2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht
„In der vernetzten Gesellschaft gibt es keine Diskretion – für niemanden", so untertitelt Kay Sokolowsky in der Konkret vom Dezember 2013 seinen Artikel Glasbürgerkunde. Ein globales Netz politischer und wirtschaftlicher Datensammelagenturen sorge dafür, dass jeder Mensch ausgespäht und vermarktet wird: „Was der BND nicht herausfindet, kann er bei Google erfragen; was der Otto-Versand nicht über uns weiß, verrät ihm das Einwohnermeldeamt; was die Bank besonders interessiert, findet sie bei Facebook." Was dann noch fehlt, steuern die Nutzerinnen und Nutzern der Medienwelt bereitwillig – mit oder ohne Wissen und Bewusstsein – selber bie: Sie „exhibitionieren sich nach Kräften – in sozialen Netzwerken und Weblogs, bei Twitter, Instagram oder Flickr. ... Die Nachrichtendienste müssen, was sie erfahren wollen, nicht mehr mühsam besorgen, sie bekommen es frei Haus geliefert." Was Solokowsky hier unverblümt anprangert, verweist auf ein Bündel von gesellschaftlich und individuell gleichermaßen geschaffenen und wirksamen Problemlage: Die umfassenden technischen Möglichkeiten, über die wir heute verfügen können, um unser Leben bequem von zu Hause aus zu gestalten, uns miteinander in Beziehung zu setzen und unsere Meinung in kleineren oder größeren Öffentlichkeiten kundzutun, haben eine Kehrseite: Sie ermöglichen es auch, unsere Lebensführung auszuspionieren, unser Denken und Handeln auf alle Zeiten zu archivieren, unsere Geheimnisse und Intimitäten zu enthüllen, kurz: uns unsere Privatheit zu nehmen.Die Medienpädagogik ist in dieser von ökonomischen Interessen weitgehend beherrschten (Medien-)Welt nicht ohnmächtig, aber sie muss Stellung beziehen sowie viel Ausdauer und Kraft aufbringen bei ihrem Auftrag, die Subjekte zu einem souveränen Leben mit Medien zu befähigen. merz 1/2014 will dafür Argumente liefern und Ansatzpunkte aufzeigen.________________________________________________________________________Leider sind die meisten Abbildungen in der Printausgabe aufgrund eines Druckfehlers unscharf. Wir bitten dies zu entschuldigen!________________________________________________________________________
aktuell
Swenja Wütscher: 15 Jahre JIM-Studie
„Die heute Zwölf- bis 19-Jährigen wachsen wie keine zweite Generation zuvor in einer stark von Medien geprägten Welt auf. […] Darum sind Untersuchungen wichtig, die sich mit den möglichen Veränderungen der Mediennutzung – sowohl der klassischen als auch der neuen Medien – unter den sich sehr dynamisch verändernden Rahmenbedingungen beschäftigen“, so stand es in der ersten Ausgabe der JIM-Studie im Jahr 1998. Wortwörtlich könnte diese Aussage auch heute – 15 Jahre später – noch als aktuell abgedruckt werden, lediglich die inhaltlichen Bezugspunkte würden differieren. Beispielsweise waren damals fünf Prozent der Jugendlichen die Referenz der regelmäßigen Internetnutzenden, aktuell sind es 89 Prozent, wie die aktuelle Publikation des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest (mpfs) zeigt, die mit einer Gegenüberstellung nach 15 Jahren JIM-Studien den Medienwandel der letzten Jahre dokumentiert. Von Anfang an war die Studienreihe JIM als Langzeitprojekt mit einer kontinuierlichen quantitativen Datenerhebung konzipiert; der Fragebogen musste nur sukzessive an die aktuellen Gegebenheiten – neue Geräte, neue Verbreitungswege, neue Inhalte – angepasst werden. So fest das Internet mittlerweile Bestandteil der Lebenswelt Jugendlicher ist, so fest gehören längst auch diese jährlichen Studienergebnisse zum Inventar von Medienpädagoginnen und -pädagogen, um mit deren Hilfe beispielsweise adäquate Angebote zu konzipieren.
Die Generationsunterschiede werden in einem Aspekt nochmals besonders deutlich: Laut den Daten der letzten Jahre werden heutefast alle traditionellen Medien von Jugendlichen in vergleichbarer Häufigkeit wie vor 15 Jahren genutzt, sie wurden und werden nicht abgelöst, vielmehr wird das Medienrepertoire von Jugendlichen durch neue Medien kontinuierlich ergänzt und erweitert. So haben 1998 beispielsweise 85 Prozent der Heranwachsenden mindestens mehrmals pro Woche Radiogehört, 2013 sind es 80 Prozent. Zusätzlich zeigen die aktuellen Zahlen, dass nicht nur die Internetnutzung an sich, sondern sogar die Zugangsart – in diesem Falle über mobile Endgeräte – immer wichtiger wird: Mit 96 Prozent ist die Verbreitung von Mobilfunkgeräten bald bei einer Vollausstattung angekommen. Die Nutzung von Online-Communitys steht dabei bei den kommunikativen Tätigkeiten im Internet an erster Stelle. Das mobile Internet ist demnach zwar schon seit einigen Jahren auf Mobilfunkgeräten verfügbar, ist aber erst jetzt – dank kostengünstiger Zugänge, schnellen Verbindungen und attraktiven Benutzeroberflächen – im Alltag von Jugendlichen angekommen. „Das Smartphone als multifunktionale Plattform bereichert das alltägliche Leben um praktische Werkzeuge, aber auch um vielfältige Möglichkeiten zum Zeitvertreib. Das Handy ist mittlerweile Speichermedium, Mediaplayer, Navigationssystem, Lexikon, Digitalkamera, Spielkonsole, Terminkalender, Nachrichtenportal und nicht zuletzt eine Kommunikationsplattform“ (mpfs 2013).
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Autor: Swenja Wütscher
Beitrag als PDFEinzelansichtCornelia Pläsken: Mediale Themeninteressen und Informationsaneignung von Jugendlichen
Welche Themen in den Medien interessieren Jugendliche? Haben soziodemografische Faktoren Einfluss auf das Themeninteresse? Welche Online-Angebote werden als Informationsquellen genutzt? Diesen und weiteren Fragen geht die Studie Jugend – Information – Medien, die im Rahmen des Medienkonvergenz Monitoring durchgeführt wurde nach. Das Medienkonvergenz Monitoring (kurz MeMo) ist ein Langzeitforschungsprojekt der Universität Leipzig unter Leitung von Prof. Dr. Bernd Schorb, gefördert von der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). In der aktuellen Studie wurden 4.920 Heranwachsende im Alter von zwölf bis 19 Jahren in qualitativen und quantitativen Erhebungen befragt. Die Studie zeigt, dass 67 Prozent in den Medien über die Themen Handy, Computer und Internet und lediglich 17 Prozent über Glaube und Religion informiert werden möchten. Vergleicht man die Themeninteressen bezüglich des Geschlechts, zeigen sich teilweise deutliche Unterschiede. Über Spiele und Games möchten 26 Prozent der Mädchen und 64 Prozent der Jungen sich in den Medien informieren können.
Bei den Themen Style und Mode sind es hingegen mit 53 Prozent ungefähr doppelt so viele Mädchen wie Jungen (27 %). 59 Prozent der Heranwachsenden halten Fernsehsendungen für wichtig, um sich mit einem wichtigen Thema auseinanderzusetzen. Bücher werden von einem Drittel der Befragten als wichtiges Medium für die Informationsbeschaffung angesehen. Google (24 %) und Netzwerke wie zum Beispiel Facebook (29 %) werden am häufigsten täglich zur Informationssuche verwendet. Twitter hingegen wird für diese Zwecke nur von drei Prozent der Befragten täglich genutzt. Auch um andere über ein bestimmtes Thema zu informieren nutzen die Heranwachsenden die Medien. 67 Prozent haben schon einen Beitrag innerhalb eines Netzwerks verfasst und 19 Prozent ein Video oder einen Hörbeitrag hochgeladen. Im Rahmen des Forschungsprojekts Medienkonvergenz Monitoring wurde von 2003 bis 2012 die Aneignung der konvergenten Medienwelt durch Heranwachsende in quantitativen Online-Untersuchungen und qualitativen Intensivinterviews regelmäßig untersucht. Neben der Erhebung allgemeiner Daten wurde dabei in jeder Untersuchungswelle ein anderer Schwerpunkt gesetzt (z. B. Videoplattformen, Soziale Online-Netzwerke). Das MeMo-Projekt hat damit einen wertvollen Beitrag zur medienpädagogischen Arbeit in Forschung und Praxis geleistet.
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Autor: Cornelia Pläsken
Beitrag als PDFEinzelansichtCornelia Pläsken: Mobiler Internetzugang und mobile Internetnutzung europäischer Heranwachsender
Das Projekt Net Children Go Mobile wurde vom Safer Internet Programme gesponsert. Die Intention des Projekts ist es, mithilfe von quantitativen und qualitativen Methoden herauszufinden, wie durch die Bedingungen des Internetzugangs und der -nutzung – bezüglich des mobilen Internets und den mobilen konvergenten Medien – mehr oder weniger neue Risiken für die Onlinesicherheit von Kindern entstehen. Die aktuellen Ergebnisse sind der erste Teil einer Studienreihe, die 2013 und 2014 durchgeführt wird. Teilnehmende Länder sind Dänemark, Italien, Rumänien, Großbritannien, Irland und Portugal. Die Stichprobe besteht aus 2.000 Kindern und Jugendlichen im Alter von neun bis 16 Jahren.
Die Ergebnisse zeigen, dass 64 Prozent der Jugendlichen das Internet täglich von ihrem eigenen Zimmer aus nutzen. 58 Prozent gehen von anderen Räumen zu Hause aus online. Insgesamt betrachtet nutzen 38 Prozent kein Internet in der Schule. Wird dabei die Länderebene betrachtet, beträgt diese Zahl bei italienischen Heranwachsenden 73 Prozent. In Dänemark besitzen 84 Prozent, in Rumänien lediglich 26 Prozent ein eigenes Smartphone. 81 Prozent der dänischen Kinder und Jugendlichenbesitzen einen social network account. In Großbritannien sind es hingegen nur 58 Prozent. Der ausführliche Ergebnisbericht kann online kostenlos abgerufen werden.
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Autor: Cornelia Pläsken
Beitrag als PDFEinzelansichtElisabeth Jäcklein-Kreis: Stichwort TTIP
Autoteile nach Italien, fertige Motorroller nach Frankreich, Tomaten aus Holland nach Österreich und den Bauauftrag für die Grundschule in Augsburg nach Florida. Die Welt ist offen geworden und schon jetzt nehmen Produkte, Dienstleistungen und Kooperationen die abenteuerlichsten Routen rund um den Globus. Nicht jedem aber ist die Welt schon offen genug. Während etwa die europäischen Länder zwar kaum (Handels-)Grenzen ziehen und Zölle großenteils der Vergangenheit angehören, ist der amerikanisch-europäische Handel manchen längst nicht einfach und florierend genug. Seit den 90er Jahren gibt es deshalb bereits Überlegungen, ihn noch freier zu gestalten – und herausgekommen ist dabei TTIP, die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership).
Damit Europa und Amerika enger zusammenarbeiten und ein starkes Gegengewicht gegen die Wirtschaftsmächte in Asien sein können, sollen laut TTIP die Industrie-Standards vereinheitlicht werden, das öffentliche Beschaffungswesen geöffnet werden und auch in den Bereichen Lebensmittel und Kultur möchte man zusammenrücken. Also: Standards für Autoteile müssen vereinheitlicht, Regeln für die Lebensmittelproduktion diskutiert und Ausschreibungen für öffentliche Projekte transatlantisch publik gemacht werden. Und was bedeutet das für die Medienpädagogik? So ganz genau weiß es noch niemand – klar ist aber schon jetzt, dass gerade medienpädagogische Themen noch heißt diskutiert werden dürften, sollte das TTIP in greifbare Nähe rücken. Etwa die Frage nach der Relevanz und Finanzierbarkeit kultureller Aktivitäten, zu denen auch Medienpädagogik gehört – denn nicht alle potenziellen Partner finden es nötig, dafür Geld auszugeben. Fast noch dringender aber die Frage nach Datenschutzstandards – denn gerade die Spionageaffäre um PRISM (vgl. Stichwort in merz 4/2013) hat viele Fragen und viel Skepsis aufgeworfen, das machte etwa Justizkommissarin Viviane Reding deutlich: „Partner spionieren einander nicht aus.
Wir können nicht über einen großen transatlantischen Markt verhandeln, wenn der leiseste Verdacht besteht, dass unsere Partner die Büros unserer Verhandlungsführer ausspionieren.“ Bevor die Grenzen, zumindest wirtschaftlich, also komplett fallen, gibt es noch einiges zu klären – und die Medienpädagogik sollte da ein großes Wörtchen mitzureden haben.
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Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtElisabeth Jäcklein-Kreis: Mit Kindern im Internet
Im Internet gibt es für Kinder einiges zu entdecken. Nur ganz wenige Klicks auf einen der bunten Buttons führen direkt zu einem tollen Spiel, einem witzigen Video – oder mitten hinein in die bunte Konsumwelt. Werbebanner sind bisweilen selbst für den versierten, erwachsenen Internetnutzenden nicht leicht zu erkennen – sie fügen sich in Seiten ein, passen sich dem Layout an und tun alles, um angeklickt zu werden. Wie geht es Kindern mit diesen kommerziellen Angeboten? Können sie Werbung erkennen und von redaktionellen Inhalten unterscheiden? Wie gehen sie mit Werbeangeboten um – und braucht es im Internet ähnlich wie im Fernsehen deutlichere Kennzeichnungen? Diese Fragen stellte sich die Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz und schrieb daraufhin ein Forschungsprojekt „Mit Kindern unterwegs im Internet: Beobachtungen zum Surfverhalten – Herausforderungen für die Medienaufsicht“ aus, das ein interdisziplinäres Forschungsteam aus fünf verschiedenen Fachbereichen der Hochschule der Medien in Stuttgart unter der Leitung von Prof. Dr. Petra Grimm durchführte.
Die Forscherinnen und Forscher entwickelten ein Mehrmethodendesign aus Angebots-, Rezeptions- und Evaluationsanalyse sowie einer Einschätzung der gültigen Rechtsnormen in Bezug auf Online-Werbung und beleuchteten dieses bisher wenig erforschte Thema eingehend von allen Seiten; nun liegen ihre Ergebnisse vor und sind als Publikation im NOMOS-Verlag erschienen. Die Ergebnisse der Studie sind zwar nicht allzu überraschend, aber dennoch ein deutlicher Hinweis auf beachtlichen Handlungsbedarf. Für die meisten Kinder, so konnten die Forscherinnen und Forscher beobachten, stellt es eine recht große Herausforderung dar, Werbung sicher zu erkennen. Gerade weil Werbetreibende viel dafür tun, um nicht erkannt zu werden, sogenannte ‚Camouflage‘-Techniken einsetzen und Werbung etwa im redaktionellen Inhalt verankern, Kinder über spielerische Angebote an ihre Produkte heranführen oder auf eigenen Seiten Werbung schalten, die gar nicht gekennzeichnet ist. Vor allem die Fernseh-anbieter bedienen sich dieser Techniken in großem Maß. Auch versuchen die Werbetreibenden häufig, Kinder über ‚Sackgassen‘ in ihre Shops zu locken, platzieren etwa Links, die direktzu externen Seiten führen, von denen aus Kinder selten zur Ausgangsseite zurückfinden. Dieses Vorgehen fanden die Forschenden bei jedem zweiten Werbeangebot.
Die 26 untersuchten Kinder hatten entsprechend auch große Schwierigkeiten, mit Werbung kompetent umzugehen – teilweise weil sie sie nicht erkannten, teilweise weil sie so attraktiv gestaltet war, dass sie ihr nicht ‚widerstehen‘ konnten. So kommt es auch, dass viele der untersuchten Kinder angaben, bereits schlechte Erfahrungen, etwa mit Kostenfallen im Internet, gemacht zu haben. Es ist deshalb dringend angezeigt, so die Forschungsgruppe, dass etwa in Schulen verstärkt Aufklärung betrieben wird und Kinder lernen, sicher und bewusst mit Werbung umzugehen.
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Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtSwenja Wütscher: nachgefragt Dr. phil. Angelika Beranek Sozialpädagogin im Infocafe Neu-Isenburg
„Mittlerweile wird unter dem Begriff Sexting verstanden, dass Jugendliche Nacktfotos von sich via Smartphone oder Internet verschicken, entweder über das Handy oder übers Internet, um die Aufmerksamkeit des jeweils gegengeschlechtlichen Parts zu erregen. Ursprünglich kommt der Begriff daher, dass man erotische Inhalte zum Flirten benutzt, also eine Mischung aus Sex und Texting. Jetzt ist es aber auch auf das Negative umgemünzt worden, dass man diese Fotos verschickt und diese ungewollt weiterverbreitet werden“, erzählt Dr. phil. Angelika Beranek. Auch hat sie Swenja Wütscher erklärt, wie und warum dieser Schneeball-Effekt funktioniert.
Beranek:
Das ist so eine Art Sensation: Man hat irgendwas Neues, Spannendes und will das dann auch mit anderen teilen. Es existiert häufig auch der Zwang, es anderen zu zeigen, um mit dabei zu sein. Es wird meist ja erst mal im engen Freundeskreis weitergeschickt. Nur dieser enge Kreis schickt es eben auch wieder weiter, um nicht uncool zu sein.
merz: Die Weiterverbreitung der Fotos ist also weniger auf eine ‚böse Absicht‘ zurückzuführen?
Beranek: Häufig ist es so, dass die Kids nicht darüber nachdenken, was sie demjenigen auf dem Bild antun. Die Aufmerksamkeit ist erst mal auf sie selbst und auf das gerichtet, was das Foto für ihre eigene soziale Position bedeutet. Die Opfer liegen eigentlichgar nicht im Fokus. Es ist relativ selten, dass die Fotos verbreitet werden, um jemandem zu schaden. Vielmehr ist es ein sozialer Prozess, der mit Neugierde, Sensation und Dazugehörigkeit zu tun hat.
merz: Was aber passiert im Moment der Weitergabe bei der abgebildeten Person?
Beranek: Die Person weiß natürlich schnell, dass dieses Foto rumgeht. Sie ist dann beschämt, weiß nicht recht, wie sie damit umgehen soll. Auch fühlen sich diese Personen meist schuldig, weil sie das Foto selbst gemacht hat. Diese sei selbst Schuld, weil sie eben eine Schlampe sei. Ohne pädagogische Betreuung ist es für Kids schlichtweg normal und völlig ok, solche Fotos weiterzuschicken.
merz: Und das trotz oder ohne das Bewusstsein, dass das Internet, die Medien nichts vergessen?
Beranek: Was den Jugendlichen – und auch vielen Erwachsenen – nicht bekannt ist, ist die biometrische Bildersuche. Das heißt, wenn das Foto erst einmal irgendwo unterwegs ist im Netz, kann es theoretisch über Gesichtserkennungsprogramme jederzeit wiedergefunden werden. Es hat sich auch gezeigt, dass Fotos häufig wieder auftauchen, wenn sie in Vergessenheit geraten sind. Wenn man eben denkt, es wäre alles wieder gut, dann findet jemand das Foto auf seiner Festplatte, denkt sich, wie witzig das damals war und lädt es wieder hoch.
merz: Die Kreation dieser Bilder ist grundlegend ja nicht problematisch, es ist vielmehr ‚normal‘ und gut, dass Jugendliche ihre Sexualität entdecken. Vor Jahrzehnten wurden dazu Polaroid-Fotos geschossen, heute Digitalfotos. Der Knackpunkt an den Fotos sind also die Weiten der digitalen Technik. Gleichzeitig müssen Jugendliche aber auch aktiv lernen dürfen, mit den neuen Medien umzugehen. Wie lässt sich dieser Zwiespalt auflösen?
Beranek: Durch Aufklärung! Es ist eben kein Kavaliersdelikt und auch nicht cool, solche Fotos zu verschicken oder mit der ganzen Welt zu teilen. Man muss ihnen klar machen, dass die Technik genau das bietet, Inhalte – ob sie gesehen werden sollen oder nicht – schnell zu verbreiten. Sie brauchen aber Hilfe, das zu verstehen, wie eine virale Verbreitung von Daten passiert, welche Rolle sie selbst dabei spielen und welche Folgen das haben kann.
merz: Teilweise sind den Jugendlichen psychologische, zwischenmenschliche und/oder rechtliche Konsequenzen bekannt, dennoch verwenden sie besagte Fotos als Profilbilder in Sozialen Netzwerken. Warum denken Jugendliche die Konsequenzen offensichtlich also nicht mit?
Beranek :Die eine Sache ist mitzudenken, die andere ist danach zu handeln. Jugendliche handeln häufig impulsiv so, dass sie erst mal einen Vorteil daraus ziehen. Mit jenen Fotos können sie natürlich Aufmerksamkeit erregen – und dabei ist egal, ob sie die Fotos selber machen oder ‚nur‘ teilen. Sie erreichen also etwas, was für sie gut ist. Dass das im Nachhinein schwere Konsequenzen haben kann, ist für sie kaum zu greifen.
merz: Das heißt, die mittlerweile zahlreichen Präventivmaßnahmen und Aufklärungskampagnen gegen Sexting sind der richtige Weg, weil Jugendliche es einfach nicht greifen können?
Beranek: Also wir sagen schon, dass man solche Fotos aus bestimmten Gründen nicht schießen sollte, dass man auch nicht auf Oben-Ohne-Bitten reagieren, sondern eher überlegen sollte, ob das wirklich der richtige Partner ist. Aber das Hauptaugenmerk ist bei uns doch auf den Personen, die die Bilder weiterschicken, mit rechtlichen Inhalten und vor allem entkräften wir das Argument ‚Schlampe, sonst würde sie so Fotos nicht schießen‘. Wir erklären, dass jedermann, wenn er verliebt ist, mal was Blödes macht. Dann fängt die Klasse meist schon an zu lachen, weil sie das kennen. Sie sehen ein, dass einen sowas nicht ein Leben lang verfolgen sollte, erst recht nicht zur Schlampe macht, denn jeder hat das Recht auszuprobieren.
merz: Bezugnehmend auf die Aussage ‚Wenn du mich liebst, gibst du mir so ein Bild‘ – die ist ja schon realitätsnah; auch wenn sie in die Kategorie Nötigung und damit als Strafbestand einzustufen ist. Wie lässt sich auf dieser Ebene ein guter Dialog mit Heranwachsenden führen?
Beranek: Man kann es natürlich über die Das-kanndamit-passieren-Ebene versuchen. Aber man muss wissen, dass es Pubertierende sind, bei denen die Impulskontrolle nicht unbedingt so gut ist. Das heißt, es wird immer wieder passieren. Deshalb geht es darum zu entscheiden, wie man reagiert, wenn man so ein Foto bekommt, mit ihnen, der Klasse, der Schule Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten, um eben diese ganze Kultur zu ändern.
merz: Wie wäre es stattdessen mit Safer Sexting?
Beranek: Ist nur möglich mit dem Bewusstsein, dass es früher oder später rumgehen wird, es werden Leute sehen, die es nicht sehen sollten. Das heißt, man sollte darauf achten, dass es ein Foto ist, zu dem man später auch stehen kann, ohne übertriebene Darstellungen, ohne Photoshop und mit aufgeräumtem Zimmer. Darauf zu achten ist quasi die ‚sichere‘ Methode gepaart mit dem nötigen Selbstbewusstsein.
merz: Wo gibt es adäquate Alternativen für Jugendliche bei der Suche nach sexueller Orientierung?
Beranek: Es ist mittlerweile schwierig zu sagen, was normal ist und was nicht. Jugendliche bekommen relativ viel mit, gerade auch durch die heutige Fernsehkultur, wo das Rumgehen solcher Fotos durch den Kakao gezogen wird. Das ist eben normal bei den ganzen Doku-Soaps und Serien – sie lernen es also gar nicht anders, es ist für sie normal. Eine Alternative wäre, nicht mit Fotos zu arbeiten, weil die auch so heftig sind, weil sie besser im Gedächtnis bleiben und über biometrische Suchen gefunden werden können. Texte und Zeichnungen wären eine Alternative oder eben Fotos, auf denen man das Gesicht nicht sieht.
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Autor: Swenja Wütscher
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Helga Theunert: Editorial
„In der vernetzten Gesellschaft gibt es keine Diskretion – für niemanden“, so untertitelt Kay Sokolowsky in der Konkret vom Dezember 2013 seinen Artikel Glasbürgerkunde. Ein globales Netz politischer und wirtschaftlicher Datensammelagenturen sorge dafür, dass jeder Mensch ausgespäht und vermarktet wird: „Was der BND nicht herausfindet, kann er bei Google erfragen; was der Otto-Versand nicht über uns weiß, verrät ihm das Einwohnermeldeamt; was die Bank besonders interessiert, findet sie bei Facebook.“ Was dann noch fehlt, steuern die Nutzerinnen und Nutzer der Medienwelt bereitwillig – mit oder ohne Wissen und Bewusstsein – selber bei: Sie „exhibitionieren sich nach Kräften – in sozialen Netzwerken und Weblogs, bei Twitter, Instagram oder Flickr. ... Die Nachrichtendienste müssen, was sie erfahren wollen, nicht mehr mühsam besorgen, sie bekommen es frei Haus geliefert.“ Was Solokowsky hier unverblümt anprangert, verweist auf ein Bündel von gesellschaftlich und individuell gleichermaßen geschaffenen und wirksamen Problemlagen: Die umfassenden technischen Möglichkeiten, über die wir heute verfügen können, um unser Leben bequem von zu Hause aus zu gestalten, uns miteinander in Beziehung zu setzen und unsere Meinung in kleineren oder größeren Öffentlichkeiten kundzutun, haben eine Kehrseite: Sie ermöglichen es auch, unsere Lebensführung auszuspionieren, unser Denken und Handeln auf alle Zeiten zu archivieren, unsere Geheimnisse und Intimitäten zu enthüllen, kurz: uns unsere Privatheit zu nehmen.
Nach dem Motto: „das Böse ist immer und überall“ stellen uns staatliche Agenturen unter Generalverdacht. Mit dem Versprechen, uns eine Win-Win-Strategie zu bieten, reduzieren uns die Wirtschaftsgiganten des Internets auf eine Vermarktungsfläche. Und wir selbst liefern bereitwillig Informationen über uns und unser Leben, schon lange in einschlägigen Massenmedien, die ihr Geschäft als Schlüssellochgucker machen und nunmehr potenziert im Internet. Weil wir die vielen Vorteile der digitalen Medienwelt genießen wollen, ‚ermächtigen‘ wir die Anbieter, über unsere Daten zu verfügen und strengen uns an, zu ‚Glasbürgern‘ zu werden. Im Gegenzug gibt es jedoch keine Transparenz. Das Datensammeln und die Verwertung des zusammengeschaufelten Wissens über uns geschehen im Verborgenen, vielfach ohne dass es in unser Bewusstsein dringt. Nach dem Motto: „Ich hab‘ nichts zu verbergen“, zeigen sich aber viele Menschen auch gleichgültig gegenüber der Aufweichung historisch errungener Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Privatheit. Aber, so wird es aktuell in einem Aufruf von Akademikern aus der EU, den USA und Australien (www.academicsagainsturveillance.net) einmal mehr unterstrichen: „Without privacy people cannot freely express their opinions or seek and receive information. ... current secret und unfettered surveillance practices violate fundamental rights and the rule of law, and undermine democracy.”
Eine Gruppe, die aufgrund ihrer Begeisterung für die digitale Medienwelt besonders leicht zum Spielball wirtschaftlicher und politischer Machtstrategien werden kann, weil sie im Tausch für die spannenden Offerten des Internets auch bereit ist, ihre Privatheit zu veräußern bzw. schlimmer noch: sie unwissentlich abzugeben, sind Kinder und Jugendliche, also eine zentrale Zielgruppe der Medienpädagogik. Sie tummeln sich besonders intensiv in Online-Räumen und teilen dabei auch mit Erwachsenen Erfahrung und Handeln. Diese Entgrenzung von Kindheit und Jugend muss der (Medien-)Pädagogik Kopfzerbrechen bereiten. Was bedeuten die vorgezogenen Erfahrungen mit Erwachsenen, mit Erwachsenenthemen und -handeln für die Entwicklung und Identitätsbildung? Birgt es Potenzial oder bedarf es der Gegensteuerung? Forschung fehlt weitgehend und so ist die (Medien-)Pädagogik einmal mehr darauf zurückgeworfen, ohne fundiertes Wissen ‚am Kind zu arbeiten‘ – und das zum Teil wider besseres Wissen. Denn was nutzt es, Kindern und Jugendlichen Verhaltensregeln für den Umgang mit persönlichen Daten und den Daten der anderen einzutrichtern, wenn sie gleichzeitig erfahren, dass Erwachsene solche Regeln ebenso übertreten oder gering schätzen und sich staatliche Institutionen in grenzenloser Schnüffelei ergehen? Wie sollen Kinder und Jugendliche Respekt vor den Werken anderer entwickeln, wenn gleichzeitig Personen des öffentlichen Lebens sich schamlos bedienen? Wie sollen Kinder und Jugendliche lernen, Privatheit als einen Wert zu begreifen, wenn gleichzeitig die Massenmedien Privates und Intimes auf Titelseiten und Fernsehbildschirme zerren? Wie sollen Kinder und Jugendliche verstehen, dass Mobbing zu tiefen und nachhaltigen Verletzungen führt, wenn gleichzeitig das Übereinander-Herziehen als Unterhaltung verkauft wird?
Solche Widersprüche sind nicht durch pädagogische Arbeit am Kind zu lösen. Man muss zwar Kinder stark machen, um gegen die Zumutungen der Medienwelt widerständig sein zu können, man muss sie ermutigen in ihren Lebenskontexten für humane Werte und zivilisatorische Errungenschaften einzutreten, aber die skizzierten Widersprüche sind gesellschaftliche Widersprüche, Fehlentwicklungen im sozialen Leben. Die Medien sind die Mittel, doch erst die Bedeutung, die ihnen im sozialen Leben zuerkannt wird, und die Macht, die damit verbunden ist, machen sie zu Protagonisten dieser Widersprüche. Dahinter steht wirtschaftliches Kalkül, denn mit allem lässt sich Geld verdienen, mit den Daten von Menschen, mit ihrer Privatheit, mit ihrer Intimität, mit ihrer Verletzlichkeit. Die Wirtschaftsmacht Medien scheint grenzenlos; die Politik zeigt sich ihr gegenüber zumindest handlungsunwillig; und die (Medien-)Pädagogik ist machtlos. Sie soll bei der heranwachsenden Generation heilen, was ungezügeltes Gewinnstreben angerichtet hat – allerdings mit bescheidenen Mitteln und möglichst wirtschaftskompatibel. Schon das Bemühen, Kinder und Jugendliche zu souveräner Positionierung gegenüber der Medienwelt zu befähigen, wird vielfach misstrauisch beäugt. Das Anmahnen von Schutzbelangen gilt heute fast schon als ketzerisch. Und wenn es darum geht, sich öffentlich für die Belange von Kindern und Jugendlichen einzusetzen, dann gesteht man der Medienpädagogik selten eine Stimme zu – und oftmals hat sie auch keine. Doch ist und bleibt es eine pädagogische Aufgabe, öffentlich Stellung zu beziehen für die Belange der heranwachsenden Generation und für die Verbesserung der Bedingungen für ein souveränes Leben aller Menschen in der mediatisierten Gesellschaft. Dazu gehört es, einem Wertekanon Bedeutung zu verschaffen, der an Souveränität und sozialer Verantwortlichkeit ausgerichtet ist, Werte wie Privatheit und Selbstbestimmung als unveräußerlich begreift, Menschen, ihr Leben und ihre Werke respektiert und staatliche Sorge als Verpflichtung sieht, für alle, die selbst die Welt (noch) nicht gut verstehen und in ihren Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten (noch) beschränkt sind. Vor diesem Hintergrund ist souveränes Handeln in der mediatisierten Gesellschaft zu sichern und kontinuierlich zu fördern.
Das Konzept von Medienkompetenz, das sein Fundament in der kommunikativen Kompetenz hat, trägt dafür, denn es sind die kommunikativen Verhältnisse und Strukturen der Gesellschaft, aus denen die mit Medienhandeln verbundenen Risiken und gleichermaßen die darin liegenden Potenziale erwachsen. Eine Herausforderung für die Gestaltung von Medienkompetenzförderung, die zur Stärkung kommunikativer Kompetenz beiträgt, stellt die Dynamik der technischen Entwicklung dar, die auf Prozesse der Medienaneignung durchschlägt. Eine weitere Herausforderung ist die notwendige Erweiterung auf gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge, denn in der mediatisierten Gesellschaft ist Medienkompetenz der Schlüssel zu Partizipation. Hier sei der Medienpädagogik anempfohlen, ihren Blick auch auf andere Bildungsfelder zu richten. So benennt etwa Oskar Negt in seinem Buch Der politische Mensch. Demokratie als Lernform Kompetenzen, die das politische Subjekt ausmachen. Einige dieser Kompetenzen sind deckungsgleich mit Dimensionen der Medienkompetenz als Teil kommunikativer Kompetenz, so beispielsweise reflexive Fähigkeiten wie Orientierungs- und Die Medienwelt sprießt ins Unendliche: Ist die Wirtschaftsmacht Medien daher grenzenlos? Urteilsvermögen, oder Wissensaneignung durch Erfahrung und Handeln.
Andere wären es wert, in Hinblick auf den selbstbestimmten Gebrauch medialer Möglichkeiten durchdacht zu werden, vor allem die historische Kompetenz, die Negt als Erinnerungs- und Utopiefähigkeit gleichzeitig fasst. Übertragen auf Medien könnte das bedeuten, Privatheit auch in der Medienwelt als historische Errungenschaft zu reflektieren und tragfähige Wege zu entwickeln, diese Errungenschaft gegen die Gier von Wirtschaft und Politik nach Informationen aus den Privatleben der Menschen zu verteidigen. Friedrich Krotz stellt in seinem Beitrag Forderungen dazu auf, warum und wie wir uns gegen eine Eingemeindung des Internets in ausschließlich von Profit und Markt getriebene Räume wehren sollen und wie das Internet als das Netz der Zivilgesellschaft zurückerobert werden kann. Er arbeitet am Beispiel der Einführung verschiedener Medien – von Print bis zum Internet – heraus, dass in jedem dieser Medien Potenziale stecken, um sie entweder in Richtung emanzipatorischen und selbstbestimmten Gebrauchs oder aber als Kontroll- und Manipulationsinstrument in Gebrauch zu nehmen. Tanja Thomas und Elke Grittmann diskutieren, wie Prozesse der Entmächtigung und Ermächtigung in alltäglichen mediatisierten Praktiken miteinander verknüpft sind. Sie richten dabei den Blick auf die Handlungsweisen der Subjekte und zeigen, dass nicht Technologien und mediale Strukturen Macht ausüben, sondern erst durch die Handlungsweisen der Subjekte sich Machtverhältnisse auf institutioneller, individueller und kollektiver Ebene konstituieren.
Ihre Beispiele zeigen, dass diese kommunikativen Praktiken nicht nur als repressive, sondern auch als produktive Macht zu verstehen sind. Niels Brüggen fragt danach, wie mit der Forderung zur Befähigung einer souveränen Lebensführung unter den aktuellen medialen und gesellschaftlichen Bedingungen aus medienpädagogischer Sicht umzugehen ist und welche Herausforderungen sich dabei für die Umsetzung stellen. Er nimmt dabei vor allem den Umgang mit Daten im Social Web in den Blick und argumentiert, dass die Herausforderungen für medienpädagogische Arbeit vor allem darin liegen, erstens Wissen über mediale Strukturen mit den Erfahrungen der Subjekte wieder stärker in Zusammenhang zu bringen und zweitens dass ein souveränes Leben in der mediatisierten Gesellschaft zu führen auch bedeutet, gesellschaftliche Rahmenbedingungen mitgestalten zu können. In Interviews mit Experten aus der Medienpädagogik, der politischen Jugendbildung und dem politischen Journalismus werden die zentralen Fragen und Thesen noch einmal aufgegriffen. Anhand von Erfahrungen und Beobachtungen setzen diese sich damit auseinander, welchen Part die Medienpädagogik bei den aktuellen Entwicklungen hat und an welchen Stellen sie gefordert ist.
Die Medienpädagogik ist in einer von ökonomischen Interessen weitgehend beherrschten (Medien-)Welt nicht ohnmächtig, aber sie muss Stellung beziehen sowie viel Ausdauer und Kraft aufbringen bei ihrem Auftrag, die Subjekte zu einem souveränen Leben mit Medien zu befähigen. Die vorliegende merz-Ausgabe will dafür Argumente liefern und Ansatzpunkte aufzeigen.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Helga Theunert
Beitrag als PDFEinzelansichtFriedrich Krotz: Die Institutionalisierung des Internets und warum und wie wir uns dagegen wehren sollten
Wie sich ein Medium entwickelt ist nicht von vornherein festgelegt. Es besteht zunächst aus praktischen und technischen Möglichkeiten. Welche Bedeutung und Funktion es in einer Gesellschaft hat, hängt von seiner sozialen Einbettung ab, die gesellschaftlichen Aushandlungs- und Entwicklungsprozessen unterliegt.
Literatur:
Blisset, Lothar/Brünzels, Sonja (2012). Handbuch der Kommunikationsguerilla. Berlin/Hamburg: Assoziation A.
Cambria, Erik/Chandra, Praphul/Sharma, Avinash/Amir Hussain (2012). Do Not Feel the Trolls. cs.stir.ac.uk/~eca/sentics [Zugriff: 15.10.2013].
Dahl, Peter (1983). Radio. Sozialgeschichte des Rundfunks für Sender und Empfänger. Reinbek: Rowohlt.
Faulstich, Werner (1998). Medien zwischen Herrschaft und Revolte. Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht.
Grassmuck, Volker (2004). Freie Software. Zwischen Privateigentum und Gemeineigentum. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung. freie-software.bpb.de/Grassmuck.pdf [Zugriff: 15.10.2013].
Himanen, Pekka (2001). Die Hacker-Ethik und der Geist des Informationszeitalters. München: Riemann.
Hörisch, Jochen (2004). Eine Geschichte der Medien. Vom Urknall zum Internet. Frankfurt: Suhrkamp.
Imhorst, Christian (2004). Die Anarchie der Hacker. Richard Stallman und die Freie Software Bewegung. Marburg: Tectum.
Krappitz, Stefan (2009). Troll Culture. Diplomarbeit. wwwwwwwww.at/downloads/troll-culture.pdf [Zugriff: 10.10.2013].
Krotz, Friedrich (2011). Mediatisierung als Metaprozess. In: Jörg Hagenah/Heiner Meulemann (Hrsg.), Mediatisierung der Gesellschaft? Berlin: LIT. S. 19-41.
Krotz, Friedrich (2012). Von der Entdeckung der Zentralperspektive zur Augmented Reality: Wie Mediatisierung funktioniert. In: Friedrich Krotz/Andreas Hepp (Hrsg.), Mediatisierte Welten: Forschungsfelder und Beschreibungsansätze. Wiesbaden: VS Verlag. S. 27-58.
Levy, Steven (2007). Die Hacker Ethik. In: Karin Bruns/Ramón Reichert (Hrsg.), Neue Medien. Texte zur digitalen Kultur und Kommunkation. Bielefeld: transkript. S 325-334.
Lobinger, Katharina (2012). Visuelle Kommunikationsforschung. Wiesbaden: VS Verlag.
Mayer-Uellner, Robert (2003). Das Schweigen der Lurker. Baden-Baden: Nomos.
Raible, Wolfgang (2006). Medien-Kulturgeschichte. Mediatisierung als Grundlage unserer kulturellen Entwicklung. Heidelberg: Universitätsverlag Winter.
Scholzel, Hagen (2013). Guerilla Kommunikation. Genealogie einer politischen Konfliktform. Bielefeld: transkript.
Stein, Peter (2010). Schriftkultur. Eine Geschichte des Schreibens und Lesens. Darmstadt: Primus.
Stöber, Rudolf (2003). Mediengeschichte. 2 Bände. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
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Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Friedrich Krotz
Beitrag als PDFEinzelansichtTanja Thomas und Elke Grittmann: Macht und Ohnmacht in Medienkulturen
Der Beitrag diskutiert unter anderem angesichts aktueller Debatten um Cybermobbing, ‚Googleisierung’ und ‚Dash-cams’, wie Macht und Ohnmacht in alltäglichen mediatisierten Praktiken verschränkt und somit ambivalente Prozesse der Ermächtigung und Entmächtigung in Medienkulturen miteinander verknüpft sind.
Literatur:
Becker, Kim Björn (2013). Gesetz der Straße. Autofahrer schwärzen sich mit Videobeweisen an. In: Süddeutsche Zeitung, 69(277), 30.11/01.12.2013.
Carpentier, Nico (2009). Participatory Practices. Participation is not enough: The Conditions of Possibilitiy of Mediated. In: European Journal of Communication, 24(4), pp. 407-420.
Engelmann, Jan (2011). Bühnenarbeit im Public Life. Eine Einleitung. In: Heinrich Böll Stiftung (Hrsg.), #Public Life. Digitale Intimität, die Privatsphäre und das Netz. Schriftenreihe zu Bildung und Kultur Bd. 8. S. 11-19.
Imhof, Kurt (2000). Öffentlichkeit und Skandal. In: Neumann-Braun, Klaus/Müller-Doohm, Stefan (Hrsg.), Medienund Kommunikationssoziologie. Eine Einführung in zentrale Begriffe und Theorien. Weinheim: Juventa. S. 55-68.
Leung, Louis (2009). User-generated content on the internet: an examination of gratifications, civic engagement and psychological empowerment. In: New Media Society, 11(8), pp. 1327-1347.
Levin, Thomas (2001). Die Rhetorik der Überwachung. Angst vor Beobachtung in den zeitgenössischen Medien. In: Nach dem Film 3, /www.nachdemfilm.de/content/dierhetorik-der-%C3%BCberwachung [Zugriff: 13.01.2014].
Negt, Oskar/Kluge, Alexander (1972). Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit. Frankfurt: Suhrkamp.
Pauleit, Winfried (2001). Videoüberwachung und postmoderne Subjekte. Ein Hypertext zu den Facetten einer zeitgenössischen Bildmaschine. In: Nach dem Film 3, www.nachdemfilm.de/no3/pdf/pau03.pdf [Zugriff: 09.12.2013].
Pörksen, Bernhard/Detel, Hanne (2012). Der entfesselte Skandal. Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter. Köln: Herbert von Halem Verlag.
Rebillard, Franck/Touboul, Annelise (2010). Promises unfullfilled? ‚Journalism 2.0’, user Participation and editorial policy on newspaper websites. In: Media, Culture and Society, 32, pp. 323-334.
Tutmann, Linda (2013a). Vernetzt und verletzt. In: Die Zeit, 47, 14.11.2013, S. 75 f.
Tutmann, Linda (2013b). „Tränen sieht man nicht.“ In: Die Zeit, 47, 14.11.2013, S. 76.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Elke Grittmann, Tanja Thomas
Beitrag als PDFEinzelansichtNiels Brüggen: Wer ist hier der Souverän?
Medienpädagogik erscheint angesichts aktueller Entwicklungen der ‚digitalen Gesellschaft‘ auf den ersten Blick ohnmächtig. Denn: Welche Möglichkeiten, souverän über den Umgang mit Daten zu bestimmen, gibt es im Social Web? Der Beitrag reflektiert Konsequenzen für die Medienkompetenzförderung.
Literatur:
Brüggen, Niels/Dirr, Eva/Schemmerling, Mareike/Wagner, Ulrike (im Erscheinen). Jugendliche und Online-Werbung im Social Web. Studie gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.
GMK-Bundesvorstand (2013). Netzneutralität als Bedingung persönlicher, kultureller und demokratischer Teilhabe. Stellungnahme des GMK-Bundesvorstandes. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK). www.gmk-net.de/fileadmin/pdf/netzneutralitaet_stellungnahme_gmk.pdf [Zugriff: 11.12.2013].
Kutscher, Nadia (2013). Die Macht der neuen Medien. Über die Chancen und Herausforderungen der Mediatisierung des Aufwachsens und der Kinder- und Jugendhilfe. In: DJI Impulse, (1), S. 29-31.
Schell, Fred (2003). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis. Reihe Medienpädagogik, Bd. 5. München: kopaed.
Schorb, Bernd (1995). Medienalltag und Handeln. Medienpädagogik im Spiegel von Geschichte, Forschung und Praxis. Opladen: Leske + Budrich.
Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz – Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme, S. 18-23. www.medienkompetenzbericht.de/pdf/Medienkompetenzfoerderung_fuer_Kinder_und_Jugendliche.pdf [Zugriff: 31.07.2013].
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.) (2013). Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web. BLM-Schriftenreihe, Bd. 101. Baden-Baden: Nomos.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Niels Brüggen
Beitrag als PDFEinzelansichtMachtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht
Das Zusammenspiel von demokratischer Beteiligung und Medien in unserer Gesellschaft ist schwer zu durchschauen. So eröffnen Medien einerseits neue Beteiligungsformen, andererseits sind diese durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst. Aus medienpädagogischer Perspektive ist die Frage danach zentral, wie die Subjekte und insbesondere Kinder und Jugendliche ihre Interessen und Bedürfnisse durchsetzen können und welche Rolle die (Medien-)Pädagogik dabei übernehmen muss. Vier Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen nehmen zu dieser Thematik Stellung
.Franz Josef Röll ist Professor für Neue Medien und Medienpädagogik im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Soziale Arbeit an der Hochschule Darmstadt. Seine Aufgabe sieht er darin, die gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen, die mit den neuen Medien einhergehen, zu begleiten, deren Auswirkungen zu beobachten und handlungsorientierte Modelle im Umgang mit den neuen Medien zu entwickeln.
Bernd Schorb ist emeritierter Professor für Medienpädagogik und Weiterbildung an der Universität Leipzig. Als Vorsitzender des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und Mitherausgeber von merz | medien + erziehung setzt er sich in seiner Arbeit für die Souveränität der Subjekte in einer von Medien geprägten Lebenswelt ein.
Anselm Sellen ist Studienleiter im Europa-Haus Marienberg und (mit-)verantwortlich für den europäischen Jugendbildungsbereich think europe. Er beschäftigt sich mit den Verknüpfungen politischer (Jugend-)Bildung mit digitalen Partizipationsstrategien, Liquid Democracy und dem kreativen Einsatz digitaler Methodik wie Educaching oder Web-Applikationen.T
homas Wagner ist Kultursoziologie und Publizist, Literaturredakteur bei der Tageszeitung junge Welt sowie Autor von Die Mitmachfalle – Bürgerbeteiligung als Herrschaftsinstrument. Seine Schwerpunkte sind Demokratietheorie, Neue Rechte, Politische Anthropologie und Engagierte Literatur.
spektrum
Friederike Siller, Jasmin Bastian, Fiona Lenssen und Jenny Mierau: Gute Apps für Kinder
Kinder haben heute in Familien einen guten Zugang zu mobilen Geräten mit Touch-Funktion. In diesem Zusammenhang werden auch zahlreiche Apps zum Lernen, Spielen, Lesen oder Kreativsein verwendet. Was jedoch eine gute App ist, lässt sich nicht einfach beantworten. Da es bisher keinen Kriterienkatalog zur Bewertung von Apps gab, hat sich das Media Literacy Lab dem Thema in einem offenen Online-Kurs gewidmet. In diesem Rahmen sind sowohl eine erster Kriterienkatalog als auch eine Internetseite mit Bewertungen von über 100 Apps für Kinder entstanden.
Literatur:
Guth, Birgit (2012). Mediennutzung heute – wie gehen Kinder mit Konvergenz um? Vortrag Kinderwelten Fachtagung 2012. Online: www.kinderwelten.tv [Zugriff: 21.11.2013].
Hasebrink, Uwe/Schröder, Hermann-Dieter/Schumacher, Gerlinde (2012). Kinder- und Jugendmedienschutz aus der Sicht der Eltern. In: Media Perspektiven 1, S. 18-30.
KidsVerbraucherAnalyse (2013). Berlin: Egmont Ehapa. Online: www.egmont-mediasolutions.de/services.php?studien [Zugriff: 21.11.2013].
Media Literacy Lab (2013). Kriterienkatalog. Online: www.gute-apps-fuer-kinder.de/index.php?title=Kategorien [Zugriff: 21.11.2013].
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2011). FIM-Studie 2011. Familie, Interaktion & Medien. Online: www.mpfs.de/fileadmin/FIM/FIM2011.pdf [Zugriff: 21.11.2013].
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Fiona Lenssen, Jasmin Bastian, Friederike Siller, Jenny Mierau
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Winklmann: Biografie: Ein Spiel
In der öffentlichen Wahrnehmung werden Computerspiele häufig in Verbindung mit Gewaltverherrlichung oder Suchtproblematik diskutiert. Das provozierende, gewalttätige Bild, das in einigen Köpfen bezüglich Computerspielen vorherrscht, lenkt den Blick weg von den Potenzialen, die Computerspiele für Bildungsprozesse entwickeln können. Am Beispiel der Identitätsbildung soll gezeigt werden, wie das Freeware-Computerspiel „Passage“ Unterricht bereichern kann.
Literatur:
von Cues, Nikolaus (1952) [ 1463 ]. Vom Globusspiel. De ludo globi. Übersetzt und mit Einführung und Anmerkungen versehen von Gerda von Bredow. Meiner: Hamburg.
Fraas, Hans-Jürgen (2000). Bildung und Menschenbild in theologischer Perspektive. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Fromme, Johannes/Jörissen, Benjamin/Unger, Alexander (2008). Bildungspotentiale digitaler Spiele und Spielkulturen. In: MedienPädagogik, 15/16. www.medienpaed.com/Documents/medienpaed/15-16/fromme0812.pdf [Zugriff: 20.01.2014].
Gee, James Paul (2003). What video games have to teach us about learning and literacy. New York: Palgrave Macmillan Limited.Gee, James Paul (2007). Good video games + good learning. Collected essays on video games, learning and literacy. New York: Peter Lang Publishing.
Hermans, Hubert (2001). The dialogical self: toward a theory of personal and cultural positioning. In: Culture & Psychology, 7, pp. 243-281.
Hilger, Georg (2010). Biografisches Lernen. In: Hilger, Georg/Leimgruber, Stephan/Ziebertz, Hans-Georg (Hrsg.), Religionsdidaktik. Ein Leitfaden für Schule, Ausbildung und Beruf. München: Kösel. S. 374-386.
Hilger, Georg/Lindner Konstantin (2008). Heilige, kleine Leute und große Persönlichkeiten. Zur Wiederentdeckung des Biografischen für religiöse Lernprozesse. In: Wagner, Dieter/Schallenberg, Peter (Hrsg.), Heilige Elisabeth von Thüringen – theologische Spurensuche. Frankfurt: Josef Knecht. S. 191-214.
Kluge, Friedrich/Seebold, Elmar (Hrsg.) (2002). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin: De Gruyter.Maurer, Alfons (2001). Art. Identität. II. Theologischethisch. In: LThK, 5, S. 399 f.
Mukherjee, Souvik (2011). „Follow Makarov´s Lead?“ Ethical Conflict in Video Games and Call of Duty: Modern Warfare 2´s Controversial No Russian Level. In: Thomas Inderst, Rudolf/Just, Peter (Hrsg.), Contact. Conflict. Combat. Zur Tradition des Konfliktes in digitalen Spielen, Boizenburg: Hülsbusch. S. 43-61.
Oberthür, Rainer (2005). „... andere Fächer erklärt ja der Lehrer, Religion erklären wir Kinder selbst!“. Erfahrungen mit einer Didaktik der Aneignung im Religionsunterricht. In: Bahr, Matthias/Kropač, Ulrich/Schambeck, Mirjam (Hrsg.), Subjektwerdung und religiöses Lernen. Für eine Religionspädagogik, die den Menschen ernst nimmt. München: Kösel. S. 203-217.
Rohrer, Jason (2007). Passage. www.hcsoftware.sourceforge.net/passage/index.html [Zugriff: 19.09.2013].
Rohrer, Jason (2007). What I was trying to do with Passage. www.hcsoftware.sourceforge.net/passage/statement.html [Zugriff: 19.09.2013].
Welsch, Wolfgang (1987). Unsere postmoderne Moderne. Weinheim: Akademie Verlag.
Ziebertz, Hans-Georg/Herbert, Markus (2009). Plurale Identität und interkulturelle Kommunikation. In: interculture journal, 8, pp. 11-30.
Ziebertz, Hans-Georg (2010). Wozu religiöses Lernen? Religionsunterricht als Hilfe zur Identitätsbildung. In: Hilger, Georg/Leimgruber, Stephan/Ziebertz, Hans-Georg (Hrsg.), Religionsdidaktik. Ein Leitfaden für Schule, Ausbildung und Beruf. München: Kösel. S. 142-154.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Michael Winklmann
Beitrag als PDFEinzelansichtKarsten Schuldt und Brigitte Lutz: Verknüpfung von Lernsoftware und Bibliothekssystem – neue Chancen für den Unterricht
Eine Verknüpfung der innerhalb der One-Laptop-per-Child-Initiative entwickelten Betriebsoberfläche Sugar mit freien Bibliothekssystemen kann große Synergieeffekte für Schulen und Bibliotheken haben. Ein Projekt am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft erforscht die Optionen der Einbindung bibliothekarischer Angebote in Schulen über Sugar, den Aufbau und das Führen von Schulbibliotheken sowie die Möglichkeit öffentlicher Bibliotheken, den Unterricht durch Anbindungper Sugar zu unterstützen.
Literatur:
Keller-Loibl, Kerstin (Hrsg.)/Deutscher Bibliotheksverband (2009). Handbuch Kinder- und Jugendbibliotheksarbeit. Im Auftrag der Expertengruppe Kinder- und Jugendbibliotheken.Bad Honnef: Bock + Herchen.
Lücke, Birgit (2012). Von Inseln und Netzen – Formen Schulbibliothekarischer Versorgung. In: Angelika Holderried/Birgit Lücke (Hrsg.), Handbuch Schulbibliothek. Planung – Betrieb – Nutzung. Schwalbach: Debus Pädagogik Verlag.
Schneider, Ronald (2009). Neue Lernkultur und bibliotheksgestützter Unterricht. Der Ausbau von Schulbibliotheken als Herausforderung für das Öffentliche Bibliothekswesen. In: BuB – Forum Bibliothek und Information, 61(7/8), S. 506-511.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Brigitte Lutz, Karsten Schuldt
Beitrag als PDFEinzelansichtKatja Batzler und Nadja Winterstein: Blaudes on Tour
Junge Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen begegnen sich im Rahmen eines TanzMedia Projektes und produzieren einen Videotanzfilm oder eine Performance zur öffentlichen Präsentation in einem passenden Kontext.
Literatur:
Bauer, Katrin (2010). Jugendkulturelle Szenen als Trendphänomene. Geocaching, Crossgolf, Parkour und Flashmobs in der entgrenzten Gesellschaft.. Münster: Waxmann.
Bogdal, Klaus-Michael (2013). Sinti und Roma. In: Die Zeit, Nr. 10, Februar 2013.
Lampert, Friederike (2007). Tanzimprovisation. Geschichte – Theorie – Verfahren – Vermitteln. Bielefeld: Transcript. S. 177 ff.
Leuschner, Christina/Riesling-Schärfe, Heike (2012). Warum brauchen wir ästhetische Forschung in der Schule? In: Christina Leuschner/Andreas Knoke (Hrsg.), Selbst entdecken ist die Kunst. Ästhetische Forschung in der Schule. München: kopaed. S. 11 f.
Rosiny, Claudia (2013). Tanz Film. Intermediale Beziehungen zwischen Mediengeschichte und moderner Tanzästhetik. Bielefeld: Transcript.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Nadja Winterstein, Katja Batzler
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medienreport
Swenja Wütscher: Auf den Hund gekommen
Er selbst, eine kalte Schnauze auf vier Pfoten, gilt als äußerst treuer Begleiter, doch seinen eigenen treuen Weggefährten hat Dackel Darius verloren. Besser gesagt hat das Schlappohr seinen Knochen selbst vergraben, hat aber nicht den blassesten Schimmer, wo auf dem Bauernhof sich sein Herzstück nun befindet. Glücklicherweise hilft ihm sein Freund Mops Moritz, den verschwundenen Leckerbissen wiederzufinden. Dazu lädt die interaktive Kinderbuch-Spiele-App Dackel Darius sucht seinen Knochen Vorschulkinder ein, Darius auf seiner Knochensuche zwischen Hühnerstall, Traktor und Pferdekoppel ebenfalls behilflich zu sein. Spielerisch lernen die Kleinen dabei die Welt eines Bauerhofs mit seiner vollen Tier-, Obst- und arbenpracht pädagogisch sinnvoll kennen. Sie erfahren beispielsweise, wo Milch, Eier und Wolle herkommen, dass Pferde den Menschen früher bei der Feldarbeit geholfen haben und was der Unterschied zwischen einem Hengst und einer Stute ist. Zudem sind fünf kleine Aufgaben in die Geschichte integriert, die das Gehörte bildlich abfragen. Die Konzentration, Sprach- und Hörmerkfähigkeit sowie die auditive Wahrnehmung werden dadurch unbewusst trainiert. Durch Farbund Positionswechsel der Geschichten- und auch Spieleelemente bei jedem Neustart wird zudem der Lerneffekt erhöht, die Aufmerksamkeit durch Neues aufrechterhalten und dem Auswendiglernen erfolgreich entgegengewirkt. Zwar besitzt die Kinderbuch-App dabei durchweg liebevoll-detaillierte Illustrationen, die durch gezieltes Einsetzen von einigen wenigen Animationen einer visuellen Überreizung vorbeugen und damit die Aufmerksamkeit nicht verteilen, die Bedienung der Anwendung verlangt Vorschulkindern allerdings eine zu große Portion Vorwissen oder zumindest eine Intuitionsstärke ab. So ist die Abbildung einer Hundehütte in der Menüzeile nur für versierte Nutzende selbsterklärend ein Home-Button, der zur Startseite der App zurückführt, und ein nach links beziehungsweise rechts gerichteter Dackel ein Zeichen für Vor- und Zurückblättern. Auch ist die Abbildung eines Hundes, welcher bei Berührung seine Sprechblase zwischen „WAU“ und „PSSST“ wechselt, auf der App-Startseite zwar niedlich, sie verlangt der Zielgruppe der Vorschulkinder aber sowohl eine eigentlich nicht unbedingt vorhandene Lesekompetenz wie auch eine gute Deutungskompetenz – „WAU“ bedeutet „App-Ton an“ – ab, ohne zumindest direkt akustische Unterstützung zu liefern. Diese Navigationsverwirrung durch zwar äußerst kreative, aber inhaltlich zu anspruchsvolle Symbole zieht sich durch die gesamte Anwendung und resultiert daher in der zwingenden Notwendigkeit einer – nicht vorhandenen – App-Bedienungsanleitung; teilweise übrigens auch für erwachsene Nutzende. Grundsätzlich sind die Ein- und Ausschaltfunktion der Erzählstimme sowie der Bilder- und Lesemodus der Kinderbuch-App dennoch besonders hilfreich, um beispielsweise gemeinsam die Bilder anzusehen und durchzusprechen oder die Geschichte als Gute-Nacht-Lektüre vorzulesen. Aber auch die Anwendung selbst kann sich hören lassen, da es erkennbar professionelle Sprecherinnen und Sprecher sind, die Dackel Darius und seinen tierischen Freundinnen und Freunden ihre Stimme geliehen haben.
Die Art ihrer Aufbereitung spricht dabei Jungen und Mädchen gleichermaßen an. Neben dem Geschichtenmodus – ob selbst gelesen, vorgelesen oder angeschaut – können die 19 vorhandenen Illustrationen je nach Altersstufe in einem separaten Spielemodus auch in zwei Schwierigkeitsgraden gepuzzelt werden; mit wahlweise sechs oder zwölf Puzzleteilen. Leider ist auch diese nützliche und sehr gute Auswahloption nur zufällig – oder gar überhaupt nicht – aufzufinden. Auch ist es in dem gut durchdachten Konzept der App zwar ein Herzensanliegen, die Merkfähigkeit zu trainieren, dennoch wäre es sinnvoller, die Instruktionen der Spiele würden während der Durchführung zum Nachlesen stehenbleiben, um unnötige Frustrationen zu vermeiden. Auch die Instruktionsvorgänge selbst könnten expliziter beschrieben sein. Neben der Anweisung „Hilf den Hunden durchs Maisfeld-Labyrinth zu laufen“ wäre beispielsweise eine Beschreibung, wie genau dies zu tun ist, hilfreich. Eine anderes Gimmick wiederum sticht aus der Anwendung positiv hervor: Zur Einübung von lokalen Präpositionen wie auf, neben, unter oder zwischen, ist auf jeder dieser Abbildungen nämlich zusätzlich noch eine Maus versteckt. Deshalb eignet sich die Kinderbuch-App auch zur Unterstützung sprachtherapeutischer und logopädischer Behandlungen.
Bei Dackel Darius sucht seinen Knochen wollen also Früchte und Tiere benannt, ein Labyrinth durchquert und Präpositionen zugeordnet werden, ohne dass Langeweile einkehrt. Erfolgreich. Denn mit den Abstrichen einiger, auch ernüchternder Eingewöhnungsminuten zur Bedienung, bietet die Kinderbuch-App ein erfolgreich gut durchdachtes Konzept mit emporragendem, pädagogischem Mehrwert auf allen unterschiedlichen Ebenen: im Erzählermodus, im Lesemodus und im Bildermodus ... vor allem durch (klitze-)kleine, interaktive Elemente, wie dem Belohnungspiepsen, das beim Auffinden der versteckten Maus auf den Illustrationen ertönt. Auch die angedachte Zielgruppe der Drei- bis Sechsjährigen wird – nicht nur durch die Hauptfigur eines Hundes, den sich besonders viele Kinder in dieser Altersgruppe wünschen – durch die Aufbereitung angesprochen, sei es nur durch kleine, versteckte Zusatzgeräusche und -Animationen, die erfahrene Kinder auf Bilderbuch-Bildschirmen suchen und auf diesem finden können. Dass die Anwendung nicht nur unter iOS, sondern auch unter Android läuft, ist ebenso eine Besonderheit, da die meisten Apps nicht für den Gebrauch auf einem Google-Smartphone ausgerichtet sind.
Diese Anwendung ist mit absolut identischen Versionen verfügbar für iPhone, iPod touch, iPad, Android-Smartphones und Tablet-PCs. Zu einem Preis von 1,79 Euro steht das Kinderbuch in den deutschen App Stores zum Kauf bereit. Angemessen sind diese Kosten unter anderem auch deshalb, da die Macherinnen und Macher von Dackel Darius den Hund up-to-date halten. Ein schönes, lobenswertes Update hat das Schlappohr auch bereits spendiert bekommen, Version 2.0. In dieser wurde unter anderem aus Rücksicht auf kleinere Nutzende die Swipe-Funktion deaktiviert, um ungewollten Seitenwechseln vorzubeugen.
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Autor: Swenja Wütscher
Beitrag als PDFEinzelansichtElisabeth Jäcklein-Kreis: „Wer kein Internet hat, ist schon arm“
Medienprojekt Wuppertal (Hrsg.) (2013). Andere Welten. Zwei Filme über die exzessive Computer- und Internetnutzung durch Jugendliche. DVD, 73 Minuten + 37 Minuten Bonusmaterial. Kaufpreis 30,– €, Ausleihe 10,– €, Preis V & Ö 50,– €.
Sascha, Erik, Aaron, Artur, Morris, Jannik, Dogus, Jan, Miriam, Charlotte, Aaron, Jonas – zwölf Jugendliche, zwischen 15 und 22 Jahren, die nichts gemeinsam haben. Außer das: Sie gehören zur Generation der ‚Digital Natives‘, Medien sind ein zentraler, für manche nahezu der wichtigste Bestandteil ihres Lebens und sie sind die Hauptfiguren der DVD Andere Welten. Zwei Filme über die exzessive Computer- und Internetnutzung durch Jugendliche, die das Medienprojekt Wuppertal produziert und herausgegeben hat. Seit 1992 hat sich das Medienprojekt „Jugendvideoarbeit“ auf die Fahnen geschrieben, produziert Filme von und mit Jugendlichen, für Jugendliche – zu immer anderen Themen, auf immer andere Art, in unterschiedlichen Kontexten, aber immer mit den Themen, Ideen und vor allem aus der Perspektive der Jugendlichen selbst. Und so ist auch Andere Welten die blanke Enttäuschung für alle Bewahrpädagoginnen und -pädagogen, für Kulturpessimistinnen und -pessimisten, für alle Freundinnen und Freunde des überdimensionierten pädagogischen Zeigefingers und Drill-Instructors, denn es ist keine DVD, die Mediennutzung an den Pranger stellt und genau weiß, was Jugendliche ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ machen oder machen sollten.
Im Gegenteil. Auf dieser DVD setzen Jugendliche sich selbst damit auseinander, was ihnen wichtig ist, was sie an ihren Medien schätzen und was sie stört, sie erzählen von sich und ihren Erfahrungen, ziehen ihre eigenen Schlüsse und finden zu ihren eigenen Konsequenzen. Nicht weil sie müssen, sondern weil man sie lässt. Die beiden Hauptfilme auf der DVD beschäftigen sich mit Onlinegaming (Andere Welten) und sozialen Netzwerken (Schein & Sein). In je circa einer halben Stunde werden Jugendliche in ihrem Medienhandeln begleitet und haben Raum, darüber zu berichten. Die Kamera kommt nach Hause, ins Wohnzimmer, ins Jugendzimmer, bekommt Einblick in die Privatsphäre und das ‚echte Leben‘ der Jugendlichen und ist dabei, wenn Siege errungen und Niederlagen eingefahren werden, wenn Charaktere sterben und wenn Freunde miteinander kämpfen, wenn Partys verabredet, Facebook-Kontakte geknüpft und Partybilder belächelt werden. Und sie darf zuhören, wenn die Jugendlichen über sich und ihre Medien erzählen. Wenn sie berichten, wie lange sie täglich spielen (zwischen zwei und acht Stunden). Wenn sie darüber sinnieren, wann eine Sucht anfängt (wenn man keine Freunde mehr hat). Wenn sie reflektieren, was sie an ihrem Spiel fasziniert („Das Coole daran ist, dass du mit Freunden was machst und nicht alleine in deinem Zimmer hockst und spielst, dass du nicht alleine gelassen wirst … deswegen find ich Offline-Spiele auch nicht so interessant.“) oder wenn sie mit per Skype verbundenen Freunden die Katastrophe gerade noch abwenden können: „Mo, hilf mir mal!“ – „Wirst du grad bewusstlos?“ – „Ja, ich werd grad gefressen …“ – „Ja, dann sag doch was! Ey, Kollege, lass ihn in Ruhe!“
Die Kamera darf aufnehmen, wenn die Bilder für Facebook ausgewählt werden: „Man versucht ja über Facebook immer, sein Leben so gut wie möglich darzustellen und zu sagen: ‚Mein Leben ist voll geil.‘“ Sie schaut zu, wie soziales Leben funktioniert („Seitdem das mit WhatsApp so viel geworden ist, unternimmt man viel mehr mit anderen, weil man sich da verabreden kann.“) aber auch, wo soziales Leben leidet unter den neuen Möglichkeiten: „Bei Facebook ist es viel einfacher zu mobben, weil man nicht so schnell erwischt werden kann. Es ist mehr passives Mobben, man lädt Leute nicht in Gruppen ein oder liked etwas absichtlich nicht.“ Und sie sieht, wo die Jugendlichen selbst an Grenzen stoßen und ihre Kommunikation kritisch sehen: „Bei WhatsApp ist eh alles oberflächlich und gefaked, da erzählt man nichts Wichtiges (…) Was ich wirklich negativ finde, ist, dass Leute so like-geil sind und an Likes feststellen, wer fame ist und wer Opfer ist.“ Dabei sind die Filme aber an keiner Stelle beliebig oder platt – die Jugendlichen machen sich ernsthaft und ausführlich Gedanken und diese werden stringent, mit großer inhaltlicher Dichte und entlang einer logischen, inneren Dramaturgie dargestellt. Die Interviews sind mit Liebe zum Detail aufeinander geschnitten, die Gedanken der Jugendlichen werden veranschaulicht, ohne verniedlicht oder bloßgestellt zu werden und ihre Perspektiven finden ausgewogen Raum – mal bestätigen sich die Interviewten gegenseitig, mal widersprechen sie sich, aber nie scheint der Film vorgeben zu wollen, was ‚wahr‘ ist. Stattdessen wird ein Einblick gegeben in zwölf ganz subjektiv ‚wahre‘ Sichtweisen, denen man zustimmen darf, die man ablehnen darf, über die man nachdenken kann. Pädagoginnen und Pädagogen sowie Erziehenden, die genau wissen, was richtig und falsch ist und nur nach dem passenden Material suchen, mit dem das auch in den Köpfen der ihnen anvertrauten Jugendlichen ankommt, sei deshalb dringend abgeraten von dieser DVD.
Wer aber mit Jugendlichen zu tun hat und ein echtes Interesse daran hat, zu erfahren, wie sie denken, was sie tun und womit sie sich beschäftigen, wer die Auseinandersetzung auf Augenhöhe schätzt und aushält und vielleicht mit einer Klasse, einer Jugendgruppe oder den eigenen Kindern ein ehrliches Gespräch suchen und beginnen möchte, ist gut damit beraten, eine gute Stunde Zeit zu investieren und einen erhellenden und spannenden Blick in die Lebenswelt seiner Zielgruppe zu wagen – Horizonterweiterung garantiert. Und das letzte Wort? Wer sonst sollte das in so einem Fall haben, wenn nicht die Jugendlichen selbst: „Meine Eltern sagen manchmal: ‚Mach das Ding aus‘ und dann sag ich: ‚Nee, ich muss zocken.‘“ Die DVD sowie alle Informationen zum Medienprojekt und deren Filmen gibt es unter www.medienprojekt-wuppertal.de/v_173
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Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann P. Gangloff: Wie Filme entstehen
Bundesverband Jugend und Film (Hrsg.) (2012). Film: Wie geht das eigentlich? DVD und ROM-Teil.
Wer sich schon lange für Medienpädagogik engagiert, dem muss die Doppel-DVD Film: Wie geht das eigentlich? wie die Erfüllung eines langgehegten Wunsches vorkommen. Das umfangreiche Angebot übertrifft in Schrift, Bild und Ton alle Erwartungen: Es gibt praktisch keinen Aspekt rund um das Medium Film, den Autorin Rotraut Greune nicht erklärt. Der besondere Vorzug dieses Medienpakets ist seine Vielseitigkeit: Zu sämtlichen Themen gibt es Multimedia-Präsentationen und Arbeitsmaterialien, die sich größtenteils auf die mitgelieferten Filmbeispiele beziehen. Als besonders wertvoll für die medienpädagogische Arbeit erweisen sich die Multimedia-Präsentationen, deren Sichtungszeit allein schon über hundert Minuten in Anspruch nimmt. Hier wird unter anderem die Entwicklung eines Films von der Idee über das Drehbuch bis zur Produktion beschrieben. In mehreren Einzelbeiträgen wird erläutert, wie Film technisch funktioniert. Neben Schnitt, Ton und Tricks wird auch die Syntax des Films erklärt, und zwar stets anhand konkreter Beispiele. Auf diese Weise lernen die jungen Nutzerinnen und Nutzer anhand so unterschiedlicher Produktionen wie Das Sams und dem ARD-Märchen vom Tapferen Schneiderlein, warum es sinnvoll ist, eine Action-Szene schnell zu schneiden und in einer Liebesszene besser auf Schnitte zu verzichten. D
ie Erläuterungen werden stets kindgerecht vorgetragen, sind inhaltlich aber zum Teil derart anspruchsvoll, dass selbst gestandene Medienpädagoginnen und -pädagogen noch dazulernen können. Die zweite DVD bietet Making of-Berichte bekannter Kinderfilme. Ungleich ergiebiger für die medienpädagogische Arbeit ist allerdings der ROM-Teil dieser DVD, denn er enthält die Arbeitsblätter zu den Kurzfilmen auf DVD 1. Die Vorschläge richten sich an unterschiedliche Altersgruppen und bieten reichhaltige Anregungen für diverse Unterrichtseinheiten zum Thema Film. Die Unterteilung der DVD in einzelne Module erweist sich als ausgesprochen praktikabel, weil man sich als Nutzerin oder Nutzer auf diese Weise seine eigene Vorgehensweise zusammenstellen kann. Gerade der ROM-Teil beeindruckt zudem durch seinen Einfallsreichtum. Natürlich gehören das Basteln von Streifen- oder Daumenkinos zum kleinen Einmaleins der Einführung in das Medium Film, aber einige andere Vorschläge und Anregungen für die Unterrichtsgestaltung zeugen von großer Sorgfalt und der Liebe zum Detail, mit der das Medienpaket gestaltet worden ist. Ein Klick auf den entsprechenden Begriff genügt, und die DVD präsentiert einen Bastelbogen für eine Wundertrommel oder eine Kopiervorlage für ein Streifenkino. Die verschiedenen Unterrichtseinheiten erstrecken sich je nach Modul über zwei bis acht Schulstunden. Das Themenspektrum orientiert sich an den Multimedia-Präsentationen.
Für viele Aspekte stehen zusätzliche Arbeitsblätter zur Verfügung. Sehr nützlich sind auch die Hinweise auf weitere Materialien für den Unterricht, darunter Webseiten für Lehrkräfte, Sachbücher, Praxisleitfäden oder Angebote der Bundeszentrale für politische Bildung. Herausgeber der DVD Film: Wie geht das eigentlich? ist der Bundesverband Jugend und Film (BJF). Sie erscheint im Rahmen der Reihe Durchblick. Unter diesem Sammelnamen veröffentlicht der BJF herausragende Kinder- und Jugendfilme für die nichtgewerbliche Auswertung. Informationen zum BJF sowie zur DVD und die verschiedenen preislichen Konditionen (Kaufpreis, Leihgebühren) gibt es unter www.bjf.info und www.durchblick-filme.de.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Tilmann P. Gangloff
Beitrag als PDFEinzelansichtRebekka Leimig: Wo ist Opas Unterhose?!
Tiny & Big in: Grandpa’s Leftovers. PC-CD-Rom für WIN/MAC. Hamburg: Crimson Cow, 14,99 €.
Lange wurde auf das von deutschen Indie-Entwicklern produzierte Spiel Tiny and Big in: Grandpa’s Leftovers gewartet. Nun ist es 2012 erschienen und fährt mit einer sowohl absurden wie auch spaßigen Story auf: Der kleine Held Tiny muss sich auf die Jagd nach seinem Gegenspieler Big begeben. Warum? Weil dieser mir nichts, dir nichts die Unterhose von Tinys verstorbenem Großvater gestohlen hat, um sie sich selbst auf den Kopf zu ziehen. Klingt ziemlich absurd, und es wird noch besser: Der Schlüpfer verleiht seinem Träger übernatürliche Kräfte. Mit Gedankenkraft hievt dieser riesige Felsbrocken in die Luft und schleudert sie gegen seinen Rivalen. Das kann Tiny natürlich nicht zulassen, die Jagd ist eröffnet. Tiny and Big in: Grandpa’s Leftovers ist ein Jump&Run-Spiel mit Puzzle-Elementen. Die Spielenden versuchen stets, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln den Weg zum Ende des Levels zu meistern, insgesamt gibt es sechs Level. Das Spiel startet mit einem Auto-Crash inmitten der Wüste. Tiny muss nun seine Habseligkeiten einsammeln, um sich auf die Jagd nach Big zu begeben. Mit Greifhaken, selbstgebauter Rakete und Allzwecklaser lassen sich die Umgebung verändern, Hindernisse überwinden oder versteckte Orte finden. Der Laser schneidet durch fast alle Level-Bausteine wie durch Butter.
Die Objekte haben dabei keine festgelegten Bruch- oder Schnittkanten; dort, wo der Laser mit gedrückter Maustaste angesetzt wird, wird das Ziel auch tatsächlich zerschnitten. Die Raketen funktionieren ähnlich wie Haftgranaten. Mit einem Klick klebt der Spielende ein Geschoss an einen Felsbrocken und mit einem zweiten Klick wird der Antrieb gezündet. Der Greifhaken bringt Säulen zu Fall oder hilft dabei, Objekte auf dem Boden hin und her zu ziehen. Vor einem Sturz in den Tod kann er einen aber nicht retten. Die Umwelt kann dadurch also so gestaltet werden, wie sie gebraucht wird. Deshalb ist bei diesem Spiel vor allem Kreativität und Einfallsreichtum gefragt, während der Held die ganze Welt mit seinen drei Werkzeugen komplett zerlegen und neu formen kann. Setzt der Spieler oder die Spielerin den Laser schräg an eine große Säule an, wird sie gemäß den physikalischen Kräften einstürzen. Für jedes Problem gibt es das passende Werkzeug und unzählige Lösungen. Genau das macht das Spiel auch so interessant: Es gibt nicht nur den einen goldenen Weg. Durch die große Freiheit beim Schneiden und die drei grundverschiedenen Werkzeuge, lässt sich jedes Problem auf eine Vielzahl von Arten lösen.
Ob im Spiel ein Schutthaufen aufgetürmt, eine Treppe aus der Wand geschnitten oder ein Balken als Rampe benutzt wird, spielt keine Rolle, wenn am Ende die nächsthöhere Plattform erreicht werden kann. Die einzige Brücke zur anderen Seite wurde vor lauter Freude am Lasern zerstört? Kein Problem: Es kann leicht ein neuer Weg geschaffen werden. Sehr gut umgesetzt haben die Entwickler auch das Tutorial: In GameBoy-Grün gehaltener Testumgebung wird erst mal der Umgang mit den drei Werkzeugen und der Lenkung erlernt. Das hat Stil und hilft beim Spiel unheimlich weiter. Gelungen ist auch der Look: Dieser erinnert an traditionelle Comics und Illustrationen. Alle Dialoge im Spiel werden im Sinne des Comicvorbildes über Sprechblasen geführt. So erhält der Spieler oder die Spielerin nützliche Tipps über die Sprechblasen von Tinys Rucksackradio. Besonderes Highlight ist der Soundtrack des Spiels: 15 Indie-Bands haben sich für das Projekt zusammengetan und einen tollen Musik-Mix produziert. Per Tastendruck ist es sogar möglich, zwischen den einzelnen Tracks hin- und herzuspringen.
Alles in allem ist Tiny and Big in: Grandpa’s Leftovers ein wirklich gelungenes Spiel. Das Tutorial führt gut in das Spiel und die verfügbaren Gadgets ein. Es regt die Fantasie, Kreativität und den Einfallsreichtum an. Mit nur wenigen Mitteln bewegt sich der Spieler oder die Spielerin fort und kann die Umgebung nach eigenen Wünschen gestalten. Dabei gibt es immer wieder neue Lösungswege, um zum nächsten Level zu gelangen. Bei diesem Spiel geht es nicht darum, mit möglichst tollen Waffen besonders harte Gegner zu besiegen. Sondern Spaß am Rätsel, kreative Wege und eine tolle Story und Aufmachung stehen hier im Vordergrund. Es gibt viele Speicher-Punkte, wodurch eine schnelle Frustration verhindert wird. Fällt der Spielende einen Abhang hinunter, kann schnell wieder am selben Punkt angefangen werden. Das Spiel ist ab sechs Jahren freigegeben, es sollten allerdings schon gewisse Fertigkeiten im Vorstellungsvermögen und bei der Lesekompetenz der jungen Spieler oder Spielerinnen vorhanden sein. Tiny and Big in: Grandpa’s Leftovers eignet sich aber durchaus nicht nur als Kinderspiel, sondern auch als Spiel für das Kind im Erwachsenen.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Rebekka Leimig
Beitrag als PDFEinzelansichtSwenja Wütscher: Zwischen Dschungel und Koboldhöhle
Bartl, Almuth/Birck, Jan (2014). Emil und Pauline auf Madagaskar. CD-ROM, Win8/Win7/Vista/XP/MacOS.München: United Soft Media Verlag GmbH, 16,99 €.
„Der Emil liebt Pusteblumen. Immer wenn er eine sieht, muss er sie anblasen – pffff …“ – und schon fliegen mitten im Abenteuerdschungel buntePusteblumenköpfe über den Bildschirm. Da die Lernsoftware Emil und Pauline auf Madagaskar aber Rechen-, Lese- und Schreibkenntnisse von Erstklässlerinnen und -klässlern vermitteln und vertiefen möchte, sind es keine einfachen Pusteblumen, sondern sie tragen Namen – um genau zu sein diverse nur teilweise existierende Substantive –, die per Mausklick sortiert werden müssen. Insgesamt acht unterschiedliche interaktive Lernwelten mit auditiven und visuellen Elementen birgt die CD-ROM, um Aufmerksamkeit, Feinmotorik, Gedächtnis und Logik sowie die Konzentration zu fördern. Aber nicht nur die Kinder lernen bei den Spielereien, sondern auch die Anwendung selbst: Alle Lernspiele passen sich nämlich – was sehr positiv zu erwähnen ist – automatisch den mathematischen, sprachlichen sowie feinmotorischen Fähigkeiten der Grundschülerinnen und -schüler an. Konkret finden die Spiele in zwei unterschiedlichen Welten statt, im Dschungel und in der Koboldhöhle. In Ersterem werden Lernziele verfolgt wie die Erweiterung des Grundwortschatzes, das Schreiben von Buchstaben, das Erkennen von sinnvollen Wörtern, das Blitzlesen häufiger Substantive sowie das Erkennen gesprochener Wörter. In der Koboldhöhle hingegen geht es um Mengenverhältnisse und geometrische Formen, das Lesen und Schreiben von Zahlen sowie die Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis zehn bzw. 20.
Durch das direkte Feedback von Emil und Paulinewerden die Spielenden dabei nicht nur stetig motiviert, sondern auch effektiv trainiert. So wird beispielsweise jeder Spielfehler nicht nur unmittelbar kommentiert, sondern auch verbessert. Beim erstmaligen, fehlerfreien Beenden eines Spiels wartet zudem eine weitere Entlohnung: „Hut ab, du machst das echt gut. Zur Belohnung darf sich Maggy jetzt hier eine Fruchtpumpe mitnehmen. Die brauchen wir nämlich später bei unserem Belohnungsspiel“. In jedem der Spiele kann eine solche Fruchtpumpe erlangt werden, sie wächst sogar beim wiederholten makellosen Durchspielen bis zu einer Superfruchtpumpe an. Und schlussendlich – nach dem fünfmaligen Erlangen einer solchen – resultieren diese Pokale in einem Bonusspiel; genauer gesagt in zwei separaten Bonusspielen in Dschungel und Koboldhöhle. Die erfolgreichen Spielkinder werden also durch diese zum wiederholten Durchführen und damit zum Vertiefen der Aufgabeninhalte motivierend angehalten. Die bereits erlangten Fruchtpumpen, die auch optisch immer pompöser werden, sind in der jeweiligen Spielweltübersicht neben dem bisherigen Spielverlauf visualisiert. Allerdings ist das fehlerfreie Beenden der Spiele teilweise schwer zu meistern. So sollen in einer Lektion Substantiven richtige Artikel zugewiesen werden, der Begriff ‚Würfel‘ soll beispielsweise dem Artikel ‚der‘ zugeordnet werden. Die Zuordnung zum Artikel ‚die‘ wird in diesem Falle als falsch angesehen. Die Intention ist aus Sicht eines Fortgeschrittenen auch problemlos zu erkennen – für dieses Anfängerspiel wäre allerdings eine Auswahl an Wörtern, die im Plural gleich lauten und demnach auch anderen Artikeln richtig zuzuordnen wären, besser zu vermeiden. Alternativ wäre eine direkte Richtigstellung denkbar, die durch das erneute, differenziertere Erklären der Spielregeln realisiert werden könnte. Grundsätzlich werden die Spielenden auf leichtem Niveau in einem angenehm langsamen Tempo durch die CD-ROM geführt. „In diesen Nestern wohnen die Dschungelkobolde. Und die freuen sich immer über Besuch. Ja, wenn du auf ein Nest klickst, kommt der Kobold raus, der darin wohnt, und spielt mit dir.“
Obwohl es das zumeist intuitive Spielkonzept nicht bedarf, können die Spielanleitungen durch einen Klick auf die Protagonistenfigur auch wiederholt werden; dies müssen die Spielenden allerdings erst einmal selbst herausfinden. Auch wäre es teilweise angenehm, man könnte die zwar netten, aber nach einiger Zeit doch langwierigen Begrüßungen und Anweisungen überspringen. Wie es die Zielgruppe der Leseanfängerinnen und -anfänger verlangt, erfolgen die Spielinstruktionen durchweg auditiv, meist visuell unterstrichen durch das Bewegen eines Mundes der Protagonisten. Leider ertönen dabei wenig herzliche, unauthentische Computerstimmen. Auch kann die Wiedergabelautstärke im Spiel selbst nicht reguliert werden. Die kann nur durch die Shortcuts auf der Tastatur oder aber außerhalb des Spiels im Betriebssystem selbst justiert werden, was recht unhandlich ist. Sehr unvorteilhaft ist hierbei zudem, dass Emil und Pauline auf Madagaskar keine Spielunterbrechung erlaubt. Ist das Spiel, welches nur im Vollbildmodus gestartet und gespielt werden kann, einmal verlassen, muss es wieder von ganz vorne gestartet werden bei der Auswahl des Spielerprofils. Die separat anlegbaren Accounts für alle Spielerinnen und Spieler sind dabei wiederum sehr hilfreich und sorgen zudem für ein differenziertes Speichern an Schwierigkeitsgraden. Die Aufbereitung der Charaktere und 3D-Spieloberflächen jedoch lebt von der Liebe zum richtigen Detail. So konzentrieren sich die Abbildungen je nach Kontext auf das Wesentliche oder aber sie verbergen kleine Zusatzanimationen – wie das Rollen der Augen eines Tukans beim Klick auf diese –, die versiertere Spielerinnen und Spieler von heute hinter den Figuren teilweise auch erwarten. Auch die Gestaltung und Größe von Symbolen und Grafikelementen sind bei einer angemessenen Bildschirmgröße optimal gewählt.
Die Lernspiel-CD-ROM Emil und Pauline auf Madagaskar steigert also zusammen mit einem Eisbär, seiner Pinguinfreundin und kleinen Schönheitsfehlern auf abwechslungsreiche, kindgerechte, kreative Art – zwischen dem Zählen von Leuchtkäferpunkten, dem Wandern durch ein Labyrinth, dem Buchstabenschreiben am Nachthimmel und dem Lauschen eines Froschkonzerts – effektiv die Lernerfolge von Grundschulkindern – basierend auf neusten Erkenntnissen aus Pädagogik, Fachdidaktik und Psychologie. An das Spielentwicklerteam sei der Wunsch gerichtet, in den Spielablauf nach einer gewissen Zeit noch eine Empfehlung der Spielunterbrechung einzubauen. Auch wäre es hilfreich, die Spielenden würden in jedem und nicht nur in außerwählten Unterspielen sehen können, wie lange das Spiel noch andauert. Allen Spielenden sei schließlich empfohlen, in jedem Falle eine Computermaus anzuschließen, um die abverlangte Portion an Feingefühl nicht überzustrapazieren. Außerdem eignen sich die anderen Familienmitglieder, die zwei separaten iPad-Apps Emil und Pauline in der Höhle – Mathe Klasse 1 und Emil und Pauline im Dschungel – Deutsch für die 1. Klasse, um einiges besser zum Trainieren einer Touch-Bedienung.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Swenja Wütscher
Beitrag als PDFEinzelansichtCornelia Pläsken: Moldin, der Zauberlehrling
Loewenhardt, Niels (2012). Moldin. Woltersdorf: LOEVerlag. Audio-CD. 14,95 €.
Moldin ist ein Zauberlehrling, der auf der Drachenfarm von Meister Ranok lebt und ihm unterstützend zur Seite steht. Die Farm ist etwas ganz Besonderes, da sie mittlerweile die letzte Drachenfarm dieser Zeit ist. Moldins bester Freund ist Feurio, ein sprechender Drache und sein treuer Begleiter. Obwohl Moldin schon länger Lehrling bei Meister Ranok ist, hat er bisher noch keinen Zauberunterricht bekommen, sondern geht ihm bei alltäglichen Arbeiten zur Hand. Nach langem Warten ist nun endlich der Moment gekommen, dass Ranok Moldin in die Geheimnisse der Zauberei einweihen und ihn das Handwerk lernen will. Doch gerade jetzt wiederfährt der Farm großes Unheil: Die Farm wird niedergebrannt, alle Drachen außer Feurio sind tot und Ranoks Zauberbuch ist gestohlen worden. Der Meister äußert den Verdacht, dass der finstere Hexenfürst Loko hinter all dem stecken könnte, da der Drachenzauber aus dem Zauberbuch seine Macht vervollständigen würde. Daraufhin machen sich Moldin und Feurio im Auftrag von Ranok auf die Suche nach Loko, um ihn zu besiegen und das Buch zurückzuholen. Dabei begleiten den jungen Zauberlehrling allerdings Zweifel, da er bisher noch nie gezaubert hat und nun aber gegen den großen dunklen Herrscher kämpfen soll.
Auf der Suche nach Lokos Burg stoßen die beiden auf viele Hürden wie auch auf helfende Hände. Als erstes landen sie in einer Art Tropfsteinhöhle, in der sie auf die Hilfe eines kleinen friedlichen Grimmlings angewiesen sind. Anschließend finden sich Moldin und Feurio in einem salatartigen Dschungel wieder, in dem sie nach einem geheimen Ausgang suchen und diesen entschlüsseln müssen. Nach dieser Hürde machen die beiden mutigen Abenteurer eine kleine Pause, um zu essen. Doch dieser Frieden ist nur von kurzer Dauer – ein Mädchen fängt Moldin und Feurio ein und nimmt sie mit nach Hause. Dort stoßen sie auf Saya, die Großmutter des Mädchens, die sie wieder freilässt und Moldin in der Vorbereitung auf den Kampf unterstützen will. Saya erzählt Moldin und Feurio ebenfalls, was vor langer Zeit mit Loko passiert ist, dass er sich dem Bösen zugewandt hat. Die letzte Etappe zu Lokos Burg und in sein Labor hinein ist von weiteren Herausforderungen und weiteren hilfsbereiten Wesen geprägt. Moldin muss immer wieder seinen Mut und sein Selbstvertrauen unter Beweis stellen, besonders als er am Schluss dem mächtigen Loko gegenübersteht. Hilfsbereitschaft, Mut, Selbstvertrauen und Zusammenhalt sind Schlüsselbegriffe in dem Hörspiel Moldin.
Es gelingt den Sprechenden für die kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer eine zauberhafte Welt zu erschaffen, die alltägliche Ängste und Themen aufgreift. Es geht darum, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu gewinnen, auch wenn diese noch nicht ausgereift sind. Man soll an sich selbst glauben und auf seinen Instinkt vertrauen. Diese Botschaft wird durchwegs im Hörspiel vermittelt. Doch nicht nur Selbstvertrauen ist wichtig, sondern auch der Zusammenhalt und die Hilfe von anderen Wesen in vermeintlich aussichtslosen Situationen. Moldin beweist, trotz seiner fehlenden Erfahrung, großen Mut und Stärke und zeigt, was man alles erreichen kann, wenn man an sich selbst glaubt. Untermalt wird das spannende Abenteuer von Musik, die den Charakter der einzelnen Situationen angemessen einfängt. Die Sprecherinnen und Sprecher hauchen dem Protagonisten sowie den anderen Geschöpfen Leben ein. Dabei ist es als Zuhörerin oder Zuhörer möglich mitzuverfolgen, wie Moldin nach und nach seine Ängste überwindet. Es wird deutlich, dass es nicht schlimm ist, sich vor etwas zu fürchten, weil das normal ist. Wichtig ist dabei nur, sich seinen Ängsten zu stellen und den Mut aufzubringen, sie zu überwinden. Begleitet wird das Hörspiel dabei nicht nur von passender Musik, sondern auch von einer sehr bildhaften Sprache des Erzählers, die die Fantasie anregt, sich die zauberhaften Welten wirklich vorzustellen. Moldin wurde 2013 mit dem Ohrkanus als das beste Hörspiel für Kinder und Jugendliche ausgezeichnet.
Die abenteuerliche Geschichte des jungen Zauberlehrlings und seines Gefährten erstreckt sich über drei Audio-CDs und eine Spielzeit von 168 Minuten. Zwar richtet sie sich an Kinder ab sechs Jahren, schafft es aber dennoch auch, Erwachsene in ihren Bann zu ziehen und Spannung aufrechtzuerhalten. Das liegt wahrscheinlich daran, dass jeder von uns neuen Mut gebrauchen kann, um die Abenteuer und Herausforderungen des alltäglichen Lebens zu meistern.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Cornelia Pläsken
Beitrag als PDFEinzelansichtElisabeth Jäcklein-Kreis: Ahoi, da gibt‘s was auf die Ohren ...
Lüttner, Kai (2012). Achtung, Milchpiraten. Lesung für Kinder mit Bürger Lars Dietrich und Leon Seibel. 1 CD, Laufzeit ca. 75 Minuten. Der Audio Verlag.Lagerfeuer. Würstchen. Milch. Piratensongs. Die Milchpiraten haben ihren ersten Ferientag und alles ist bereit für die Piratenparty des Jahres in Brunos Garten. Eine Party, wie sie nur echte Abenteurer feiern können, die mit allen Wassern gewaschen sind! Ohne langweilige Erwachsene (die das Lagerfeuer nur wieder verbieten) und nervige Mädchen (iiih). Besser wäre es gewesen, sie hätten sie auch ohne Bubi gemacht. Der kleine Tollpatsch bringt es nämlich fertig, sich nicht nur im Haus, sondern dort auch noch im Bad einzusperren und beide Schlüssel hintereinander die Toilette runter zu spülen. Jetzt schallt nicht mehr Aaargh mit drei ‚a‘, sondern stattdessen ein eher verzagtes Hiiilfe mit drei ‚i‘ durch das Piratenhauptquartier und die tapferen Kielratten stehen erst vor zwei verschlossenen Türen, dann außerdem vor einem herausgebrochenen Türrahmen, einem zersplitterten Treppengeländer, einem vollgebluteten Teppich, einer großen Beule an Tetjes Kopf … und insgesamt vor allerlei Schlamassel. Was tun als echte Helden? Bruno knurrt und macht krasse Karatebewegungen. Swanni macht Fotos. Der Mater-Kater Erwin maunzt. Schlaubi denkt komplizierte Sachen. Birk putzt eins ums andere Mal seine Brille. Aber das bringt doch alles nichts! Wie Bubi aus dem Bad und die Kuh vom Eis kommen, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten – klar ist, die Piraten brauchen ihren ganzen Mut, Grips und ein Quäntchen Glück, um diese legendäre Party heil zu überstehen, aber am Ende ist alles in Butter bzw. Milch und die Jungs haben sich als echte Piraten bewiesen!
Für alle Landratten, die nicht live dabei waren, gibt es die abenteuerliche Party zum Glück zum Nachhören, als Hörspiel. Bürger Lars Dietrich und Leon Seidel standen dafür vor den Mikros und bringen die Abenteuer von Oberpirat Matz und seinen Freunden nach Hause – Bürger Lars Dietrich als witziger, abenteuerlustiger Erzähler und Leon Seidel, der mit charmanter prä-stimmbruch-Stimme die Tagebucheinträge – pardon– das Freimaurer-Logbuch, Piraten-Pergament, die Abenteurer-Aufzeichnungen, Säbelwetzer-Erinnerungen, das Rabenschwarzen Schwarzbuch, die blutige Piratenkladde – nun ja – von Oberpirat Matz zum Besten gibt. 75 Minuten lang entführen die beiden Erzähler ihr Publikum auf die kleine, schweinsohrige (wie das Gebäck, nicht wie das Tier!) Insel Pong, wo Matz und seine Freunde ihre Abenteuer bestreiten. Diese Abenteuer sind zuallererst aus der Feder von Kai Lüttner geflossen – und, das sei als Schmankerl angemerkt, werden auf der CD von Lüttners etwa dreijährigem Sohn mit herzerweichender Krächzstimme angekündigt, die allein das Werk schon hörenswert macht. Und sie sind richtiger Abenteuer-Stoff für echte Milchbart- Helden. Charmante, nette, einzigartige Protagonisten, jeder mit seinen eigenen Stärken und Schwächen, ein großes Abenteuer, das gut genug ausgeht, um nicht zum Stoff für Albträume zu werden – für junge Zuhörerinnen und Zuhörer im Vorschul- oder jungen Grundschulalter bietet die CD viel zum Lachen und gebannt Lauschen, zum Mitfiebern und Identifizieren und zum Träumen von eigenen, piratenstarken Abenteuern.
Gerade weil sich so viele Helden in Brunos Garten tummeln, die alle unterschiedlichere Persönlichkeiten nicht sein könnten, können die jüngsten Piraten- Fans sich gut eingliedern in die Bande und ihren eigenen Platz finden. Zwar sind 75 Minuten für die junge Zielgruppe eine recht lange Zeit, wenn man ruhig sitzen und lauschen muss – das wäre den Milchpiraten sicher allesamt zu langweilig! Aber das Abenteuer ist in 27 mundgerechte Häppchen aufgeteilt und bleibt so auch viele Abende lang spannend. Für junge Hörerinnen und Hörer, allein oder gemeinsam, zu Hause auf dem Sofa oder in der Kuschelecke im Kindergarten – die Geschichte ist kurzweilig, witzig und kindgerecht, hat keinerlei Pädagogischen Nimbus und bietet trotzdem so viel, was die Jüngsten brauchen, um ihre ‚Großwerd‘-Fragen zu behandeln.
Identifikationsfiguren, Vorbilder, Spaß, ein Abenteuer in sicherer Umgebung … Wer die Milchpiraten nach der gemeinsam überstandenen Ferienparty ins Herz geschlossen hat, kann sie danach auch online besuchen ( www.diemilchpiraten.de ) oder mit ihnen oder ihren weiblichen Konterparts, der Mädelsbande Medels von der Insel Ping noch einige andere Abenteuer bestreiten – langweilig wird es mit den tapferen Gesellen bestimmt nicht. Was bleibt zu sagen? Klar: Aaargh! Mit drei ‚a‘.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
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Keine Angst vor kleinen Medien …
Internet ABC (Hrsg.) (2010). Schwerpunkt: Handy und Internet. Multimediale Alleskönner zwischen Möglichkeiten und Gefahren. www.internet-abc.de/eltern/bin/145554-145762-1-swp_handyint.pdf [Zugriff: 17.12.2013].
Handysektor (Hrsg.) (2013). Apps to go. Smartphone, App & Satellit. www.handysektor.de/index.php?id=75 [Zugriff: 17.12.2013].
Stiftung Medienpädagogik Bayern (Hrsg.) (2013). Apps sicher nutzen. Mobile Geräte in Kinderhand. www.stiftung-medienpaedagogik-bayern.de/?MAIN_ID=21&NAV_ID=82 [Zugriff: 17.12.2013].
Fiepend, blinkend und ratternd hat es sich eingeschlichen in den Familienalltag, hat sich seinen Platz am Tisch, auf dem Sofa und in der Hackordnung erkämpft und sitzt da nun, strahlt zufrieden und lacht sich ins Fäustchen über seine gelungene Infiltration des Familienlebens. „Handyyyy“ kreischt es zu allen denkbaren Gelegenheiten, kleine Hände strecken sich gierig nach dem ersehnten neuen Familienmitglied und fordern, dass darauf Musik gespielt, Bilder gezeigt, Videos geöffnet werden mögen – während das auf elterlicher Seite nicht immer reine Freude hervorruft. Vielmehr schwanken die Gemüter zwischen Erleichterung darüber, dass der neue Spielkamerad es schafft, das Kind minutenlang zufriedenzustellen und anschließend ohne aufgeschürfte Knie und verlorene Socken zurückzulassen – und Skeptik darüber, ob ein kleines Küken, das etwa 27 Mal täglich dem Traktor zum Opfer fällt, wirklich der Gipfel der pädagogischwertvollen Kinderunterhaltung ist. Klar ist: Das Handy ist gekommen, um zu bleiben.
Offen bleibt: Was lässt sich damit anstellen, das Eltern, Kindern und dem Haussegen im Ganzen zuträglich ist? Mit dieser Frage stehen Eltern leider nicht selten eher ratlos da. Woher sollen die guten Apps kommen, wenn der Appstore mit seiner Flut an Bildchen und Sternchen nur Reizüberflutung verursacht? Woher soll man wissen, wann Handys – und natürlich auch all die anderen mobilen Geräte – in Kinderhand ‚gut genutzt‘ sind, wenn Engelchen und Teufelchen auf den Schultern und in personam (un)heilversprechender Ratgeber fast nur „Nie!“ und „Immer!“ krakeelen? Der Trick ist, wie so oft: Selbst denken. Wachsam sein. Ausgewogen agieren. Hinterfragen. Prüfen. Kriterien sammeln und anwenden. Stets nachfragen. Alle Eventualitäten im Blick haben. Klingt kompliziert? Muss es aber gar nicht sein, denn es gibt durchaus Angebote, die genau dabei unterstützen. Die sich nicht in die Reihen der Schwarz-Weiß-Maler einsortieren, sondern an den Fragen der Eltern ansetzen und auf dem Weg zu einer aufgeklärten, bewussten und aktiven Mediennutzung unterstützen wollen.
Apps sicher nutzen heißt beispielsweise eine Broschüre, die die Stiftung Medienpädagogik in Bayern herausgegeben hat, gestaltet wurde das Heft von jugendschutz.net. Die Broschüre besteht aus übersichtlichen 30 Seiten und kann auf den Seiten der Stiftung Medienpädagogik kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden. Wie der Name schon vermuten lässt, beschäftigt sich das Heft weniger mit den Wünschen und Vorstellungen von Kindern und Eltern, sondern wirft den Blick gezielt auf Fragen der Sicherheit: Es geht um potenzielle Risiken und deren Enttarnung, um Kostenfallen und Werbung, um Datenschutz und Sicherheitseinstellungen in (mobilen) Browsern. All diese Informationen sind übersichtlich und ansprechend aufbereitet, in kurzen, gehaltvollen Texten mit vielen Hintergrundinformationen, praktischen Beispielen und Tipps zur Umsetzung. Zahlreiche Bilder und Screenshots machen die Broschüre nicht nur bunt, sondern auch die Anleitungen verständlich. Und als Schmankerl gibt’s obendrauf drei ‚Apptipps für Eltern‘ (zu den Apps von Internet ABC, FLIMMO und Schau hin!) und eine kleine Liste mit (medienpädagogischen) Anlaufstellen zum Thema. Insgesamt ein sehr schönes Heft, wenn auch leider thematisch sehr eng. Nach der Lektüre können Eltern zwar problemlos jeden Browser kindersicher machen, sind aber immer noch ratlos, was Kinder brauchen und suchen, was ihnen Spaß macht und wie Medien kompetent und sicher genutzt werden können, unabhängig von technischen Einschränkungen. Also auf zum nächsten Angebot – beim Internet ABC werden wir fündig. Ein ‚Newsletter‘ kann dort heruntergeladen werden mit dem Titel „Schwerpunkt: Handy und Internet. Multimediale Alleskönner zwischen Möglichkeiten und Gefahren“. Der betrachtet das Thema tatsächlich von einer viel allgemeineren Warte aus und packt auf nur etwa halb so viele Seiten doppelt so viele Themen. Es gibt Informationen zu Verträgen und sinnvollen Nutzungsarten, zu Handys als Kostenfalle und problematischen Inhalten, zu Regeln, kreativer Handynutzung und vor allem gibt es sehr, sehr viele Links. Jeder Themenpunkt besteht aus einem kurzen Text, teils sehr sachlich und informativ, teils praktisch-unterstützend, und mindestens einem bis drei Links zu weiterführenden Informationen, Anleitungen, Tipps und Tricks. Als schnelle Anleitung zum Zwischendurch-Lesen eignet sich der Newsletter daher nicht – dafür ist er aber wohl auch nicht gedacht. Für Eltern auf Informationssuche dagegen bietet er einen Ausgangspunkt, um sich mit fast allen Themen rund um mobiles Internet zu beschäftigen und liefert Anregungen und Klicktipps für jede Frage und Lebenslage.
Egal, ob Viel-Leser oder Schnell-Leser, technische oder inhaltliche Frage – ein Angebot darf rund um das Thema Handy natürlich auf keinen Fall unterschlagen werden: Bei handysektor.de gibt es zwar keine heftförmige Schnell-Einführung, dafür aber eine ganze Homepage rund um Handy und Co. und dort bleiben nun wirklich keine Fragen mehr offen. Sortiert nach Themen und Fragen, aufgeteilt in Bereiche für Kinder, Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen und sowohl helfend-unterstützend bei Problemen und Unsicherheiten als auch kreativ-inspirierend zur ‚anderen‘ Handynutzung bietet die Seite ein Panoptikum an Infos, Tipps und Hilfen, die den Umgang mit dem Handy im wahrsten Sinn zum ‚Kinderspiel‘ werden lassen. Und wer wirklich alles auf einen Blick braucht, kann sich den Flyer Apps to go herunterladen und an den Kühlschrank hängen, dann bleibt schon beim Frühstücks-Milch-holen der Lerneffekt nicht aus. Für das Wissen ist also gesorgt, was hält Familien nun noch auf, begeistert und kompetent dem Handy sein Plätzchen zuzuweisen? Die nächste Herausforderung lässt leider nicht lange auf sich warten. Denn selbst wer genau weiß, wie eine gute Kinder-App aussehen müsste, wer gewappnet ist, mit dem Kind zu spielen und zu basteln, wer Kostenfallen erkennt und Werbung mühelos identifiziert – bricht schnell erschöpft zusammen, wenn er aus der Fülle der Apps in den diversen ‚Stores‘ die ‚guten‘ auswählen soll. Kann man den Kategorien in den Stores glauben? Sind die Vorschaubilder immer aussagekräftig? Bedeuten fünf Sterne auch ‚pädagogisch wertvoll‘? Oder ist vielleicht einfach die teuerste App die beste? Damit nicht kurz vor dem Ziel die ganze, schöne Motivation an der Unübersichtlichkeit des Angebotes zerbricht, gibt es auch dafür nette Unterstützung von verschiedenen Seiten. Die Zeitschrift familie etwa widmet einen Bereich ihres Online-Auftritts dem Thema Apps (www.familie.de/kinder-apps). Circa 40 „kindgerechte“ Apps werden dort in einer Art ‚Best-of‘-Fotoshow vorgestellt, „damit Ihr Nachwuchs nicht auf die falschen Tasten kommt.“ Zu jeder App gibt es ein Bild, drei Zeilen Erklärung und die Short Facts Name, Preis, Betriebssystem. Weitere Erklärungen, eine pädagogische Rahmung oder Kriterien der Auswahl fehlen, auch wird nicht klar, ob diese Liste weiter gepflegt wird – dennoch lassen sich ein paar schöne Anregungen finden.
Deutlich ausführlicher geht es zu bei www.bestekinderapps.de. Hier hat die ganze Seite nur eine Mission: Apps zu sammeln, zu katalogisieren, zu bewerten und vorzustellen. Unterteilt nach ‚Altersempfehlung‘ (Apps für Babys, Kinder von 1-3, 4-6, 7-9, 10-12+, Eltern), ‚App Stores‘, ‚Kinder Lern Apps‘, ‚Kinderbuchapps‘ finden sich hier Apps für jede Lebenslage, je ausführlich und verständlich rezensiert, bebildert, teils bieten Beispiel-Videos einen Einblick in die Funktionsweise. Leider ist auch hier über die (pädagogischen) Hintergründe der Seite und die Autorinnen und Autoren der Rezensionen wenig herauszufinden, einzig dass die Seite über Werbung und ein Partnerprogramm mit amazon finanziert wird, stellt doch einen Wermutstropfen in der Glaubwürdigkeit der Seite dar, denn es wird nicht immer klar, ob eine App wirklich ein grandioses Fundstück oder vielleicht einfach ein lukratives Angebot für die Finanzierung der Seite ist. Definitiv von guten Motiven beseelt, dafür (noch) nicht ganz so umfassend sind die Empfehlungen bei klicktipps: www.klick-tipps.net/kinderapps. Seit Anfang 2013 werden dort monatlich zwei Apps vorgestellt, eine von klick-tipps selbst, eine von der Stiftung Lesen ausgewählt. Die Tipps sind optisch ansprechend präsentiert, sortiert nach Altersempfehlung und Betriebssystem und inhaltlich gegliedert nach Basic Facts (Name, Preis, Sprache, Altersempfehlung), Inhalt, Bedienbarkeit, Fazit (bis zu fünf Kleckse mit kurzer Begründung) und Sicherheit. Im Punkt Sicherheit steht oft noch ein Tipp für Eltern oder Links zu Informations- und Hilfsangeboten zum Thema Sicherheithilfseinstellungen. Und dank ‚Adventskalender‘-Aktion präsentiert die Seite Ende 2013 auch statt eigentlich 24 bereits 48 Apps, sorgfältig ausgewählt, liebevoll vorgestellt und garantiert sorgenfrei einsetzbar. Nun, liebe Kandidatin und lieber Kandidat, dürfen Sie sich also entscheiden: Alles auf einen Blick oder das große Paket für Handy-Profis in spe? Eine kleine, aber feine Auswahl an Kleinodien der App-Flut oder die Schatzkiste an Apps zum Stöbern, Finden und selbst Auswählen? Nur eine Option gibt es nicht mehr: Überfordert mit den Schultern zucken.
Maya Götz (Hrsg.) (2013). Die Fernsehheld(inn)en der Mädchen und Jungen. Geschlechterspezifische Studien zum Kinderfernsehen. München: kopaed, S. 880, 29,80 €.
Mit dem Eintrag der Hebamme nach der Geburt ist das Geschlecht eines Kindes erst mal klar. Schon bald wird sich das Kind selbst ein Bild von sich als Mädchen oder Junge machen. Ein Teil dieser Genderbilder ergibt sich aus der gelebten Welt. Das Kind beobachtet Verhalten, Machtverhältnisse und Rituale in seiner Umgebung. Doch darüber hinaus werden die Vorstellungen über Geschlechterzuordnungen auch von in der Gemeinschaft des Kindes kursierenden Bildern und Geschichten beeinflusst. Hauptlieferant für diesen Pool an Bildern sind Massenmedien, bei Kindern allen voran das Fernsehen. Das vorliegende Buch von Maya Götz fasst 21 Studien des Forschungsschwerpunktes Fernsehlieblingsfiguren und ihre Bedeutung für Mädchen und Jungen zusammen. Da bisher Studien gefehlt haben, die vor dem Hintergrund von Geschlechterforschung explizit Fragen der Jungen- und Mädchenförderung nachgehen und praxisrelevante Perspektiven für eine Qualitätsverbesserung aufzeigen, konnte die Autorin mit einer knapp zehn Jahre langen Forschungsarbeit diese Lücke schließen. Das umfangreiche Buch ist in fünf Teile gegliedert, in denen die unterschiedlichen Untersuchungsabschnitte dargestellt werden. So wurden in der bisher größten geschlechterspezifischen Medienanalyse zum Kinderfernsehen die fiktionalen Programmangebote aus 24 Ländern untersucht.
Der Schwerpunkt der Forschung aber lag auf der Frage, wie Kinder und Jugendliche mit den Heldinnen und Helden des Fernsehens umgehen, welche Bedeutung diese in ihrem Alltag haben, wie sich die Aneignungsweisen in unterschiedlichen Ländern unterscheiden und was einzelne Figuren attraktiv und dadurch zu Lieblingsfiguren der Mädchen und Jungen werden lässt … Der letzte Teil des Buches ist denjenigen gewidmet, die Kinderfernsehsendungen produzieren. Hier geht es zum einen darum, welche Bedeutung diese der Kategorie Gender zusprechen. Die Produzierenden wurden nicht nur von den Forschenden zu diesen Fragen interviewt, auch die Kinder selber hatten die Möglichkeit, ihnen mitzuteilen, was sie persönlich daran stört, wie Mädchen und Jungen dargestellt werden und was die Verantwortlichen daran ändern sollten. Maya Götz hat mit dieser Forschungsarbeit einen erheblichen Teil zur Gender-Forschung bei Kindern beigetragen und das in einem sehr gut geschriebenen und aufgebauten Buch zusammengefasst. Es gehört wohl zu den umfassendsten Werken geschlechterspezifischer Studien zum Kinderfernsehen.
Dabei beschränkt sie sich nicht nur auf eine deutschlandweite Untersuchung, sondern nimmt internationale Vergleiche in das Zentrum der Betrachtung. So vielseitig wie die Themen, sind auch die angewandten Methoden der Studien. Maya Götz legt sich hier nicht auf quantitative oder qualitative Forschung fest, sondern versucht allen Ansprüchen der Verbindung von unterschiedlichen Methoden gerecht zu werden. Dabei ist vor allem die Forschung mit Kindern mit vielen Hürden behaftet, da diese ihre Gefühle und Beweggründe häufig noch nicht klar artikulieren können, und verlangt ein großes Maß an Geduld, Einfühlungsvermögen und Kreativität. Genau das wurde in den Studien gut umgesetzt. Beispielsweise hatten die Kinder die Möglichkeit, den Fernsehproduzentinnen und -produzenten Briefe mit Bildern zu schicken, in welchen sie ihre Kritik und Verbesserungsvorschläge ansprechen konnten. Hier ergeben sich für die Forschung sehr interessante, auch kulturabhängig, Vorstellungen aus Sicht der Kinder, was gutes Kinderfernsehen und die Fernsehheldinnen und -helden ausmachen. Die Menge der Studien und die gut eingesetzten Methoden ermöglichen eine sehr umfassende und tiefgehende Untersuchung der Fernsehfiguren und der dadurch geprägten Lebenswelten der Kinder. Schon allein die Dauer der Forschungszeit mit knapp zehn Jahren, lässt auf den Umfang der darin enthaltenen Informationen schließen.
Die Forschungsergebnisse geben einen weitreichenden Einblick in die Gender- Repräsentation im Kinderfernsehen und zeigen konkrete Ansätze zur Förderung der Qualität im Kinder- und Jugendfernsehen auf.
Schmidt, Jan-Hinrik (2013). Social Media. Wiesbaden: Springer VS. 108 Seiten, 9,99 €.
Sie sind, so scheint es, ein Fass ohne Boden. Eine Revolution für unsere Kommunikation, eine Herausforderung für den Journalismus, ein Schatzkästchen für die Wissenschaft, Fluch und Segen für unsere Beziehungen. Soziale Medien haben das tägliche Leben in allen Bereichen umgekrempelt, wie wenig zuvor. Wie schaffen sie das? Was haben soziale Medien, was andere nicht haben? Was machen sie mit uns, was wir mit ihnen? Wie ist das alles zu bewerten? Das sind die Fragen, die durch Köpfe, Foren, Artikel, Gespräche, Studien und Bücher geistern und auf die es an verschiedenen Stellen verschiedenste Antworten gibt. Die neuesten stehen im Buch Social Media, das Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg verfasst hat. Nur 108 Seiten ist das handliche Werk dick, bei nur 12,5 auf 19 cm Größe und macht seinen Reihentitel Medienwissen kompakt damit durchaus glaubwürdig: Ein kompaktes Hosentaschen-Format für ein großes Thema. Dass das Buch keine langen Abhandlungen und komplizierten Betrachtungen enthält, hat aber System: In knapper, verständlicher Form möchte es wissenschaftliche Erkenntnisse präsentieren, verkündet der Verlag. Für Studienanfänger oder Quereinsteiger gebe es Orientierung und für ‚Kenner der Materie‘ neue Perspektiven. Dabei ist die inhaltliche Spannweite ganz und gar nicht ‚knapp‘. Angefangen mit der Frage „Was sind soziale Medien?“ in Kapitel 1 hangelt sich Schmidt über „Selbstdarstellung und Privatsphäre“ und „Medienöffentlichkeit und Journalismus“ hin zur Frage nach „Teilhabe in Wissenswelten“ und dem „Partizipationsparadox“.
Auf je circa 20 Seiten nähert sich Schmidt seinem Thema und schafft es tatsächlich, knapp und verständlich die wichtigsten Informationen auf wenige, kleine Seiten zu packen. Er macht in seiner Einleitung einen Ausflug in die Untiefen der Angebote im Social Web, betrachtet Blogs, Wikis und Netzwerke und entlässt seine Leserschaft mit den klassischen Fragen der Kommunikationswissenschaft in die nächsten Kapitel: Was machen die(se) Medien mit uns? Was machen wir mit ihnen? Anschließend lenkt er den Blick auf die Frage nach Öffentlichkeiten, diskutiert die Eigenschaften privater und journalistischer Öffentlichkeiten, stellt ihre Vermengung in sozialen Medien ebenso wie ihr dadurch entstandenes Konkurrenzverhältnis dar und diskutiert, inwieweit technische Lösungen und/oder soziale Normen diese verwischte Grenzziehung ersetzen oder vereinfachen können. Vom Journalismus schließlich gelangt er zu Wissenswelten ganz allgemein, beschäftigt sich ein Kapitel lang mit Algorithmen, Wikis und Partizipation und diskutiert sozusagen als Finale das ‚Partizipations-Paradox‘, also die Zwickmühle, in der man steckt, wenn man ‚echte‘ Teilhabe in kommerziell betriebenen Plattformen umsetzen möchte. Zum guten Schluss bringt Schmidt als Fazit auf den Punkt: Soziale Medien machen Informationen zugänglich und unterstützen zwischenmenschliche Beziehungen.
Sie treiben Individualisierung, das ‚Projekt Ich‘ voran und sind so für manche ein lang ersehnter Befreiungsschlag, für andere wiederum eine echte Bürde. Anschließend gibt es ein paar Literaturempfehlungen, ein kurzes Glossar und schon ist das Buch wieder zu Ende. Zu sagen bleibt: Seinem Ziel, kurz, knapp und verständlich zu sein, wird der kleine Band durchaus gerecht. Schmidt nutzt seinen Platz für nachvollziehbare und praktische Erklärungen, es gibt keine Abbildungen, es werden kaum Studien zitiert oder Meinungen ausführlich diskutiert. Stattdessen werden Fragen und Themen aufgeworfen, Ansätze knapp dargestellt und zusammengefasst. So schafft Schmidt es, einen klaren und übersichtlichen Einstieg in ein komplexes Thema zu bieten, Leserinnen und Lesern zur versprochenen ‚Orientierung‘ zu verhelfen und mit den wichtigsten Fakten, Ansätzen und Themen eine solide Wissensbasis für die weitere Beschäftigung mit dem Thema zu schaffen – die dann gleich in den vorgestellten Literaturverweisen passieren kann. Schade ist lediglich, dass erst im Buch klar wird, dass es sich hauptsächlich auf Fragen der Öffentlichkeiten und deren Ausprägungen, Erscheinungsformen und Bewertungen konzentriert.
Andere, interessante Aspekte des Themenkomplexes ‚Social Media‘, etwa veränderte Kommunikations- und Beziehungsmuster, Aneignung durch Jugendliche, Einsatz für Bildungszwecke, ethische Herangehensweisen et cetera werden nur gestreift oder ganz verschwiegen. Das ist natürlich nicht verwerflich, sondern kann einer differenzierten Behandlung nur zu Gute kommen – allein der Titel „Social Media“, der auf keinerlei Schwerpunktsetzung verweist, könnte in dem Fall klarer sein.
Schulze, Anne (2013). Internetwerbung und Kinder. Eine Rezeptionsanalyse. Wiesbaden: Springer VS. 250 S., 39,99 €.
Grundschulkinder gehen mit Medien und Medieninhalten anders um als Jugendliche und Erwachsene, da ihre Kompetenz Inhalte zu deuten und zu interpretieren noch nicht so ausgeprägt ist. Das heißt, dass auch Werbung auf Kinder eine andere Wirkung haben kann als auf Erwachsene. Wie genau es um die Wirkung von Internetwerbung auf Grundschulkinder und deren Internetwerbekompetenz steht, hat Anne Schulze in ihrer Dissertation untersucht. Zu Beginn erläutert sie die Themen Kinder und Medien auf theoretischer Basis. Dabei beschreibt die Autorin die Mediennutzung von Kindern einerseits im Kontext allgemeiner Mediennutzung in Bezug auf das Internet und andererseits durch die spezielle Betrachtung des Internetumgangs von Kindern. Neben den Medien im Allgemeinen konzentriert sie sich auf Werbung als Teilbereich der Medien. Dafür wird der Begriff Werbung zunächst definitorisch aufgearbeitet, um die große Bedeutungsbandbreite aufzuzeigen. Die Betrachtung von Kindern als Werbeadressaten schließt sich an die Definitionen an und wird in klassische Medien sowie Internet differenziert. Auch Determinanten des kindlichen Umgangs mit Werbung thematisiert die Autorin. Dazu zählen der ökonomische Stellenwert für die Werbewirtschaft, den Kinder besitzen, sowie entwicklungsbedingte Faktoren der Erfassung und Verarbeitung von Werbung. Im dritten theoretischen Teilbereich geht es um Verantwortlichkeit bezüglich des Schutzes von Kindern vor Internetwerbung.
Die Perspektive des Kinder- und Jugendschutzes wie auch die Erläuterung von Internetwerbekompetenz werden hier miteinbezogen. Letzteres unterteilt sich wiederum in die Beschreibung von Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation, Werbekompetenz, Internetkompetenz und eine Zusammenführung der letzten beiden Kompetenzen.Nach dem theoretischen Rahmen erläutert Anna Schulze ihr Methodendesign. Die Datenerhebung fand mittels teilnehmender Beobachtung und Leitfadeninterviews statt, um einen direkten Zugang zum Nutzungsverhalten der sieben- bis elfjährigen Kinder herzustellen. Für die Messung der Einflussnahme der kognitiven Entwicklung, wurde ein renommiertes psycho-diagnostisches Testverfahren, der Culture Fair Intelligence Test (CFT), angewendet. Um Hintergrund- und Kontextinformationen über die Internetnutzung der Kinder zu erhalten, führte sie Elternbefragungen mithilfe eines standardisierten Fragebogens durch. Bei der Analyse wurden verschiedene qualitative und quantitative Auswertungsverfahren angewandt, um die Daten auf bestmögliche Weise miteinander in Verbindung zu bringen. Die Analyse ergab, dass es vier Internetnutzungs- und Internetwerbekompetenzstile bei Grundschulkindern gibt: ‚Internetwerbung ist für mich persönlich uninteressant‘, ‚Die familiär Sozialisierten‘, ‚Internetwerbung – nein danke‘ und ‚Die magisch denkenden Fans von Internetwerbung‘.
Beim Erkennen von Werbung zeigt sich, dass diese als solche erkannt wird, wenn sie mit ‚Werbung‘ oder ‚Anzeige‘ gekennzeichnet ist. Wenn allerdings die Werbung subtiler in die Seite eingebaut ist, kann sie von Grundschulkindern seltener als solche identifiziert werden. Gleichzeitig ergab die Studie aber, dass Kinder Internetwerbung keine Aufmerksamkeit schenken, da sie keinen direkten Bezug dazu haben und sie eher noch als störend empfinden, weil sie nichts mit ihren primären Handlungszielen zu tun hat. Außerdem zeigte sich ein Zusammenhang des reflektierten Umgangs mit Internetwerbung und des familiär erlernten Internetumgangs. Kinder, die von ihren Eltern gelernt haben, wie man mit dem Internet umgeht, gehen reflektierter mit Internetwerbung um. Anne Schulze hat sich mit diesem Thema an einen wenig erforschten Bereich herangewagt, der bedeutsam für die heutige Zeit ist. Sie umreißt die grundlegenden theoretischen Hintergründe und schafft so für diese Thematik eine solide Wissensbasis. Die Intention der Studie, die Wirkung von Internetwerbung auf Grundschulkinder zu erforschen und sich ein Bild über ihre Internetwerbekompetenz zu machen, ist ihr zum größten Teil gelungen. In der Diskussion konkretisiert sie die Ergebnisse und bringt sie verständlich auf den Punkt. Allerdings fällt dabei die Zusammenfassung deutlich knapper aus als erwartet.
Dennoch schafft es die Autorin, die wissenschaftlichen Ergebnisse nicht nur stur aufzuzählen, sondern gleichzeitig auch praktische Handlungsanleitungen daraus abzuleiten. Schlussendlich beweist Anne Schulze nicht nur, dass sie die Forschungslücke erfolgreich angegangen ist, sondern dass sie zusätzlich wichtige Hinweise und Vorschläge für weiteres wissenschaftliches Vorgehen aufzeigen kann und dadurch die Forschung in dieser Richtung voranbringen will.
„Chatten. Teilen. Schützen!“
Sicher im Netz unterwegs sein, dabei jede Menge Spaß haben und tolle Angebote kennen lernen – so sieht wohl der perfekte Einstieg in das Medium Internet aus. Helfen kann dabei ein neues Materialpaket, das das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegeben hat. jugendschutz.net hat das Materialpaket inhaltlich erarbeitet und zusammengestellt. Es enthält zwei Webcam-Sticker „Stop! Geheim“, ein Plakat mit Chat-Tipps und einen ergänzenden Flyer für Lehrer und Lehrerinnen sowie Eltern. Dass man über Webcams, Handykameras und Ähnliches ausgespäht werden kann, wissen mittlerweile auch viele Kinder und sind dadurch verunsichert. Einen Schutz davor bieten die zwei Webcam-Sticker, deren Verpackung auch gleich mit ein paar Tipps versehen ist: z. B. „Mein Passwort ist geheim! Für jeden!!“ und „Mit Online-Bekannten treffe ich mich nicht.“ Ergänzt werden diese Richtlinien um Tipps für Communitys, die Kindern ab sechs Jahren und ab zehn Jahren einen sicheren Raum zum Sammeln erster Erfahrungen bieten.
Das Plakat „Chatten. Teilen. Schützen!“ fasst, unterstützt von kindgerechten Grafiken, die wichtigsten Regeln im Chat und für weitergehende Angebote, wie Download-Portale, zusammen. Auch das Plakat wird von Linktipps ergänzt.Der Flyer für Eltern, den auch Pädagoginnen und Pädagogen nutzen können, erklärt zunächst einmal, was Soziale Netzwerke sind, wie sie funktionieren und was daran für Kinder besonders faszinierend ist. Darüber hinaus gibt er Hilfestellung dazu, wie das Surfen im Netz sinnvoll in den Familienalltag integriert werden kann, wo Gefahren lauern und wie man diesen begegnen sollte: zum einen durch das Installieren des Kinderservers, zum anderen durch die gemeinsame Entdeckung sicherer Seiten, auf die bestimmte Qualitätsmerkmale anwendbar sind. Das Paket bestellen bzw. teilweise herunterladen kann man unter:
Aktion Jugendschutz (ajs) (2013). Acht- bis Dreizehnjährige. Wir sind doch keine Babys mehr! Schriftreihe Medienkompetenz, Band 2. Stuttgart: Aktion Jugendschutz Baden- Württemberg, 68 S., 6,00 €.
Zwischen acht und 13 Jahren gibt es im Leben von Heranwachsenden eine schwierige Phase – der Übergang zwischen Kindheit und Jugend. Deshalb konzentriert sich Band 2 der Schriftreihe Medienkompetenz auf diese Gruppe. Was kennzeichnet die Entwicklungsphase der Acht- bis 13-Jährigen? Welche Rolle spielen die Medien? Welche Unterstützung benötigen Kinder für einen kompetenten Medienumgang? Burkard Fuhs geht zunächst auf die Entwicklungsaufgaben und mediale Freizeit von ‚jungen Jugendlichen‘ und die Bedeutung der Medienkultur für diese ein. Christine Feil beleuchtet daraufhin die Internetnutzung der Heranwachsenden. Nutzungshäufigkeit, Nutzungsdauer, Motive für und Einflüsse auf die Internetnutzung werden hier beschrieben. Ursula Arbeiter widmet sich einem anderen wichtigen Thema, den sozialen Netzwerken.
Es gibt durchaus kindgerechte Angebote, die diese dabei unterstützen, zunächst in einem geschützten Surfraum Erfahrungen zu sammeln. In ihrem Beitrag stellt Arbeiter exemplarisch zwei Internetseiten für Kinder ab acht Jahren vor: Das SWR-Kindernetz – Netztreff und den knipsclub. Danach widmet sich Michael Gurt der Orientierungsfunktion von Fernseh-Serien wie Two and a half men, Germany’s next Topmodel und Berlin Tag und Nacht. Mirjam Niketta geht auf den kompetenten Umgang der Acht- bis 13-Jährigen mit Werbung ein und wie sie diese zu erkennen und zu hinterfragen lernen. Abschließend fasst Nadine Kloos die Herausforderungen medienpädagogischer Elternarbeit zusammen. Dieser Band, herausgegeben von der Aktion Kinderschutz, Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg ist ein kompakter Ratgeber für wichtige Lebensbereiche der Acht- bis 13-Jährigen. Alle relevanten Themenfelder – Internetnutzung, Fernsehen, Computerspiele und Werbung – werden kurz und nah an der Praxis erläutert.
Aufgrund der Kompaktheit können nicht alle Bereiche medienpädagogischer Arbeit erfasst werden, aber es ist ein guter Einstieg um sich mit dem Themenfeld und der Altersgruppe auseinanderzusetzen. Daher eignet sich der Band sowohl für Lehrkräfte, Eltern als auch medienpädagogische Fachkräfte.
Aktion Jugendschutz (2013). Die Jugendlichen „Wir wissen Bescheid – besser als Ihr!“ Band 3 Schriftenreihe Medienkompetenz. 68 S., 6,00 €.
Beim Thema Medien wissen Kinder und Jugendliche häufig besser Bescheid als ihre Eltern, da sie mit digitalen Medien aufgewachsen sind. Diesen Umstand greift die Aktion Jugendschutz der Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg (ajs) in ihrem dritten Band der Schriftenreihe Medienkompetenz auf. Den Einstieg in die Thematik macht Eike Rösch mit einem Beitrag zur Jugendarbeit im Social Web. Dabei geht es unter anderem um die sinnvolle oder mangelnde Nutzung von sozialen Netzwerken. Datenschutz und Überwachung in der Medienpädagogik sowie die Ratlosigkeit, die oft im Zuge dieser Themen entsteht, behandelt Ursula Arbeiter.
Birgit Goehlnich beschreibt ein Projekt, in dem Jugendliche Gewalt in Filmen beurteilen sollten. Um Pornografie im Alltag von Jugendlichen geht es im Beitrag von Daniel Hajok. Er spricht Umgangsweisen an, geht auf Einflüsse von Pornografie auf die sexuelle Entwicklung ein und zeigt Konsequenzen für die pädagogische Praxis auf. Im darauffolgenden Beitrag schreibt Michaela Zinke über erlaubte und nicht erlaubte Dinge im Netz wie beispielsweise Bücher, Filme, Musik und deren Urheberrecht.
Abschließend informiert Ursula Kluge über medienpädagogische Elternarbeit mit Eltern von Kindern im Jugendalter in Bezug auf Medienerziehung. Dieses Sammelwerk empfiehlt sich besonders für Medienpädagoginnen und Medienpädagogen aus der Praxis wie auch für Fachkräfte aus der Jugendarbeit.
Hafeneger, Benno (Hrsg.) (2013). Handbuch Außerschulische Jugendbildung. Grundlagen – Handlungsfelder – Akteure, 2. Aufl. Schwalbach: Wochenschau. 524 S., 49,80 €
Der Sammelband Handbuch Außerschulische Jugendbildung, der von Benno Hafeneger herausgegeben wurde, definiert die Außerschulische Jugendbildung als Feld, welches weder der informellen Bildung, wie beispielsweise der Jugendarbeit, noch der schulischen Bildung zugeordnet werden kann. Es handelt sich um eine Bildung, die in Workshops, in Bildungsstätten oder in Seminaren stattfindet und Jugendliche sowie junge Erwachsene dazu veranlasst, sich mit speziellen Themen wie beispielsweise den neuen Medien auseinanderzusetzen. Im ersten Teil werden (in zehn Beiträgen) theoretische Grundlagen der Jugendbildung aufgeführt. Dabei geht es unter anderem um Jugendforschung, um rechtliche Vorgaben sowie um finanzielle Aspekte der Außerschulischen Jugendbildung.
Im zweiten Teil werden (in 24 Beiträgen) Handlungsfelder wie die politische Bildung, Interkulturelle Jugendbildung, Soziale Bildung und Medienbildung beleuchtet. In seinem Beitrag über Medienbildung erklärt Uwe Feldbusch zuerst Grundlegendes hierzu, das heißt, er geht unter anderem auf die Medienkompetenz und das Web 2.0 ein. Zudem expliziert er das selbstgesteuerte Lernen mit neuen Medien und benennt anschließend Handlungsfelder wie beispielsweise Wikis, Weblogs sowie Projekte mit neuen Medien.
Das Handbuch richtet sich an Pädagogen und Pädagoginnen, die im Bereich der Jugendarbeit tätig sind, an Studierende dieses Fachbereichs und an diejenigen, die sich für Außerschulische Jugendbildung interessieren.
Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.) (2014). Digitale Jugendkulturen. 2. Auflage, Wiesbaden: Springer VS, 336 S., 36,99 €.
Digitale Jugendkulturen: revisited. So könnte der Herausgeberband Digitale Jugendkulturen auch heißen, der bereits drei Jahre nach seiner ersten Auflage in einer Neuauflage erschienen ist. Bereits im ersten Band ging das Team den Kennzeichen digitaler Jugendkulturen auf den Grund – im Speziellen den differierenden Zwecken der unterschiedlichen digitalen Medien in den jeweiligen Jugendkulturen. Dieser Band knüpft an die Analysen von ‚damals‘ an und lässt gleichzeitig erweiterte und weiterführende wissenschaftliche Erkenntnisse zum Gegenstandsfeld mit einfließen. Gleich im ersten Kapitel grenzt sich der Herausgeber des Bandes, der Kölner Medienpädagoge Prof. Dr. Kai-Uwe Hugger, systematisch von der Homogenisierung digitaler Jugendkulturen ab. Fundiert präsentiert er die These der Heterogenität und kennt der digitalen Jugend und den Jugendkulturen das Partikulare an. Und auf Basis genau dessen, fragt das Gesamtwerk Digitale Jugendkulturen, was das Internet für die Aufrechterhaltung und Strukturierung von Jugendkulturen eigentlich leistet – zwischen Chats, Kommunikationsforen, Online-Communitys und Mobile-Social Networks –, und was digitale Jugendkulturen kennzeichnet; unter Berücksichtigung, dass nicht alle Jugendkulturen Internet, Computer und mobile Endgeräte gleichermaßen verwenden.
Alle folgenden 17 Beiträge lassen sich auf diese Ausgangsdarstellung beziehen und sind dabei in drei Rubriken untergliedert: ‚Kommunikative und kreative Praktiken‘, ‚Identitätssuche und Selbstsozialisation‘ sowie ‚Soziokulturelle Charakteristika und sozialstrukturelle Kontexte‘. Dahinter verbergen sich übersichtliche Grundlagenartikel und exemplarische Studien, aber keine tiefergreifenden Texte. Damit trifft der Sammelband genau seinen intendierten Sinn und Zweck: Das breite Spektrum an Themen und Fragestellungen, das angerissen wird, gibt basis- und aktuelle Einblicke in den neverending Prozess und Wandel jugendkultureller und medialer Praxis. Für Studierende – die meist noch nicht über ein solch breites Vorwissen verfügen – ist dieses Werk daher beispielsweise bestens geeignet.
Die modifizierte Struktur der Kapitelanordnung gegenüber der Erstausgabe ist übrigens auch noch positiv zu erwähnen, da die Leserinnen und Leser nun präzise(r) und differenziert(er) durch die Inhalte geleitet werden.
Limper, Brigitte (2013). Interdisziplinarität und Ästhetische Bildung in der Grundschule. Theorie, Praxis und Evaluation im Kontext von Kunstdidaktik. München: kopaed. 311 S., 19,80 €.
In den Grundschulen hat sich einiges innerhalb der letzten Jahre verändert. Die Ästhetische Bildung hat im Schulkontext an Wertigkeit verloren, weil es hauptsächlich nur noch um Vergleichbarkeit von Leistungen ging. Die Kunstpädagogik wird kaum von Wissenschaftlichkeit begleitet, weil die wenigsten Fachkräfte für diese Richtung ausgebildet sind. Diese Zustände möchte Brigitte Limper mit dem Band Interdisziplinarität und Ästhetische Bildung in der Grundschule angehen. Die Autorin versucht mit anfänglichen Begriffsklärungen von Bildung, Aisthesis, Ästhetische Bildung und Interdisziplinarität einleitend zum eigentlichen Vorhaben hinzuführen. Daran schließen sich die Erläuterung von Bildungsstandards und Ästhetischer Bildung wie auch von verschiedenen Kompetenzen und Transferwirkungen an. Im vierten Kapitel der Monografie wird anhand exemplarischer Unterrichtseinheiten ein theoretisch fundiertes kunstdidaktisches Konzept für die Schuleingangsphase gezeigt.
Dabei geht es beispielsweise um Schwarzlichttheater, freies Töpfern sowie Verkleiden und fotografische Inszenierung. Der darauffolgenden Erläuterung der qualitativen Untersuchung liegt die Forschungsfrage zugrunde: Welche Potenziale bietet das Fach Kunst für eine interdisziplinär ausgerichtete Ästhetische Bildung in den evaluierten Unterrichtseinheiten? Im Fazit werden die erforschten Ergebnisse unter anderem auf den Unterrichtsalltag übertragen und ein ausführlicher Ausblick gegeben. Dieses Buch eignet ist besonders für Lehrkräfte im Elementarbereich, die mit Kunst und Ästhetik im Unterricht zu tun haben, wie auch für alle (Medien-)Pädagoginnen und (Medien-)Pädagogen, die sich mit Ästhetischer Bildung auseinandersetzen.
Müller, Hans-Rüdiger/Bohne, Sabine/ Thole, Werner (Hrsg.) (2013). Erziehungswissenschaftliche Grenzgänge: Markierungen und Vermessungen – Beiträge zum 23. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Opladen, Berlin, Toronto: Barbara Bu
Ist Erziehungswissenschaft immer auch Bildungsforschung? Wie sehr sollte Erziehungswissenschaft sich in die Politik einmischen? Wo wird Erziehungswissenschaft in den praktischen Erziehungskontexten Familie, Schule et cetera relevant und welche Grenzen werden sichtbar? Beim 23. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft ging es genau um dieses Thema: „Grenzgänge“. Im März 2012 beschäftigten sich zahlreiche Expertinnen und Experten in Osnabrück mit den unterschiedlichsten Grenzen die es innerhalb, an den Rändern von oder um die Erziehungswissenschaft herum zu finden gibt. Ausgewählte Beiträge des Kongresses sind nun in dem Werk „Grenzgänge“ zusammengefasst, das bei Barbara Budrich erschienen ist. Der 318 Seiten starke Band unternimmt ernsthafte Anstrengungen, die Grenzen umfassend auszuloten, zu entdecken, manchmal zu überwinden und manchmal auch zu ziehen. Aufgeteilt ist er in fünf Bereiche, die sich der Frage nach den Grenzen aus ganz unterschiedlichen Richtungen nähern: Im ersten Kapitel wird der „Blick von ‚Außen‘“ auf Erziehungswissenschaft und deren Grenzen geworfen und die Frage nach dem Verhältnis von Pädagogik und Politik neu gestellt und diskutiert.
Anschließend werden „Grenzgänge als erziehungswissenschaftliche Herausforderung“ behandelt. Die Autorinnen und Autoren fragen nach den Problemstellungen, mit denen sich Erziehungswissenschaft als ganze Disziplin konfrontiert sieht – ihre Positionierung im wissenschaftlichen Feld, ihre Anerkennung in politischen Kontexten und der Umgang mit Fachgrenzen generell. Nach diesem ‚großen Bild‘ zoomt der folgende Abschnitt näher heran und behandelt ganz gezielt die teildisziplinären Grenzgänge – Fragen und Problemstellungen rund um Spezial-Gebiete wie Ganztag, Didaktik, Frühpädagogik oder Soziale Arbeit. Anschließend wird der Fokus auf Disziplingrenzen zu Sonderpädagogik und Entrepreneurship Education gelenkt. Der letzte Abschnitt schließlich wagt sich in die Praxis und sucht nach „Grenzgängen zwischen differenten ‚Welten‘ und ‚Lebenspraxen‘“: Hier wird nach Grenzen und Gemeinsamkeiten zu verwandten Themenfeldern gesucht, etwa Realität und Virtualität, Familie und Schule, Innerfamiliale Grenzziehungen, Frühe Kindheit in Mittelschichtsfamilien zum Thema gemacht.
Auch wenn Medienpädagogik in dem Band insgesamt eine eher untergeordnete Rolle spielt – als Anstoß des pädagogischen Diskurses auch in diesem Bereich, für die Positionierung der Medienpädagogik im Verhältnis zur Erziehungswissenschaft, aber auch einfach als ‚Blick über den Tellerrand‘ in ein benachbartes Themengebiet ist der Band sicher eine Lektüre wert.
Wagner, Wolf-Rüdiger (2013). Bildungsziel Medialitätsbewusstsein. Einladung zum Perspektivwechsel in der Medienbildung. München: kopaed. 330 S., 18.80 €
Medien haben unser Weltbild verändert, sie haben unser Wissen modifiziert und erweitert und unsere Kommunikationsmöglichkeiten ausgebaut. Wolf-Rüdiger Wagner geht darauf in seinem Buch Bildungsziel Medialitätsbewusstsein ein und äußert sich in diesem Zusammenhang zum erweiterten Erfahrungs- und Kommunikationsspielraum, der durch Medienbildung entstanden ist. Sein Buch ist in sechs Teile gegliedert, die wiederum verschiedene Kapitel beinhalten. Dabei geht er auf das Medienverständnis aus der Sicht der Pädagogik, auf Medien als Soziotechniken, auf Medien als erweiterte Sinnesorgane sowie den Einsatz von Medien beim Lernen ein.
Er beleuchtet die Bedeutung der Medien für gesellschaftliche und kulturelle Aspekte und beschreibt außerdem das Medialitätsbewusstsein als ein übergeordnetes Ziel der Medienbildung. Er definiert es als eine Kompetenz, durch die medienspezifische Leistungen eingeschätzt, reflektiert und genutzt werden können. Außerdem sieht der Autor die Medienentwicklung als Mehrwert unserer Gesellschaft an und plädiert für die Vermittlung von Medienkompetenz im Unterricht.
In seinem Buch bezieht sich Wolf-Rüdiger Wagner immer wieder auf geschichtliche Hintergründe der Medien. Für alle diejenigen, die sich mit Medienbildung beschäftigen, ist das Buch eine interessante Lektüre.
kolumne
Jürgen Ertelt: „StaSi reloaded“
Die Verfilmung des Romans 1984 trifft nur annähernd die Tragweite des Welt-Überwachungsskandals, den der Whistleblower Edward Snowden in Teilen öffentlich gemacht hat – mit Daten aus 2008. Stecken wir in 2014 bereits in einer Matrix-Interpretation des Terminator 4-Films mit einem Held namens Snowden oder ist es die potenzierte Daten-Apokalypse mit dem falschen Endzeitdatum 2012? Die Komplexität der Überwachungsmaschinerie überfordert den Einzelnen in seiner Vorstellungskraft, man glaubt im falschen Film zu sein – lebt aber in einer alltagskontrollierten Welt. Die Überforderung lähmt den Widerstand und die politische Handlungsunfähigkeit der betroffenen Regierungen gefährdet das hohe Gut der Demokratie. Die Überwachung wirkt tief nach ihrer Offenkundigkeit: Nur wenige Journalistinnen und Journalisten thematisieren sie in gebotener Vehemenz und Kontinuität der Anklage, Anonymous-Aktivistinnen und -Aktivisten fürchten um ihre Anonymität und werden zahm. Die belächelten Aluhut-Trägerinnen und -Träger der Verschwörungstheoretiker-Fraktion haben Recht behalten – aber hilft es, einen Aluhut zum Schutz zu bauen? Es besteht die Gefahr, dass wir wie ein Kind im Glashaus reagieren und uns durch artiges Verhalten nicht mehr der offensichtlichen Beobachtung ausgesetzt fühlen.
Das nahm auch der Frosch an, der im langsam erhitzen Wasser doch noch den brühenden Tod fand. Wir dürfen uns nicht mit einer staatlichen Totalüberwachung arrangieren! Und nein, es geht nicht um Datenarmut in Social Media, sondern um die Freiheit, meine persönliche Öffentlichkeit selbst zu bestimmen, ohne gefährdet zu sein oder als Gefahr sortiert zu werden. Die geschätzten Kolleginnen und Kollegen vom Chaos Computer Club und andere Netzaktive fordern in Konferenzen als Reaktion mehr und neue Verschlüsselung im Wettrüsten gegen den Überwachungsstaat; man möge in die Geheimdienste eintreten und diese unterwandern, die Schwarmintelligenz soll ein neues Netz bauen. Also doch Matrix-Revolution? Dem gegenüber stehen die immer wieder zu hörenden absurden Argumente der Fatalistinnen und Fatalisten sowie anderer politischer Opfer, die leider die überwachte Mehrheit stellen: Die leichte Beute spricht von ‚Terrorismus verhindern‘ und ‚selber nichts zu verbergen‘. Der nächste richtige Schritt in Deutschland wäre, die sich eigentlich selbst verbietende Vorratsdatenspeicherung zu streichen. Daran könnte die ‚GroKo‘ gewinnen. Unterm Strich müssen wir dennoch mit Überwachung leben, zumindest bis zum Weltfrieden.
Dies ist auch eine Herausforderung für die Medienpädagogik. Sie muss politischer agieren und mediale Überwachungstechnologien und deren Sabotage erklären und in Praxis-Workshops einen neuen Code gestalten und hacken trainieren. Das Internet wird nie wieder so sein wie es war. Wer das nicht glaubt, möge bitte jetzt deutlicher sprechen, die Webcam in einen 90 Grad-Winkel stellen und vor Verlassen des Hauses bitte die Akkus seines Mobiles aufladen.
Beitrag aus Heft »2014/01: Machtmittel Medien – Pädagogik ohne Macht«
Autor: Jürgen Ertelt
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