiträge zieht sich die Frage, in welcher Form Jugendliche in ihrer Souveränität gestärkt werden können, um ihre Sozialräume eigenständig zu gestalten und sich das Internet als öffentlichen Raum der Auseinandersetzung mit sozialen, kulturellen und politischen Themen zu erschließen.
aktuell
Saskia Eilers: ARD/ZDF-Onlinestudie 2017
In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich die Bedingungen und Formen der Internetnutzung stetig weiterentwickelt. Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet nicht nur eine Vielzahl an Potenzialen, sondern hält der empirischen Forschung auch Begrenzungen vor Augen. Die ARD/ ZDF-Onlinestudie erfasst jährlich verschiedene Aspekte der Internetnutzung. Zum 20-jährigen Bestehen hat die repräsentative Bevölkerungsstudie jetzt eine zeitgemäße Anpassung ihrer Operationalisierung erfahren. Während in den Jahren zuvor pauschal nach der Internetnutzung im Gesamtkontext gefragt wurde, gestaltet sich diese Herangehensweise heutzutage zunehmend als problematisch. Die Nutzung des Internets ist mittlerweile durch die Fülle an (mobilen) Angeboten, Diensten und Apps nicht mehr als bewusster Entscheidungsakt zu verstehen, sondern tritt in den Hintergrund der jeweiligen Handlung.
In der Studie wurde daher nach Nutzungsdimensionen für die Datenerfassung differenziert: Insgesamt wird von den durchschnittlich 149 Minuten der täglichen Internetnutzung eine Dreiviertelstunde mit medialer Internetnutzung verbracht. Darunter fallen alle audiovisuellen und textbasierten Onlineanwendungen, die den Rezeptionsakt in den Vordergrund stellen, wie Videoportale, Musikstreaming-Dienste oder das Internetradio. An zweiter Stelle mit rund einer Stunde Nutzungszeit stehen Online-Angebote zur Individualkommunikation wie Instant-Messaging- Dienste, E- Mail-Dienste und Videotelefonie. Die restlichen 71 Minuten lassen sich der sonstigen Internetnutzung zuordnen. Hierunter fallen alle Online- Anwendungen, die sich auf das Shoppen, Suchen und Spielen im Netz beziehen.
Eine zusätzliche Neuerung kann innerhalb der medialen Internetnutzung beobachtet werden. Hier wird nicht länger nach Mediengattungen differenziert, sondern die Ebenen Bewegtbild, Text und Audio getrennt erfasst. Das ermöglicht eine präzisere und zeitgemäße Erfassung der Nutzungsdaten von Online Anwendungen. Im Hinblick auf soziale Netzwerke lässt sich allerdings eine Unschärfe erkennen, da Angebote wie Facebook und Co. durch ihr vielfältiges Handlungsspektrum nur schwer einer Nutzungsdimension zugeordnet werden können. Vielleicht überrascht die Studie im nächsten Jahr mit einer noch trennschärferen Anpassung an diese Problematik. Die ARD/ ZDF-Onlinestudie wird auf Basis von Telefoninterviews mit deutschen Bürgerinnen und Bürgern ab 14 Jahren durchgeführt. Im Jahr 2017 umfasste die Stichprobe rund 2.000 Befragte.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Saskia Eilers
Beitrag als PDFEinzelansichtSwenja Wütscher: Jugendmedienschutzindex: Zum Umgang mit onlinebezogenen Risiken
Das Alter der Kinder ist der entscheidende Faktor dafür, was Eltern über die Online-Aktivitäten ihrer Kinder denken. Dabei sind sich Eltern und Heranwachsende einig: Der Schutz Heranwachsender ist wichtiger als ein leichter Zugang zu allen Online-Angeboten. Das sind Ergebnisse des Jugendmedienschutzindex – initiiert und herausgegeben von der FSM – Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia- Diensteanbieter e. V., durchgeführt vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und dem Hans-Bredow- Institut.
Die Studie zeigt, in welcher Weise der Schutz Heranwachsender vor negativen Online-Erfahrungen in den Sorgen, den Einstellungen, dem Wissen und dem Handeln von Eltern, von pädagogischen Fachund Lehrkräften sowie von Heranwachsenden verankert ist. Die bisherigen Ergebnisse fokussieren die Betroffenen sowie die Endnutzenden des Jugendmedienschutzes: Eltern und Heranwachsende. So lässt sich unter medienpädagogischer Perspektive aus den vielschichtigen Resultaten herausgreifen, dass die Rolle der Eltern für das Funktionieren von Jugendmedienschutz im Alltag von herausragender Bedeutung ist. Sie sind nicht nur diejenigen, die vom gesetzlichen Jugendmedienschutz vorgesehene Schutzinstrumente vor Ort umsetzen sollen, sondern ihr Umgang und ihre Orientierungen fließen direkt in die messbaren Unterschiede der Fähigkeiten und Risikowahrnehmungen ihrer Kinder ein. Angesichts der Befunde, dass die Einstellungen der Eltern zum Jugendmedienschutz sehr unterschiedlich ausfallen und damit die Online-Kommunikation von Kindern unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen stattfindet, sollten medienpädagogische Initiativen und Programme diese Unterschiede vermehrt berücksichtigen. Darüber hinaus bestätigt sich, dass Jugendmedienschutz im Online- Bereich nicht allein darin bestehen kann, Heranwachsende vor möglichen negativen Erfahrungen zu bewahren.
Ein Ziel sollte auch sein, sie zu einem bewussten und ihren Interessen gerecht werdenden sowie sozial verantwortlichen Umgang mit Online- Medien zu befähigen und sie dabei zu unterstützen, Risiken zu vermeiden oder zu bewältigen. Empirische Basis der Studie ist eine bundesweite Repräsentativ- Befragung von 805 Internetnutzenden zwischen neun und 16 Jahren und jeweils einem Elternteil, das für die Online-Erziehung zuständig ist bzw. sich am besten mit der Online-Nutzung des Kindes auskennt. Der zweite Teil der Studie, welche die Perspektive von Lehrkräften an Schulen sowie pädagogischen Fachkräften von außerschulischen Bildungseinrichtungen fokussiert, folgt im Laufe des Jahres.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Swenja Wütscher
Beitrag als PDFEinzelansichtElisa Eberle: Ab wann vorlesen?
Die positive Auswirkung möglichst frühen Vorlesens auf die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten von Kindern ist wissenschaftlich bewiesen. Auch neun von zehn Eltern sehen einen Einfluss auf die Kindesentwicklung. Trotzdem beginnen viele von ihnen zu spät mitdem Vorlesen oder hören zu früh damit auf – so ein Ergebnis der Vorlesestudie 2017. Eine gute und vielseitige Bildung ihres Kindes hält die Mehrheit der befragten Elternteile für wichtig, gefolgt von Höflichkeit, gutem Benehmen (83 %) sowie einem guten Umgang mit Geld (79 %). Die Fähigkeit (71 %) und Freude (61 %) zu lesen sind zudem wichtiger als Kopfrechnen (57 %), Freude an körperlicher Bewegung (56 %) oder technisches Verständnis (38 %). Dreiviertel der Eltern lesen häufig vor, zehn Prozent sogar mehrmals am Tag. Jedes fünfte Elternteil gibt an, seinen Kindern nie vorzulesen.
Auch von den 474 Elternteilen, die Vorlesen wichtig finden, kommen 18 Prozent dem selbst nicht nach. Im Schnitt wird Kleinkindern mit zehn Monaten zum ersten Mal vorgelesen. Wann genau die Eltern damit beginnen, hängt stark von ihrem eigenen Bildungsabschluss ab: Während zwölf Prozent der 195 Eltern mit einem höheren Bildungsabschluss angeben, ihrem Kind mehrmals pro Tag vorzulesen und 17 Prozent nie, kommen bei den 141 niedriger Gebildeten der Aufgabe nur sechs Prozent mehrmals am Tag nach und 23 Prozent nie. Besonders hier können laut Studie Buchgeschenke zur Geburt förderlich sein, um den Elternanteil derjenigen, die nie vorlesen, zu verringern.
Erhöht wird die Vorlesebereitschaft gegenüber den Kleinen unter sechs Monaten durch ältere Geschwisterkinder: Der Anteil der Eltern, die nicht vorlesen, verringert sich so von 69 auf 55 Prozent. Nur knapp die Hälfte der Eltern beginnt im ersten Lebensjahr des Kindes mit dem Vorlesen, wobei vor allem Bilderbücher mit kurzen Texten (66 %) beliebt sind. Grundlegend fällt Eltern die Auswahl eines geeigneten Buchs in den ersten Lebensjahren des Kindes eher schwerer (21 %) als bei älteren Kindern. Am Vorlesen selbst schätzen Eltern als auch Kinder das gemeinsame Beisammensein. Nahezu alle Eltern erkennen hierbei auch einen positiven Effekt auf die Sprachentwicklung (93 %).
Für die repräsentative Studie wurden 523 Eltern mit Kindern im Alter von drei Monaten bis drei Jahren vom Feldinstitut iconkids & youth befragt.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Elisa Eberle
Beitrag als PDFEinzelansichtSwenja Wütscher: Angebot bewertet Apps auf Risiken für Kinder
Das neue Informationsangebot app-geprüft.net liefert Eltern und pädagogischen Fachkräften auf einen Blick wichtige Informationen über Risiken in von Kindern genutzten Apps. Die Website bewertet mit einem Ampelsystem beliebte Apps auf ihre Eignung für Kinder und zeigt mögliche Risiken wie In-App-Käufe, Werbung und Schwachstellen im Datenschutz auf. Beim regelmäßigen Monitoring ausgesuchter, bei Kindern besonders beliebter Apps untersucht jugendschutz.net unter anderem folgende Aspekte: Werden Kinder mit entwicklungsbeeinträchtigenden, jugendgefährdenden oder strafrechtlich relevanten Inhalten wie Gewalt, Hassreden oder Pornografie im Spiel selbst oder innerhalb der eingebundenen Werbung konfrontiert? Bietet die App Verknüpfungen zu Social Media-Plattformen und belohnt diese gar mit virtuellen Gütern? Ist Nutzerinteraktion möglich? Ausschlaggebend für die App-Auswahl sind Reichweite und Jugendschutzrelevanz.
So beruft sich das Angebot nicht nur auf die Top-Listen der meistgenutzten App-Stores, sondern berücksichtigt auch Beschwerden über Apps, die jugendschutz.net erreichen, sowie aktuelle Studien, Berichterstattung oder Trends. Hierbei stehen nicht allein explizite Kinder Apps im Fokus, sondern auch solche, die beispielsweise durch für Kinder interessante Inhalte, ein einfaches Bedienkonzept oder begleitende Marketing-Aktivitäten eine große Anziehungskraft auf die junge Zielgruppe ausüben. Gerade populäre Apps werden ständig weiterentwickelt und mit neuen Features ausgestattet, sodass ihre Bewertung kontinuierlicher Sichtung bedarf. Alle Informationen unter app-geprüft.net werden daher kontinuierlich aktualisiert und überprüft. Das Angebot von jugendschutz.net wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gefördert.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Swenja Wütscher
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: JIM-Studie 2017
In den Ergebnissen der JIM-Studie 2017 zeigen sich im Gerätebesitz Jugendlicher keine großen Dynamiken. So dominiert das Smartphone mit 97 Prozent weiterhin den Gerätebesitz der Zwölf- bis 19-Jährigen, die deutlich weniger über einen Laptop, Computer, Radio oder Fernseher verfügen. Der Besitz von Tablet-PCs stagniert seit 2015. 89 Prozent der Jugendlichen sind täglich online (2016: 87 %), was sich im Altersverlauf deutlich verstärkt (12 bis 13 Jahre: 78 %; 14 bis 15 Jahre: 89 %; 16 bis 17 Jahre: 94 %; 18 bis 19 Jahre: 94 %). Auch bei der Betrachtung der inhaltlichen Verteilung der Internetnutzung ist wenig Bewegung zum Vorjahr: Der Bereich der Kommunikation rutscht erstmals unter die 40 Prozent-Marke (2017: 39 %; 2016: 41 %), die unterhaltungsorientierte Nutzung steht bei 30 Prozent, Online- Spiele bei 20 Prozent, informative Inhalte bei elf Prozent. Der Anteil der Online-Spielenden nimmt mit dem Alter ab, Ältere wenden sich vermehrt informierenden Inhalten zu. Die Kommunikationsanwendungen Instagram (2017: 57 %; 2016: 51 %) und Snapchat (2017: 49 %; 2016: 45 %) konnten ihre Position ausbauen. WhatsApp bleibt mit Abstand auf Platz 1 (94 %).
Die Facebook- Nutzung ist weiter deutlich rückläufig (2017: 25 %; 2016: 43 %). Wird das Informationsbedürfnis fokussiert, zeichnet sich ein Zugewinn in Bezug auf die Themen Lokal-, Bundes-, Weltpolitik und Weltgeschehen. Dabei gibt jeder Zweite an, nach dem Fernsehen Nachrichten und Berichte aus dem Radio sowie aus Gesprächen im Freundes- oder Familienkreis zu beziehen. Andere Nachrichtenquellen im Internet werden (40 %) zudem gedrucktenTageszeitungen (18 %) bzw. Nachrichten aus dem Facebook-Feed (17 %) zur Informationsbeschaffung vorgezogen. Für Schulaufgaben arbeiten Jugendliche täglich eine dreiviertel Stunde am Computer oder im Internet, sieben Prozent sind auch täglich in der Schule online. Vorwiegend eingesetzt werden dort stationäre Computer (79 %) und Whiteboards (52 %). Die regelmäßige Nutzung von Smartphones (13 %), Laptops (9 %) und Tablet-PCs (4 %) spielt damit eine eher untergeordnete Rolle. Die repräsentative Studie zum Medienverhalten Jugendlicher in Deutschland wird vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest jährlich in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk durchgeführt. Für die Befragung wurden 1.200 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren telefonisch befragt (für mehr Informationen zur Studie siehe Rubrik ‚nachgefragt‘ in dieser Ausgabe).
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Gurt: stichwort YouTube Kids
Die angeblich familienfreundliche Version der Videoplattform YouTube ist seit einigen Monaten für iOS und Android auch in Deutschland erhältlich; in den Vereinigten Staaten existiert sie bereits seit Anfang 2017. Die Zielgruppe der Videoplattform sind primär jüngere Kinder im Kindergarten- bis Grundschulalter. Eltern verspricht das Portal die Lösung vieler Probleme, wenn es um die Nutzung von ‚Bewegtbild‘ im Netz geht, denn die Videoplattform enthält laut Anbieter ausschließlich kindgerechtes Material. Im Gegensatz zu YouTube ist der Zugriff auf Videos eingeschränkt, die Auswahl basiert auf Algorithmen und Nutzerrückmeldungen. Die Vorschläge auf der Startseite werden aufgrund von Suchverhalten und persönlichen Vorlieben der Nutzerinnen und Nutzer zusammengestellt.
Anders als beim normalen YouTube sind auch die Oberfläche und die Navigation: Große Schaltflächen, ein helles Design und das vereinfachte Handling sollen jüngere Kinder ansprechen und ihren Fähigkeiten entgegen kommen. Das Angebot ist werbefinanziert: Vor und zwischen den einzelnen Videos laufen Werbeclips, die auf die junge Zielgruppe zugeschnitten sind. Um Einstellungen zum Beispiel bezüglich Sicherheit und Auswahl vorzunehmen, muss eine vierstellige PIN eingegeben werden. Die Zahlen der PIN tauchen ausgeschrieben auf dem Bildschirm auf. Für Kinder, die schon lesen können, macht diese Lösung keinen Sinn; die PIN kann aber auch personalisiert werden. Über die Einstellungen kann zudem ein Timer eingestellt werden, der die YouTube-Nutzungsdauer beschränkt.
Trotzdem sollten Kinder nicht alleine vor YouTube Kids gesetzt werden. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf nicht kindgerechte Videos stoßen, wesentlich geringer ist als bei You-Tube, kann dies angesichts der schieren Masse an Videomaterial nicht ausgeschlossen werden. Zumal seit Ende letzten Jahres Meldungen über verstörende Videos kursieren, in dem bei Kindern beliebte Figuren sich Gewalt antun oder anstößige Dinge treiben. Da die Fake-Videos aussehen wie Clips für Kinder, sind sie mittels Algorithmen schwer zu identifizieren. Auch wenn YouTube angekündigt hat, seine Filter nachzubessern: Es dürfte unmöglich sein, YouTube Kids wirklich ‚kindersicher‘ zu machen, ohne sämtliche Inhalte vor der Aufnahme zu überprüfen.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Michael Gurt
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: nachgefragt
Wenn es um das mediale Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen geht, greifen Fachkräfte und Studierende sehr gern auf die Forschungsergebnisse des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs) zurück. Antje Müller hat mit Sabine Feierabend, Co-Autorin der JIM- und KIM-Studie sowie Referentin Medienforschung/ Programmstrategie beim Südwestrundfunk, über die Relevanz und Aussagekraft der Studienanlagen sowie mögliche Veränderungen gesprochen.
merz: Die KIM- und JIM-Studien sind Trendstudien, was macht sie so besonders?
Feierabend: Besonders wertvoll ist aus meiner Sicht, dass wir (a) seit fast zwei Jahrzehnten das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen dokumentieren und (b) die Ergebnisse kostenfrei beziehbar sind und dadurch eine relativ breite Nutzerschaft erreicht wird. So gelingt es, Hürden und Barrieren für wichtige Themen wie Medienerziehung und -kompetenz so gering wie möglich zu halten, um möglichst viele Personen zu informieren. Daher sind die Studienberichte auch bewusst weniger wissenschaftlich aufgezogen, sondern mit einer starken Anwender- und Lesefreundlichkeit für Lehrende, Studierende, Interessierte oder Beschäftigte in Politik und Öffentlichkeit. Die wichtigsten Punkte sind aber, dass die einzelnen Kooperationspartner – mpfs, SWR, die Landesmedienanstalten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – zusammenarbeiten, anhand der Ergebnisse konkrete pädagogische Handreichungen entwickeln und damit ein Gegengewicht zu öffentlichen Debatten bilden können.Gerade im Bereich Medien muss mit Gerüchten stetig aufgeräumt werden. Hinsichtlichder Befragungsmethoden überlegen wir immer mal wieder, auf Onlinebefragungen umzusteigen;bisher ist das aber noch Zukunftsmusik.
merz: Es gibt in den Studien ein Bündel an gleichbleibenden Fragen. Nach welchen Kriterien wird entschieden, welches Thema vertieft erhoben wird?
Feierabend: Die gleichbleibenden Fragen dienen dazu, die allgemeinen Entwicklungen adäquat abzubilden. 20 bis 30 Prozent des Fragebogens sind für aktuelle bzw. tiefergehende Fragestellungen vorgesehen. In der JIM-Studie 2017 haben wir zum Beispiel die Nutzung englischsprachiger Filme und Serien aufgegriffen, da die Ergebnisse für uns als Fernsehveranstalter von Interesse sind. Relevant sind auch solche Spezifika, die sich einfach aus den Interessen und Fragestellungen der Landesmedienanstalten und deren Medienkompetenzangeboten insgesamt ableiten. So hatten wir 2016 beispielsweise abgefragt, ob YouNow tatsächlich ein besorgniserregendes Phänomen darstellt.
merz: Um Veränderungen im Altersverlauf erkennen zu können, wäre es sinnvoll, Schwerpunktthemen des Jugendalters schon der KIM grundzulegen. Wie werden solche Überlegungen bei der Konzeption der Studien einbezogen?
Feierabend: Wir haben in beiden Untersuchungen ähnliche Fragenkomplexe, die wir aber an das unterschiedliche Alter der Befragten anpassen müssen. Manche Fragen könnten wir bereits Sechs- oder Siebenjährigen stellen, manche nicht. Wir wissen, dass Artikulations- und Auskunftsfähigkeit noch nicht ausgeprägt genug sind. Einige haben oft nur mit Mühe und Not im Blick, was eine Woche ist, und ob etwas ein- oder mehrmals in der Woche stattgefunden hat. Daher nehmen wir Fragen, von denen wir glauben und wissen, dass auch Dritte darüber Auskunft geben können. Dazu brauchen wir in der KIM andere Skalen, da die Wahrnehmung und Nutzungsgewohnheiten der Kinder weniger differenziert ausgeprägt sind als die der Jugendlichen. Da beide Studien seit 1998 bzw. 1999 laufen, ist es dort möglich, zu erkennen, was bei den Kindern bereits festgestellt wurde und sich bei den Jugendlichen verlängert.
merz: Heranwachsende sehen heute auch auf dem PC fern – über YouTube, aber auch per Stream oder über Mediatheken. Was sagt die Kategorie Fernsehen im Zeitalter der Gerätekonvergenz noch aus?
Feierabend: In der JIM-Studie 2017 haben wir die Möglichkeiten des Fernsehens sehr differenziert abgefragt: live im TV, im Livestream, im Netz, in den Mediatheken et cetera. Da zeigt sich schon, dass Fernsehinhalte weiterhin intensiv linear genutzt werden. YouTube dient nicht in erster Linie im Sinne der Nutzung klassischer Fernsehinhalte, hier stehen andere Inhalte im Vordergrund. Immer weiter verbreitet sind Streamingdienste, die sich mit Netflix und Amazon Prime beispielsweise bei den Älteren deutlich etabliert haben; entsprechend hat sich auch die Haushaltsausstattung entwickelt. Eine Grenzziehung, ob das nun Fernsehen oder ‚Internet‘ ist, ist aber schwierig. Vor gut drei Jahren haben wir einen qualitativen Test dazu gemacht: Wir haben Jugendlichen identische Inhalte auf verschiedenen Endgeräten präsentiert und sie gefragt, was sie gerade machen – mit nicht repräsentativen, nur begrenzt zitierfähigen Ergebnissen. Deutlichzu erkennen war aber, dass Inhalte, die aus dem Fernsehen bekannt sind, wie Simpsons, für sie eine Fernsehserie sind; egal, wo sie diese gucken.
merz: In der medienpädagogischen Forschung und Praxis interessiert oft mehr die Frage, zu welchen Zwecken Heranwachsende Medien nutzen und welche Bedürfnisse sie damit erfüllen: Warum liegt der Fokus der Studien auf den genutzten Geräten, und nicht stärker auf deren Funktionen?
Feierabend: In einer telefonischen Befragung ist das nicht immer einfach. Wir untersuchen aber schon jetzt jenseits von Endgeräten die Bereiche Kommunikation, Unterhaltung und Recherche. Sicherlich haben wir noch nicht den Stein der Weisen gefunden und müssen uns mittelfristig weiterentwickeln. Aber die Geräte spielen eben auch eine Rolle, sie sind der Zugang zu den Inhalten: Mit dem Handy, einem sehr starken Gerät, aber nach wie vor auch mit dem Fernsehgerät, das zusätzliche Funktionen hat und entsprechend anders genutzt wird.
merz: Wie stehen Sie zu qualitativen Interviews als mögliche Zukunftsvariante?
Feierabend: Wir stehen eher in der Tradition quantitativer Forschung. Qualitative Fragestellung kommen bei uns in Betracht, wenn wir einzelne Punkte weiterentwickeln und mit quantitativer Forschung überprüfen. Aber die Studienreihen per se um qualitative Verfahren zu erweitern, ist derzeit nicht vorgesehen. Für die JIM-Studie hatten wir einige Zeit eine qualitative Nachbefragung mit einer kleineren Stichprobe – JIM Plus. Diese konnten wir aber leider nicht weiter stemmen.
merz: Wie werden Sie Fragestellungen oder Forschungsmethodiken weiterentwickeln?
Feierabend Wir entwickeln kontinuierlich sowohl einzelne Fragestellungen als auch die Methode bei Bedarf weiter, denken grundsätzlich aber von Jahr zu Jahr, anhand aktueller Entwicklungen. Ein wichtiges Ziel ist es immer, die Kontinuität soweit wie möglich beizubehalten. Das bedeutet, dass wir immer abwägen, ob neue Fragen wirklich spannender sind als unsere Vergleichbarkeit.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansicht
thema
Albert Fußmann, Ulrike Wagner: Jugendliche in mediatisierten Sozialräumen
Für die meisten Jugendlichen ist es mehr als selbstverständlich, sich die Welt über Kommunikations- und Onlinemedien anzueignen. Sie machen ihre Erfahrungen also sowohl unmittelbar im direkten Austausch in ihren Sozialräumen als auch vermittelt über diverse mediale Kanäle. Die Jugendlichen gehen Beziehungen ein, sie informieren sich, sie beteiligen sich – dazu dienen ihnen die Kommunikationskanäle der bekannten Sozialen Netzwerkdienste und Messenger, aber auch die traditionellen Massenmedien. Gleichzeitig sind die Sozialräume der Jugendlichen in ihren Funktionen als Begegnungs-, Identitäts- und Bildungsräume (Kreß 2010) zunehmend als mediatisiert zu betrachten – nicht zuletzt durch die ständige Verfügbarkeit von medialen Strukturen über Geräte, die in der Hosentasche auf ihren Einsatz warten bzw. den Nutzenden Signale geben, wann es wieder an der Zeit ist, sich um neue Nachrichten aus den Sozialräumen zu kümmern. Wichtige Voraussetzung ist dann, dass der WLAN-Zugang am aktuellen physischen Ort auch funktioniert.
Das Internet, genauer das WWW, durchzieht die Strukturen des alltäglichen Medienhandeln und der Sozialräume von Jugendlichen auf mehreren Ebenen:
- Es bildet eine Struktur, die alle anderen Massenmedien integriert, sei es nun Fernsehanbieter, Zeitungen und Zeitschriften, die alle ihre Online-Repräsentanzen haben. Professionelle neue Online-Anbieter wie Streamingdienste haben sich zudem längst etabliert. Sie machen den traditionellen Massenmedien hierbei Konkurrenz, beispielsweise in der Bereitstellung von Filmen, Serien, Spielen etc.. Inhalte zu rezipieren und in der Peergroup gemeinsam zu verhandeln, ist damit nicht mehr an eine bestimmte Zeit gebunden.
- Es bietet Individualkommunikation über verschiedene Kanäle, die mehr oder etwas weniger öffentlich zur Verfügung stehen. Der direkte Austausch mit anderen und die Beziehungspflege sind vor allem seit Einführung der SMS stark vereinfacht worden und damit noch weniger an körperliche Präsenz gebunden. SMS wurde nun längst abgelöst von Messengerdiensten, allen voran WhatsApp. Geblieben ist das Bedürfnis, sich – im jeweilig relevanten Sozialraum – zu anderen in Beziehung zu setzen. Im alltäglichen Medienhandeln von Jugendlichen ist die Beziehungspflege fest verankert. Damit formen sie auch die Strukturen ihrer Sozialräume beständig weiter.
- Es bietet Produktions- und Veröffentlichungsflächen für eigene Themen, Interessen und Anliegen und Vernetzung mit anderen – grundsätzlich unabhängig von physischen Orten. Die Möglichkeiten des Selbstausdrucks über Fotos und Videos eröffnet neue Perspektiven für die Arbeit an der persönlichen, aber auch der sozialen wie politischen Identität – sprich der Gruppe(n) und Räume, denen man sich zugehörig fühlt.Dies alles geschieht gleichzeitig nicht unabhängig von physischen ten wie der Schule, des Elternhauses oder gemeinsamen Treffpunkten. Sie sind auf vielfältige Weise im Medienhandeln präsent: Zum Beispiel im Posten von Fotos über bestimmte Orte, an denen man sich gemeinsam mit Freundinnen und Freunden aufhält, bei der Kommunikation mit Familienmitgliedern etc.. Gleichzeitig gestalten die Nutzenden über Online-Strukturen Räume, die die unterschiedlichsten Interessen und Wünsche befriedigen: Unterhaltung und Ablenkung genauso wie Orientierung und Verortung im sozialen Gefüge. Dieses Handeln ist dabei nicht digital oder analog, real oder virtuell. Im aktuellen Kinder- und Jugendbericht ist von „Grenzarbeit“ die Rede, da die digitalen Medien bisher „klare Raum- und Zeitbegrenzungen aufheben“ und somit die Jugendlichen – noch vor den Erwachsenen – vor die Aufgabe stellt, Grenzverschiebungen zu meistern. Die Grenzen verschieben sich „vor allem zwischen Öffentlichkeit und Privatheit und Präsenz und Kopräsenz, aber auch zwischen Körper und Technik". (15. KJB, S. 273). Mithilfe von ‚adden‘, ‚liken‘ und ‚taggen‘ wird Meinung geäußert, aber auch am Selbstbild gearbeitet; Offenheit und der Wunsch nach Abgrenzung, Inklusion und Exklusion sind nur ein Mausklick nebeneinander.
Die mediatisierten Sozialräume sind Lebens- und Lernorte für die Heranwachsenden und damit auch verfestigend, bieten zum anderen aber eben auch die Chance, sich Neues zu erschließen und damit Ungleichheiten zu überwinden. Die emanzipatorische Vision eines freien Netzes, in dem sich jede und jeder frei äußern kann und dies letztendlich zu demokratischeren Strukturen für den Aufbau einer informierten und gleichberechtigten Gesellschaft führt, wurde von der Realität, sowohl auf der Ebene des Mediensystems, wie auch auf der Ebene der Subjekte überrollt. Das World Wide Web wird dominiert von einigen wenigen kommerziellen Großunternehmen, die über die internationale gültige Währung der Daten ihrer Nutzenden ihre Macht festigen und ausbauen. Auf der Ebene der Subjekte scheint aber auch die Habermas‘sche Idee des räsonierenden, vernunftbegabten Publikums nur für einen Teil der Internetnutzenden zu gelten, die nach wie vor Argumente austauschen, Informationen recherchieren und einer kritischen Analyse unterziehen, bevor sie sie veröffentlichen. Dies machen sie in einer Sprache, die das (digitale) Gegenüber mit Respekt behandelt. In anderen Teilen der Nutzerschaft dominieren Verschwörungstheorien,Hetze und Menschenverachtung. In der scheinbaren Anonymität des Netzes können dann auch zivilisatorische Errungenschaften, die auf grundlegenden Menschenrechten basieren, verloren gehen. Onlinestrukturen konstituieren also öffentliche Räume mit plötzlicher Wirkmacht von Meinungen, die vormals privat oder am Stammtisch geäußert wurden, weil sie persistent und dauerhaft verfügbar werden.
Gründe gibt es also genügend, um die Perspektive Jugendlicher, der pädagogischen Praxis und sozialwissenschaftlichen Forschung zum Themenkomplex Jugendliche und mediatisierte Sozialräume einzuholen. Ebenso ist die sozialräumliche Perspektive auch für die lebensweltorientierte Jugendarbeit zentral. Vor dem Hintergrund von Mediatisierungsprozessen
stellen sich dabei konkrete Herausforderungen: Sie ist erstens gefordert, den Umgang mit digitalen Strukturen systematisch in ihre Abläufe und Planungen zu integrieren. Zweitens muss sie aber auch die digitalen Medien selbst zum Bildungsgegenstand in allen Tätigkeitsfeldern machen. Die Forderung, Medienbildung in alle Bildungsprozesse zu integrieren, wird seit dem 11. Kinder- und Jugendbericht (2002) kontinuierlich bis zum 15. Kinder- und Jugendbericht (2017) aufgestellt. Alle relevanten Jugend- oder Bildungsorganisationen haben sich damit beschäftigt und entsprechende Papiere dazu erstellt, so zum Beispiel der Deutsche Bundesjugendring 2009, das Bundesjugendkuratorium
2013, die Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe (AGJ) 2015 und die BundesvereinigungKulturelle Jugendbildung 2016.
Der aktuelle Themenschwerpunkt der merz | medien + erziehung beleuchtet ausgewählte Facetten dieses Themenkomplexes und thematisiert, wie sich das Kommunikationsverhalten und di an der Identität in der Aufhebung von analoger und digitaler Welt gestaltet. Es wirft unter anderem einen Blick auf Jugendliche, die in ländlichen Räumen aufwachsen und skizziert geschlechtsspezifische Aneignungsweisen in mediatisierten Sozialräumen. Quer über alle Beiträge zieht sich die Frage, in welcher Form Jugendliche in ihrer Souveränität gestärkt werden können, um ihre Sozialräume eigenständig zu gestalten und sich das Internet als öffentlichen Raum der Auseinandersetzung mit sozialen, kulturellen und politischen Themen zu erschließen.
Zu diesem Heft
Franz Josef Röll untersucht die Gesellungsformen von Jugendlichen. Er argumentiert, dass für die Bildung von Identität reale und virtuelle Gesellungsformen unumgänglich sind. Gerade virtuelle Räume bieten hier Potenziale für die Vermittlung von Orientierung und können helfen, die ‚Wahlverwandtschaften‘ Partizipation, Vernetzung und Beziehungskultur miteinander zu verbinden. Die Eingebundenheit in eine soziale Gemeinschaft kann zugleich auch als zeitgemäße Notwendigkeit angesehen werden, um sich in der modernen Informationsgesellschaft behaupten zu können. Gerade wegen der milieubedingten Unterschiede der Gesellungsformen bieten die virtuellen Räume Potenziale der Vermittlung von sozialer Orientierung sowie soziokultureller Denk- und Wahrnehmungsweisen. Die virtuellen Lebenswelten können zudem helfen, (wechselnde) Wahlverwandtschaften zu bilden, um Potenziale zur Entfaltung zu bringen. Gleichzeitig müssen aber auch die überindividuellen Risiken im Blick behalten werden.
Ulrike Wagner lenkt in ihrem Beitrag „Ermächtigung und/oder Gefährdung? – Anmerkungen zur Aneignung mediatisierter Sozialräume" den Blick auf eine geschlechtsspezifische Auseinandersetzung mit dem Handeln in mediatisierten Sozialräumen. Sie zeigt, dass die Aneignungsweisen von Mädchen und Jungen in mediatisierten Sozialräumen durchaus vielfältig sind. Gleichzeitig bilden sich aber dominante Diskurse aus: Zum einen der Diskurs der Selbstermächtigung, der aber auf das individuelle Handeln der Einzelnen beschränkt bleibt und benachteiligende Strukturen und ungleiche Machtverhältnisse damit ausblendet. Zum anderen der Diskurs um Gefährdung, welcher Mädchen wie Frauen in besondere Weise als ‚schützenswert‘ thematisiert und ihnen damit ihre Handlungsmacht entzieht.„Man muss ja nicht mit dem Schwersten anfangen, sondern vielmehr anfangen, sich mehr Sachen zu überlegen" – das sind die Worte der 15-jährigen Junior-Bloggerin Livia Kerp, die das Online-Magazin www.liviajosephine.de betreibt. Im Interview schildert sie, dass sie mit ihrem Magazin und zuvor geführten Blog livias-life-is-style Jugendlichen Politik über ihre Texte näher bringen will. Sie grenzt sich bewusst von YouTuberinnen und YouTubern ab und will beschreiben, was sie als Jugendliche bei bestimmten Themen, wie zum Beispiel, Flüchtlingspolitik fühlt und diese Gedankengänge nachvollziehbar machen. merz fragt nach den Gründen für ihr Engagement, wie ihre Inhalte entstehen und sich weiterentwickelt haben und welche Rolle Freundschaften, ihr Zielpublikum und das soziale Netzwerk in ihrem Leben spielen.
Den sozialen Raum von Jugendlichen zu erkunden und erfahrbar zu machen, bedeutet, Jugendliche wie Livia, selbst zu Wort kommen lassen. YouTuber Steve Heng und WebDays-Referent sowie Technikblogger Jakob Licina nehmen ganz unterschiedlich Stellung zu ihrer Arbeit, bzw. ihrer Nebentätigkeit. In grau hinterlegten Interviews zwischen den Themen-Beiträgen ordnen beide ihre Erfahrungswerte ein in aktuelle Entwicklungen zum SocialWeb, wie auch zur YouTube- und Blogger-Szene.
„Jede Technik hat emanzipatorisches Potenzial, es ist nur die Frage wie …“, meint Christian Kirschner, Jugendbildungsreferent der Bildungsstätte Alte Schule Anspach (basa e. V.).
Im Interview mit merz bezieht er zum Thema politische Information und politisches Handeln von Jugendlichen im Internet Position. Er plädiert dabei für die Gleichwertigkeit des Analogen und des Digitalen und sieht große Überschneidungen zwischen politischer Bildung und Medienbildung insofern, dass zunächst die Lebensrealitäten der Jugendlichen in den Mittelpunkt
gerückt werden müssen, um auch die sogenannten politikfernen Jugendlichen für politische Themen im weiteren Sinn zu interessieren.
Eric Müller stellt in seinem Artikel „Jugendliche, Smartphones und ländliche Räume" seine empirische Arbeit zur Jugend im ländlichen Raum und deren Medienhandeln mit Smartphones vor. Die Ergebnisse der qualitativen Studie zeigen, wie eng Praktiken der Medien- und Raumaneignung miteinander verwoben sind. Medien ermöglichen zum einen die Teilhabe an lokalen Traditionen, zum anderen finden Jugendliche über Medien auch Gegenentwürfe zu diesen Traditionen. Müllersieht die Aufgaben einer sozialraumorientierten Medienpädagogik darin, mit Medienbildungsprozessen die Teilhabe Jugendlicher an der digitalen Gesellschaft zu sichern.
„Ein öffentlicher Raum ist für alle Menschen da – auch und gerade für die Jugendlichen." Matthias
Fack, Präsident des Bayerischen Jugendrings, nimmt zu den aktuellen Herausforderungen für die Jugendarbeit Stellung und argumentiert, dass das Internet Teil dieses öffentlichen Raums ist und daher auch alle Jugendliche die Chance haben müssen, daran teilzuhaben. Dies ist ein Anliegen der Jugendarbeit, sie sich auch dafür einsetzt, dass auf der einen Seite ein kritischer Umgang mit Medien gefördert und auf der anderen Seite auch qualitativ hochwertige Inhalte produziert werden.
Schließlich fügt sich in das Spektrum der behandelten Themen zum Sozialraum die Reportage zu
den WebDays – die Jugendkonferenz der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V. (IJAB). Vom 3. bis zum 5. November 2017 begleitete merz die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einem diskursiven politischen Erfahrungsaustausch und -zugewinn, zusammen mit medienpädagogischen Fachkräften, Vertreterinnen und Vertreter aus Sozialwissenschaften, (Netz-)Politik und Journalismus und konnte spannende Einblicke in Raum(-rück-) eroberungsprozessen hinsichtlich politisch orientierter Partizipationsbestrebungen gewinnen.
Literatur
Bundesministerium für Familie, Soziales, Frauen und Jugend (2017). 15. Kinder- und Jugendbericht Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. www.bmfsfj.de/blob/115438/d7ed644e1b7fac4f9266191459903c62/15-kinder-und-jugendbericht-bundestagsdrucksache-data.pdf [Zugriff: 18.01.2018]
Kreß, Jennifer (2010). Zum Funktionswandel des Sozialraums durch das Internet. In:sozialraum.de, 2. www.sozialraum.de/zum-funktionswandel-des-sozialraumsdurch-das-internet.php [Zugriff: 16.01.2018]
Albert Fußmann ist Direktor des Institut für Jugendarbeit Gauting. Seine Schwerpunkte sind Neue Medien und Kulturelle Bildung.
Dr. Ulrike Wagner ist Sozialwissenschaftlerin und künstlerisch-pädagogische Leiterin des Werkhofs Bistrica, einer Bildungs- und Kultureinrichtung in Bistrica pri Pliberku/Feistritz ob Bleiburg in Österreich.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Albert Fußmann, Ulrike Wagner
Beitrag als PDFEinzelansichtFranz Josef Röll: Gesellungsformen von Jugendlichen
Räumlich, zeitlich und sozial durchdringen Medien den Alltag, die Erfahrungen, die sozialen Beziehungen und die Erlebnisse von Jugendlichen und geben gleichzeitig Impulse für die Bildung von Gesellungsformen. Es lassen sich Generationsüberlagerungen beobachten, das heißt Wahrnehmungsdispositionen werden tendenziell generationsbezogen angeeignet. Jedes Medium beeinflusst die Erlebnisqualität, die Teilhabe und die Aneignung von Realität und damit auch die Modalitäten des Denkens und Wahrnehmens. Wer in der Kindheit seine primäre Medienerfahrung mit Büchern macht, entwickelt andere Wahrnehmungsdispositionen als diejenigen, die mit Smartphones aufwachsen. Auf der anderen Seite prägt auch weiterhin der soziale Bezug das Milieu bzw. das Habitat die Bedarfe nach Gesellung. Beide Aspekte werden, bezogen auf die Auswirkungen auf Gesellungsformen, dargestellt.
Literatur:
Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun, TNS Infratest Sozialforschung (2015). Jugend 2015. www.shell.de/ueber-uns/die-shell-jugendstudie/freizeit-und-internet.html [Zugriff: 04.12.2017]
Beck, Ulrich (1986). Risikogesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.Bierhoff, Hans-Werner (2006). Sozialpsychologie [1984]. Ein Lehrbuch. 6. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.
Calmbach, Marc/Borgstedt, Silke/Borchard, Inga/Thomas, Peter Martin/Flaig, Berthold Flaig (2016). Wie ticken Jugendliche 2016? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. Wiesbaden: Springer VS.
Dunbar, Robin (1993). Coevolution of neocortical size, group size and language in humans. Behavioral and Brain Sciences, 16, S. 681–735.
DIVSI U25-Studie (2014). Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in der digitalen Welt. www.divsi.de/publikationen/studien/divsi-u25-studie-kinder-jugendliche-und-junge-erwachsene-in-der-digitalen-welt/1-einfuehrung-3 [Zugriff: 07.12.2017]
Fuchs, Benedikt/Sornette, Didier/Thurner, Stefan (2014). Fractal multi-level organisation of human groups in a virtual world. Scientific Reports, 4, doi:10.1038/srep06526 [Zugriff: 04.12.2017]
Granovetter, Mark S. (1973). The strength of weak ties. In: The American Journal of Sociology, 78 (6), S. 1360–1380.
Hepp, Andreas (2008). Medienkommunikation und deterritoriale Vergemeinschaftung. Medienwandel und die Posttraditionalisierung von translokalen Vergemeinschaftungen. In: Hitzler, Roland/Honer, Anne/Pfadenhauer, Michaela (Hrsg.), Posttraditionale Gemeinschaften: Theoretische und ethnografische Erkundungen. Wiesbaden: VS, S. 132–150.
Hugger, Kai Uwe (2009). Junge Migranten online. Suche nach sozialer Anerkennung und Vergewisserung von Zugehörigkeit. Wiesbaden: Springer VS.Hugger, Kai-Uwe (2014). Digitale Jugendkulturen. In: Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Digitale Jugendkulturen. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS, S. 11–28.
Karrierebibel (2016). Dunbar-Zahl: Nicht mehr als 200 Freunde! www.karrierebibel.de/dunbar-zahl-freunde [Zugriff: 08.12.2017]
Löw, Martina (2001). Raumsoziologie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
McAfee, Andrew (2009). Enterprise 2.0. Boston: Harvard Business Press.
Moser, Heinz (1999). Einführung in die Medienpädagogik. Aufwachsen im Medienzeitalter. Opladen: Westdeutscher Verlag.Rheingold, Howard (1994). Virtuelle Gemeinschaft. Soziale Beziehungen im Zeitalter des Computers. Bonn: Addison-Wesley.
Reißmann, Wolfgang (2014). Bildhandeln und Bildkommunikation in Social Network Sites. Reflexionen zum Wandel jugendkultureller Vergemeinschaftung. In: Hugger, Kai Uwe (Hrsg.), Digitale Jugendkulturen. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS, S. 90–103.
Rettig, Daniel (2011). Begrenzt kontaktfähig – Twitter-Studie bestätigt die Dunbar-Zahl. www.alltagsforschung.de/begrenzt-kontaktfahig-twitter-studie-bestatigt-die-dunbar-zahl [Zugriff: 04.12.2017]
Röll, Franz Josef (2017). Social Networks. In: Friese, Heidrun/Rebane, Gala/Nolden, Marcus/Schreiter, Miriam (Hrsg.), Soziale Praktiken und digitale Alltagswelten. Wiesbaden: Springer VS, S. 1–12.
SINUS:akademie (2016). Wie ticken Jugendliche 2016. Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. www.sinus-akademie.de/fileadmin/user_files/Wie_ticken_Jugendliche_2016/Presse/%C3%96ffentlicher_Foliensatz_u18_2016.pdf [Zugriff: 19.01.2018]
Stangl, Werner (2017). Stichwort: ‚Dunbar-Zahl‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. lexikon.stangl.eu/12337/dunbar-zahl [Zugriff: 04.12.2017]
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Franz Josef Röll
Beitrag als PDFEinzelansichtUlrike Wagner: Ermächtigung und/oder Gefährdung?
Anliegen des Beitrags ist es, Reflexionen darüber anzustellen, wie Heranwachsende in einer souveränen Eroberung ihrer mediatisierten Sozialräume unterstützt werden können. Dabei wird der Fokus auf geschlechtsspezifische Aneignungsweisen von Heranwachsenden in mediatisierten Sozialräumen gelegt.
Literatur:
Böhnisch, Lothar/Lenz, Karl/Schröer, Wolfgang (2009). Sozialisation und Bewältigung. Eine Einführung in die Sozialisationstheorie der zweiten Moderne. Weinheim/München
Juventa.Bock, Annekathrin/Mahrt, Merja (2017). Was Jugendliche online schauen. YouTube als medialer Raum für Rollenrepräsentationen. In: merz | medien + erziehung 61(1), S. 40–47.Brüggen, Niels/Gerlicher, Peter (2013). Die aktuelle Teilstudie „Identitätsarbeit und sozialraumbezogenes Medienhandeln in Sozialen Netzwerkdiensten“.
In: Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.), Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Anpassung und Eigensinn im Social Web. 5. Konvergenzstudie im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München: Nomos, S. 61–99.
Brüggen, Niels/Schemmerling, Mareike (2013). Identitätsarbeit und sozialraumbezogenes Medienhandeln im Sozialen Netzwerkdienst facebook. In: Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.), Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Anpassung und Eigensinn im Social Web. 5. Konvergenzstudie im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München: Nomos, S. 141–210.
Brüggen, Niels/Schemmerling, Mareike (2014): Das Social Web und die Aneignung von Sozialräumen. In: sozialraum.de (6) Ausgabe 1/2014. www.sozialraum.de/das-social-web-und-die-aneignung-von-sozialraeumen.php [Zugriff: 16.01.2018]
Deinet, Ulrich (2009). „Aneignung“ und „Raum“ - zentrale Begriffe des sozialräumlichen Konzepts. www.sozialraum.de/deinet-aneignung-und-raum.php [Zugriff: 07.01.2018]
Deinet, Ulrich (2014), Vom Aneignungskonzept zur Activity Theory. Transfer des tätigkeitsorientierten Aneignungskonzepts der kulturhistorischen Schule auf heutige Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen. www.socialnet.de/materialien/197.php [Zugriff: 16.01.2018]
Döring, Nicola (2014). Mobilität und mobiler Mediengebrauch im Kontext der Entwicklungsbedingungen von Heranwachsenden. In: Wagner, Ulrike (Hrsg.), vernetzt_öffentlich_aktiv. Mobile Medien in den Lebenswelten Jugendlicher. München: kopaed, S. 47–62.
Holzkamp, Klaus (1973). Sinnliche Erkenntnis. Frankfurt a.M.: Athenäum Fischer.Klaus, Elisabeth/Lünenborg, Margreth (2013). Zwischen (Post-)Feminismus und Antifeminismus: Reflexionen zu gegenwärtigen Geschlechterdiskursen in den Medien. In: Gender : Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft 5 (2), S. 78-93. nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-398183 [Zugriff: 16.01.2018]
Krisch, Richard/Reinprecht, Christoph (2006): Aktiv – passiv? Sozialräumliche Analysen geschlechtsbezogener Beteiligung im Stadtteil. www.sozialraum.de/assets/files/projekte/Forschungsbericht_Krisch_Reinprecht_aktiv_passiv.pdf [Zugriff: 16.01.2018]
Kutscher, Nadia (2014). Mobile Medien – Körper – Raum. Aneignung oder Subjektivierung? In: Wagner, Ulrike (Hrsg.), vernetzt_öffentlich_aktiv. Mobile Medien in den Lebenswelten Jugendlicher. München: kopaed, S. 63–79.Lange, Andreas/Zerle, Claudia (2010). Sozialökologische Ansätze. In: Vollbrecht, Ralf/Wegener, Claudia (Hrsg.), Handbuch Mediensozialisation. Wiesbaden: VS Verlag, S. 64–74.
Löw, Martina (2001). Raumsoziologie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.McRobbie, Angela. (2009). Top Girls – Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden: VS Verlag.Nissen, Ursula (1998). Kindheit, Geschlecht und Raum. Sozialisationstheoretische Zusammenhänge geschlechtsspezifischer Raumaneignung. Weinheim, München: Juventa-Verlag.Röll,
Franz Josef (2009). Virtuelle und reale Räume. In: Deinet, Ulrich (Hrsg.), Methodenbuch Sozialraum. Wiesbaden: VS Verlag, S. 267–279.Spatscheck, Christian (2012). Hat der Sozialraum ein Geschlecht? In: sozialraum.de, 1/2012. www.sozialraum.de/hat-der-sozialraum-ein-geschlecht.php [Zugriff: 18.01.2018]
Tillmann, Angela (2017). Genderbeben im Internet? Aushandlungen von Geschlecht im Kontext Internet. In: merz | medien + erziehung 61(1), S. 19 - 27.Wagner, Elke/Forytarczyk, Nicole (2015). Gute Kopien: Nutzungspraktiken von Hauling-Videos auf YouTube und die Entstehung moralischer Nischenöffentlichkeiten. In: kommunikation@gesellschaft 16 (1). nbnresolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-413642 [Zugriff:16.01.2018]Wagner, Ulrike (2011). Medienhandeln, Medienkonvergenz und Sozialisation. Empirie und gesellschaftswissenschaftliche Perspektiven. München: kopaed.
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.) (2013). Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Anpassung und Eigensinn im Social Web. 5. Konvergenzstudie im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München: Nomos.
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gerlicher, Peter/Schemmerling, Mareike/Gebel, Christa (2013). Zusammenfassung der Teilstudie „Identitätsarbeit und sozialraumbezogenes Medienhandeln in Sozialen Netzwerkdiensten“ im Rahmen der Untersuchung „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). www.jff.de/jff/publikationen/weitere-veroeffentlichungen/artikel/art/kurzfassung-identitaetsarbeit-und-sozialraumbezogenes-medienhandeln-in-sozialen-netzwerkdiensten [Zugriff: 14.01.2018]
Wagner, Ulrike (2014). Aufwachsen in mediatisierten Sozialräumen. Anmerkungen zur Sozialraumforschung aus medienpädagogischer Perspektive. In: Deinet, Ulrich/Reutlinger, Christian (Hrsg.), Tätigkeit – Aneignung – Bildung. Positionierung zwischen Virtualität und Gegenständlichkeit. Wiesbaden: Springer VS, S. 285–298.Wilhelm, Claudia (2016). Gender Role Orientation and Gaming Behavior Revisited. Examining Mediated and Moderated Effects. Information, Communication and Society. [Zugriff: 16.01.2018]
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Ulrike Wagner
Beitrag als PDFEinzelansichtKurzvorstellung: Ein Interview mit Steve Heng
merz: Ist die Webvideo eine Kultur? Autonom in ihren Ideen, ein Geschäftsmodell oder nur für Spezialisten?
Heng: Schwer zu sagen. Für viele ist es Kultur, für andere ein lukratives Geschäftsmodell. Ich denke, es entsteht gerade ein Wandel zwischen den Generationen. Die Jugend von heute wächst mit dem Medium auf und wird wahrscheinlich das als Kultur ansehen und früher oder später wird es auch für manche ein Geschäftsmodell werden. Aktuell ist es eher für Spezialisten, aber das kann sich im Laufe der Zeit ändern, wenn sich mehr und mehr Leute mit dem Thema beschäftigen.
merz: Wie schätzt Du die Breitenwirkung ein?
Heng: Sehr breit, weil das Internet heutzutage nicht wegzudenken ist und auch junge Leute schon ein Smartphone besitzen. Ja, es ist sehr breitwirkend, aber aktuell für junge Leute bis junge Erwachsene.
merz: Sind YouTube-Stars Vorbilder für junge Jugendliche?
Heng: Was heißt YouTube-Stars? Dieser Begriff wurde von den Alt-Medien erfunden, um der neuen Art der Bekanntheit einen Namen zu geben. Ich sag mal so, jeder der in der Öffentlichkeit steht, ist automatisch ein Vorbild. Ob gut oder schlecht ist ein anderes Thema. Hollywood-Darstellerinnen und -Darsteller bis zu Sportlerinnen und Sportler sind ja auch Vorbilder für junge Jugendliche, somit gehören auch YouTube-„Stars“ zu den Vorbildern.
merz: Wann „verrät" eine YouTuberin oder ein YouTuber die Szene?
Heng: Wenn jemand ihn danach fragt und sich für das Thema interessiert, meiner Meinung nach. Klar, muss ein beidseitiges Interesse bestehen, sonst wird es eher schwierig. Ein Fußballfan zum Beispiel verrät eher etwas aus der Szene, wenn der gegenüber auch ein Fußballfan ist.
merz: Ist ein YouTube-Content mit einer politischen Haltung eher ungewöhnlich oder gehört eine indifferente Haltung zum Programm?
Heng: Sehr schwere Frage, ich kann nur von meiner Sichtweise sprechen. Viele aus der YouTube-Szene halten sich raus, wenn es um politische Themen geht, weil es eventuell einfach nicht zu ihrem Content oder Kanal passt oder das Thema allgemein sehr heiß ist. Aber ich kann mir vorstellen, dass es einige gibt, die sich wirklich mit dem Thema teils oder hauptsächlich beschäftigen.
merz: Bist du optimistisch oder pessimistisch, was aktuelle Online-Entwicklungen zur politischen Information angeht?
Heng: Meiner Meinung nach bin ich so 50/50. Es entwickelt sich viel in diese Richtung, jedoch stellt YouTube dafür keine gute Plattform dar. Viele Videos mit politischen Informationen/News aus der Welt sind aktuell für den YouTube-Algorithmus nicht ‚werbefreundlich'. Außer bei Ausnahme-Kanälen, die beim ARD/ZDF Jugendprogramm Funk sind, die haben nicht dieses Problem, weil ihre Videos über die Rundfunkgebühren finanziert werden.
merz: Was muss passieren, dass YouTube keine Rolle mehr für die Jugendlichen spielt?Heng Wenn sich eine neue Plattform etabliert. Aktuell sind es die Social Media Netzwerke wie Instagram, Snapchat und Musica.ly, die ziemlich polarisieren. Aber YouTube wird immer eine Rolle spielen, außer die Server fallen komplett aus.merz Was sollten pädagogische Fachkräfte mit Jugendlichen im Bereich YouTube tun?
Heng: Ich würde vorschlagen, sich mit den Jugendlichen und deren Interessen zu beschäftigen und von ihnen zu lernen, was sie gucken, eventuell selbst Kanäle zu abonnieren, um die Welt dahinter zu verstehen und einfach up-to-date zu sein. Somit kann man besser mit den Jugendlichen diskutieren und sogar coole Projekte aufbauen. Am wichtigsten ist es auch, offen für das Thema zu sein und nicht voreingenommen.
Albert Fußmann, Antje Müller: Was Jugendliche denken und fühlen
Jugendliche und Politik? Aus erwachsener Perspektive umkreisen beide Parteien wohl oft eher eine antagonistische Hassliebe. Doch es gibt (politisches) Engagement, das sich auch direkt von Jugendlichen an Jugendliche richtet.
Livia Kerp hat aus einem ursprünglichen Interesse am Lifestyle und Spaß am Schreiben den Blog Livias Life Is Style aufgebaut, der sich nunmehr, insbesondere im neuen Magazin liviajosephine, vor allem auch politischen Themen zuwendet, die insbesondere Jugendliche bewegen, sie aus einem jugendlichen Blickwinkel beleuchtet und somit auch für Gleichaltrige leichter zugänglich macht.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Albert Fußmann, Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtAlbert Fußmann: Politische Bildung – politisches Handeln – und das Internet
Jugendliche werden in ihrer Mediennutzung und insbesondere ihrem Agieren in sozialen Netzwerken als unpolitisch beschrieben.
Sie sind jedoch durchaus diskutierfreudig, informieren sich und positionieren sich zu vielen Fragen – auch wenn sie diese selbst nicht notwendigerweise als politische Fragen beurteilen würden. Internet und soziale Medien sind aber digitale Handlungsräume – mit emanzipatorischen Potenzial. Albert Fußmann im Gespräch mit Christian Kirschner, Jugendbildungsreferent bei basa e. V., über politisches und politisiertes Handeln Jugendlicher im Internet.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Albert Fußmann
Beitrag als PDFEinzelansichtEric Müller: Jugendliche, Smartphones und ländliche Räume
Dieser Artikel fokussiert die Frage, wie sich traditionelle Orientierungen und digitale Medien in den Alltag Jugendlicher in ländlichen Räumen integrieren. Es werden drei Fälle gegenübergestellt, die sich hinsichtlich der alltäglichen Bezüge zum Sozialraum unterscheiden. Diese räumlichen Bezüge verweisen direkt auf Deutungshorizonte des Medienhandelns von Jugendlichen mit ihren Smartphones.
Literatur:
Becker, Heinrich/Moser, Andrea (2013). Jugend in ländlichen Räumen zwischen Bleiben und Abwandern. Lebenssituation und Zukunftspläne von Jugendlichen in sechs Regionen in Deutschland. Braunschweig
Johann Heinrich von Thünen-Institut.Bohl, Karl Friedrich (2005). Sozialstruktur. In: Beetz, Stephan/Brauer, Kai/Neu, Claudia (Hrsg.), Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 225–233.
Böhnisch, Lothar/Funk, Heide (1989). Jugend im Abseits? Zur Lebenslage Jugendlicher im ländlichen Raum. München: DJI Verlag Deutsches Jugendinstitut.Bohnsack, Ralf (2003). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. Opladen: Leske + Budrich.
Deinet, Ulrich (2004). Zur Lage der Kinder- und Jugendarbeit in ländlichen Regionen. Werkstattgespräch „Kinder- und Jugendarbeit auf dem Land“. www.eundc.de/pdf/30008.pdf [Zugriff: 11.12.2017]
Deinet, Ulrich (2009). „Aneignung“ und „Raum“ – zentrale Begriffe des sozialräumlichen Konzepts. In: Deinet, Ulrich (Hrsg.), Sozialräumliche Jugendarbeit. Grundlagen, Methoden und Praxiskonzepte. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 27–58.
Ferchhoff, Wilfried (2007). Jugend und Jugendkulturen im 21. Jahrhundert. Lebensformen und Lebensstile. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Initiative D21 e.V./TNS Infratest (2014). D21 - Digital - Index 2014. Die Entwicklung der digitalen Gesellschaft in Deutschland. initiatived21.de/app/uploads/2017/02/d21-digital-index-2014.pdf [Zugriff: 11.12.2017]
Kaschlik, Anke/Engel, Alexandra/Harteisen, Ulrich (Hrsg.) (2017). Potenziale in der Peripherie. Diversität und Veränderungsprozesse in ländlichen Regionen gestalten. Lemgo: Verlag Dorothea Rohn.Kessl, Fabian/Reutlinger, Christian/Deinet, Ulrich (2010). Sozialraum. Eine Einführung. Wiesbaden: VS VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Knop, Karin/Hefner, Dorothée/Schmitt, Stefanie/Vorderer, Peter (2015). Mediatisierung mobil. Handy- und mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen. Leipzig: VISTAS.
Lanzke, Stephan (2010). Digitale Spaltung und Regionalentwicklung in ländlichen Räumen. Dissertation, Philipps-Universität.
Löw, Martina (2015). Raumsoziologie. Frankfurt am Main.
Suhrkamp.Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2017).
JIM-Studie 2017. Jugend, Information, (Multi-) Media. Stuttgart. www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2017/JIM_2017.pdf [Zugriff: 11.12.2017]
Müller, Eric (2017). Die mediale Vermessung von Lebenswelten: Wie Jugendliche Smartphones in ihren Alltag in peripheren ländlichen Räumen integrieren. In: Kaschlik, Anke/Engel, Alexandra/Harteisen, Ulrich (Hrsg.), Potenziale in der Peripherie. Diversität und Veränderungsprozesse in ländlichen Regionen gestalten. Lemgo: Verlag Dorothea Rohn, S. 91–114.
Penke, Swantje (2012). Ländliche Räume und Strukturen - mehr als eine "Restkategorie" mit Defiziten. In: Debiel, Stefanie/Engel, Alexandra/Hermann-Stietz, Ina/Litges, Gerhard/Penke, Swantje/Wagner, Leonie (Hrsg.), Soziale Arbeit in ländlichen Räumen. Wiesbaden: Springer VS, S. 17–28.
Schorb, Bernd (2017). Medienaneignung. In: Schorb, Bernd/Hartung-Griemberg, Anja/Dallmann, Christine (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. München: kopaed, S. 215–221.Stein, Margit (2013). Jugend in ländlichen Räumen. Die Landjugendstudie 2010. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Strauss, Anselm/Corbin, Juliet (2010). Grounded theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.TÜV Rheinland Consulting GmbH (2017). Bericht zum Breitbandatlas Mitte 2017 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Teil 1: Ergebnisse. Berlin. www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/bericht-zum-breitbandatlas-mitte-2017-ergebnisse.pdf?__blob=publicationFile [Zugriff: 11.12.2017]
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Eric Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtKathrin Demmler: Jugendarbeit analog und digital
Jugendliche sind seit spätestens der Jahrtausendwende in Bezug auf den Umgang mit Medien zum Vorbild älterer Generationen avanciert, wobei sich neue medial geprägte Formen jugendkultureller Vergemeinschaftungen bilden. Jugendarbeit und ihre politische Kommunikation muss sich demnach den neuen Wünschen, Problematiken und Herausforderungen für einen medial reflektierten, souverän bewältigten Jugendalltag stellen.
Kathrin Demmler, Direktorin des Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF), im Gespräch mit Matthias Fack, Präsident des Bayerischen Jugendrings.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Kathrin Demmler
Beitrag als PDFEinzelansichtAlbert Fußmann, Antje Müller: Hinter den Kulissen: WebDays laden zur Beteiligung
Alljährlich sind Rückgänge in der Wahlbeteiligung zu beobachten. Dabei wird zumeist von einer Politikverdrossenheit gesprochen, welche an eine diffuse systemische Unzufriedenheit gekoppelt istund den subtilen Eindruck einer allzu starr, fremdbestimmt und zuweilen illiberal anmutenden ‚Demokratie‘ unterstellt. Besonders Jugendliche stehen unter Verdacht einer mangelnden politischenBildung wie auch politischen Desinteresses. Einen wirkungsvollen und etablierten Raum zur Artikulation und Erprobung stellt die Jugendkonferenz WebDays dar. Hier wird sich gegen das Label Politikverdrossenheit formiert und für eine (politische) Partizipation Jugendlicher eingestanden.
Literatur:
IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V. (2017). WebDays 2017. Deine Daten. Deine Sicherheit. Deine Meinung. webdays.net [Zugriff: 28.12.2017]
Lange, Dirk/Onken, Holger/Korn, Tobias (2013). Politikunterricht im Fokus. Politische Bildung und Partizipation von Jugendlichen. Empirische Studie. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Politik und Gesellschaft.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Albert Fußmann, Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtKurzvorstellung: Ein Interview mit Jakob Licina
merz: Warum nimmst du an den WebDays teil?
Licina: Mein Ziel ist es, Jugendlichen Politik näher zu bringen. Politik findet immer nur im Bundestag statt und Jugendilche beteiligen sich, indem die alle paar Tage in der Tagesschau nur einen 20 sekunden-Ausschnitt sehen. In der Schule wird es lang nicht gelehrt. Letztes Jahr habe ich auf den WebDays in den Action-LABs das Projekt you{th}can entwickelt und dieses Jahr wurde ich als Referent eingeladen. Das politische Interesse kam anfangs über ein Schulprojekt und generellhabe ich LeFloid geguckt, weil ich die Tagesschau und so nicht so sehr informativ fand.
merz: Wie beeinflusst dich Social Media?
Licina: Für mich ist es tatsächlich die einzige Informationsquelle, neben Online-Portalen oder der Online-Ausgabe der FAZ und anderen Printmedien, die herausgefunden haben, dass das Internet cool ist. Social Media beeinflusst mich. Das fängt bei Sachen an, wie die Nachricht, dass Donald Trump einen Atomkrieg beginnt, dabei war das nur ein Scherz eines Mitarbeiters. Bei Social Media habe ich gemerkt, dass es ganz wichtig ist, darüber nachzudenken, dass verschiedene Leute Verschiedenes wollen. Da muss man immer so ein bisschen gucken. Es geht alles unglaublich schnell. Facebook nutze ich nicht. Es ist gut für Business, aber die News dort interessieren mich nicht. Ich kann über Social Media tatsächlich besser Kontakte knüpfen. Andere Leute interessieren sich für Snapchat, Facebook und ich mache morgens lieber Twitter auf, weil es unglaublich schnell und interaktiv und auf 160 Zeichen beschränkt ist. Morgens schaue ich immer die Trends an, weil das für mich so viele Nachrichten zusammenfasst. Wenn irgendwas in der Welt passiert, erfahre ich es über Twitter zuerst. Ich habe aber jetzt auch eine Zeitung abonniert und lese Newsletter.
merz: Überschneiden sich deine Social Web-Kontakte mit deinen realen Freundschaften?
Licina Ich treffe Leute selten, weil es schwierig ist. Ich nutz eher Social Media und Instagram. Bei Leuten im Web, die die Freunde von Freunden sind, da fühl ich mich tatsächlich immer ganz unwohl, weil ich die Situationen nicht einschätzen kann. Da sind immer viele Verknüpfungen. Aber man kann über Social Media die gleichen Gefühle für Menschen oder für Dinge haben, die man hätte, wenn die Person neben einem sitzt. Man schreibt sich natürlich häufiger auf WhatsApp, als das man sich trifft. Ich kann aber bei jedem meiner Kontakte sagen, wo ich die oder den kennengelernt habe. Mit jedem Kontakt, habe ich schon einmal bewusst Kontakt aufgenommen und den meisten von denen habe ich auch schon einmal die Hand geschüttelt.
merz: Welche Möglichkeiten bietet dir das Schreiben auf deinem Technikblog?
Licina: Die Motivation dahinter meinen Blog zu betreiben, war anfangs erst nur die Frage wie ich regelmäßig an neueste Tech-Geräten komme. Heute mache ich das mit dem Bloggen eher für mich selbst, um meinen Schreibstil zu trainieren und weil ich dadurch viel herumkomme. Wir haben den Blog im letzten Jahr im Juni gestartet und haben uns überlegt, dass den meisten Leuten die ganzen fachthematischen Dinge nicht interessieren; und die Leute, die es interessiert, die lesen Fachportale. Also brauche ich das nicht machen. Ich brauche nicht die Pressemitteilung und die technischen Daten kopieren – das ist nicht meine Zielgruppe. Zu meiner Zielgruppe gehören erst einmal die Leute in meinem Umfeld, in meinem Freundeskreis, in meinen WhatsApp-Gruppen. Das sind mehr junge Leute. Mein Blog ist einer der wenigen Blogs in Deutschland, die das Ganze in Textform machen und begleitend mit Videos. Unser Testbericht ist immer auf ‚Papier'. Damit habe ich auch eine Zielgruppe 40 plus, die die ganzen Videos nicht sehen, sondern einen Bericht lesen möchte. Ich verknüpfe solche Tests mit einem Event wie den WebDays, sodass ich dann im Bericht schreiben kann, wo ich war und unter welchen Umständen getestet wurde. Es ist etwas Echtes und kein Labortest. In der Regel frage ich an oder ich werde auf Veranstaltungen angesprochen und meistens haben sie Interesse und schicken mir dann das Gerät zum Test. Es passiert tatsächlich viel über Twitter. Durch den Technikblog hat sich aber auch alles so ergeben. Ich bin mehr auf diesen Politikveranstaltungen. Ich bin mehr mit Leuten in Kontakt gekommen, natürlich auch mit anderen Bloggerinnen und Blogger wie auch Journalistinnen und Journalisten.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansicht
spektrum
Saskia Eilers, Daniel Hajok: Live-Streaming im Fokus des Jugendschutzes
In einer Zeit, in der ‚Sein‘ längst heißt, medial stattzufinden, haben sich verschiedene Medienformate etabliert, die auch jungen Menschen eine öffentliche Selbstrepräsentation im Hier und Jetzt erlauben. Was im Fernsehen mit dem Container von Big Brother und den Bühnen der Castingshows begann, wurde mit Facebook und Instagram auf das Level einer Selfie-Kultur gehoben. Die Live-Streaming-Plattform YouNow geht noch weiter und fokussiert auf eine spontane Authentizität, die auch jugendliche Publikum Grenzen überschreiten lässt.
Literatur
Altmann, Myrian-Natalie (2011). User Generated Content im Social Web: Warum werden Rezipienten zu Partizipienten? Berlin: Lit Verlag.Berg, Achim (2017). Kinder und Jugend in der digitalen Welt. Berlin: BITKOM.
Burkart, Günter (2006). Einleitung. In: Burkart, Günter (Hrsg.), Die Ausweitung der Bekenntniskultur – neue Formen der Selbstthematisierung? Wiesbaden: VS Verlag, S. 7–40.
Dreyer, Stephan/Hasebrink, Uwe/Lampert, Claudia/Schröder, Hermann-Dieter (2013). Herausforderungen für den Jugendmedienschutz durch digitale Medienumgebungen. Soziale Sicherheit CHSS,4, S. 195–199.
Eilers, Saskia (2017). User-Generated Content und seine Herausforderungen für den deutschen Jugendmedienschutz. Eine Analyse der Live-Streaming-Plattform You- Now. Magisterarbeit im Masterstudiengang Kinder- und Jugendmedien, Universität Erfurt.
Eilers, Saskia/Hajok, Daniel (2017). Jugendmedienschutz im Social Web. Eine kritische Bestandsaufnahme der Inhalte und Maßnahmen bei YouNow. In: JMS-Report, 40 (6), S. 2–6.
Franck, Georg (1998). Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf. München/Wien: Hanser Verlag.Livingstone, S Sonia/Haddon, Leslie (2009). Kurzversion von EU Kids Online: Abschlussbericht. London School of Economics and Political Sciences. Verfügbar unter www.hans-bredow-institut.de/uploads/media/default/cms/media/155f911994cefeef4d029412632357d777361b44.pdf[Zugriff: 26.03.2017]
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2017). JIM-Studie 2017. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart.
Peter, Jochen/Valkenburg, Patti M. (2011). Adolescents‘ Online Privacy: Toward a Developmental Perspective. In: S. Trepte & L. Reinecke, L. (Hrsg.), Privacy Online. Perspectives on Privacy and Self-Disclosure in the Social Web. Berlin/Heidelberg: Springer VS, S. 221–233.
Pörksen, Bernhard/Krischke, Wolfgang (2012). Die Gesellschaft der Beachtungsexzesse. In: D. Hajok / O. Selg / A. Hackenberg (Hrsg.), Auf Augenhöhe? Konstanz: UVK, S. 57–70.
Reichert, Ramón (2008). Amateure im Netz. Selbstmanagement und Wissenstechnik im Web 2.0. Bielefeld: transcript.Theunert, Helga/Schorb, Bernd (2010). Sozialisation, Medienaneignung und Medienkompetenz in der mediatisierten Gesellschaft. In: M. Hartmann & A. Hepp (Hrsg.), Die Mediatisierungder Alltagswelt. Wiesbaden: Springer VS, S. 243–253.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Saskia Eilers
Beitrag als PDFEinzelansichtKatrin Valentin, Hannah Bolz: Spannungsverhältnisse beim Einsatz von Tablets an Schulen
Im Projekt „Digitalisierung und Mediatisierung der Lebenswelt“ der Universität Erlangen-Nürnberg wurden Schulen wissenschaftlich begleitet, die den Einsatz von Tablets im Unterricht erproben. Die Untersuchungsergebnisse beruhen auf der Auseinandersetzung mit Fachliteratur, Expertengesprächen wie auch auf strukturierten Hospitationen, die gemeinsam mit Studierenden durchgeführt wurden. Auf dieser Basis konnten fünf Thesen zu Spannungsverhältnissen von Tablets im Unterricht aufgestellt werden.
Literatur:
Aufenanger, Stefan/Bastian, Jasmin (Hrsg.) (2017). Tablets in Schule und Unterricht. Forschungsme-thoden und -perspektiven zum Einsatz digitaler Medien. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Autorengruppe Paducation (2014). Paducation. Evaluation eines Modellversuchs mit Tablets am Hamburger Kurt-Körber-Gymnasium.
www.ifib.de/publikationsdateien/paducation_bericht.pdf [Zugriff: 12.08.2017]
Bos, Wilfried/Eickelmann, Birgit/Gerick, Julia/Goldhammer, Frank/Schaumburg, Heike/Schwippert, Knut/Senkbeil, Martin/Schulz-Zander, Renate/Wendt, Heike (Hrsg.) (2014). ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster/New York: Waxmann. www.waxmann.com/fileadmin/media/zusatztexte/ICILS_2013_Berichtsband.pdf [Zugriff: 12.08.2017]
Helsper, Werner (2000). Pädagogisches Handeln in den Antinomien der Moderne. In: Krüger, Heinz-Hermann/Helsper, Werner (Hrsg.), Einführung in die Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft. Opladen: UTB, S. 15–34.
Kammerl, Rudolf (2017). Bildungstechnologische Innovation, mediendidaktische Integration und/oder neue persönliche Lernumgebung? Tablets und BYOD in der Schule. In: Bastian, Jas-min/Aufenanger, Stefan (Hrsg.), Tablets in Schule und Unterricht. Forschungsmethoden und -perspektiven zum Einsatz digitaler Medien. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 175–189.
Knaus, Thomas (2016). Potentiale des Digitalen. Theoretisch-konzeptionelle Betrachtungen pädagogischer und didaktischer Potentiale des schulischen Einsatzes von Tablets. In: merz | medien + erziehung, 60 (1), S. 33–39.
Knaus, Thomas (2015). Me, my Tablet – and Us. Vom Mythos eines Motivationsgenerators zum vernetzten Lernwerkzeug für autonomopoietisches Lernen. In: Friedrich, Katja/Siller, Friederike/Treber, Albert (Hrsg.), Smart und mobil. Digitale Kommunikation als Herausforderung für Bildung, Pädagogik und Politik. München: kopaed, S. 17–42.
Krotz, Friedrich (2008). Kultureller und gesellschaftlicher Wandel im Kontext des Wandels von Medien und Kommunikation. In: Thomas, Tanja (Hrsg.), Medienkultur und soziales Handeln. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 43–63.
Puentedura, Ruben (2013). SAMR. A contextualized Introduction. www.hippasus.com/rrpweblog/archives/2013/10/25/SAMRAContextualizedIntroduction.pdf [Zugriff: 12.08.2017]
Reinmann, Gabi/Mandl, Heinz (2006). Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: Krapp, Andreas/Weidenmann, Bernd (Hrsg.), Pädagogische Psychologie. Ein Lehrbuch. Weinheim: Beltz, S. 613–657.
Sacher, Werner (2003). Neue Medien, neuer Unterricht? Vorschläge für ein methodisch-didaktisches Konzept und praktische Beispiele. Schulpädagogische Untersuchungen Nürnberg. Bd. 19. Universität Nürnberg-Erlangen.
Tulodziecki, Gerhard/Herzig, Bardo/Grafe, Silke (2010). Medienbildung in Schule und Unterricht. Paderborn: UTB. Wagner, Jürgen (2015). Kreative Nutzung ist gefragt. Optimierung des iPad-Kreativ-Potenzials durch „App-Smashing“. In: L.A. Multimedia, 5 (1), S. 12–17.
Welling, Stefan/Averbeck, Ines/Stolpmann, Björn Eric/Karbautzki, Louisa/Appelt, Ralf/Schwalbe, Christina/Kammerl, Rudolf (Hrsg.) (2014). Paducation. Evaluation eines Modellversuchs mit Tablets am Hamburger Kurt-Körber-Gymnasium.
www.ifib.de/publikationsdateien/paducation_bericht.pdf [Zugriff: 12.08.2017]
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Katrin Valentin, Hannah Bolz
Beitrag als PDFEinzelansichtBernd Kleinhans: Ein unmoralischer Ort?
Die Etablierung des Kinos Anfang des 20. Jahrhunderts führte beim konservativen Bildungsbürgertum zu Befürchtungen, das neue Medium könne zur Erosion sozialer Normen führen. Man schrieb dem Kino – den Filmen wie dem Raum der Vorführungen – die Förderung der Kriminalität, die Zerstörung der Sexualmoral und der sozialen Strukturen vor. Nach anfänglich pauschaler Ablehnung wurde dasKino einer strikten Disziplinierung unterworfen, die es in die Gesellschaft integrierte, ihm aber weitgehend sein kritisches Potenzial nahm. Die Geschichte des Kinos steht prototypisch für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit neuen Medien.
Literatur
Altenloh, Emilie (2012). Zur Soziologie des Kino. Die Kino-Unternehmung und die sozialen Schichten ihrer Besucher [1914]. Frankfurt a. M.: Stroemfeld.
Baudry, Jean-Louis (2003). Das Dispositiv. Metapsychologische Betrachtungen des Realitätseindrucks [frz. 1975]. In: Riesinger, Robert (Hrsg.), Der kinematographische Apparat. Geschichte und Gegenwart einer Debatte. Münster: Nodus, S. 41–62.
Brunner, Karl (1913). Der Kinematograph von heute – eine Volksgefahr. Berlin: Verlag des Vaterländischen Schriftenverbandes.
Conradt, Walter (1910). Kirche und Kinematograph. Berlin: Walther.
Diehle, H. (1913). Kino und Jugend. Warendorf: Schnell.
Elsaesser, Thomas (2002). Filmgeschichte und frühes Kino. Archäologie eines Medienwandels. München: edition text+kritik.
Foucault, Michel (2013). Überwachen und Strafen [1975]. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Kleinhans, Bernd: (2013). „Der schärfste Ersatz für die Wirklichkeit“. Die Geschichte der Kinowochenschau. St. Ingbert: Röhrig Univerisätsverlag.
Garncarz, Joseph (2010). Maßlose Unterhaltung. Zur Etablierung des Films in Deutschland 1896-1914. Frankfurt a. M.: Stroemfeld.
Hellwig, Albert (1911). Schundfilms – Ihr Wesen, ihre Gefahren und ihre Bekämpfung. Halle: Verlag der Buchh. des Waisenhaus.
Hellwig, Albert (1916). Aktenmäßige Fälle über Schundliteratur und Schundfilms als Verbrechensanreiz. In: Der Gerichtssaal, 84, S. 402–431.
Keitz, Ursula v./Kulle, Daniel/Stiglegger, Marcus (Hrsg.) (2013.). Erfahrungsraum Kino. Augenblick 56/57. Marburg: Schüren Lange, Konrad (1918). Nationale Kinoreform. Mönchen Gladbach: Volksvereins Verlag.
Lichtspielgesetz vom 12.05.1920. In: Deutsches Reichsgesetzblatt 1920, S. 953–958.
Laquer, Leopold (1011). Über die Schädlichkeit kinematographischer Veranstaltungen für die die Psyche des Kindesalters. In: Ärztliche Sachverständigenzeitschrift, 17 (11), S. 221–224.
Liesegang, Paul (1913). Lichtbild- und Kinotechnik, M. Gladbach: Volksvereinsverlag GmbH.
Loiperdinger, Martin (1999). Film und Schokolade – Stollwercks Geschäfte mit lebenden Bildern. Frankfurt a. M.: Stroemfeld.
Loiperdinger, Martin (2004). Filmzensur und Selbstkontrolle. Politische Reifeprüfung. In: Jacobsen, Wolfgang/Kaes, Anton/Prinzler, Hans Helmut (Hrsg.), Geschichte des deutschen Films. Stuttgart: J. B. Metzler.
Planck, Oskar (Hrsg.) (1919). Gegen das Kinounwesen. Materialsammlung zur Kinoreform. Stuttgart: Evangelischer Volksbund für Württemberg.
Prokop, Dieter (1982). Soziologie des Films. Frankfurt a. M.: Luchterhand.
Rose, Olaf (1994). Erregende Bilder. Adolf Sellmann und die Kinoreformbewegung in Hagen vor dem 1. Weltkrieg. Hagener Impuls, S. 32–36.
Sellmann, Adolf (1911): Der Kinematograph als Bildungsmittel, Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung, 63 (5), S. 572–574.
Schultze, Ernst (1911). Der Kinematograph als Bildungsmittel. Eine kulturpolitische Untersuchung. Halle: Waisenhaus.
Schulze, Volker (1977). Frühe kommunale Kinos und die Kinoreformbewegung in Deutschland bis zum Ende des ersten Weltkriegs. In: Publizistik 22, S. 61–71.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Bernd Kleinhans
Beitrag als PDFEinzelansicht
medienreport
Sophia Gesierich: Flucht hat viele Gesichter
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2017).
Refugee Eleven.
Crossmediales Lernkonzept: 11-teilige Webserie und Arbeitsmaterialien für schulische und außerschulische Bildung. www.bpb.de/lernen/projekte/241079/refugee-eleven, kostenfrei.
Im Jahr 2015 waren 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, einige von ihnen versuchen seitdem, in Deutschland Fuß zu fassen. Die große Anzahl an Geflüchteten im Alltag – sei es in derSchule, in der Freizeit oder am Arbeitsplatz – polarisiert und verunsichert zahlreiche Menschen.
Vorurteile, einseitige Berichterstattung oder in sozialen Netzwerken verbreitete Lügen erschwereneine fundierte Meinungsbildung und ebnen den Weg für Rassismus.Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet aufgrund dessen eine elfteilige Webserie an: Junge geflüchtete Amateurfußballer der Mannschaft Refugee11 aus Erftstadt bei Köln begegnen einer Profifußballerin und zehn Profifußballern, die alle selbst Fluchterfahrungen haben. Die Serie thematisiert auf diese Weise elf Schwerpunkte rund um den Komplex Flucht und Asyl, eingebettet in ein crossmediales Lernkonzept für schulische und außerschulische Bildung für 14- bis 24-Jährige. In jedem etwa dreiminütigen Clip tauschen ein Amateur und ein Profi ihre persönliche Geschichte aus – mit Fokus auf ihr jeweiliges Schwerpunktthema. Schriftliche Einblendungen fassen die wichtigsten Aussagen kompakt zusammen oder liefern zusätzliche Hintergrundinformationen.
So wird abstraktes Wissen mit konkreten Beispielen und Erfahrungen untermauert. Situationen und Perspektiven von geflüchteten Menschen werden für jugendliche Zuschauende erfahrbar gemacht. Sehr hervorzuheben ist dabei die Barrierefreiheit, denn alle elf Videos gibt es in einigen Versionen: mit wahlweise deutschen, englischen, französischen oder arabischen Untertiteln, mit Audiodeskription, SDH-Untertitel und in Gebärdensprache.Die vorgeschlagene Reihenfolge der Webserie Refugee Eleven orientiert sich an der Chronologie eines Fluchtverlaufs: Zunächst werden Fluchtursachen beleuchtet, woraufhin konkrete Erfahrungen während der Flucht thematisiert werden. Um das Asylrecht (besser) zu verstehen, gibt es die drei Folgen Asylrecht, Asylentscheidung und Abschiebung. Weitere Videos zeigen auf, wie Geflüchtete teilweise ankommen, wie nervenaufreibend eine Phase des Wartens sein kann, wie manche mit erlebter Ablehnung umgehen und wie eigentlich jede und jeder Geflüchtetegezwungen ist, sich mit der eigenen Identität und einem neuen Heimatverständnis auseinanderzusetzen. Auch zur Integration sowie zu Sprache und Ausbildung gibt es eigene Folgen.
Ziel ist es, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Situation geflüchteter Menschen nachvollziehbar und informativ darzulegen. Dazu werden die verschiedenen Stationen und persönlich erlebten Phasen aus Sicht der Geflüchteten selbst thematisiert. Verbindendes Glied zwischen den Dialogpartnerinnen und -partnern ist die Liebe zum Fußball – ein kulturelles Phänomen, das angenehm unangestrengt eine gemeinsame Basis schafft und etwaige Exotik der Geflüchteten durch Nähe und Gemeinsamkeit ersetzt und vermittelt. Konkrete Fragen und Antworten wie ‚Woher wusstet ihr, in welcher Richtung Deutschland liegt?‘ – ‚Durch das GPS am Handy‘ wirken die Flucht und die kulturellen Hintergründe der jungen Protagonistinnen und Protagonisten weniger abstrakt und damit für die Zielgruppe besser nachvollziehbar.Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hält auf ihrer Website zudem Arbeitsmaterialien bereit, womit die jeweiligen Themen vertiefend behandelt werden können. Diese Einheiten des crossmedialen, integrativen Lernkonzepts, die online und als Lehr- und Aktionsheft mit DVD verfügbar sind, regen zur intensiveren Auseinandersetzung mit den Ursachen, Folgen und Erfahrungen an.
Aufgrund vielfältiger Ansätze eignen sich die Materialien dabei sowohl für Willkommensklassen und als Basis für Kurzvorträge und Diskussionen, aber auch für Gruppenarbeiten am PC oder zur Mediationsübung. Das vermittelte Wissen befähigt Jugendliche, Vorurteile zu hinterfragen, Medienberichterstattung kritisch zu reflektieren und eine eigene Position zu entwickeln, die bestenfalls gegenüber Mitmenschen in der Schule oder im Freundeskreis vertreten werden können.Das Material eignet sich bestens zum Einsatz in der schulischen und außerschulischen Bildung. Denn durch die Strukturierung des Programms in elf Kurzfilme, themenspezifische Arbeitsblätter und Sachtexte kann die Intensität, mit der die Themen behandelt werden, individuell auf die Lerngruppe, -situation oder auch die zeitlichen Kapazitäten abgestimmt werden. Eine Rezeption der Kurzfilme ohne die Bearbeitung der Arbeitsblätter kann als Anstoß für eine Diskussion oder als Einleitung themenverwandter Projekte verwendet werden.
Auch bauen die Kapitel positiver Weise nicht aufeinander auf, sondern arbeiten vielmehr mithilfe einer sehr verständlichen Umsetzung für sich selbst stehende Schwerpunkte heraus. Die Sprache ist einfach gehalten, komplexe Sachverhalte einschließlich verwendeter Fachtermini werden anschaulich erläutert, sodass durchweg ein niedrigschwelliger Zugang zum Thema Flucht, Asyl und Integration gewährleistet wird. Dies vergrößert das potenzielle Zielpublikum und macht die recht weite Altersspanneder Nutzergruppen realistisch.Insgesamt ist Refugee Eleven ein sehr empfehlenswertes Lehr- und Informationsprogramm. Auch eignet sich das gewählte Format des Kurzfilms für 14- bis 24-Jährige besonders, ebenso die Auswahl junger Protagonistinnen und Protagonisten. Das Lernprogramm zur Webserie hebt sich durch die Crossmedialität von reiner Sachvermittlung durch Schulbücher ab und vermittelt wichtiges Hintergrundwissen zeitgemäß lebendig. Die Ernsthaftigkeit der Darbietung wird dem Thema gerecht, ohne in Mitleidsmelancholie zu versinken.
Besonders gut umgesetzt ist der Dialog zwischen einem Jugendlichen, der noch relativ frisch in Deutschland ist, und einem Gesprächspartner, der Deutschland bereits zu seiner Heimat gemacht hat. So erhaltenZuschauende einen Einblick in eine mögliche Zukunft Geflüchteter. Gleichzeitig wird die Wichtigkeit funktionierender Integration betont, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben.Ergänzend zur Webserie kann übrigens auch der Dokumentationsfilm Heimat Fußball – Refugee 11 von Jean Boué zum Lehrprogramm hinzugezogen werden. Der Film ist parallel zum Webvideoprojekt entstanden und begleitet die Fußballmannschaft des 1. SC Germania Erftstadt-Lechtenich IV, bestehend aus 27 geflüchteten Spielern aus 16 Ländern, in ihrer ersten Saison. Beleuchtet werden dabei insbesondere drei Einzelschicksale, die die näheren Lebensumstände in Bezug auf die Hoffnung auf eine langfristige Eingliederung, Arbeit und Wohnung in Deutschland erfahrbar machen.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Sophia Gesierich
Beitrag als PDFEinzelansichtSaskia Eilers: Von großen Haien und kleinen Fischen
Funke Mediengruppe (Hrsg.) (2017). #screenshot. Hier schreiben deine YouTuber für dich. 86 S., 3,50 €.
Heutiges Aufwachsen vollzieht sich vor dem Hintergrund einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Kindheit und Jugend sind somit in einen Kontext multimedialer Konsumwelten eingebettet. Der gegenwärtige Trend zur Digitalisierung der Jugendkultur der medialen Handlungsräume der Altersgruppe einher und wird zugleich durch diese veränderten Nutzungspräferenzen erneut befeuert. Medienunternehmen müssen sich gemäß ihres wirtschaftlichen Bestrebens fortwährend um eine Anhaftung an die aktuellen Bedürfnisse und Ausprägungen der medialen Jugendszene bemühen, wodurch sich eine zunehmende Angebotsgenese im Bereich des Social Web erkennen lässt.
Neben neuen digitalen Angeboten für die jugendliche Zielgruppe lässt sich eine Digitalisierung bereits bestehender Medienprodukte erkennen. Insbesondere im Printbereich kann eine diesbezügliche Notwendigkeit angenommen und auch beobachtet werden. Während laut JIM-Studie 2017 lediglich 16 Prozent der befragten Jugendlichen regelmäßig Zeitschriften und Magazine lesen, schauen 86 Prozent regelmäßig Online-Videos. Dabei ist für 55 Prozent der Mädchen und 69 Prozent der Jungen die Multimedia-Plattform YouTube das bevorzugte Angebot. Dies führt berechtigterweise zur Frage nach der Zukunft von Printprodukten in der Jugendkultur.
Feste Instanzen der internationalen wie deutschen Landschaft jugendlicher Printangebote scheinen sich in ihrer Marktexistenz bedroht zu fühlen, sodass viele Verlagshäuser mittlerweile eine digitalisierte Erweiterung ihres Angebotes anbieten, um sich die Relevanz und Nähe zur Zielgruppe zu bewahren. Als eines von vielen Beispielen unternimmt das Jugendmagazin BRAVO seit einiger Zeit solche Digitalisierungsmaßnahmen. Neben der weiterhin regelmäßig erscheinenden Printversion existieren heutzutage sowohl eine App, ein WhatsApp-Abonnement als auch der YouTube-Kanal Dr. Sommer TV. Auch die Zeitschrift Mädchen bietet neuerdings mit der App Mädchen VIEW ein Mash-Up aus Magazin und Multimedia.Während sich viele Medienunternehmen scheinbar von dem sinkenden Schiff alleiniger Printangebote zu retten versuchen, begibt sich ein neu erschienenes Medienprodukt nun bewusst in das Feld hinein.
Entgegen des allgemeinen Trends hat die Funke Mediengruppe ein neues Printprodukt für die jugendliche Zielgruppe herausgebracht. Unter dem einschlägigen Namen #screenshot verbirgt sich ein Jugendmagazin, das sich vorrangig an Zwölf- bis 17-Jährige richtet. Das Printmagazin deckt verschiedene Bereiche der Jugendkultur ab, widmet sich dabei jedoch schwerpunktmäßig der YouTube-Szene in Deutschland. #screenshot ist ausschließlich als Printversion erhältlich. Eine dazugehörige App existiert nicht. Auch die Website dient lediglich als Werbebanner für das Magazin, ohne dabei die konkreten Inhalte digital zur Verfügung zu stellen. Zwar wird somit auf jegliche Digitalisierungselemente verzichtet, die heutzutage bei verwandten Angeboten bestehen, jedoch kann eine inhaltliche und gestalterische Orientierung an digitalen Angeboten beobachtet werden.
Die einzelnen Beiträge sind mit Hashtags versehen und bieten somit eine inhaltliche Orientierung für Lesende. Die Texte sind auf das Wesentliche reduziert und prägnant formuliert. Die schiefe Anordnung der Textfelder sowie optische Hervorhebungen und Bilder vermitteln einen dynamischen Leseeindruck, der vielmehr an das Scrollen im Social Web erinnert. Die Rubrik ‚What’s up?!‘ informiert die Leserinnen und Leser zu Beginn über die neuesten Meldungen der Multimedia-Plattform. Hier werden unter anderem das aktuell erfolgreichste YouTube-Video sowie ein Ranking deutscher YouTuber nach der höchsten Abonnentenzahl präsentiert. #story gruppiert Portraits bekannter deutscher YouTuber wie HeracAy, Emrah oder Enyadres. In kurzen Interviews, die in ihrer Gestaltung an einen Chatverlauf erinnern, werden die Social Web- Persönlichkeiten vorgestellt.
Dazugehörige, selbst geschriebene Texte handeln von den anfänglichen YouTube-Karrieren mit allen Schwierigkeiten und Unsicherheiten. Die Portraits enthalten außerdem persönliche Tipps für nachahmungswillige Jugendliche und beziehen sich auf die Etablierung eines erfolgreichen YouTube-Kanals. In weiteren Artikeln werden Trends und Tipps zu bestimmten Themen wie #mode, #foodhacks oder #beziehungen vorgestellt. Dabei lässt sich der Bezug zur deutschen YouTube-Szene durchgehend in den einzelnen Artikeln wiederfinden. Entweder vermitteln YouTuber selbst die themenrelevanten Tipps und Trends oder aber die Redaktion verweist in dem jeweiligen Artikel auf einen themenverwandten YouTube-Kanal.
Funkes neues Printprodukt lässt zu Zeiten der Digitalisierung der Jugendkultur einige nicht unbeachtliche Fragen aufkommen: Was lässt ein Printprodukt in der digitalen Welt überleben? Reicht der inhaltliche Bezug zur digitalisierten Jugendkultur aus, um die Akzeptanz der Zielgruppe zu gewinnen? Oder wird ein konkreter Mehrwert zum Onlineangebot benötigt? #screenshot zeigt Elemente zweier Lösungswege auf. Die erste Ausgabe des Printmagazins vermittelt dabei den Eindruck, dass die Macherinnen und Macher sich noch nicht konkret für die Verfolgung einer Strategie entscheiden konnten. YouTube und verwandte Social Web-Angebote überzeugen Jugendlichedurch ihre Aktualität, Reziprozität und Authentizität, denen ein Printprodukt in der Regel nur schwer nachkommen kann.
Trotz seiner Printrealität bemüht sich #screenshot einerseits in Inhalt und Gestaltung einen deutlichen Social Web-Charakter aufzuweisen und orientiert sich damit an den heutigen Rezeptionsgewohnheiten und -präferenzen der Zielgruppe. Durch die Kooperation mit bekannten YouTuberinnen und YouTubern, die ihre Texte größtenteils selbst verfassen, bemüht sich das Magazin zudem um eine direkte Nahbarkeit und hält sich an Social Web-Persönlichkeiten fest, die eine hohe Akzeptanz von der Zielgruppe erfahren. Andererseits können die persönlichen Portraits und Tipps der YouTuberinnen und YouTuber schnell als Werbung für den jeweiligen YouTube-Kanal aufgefasst werden. Auf dieser Ebene leistet #screenshot ebenfalls einige Arbeit und bemüht sich um einen Überblick über die deutsche YouTube-Szene. Hier besteht somit das Potenzial, einen grundlegenden Wegweiser für eine interessensgeleitete YouTube-Rezeption zu entwickeln. Wagt Funke hier einen revolutionären Schritt oder wähnt sich die Mediengruppe durch die Kooperation mit YouTuberinnen und YouTuber zu sehr auf der sicheren Seite? Auch wenn die Beantwortung dieser Frage wohl erst in Zukunft erfolgen kann, so vermag das Printmagazin schon jetzt, neue Überlegungen zum Digitalisierungstrend und der Zukunft von Printprodukten für die jugendliche Zielgruppe anzustoßen.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Saskia Eilers
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Gurt: Nintendo Switch
Im März 2017 brachte Nintendo eine neue Konsole auf dem Markt, die mit Spannung erwartet wurde. Ähnlich wie bei der Wii macht der Hersteller mit der Nintendo Switch wieder einiges anders als die Konkurrenz: Der modulare Aufbau erlaubt sowohl stationäre als auch mobile Nutzung, statt auf enorme Hardware-Power setzt Nintendo auf ein verspieltes und durchaus innovatives Gesamtkonzept, das eine große Zielgruppe jenseits der Hardcore-Zocker ansprechen soll.
Handhabung und Spielmodi:
Zunächst kann die Konsole ganz traditionell mittels einer Dockingstation mit dem Fernseher verbunden werden. Die Steuerung erfolgt wie gehabt über Controller, die Spiele können von einerGame-Card abgespielt oder im Nintendo-Shop heruntergeladen werden. Die Darstellung auf dem Fernseher ist sehr ansehnlich, kann aber mit der grafischen Brillanz einer PS4 oder Xbox One, geschweige denn den aufgebohrten Versionen PS4 Pro und Xbox One X nicht mithalten. Dafür punktet die Konsole mit einem völlig neuen Gesamtkonzept: Das aktuelle Spiel kann quasi übergangslos mitgenommen werden, indem die mobile Einheit – eine Art Tablet mit Controlleranschlüssen – aus der Station herausgenommen wird. Die beiden Controller, die einfach links und rechts eingerastet werden, sind dabei sehr variabel einsetzbar. Sie funktioniere als Steuergeräte im mobilen Modus, können aber auch einzeln genutzt werden, um zu zweit die mobile Konsole zu ‚bespielen‘.
Überhaupt sind die Möglichkeiten im Multiplayermodus sehr vielfältig: Sowohl am Fernseher als auch in der mobilen Variante können bis zu vier Spielerinnen und Spieler teilnehmen, entweder direkt vor Ort oder via Internet. Die beiden Controller können dabei unabhängig voneinander bedient werden und mittels Sensoren Bewegungen direkt in das Spielgeschehen übertragen. Wie innovativ das Konzept ist, deutet das Spiel 1-2-Switch an. In zahlreichen Minispielen treten die Spielerinnen und Spieler gegeneinander an, vom Revolverduell bis zur Tanzeinlage. Der Clou dabei: Die Kontrahentinnen und Kontrahenten stehen sich gegenüber und schauen nicht auf den Monitor, sondern agieren sprichwörtlich face-toface. Die Spiele selbst sind allerdings eher ein netter Zeitvertreib für Partys oder im Freundeskreis. Das Potenzial zeigt sich aber sehr deutlich und macht Lust auf mehr. Darüber hinaus ist der Bildschirm wie beim Wii U GamePad berührungssensitiv und bietet damit eine weitere Steuerungsoption.
Spieleauswahl:
Was das Spiele-Line-Up angeht, hat Nintendo natürlich die Klassiker im Programm: Mario Kart 8 Deluxe, Super Mario Odyssey oder auch der neuste Teil der Zelda-Reihe Breath of the Wild. Gerade letztere überzeugt durch eine stimmige Open-World-Spielmechanik, eine sehr überzeugende Grafik und insgesamt durch ein durchdachtes Spiel- und Charakterdesign.Daneben gibt es auch Switch-Ableger bekannter Spiele, die ein erwachsenes Publikum ansprechen: Von FIFA 18 über Skyrim bis hin zu Doom.Dass Spiele mit einer Freigabe ab 18 Jahren zum Portfolio gehören, ist für eine Nintendo-Konsole sehr ungewöhnlich, wurde doch bisher fast ausschließlich auf kindgerechte Inhalte gesetzt.Thema
Jugendschutz:
Den Eltern sollte bewusst sein, dass es auch bei dieser Konsole wichtig ist, sich über Regelungen von Inhalten und Zugängen Gedanken zu machen – am besten vor der Anschaffung. Da die Konsole über einen Internetzugang verfügt und Spiele direkt im Shop gekauft und heruntergeladen werden können, sind elterliche Vorgaben und Kontrollen unumgänglich. Zu diesem Zweck bietet Nintendo die App Nintendo Switch-Altersbeschränkung, die für iOS und Android verfügbar ist. Mit der App können Eltern unter anderem die tägliche Spieldauer oder Spielzeiten für einzelne Tage festlegen und Obergrenzen definieren, die nach Erreichen der vereinbarten Spielzeit eine automatische Sperrung des Geräts nach sich ziehen. Außerdem erhalten Eltern in einer monatlichen Übersicht Einblick in das Spielverhalten der Mädchen und Jungen. Über die Eingabe von Altersfreigaben können zudem Spiele wie Doom für Minderjährige gesperrt werden. Ebenso ist es möglich, die Onlinekommunikation oder den Zugang zum Shop zu unterbinden.
Natürlich sollte Eltern klar sein, dass solche technischen Hilfsmittel zur Medienerziehung nur unterstützende Funktion haben, viel wichtiger sind familiäre Kommunikation und ein stabiles Vertrauensverhältnis zu den Kindern. Wenn aber Grenzen gezogen werden müssen, weil sich nicht an Absprachen gehalten und/oder andere Aktivitäten vernachlässigt werden, kann die App durchaus gute Dienste leisten. Für manche Eltern mag es ein Ärgernis sein, für Jugendschutzmaßnahmen extra eine App installieren zu müssen, für andere gehört die Nutzung von Apps zum Alltag. Positiv anzumerken ist, dass Sinn und Funktion der App zur Altersbeschränkung mit einem unterhaltsamen Video erklärt werden. Somit ist die Schwelle, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sehr niedrig gehalten. Ebenfalls kann bei der App noch vor dem eigentlichen Start die Datenübertragung unterbunden werden, was in Zeiten hemmungsloser Datensammelwut von Geräteherstellern und Diensteabietern ebenfalls positiv zu vermerken ist.
Fazit:
Die Nintendo Switch setzt vor allem auf unkomplizierten (Multiplayer-)Spielspaß und ist in der Handhabung und den Spielmöglichkeiten sehr variabel – und damit auch und gerade für Kinder ab dem Grundschulalter attraktiv. Negativ zu Buche schlagen die hohen Preise, vor allem für Spiele und Zubehör. Wenn für Umsetzungen älterer Spiele wie Skyrim (aus dem Jahr 2011) noch um die 60 Euro veranschlagt werden, trübt das den Spielspaß durchaus. Die Verkaufszahlen scheinen dem Hersteller recht zu geben, über zehn Millionen Einheiten wurden noch vor Weihnachten gemeldet. Ob die Konsole in Familien mit spielebegeisterten Kindern einen Platz findet, müssen Eltern abwägen. Die attraktiven Spiele können durchaus Sogwirkung haben, gerade Jungen ab dem Grundschulalter fühlen sich oft magisch von den ‚Daddelkisten‘ angezogen. Die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern, Freundinnen und Freunden oder Verwandten zu spielen, eröffnet zumindest viele Ansatzpunkte für soziales Miteinander und gemeinsamen Spaß. Im Vergleich zu anderen Produkten wie Xbox oder Playstation, die mit den meisten Blockbustern auf ein erwachsenes Publikum abzielen, kann die Nintendo Switch aus pädagogischer Sicht jedenfalls durchaus punkten.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Michael Gurt
Beitrag als PDFEinzelansichtNicole Lohfink: Schule und Spiel – mehr als reine Wissensvermittlung
Die öffentliche Schule Quest to learn in New York City ist eine Modell-Schule, die in ihren Lehrmethoden auf spielbasiertes Lernen, Game Design und den Game Design Prozess setzt. In Zusammenarbeit von Erzieherinnen und Erziehern sowie Spielbegriff-Theoretikerinnen und -Theoretikern hat die Schule sukzessive ein Modell für jede Jahrgangstufe entwickelt, sodass nun von der sechsten bis zur zwölften Klasse in einem innovativen Lehr- und Lernansatz gearbeitet wird. Nicole Lohfink im Gespräch mit Rachelle Vallon, die die Entwicklung der Schule beinahe von Anfang an mitgestaltet hat.
merz: How do you define playfulness nowadays?
Vallon: I think there are different kinds of play. There isn’t just play in the form of a game. When you think about a game, it is usually a structure that has rules, a space, and some sort of organized system. Board or computer games are specific games with specific systems, certain rules. But play can also exist outside of a game. For example, an activity or an exercise has elements of a game. One thing we notice in a game is: The goal is always very clear. Or, students are always getting feedback. For example, when teachers create a lesson they create a narrative, an imaginary story line for the students to follow, especially for the younger students. That gives them a reason; they feel like they should learn the material. So it almost feels like a game: Maybe there are these fantastic creatures that need help building houses, and students need to learn about measurements in order to help these creative creatures to build their houses. In that way, they are not opening an iPad or Laptop to play a game about geometry or measurement. They are in fact engaged in something that is playful and creative through this narrative. Sometimes, we have students create a project of some sort that is hands on and they go through the design process. The design process we like to teach is used to create games but you can also use it to create a project or to find a way to express a different idea.
merz: So what do you think is the attraction of playfulness or this kind of playful learning?
Vallon: I think the biggest attraction is something that at our school we call ‘need to know’. That is one of the outcomes in the research that was done: Those scientists looked at games and wanted to know, why kids are always exited in games. Why, if they don’t succeed at first, do they always keep trying? Even if they fail twice, four times, six times. But in school, when they don’t succeed in math or writing, they don’t want to go back; they are scared or bored. And the answer is: It’s about those elements of a game! Knowing what the goal is in a game makes them want to go back. They want to complete the game or even be the winner. You always get immediate feedback and you are usually put into some sort of role. If you are playing monopoly you are asked to become a real estate mogul. Those are some of the things they realized kept students engaged and wanting to go back even if they didn’t succeed. Instead of putting students in a classroom and say: Okay, class. Turn to page 25, we are going to learn about algebra or graphs or American history. That might turn them off or make them fearful. When you make them a game-setting and incorporate those elements of having a clear goal, putting them in a role and that creative narrative – it makes it fun and gives them that need to know. Then, instead of just learning about geometry, they learn about geometry because they have to solve that mission. So it is about finding different ways to engage students, which is really building their perseverance. In fact, as a result they start to use the same habits of not wanting to give up in other lessons, not just in games.
merz: Regarding this sort of knowledge: “I know what have I done wrong in a game so I come back and know immediately what I have to do differently”. Isn't that also already giving a solution beforehand - like `this is how you have to behave in order to achieve´?
Vallon: Well, yes and no. I think in traditional schools sometimes they have one unit and that unit might be two to three months long. Let’s say they are studying literature: They might read one book for a couple of weeks, then they have an assessment test or a writing piece. And maybe that won’t be until a week from now, two weeks from now. But in a game, when you are playing, you are always getting feedback. Every single time you fail or every single time you move on to the next level. And usually, when you think about video games specifically, you need to use the skills that you learned in the previous level, to succeed in the next level. So nothing is done in isolation. Those are the aspects that move into the classrooms. Instead of just relaying, we do give tests along the way, every other day, maybe in the form of a game or an activity. This way you can always check in on every student to see: did they actually understand what I taught today or this week? And it also creates an environment for the students where they are not hesitant or fearful. Testing is a skill in itself that not everyone is good at. So when the assessment is not only a test but in a game or project maybe a student who does not well sitting and writing a test can do well in creating a project. So it is also providing multiple forms for students to show they actually learned what they were supposed to learn. That information will help to figure out how the teacher needs to proceed.
merz: What is the most prominent difference between Quest to learn and a classical school?
Vallon: The biggest difference is the mode of delivery of the instruction and the curriculum being developed from scratch. Also the narrative, the storyline is very unique, specifically for our school. Parents always ask if their child will be learning the same things as every other student in New York City. The answer is, of course, yes. We have to make sure of it! We have standards that every child has to master by the end of each grade. And when the teachers are creating their curriculum, the main difference from most other schools is, our teachers create their curriculum completely on their own from scratch, first based on the standards to make sure the students are learning what they should be learning. But then they go back and see where it’s useful to put in a game or a game-like activity. But every student has different strengths and weaknesses, every group of students is dissimilar, every year, over and over again. The great thing about creating your own curriculum is that you can change it year by year based on the precise skills. Teachers are completely responsible and have autonomy over their curriculum. Also, it is the most beneficial for incorporating games and game-like activities.
merz: But you can’t possibly create a personalized curriculum for each student, so you have to find something that is working for the majority?
Vallon: I will use one teacher as an example. Her curriculum is pretty set, she has been using the same story line and some of the same games - she had told me about one activity where the students start to identify positive traits about themselves. After they identify those positive traits they go on to the computer and use a program that creates comics and they create their own Superhero, an animated version of themselves. There are many steps to this larger project. The purpose is to empower themselves and they will then use this superhero to create a comic book about bullying and that way learn how to solve conflicts and that. She usually creates this comic book every year. This past year she said to me: I realized that this particular group of students struggled with the comic books. So she had to modify. Even if it is something as small as the amount of time she gives them to complete the comic book. But those are the little changes. Maybe it is not about changing the curriculum completely, but about the flexibility, to being able to see, day to day, week to week, what is working and what not. And there are also certain other things that we do. For example the homework requirements that the students get over their summer vacation. The teachers will use that to get some information on the student’s abilities, to see if there is anything they might need to change in their curriculum for the school year coming up. Teachers are completely responsible and have autonomy over all their curriculum.
merz: Is there any sort of supervision, for example, anything that helps teachers whilst struggling with the adjustment of a curriculum or whilst being creative throughout the year with the same time and energy?
Vallon: When the school was created, there was a smaller organization at the education department, called New visions for public schools, that heard about the Institute of Play and their research. Those two organizations created our school. So the philosophy is a really important part and we try to make sure we always maintain those standards. The first part is the hiring as the school is not the right fit for every student and might also not be the right fit for every teacher. We therefore want to make sure that the teachers know what the model is and if they are really interested in creating the curriculum themselves with additional support. And once they come in, we have various types of support. We have mentors to help them during the process of creating their curriculum. We have one teacher who serves as a curriculum developer, so they spend half of their schedule meeting with teachers, checking in on their curriculum, seeing what is working and what is maybe a little too overboard. Creating a good curriculum requires team work, input from other people. And our supervisors also make sure, the curriculums are holding to the game-based learning.
merz: But with every great idea, every system, some things work better and others less good. Where do you see areas of improvement?
Vallon: One thing we had to learn is how this model translates into the upper, the high school grades. Because in New York we have state examinations that students need to receive their diploma and go to college. And a lot of the high school courses are aligned to prepare them for these examinations. At the beginning, some of our teachers struggled in how to incorporate games and game-like activities under the pressure to make sure the students are prepared for these examinations. And that is definitely still going on, we always have to work on that. The model is the same but looks very different in the upper grades. For example, in the upper grade they have what is called problem set. Instead of helping a group of imaginary creatures build a house they might be working on global warming, hunger, or current issues in the world as those are more appropriate for their age-level. In a high school math class a teacher does a project based on the game-show ‘Shark Tank’ where they have to create their own Food-Trucks and use the math they learned about graphs and equations to create business portfolios. So I, for example, always advice our teachers and educators regarding to incorporate games or game-based learning: think about the audience, the age group of the students, the main learning goal and the most appropriate vehicle to get that accomplished.
merz: In what way are there any digital games involved in those vehicles?
Vallon: That was one misconception when we first opened the school. A lot of people had this understanding that we were a video-game school. We used to have students, who were interested in our school as they thought they would sit in front of a video game the whole day and magically learn math, science and English. When you look at the data-base of games, I would say, there are some digitally, but 85 percent of all the games we have are analog or paper-based games. Just a couple of games are on the iPad. For example, we use Minecraft a lot in art or math classes. We have one teacher who is very successfully teaching about slopes and incline by having the students create roller coasters on Minecraft. They have to create a video-game-walk through it and explain mathematically all the slopes in their roller coaster. Students participate in a huge design challenge at the end of the first term and the end of the year. Or, the students in sixth grade have to create a Rube-Goldberg-Machine. This way they learn about prototyping, about showing empathy, giving feedback and so forth. But we have a lot of technologies: computers, iPads, video game systems – but our biggest philosophy is their meaning and purpose!
merz: Media is still often perceived as dubious. Throughout time, each new development – books in medieval times, video in the 80s and nowadays computer games – has been perceived as a threat and sometimes people frown at the use of it in school. What do you think about that?
Vallon: It is a matter of fact that technology exists in today’s society. We like to say that our kids are born with iPads and cellphones in their hands – unlike us. This makes it all more important to teach students the appropriate usage of those devices as we need to look at students holistically. This starts by teaching them how to write a proper e-mail, or when to use or not to use your phone. All those things are thought directly and indirectly at our school. There is a lot of research showing that this is really becoming important to colleges and to employers - looking for individuals who can solve complex problems, who can think outside of the box, who can think critically. Who can work with others. And games and game design does that so well, even if you are not directly teaching it, it happens when you are playing a game that is collaborative and you are in a classroom environment. Not many of our games have a winning element where one person has to win over the other one. A collaborative game is teaching kids: I need to learn how to work with this individual, in order to succeed as a team, to be able to hear this other person’s ideas but I also have ideas that I can contribute. I need to learn time management, to learn organization.
merz: Children are also involved in game-design?
Vallon: In three ways: The first is direct game-design. We have a class specific to our school, called ‘Sports for the mind’ and it is a media, arts and game design class - probably the class where there is the most direct game play and game-design happening. The younger kids maybe will start at the beginning of the school year with learning how to modify games. We go through game modification, through the play-testing process and how to play test games, how to provide constructive feedback. They go through a game and the kids learn a game usually has a space, has rules etc. Once they learn about that they learn about modification. What will happen if we maybe change one rule. Then they are given the opportunity to do that with something as simple as tic-tac-toe. They are given an assignment to create their own version of tic-tac-toe. Then eventually that will level up a little bit. In some of the other classes the teacher will allow students to design their own games around the curriculum they are learning. With a health teacher, the students were learning about the negative effects of tobacco and alcohol use. And they have to create board-games about it. Then there is using the design process in general: we have a special component of our school, called boss level. Similar to a video game when it is usually the final round where you have to beat the boss and you have to use everything you learned in the game to complete this really tough mission. So with boss-level students participate in a huge design challenge at the end of the first term and the end of the year. The sixth grade students have to create a Rube-Goldberg-Machine. This way the students learn about prototyping, about showing empathy, giving feedback etc. The third way is: occasionally students participate in a focus group and they play-test certain games and provide feedback on how to develop certain games, or improve or modify games that devel
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Nicole Lohfink
Beitrag als PDFEinzelansicht
publikationen
Saskia Eilers: Kompakte Darstellung eines komplexen Systems
Seufert, Wolfgang/Gundlach, Hardy (2017). Medienregulierung in Deutschland. Ziele, Konzepte, Maßnahmen. Handbuch für Wissenschaft und Studium. 2. aktual. Aufl. Baden-Baden: Nomos. 457 S., 58,00 €.
Die soziale Umwelt beeinflusst unsere Wahrnehmung und Entscheidungen. In kommunikativen Prozessen erhalten wir als Individuen Orientierung in der Welt. Massenmedien ersetzen heutzutage oftmals die direkte persönliche Erfahrung und besitzen einen großen Einfluss auf das gesellschaftliche Denken und Handeln. Durch irreführende Inhalte können Massenmedien jedoch auch die Gefahr der gesellschaftlichen und persönlichen Desorientierung bergen, welches die Notwendigkeit ihrer Regulierung verdeutlicht. Dabei steht die Regulierung vor dem zentralen Konflikt der Gewährleistung von Meinungsvielfalt und dem Schutz vor schädlichen Inhalten.
Die Vielfalt an Hintergründen und Interessengruppen führt zu einer vielschichtigen Struktur aus Verantwortlichkeiten, Zielen und Maßnahmen. Während massenmediale Kommunikate allgegenwärtig sind, bleibt das komplexe System der Medienregulierung im Verborgenen und ist für Laien oftmals nicht einsichtig. Viele Lehrbücher fokussieren Teilaspekte dieser Regulierung. Das Handbuch Medienregulierung in Deutschland hingegen zielt darauf ab, seinen Leserinnen und Lesern eine verständliche und umfassende Übersicht über das komplexe System der Medienregulierung zu vermitteln.Das Lehrbuch gliedert sich in zwei Bereiche. Der erste Teil widmet sich den Regulierungszielen und -konzepten. Die zugrunde liegenden Leitbilder werden in ihren Grundzügen erklärt. Dabei werden kommunikationspolitische, wettbewerbspolitische und industriepolitische Ziele differenziert. Es erfolgt eine Erklärung zentraler Begriffe des Mediensystems, der Medienpolitik und der Medienregulierung. Die Konzepte der Ko-Regulierung und der freiwilligen Selbstregulierung werden aufgegriffen, dabei wird auf ihre Hintergründe, Vorteile und Zielkonflikte eingegangen.
Der erste Teil der Publikation enthält außerdem eine grundsätzliche Debatte über die Frage, inwieweit der Staat in der Lage ist, adäquate Regulierungsziele zu formulieren und durchzusetzen. Das Spannungsfeld zwischen den kommunikationspolitischen und wirtschaftspolitischen Zielsystemen wird umrissen, wobei die zentralen Konfliktebenen eine kurze Erläuterung erfahren. Es werden unter anderem wichtige Aspekte wie gesellschaftliche Normen, Wertepluralismus und Medienwirkungshypothesen den Motiven der Marktmacht und Branchenförderung gegenübergestellt. Auch werden methodische Ansätze thematisiert, welche der Messung publizistischer Qualität dienen.
Der zweite Teil der Publikation beinhaltet eine Darstellung des gegenwärtigen Regulierungsrahmens. Den Leserinnen und Lesern wird ein Überblick über die Regulierungsinstrumente gegeben, die sich in rechtliche Grundlagen, relevante Institutionen und finanzielle Anreizsysteme für Medienunternehmen unterteilen. Da das deutsche Medienregulierungssystem eine vertikale Regulierung vorsieht, werden die verschiedenen Mediengattungen – Presse, Trägermedien, Rundfunk, Telemedien sowie Übertragungsnetzwerke – in getrennten Kapiteln behandelt. Für jede Mediengattung werden Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen, gesetzliche Bestimmungen sowie die jeweilige Regulierungsinstitution hervorgehoben. Daneben beinhaltet das Lehrbuch eine kompakte Erläuterung der medienübergreifenden Regulierung im Rahmen des Wirtschaftsrechts. Hier wird ebenfalls in getrennten Kapiteln auf die Regulierung des ökonomischen Wettbewerbs, der Werbeinhalte, des Datenschutzes sowie der Regulierung des geistigen Eigentums eingegangen.
Ein abschließendes Kapitel wirft einen Blick auf die zukünftigen Perspektiven der Medienregulierung in Deutschland. Hier arbeiten die Autoren relevante Aspekte für einen Änderungsbedarf heraus, die sich sowohl auf die dargestellte Inkohärenz der verschiedenen Zielsysteme als auch auf die technischen Veränderungen durch die Digitalisierung beziehen. Außerdem werden vier Grundsatzfragen für die Ausgestaltung eines zukünftigen Medienregulierungssystems in Deutschland vorgestellt und die Leserinnen und Leser dazu angeregt, eine eigene Position zu entwickeln.Das Lehrbuch Medienregulierung in Deutschland bietet einen kompakten und verständlichen Überblick über das Medienregulierungssystem. Die komplexen Inhalte werden durch die Hervorhebung zentraler Aspekte in Schaubildern vereinfacht dargestellt. Infokästen enthalten zudem wichtige Definitionen. Am jeweiligen Kapitelende lassen sich ein kurzes Fazit, Übungsfragen sowie weiterführende Literatur finden, welche den Lerneffekt erhöhen können. Die Erklärungstexte decken eine Vielzahl einzelner Aspekte der Medienregulierung ab. Sowohl mediengattungsspezifische Regulierungsmaßnahmen als auch medienübergreifende Regulierungsthemen werden beschrieben und zueinander in Beziehung gesetzt. Dies gewährt den Leserinnen und Lesern einen umfassenden Einblick in die Thematik.
Aus medienpädagogischer Perspektive erfährt der Jugendmedienschutz keine gezielte Hervorhebung. Zwar werden die diesbezüglichen Ziele, Normen und Institutionen in unterschiedlichen Kapiteln erläutert, sodass die Leserinnen und Leser die notwendigen Informationen erhalten, jedoch wäre hier eine umfassende Darstellung in einem gesonderten Kapitel wünschenswert gewesen. Die detaillierte und logisch aufgebaute Struktur der Ober- und Unterkapitel erleichtert wiederum die Orientierung und spezifische Suche nach konkreten Aspekten. Neben den sachlichen Erklärungstexten vereinen die Autoren differenzierte Einblicke aus unterschiedlichen Standpunkten des Mediensystems, die sie gleichzeitig beurteilen und einordnen. Somit werden die Informationen zu unterschiedlichen Teilbereichen zusätzlich im Hinblick auf ihre Wirkweisen und ihren Nutzen im Gesamtkontext des Medienregulierungssystems verortet. Durch die Verknüpfung der Darstellung von aktuellen Regulierungsmaßnahmen und der Erklärung zugrundeliegender Ziele und Konzepte, mitsamt der Autorenkommentare in den Zwischenfazits, bietet das Buch einen umfassenden und differenzierten Einblick.
Gegenüber anderen Lehrbüchern zu diesem Thema, die sich meist ausschließlich auf Teilaspekte der gegenwärtigen Regulierungssituation beschränken, besitzt dieses einen Mehrwert, da ebenfalls die geschichtlichen und motivationalen Hintergründe der aktuellen Regulierungsmaßnahmen miteinbezogen werden. Die Lektüre richtet sich insbesondere an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie an Studierende einschlägiger Fachrichtungen wie der Medien- oder Kommunikationswissenschaft. Die Autoren verzichten auf detaillierte rechtliche Analysen, sodass juristische Vorkenntnisse zum Verständnis der Texte nicht benötigt werden. Somit eignet sich das Lehrbuch auch bestens als Einstiegswerk.
Die soziale Umwelt beeinflusst unsere Wahrnehmung und Entscheidungen. In kommunikativen Prozessen erhalten wir als Individuen Orientierung in der Welt. Massenmedien ersetzen heutzutage oftmals die direkte persönliche Erfahrung und besitzen einen großen Einfluss auf das gesellschaftliche Denken und Handeln. Durch irreführende Inhalte können Massenmedien jedoch auch die Gefahr der gesellschaftlichen und persönlichen Desorientierung bergen, welches die Notwendigkeit ihrer Regulierung verdeutlicht. Dabei steht die Regulierung vor dem zentralen Konflikt der Gewährleistung von Meinungsvielfalt und dem Schutz vor schädlichen Inhalten. Die Vielfalt an Hintergründen und Interessengruppen führt zu einer vielschichtigen Struktur aus Verantwortlichkeiten, Zielen und Maßnahmen. Während massenmediale Kommunikate allgegenwärtig sind, bleibt das komplexe System der Medienregulierung im Verborgenen und ist für Laien oftmals nicht einsichtig.
Viele Lehrbücher fokussieren Teilaspekte dieser Regulierung. Das Handbuch Medienregulierung in Deutschland hingegen zielt darauf ab, seinen Leserinnen und Lesern eine verständliche und umfassende Übersicht über das komplexe System der Medienregulierung zu vermitteln.Das Lehrbuch gliedert sich in zwei Bereiche. Der erste Teil widmet sich den Regulierungszielen und -konzepten. Die zugrunde liegenden Leitbilder werden in ihren Grundzügen erklärt. Dabei werden kommunikationspolitische, wettbewerbspolitische und industriepolitische Ziele differenziert. Es erfolgt eine Erklärung zentraler Begriffe des Mediensystems, der Medienpolitik und der Medienregulierung. Die Konzepte der Ko-Regulierung und der freiwilligen Selbstregulierung werden aufgegriffen, dabei wird auf ihre Hintergründe, Vorteile und Zielkonflikte eingegangen. Der erste Teil der Publikation enthält außerdem eine grundsätzliche Debatte über die Frage, inwieweit der Staat in der Lage ist, adäquate Regulierungsziele zu formulieren und durchzusetzen. Das Spannungsfeld zwischen den kommunikationspolitischen und wirtschaftspolitischen Zielsystemen wird umrissen, wobei die zentralen Konfliktebenen eine kurze Erläuterung erfahren. Es werden unter anderem wichtige Aspekte wie gesellschaftliche Normen, Wertepluralismus und Medienwirkungshypothesen den Motiven der Marktmacht und Branchenförderung gegenübergestellt. Auch werden methodische Ansätze thematisiert, welche der Messung publizistischer Qualität dienen.
Der zweite Teil der Publikation beinhaltet eine Darstellung des gegenwärtigen Regulierungsrahmens. Den Leserinnen und Lesern wird ein Überblick über die Regulierungsinstrumente gegeben, die sich in rechtliche Grundlagen, relevante Institutionen und finanzielle Anreizsysteme für Medienunternehmen unterteilen. Da das deutsche Medienregulierungssystem eine vertikale Regulierung vorsieht, werden die verschiedenen Mediengattungen – Presse, Trägermedien, Rundfunk, Telemedien sowie Übertragungsnetzwerke – in getrennten Kapiteln behandelt. Für jede Mediengattung werden Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen, gesetzliche Bestimmungen sowie die jeweilige Regulierungsinstitution hervorgehoben. Daneben beinhaltet das Lehrbuch eine kompakte Erläuterung der medienübergreifenden Regulierung im Rahmen des Wirtschaftsrechts. Hier wird ebenfalls in getrennten Kapiteln auf die Regulierung des ökonomischen Wettbewerbs, der Werbeinhalte, des Datenschutzes sowie der Regulierung des geistigen Eigentums eingegangen.
Ein abschließendes Kapitel wirft einen Blick auf die zukünftigen Perspektiven der Medienregulierung in Deutschland. Hier arbeiten die Autoren relevante Aspekte für einen Änderungsbedarf heraus, die sich sowohl auf die dargestellte Inkohärenz der verschiedenen Zielsysteme als auch auf die technischen Veränderungen durch die Digitalisierung beziehen. Außerdem werden vier Grundsatzfragen für die Ausgestaltung eines zukünftigen Medienregulierungssystems in Deutschland vorgestellt und die Leserinnen und Leser dazu angeregt, eine eigene Position zu entwickeln.Das Lehrbuch Medienregulierung in Deutschland bietet einen kompakten und verständlichen Überblick über das Medienregulierungssystem. Die komplexen Inhalte werden durch die Hervorhebung zentraler Aspekte in Schaubildern vereinfacht dargestellt. Infokästen enthalten zudem wichtige Definitionen.
Am jeweiligen Kapitelende lassen sich ein kurzes Fazit, Übungsfragen sowie weiterführende Literatur finden, welche den Lerneffekt erhöhen können. Die Erklärungstexte decken eine Vielzahl einzelner Aspekte der Medienregulierung ab. Sowohl mediengattungsspezifische Regulierungsmaßnahmen als auch medienübergreifende Regulierungsthemen werden beschrieben und zueinander in Beziehung gesetzt. Dies gewährt den Leserinnen und Lesern einen umfassenden Einblick in die Thematik. Aus medienpädagogischer Perspektive erfährt der Jugendmedienschutz keine gezielte Hervorhebung. Zwar werden die diesbezüglichen Ziele, Normen und Institutionen in unterschiedlichen Kapiteln erläutert, sodass die Leserinnen und Leser die notwendigen Informationen erhalten, jedoch wäre hier eine umfassende Darstellung in einem gesonderten Kapitel wünschenswert gewesen. Die detaillierte und logisch aufgebaute Struktur der Ober- und Unterkapitel erleichtert wiederum die Orientierung und spezifische Suche nach konkreten Aspekten. Neben den sachlichen Erklärungstexten vereinen die Autoren differenzierte Einblicke aus unterschiedlichen Standpunkten des Mediensystems, die sie gleichzeitig beurteilen und einordnen. Somit werden die Informationen zu unterschiedlichen Teilbereichen zusätzlich im Hinblick auf ihre Wirkweisen und ihren Nutzen im Gesamtkontext des Medienregulierungssystems verortet.
Durch die Verknüpfung der Darstellung von aktuellen Regulierungsmaßnahmen und der Erklärung zugrundeliegender Ziele und Konzepte, mitsamt der Autorenkommentare in den Zwischenfazits, bietet das Buch einen umfassenden und differenzierten Einblick. Gegenüber anderen Lehrbüchern zu diesem Thema, die sich meist ausschließlich auf Teilaspekte der gegenwärtigen Regulierungssituation beschränken, besitzt dieses einen Mehrwert, da ebenfalls die geschichtlichen und motivationalen Hintergründe der aktuellen Regulierungsmaßnahmen miteinbezogen werden. Die Lektüre richtet sich insbesondere an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie an Studierende einschlägiger Fachrichtungen wie der Medien- oder Kommunikationswissenschaft. Die Autoren verzichten auf detaillierte rechtliche Analysen, sodass juristische Vorkenntnisse zum Verständnis der Texte nicht benötigt werden. Somit eignet sich das Lehrbuch auch bestens als Einstiegswerk.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Saskia Eilers
Beitrag als PDFEinzelansichtJöran Muuß-Merholz: Kreativität lernen durch Projects, Passion, Peers und Play
Resnik, Mitchel (2017). Lifelong Kindergarten. Cultivating Creativity through Projects, Passion, Peers, and Play. Cambridge: The MIT Press. 191 S., 19,92 €.
Kreativität ist neben kritischem Denken, Kommunikation und Kollaboration eines der 4K-Skills. Die 4Ks erfahren auch in Deutschland zunehmend Aufmerksamkeit, wenn es um Ergänzungen der klassischen Wissensdomänen als Lernziele geht. Konkrete Beschreibungen, wie Kreativität gelernt wird, auch und gerade jenseits von musischen Bereichen, sind jedoch selten. Mit dem Buch Lifelong Kindergarten: Cultivating Creativity Through Projects, Passion, Peers, and Play bringt Mitchel Resnick jetzt ein medienpädagogisches Licht in dieses unterbeleuchtete Feld.
Der Erfinder von LEGO Mindstorms und Scratch
Mitchel Resnick leitet am MIT Media Lab die Arbeitsgruppe Lifelong Kindergarten. Er gehört zu den Erfindern des Robotik-Sets LEGO Mindstorms sowie der Programmsprache Scratch. Beide Angebote gehören zum Standardrepertoire in Schulen und medienpädagogischen Projekten. Was manche nicht wissen: Gerade bei Scratch hat sich eine globale Community entwickelt, die ihre Ergebnisse und Erfahrungen online teilt. Resnick ist außerdem Gründer der Computer Clubhouses, einem Netzwerk von Jugendhäusern, das Nachmittagsangebote insbesondere in weniger privilegierte Stadtteile bringt. Jetzt hat Mitch Resnick ein Buch geschrieben: Das ist außergewöhnlich, denn gleichwohl Resnick sehr umtriebig, produktiv und kreativ ist: Bücher von ihm sind bisher seltene Ausnahmen. In Lifelong Kindergarten fasst Resnick die Prinzipien seiner Arbeit zusammen.
4 Ps – „Give P’s a Chance“
Das Buch umfasst sechs Kapitel, wobei Kapitel 1 und 6 eine Klammer bilden und in 2 bis 5 je ein‘P’ bearbeitet wird:- ‘P’ wie in ‘Projects’: Lernen durch die Arbeit in und an Projekten- ‘P’ wie in ‘Passion’: personalisiertes Lernen im Sinne von ‚an Dingen arbeiten, die für Lernende persönlich bedeutsam sind‘- ‘P’ wie in ‘Peers’: Lernen miteinander und voneinander, durch Kollaboration, Offenheit, Sharing und Feedback- ‘P’ wie in ‘Play’: Lernen mit einem experimentierenden Zugang, mit ‘Tinkering’ als leitende MetapherIm ersten Kapitel wird ‘Creative Learning’ eingeführt – was darunter fällt, warum es wichtig ist und wie es funktioniert. Das sechsten Kapitel heißt ‘Creative Society’ und umfasst gleich drei Listen mit Tipps: 10 Tipps für Lernende, 10 Tipps für Eltern und Lehrkräfte, 10 Tipps für Designerinnen und Designer sowie Entwicklerinnen und Entwickler. Der Abschlussabschnitt “The path towards lifelong kindergarten“ bleibt mit knapp drei Seiten dünn.
Gegen-Gegenargumente
Gerade für Leserinnen und Leser, die mit den Grundprinzipien von Resnicks Arbeit vertraut sind, dürften die “Tensions and Trade-Offs“-Abschnitte zu den Highlights der Publikation gehören. In den Kapiteln 1 bis 5 gibt es jeweils einen solchen Abschnitt, in dem Resnick die häufigsten Kritikpunkte bearbeitet, die seiner Arbeit immer wieder entgegnet werden. Da geht es um den Kampf zwischen Technologieenthusiasmus versus Technologiephobie, um Wissenserwerb, um den Grad von Strukturierung beim Lernprozess, um die Rolle von fachlicher und methodischer Expertise und um Messbarkeit und Prüfbarkeit. Resnick nimmt solche Bedenken ernst und liefert hilfreiche Argumentationen, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
4 Ks – (Nicht nur) Kreativität lernen
Obwohl Resnick die 4 Ks – neben Kreativität: kritisches Denken, Kommunikation, Kollaboration – nicht explizit aufgreift, macht das Buch doch deutlich, wie eng die 4 Ks untereinander verwoben sind. Bei Resnick ist Kreativität insbesondere untrennbar mit Kommunikation und Kollaboration verbunden (Peers, Sharing). Dabei wird an zahlreichen Beispielen deutlich, dass sich die 4 Ks nicht im luftleeren Raum entwickeln, sondern immer anhand von konkreten Themen und Wissensfeldern.
Kompakt und unakademisch
Resnick präsentiert seine Erfahrungen und Erkenntnisse kompakt und unakademisch. Das ist spannend und illustrativ. Die Lektüre lohnt sich auch für Menschen, die Resnicks Projekte schon kennen, aber den Stellenwert von übergreifenden Zielsetzungen, wie das Lernen von Kreativität in medienpädagogischen Projekten, differenzierter verstehen und einordnen wollen. Ein Höhepunkt sind seine Auseinandersetzungen mit kritischen Argumenten gegen die Gegenargumente, die in medienpädagogischen Diskussionen immer wieder auftauchen.Die Kompaktheit des Buches geht auf Kosten der Breite. Resnick bleibt in seiner eigenen Welt. Es geht durchgängig um LOGO, LEGO, LEGO Mindstorms, Scratch, Computer Clubhouse und die Arbeit in Resnicks Arbeitsgruppe Lifelong Kindergarten am MIT Media Lab. Beispielsweise wird Minecraft nur in einem einzigen Absatz abgehandelt.
Es ist nachvollziehbar, dass Resnick seine Erfahrungen aus seinen eigenen Projekten zieht. Allerdings täte ein gelegentlicher Blick über den Tellerrand der Publikation gut. Resnick endet bei der Frage, wie sich seine Prinzipien ‚lifelong‘, also auch in Kontexten wie Schule, Hochschule oder berufliche Weiterbildung anwenden lassen. Der Buchtitel Lifelong Kindergarten suggeriert, dass Resnick zumindest skizziert, wie die Förderung von kreativem Denken außerhalb seiner eigenen Welt aussehen kann. Im letzten Kapitel schließlich gibt es zwar gleich 3 x 10 Tipps für die eigene Arbeit.
Die helfen aber nur bedingt, denn, wie Resnick in einer Randbemerkung feststellt: Das Lernen an Projekten ist nicht mit der Taktung von Stunden oder Doppelstunden von Schulunterricht vereinbar. Andere Bildungsbereiche werden gar nicht erst angesprochen. Diejenigen Leserinnen und Leser, die nicht in der Lage sind, ihre medienpädagogische Arbeit mit ausreichend Projektzeit und ohne formale Einschränkungen wie Benotung und Einzelarbeit durchführen zu können, werden hier nicht fündig. Erst auf den letzten drei Seiten des Buchs spricht Resnick es aus: “To meet the needs of a creative society, we need to break down many structural barriers in the educational system.“ Und: “[This] will require a shift in the ways people think about education and learning.” Resnicks Buch kann ein hilfreicher Baustein sein, um diesen shift voranzutreiben.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Jöran Muuß-Merholz
Beitrag als PDFEinzelansichtEder, Sabine/Mikat, Claudia/Tillmann, Angela (Hrsg.) (2017). Software takes command. Herausforderungen der „Datafizierung“ für die Medienpädagogik in Theorie und Praxis. München: kopaed. 237 S., 16,00 €.
Das Alltags- und speziell das Onlineleben werden durch digitale Berechnungsverfahren deutlich erleichtert. Für eine smarte und individuell abgestimmte Internetnutzung muss allerdings eine Fülle an Daten preisgegeben werden. Dabei stellt sich zunehmend die Frage nach einer informationellen Selbstbestimmung in der digitalisierten Gesellschaft.Der Sammelband Software takes command begibt sich in das Spannungsfeld der Chancen und Risiken von Datafizierung hinein und wirft einen Blick auf die Konsequenzen für die Medienpädagogik. Die einzelnen Beiträge präsentieren theoretische Überlegungen sowie praktische Lösungsansätze. Unter Einbezug verschiedener Fachdisziplinen, wie Informatik, Recht und Soziologie, wird die zukünftige Bedeutung einer interdisziplinären Vernetzung der Medienpädagogik verdeutlicht. Die theoretischen Perspektiven beschäftigen sich unter anderem mit den Herausforderungen digitaler Datenerhebung für Bildungsprozesse, mit konkreten Potenzialen für den schulischen Bereich und Überlegungen einer Medienbildung 4.0. Die vorgestellten medienpädagogischen Methoden beinhalten praktische Arbeitsansätze für verschiedene Altersstufen, die sowohl befähigende als auch bewahrende Haltungen aufweisen und sich gezielt mit der informationellen Selbstbestimmung des Menschen auseinandersetzen. Zwei abschließende Beiträge zur Medienarbeit mit Geflüchteten eröffnen eine neue Themenrubrik innerhalb des Sammelbandes, der den Lesenden zwar gute Inhalte biete, aber keinen themenrelevanten Mehrwert.Die Publikation befasst sich mit einem hochaktuellen gesellschaftlichen Thema. Vor dem Hintergrund der interdisziplinären Multiperspektivität wird ein fundierter Überblick über die Potenziale und Gefahren der Datafizierung geboten. Durch die Verknüpfung von Theorie und Praxis ist der Band sowohl für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch für interessierte pädagogische Fachkräfte geeignet. Die Differenzierung von Altersstufen und verschiedenen Handlungsbereichen wie der Familie oder der schulischen und außerschulischen Jugendarbeit eröffnet ein breites Einsatzgebiet für die medienpädagogischen Methoden. se
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Saskia Eilers
Beitrag als PDFEinzelansichtHagendorff, Thilo (2017). Das Ende der Informationskontrolle. Zur Nutzung digitaler Medien jenseits von Privatheit und Datenschutz. Bielefeld: transcript. 264 S., 29,99 €.
Der zunehmende Verlust an Datenkontrolle kann als zentrale Eigenschaft der modernen Informationsgesellschaft angesehen werden. Heutige Endnutzende besitzen kaum einen Überblick über die Erhebung, Verarbeitung und Verbreitung ihrer personenbezogenen Daten. Eine Trennung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit scheint insbesondere im Social Web nicht mehr gewährleistet zu sein.
In Das Ende der Informationskontrolle geht Hagendorff der Frage nach, welche Strategien für einen zeitgemäßen Umgang mit dieser Problematik notwendig sind. Dabei werden keine neue Sicherheitskonzepte angestrebt, welche laut Autor auf dem realitätsfernen Anspruch der vollständigen Kontrolle durch Endnutzende fußen würden. Vielmehr wird sich auf die Loslösung von bestehenden Privatheitsvorstellungen konzentriert und eine Aufmerksamkeitsverschiebung hin zur Resilienz gegenüber dem Kontrollverlust angestrebt.
Zu Beginn präsentiert Hagendorff sein Verständnis von sozialen Umständen als Informationskontexte, wobei er die Unzuverlässigkeit bestehender Kontrollmethoden wie Privatsphäre-Einstellungen kritisiert. Der Schwerpunkt der Arbeit beinhaltet Analysen über eine wirksame Informationskontrolle sowie ein Drei-Ebenen-Modell für künftige Kontrollmöglichkeiten durch Hardware, Code und Benutzerschnittstelle. Die Publikation setzt an der Notwendigkeit eines neuen Paradigmas für Mediennutzung und -kompetenz an.
Den Leserinnen und Lesern werden unkonventionelle Denkanstöße und Mediennutzungsstrategien präsentiert, die als wertvoll und grenzüberschreitend zugleich gewertet werden können. Die theoretische Ausleuchtung der Problematiken unserer Informationsgesellschaft kann insbesondere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine neue Perspektive auf den Diskurs vermitteln. Für die medienpädagogische Praxis sind die Überlegungen druch ihre Abstraktheit jedoch nur schwer in konkret anwendbare Strategien übertragbar. se
Kampmann, Elisabeth/Schwering, Gregor (2017). Teaching Media. Medientheorie für die Schulpraxis. Grundlagen, Beispiele, Perspektiven. Bielefeld: transcript. 301 S., 24,99 €.
Medien haben eine immer größere Bedeutung im Alltag von Jugendlichen. Im internationalen Vergleich tun sich deutsche Lehrkräfte aber oft schwer, einen kompetenten Umgang mit Medien im Unterricht zu vermitteln. Teaching Media möchte diese Unsicherheiten aufgreifen, einen Überblick über die Entwicklung von Medien und deren Nutzung geben sowie verschiedene Medientheorien vorstellen.
Der Band beginnt mit einleitenden Überlegungen und der Untersuchung von Schnittstellen zwischen Medien und Bildung. Anschließend wird einzelnen Stationen der Mediengeschichte gewidmet – von der Redekunst über den Buchdruck und erste visuelle Medien bis hin zu den Massenmedien wie dem Fernsehen und dem Social Web. Dabei ist nicht nur die historische und technische Entwicklung von Bedeutung, sondern auch der damit einhergehende, oft kritische Diskurs in der Gesellschaft. Der zweite Schwerpunkt des Werks liegt auf der didaktischen Verarbeitung von Informationen im Unterricht. Hierbei werden die wichtigsten Thesen ausgewählter Medientheorien wie Marshall McLuhan sowie ausgewählte klassische Schriften wie Platons Phaidros kompakt vorgestellt und sowohl theoretisch als auch historisch eingeordnet.
Formulierte Arbeitsaufträge ermöglichen eine direkte Auseinandersetzung mit den Theorien sowie deren Diskussion im Unterricht der Sekundarstufe II. Teaching Media richtet sich insbesondere an (angehende) Lehrkräfte und möchte einen schulpraxisorientierten Umgang mit Medien vermitteln. Die didaktische Umsetzung fällt dabei allerdings etwas kurz aus und beschränkt sich auf altbekannte Formate wie Streitgespräche oder Schaubilder über (alte) Theorien. Entgegen der anfänglich geschürten Erwartung liegt der Schwerpunkt der Publikation zudem auf der Entwicklungsgeschichte einzelner Medien und lässt eine Auseinandersetzung mit aktuellen medienpädagogischen Herausforderungen oder gar der Förderung von Medienkompetenz im Unterricht vermissen.
kolumne
Klaus Lutz: Scannerkassen – Einkaufen 2.0
Zugegeben, ich bin im Herzen ein Leistungssportler. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die am Sonntagmorgen mal eine gemütliche Runde im Park joggen. Wenn ich die Joggingschuhe schnüre, ist auch immer die Uhr am Handgelenk, die mir Pulsfrequenz sowie Durchschnittstempo anzeigt und piept, wenn ich von meinem einprogrammierten Trainingsplan abweiche. Auch wenn ich mit meinem zweijährigen Sohn und seinem Laufrad zum Spielplatz unterwegs war, musste ich mich sehr zurückhalten, nicht jede Fahrt zu einem Wettrennen mit anschließender Siegerehrung im Sandkasten zu machen. Nun, da ich in die Jahre gekommen bin und meine Zeit als Fußballer und Marathonläufer der Vergangenheit angehört, gilt es, altersgerechte Herausforderungen zu suchen. Eine neue Challenge muss her.
Viele Sportmedizinerinnen und -mediziner raten, man solle sportliche Aktivitäten in den Alltag einbinden, weil man dann am zuverlässigsten zu seinen Trainingseinheiten komme. Alltagskompatibilität ist bei mir zu 100 Prozent gegeben, wenn es wieder einmal heißt: Ich gegen die Scannerkasse.Die ersten Scannerkassen in den Supermärkten waren noch ziemlich träge bei der Erfassung des Strichcodes – ein mehrmaliges Ziehen über die Glasscheibe war erforderlich, bis das erlösende Piepen ertönte. Oft mussten die Kassenkräfte nach mehreren Fehlversuchen den Zahlencode mit der Hand eintippen. Währenddessen hatte man genügend Zeit, die Waren auf das Band zu legen, mit der Kassenschlangennachbarin oder dem -nachbarn zu quatschen und die Waren vor dem Bezahlen in den Einkaufswagen zurückzulegen, Geldbeutel oder Kreditkarte zum Zahlen herauszunehmen und vielleicht auch noch das nötige Kleingeld zu suchen.
Diese Zeiten sind vorbei. Die neuen Hochgeschwindigkeitsscanner machen kaum noch Fehler. Die Kassenkräfte sind dermaßen versiert, dass sie ohne hinzusehen wissen, wo sich das Etikett zum Scannen befindet; manche beherrschen sogar das beidhändige Scannen! Also gilt es, als Sieger beim Wettscannen hervorzugehen. Die Regeln sind einfach: Sobald die Kassenkraft den ersten Artikel in die Hand nimmt, ist die Einkaufsware im leeren Einkaufswagen oder der ökologisch korrekten Mehrwegtasche zu versenken. Für einen Sieg darf sich nach dem letzten Scanvorgang kein Artikel mehr außerhalb des Wagens befinden. Nach anfänglichen Niederlagen wurde meine Technik immer ausgefeilter: Ware in der späteren Einpack-Reihenfolge auf das Band legen; die Strichcodes möglichst ungünstig platzieren, große Abstände zwischen den Waren lassen. Aber es nützte nichts. Wenn man am Samstag auf die absoluten Scan-Profis trifft – oft studentische Aushilfskräfte zwischen 20 und 25 Jahren, die wahrscheinlich auch versierte Computerspielende sind –, ist man meist zweiter Sieger.
Ich werde deshalb jetzt zu den Selbstscankassen wechseln. Hier kann ich wieder mein eigenes Tempo finden und als technischer Berater für Ungeübte agieren, praktisch ehrenamtlich als Medienpädagoge arbeiten. Aber es ist schon wieder eine neue Herausforderung in Sicht. Wie einst die erste Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth gefahren ist, nimmt wieder eine technische Innovation in Fürth ihren Anfang. Pepper ist da! Ein Einkaufsroboter, der die Kundschaft beraten soll, wo zum Beispiel bestimmte Waren zu finden sind. Wo andere das persönliche Erlebnis beim Einkaufen im Hofladen vorziehen, suche ich meine Herausforderungen doch lieber in der digitalen Welt. Nächste Woche werde ich Pepper besuchen. Bin gespannt, ob der Kerl bereit ist, sich einem Wettkampf um den schnellsten Weg zu den Posten meiner Einkaufsliste zu stellen. Einkaufen 4.0 – ich komme.
Beitrag aus Heft »2018/01 Jugend. Medien. Raum. Identität«
Autor: Klaus Lutz
Beitrag als PDFEinzelansicht
Ansprechperson
Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
kati.struckmeyer@jff.de
+49 89 68 989 120
Ausgabe bei kopaed bestellen
Zurück