2011/03: Jugendarbeit und social networks
„Sie sind eingeladen, der Gruppe ‚Abstimmung merz 3/2011‘ beizutreten“. Eine facebook-Gruppe der Fachredaktion war nicht die einzige Neuheit der merz 3/2011. Abstimmung per Community, Meinungsaustausch in Online-Gruppen, Autorenkontakt per Twitter, Texterstellung via Etherpad: Social Media sind das zentrale Element dieses Heftes. Formal wie inhaltlich. Denn was manchen Pädagoginnen und Pädagogen noch revolutionär vorkommt, ist für viele Jugendliche bereits Alltag – die Erweiterung und Bereicherung ihres Alltagslebens durch Angebote des ‚social web‘. Wer deshalb mit und für Jugendliche arbeiten möchte, muss genau dies nicht nur in den Blick, sondern auch in seinen Aktionsrahmen nehmen. Wie können sich (Medien-) Pädagoginnen und Pädagogen authentisch und jugendnah in social networks bewegen? Wie sehen Ansätze der Jugendarbeit aus, die sich neue Medien zu eigen machen, auf Augenhöhe der Jugendlichen sind und doch pädagogisch glaubwürdig bleiben? Welche Projekte und Erfahrungen gibt es in diesen Bereich schon? Wo entstehen neue Herausforderungen? Welche Entwicklungen sind kritisch zu betrachten? merz 3/2011 nimmt sich genau dieses Thema vor, vor dem sich manche pädagogisch Tätige noch immer scheuen. Unter dem Titel Jugendarbeit und social networks versammelt das Heft theoretische Ansätze und Überlegungen zu Medienentwicklungen und pädagogisch adäquater Arbeit, aber auch viele praktische Beispiele und Anstöße. Erstmals wird das Heft zudem von einer Reihe zusätzlicher Artikel und Projektbeschreibungen ergänzt, die ausschließlich online zugänglich sind. Sie finden diese zusätzliche ePublikation hier. (pdf, ca. 500 kB)
aktuell
GuttenPlag Wiki
Welche Chancen das Internet zur Partizipation der Öffentlichkeit an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen bietet und welchen Stellenwert dies aus öffentlicher Sicht einnimmt, zeigen die Nominierungen für den diesjährigen Grimme Online Award. So konnten die Nominierungskommission vor allem interaktive Angebote überzeugen, die „den passiven Nutzer zum aktiven Teilnehmer machen und so im Idealfall eine besondere Nähe zum Thema schaffen“. Besonders ist die Nominierung der Website GuttenPlag Wiki in der Kategorie Spezial zu nennen, auf der tausende Freiwillige Plagiatsstellen aus der Dissertation des damaligen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg veröffentlichten und den Originalen gegenüberstellten. Erst durch diesen Einsatz wurde die Medienberichterstattung und auch ethische Diskussion der Ereignisse angestoßen, was letztendlich einen wichtigen Anteil am Rücktritt des Ministers hatte. Die Nominierung würdigt den Einsatz der Freiwilligen und regt auch weiterhin zur aktiven Teilnahme am öffentlichen Leben über das Internet an. Wer den Grimme Online Award erhält, wird auf der Preisverleihung am 22. Juni 2011 bekannt gegeben.
Was? Wann? Wie?
FSK? TV Spielfilm? Die Nachbarin? Wenn es um die Einschätzung der Tauglichkeit von (Kinder-)Filmen geht, sind Eltern häufig ratlos. Was kann mein Kind sehen, wann ist welcher Film geeignet, wo treten Probleme auf? Diese Unsicherheit begründet sich nicht zuletzt in der fehlenden Transparenz der verschiedenen Kennzeichnungen und Empfehlungen.
Das Kinder- und Jugendfilmzentrum Deutschland KJF setzt an diesem Manko an und veröffentlichte nun die Expertise Pädagogische Altersempfehlung für Kinderfilme. Damit möchten die Pädagoginnen und Pädagogen des KJF Eltern und erzieherisch Tätigen ein Mittel an die Hand geben, die verschiedenen Kennzeichnungen zu verstehen und sich selbst eine Meinung zu bilden. Die Expertise erläutert zunächstwissenschaftliche Grundlagen zur Entwicklung und Mediennutzung von Kindern sowie Arbeitsweise, Potenziale und Grenzen der FSK. Es folgen eine ausführliche Liste pädagogischer Angebote für Eltern und Kinder, die Darstellung eines Praxismodells sowie ein Kriterienkatalog, mit dessen Hilfe Eltern selbst Filme einschätzen können. So gibt die Expertise allen Interessierten fundiert und praktisch Wissen und Strategien an die Hand, um im Wald der Filme und -bewertungen den Durchblick zu behalten.
Bürgerrechte im Netz
Wie können die Rechte von Internetnutzerinnen und -nutzern gestärkt werden? Dieser Frage hat sich der neu gegründete Verein Digitale Gesellschaft verschrieben, der am 13. April auf der Berliner Bloggerkonferenz vorgestellt wurde. Der Verein um Mitgründer Markus Beckedahl hat vor allem die Bürgerrechte im Netz gegenüber Politik und Wirtschaft im Blick. Aber auch Themen wie Urheberrechte im Netz, Vorratsdatenspeicherung und der Einfluss der Internetanbieter auf Datenübertragungen stehen auf der Tagesordnung. Um Menschen dafür zu sensibilisieren und in der Politik ein Umdenken zu erreichen, setzen die Vereinsgründer auf eingängige Kampagnen, die auch weniger internetaffine Menschen ansprechen sollen. In der Internetgemeinde zeichnet sich als Reaktion auf die Initiative jedoch nicht nur ein positives Bild. So wird kritisiert, die Digitale Gesellschaft beanspruche einen Alleinvertretungsanspruch für alle Internetnutzenden. Bemängelt werden außerdem fehlende Partizpationsmöglichkeiten sowie zu wenig Transparenz bezüglich der Vereinsmitglieder. Als Reaktion darauf wurde vom Verein eine FAQ-Liste mit Statements zu den häufigsten Kritikpunkten veröffentlicht.
Elisabeth Jäcklein-Kreis: Stichwort Etherpad
Quietschend kratzt die Kreide über die Tafel, dem Protokollanten stehen Schweißtropfen auf der Stirn, während er versucht, in einer Art privaten Steno-Schrift die Meldungen der Diskussionsrunde festzuhalten. Ein neuer Finger schnellt in die Luft. „Ich habe Sie notiert“, verkündet der Gesprächsführer, „ich habe noch zwei Meldungen hier vorne, eine hinten links, zwei in der Mitte – und dann kommen Sie!“
Solche und ähnliche Situationen dürften, ginge es nach Machern und Verfechtern des Etherpads, bald der Vergangenheit angehören. Denn der collaborative real-time editor soll seinen Benutzerinnen und Benutzern ermöglichen, gemeinsam und zeitgleich ein schriftliches Dokument zu erstellen und zu bearbeiten. Das klingt zunächst einmal nicht sehr spektakulär und kommt auch recht schlicht daher: Wer ein Etherpad über einen der verschiedenen Server, die diesen Dienst aktuell kostenlos anbieten, aufruft, sieht sich mit einem einfachen Editor konfrontiert. Ein leeres Blatt, ein Textwerkzeug-Cursor und Buttons, mit deren Hilfe Schrift fett, kursiv und unterstrichen werden kann. Dazu ein kleines Fenster mit der Überschrift ‚Chat’. Alles in allem also etwas weniger, als ein normales Word-Dokument bietet. Der Unterschied liegt allerdings im Wörtchen „collaborative“: Etherpads liegen nicht auf Festplatten und PCs – es gibt sie nur online. Und sie ermöglichen ihren Nutzerinnen und Nutzern das, was Word nicht kann, nämlich das gleichzeitige Arbeiten am selben Dokument. Alle ‚Mitschreibenden’ können sich mit ihrem Namen eintragen und sich eine Farbe aussuchen. Dann darf munter drauflosgeschrieben werden: Jede und Jeder wohin, wie und wie viel er will, aber immer in der eigenen Farbe.
Egal, ob Menschen örtlich getrennt einen gemeinsamen Artikel verfassen oder die Teilnehmenden einer Diskussionsrunde gemeinsam ihre Ergebnisse formulieren wollen – das Etherpad bietet ihnen ein Tool, um anstrengedes Sammeln, Synchronsieren und Herumschicken von Versionen und damit Flüchtigkeits- und Kommunikationsfehler zu vermeiden. Und nebenbei kann im Chat-Fenster notiert werden, was alle wissen sollen, aber trotzdem nicht in den Text soll. Fazit: Ein kleines, aber feines Tool, dass wenig aufregend daher kommt, bei Diskussionen, Brainstormings, Co-Autorenschaft et cetera aber sicher so manchen Leidgeplagten zum Strahlen bringt.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtich bin ich. du bist du?
Was ist umständlich im Internet und sollte einfacher gehen? Was fehlt noch in Deinem Alltag? Welche Erwartungen hast Du an eine sichere digitale Identität? Das sind die Fragen, die der Verein Deutschland sicher im Netz e. V. (DsiN) unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Inneren im Zuge seines Ideenwettbewerbs Jugendlichen und jungen Erwachsenen von 15 bis 25 Jahren stellt. Die jungen Leute sind aufgerufen, sich zum Thema „ich bin ich. du bist du?“ mit Hilfe der oben genannten Leitfragen Gedanken zu machen und ihre Sicht auf das Thema „Sichere Identitäten“ in Form eines kurzen selbst gedrehten Films zu verdeutlichen. Dabei ist es egal, ob das Video mit dem Handy oder mit professionellem Equipment gedreht und geschnitten wurde – was zählt ist die Idee und ihre Umsetzung.
Bewerben können sich die Schülerinnen und Schüler, Auszubildenden sowie Studierenden und Berufsanfänger allein sowie in Teams oder Schulklassen ab sofort unter www.sicher- im-netz.de. Einsendeschluss für die Beiträge ist der 30. September 2011. Als Preise winken für den Erstplatzierten 1.500 € sowie je ein Notebook für die Zweit- und Drittplatzierten.
nachgefragt Christian Scholz ‚Netzaktivist‘ MrTopf
„Podcaster, Python programmer, Open Source and Open Standards advocate, Data Portability Board Member, co-founder of Com.Lounge. merz hat ihn befragt – zu Adhocracy, Partizipation, politischer Mitsprache und Medienpädagogik.
merz Sie engagieren sich sehr für politische Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger über das Internet. Adhocracy und Liquid Democracy sind die Schlagworte – was bedeutet das?
Scholz Liquid Democracy ist im Prinzip eine Mischform zwischen direkter und indirekter Demokratie. Es geht weder darum, alle Entscheidungen selbst zu treffen, noch darum, alle Entscheidungen an jemanden (wie einen Abgeordneten) zu delegieren. Stattdessen kann man pro Thema oder Unterthema entscheiden, ob man seine Stimme selbst vergibt oder diese an eine Person delegiert, von der man annimmt, dass sie im eigenen Sinn entscheidet. Diese Stimme kann theoretisch wieder weitergegeben werden, womit Expertinnen und Experten zu einem Thema entsprechend viel Macht verliehen werden könnte. Natürlich kann man jederzeit kontrollieren, wie diese Person abgestimmt hat und eventuell die Stimme wieder entziehen. Adhocracy ist ein Tool, das diese Funktionsweise umsetzt und einen Arbeitsablauf definiert. Dort kann man Vorschläge einstellen, diese bewerten und kommentieren. Die Vorschläge werden zu Papieren zusammengefasst, die wiederum bewertet und kommentiert werden können. Bei den Bewertungen käme dann die Delegation per Liquid Democracy zum Einsatz, wobei man also theoretisch mehr als eine Stimme hat. Allerdings ist diese Delegationsfunktion bei der Beteiligungsplattform der Internet-Enquete nicht aktiviert, man muss somit doch bei allen Abstimmungen selbst abstimmen. Wichtig ist aber, dass es natürlich nicht nur um das Abstimmen geht, sondern auch um das Erarbeiten von Vorschlägen, was ja normalerweise die eigentliche Arbeit ausmacht.
merz Sie sind nicht hauptberuflich Blogger, engagieren sich dennoch sehr aktiv für Partizipation mit neuen Medien – warum ist dieses Thema für unsere Gesellschaft so wichtig? Was kann Partizipation online tatsächlich leisten?
Scholz Beteiligung war ja eigentlich schon immer wichtig, nur aufgrund von Entfernung und aufwändiger Kommunikation nicht praktikabel. Dies aber ändert sich nun dank des Internets. So können Informationen, die ja zur Meinungsbildung unerlässlich sind, schnell und umfangreich ausgetauscht werden, Diskussionen mit vielen Menschen über weite Strecken hinweg sind kein technisches Problem mehr und auch Abstimmungen sind, mit Einschränkungen, möglich. Hinzu kommt, dass die Bürgerinnen und Bürger sich dank des Internets auch untereinander recht schnell vernetzen können. Interessensgruppen entstehen so schnell wie nie zuvor. Dies sieht man nicht nur bei netzpolitischen Themen, sondern inzwischen auch bei Themen wie Stuttgart 21 oder der Anti-AKW-Bewegung. Gerade am Beispiel der Schlichtung zu Stuttgart 21 sieht man zudem, dass Bürgerinnen und Bürger durchaus an Detailinformationen interessiert sind und diese auch ohne politische Schaufensterreden vermittelbar sind. Die Politik muss allerdings noch lernen, damit umzugehen. Im Moment heißt es immer noch, dass man den Input der Netzcommunity (also der Bürgerinnen und Bürger) gerne aufnimmt, um ihn in die politischen Prozesse einfließen zu lassen. Dies aber muss eins werden, Volk und Politik müssen lernen, auf Augenhöhe miteinander zu diskutieren und Lösungen zu erarbeiten. Nur dadurch kann Akzeptanz geschaffen werden, mit fertigen und nicht nachvollziehbaren Meinungen oder Forderungen eher weniger.
merz Wenn Sie zurück blicken: Können Sie, seit Sie Ihren Blog betreiben, bereits Veränderungen beobachten?
Scholz Meinen Blog betreibe ich seit 2004, wobei er aber lange Zeit rein technisch war. Durch das Thema Netzsperren im Jahr 2009 wurde Netzpolitik für mich immer wichtiger, was sich auch in meinem Blog widerspiegelt. Die aktuellen Inhalte sind nun hauptsächlich politischer Natur. Die Situation seit 2009 hat sich dabei recht stark entwickelt. 2009, zu Zeiten der Debatte über Internetsperren gegen Kinderpornografie, war kaum ein Politiker online zu erreichen und für viele politisch interessierte Internet-Nutzende war es ein großes Problem, ihre Meinung zum Thema überhaupt zu adressieren. Dies hat sich heute deutlich verbessert. Zumindest die junge Generation (aber nicht nur) von Politikerinnen und Politikern ist online zu erreichen und es gibt durchaus Versuche der Online-Beteiligung, auch wenn auf diesem Gebiet noch viel ausprobiert werden muss.
merz Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Was möchten Sie persönlich mit Ihrem Engagement noch erreichen? Wie kann Ihrer Meinung nach auch die Medienpädagogik einen Beitrag zu Transparenz und Partizipation, gerade für die nächste Generation liefern?
Scholz Ich denke, wir stehen trotz der durchaus gemachten Fortschritte noch sehr am Anfang. Die Themen Transparenz und Partizipation müssen nicht nur gefordert, sondern auch gelebt werden, es muss also ein Kulturwandel stattfinden. Weg vom Hinterzimmer, hin zur offenen und transparenten Diskussion. Medienpädagogik sollte dies natürlich fördern, indem man möglichst früh lernt, sich online zu artikulieren, zivilisiert mit anderen Meinungen umzugehen, seine eigene Meinung zu vertreten, aber dennoch diese auch mal bei stichhaltigen Argumenten revidieren zu können. Man muss zudem lernen, sich bei Ungerechtigkeiten nicht zu verstecken, sondern Gleichgesinnte zu finden und offenen Protest zu üben. Medienpädagogik sollte daher zusehen, dass die Möglichkeiten der Vernetzung sinnvoll genutzt werden und wir dadurch hoffentlich auch zu einer offeneren Gesellschaft finden, die sich zudem in der Lage sieht, Risiken nicht nur zu minimieren, sondern diesen auch offensiv zu begegnen.
thema
Niels Brüggen und Jürgen Ertelt: Editorial
Weit über 300 Kolleginnen und Kollegen der Medienpädagogik haben sich selbstorganisiert in einer offenen Gruppe auf Facebook zusammen geklickt und sind mit täglich neuen Beiträgen, Links, Fragestellungen und hilfreichen Antworten aktive Nutzerinnen und Nutzer einer bis dato nicht möglichen Form des fachlichen Austauschs. In nur wenigen Monaten ist dieser offene, unverbindliche, freiwillige und doch effiziente Zusammenschluss zu einem Anlaufpunkt für unterschiedliche Inhalte aus Schule, Jugendarbeit und Politik gewachsen. Interdisziplinär und auf kurzen Wegen werden hier Ideen und Meinungen kommuniziert.
Aus diesem Pool des informellen und informativen Austauschs gab es (beispielhaft für eine weitere Facette von social media in der Jugendarbeit) auch den Hinweis auf ein Videoprojekt an einer Schule in Baden-Württemberg: Der Energiekonzern EnBW hatte Anfang des Jahres einen Videowettbewerb zum Thema Kernenergie ausgeschrieben. Der Anti-Atomkraft-Clip, der mit medienpädagogischer Begleitung in einer Hauptschule entstand, wurde zwar aufgrund urheberrechtlicher Einwände nicht zum Wettbewerb zugelassen, aber dennoch auf youtube.com veröffentlicht. Angestoßen durch Medienpädagoginnen und -pädagogen startete eine virale Verbreitung des Videos als Beispiel für Jugendpartizipation mit Medien zu dem wieder aktuell gewordenen Thema „Atomausstieg“. Das Video wie auch die Hintergrundgeschichte kursierte zunächst in den Netzmedien, fand dann aber auch Einzug in die klassische Berichterstattung in Zeitung und TV (dokumentarisch erzählt auf www.storify.com/bjoernfr/kritischeenergiereporter). Das Ergebnis des Videoprojekts stand Wochen nach Abschluss plötzlich im medialen Fokus.
Die Selbstorganisation von medienpädagogisch Tätigen auf Facebook und die Geschichte um die ‚Anti-AKW-Kids‘ sind zwei Phänomene, die Schlaglichter auf die Bedeutung von social media für Jugendarbeit werfen. Selfempowerment ohne zu fragen und abseits bestehender Strukturen zeigen das Potenzial der Nutzung von frei zugänglichen Online-Vernetzungshilfen auf. Die Möglichkeit, eigene kritische Standpunkte vermeintlich mächtigen Meinungslobbyisten entgegenzustellen, ist ein weiterer Aspekt, der auf der schnellen Verbreitung und vielfachen Bewertung und Unterstützung medialer Produkte und der dabei entstehenden, aber unkontrollierbaren Resonanz aufsetzt.Die Assoziation zu den Umwälzungen in Nordafrika hier ‚im Kleinen‘ scheint nahezuliegen: Sind dies Facebook-Revolutionen oder ist Facebook ein revolutionäres Werkzeug? Via Kurznachrichtendienst Twitter haben wir von Christoph Kappes und seiner Analyse der Leistungsfähigkeit von social media in Umbruchzeiten erfahren. Seine Betrachtung beschreibt für uns auch das Potenzial für soziale Arbeit mit Jugendlichen und social media. Zu berücksichtigen sind aber auch die Problembereiche von social media und die Herausforderungen für pädagogische Arbeit, die daraus entstehen.Wir, die betreuende Fachredaktion dieser merz-Ausgabe, haben uns schon einige Zeit mit den Fragen einer möglichen online-Jugend(medien) arbeit befasst. Dabei stellten wir fest, dass eine Übersicht zu den bereits bestehenden Aktivitäten von Jugendarbeit mit und im Netz noch nicht erfasst wurde.
merz startete daraufhin einen call for projects, natürlich in social networks. Die Resonanz war überraschend eindrucksvoll: Über 1.000 Aufrufe aber nur 21 Beiträge stehen vielleicht symbolisch für das große Interesse am Thema, aber zugleich die noch nicht systematisierten Erfahrungen der Arbeit. Jugendarbeit mit social media ist keineswegs selbstverständliche Praxis. Die in diesem Heft versammelten Projekte und Initiativen geben aber Anregungen für mögliche Zugänge zum erweiterten digitalen Lebensraum Jugendlicher mit (medien-)pädagogischen Angeboten – und dies in unterschiedlichen pädagogischen Arbeitsfeldern. Dabei zeigen sich Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede in den Erfahrungen in der Gemeinwesen-, Streetwork- und Jugendverbandsarbeit wie auch in der offenen Jugendarbeit, aus schulischen Kontexten oder der Jugendmedienarbeit. Mit einer Palette von Beiträgen wollen wir ein Spektrum der Ideen und Möglichkeiten sowie beispielhafte Ansätze vorstellen. Dazu haben wir theoretisch-fundierende Betrachtungen und Beiträge aus der Praxis, die konkrete Erfahrungen reflektieren, im Themenschwerpunkt zusammengestellt.Das Spektrum der angebotenen Projekte und Beispiele sowie ergänzend angebotene Beiträge haben uns veranlasst, eine online-Erweiterung des vorliegenden Heftes zu realisieren. Alle Beiträge zur Momentaufnahme Jugendarbeit und social media und weitere nicht gedruckte Beiträge finden Sie auf www.merz-zeitschrift.de/jugendarbeit.Für die Arbeiten an diesem Heft haben wir selbst die kooperativen und kollaborativen Möglichkeiten von social media-Angeboten genutzt. Die Kommunikation mit einigen Autorinnen und Autoren lief nicht nur über die klassische E-Mail, sondern auch via (geschlossenen) Facebook-Gruppen, Mindmaps, sowie Etherpads und GoogleDocs zum zeitgleichen Editieren und Kommentieren von Textentwürfen.
Wir hoffen, dass dies einen Beitrag zur Qualität dieses Heftes leisten konnte und freuen uns über ihr Feedback im merz-Forum, auf dem Facebook-Profil der merz oder auf Twitter mit dem Hashtag #merz.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Niels Brüggen, Jürgen Ertelt
Beitrag als PDFEinzelansichtNiels Brüggen und Jürgen Ertelt: Jugendarbeit ohne social media?
‚Jugendarbeit mit social media‘ ist keine Selbstverständlichkeit. Für Jugendliche sind aber Soziale Netzwerkdienste integraler Bestandteil ihrer Lebenswelt. Der Beitrag beleuchtet dieses Spannungsfeld und die Veränderungen, die als Chancen und Herausforderungen aus der zunehmenden Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche mit Medien und insbesondere social media für Jugendarbeit folgen.
Literatur:
Fuhs, Burkhard/Lampert, Claudia/Rosenstock, Roland (Hrsg.) (2010). Mit der Welt vernetzt. Kinder und Jugendliche in virtuellen Erfahrungsräumen. München: kopaed.
Gräßer, Lars (2011). Neue Formate für die Medienbildung? In: mekonet – dossier zur medienbildung. www.bit.ly/e25GFz; www.piratepad.net/OIhidAJaUg [Zugriff: 06.05.2011]
JFF (2010). webhelm. die werkstatt-community für daten, rechte und persönlichkeit. Materialien für pädagogische Fachkräfte. Herausgegeben von JFF – Institut für Medienpädagogik und Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern e. V. www.webhelm.netzcheckers.net///assets/webhelm/dateibox/1292269402_webhelm_Broschuere. pdf [Zugriff: 06.05.2011]
Krotz, Friedrich (2009). Mediatization: A Concept With Which to Grasp Media and Societal Change. In: Lundby, Knut. (Hrsg.), Mediatization. Concept, changes, consequences. New York: Peter Lang Publishing, S. 21-40.
Lundby, Knut (2009). Introduction: ‘Mediatization’ as Key. In: ders. (Hrsg.), Mediatization. Concept, changes, consequences. New York: Peter Lang Publishing, S. 1-18.
Poli, Daniel (2010). Digitale Jugendbildung am Beispiel der Kampagne „watch your web“, Online-Dokument unter www.jugendhilfeportal.de/wai1/showcontent. asp?ThemaID=6159 [Zugriff: 06.05.2011]
Rheingold, Howard (2008). Using Participatory Media and Public Voice to Encourage Civic Engagement. In: Bennett, W. Lance (Hrsg.), Civic Life Online. Learning How Digital Media Can Engage Youth. The John D. and Catherine T. MacArthur Foundation Series on Digital Media and Learning. Cambridge, MA: MIT Press, S. 97-118. www.mitpressjournals.org/doi/pdf/10.1162/dmal.9780262524827.097 [Zugriff: 06.05.2011]
Schorb, Bernd/Würfel, Maren/Kießling, Matthias/Keilhauer, Jan (2010). MeMo_SON10 – Medienkonvergenz Monitoring Soziale Online-Netzwerke-Report. www.unileipzig.de/~mepaed/sites/default/files/MeMo_SON10.pdf [Zugriff: 06.05.2011]
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2010). Persönliche Informationen in aller Öffentlichkeit? Jugendliche und ihre Perspektive auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte in Sozialen Netzwerkdiensten. Teilstudie im Projekt „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. www.jff.de/dateien/JFF-Bericht_Datenschutz_Persoenlichkeitsrechte. pdf [Zugriff: 06.05.2011]
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Niels Brüggen, Jürgen Ertelt
Beitrag als PDFEinzelansichtChristoph Kappes: Eigenheiten der Internet-Kommunikation
Dass das Internet die Kommunikation revolutioniere, ist allerorten zu vernehmen. Aber was genau sind die Mechanismen? Christoph Kappes erklärt am Beispiel der arabischen Revolutionen, wie das Internet als Meta-Medium neue Kommunikationsräume schafft, Information verdichtet, Prozesse beschleunigt und sich dabei zunehmend für ad hoc-Kommunikation eignet, die sich kaum mehr behindern lässt.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Christoph Kappes
Beitrag als PDFEinzelansichtVerena Ketter: Vireale Sozialraumaneignung
Im Gegensatz zur Erwachsenengeneration unterscheiden Jugendliche heute nicht mehr zwischen realen und virtuellen Erlebnissen – sie erfahren ihren Sozialraum vireal. Um an diesen Wandel anzuknüpfen und Jugendliche bei der virealen Sozialraumaneignung zu unterstützen, ist das Methodenrepertoire der Medienpädagogik – verstanden als eine sozialraum- und lebensweltbezogene Jugendarbeit – anzupassen. Im vorliegenden Beitrag wird zunächst die Entwicklung von Raumverständnissen und -konzepten dargestellt. Ausgehend davon wird eine „vireale Sozialraumaneignung“ als Ansatz einer sich wandelnden Jugendarbeit skizziert und die Methode der mobilen Jugendmedienbildung spezifiziert.
Literatur
Baacke, Dieter (1987). Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung. Weinheim, München: Juventa.
Backes, Herbert/Schönbach, Klaus (2002). Peer Education – ein Handbuch für die Praxis. 2. bearbeitete und erweiterte Auflage. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Bollig, C. (2009). Mobile Jugendarbeit 2.0. Neue Anforderungen und Aufgaben einer Virtuell- aufsuchenden Jugendarbeit. Unveröffentlichte Diplomarbeit. Eberhard-Karls-Universität Tübingen.
Deinet, Ulrich (2010). Aneignung. In: Reutlinger, Christian/Fritsche, Caroline/Lingg, Eva (Hrsg.), Raumwissenschaftliche Basics. Eine Einführung für die soziale Arbeit. 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag, S. 35-43.
INM – Institut für Neue Medien (1996). partition 95-98. www.inm.de/fileupload/dateien/Folder_1995-98_600dpi_1-14.pdf [Zugriff: 03.04.2011]
Kessl, Fabian/Reutlinger, Christian (2007). Sozialraum. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag.
Ketter, Verena (2010). Das Social Web in der Jugendbildung – Ansätze und Modelle der Medienpädagogik. In: Dittler, Ullrich/Hoyer, Michael (Hrsg.), Zwischen Kompetenzerwerb und Mediensucht: Chancen und Gefahren des Aufwachsens in digitalen Erlebniswelten aus medienpsychologischer und medienpädagogischer Sicht. München. kopaed. S. 105-122.
Krisch, Richard (2009). Sozialräumliche Methodik der Jugendarbeit. Aktivierende Zugänge und praxisleitende Verfahren. Weinheim, München: Juventa.
Löw, Martina (2007). Zwischen Handeln und Struktur. Grundlagen einer Sozilogie des Raums. In: Kessl, Fabian/Otto, Hans-Uwe (Hrsg.), Territorialisierung des Sozialen. Regieren über soziale Nahräume. Opladen: Budrich, S. 81-100.
Löw, Martina (2001). Raumsoziologie. Orig.-Ausg., 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Poli, Daniel (2010). Digitale Jugendbildung am Beispiel der Kampagne watch your web. www.jugendhilfeportal.de/wai1/showcontent.asp?ThemaID=6159 [Zugriff: 03.04.2011]
Reutlinger, Christian (2008). Sozialisation in räumlichen Umwelten. In: Hurrelmann, Klaus (Hrsg.), Handbuch Sozialisationsforschung. 7., vollst. überarb. Aufl. Weinheim: Beltz, S. 333-350.
Röll, Franz Josef (2009). Virtuelle und reale Räume. In: Deinet, Ulrich (Hrsg.), Sozialräumliche Analyse- und Beteiligungsmethoden in der Sozialen Arbeit. 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag, S. 267-279.
Schmidt, Jan (2006). Weblogs. Eine kommunikationssoziologische Studie. Konstanz: UVK
Strauss, Florian/Höfer, Renate (1997). Entwicklungslinien alltäglicher Identitätsarbeit. In: Keupp, Heiner/Höfer, Renate (Hrsg.) (1997), Identitätsarbeit heute. Klassische und aktuelle Perspektiven der Identitätsforschung. Frankfurt: Suhrkamp. S. 270-307.
Tillmann, Angela (2008). Identitätsspielraum Internet. Lernprozesse und Selbstbildungspraktiken von Mädchen und jungen Frauen in der virtuellen Welt. Weinheim, München: Juventa.
Wagner, Ulrike (2008): Medienhandeln in Hauptschulmilieus. Mediale Interaktion und Produktion als Bildungsressource. München: kopaed.
Zeiher, Helga (1983). Die vielen Räume der Kinder. Zum Wandel räumlicher Lebensbedingungen seit 1945. In: Preuss-Lausitz, Ulf (Hrsg.), Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder. Weinheim, Basel: Beltz, S. 176-195.
Dieser Artikel steht unter einer CC-Lizenz und kann unter bestimmten Bedingungen frei verwendet werden: creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Verena Ketter
Beitrag als PDFEinzelansichtKatharina Rau: LEONAU.TV – Erfahrungen mit einem Web-TV von Jugendlichen für st.LEOnhard & schweiNAU
Katharina Rau ist Sozial- und Medienpädagogin sowie Projektkoordinatorin für LEONAU.TV im Multimediabereich im Medienzentrum PARABOL, Nürnberg und spricht über LEONAU.TV – das Kommunikations- und Videoportal von Jugendlichen für die Nürnberger Stadtteile St.Leonhard-Schweinau.
Nadine Hammann: ludWIKIshafen – GERpedia – speyerpedia
Nadine Hammann (Dipl. Päd.) ist bei medien+bildung.com Projektleiterin der Wiki-Projekte ludWIKIshafen, GERpedia und speyerpedia und stellt die Stadtwikiprojekte aus Ludwigshaven, Germersheim und Speyer vor, für die Jugendliche als Wiki-Reporter unterwegs sind.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Hammann Nadine
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann Pritzens: Webwork als nützliche Ergänzung zur mobilen Jugendarbeit/Streetwork
Die Bedeutung von sozialen Netzwerken des Web 2.0 nimmt bei Jugendlichen immer mehr zu. Ein Teil ihrer Lebenswelt wird dorthin verlagert und damit auch das Bedürfnis, auf diesen Plattformen Antworten auf Fragen zu bekommen. Mobile Jugendarbeit/Streetwork bewegt sich seit jeher in den Lebenswelten Jugendlicher und entdeckt zunehmend webwork als nützliche Ergänzung zur klassischen Streetwork.
Lambert Zumbrägel: Online Jugendarbeit – wie ein Konzept offener Jugendarbeit digital wird
Lambert Zumbrägel ist Diplom Sozialpädagoge und Computermedienpädagoge. Er ist Leiter der offenen Jugendeinrichtung Cafe dom@in in Würzburg sowie Medienfachberater des Bezirksjugendrings Unterfranken und berichtet anhand seiner Erfahrungen über Konzepte offener Jugendarbeit im Netz.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Lambert Zumbrägel
Beitrag als PDFEinzelansichtHans Schwab, Björn Bertram und Sonja Reichmann: Jugendarbeit im Zeitalter der Digitalen Revolution
Das Netz ist in unserem Alltag angekommen. Es gilt, die Kernkompetenzen der Jugendarbeit digital wirksam werden zu lassen und Online und Offline zusammen zu denken. Welche zukunftsweisende Rolle der Jugendarbeit im Kampf der kulturellen Wertewelten zukommt, versucht der Beitrag handlungsorientiert zu klären.
Dennis Rosenbaum, Markus Gerstmann und Wibke Duwe: draufhaben, draufhalten, draufklicken
Dennis Rosenbaum ist Dipl. Sozialpädagoge/Sozialarbeiter und Dipl. Verwaltungswirt. Er arbeitet als Streetworker im Team „Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Cliquen“ bei VAJA e. V. Seine Schwerpunkte sind Rechtsextremismus im Internet, Beratung von Eltern und Angehörigen rechtsextremer Jugendlicher, Jugendschutzsachverständiger der FSK, konzeptionelle Weiterentwicklung aufsuchender Jugendarbeit, Jugendstrafrecht, draufhaber.tv, Öffentlichkeitsarbeit.
Markus Gerstmann, Dipl. Sozialpädagoge/Sozialarbeiter, ist Mitarbeiter beim ServiceBureau Jugendinformation mit den Schwerpunkten Jugendinformation, Medienpädagogik, draufhaber.tv, Expert/innenkonferenz, Jugendschutz, soziale Netzwerke.Wibke Duwe, M. A. Medienkultur, Dipl.-Inf. (FH) Medieninformatik, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt draufhaber.tv. Ihre Forschungsinteressen sind aktives Medienhandeln Jugendlicher und Chancengleichheit, Digital Divide, Genderforschung, Cyberbullying.Gemeinsam informieren sie über das vom BMBF geförderte Projekt draufhaber.tv – eine fähigkeits- und ressourcenorientierte Video- und Community-Plattform für Jugendliche in der Berufsorientierung.
Literatur:
Schorb, Bernd/Würfel, Maren/Kießling, Matthias/Keilhauer, Jan (2009). Medienkonvergenz Monitoring Videoplattformen-Report 2009 YouTube und Co. – neue Medienräume Jugendlicher. Leipzig: Universität Leipzig. www.uni-leipzig.de/~mepaed/sites/default/files/MeMo_VP09.pdf [Zugriff: 01.04.2011]
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2009). Web 2.0 als Rahmen für Selbstdarstellung und Vernetzung Jugendlicher. Analyse jugendnaher Plattformen und ausgewählter Selbstdarstellungen von 14- bis 20-Jährigen. München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. www.jff.de/dateien/Bericht_Web_2.0_Selbstdarstellungen_JFF_2009.pdf [Zugriff: 01.04.2011]
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Dennis Rosenbaum, Markus Gerstmann, Wibke Duwe
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spektrum
Christina Schachtner: Das Subjekt im Cyberspace
Wie entwerfen sich Menschen im Cyberspace, welche Anforderungen stellen diese Selbstentwürfe an sie, welchen neuen Chancen und Gefährdungen begegegnen sie? Die Bedingungen und Möglichkeiten, in einer medialisierten Welt zu bestehen, werden basierend auf ersten Ergebnissen der Studie ‚Subjektkonstruktionen und digitale Kultur’, erläutert.
Literatur
Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun (2010). Jugend 2010: Selbstbehauptung trotz Verunsicherung? In: Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun (Hrsg.), 16. Shell Jugendstudie, Jugend 2010, Frankfurt/Main, S. 37-51.
Bilden, Helga (2009). Das vielstimmige, heterogene Selbst – ein prekäres Unterfangen, Manuskript. www.helgabilden.de/Artikel/Download-Artikelpdf-Version/Selbst-09-09-10,pdf [Zugriff am 23.6.2010]
Ehrenberg, Alain (2004). Das erschöpfte Selbst, Depression und Gesellschaft in der Gegenwart, Frankfurt/Main.
Foucault, M. (1993): Technologien des Selbst, in: Foucault, M./R. Martin/L.H. Hartin/W.E. Paden/K.S. Rothwell/H. Gutmann/P.H. Hatton (Hrsg.), Technologien des Selbst, Frankfurt/Main, S. 24-62
Friesl, Ch./J. Kromer/R. Polak (Hrsg.) (2008): Lieben, Leisten, Hoffen, Die Wertewelt junger Menschen in Österreich, Wien
Helsper, Werner (1997). Das ‚postmoderne Selbst‘ – ein neuer Subjekt- und Jugendmythos? In: Höfer, Renate/Keupp, Heiner (Hrsg.), Identitätsarbeit heute, Frankfurt a.M., S. 174-206.
Huizinga, Johan (1938). Homo ludens, Frankfurt/Main.
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Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Christina Schachtner
Beitrag als PDFEinzelansichtNatalia Waechter, Katrin Triebswetter und Bernhard Jäger: Friend or Foe?
Soziale Netzwerke haben im Leben der heutigen Jugendlichen einen hohen Stellenwert – Dabeisein gehört einfach dazu. Doch die Partizipation in sozialen Communitys hat nicht nur positive Aspekte, sondern birgt auch Probleme wie Cybermobbing und Datenschutzproblematiken.
Literatur
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Waechter, Natalia/Subrahmanyam, Kaveri/Reich, Stephanie M./Espinoza, Guadalupe (2009). The Use of Social Networking Sites and Their Relation to Users’ Offline Networks. In: Riha, Daniel/Maj, Anna (Eds.), The Real and the Virtual. e-book, vol. 113. Inter-Disciplinary Press, S. 67-76. www.inter-disciplinary.net/publishing/id-press/ebooks/the-real-and-the-virtual
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Bernhard Jäger, Katrin Triebswetter, Natalie Waechter
Beitrag als PDFEinzelansichtHannah Zenk: Seismo
Wie kann Design Jugendarbeit helfen, eine zukunftsweisende Rolle zu spielen? Eine Zielgruppe, deren Lieblingsmedium keine Texte sind, erfordert eigene Methoden der Bedarfsanalyse. Bei der audio-visuellen Workshop-Toolbox Seismo geht es um Selbstreflexion, kreativen Ausdruck, Spiel, soziale Interaktion. Seismo wird in der Schweiz und in Deutschland eingesetzt. Nutzen kann die Toolbox jeder, der mit Jugendlichen arbeitet und vielfältige Medien nutzen möchte.
Literatur
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Burkard, Eva (2004). global_kids.ch. Die Kinder der Immigranten in der Schweiz. Zürich.
Limmat.Chiko (2008). Regie Özgür Yildirim. Drehbuch Özgür Yildirim. Produktion Akin, Fatih, Maeck, Klaus, Thiel, Andreas. Altersfreigabe ab 16 Jahren. Deutschland: Universum Film.
Fortson, Chris (2003). Women’s Rights Vital for Developing World. Yale News Daily.
Gaver, William W./Boucher, Andrew/Pennington, Sarah/Walker, Brendan (09/2004). Cultural Probes and the Value of Uncertainty. Interactions (V XI (5), pp. 53-56).
Jordan, Jeff/Rescue Social Change Group (2006). Social Branding Dogma. San Diego.Toprak, Ahmet (2001). Ich bin eigentlich nicht aggressiv. Theorie und Praxis eines Anti-Aggressions-Kurses mit türkischstämmigen Jugendlichen. Freiburg: Lambertus.
Marc Reisner: Medienpädagogik im Theater
Die moderne Medienwelt hat auch im Theater ihren Platz. Medienkompetenzförderung findet in zahlreichen Bühneninszenierungen statt. Das Theater sollte dieses Potenzial aufgreifen und Medienpädagoginnen und -pädagogen in die tägliche Arbeit mit einbeziehen.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Marc Reisner
Beitrag als PDFEinzelansichtRenée Frauneder, Lisa-Marie Gotsche und Anu Pöyskö: fake reality
Die scheinbare ‚Echtheit‘ diverser Reality-TV-Produktionen ist häufig bis ins letzte Detail durchinszeniert – zu groß der Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums, um den Lauf der Dinge dem Zufall zu überlassen. fake reality, ein Workshop des wienXtra-medienzentrums, lädt Jugendliche dazu ein, eine Reality-Show selbst zu inszenieren.
medienreport
Daniela Hilkert: Rechtsextremismus bekämpfen
Am 14. April 2011 traf sich im BayernForum München ein kleines Grüppchen politisch Interessierter, um sich beim 49. Münchner Mediengespräch zum Thema Rechtsextremismus in Bayern auszutauschen. Die Münchner Mediengespräche werden seit 1999 regelmäßigen vom BayernForum der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Münchner Journalistenakademie veranstaltet. Auch in Bayern gibt es rechtsextreme Parteien, Nazis und Skinheads.
Die ist nicht jedem klar: Zu häufig wird dieses Thema auch medial nur dem Osten des Landes zugeordnet. Doch Namen wie Martin Wiese, der im April 2011 aus dem Gefängnis Schlagzeilen machte oder Vorkommnisse wie die Bürgerinitiative Ausländerstopp, die 2008 1,4 Prozent der Wählerstimmen und damit den Einzug des NPD-Mannes Karl Richter in den Münchner Stadtrat erreichte, zeigen, dass das Thema auch in Bayern nicht unterschätzt werden darf. Beim Mediengespräch diskutierten dazu Max Hägler, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, Natascha Kohnen, SPD-Landtagsabgeordnete und Dr. Miriam Heigl von der Fachstelle gegen Rechtsextremismus der Landeshauptstadt München. Die Moderation übernahm Dr. Gabriele Hooffacker der Stiftung Journalistenakademie.
Thematisiert wurden nicht nur die Strukturen in Bayern, sondern auch der Umgang der Medien mit dem Streben des Rechtsextremismus nach politischer Macht. Dazu gibt es in der heutigen Zeit viele Mittel und Wege – auch das Internet. Denn soziale Netzwerke, Homepages, Blogs oder Videoportale eignen sich hervorragend zur Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts. Das Web 2.0 ist ein Kommunikationsstil, der bei Heranwachsenden gut ankommt. Doch was kann man gegen derlei Inhalte tun? Es ist bekannt, dass rechtsextreme Seiten verboten sind und indiziert werden. Doch in diesem Bereich kämpfen jugendschutz.net, die KJM und BPjM gegen Windmühlen. Werden Kinder und Jugendliche nicht online mit rechtsextremem Gedankengut konfrontiert, geschieht dies in der Jugendszene oder auf dem Schulhof. Im Vordergrund steht daher Aufklärung. Der Bereich der Prävention muss gestärkt werden. Dies muss, so die einstimmige Meinung, nicht nur in der Schule geschehen, sondern auch im Elternhaus. Und zwar durch Vermittlung von Medienkompetenz – die praktische Umsetzung allerdings ließen die Diskutanten und gesprächsfreudigen und engagierten Gäste des Mediengesprächs offen.
Es gilt also mit kleinen Schritten voran zu gehen und das Thema altersgerecht immer wieder in die Köpfe der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu tragen. Einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung leistet hierzu beispielsweise die Ausstellung ‚Rechtsradikalismus in Bayern‘ der Friedrich-Ebert-Stiftung. Sie informiert über Strukturen, Strategien und Wertvorstellungen des Rechtsradikalismus in Bayern und wurde seit Februar 2006 in 350 Orten Bayerns gezeigt. Im Mittelpunkt steht die Jugendszene. Neben der Vorstellung einschlägiger Codes, Symbole und Moden rechter Jugendkulturen, werden auch Aktionen und Initiativen vorgestellt, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Auch online sind zahlreiche Initiativen vertreten. Neben Angeboten der Friedrich-Ebert-Stiftung findet man überregionale Projekte wie Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V. oder Gesicht Zeigen! e. V. und zahlreiche interessante Publikationen. Es lässt sich also das Resümee ziehen: Ein Blick ins World Wide Web lohnt sich, denn auch zur Bekanntmachung von Initiativen gegen Rechts und zur Informationsgewinnung eignet sich das Internet als Kommunikationsmittel hervorragend.
www.fes-gegen-rechtsextremismus.de
www.endstation-rechts-bayern.de
www.gegen-vergessen.dewww.gesichtzeigen.de
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Daniela Hilkert
Beitrag als PDFEinzelansichtSonja Rehbein: Einfach mehr wissen?!
Brockhaus-Verlag (2010). Scolaris. www.scolaris.de. 9,90 €/Monat.
„Einfach mehr wissen“ – mit diesem Slogan wirbt BROCKHAUS für seine interaktive Lernplattform Scolaris. In fünf verschiedenen Lernbereichen bietet das Lernportal Kindern und Jugendlichen von fünf bis 15 Jahren vielfältige Möglichkeiten, für die Schule zu üben, zu lernen und Gelerntes abzuprüfen.
Die fünf Lernbereiche sind nach Altersstufen aufgeteilt und erstrecken sich von Prescolaris, dem Lernbereich für Kindergarten und Vorschulkinder, über die Bereiche für erste bis zweite sowie dritte bis vierte Klasse. Ab der Sekundarstufe stellt das Lernportal einen Lernbereich für die fünfte bis sechste Klasse und als fünfte und letzte Lernabteilung einen Bereich für die Klassenstufen sieben bis neun zur Verfügung. Ziel der Lernplattform ist es, Kindern und Jugendlichen die Unterrichtsinhalte der Kernfächer Deutsch, Mathematik und später Englisch verständlich zu erklären und zu vermitteln. Um mit Scolaris üben und lernen zu können, muss ein Account und ein Profil angelegt werden. Dieser Zugang kostet 9,90 Euro im Monat. Hat sich die Schülerin oder der Schüler erfolgreich eingeloggt, wird eine bunt gestaltete Startseite sichtbar, auf der zwischen den fünf verschiedenen, nach Klassenstufen geordneten Lernbereichen gewählt werden kann. Ist die Wahl auf den passenden Lernbereich gefallen, kann abermals zwischen vier Gebieten gewählt werden. Der Aufbau aller Lerneinheiten ist immer gleich, inhaltlich gut gegliedert und übersichtlich.
So besteht die Möglichkeit, sich in „Mein Lerncenter“ spannenden Fragen aus der Rubrik „Kinderfragen“, beziehungsweise ab der fünften Klasse „Schon gewusst?“ zu widmen. Interessante Fragen von Natur über Technik bis hin zu Philosophie werden hier, je nach Lernbereich anfangs kindgerecht, in späteren Lernbereichen für Jugendliche ansprechend gestaltet, in gut verständlichen, übersichtlichen und schön illustrierten Artikeln beantwortet. Der zweite, in jedem Lernbereich wählbare Reiter heißt „Schülerwelt“. Kinder und Jugendliche gelangen hier zur „Lernwerkstatt“, die inhaltlich an den Schulstoff der jeweiligen Klassenstufe angepasst ist. Unterteilt in die einzelnen Kernfächer werden in der „Lernwerkstatt“ wichtige Themen und Begriffe des Schulstoffs der jeweiligen Klassenstufen erklärt und zusammengefasst. Teilweise sind nützliche Verlinkungen zu Internetseiten vorhanden. Eifrige Lernerinnen und Lerner können sich in der „Schülerwelt“ aber auch verschiedenen Arten von informativen Lexika über Tiere, Länder, Flaggen und vielem mehr widmen.
Reiter Nummer drei jedes Lernbereichs heißt „Üben & Lernen“ und ist der eigentliche Kernbereich von Scolaris. Während sich die Mädchen und Jungen in der „Schülerwelt“ oder der „Lernwerkstatt“ selbständig Wissen aneignen oder Fakten nachschlagen können, wird unter „Üben & Lernen“ gelerntes Wissen in Übungen, Minitests und Abschlusstests abgeprüft. Gewählt werden kann die benötigte Klassenstufe und das zu übende Kernfach. Alle zur Verfügung stehenden Übungen und Tests orientieren sich ebenfalls an den schulischen Inhalten der jeweiligen Klassenstufen, können unabhängig voneinander bearbeitet werden und bauen nicht aufeinander auf. Übungen und Minitests sind jeweils in drei Schwierigkeitsgrade unterteilt. Je nach Fach und Klassenstufe bestehen sie aus Einsetz- oder Schreibübungen, manchmal muss aber auch nur die richtige Antwort ausgewählt werden. Die Abschlusstests sind deutlich breitbandiger angelegt und prüfen alle Themengebiete eines Schuljahres in einem Test mit circa 20 Aufgaben ab. Am Ende jeder Übung oder jedes Tests bekommt die oder der Übende eine Auswertung der Aufgaben. Sehr positiv daran ist, dass genau ersichtlich ist, was richtig und was falsch war.
Auf Wunsch stellt die Lernplattform Übungsempfehlungen zusammen, die, angepasst an den Lern- und Wissensstand des Kindes oder Jugendlichen, die Bereiche fördern, in denen noch Schwächen bestehen. So können Schülerinnen und Schüler gezielt und selbständig an ihren Defiziten arbeiten und werden in ihrem Übungsverhalten unterstützt, was vor allem jüngeren Schülerinnen und Schülern alleine eventuell sehr schwer fallen kann. Manchmal kann es aber sein, dass trotz der besten Auswertung einfach kein Durchblick herrscht. Auch für diesen Fall hat Scolaris vorgesorgt und bietet eine Hausaufgabenhilfe im „Schüler-Forum“ und eine „Lehrer-Hotline“ an. Taucht eine dringende Frage auf, kann montags bis freitags zwischen 15 und 19 Uhr per Telefon die „Lehre-Hotline“ angerufen werden. Hier helfen Lehrkräfte bei allen auftretenden Problemen in Deutsch, Mathematik oder Englisch weiter. Ist das Problem nicht ganz so akut, kann das „Schüler-Forum“ Abhilfe schaffen. Auch auf diesem Weg helfen Lehrkräfte ratlosen Schülerinnen und Schülern bei den Hausaufgaben.
Aber auch die Eltern kommen bei Scolaris nicht zu kurz: Für sie gibt es in jedem Lernbereich die „Elternwelt“. Hinter der „Elternwelt“ verbirgt sich ein bunter Strauß aus verschiedenen Ratgebern, Grundlagentests und anderem Wissenswerten, der Eltern Hilfestellungen zu Themen wie Erziehung und Entwicklung, Bildung und Gesundheit liefert. Natürlich gilt auch hier: Gleiches Recht für alle! Aus diesem Grund steht auch den Eltern ein „Eltern-Forum“ für Onlinefragestellungen sowie eine telefonische „Eltern-Hotline“ zur Verfügung. Anders als bei der „Lehrer-Hotline“ wird die „Eltern-Hotline“ aber nur jeden ersten Donnerstag im Monat freigeschaltet. Expertinnen und Experten beantworten Müttern und Vätern dann Fragen zu einem bestimmten Themenbereich, der zuvor auf der Seite angekündigt wird.
Dass nur die Kernfächer Deutsch, Mathematik und später Englisch auf der Lernplattform vertreten sind, ist schade, zumal zu bedenken ist, dass die Lernplattform 9,90 Euro im Monat kostet. Die ab der Sekundarstufe gegebene Differenzierung in unterschiedliche Schulformen ist durchaus sinnvoll, lässt aber leider keine Rückschlüsse darauf zu, auf welche Bundesländer die Inhalte abgestimmt sind. Die präsentierten Materialien und Erklärungen sind anfangs liebevoll kindgerecht gestaltet, sprechen aber in den Lernbereichen ab der siebten Klasse auch durchaus Teenager an. Ausführlich und gut strukturierte Übungen und Tests ermöglichen ein kontinuierliches ‚Mitlernen‘ im Unterricht und eine gute Vorbereitung auf jede Art von Prüfung.
Alles in allem ist die Scolaris-Lernplattform von BROCKHAUS eine gute Ergänzungs- und Fördermöglichkeit für alle Kinder und Jugendlichen zwischen der ersten und neunten Klasse, die mit ihrem fundierten Aufbau nicht nur viel Wissen, sondern auch viel Freude vermitteln kann.
Annika Borgmann, Claas Wegner: Ran ans Ei
Die Abteilung für Biologiedidaktik der Universität Bielefeld bietet bereits seit 2006 ein spezielles Förderprogramm für begabte Schülerinnen und Schüler an, die sich für Naturwissenschaften interessieren. Das Besondere an diesem Projekt mit dem Namen Kolumbus-Kids ist neben der Orientierung an wissenschaftlichen Arbeitsweisen und der Kontinuität der Förderung vor allem der Einsatz einer Vielzahl von unterschiedlichen Medien und E-Learning-Szenarien sowohl innerhalb der gemeinsamen Unterrichtsstunden als auch für deren Vor- und Nachbereitung. Die grundlegenden Ideen für dieses Projekt findet man auf der projekteigenen Homepage: www.Kolumbus-Kids.de
Das ProjektInsgesamt werden derzeit fünf Kurse mit maximal 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern angeboten, davon einer für die Primarstufe Klasse 4, drei für die Jahrgangsstufe 5 und ein Kurs für Schülerinnen und Schüler der Klasse 11 (bzw. 10 nach G8) der Oberstufe. Der Unterricht findet innerhalb der Universität für jeden Kurs einmal pro Woche statt und dauert jeweils 90 Minuten. Die Ausbildung der Lehramtsstudierenden innerhalb des Projekts Kolumbus-Kids umfasst ein Jahr und gliedert sich in ein Theorieseminar, das Kenntnisse und Kompetenzen in den Bereichen Unterrichtsmethodik und Begabungsdiagnostik vermittelt, sowie einen Praxiskurs, der der Umsetzung der Theorien in die Praxis dient. Dabei unterstützt der Internetauftritt des Projekts die Lernorganisation und -prozesse der Lehramtsstudierenden sowohl bei der theoretischen Vor und Nachbereitung als auch bei der praktischen Anwendung innerhalb der selbst gestalteten Unterrichtsstunden.
Der InternetauftrittAuf der projekteigenen Homepage finden sich in der Navigationsleiste am rechten Rand die vier Hauptkategorien „Kolumbus-Kids“, „Projekte“, „Lehrveranstaltungen“ und „Partner“. Im oberen Bereich werden weitere informative Aspekte wie ‚Berichte aus den Kursen‘ und ‚Kontakt‘ angeführt. Seit kurzem findet sich unter der Rubrik ‚Kontakt‘ eine Flash-Animation, die die Wegbeschreibung zu den unterschiedlichen Projekträumen anschaulich abbildet. So können Besucherinnen und Besucher der Internetseite wählen, welchen Raum sie innerhalb des Universitätsgebäudes aufsuchen möchten und werden dann von den bewegten Fußabdrücken der Animation über den Lageplan des Gebäudes dorthin geführt. Hinter dem Punkt „E-Learning“ in der Hauptkategorie „Projekte“ verbirgt sich eine Anzahl verschiedener Umsetzungsmöglichkeiten zum E-Learning im Projekt Kolumbus-Kids. Beispielsweise konnte ein interaktives Whiteboard angeschafft werden – eine Art digitale Tafel – auf der Grafiken, Animationen, Videos et cetera gezeigt, Aufgaben interaktiv von mehreren Lernenden bearbeitet und Ergebnisse dokumentiert werden können. Diese innovative und effektive Art des Arbeitens und Lernens wird auch bereits in vielen Schulen eingesetzt und wird wohl auch in Zukunft eine immer größere Rolle spielen.
Dazu gehört auch ein Voting-System, das es ermöglicht, über interaktiv bedienbare Elemente, sogenannte ‚Klicker‘, über Fragen und deren Antwortmöglichkeiten abzustimmen. Dabei können verschiedene Varianten wie Ja/Nein, Single- oder Multiple-Choice oder auch die Eingabe einer Zahl bzw. eines Worts als Antwortmöglichkeiten genutzt werden. Besonders innovativ neben diesen Systemen ist vor allem der Einsatz unterschiedlicher Lernvideos, die einerseits von den Studierenden selbst konzipiert, gedreht und vertont werden und andererseits mit Hilfe des Internetauftritts allen Lernenden zur Verfügung gestellt werden. Der Lernprozess der Studierenden wird zudem unterstützt und vereinfacht durch die Bereitstellung von kursinternen Materialien über das LernBlog-System der Universität Bielefeld. Diese Verknüpfung ermöglicht die Einbindung eines projektinternen passwortgeschützten Bereichs, über den der Up- und Download sowie der Austausch von Dateien erfolgen können. Für verschiedene Kurse besteht zudem das Angebot einer virtuellen Testklausur zu den erlernten und erarbeiteten Inhalten, mit Hilfe derer sich die Studierenden auf die eigentliche Prüfungssituation vorbereiten können.
Ebenfalls in den LernBlog eingebunden ist ein „Tutorial zum Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten“ mit eigener Navigationsleiste, das neben einer Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Schreibprozess auch eine Reihe von nützlichen Open-Office-Programmen empfiehlt und gleich zu Internetseiten mit Download-Möglichkeit verlinkt. Dort finden sich erneut Lernvideos, die die Benutzung verschiedener gängiger, lizensierter Programme sowie diverser Open-Source-Software erklären. Besonders vorteilhaft an dieser Art der Bereitstellung ist die jederzeitige Abrufbarkeit für die Studierenden. Die Fülle an in den Internetauftritt www.Kolumbus-Kids.de eingebundenen unterschiedlichen Elementen bildet die Basis dieses Konzepts für eine E-Learning-Plattform. Als außerordentlich hilfreich wird dabei die beidseitige Orientierung empfunden, die sich sowohl an den Anliegen der Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer und deren Eltern als auch an den Bedürfnissen der Studierenden ausrichtet. Hervorhebenswert ist dabei insbesondere auch die Übertragbarkeit des Konzepts auf andere Veranstaltungen aus den Bereichen Biologie, Chemie etc. Dank der Berücksichtigung geltender qualitativer und technologischer Standards (Camtasia, Premiere Elements, freie HTML- und PHP-Programmierung) ist eine vergleichbare Struktur auch ohne sehr umfangreiche Programmierkenntnisse nachvollziehbar und selbst umsetzbar.
Diese in dieser Form in Deutschland einzigartige Homepage wird zudem kontinuierlich verbessert und weiter ausgebaut. Vor kurzem wurde beispielsweise das gesamte Layout erneuert und der Fülle der sich stets erweiternden Inhalte angepasst. Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Plattform werden allerdings erst durch eine hohe Eigeninitiative und zum Teil ehrenamtliches Engagement seitens der Beteiligten ermöglicht.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Annika Borgmann, Claas Wegner
Beitrag als PDFEinzelansichtMarkus Achatz: Zur Definition von Kindheit.
„Sobald es dunkel im Kino wird, geht es auf leisen Pfoten in neue Lebenswelten“. Maryanne Redpath, Leiterin der Kinder- und Jugendfilmsparte GENERATION der Berlinale, umschreibt die Faszination Kino in ihrer Einführung zum diesjährigen Festival. Das Spektrum der Helden, Superhelden und Antihelden in den Kinderfilmen der 61. Internationalen Filmfestspiele in Berlin war sehr breit und die Geschichten ermöglichten dem jungen Publikum Reisen in ferne Länder und gaben neue Einblicke in scheinbar vertraute Umgebungen. Auch in diesem Jahr scheuten sich die Veranstalter nicht vor der Auswahl schwieriger und problembeladener Themen, die sich nicht immer in ein gutes Ende auflösten und die offene Fragen der jüngsten Zuschauerinnen und Zuschauer bisweilen nicht zu beantworten vermochten.
Dennoch machten die GENERATION-Beiträge 2011 auch viele Türen zu neuen und anderen Welten auf und boten dem jungen Publikum teils einzigartige Kinoerfahrungen.Hadikduk HapnimiAls durchaus ‚sperrig’, aber nicht minder fesselnd kann der israelische Film Hadikduk Hapnimi (Der Kindheitserfinder, Israel 2010) beschrieben werden. Regisseur Nir Bergman hat den gleichnamigen Roman des Schriftstellers David Grossman inszeniert. Bergman ist es gelungen, das Poetische und Parabelhafte des Buches auf die Leinwand zu übertragen. Für Kinder ab zwölf Jahren sicher kein einfacher Stoff. Bergman betont aber auch, diesen Film nicht speziell für ein junges Publikum gemacht zu haben. Zu komplex und zu tiefgründig sind die Gedanken und Erinnerungen Grossmans. Der Autor ist in seinem Heimatland eine feste Größe der zeitgenössischen Literatur und hat in zahlreichen Veröffentlichungen die Traumata des Holocaust zum Thema gemacht. Der Kindheitserfinder erschien in Israel 1991 und ist im Gegensatz zu einigen anderen Veröffentlichungen Grossmans, wie Joram und der Zauberhut (dt. 1998) oder Zickzackkind (dt. 1996), kein ausgesprochenes Jugendbuch. 2010 erhielt Grossman den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Der Kindheitserfinder versetzt uns ins Jerusalem der frühen 1960er Jahre. Im Mikrokosmos einer Wohnsiedlung werden drei Jahre im Leben des Jugendlichen Ahron Kleinfeld erzählt. Ahrons Vater war in einem Konzentrationslager, die Großmutter wurde während des Krieges geisteskrank und für die Mutter scheint das Leben noch immer wie ein Krieg zu sein. Ahrons Gefühlsleben ist völlig durcheinander. Freundschaften, Verliebtsein, Erwachsenwerden – all das bricht über ihn herein. Zu allem Überfluss hat er auch noch aufgehört zu wachsen und muss herausfinden, was gut daran ist, dass sich alles verändert. In seiner Welt sind nur die ältere Schwester Yochi und sein bester Freund Gidon so etwas wie Vertraute. Doch Gidon scheint sich auch zu verändern. Vor allem als Yaeli, ein Mädchen aus der Parallelklasse, in ihr Leben tritt. Yaeli geht Ahron nicht aus dem Kopf. In seiner Schüchternheit schafft er es nur mit Hilfe von Gidon, sich mit Yaeli zu verabreden. Sie treffen sich zu dritt, doch anders als zu Beginn ihrer Begegnungen, verliert Ahron den Anschluss an Yaelis und Gidons Gespräche und Gedanken. Er verharrt mehr in seinen kindlichen Träumen und Sehnsüchten. Ahron kämpft für das Bewahren eines Teils seiner Kindheit, denn er möchte nicht werden wie seine Eltern. Für ihn sind die Momente wichtig, in denen er selbst entscheidet, wann es mehr um Träume und Sehnsüchte gehen soll. Diese will er nicht verlieren, so wie seine geheimen Zeichen mit Gidon. Niemand sonst vermag sie zu deuten: Eine Münze im Elektrizitätskasten vor dem Haus, eine verschobene Holzlatte an der Parkbank oder ein Lichtreflex mit dem Spiegel ins Zimmer des anderen. Der gesamte Film bewegt sich stets innerhalb der Enge der Siedlung. Manche verlassen zwar ihre Häuser und gehen zur Arbeit oder wohinauch- immer, das Publikum bleibt aber – so wie Ahron. Manchmal stehlen sich Ahron und Gidon heimlich in die Wohnung der Nachbarin Fräulein Blum voller Bücher, Gemälde und Musikinstrumente. Nicht nur Ahrons Welt, sondern vor allem die des Vaters und langsam auch aller anderen, gerät gehörig ins Schwanken, als Fräulein Blum den Vater darum bittet, in ihrer Wohnung eine Wand herauszureißen.
Grossmans Bücher zu verfilmen ist eine schwierige Aufgabe und es war richtig, diese an den 41-jährigen Nir Bergman zu geben. Nach mehreren Kurzfilmen und Episoden für israelische TV-Serien sorgte Bergman mit seinem Kinodebüt Knafayim Shvurot (Broken Wings) 2002 für Furore. Der Film lief im Panorama der Berlinale 2003 und erhielt weltweit zahlreiche Auszeichnungen. Damals wie auch jetzt in Hadikduk Hapnimi hat Bergman die Rolle der Mutter mit Orly Zilbershatz besetzt, die herausragend spielt.Jutro Będzie Lepiej
Eine ganz auf Empathie und Freiraum angelegte Form von Kindheit vereinen alle Filme der polnischen Regisseurin Dorota Kędzierzawska. Kaum eine andere europäische Filmemacherin traut ihren kindlichen Hauptfiguren so viel zu. Ihr mit Spannung erwarteter neuer Film knüpft an das tiefe Verständnis für das Denken und Handeln Heranwachsender aus den vorherigen Werken – wie Wrony (Die Krähen, 1994) oder Jestem (Ich bin, 2007) – an. Mit Jutro Będzie Lepiej (Morgen wird alles besser, Polen/Japan 2010) ist der 53-Jährigen wieder ein herausragender Film gelungen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, Produzenten und Kameramann Arthur Reinhart erzählt sie in opulenten Bildern von der Flucht dreier Brüder. Die Geschichte beginnt, als die Jungen schon unterwegs sind. Woher sie kommen und wohin sie wollen, erschließt sich erst nach und nach. Ab der ersten Einstellung sind die Zuschauerinnen und Zuschauer nah dran an diesen Jungen – vor allem an Petya, dem Jüngsten der drei, so als würden sie ihn schon lange kennen. Petya ist sechs Jahre alt, ein obdachloses Straßenkind, unterwegs mit seinem elfjährigen Bruder Vasya und dessen Freund Lyapa. Die beiden älteren Jungen hecken einen Plan aus. Wenn dieser aufgeht, wird alles besser werden. Im Verborgenen schlagen sie sich durch, erst in einem Güterzug, später zu Fuß durch einsame Landstriche. Die Reise ist eine Suche nach einer neuen Heimat, nach einem besseren Leben. Die Jungs sind sich selbst gegenüber hart und wissen, dass sie nur weiterkommen, wenn sie zusammenhalten. Der Kleine wird von den Großen regelmäßig ausgeschmiert, aber sie würden ihn tatsächlich nie zurücklassen.
Die Spannung steigt, als die drei Kinder zum hochgesicherten Grenzstreifen gelangen, der von Russland nach Polen führt. Die Regisseurin scheint sich ganz auf ihre Charaktere zu verlassen. Alles in Jutro Będzie Lepiej fokussiert sich auf die Jungen. Die Kamera begleitet die Kinder eher, als dass die Geschehnisse inszeniert wirken. Mit Ausnahme von Licht und Farben, denn diese sind großes Kino und verhelfen der Landschaft im nordöstlichen Grenzgebiet Polens ebenfalls zu einer Hauptrolle. Die Geschichte soll wirklich passiert sein, so Dorota Kędzierzawska, wobei es keine Rolle spiele, ob es genau so war. Entscheidend sei der unbedingte Wille der Drei, ihr tristes Dasein zu verlassen – einzig geschürt durch die Hoffnung, dass es irgendwo einen besseren Ort gibt.
Eine ausdrucksvolle Interpretation des Wandels der Kindheit ist die Szene, als die drei nachts in einem Güterwaggon liegen. Der Zug hält an einem unbekannten Ort und gibt für Vasya den Blick durch eine Ritze frei auf eine beleuchtete Wohnung. Hinter einem Fenster geht eine Mutter mit einem schlafenden Kind auf und ab. Sie wiegt und liebkost das Kind, während Vasya den in seinen Armen schlafenden Petya betrachtet und ihn fest an sich drückt. Jutro Będzie Lepiej erhielt 2011 sowohl den Großen Preis des Deutschen Kinderhilfswerks für den besten Spielfilm (vergeben durch die internationale GENERATION Kplus-Jury) als auch den Friedensfilmpreis 2011, der im Rahmen der Berlinale verliehen wird.
Aus der Jurybegründung: „Mit eindringlichen und poetischen Bildern erzählt die polnische Regisseurin Dorota Kędzierzawska dieses so bittere Märchen unserer heutigen Realität. Mit den Augen der Kinder entlarvt sie die harte Welt der Erwachsenen und der von ihnen gezogenen Grenzen. Und Petya, der Sechsjährige, durchleuchtet die Welt – direkt ins Herz.“ Deutlicher als während früherer Festivals wurde in diesem Jahr diskutiert, was dem jungen Kinopublikum zuzumuten ist und was nicht. Die Debatte ist nicht neu, hat aber mit einigen Beiträgen im GENERATION -Wettbewerb der 61. Berlinale ein breiteres öffentliches Interesse generiert. Vielleicht ist gerade das als ein wichtiges und positives Signal für die Nische ‚Kinderkino’ zu werten. Im Vorfeld hatte Maryanne Redpath bereits angedeutet, dass die jungen Protagonistinnen und Protagonisten in den diesjährigen Programmen Kplus und 14plus riskant leben würden, ganz egal woher sie kämen und wo sie sich befänden. Davon, wie Heranwachsende ihre Grenzen testen, sich in Fantasiewelten träumen oder sich teils gefährliche Zufluchtsorte suchen, handeln die Geschichten aus 30 Ländern. „Heranwachsen verlangt Wagemut. Selten gab es so viele Filme, die derart radikal davon erzählen“, so Redpath. Diesen Wagemut forderte die Veranstaltung auch von ihrem Publikum.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Markus Achatz
Beitrag als PDFEinzelansichtMarkus Achatz: Andere Jugendwelten
On the Ice
In der Programmsektion 14plus hat vor allem das Erstlingswerk On the Ice (USA, 2011) von Andrew Okpeaha MacLean auf allen Ebenen überzeugt. Dramaturgisch brillant verband der US-Independentfilm einen immer packender werdenden Plot mit spürbarer Nähe zu den Hauptfiguren und setzte die arktische Landschaft wie eine weitere ‚Hauptrolle‘ als Motor der Ereignisse und der subtilen Spannung ins Rampenlicht. Überhaupt bildeten das Licht und die Farben im Eis Alaskas in dieser Geschichte weit mehr als einen spektakulären Schauplatz. Die harten Bedingungen im Eis des Nordens sind ein wesentlicher Aspekt der Geschichte – als Exposition und in seiner Auflösung. Barrow/Alaska hat etwa 5.000 Einwohner, liegt direkt am Eismeer und ist die nördlichste Gemeinde der Vereinigten Staaten.
Regisseur Andrew Okpeaha MacLean ist Iñupiat – ein Ureinwohner Alaskas – und weiß, wovon er erzählt. Er ist in Barrow aufgewachsen, dort wurde On the Ice auch gedreht. Autobiografische Bezüge sind nicht zu leugnen und selten bot das amerikanische Kino in den vergangenen Jahren eine so authentische und gleichzeitig sensible Darstellung des kulturellen Zwiespalts von Minderheiten. Weder verkrampft noch oberlehrerhaft führt er die Teenagerfreunde Qalli und Aivaag als Hauptfiguren ein, die sich im Spannungsfeld zwischen jugendlichem Sprach-Slang, Hip Hop-Kultur einerseits sowie Familienritualen und traditioneller Robbenjagd andererseits arrangieren. Statt mit Hundeschlitten wie früher oder mit Motorrädern wie Gleichaltrige heute in anderen Regionen der Welt cruisen die Kids hier mit ihren Motorschlitten durch die Gegend. Als Qalli und Aivaag mit James, einem Kumpel, per Schnee-Scooter zur Eiskante rausfahren, kommt es zu einem verheerenden Streit, an dessen Ende James tot ist. Die beiden Freunde versuchen das Unglück wie einen Unfall aussehen zu lassen. Ausgerechnet Qallis Vater, ein erfahrener Iñupiat, schöpft Verdacht, dass diese Variante der Geschichte nicht die volle Wahrheit ist. Qalli gerät sowohl durch die Nachforschungen seines Vaters als auch durch die Wankelmütigkeit Aivaags, der kaum mehr dicht halten kann, immer mehr unter Druck.
Hauptdarsteller Josiah Patkotak stammt ebenfalls aus Barrow. Auf der Bühne des Premierenkinos konnte man über die Präsenz des 16-Jährigen mit der bärengleichen, tiefen Stimme staunen. Als er die Frage aus dem Publikum, wie er mit der Schauspielerei zurecht gekommen sei, lakonisch beantwortete: „It was fun, dude“, kam es einem beinahe so vor, als wäre der berühmte ‚Dude’ aus The Big Lebowski richtig harmlos. Die sieben Jugendlichen der 14plus-Jury vergaben den Gläsernen Bären für den besten Film 2011 an On the Ice: „Dieser Film hat uns von der ersten Minute an gefangen genommen und bis zum Ende kein einziges Mal losgelassen. Mit einfachen Mitteln wird hier zwischen Einsamkeit und unendlicher Weite eine Atmosphäre von erstickender Enge geschaffen.“ Zusätzlich erhielt der Film überraschend und doch verdient den Berlinale Preis für den besten Erstlingsfilm des Gesamtfestivals.
Tomboy
Der Eröffnungsfilm des diesjährigen PANORAMA war gleichzeitig ein Beitrag, der im Rahmen der Cross-Section auch Zuschauerinnen und Zuschauern der GENERATION empfohlen wurde. Behutsam schildert die französische Regisseurin Céline Sciamma in Tomboy (Frankreich 2011) das Gefühlsdilemma der heranwachsenden Laure. Sie ist fest davon überzeugt, kein Mädchen sein zu wollen. Laure ist mit ihrer Familie – Mutter, Vater und der jüngeren Schwester Jeanne – an einen anderen Ort gezogen. Es sind Ferien, alle Kinder spielen im Freien, aber niemand kennt Laure. Da sie sich wie ein Junge kleidet, nimmt sie die Gelegenheit wahr und stellt sich der gleichaltrigen Lisa als Mikael vor. Schnell findet sie Anschluss und fühlt sich pudelwohl in der neuen Clique, spielt mit den anderen Jungs Fußball und tobt durch die Gegend. Die Situation wird kompliziert, als sich Lisa und Mikael näher kommen und dann auch noch Laures Schwester Jeanne hinter das Geheimnis kommt. Zunächst kann Laure Jeanne dazu bringen, das Spiel mitzuspielen. Die kleine Schwester beginnt sogar Stolz auf ihren ‚großen Bruder’ zu sein. Als sich bei einem Streit eine Rauferei entwickelt und Mikael einen der Jungs verprügelt, stehen wenig später der Junge und seine Mutter vor der Türe bei Laures Familie und fragen nach Mikael …
Regisseurin Céline Sciamma zählt schon jetzt zu den Vertreterinnen eines jungen, realistischen Kinos in Frankreich. Bereits mit ihrem Debüt Water Lillies erhielt sie 2007 in Cannes gute Kritiken. Das Drehbuch zu Tomboy stammt ebenfalls von ihr und ist die Grundlage für einen stimmigen und sensiblen Film, der vor allem auch hervorragend besetzt ist. Zoé Héran spielt Laure/Mikael mit allen Facetten und überzeugt besonders im Zusammenspiel mit Malonn Lévana (als kleine Schwester) und den Kids der Clique. Als Eltern sind mit Mathieu Demy und Sophie Cattani bekannte französische Darstellerinnen und Darsteller dabei. Tomboy versprüht stellenweise große Leichtigkeit, vermag aber dennoch das Publikum immer wieder in den realen Rollenkonflikt und die schwierigen Emotionen des Mädchens hineinzuziehen. Dem Film wurde hochverdient der Jury Award des Teddy-Filmpreises der Berlinale 2011 verliehen.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Markus Achatz
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publikationen
Medien mit Migrationshintergrund?
Susanne Eggert (2010). Medien im Integrationsprozess: Motor oder Bremse? Die Rolle der Medien bei der Integration von Heranwachsenden aus der ehemaligen Sowjetunion. München: kopaed. 240 Seiten, 18,80 €.
Hunger, Uwe/Kissau, Kathrin (Hrsg.) (2010). Internet und Migration. Theoretische Zugänge und empirische Befunde. Wiesbaden: VS Verlag. 342 Seiten, 29,90 €.
Hepp, Andreas/Bozdag, Cigdem/Suna, Laura (2011). Mediale Migranten. Mediatisierung und die kommunikative Vernetzung der Diaspora. 290 Seiten, 24,95 €.
Ein Fünftel der deutschen Bevölkerung hat einen sogenannten Migrationshintergrund (bpb 2010). Fast 20 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen sind entsprechend nicht hier geboren oder haben Vorfahren, die aus einem anderen Land eingewandert sind. Wie diese Menschen hier leben, ob und wie sie sich integrieren, welches Selbstbild sie aufbauen und nach außen tragen, wie ihr Verhältnis zum Herkunftsland sich gestaltet, hängt von vielen Faktoren ab – von ihrer Erziehung und Sozialisation, ihrer Umgebung, ihrer Peergroup – und ihrer Mediennutzung. Denn Medien sind aus keinem Lebensbereich mehr wirklich wegzudenken.Doch welche Rolle spielen sie für Migration und Integration? Unterscheidet sich Mediennutzung ‚mit‘ und ‚ohne Migrationshintergrund‘? Haben Medien einen Einfluss auf den Integrationsprozess oder bleiben sie außen vor?
Diesen Fragen widmen sich – mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten – drei aktuelle Bücher: Medien im Integrationsprozess: Motor oder Bremse? ist eine Dissertation. Susanne Eggert beleuchtet darin ganz gezielt das Mediennutzungsverhalten von Heranwachsenden aus der ehemaligen Sowjetunion, die höchstens vier Jahre in Deutschland leben. Sie führte leitfadengestützte Interviews mit insgesamt 22 Jugendlichen zwischen zehn und 16 Jahren, Expertengespräche mit Aussiedlerberaterinnen und -beratern und einem Wohnheimleiter und beobachtete zwei Familien in ihrem Alltags- und Medienleben. Durch diese qualitative Herangehensweise gewinnt sie sehr tiefe Einblicke in die Medienaneignung der Jugendlichen, die sie ebenso authentisch wiedergibt: Etwa dreißig Seiten widmet sie dem Medienumgang der Jugendlichen, minutiös aufgeteilt nach den verschiedenen Medien(-produkten), weitere dreißig der Darstellung der einzelnen Interviewten, aufgeteilt nach Jungen und Mädchen. Die Erkenntnisse, die sie hier am Einzelfall anschaulich und tiefgehend darlegt, präsentiert sie vor dem Hintergrund einer ausführlichen Darstellung der theoretischen Grundlagen zum Thema, von Integration allgemein über ‚Spätaussiedler‘, die ehemalige Sowjetunion bis hin zu Medienaneignungstheorien. Ihre qualitative, an sich sehr spezielle Studie präsentiert sich so vor dem Hintergrund allgemeinerer, qualitativer sowie quantitativer Erkenntnisse, so dass die Forderungen, die sie schließlich an die medienpädagogische Forschung und Praxis richtet, sowohl quantitativ als auch am Einzelfall nachvollziehbar sind.
Ganz ähnlich gehen Andreas Hepp, Cigdem Bozdag und Laura Suna das Thema an: Sie präsentieren in Mediale Migranten die Ergebnisse ihrer Studie zur Medienaneignung in der marokkanischen, russischen und türkischen Diaspora in Deutschland. Auch sie stützen sich vor allem auf qualitative, leitfadengestützte Interviews und versuchen, ein möglichst authentisches Bild ihrer Zielgruppe zu zeichnen. Etwas breiter ist die Untersuchung dennoch aufgestellt: Hepp, Bozdag und Suna befragten insgesamt 100 Personen und ergänzten deren Antworten durch qualitative Netzwerkkarten, die sie von ihrem Medienrepertoire und -verhalten zeichneten, durch Medientagebücher und fotografische Dokumentationen der Medienausstattung ihrer Befragten. Zudem stellen sie den Interviews Sekundärauswertungen bestehender quantitativer Erhebungen, insbesondere der ARD/ZDF-Studie Migranten und Medien 2007 voran. So können sie trotz etwas knapper gehaltenem Theorie-Teil einen gezielten und guten Einblick in ihre Grundlagen bieten – vor allem eine tabellarische Aufstellung der zentralen Mediennutzungsstudien zu Migrantinnen und Migranten in Deutschland seit 2000 dürfte vielen interessierten Leserinnen und Lesern ein Post-It wert sein.
Ihre Ergebnisse präsentieren die Forschenden in zwei großen thematischen Blöcken: Einmal sortiert nach „Aneignungskontexten“, wobei sie auf die Rolle von Bildung und Sprache, von Lokalitäten sowie von Diasporamedien eingehen. Den ausführlichsten Teil aber widmen sie der Darstellung der von ihnen geclusterten „Aneignungstypen“.Hier unterscheiden sie zwischen Herkunftsorientierten, Ethnoorientierten und Weltorientierten. Sie stellen jeden dieser ‚Typen‘ ausführlich und anhand zahlreicher Zitate dar und versuchen abschließend, alle Verhaltensweise ihrer „Medialen Migranten“ noch einmal in wenige ‚Hauptresultate‘ zusammenzuführen, was insgesamt zu einem umfassenden und stimmigen Bild führt.
Ganz anders schließlich nähert sich das dritte Buch dem Thema: Internet und Migration von Uwe Hunger und Kathrin Kissau ist ein Herausgeberwerk – und allein deshalb natürlich schwer mit den beiden anderen vergleichbar. Doch bietet auch dieser Band viel Lohnenswertes für alle, die sich mit Migration und Medien beschäftigen. Der Fokus liegt hier nicht auf einer bestimmten Gruppe von Migrantinnen und Migranten, sondern, wie der Titel bereits verrät, auf einem bestimmten Medium, nämlich dem Internet. Aufgeteilt in „Theoretische Zugänge“ und „Empirische Befunde“ versammelt das Buch insgesamt 15 Beiträge von ganz verschiedenen Autorinnen und Autoren, die die Rolle des Internets bei der Migration aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Von Communitys, Blogs und Homepages über Wissensnetzwerke bis hin zum Satellitenfernsehen; von Migrantinnen und Migranten ganz allgemein über türkische Jugendliche, islamische Portale oder das Ethnoportal Indernet bis zur Selbstpräsentation deutscher Kommunen zu Migrations-Fragen – das Thema wird breit aufgefächert und aus vielen Perspektiven beleuchtet. So präsentiert Internet und Migration zwar keine einheitliche Fragestellung und entsprechend auch keine umfassende Abarbeitung einer Thematik, aber doch viel Interessantes rund um Internet und Migration, in dem Forschende, praktisch Tätige sowie Interessierte viele gute Anstöße für ihre Arbeit finden können.
Insgesamt lässt sich also feststellen: Migration und Medien ist ein wichtiges und spannendes Thema, das immer mehr Eingang in den wissenschaftlichen und praktischen Diskurs findet – was angesichts der Mobilität der Weltbevölkerung auch mehr als sinnvoll ist. Wer sich für das Thema interessiert, bereits daran arbeitet, Grundlagen oder neue Impulse sucht, dem seien alle drei hier vorgestellten Bücher durchaus ans Herz gelegt – um einen Überblick über die Theorie, eine umfassende Darstellung der Thematik, interessante Schlaglichter, fundierte Einblicke oder auch neue Anstöße zu gewinnen.
Elisabeth Jäcklein-Kreis
Medienbildung – Bildungsmedien
Albers, Carsten/Magenheim, Johannes/Meister, Dorothee M. (Hrsg.) (2011). Schule in der digitalen Welt, Medienpädagogische Ansätze und Schulforschungsperspektiven. Wiesbaden: VS Verlag. 253 Seitzen, 29,95 €.
Tulodziecki, Gerhard/Herzig, Bardo/Grafe, Silke (2010). Medienbildung in Schule und Unterricht. Grundlagen und Beispiele. Bad Heilbrunn: UTB. 384 Seiten, 21,90 €.
Meyer, Torsten/Tan, Wey-Han/Schwalbe, Christina/Appelt, Ralf (Hrsg.) (2011). Medien & Bildung. Institutionelle Kontexte und kultureller Wandel. Wiesbaden: VS Verlag. 452 Seiten, 39,95 €.
Die technische Ausstattung der Schulen hat sich seit der Forderung „Schulen ans Netz“ nicht nur durch diese Initiative merklich verbessert. Die Potenziale der Neuen Medien im Bildungskontext werden jedoch noch immer selten wirklich ausgeschöpft. Wie gestaltet sich Bildung in der digitalen Welt und unter welchen Maßgaben können die aktuellen Entwicklungen nachhaltig berücksichtigt werden? Das Anliegen des Buches Schule in der digitalen Welt ist es, Potenziale des Einsatzes Neuer Medien in der Schule zu beleuchten. Hierzu wird der Frage nach den Auswirkungen der aktuellen, medialen Entwicklungen auf Medienpädagogik und -didaktik nachgegangen.
Carsten Albers, Johannes Magenheim und Dorothee M. Meister leiten die Aufsatzsammlung mit zwei Beiträgen zu gegenwärtigen, medienpädagogischen Ansätzen ein. Im zweiten Abschnitt werden schulspezifische Fragestellungen aus Sicht der Schulforschung behandelt. Schließlich wird der Vorstellung verschiedener Beispiele aus der Unterrichtspraxis der umfangreichste Abschnitt gewidmet (Abschnitt 3).
Diese Praxisbeispiele beziehen sich auf die Fächer Geschichte, Pädagogik, Kunst, Musik sowie naturwissenschaftlich-mathematische Fächer. Dabei verlieren sich die Autorinnen und Autoren nicht darin, Best-Practise-Beispiele zu sezieren, vielmehr werden vertiefend Probleme in der Unterrichtspraxis an Hand von Praxisbezügen aufgegriffen. Die Konzeption des Bandes entstand aus der Arbeit der Projektgruppe Medien am Paderborner Zentrum für Bildungsforschung und Lehrerbildung. Die Nutzung Neuer Medien im Unterricht wird als Chance angesehen, dabei soll ein kritischer, empirischer Blick auf die Frage nach dem tatsächlichen Gewinn digitaler Medien im Unterricht gewahrt bleiben. Hierzu wird der Standpunkt bezogen, dass nicht der Einsatz digitaler Medien einen Lernerfolg verspricht, sondern deren Kopplung an didaktische Konzepte und Methoden (S. 12). Das Buch liefert insgesamt einen wichtigen Beitrag dafür, den Diskurs um digitale Medien im Unterricht anzuregen und zu bereichern und die Entwicklung medienspezifischer Angebote voranzutreiben. Lehrern und Lehrerinnen, die ihren Unterricht durch den Einsatz der Neuen Medien zeitgemäß gestalten wollen und hierfür eine Anleitung suchen, wird der Band Medienbildung in Schule und Unterricht eher nützlich sein. Als Lern- und Arbeitsbuch will es eine Hilfe zur Gestaltung einer handlungs-, entwicklungs- und kompetenzorientierten Medienbildung sein.
Gerhard Tulodziecki, Bardo Herzig und Silke Grafe nähern sich der Frage nach Medienbildung in Schule und Unterricht von unterschiedlichen Betrachtungspunkten aus an, sowohl mediendidaktischen und -pädagogischen, als auch erzieherischen. Ziel ist es, den interessierten Leserinnen und Lesern sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten der Neuen Medien für das Lernen und Lehren aufzuzeigen und damit den neuen Anforderungen an Erziehung und Bildung zu begegnen. Ohne Vorwissen vorauszusetzen, werden Grundlagen über die Leitideen der Medienbildung besprochen (Abschnitt 2). Es wird nicht nur Wert darauf gelegt, Impulse durch Projekt- und Unterrichtsbeispiele zu geben (Abschnitt 6), diese werden auch in einen größeren Zusammenhang eingefügt. Die Erläuterung von Aspekten, wie Lern-lehrtheoretische Grundlagen (Abschnitt 3.2), Konzepte der Medienerziehung (Abschnitt 4.2), Medieneinflüsse in verschiedenen Zusammenhängen (Abschnitt 5.2) oder der Entwicklungsförderung (Abschnitt 7), machen diese Neuerscheinung nicht nur für Lehrkräfte zu einer aufschlussreichen Lektüre.
Über das benannte Basiswissen und die Unterrichtsbezüge schließen Tulodziecki, Herzog und Grafe den Kreis mit schulorganisatorischen Themen, wie medienpädagogischen Schulkonzepten und Kompetenzentwicklung bei Lehrpersonen (Abschnitt 8.2 und 8.3). So wird, im Vergleich zum Buch Schule in der digitalen Welt, ein breiteres, jedoch gut ausgewähltes Themenspektrum behandelt. Dabei bleibt das Buch bei einer überblickenden, weniger tiefgehenden Aufarbeitung der Themen. Besonders gelungen ist der lesedidaktische Aufbau, der zur aktiven Auseinandersetzung über das Lesestudium hinaus anregt. Über interdisziplinäre Zugänge widmet sich das Buch Medien & Bildung neben den allgemeinbildenden Schulen verstärkt dem Hochschulkontext.
Die Herausgeber Torsten Meyer, Wey-Han Tan, Christian Schwalbe und Ralf Appelt bereiten Perspektiven auf den medienkulturellen Wandel auf, der in Schulen und Hochschulen Berücksichtigung finden soll und stellen die Frage nach der (digitalen) Zukunft der Bildungsinstitutionen. Ausgangspunkte sind die Ringvorlesung Medien & Bildung und das Hochschulentwicklungsprojekt ePUSH der Universität Hamburg. Die Inhalte gliedern sich von einem überblickenden, theoretischen Rahmen ausgehend hin zu konkreten Praxisbezügen. Dabei werden die theoretischen Grundlagen, unter anderem zur bildungspolitischen Debatte, zu Ansichten über das E-Learning, Wissensvermittlung und -organisation oder Folgen des medienkulturellen Wandels, im zweiten Abschnitt auf verschiedene konkrete Kontexte bezogen. Hierzu zählen etwa Raum, Bildung, Wissen oder die Universität, die vom postulierten kulturellen Wandel betroffen sind. Schließlich werden konkrete Perspektiven entworfen und es wird die Frage nach Konsequenzen gestellt, bevor im vierten Abschnitt Erfahrungen mit Medientechnologien in verschiedenen Institutionen und Situationen, auch visuell ansprechend, reflektiert werden. Die Unterteilung der Abschnitte mag angesichts der Vielschichtigkeit nur ein Anhaltspunkt für die Leserin oder den Leser sein, die Interdisziplinarität der Blickpunkte und die Ansichten von über 30 Autoren machen das Buch jedoch in jedem Abschnitt facettenreich und interessant.
Die Einordnung der Medienlandschaft in die Verantwortungsbereiche der Erziehung und Bildung ist mehr denn je aktuell. Alle drei Bücher liefern dafür fachlich lohnenswerte und anregende Beiträge.
Anika Bonitz
Das Handy – Faszination und Fluch
Günter Burkart (2007). Handymania. Wie das Mobiltelefon unser Leben verändert hat. Frankfurt/Main: Campus Verlag GmbH. 224 S., 24,90 €
Petra Grimm/Stefanie Rhein (2007). Slapping, Bullying, Snuffing! Zur Problematik von gewalthaltigen und pornografischen Videoclips auf Mobiltelefonen von Jugendlichen. Berlin: VISTAS Verlag GmbH. 223 S., 17 €Thilo von Pape (2008).
Aneignung neuer Kommunikationstechnologienin sozialen Netzwerken. Am Beispiel des Mobiltelefons unter Jugendlichen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. 305 S., 39,95 €
Das Handy ist sozusagen nicht nur ‚das‘ Aushängeschild unserer Gesellschaft, sondern auch ein wichtiger Teil der heutigen Jugendkultur. Es ist nicht nur das am weitesten verbreitete Kommunikationsinstrument, sondern eben auch Prestigeobjekt und ein ‚Muss‘ auf dem Schulhof, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder der Fußgängerzone. Denn mal im Ernst, muss nicht jeder von uns wichtige Anrufe von unterwegs erledigen, die nicht warten können, bis man zuhause oder am Arbeitsplatz angekommen ist? Wie das Mobiltelefon Einzug in unser Leben gefunden hat und dieses beeinflusst, steht im Mittelpunkt des Buches Handymania.
Wie das Mobiltelefon unser Leben verändert hat des Soziologen Günter Burkart. Der Autor erläutert in vier Hauptteilen die Bedürfnisse unserer modernen Gesellschaft und definiert den kulturellen Stellenwert und die Einflüsse des Gerätes auf Individuen, unsere sozialen Beziehungen und die Gesellschaft. Nach einer kultursoziologischen Sichtweise von Technik und den Auswirkungen der Handynutzung auf soziale Beziehungen, Störungen der Kommunikation und Kontrollmöglichkeiten, sollen die Funktionen des Handys und letztendlich die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die gesellschaftliche Entwicklung gerichtet werden.Burkart geht der Frage nach, ob das Mobiltelefon ein postmodernes Kulturobjekt ist, und wagt einen Blick in die Zukunft. Das Handy entwickelt sich fortwährend weiter und ermöglicht immer weitere Nutzungsmöglichkeiten – sei es durch das Aufnehmen und Versenden von Bildern, das Speichern von Dateien oder das Herunterladen von Inhalten aus dem Internet um nur einige der wichtigen Innovationen der letzten Jahre zu nennen.Thilo von Pape beschäftigt sich in seinem Buch Aneignung neuer Kommunikationstechnologien in sozialen Netzwerken. Am Beispiel des Mobiltelefons unter Jugendlichen mit den Innovationen des Mobiltelefons und legt dabei den Schwerpunkt auf jugendliche Nutzerinnen und Nutzer, denn die Wirtschaft hat klar erkannt, dass Jugendliche eine hohe Marktmacht besitzen. Nach einer Einführung in das Nutzungsverhalten Heranwachsender, folgt eine Vorstellung relevanter Theorien. Der Autor zieht Ansätze der Diffusionstheorie und der Mediennutzungsforschung heran.
Die im Buch vorgestellte Studie soll zu einem besseren Verständnis der Innovationsentwicklungen nach dem Verlassen des Entwicklungslabors dienen. Papes Erkenntnisinteresse liegt in der Frage, in welcher Form der persönliche Kontakt innerhalb sozialer Netzwerke den Prozess, in dem sich Nutzerinnen und Nutzer neue Kommunikationstechnologien aneignen, prägt. Die Studie kommt zu interessanten Ergebnissen, die Raum für neue Forschung bieten und lohnen, einen Blick in die Veröffentlichung zu werfen. Innovationen, wie beispielsweise eine Konvergenz von Mobiltelefon und Computer bei den heutigen Smartphones entwickeln nicht nur Potenziale. Die schnelle Verbreitung und auch Aneignung von Innovationen bei Jugendlichen, erhöht auch das Gefahrenpotenzial für Kinder und Jugendliche rasant. So sind Schlagwörter wie Happy-Slapping und Bullying nicht mehr nur unter Medienpädagoginnen und Medienpädagogen bekannt, sondern auch ein gesellschaftlich relevantes Thema. Denn durch die ständige Nutzung des Gerätes durch Heranwachsende erhöht sich folglich die Gefahr, dass dieses auch als Vermittlungs- und Empfangsplattform für unerwünschte aber auch jugendgefährdende Inhalte herhalten muss.
Auf diesen Themenkomplex geht die Studie Slapping, Bullying, Snuffing! Zur Problematik von gewalthaltigen und pornografischen Videoclips auf Mobiltelefonen von Jugendlichen von Petra Grimm und Stefanie Rhein ein, die als erster Band in der Schriftenreihe der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein erschienen ist. Die qualitative und quantitative Untersuchung widmet sich der unterschiedlich motivierten Erstellung, Verbreitung, Nutzung und den Auswirkungen von gewalthaltigen und pornografischen Inhalten auf Handys von Jugendlichen. Das Buch bietet einen guten Überblick in die verschiedenen Arten und Verbreitungswege von gewalthaltigen Inhalten und erörtert auch die rechtliche Problemlage und Handlungsoptionen der Gesetzgeber. Den spannenden Ergebnissen folgen hilfreiche pädagogische Anregungen für den Praxisalltag.Diese kleine Auswahl an Literatur zeigt, dass das Medium Handy den Weg in die Forschung gefunden hat. Durch die Konvergenz der Medien und dem Handy als Teil der Jugendkultur darf der Stellenwert von Mobiltelefonen in der medienpädagogischen Debatte nicht unterschätzt werden.Daniela Hilkert
Lauffer, Jürgen/Röllecke, Renate (Hrsg.) (2010). Jugend – Medien – Kultur. Medienpädagogische Konzepte und Projekte. München: kopaed. 154 Seiten, 16 €.
Die eigene Musik auf der persönlichen Seite auf MySpace, die schnelle Verabredung zum Nachmittagskaffee über Skype und die neuen Freunde bei Facebook – moderne Lebenswelten sind heute auch vor allem medial geprägt und vor diesem Hintergrund stellt sich immer wieder die Frage, wie sich die neuen Medien auf bestehende (Jugend-)Kulturen auswirken. Werden sie durch den medialen Einfluss lediglich ergänzt oder können wir von neuen Jugendkulturen und -szenen ausgehen? Und welche Auswirkungen haben neue Kommunikationsmöglichkeiten auf die Qualität der Kommunikation? Im aktuellen Handbuch zum Dieter Baacke Preis, Jugend – Medien – Kultur versuchen Autorinnen und Autoren mit Beiträgen aus Forschung und Praxis, Antworten auf solche Fragen zu geben. Die Bandbreite reicht dabei von eher allgemein gehaltenen Überblicksartikeln zur Rolle der Medien in der Pädagogik und dem Schritt von den sogenannten Digital Natives hin zu digitalen Jugendkulturen über Beispiele aus der Forschung zu Artikulationsformen von Jugendlichen im Internet bis hin zu informellem Lernen in Jugendszenen am Beispiel der Visual Kei-Szene oder Fanfilmern im Netz.
In einem Special wird anhand verschiedener Beispiele aufgezeigt, wie medienpädagogische Zusammenarbeit mit Eltern, insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund, gelingen kann. Der Bogen wird in diesem Teil der Publikation vom Fernsehen zum oft hart umstrittenen Computerspiel und dessen Chancen für die Medienarbeit geschlagen. Gerade die Kombination von Forschung und Praxis macht die Beiträge bis hierhin besonders reizvoll sowohl für Praktikerinnen und Praktiker in der Medien- und Sozialpädagogik sowie der integrativen Jugendarbeit als auch für Lehrende, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und Personen aus der Forschung. Der zweite Teil der Publikation, der sich der Vorstellung der mit dem Dieter Baacke Preis ausgezeichneten Projekte widmet, verstärkt den praktischen Nutzen des Handbuchs zusätzlich. Die Projekte werden kurz vorgestellt, bevor in einem ausführlichen Interview die Besonderheiten der Projektarbeit dargelegt sowie Tipps für die praktische Umsetzung gegeben werden. Insgesamt ist Jugend – Medien – Kultur eine informative und hilfreiche Lektüre sowohl für in der praktischen Arbeit Tätige als auch für Forscherinnen und Forscher und bietet zudem auch sinnvolle Anregungen für Medien- und Jugendzentren.
Mikuszeit, Bernd/Szudra, Ute (Hrsg.) (2009). Multimedia und ethische Bildung. E-Learning – Ethik – Blended- Learning. Frankfurt/Main: Peter Lang. 654 Seiten, 64,80 €.
Ethisches Handeln ist häufig in aller Munde – sei es angesichts politischer Entscheidungen, privater Beziehungen oder gesellschaftlichen Handelns. Doch was bedeutet das eigentlich, ‚ethisch’ handeln. Gerade in einer globalisierten Welt scheint das nicht mehr allzu leicht zu beantworten zu sein, verschwinden doch hier Grenzen. Auch die modernen Medien tragen ihren Teil zu dieser Verkomplizierung bei. Der Sammelband Multimedia und ethische Bildung stellt eineVerbindung her zwischen der ethischen Bildung als Vorstufe für das tatsächliche Handeln und Multimedia.
Die Autorinnen und Autoren legen die Ergebnisse des Projekts Ethikmedia dar, das sich mit Fragen der Bedeutung der Potenziale gut gestalteter didaktischer Multimediaprodukte für die ethische Bildung und Werteorientierung befasste. Im ersten Kapitel werden dazu grundlegende Ausführungen zu Kernthemen des Projekts Blended-Learning, E-Learning und ethische Bildung vorgestellt, bevor sich die nachfolgenden Kapitel den Qualitätsanforderungen für didaktische Multimediaprojekte, Lehr- und Lernarrangements sowie der Praxisanalyse zum Einsatz von Multimedia widmen. Das letzte Kapitel beinhaltet kritische Analysen zur Medienerziehung, der Nutzung IKT-basierter Medien sowie Computerspielen in der Bildung. Für Pädagoginnen und Pädagogen aus Forschung und Praxis ist das Buch ebenso eine geeignete Lektüre wie für Medien- und Kulturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler.
Süss, Daniel/Lampert, Claudia/Wijnen, Christine W. (2010). Medienpädagogik – Ein Studienbuch zur Einführung. Wiesbaden: VS Verlag. 236 S., 19,99 €.
Das Buch Medienpädagogik – Ein Studienbuch zur Einführung will Studierenden den Einstieg in das Themenfeld mittels eines breiten Übersichtsspektrums erleichtern und die Neugier der Studieneinsteiger wecken. Die neun Kapitel decken von der medienpädagogischen Relevanz als Einstieg bis hin zu praxisnahen medienpädagogischen Arbeitsfeldern als Schlussgedanke ein breit gefächertes Themenspektrum ab und ermöglichen es den Leserinnen und Lesern so, sich einen hilfreichen Überblick über die Thematik zu verschaffen. Anfangs werden grundlegende Terminologien und Ansätze des Faches in den Fokus gerückt. In den folgenden Kapiteln heben die Autorinnen und Autoren die Themengebiete Medienkompetenz und Medienerziehung hervor, während später auch der wichtige Bereich Didaktik angesprochen wird.
Das vorletzte Kapitel, welches die Medienpädagogik im internationalen Vergleich darstellt, gewährt einen guten Überblicküber Kennzeichen, Strömungen und mögliche grenzübergreifende Programme der Medienpädagogik. Besonders interessant für Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger auf diesem Gebiet ist jedoch das letzte Kapitel des Buches Medienpädagogik. Es beschäftigt sich mit medienpädagogischen Arbeitsfeldern und gibt den Leserinnen und Lesern so einen wertvollen praktischen Nutzen für die berufliche Zukunft an die Hand. Die Struktur des Buches ist einheitlich, gut verständlich und nachvollziehbar. So wurde darauf geachtet, einen flexiblen Zugang durch viele Querverweise zu ermöglichen. Kleine didaktische Helfer wie gekennzeichnete Definitionen, Zusammenfassungen, Fragen und weiterführende Literatur sind einheitlich im ganzen Buch durch Symbole gekennzeichnet und erleichtern so merklich das Arbeiten.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Claudia Lampert, Christine W. Wijnen
Beitrag als PDFEinzelansichtZwingenberger, Anja (2009). Wirksamkeit multimedialer Lernmaterialien: Kritische Bestandsaufnahme und Metaanalyse empirischer Evaluationsstudien. Münster: Waxmann, 218 S., 25,50 €
Es ist in aller Munde. Multimedia statt Kreide. Doch was haben die bisherigen Studien zum Lernen mit multimedialen Lernmaterialien herausgefunden? Lernt man nun mit tutoriellen Systemen, Drill and Practice-Programmen oder Simulationen besser als mit traditionellen Unterrichtsmethoden? Dieser Frage geht Anja Zwingenberger in ihrem Buch Wirksamkeit multimedialer Lernmaterialien: Kritische Bestandsaufnahme und Metaanalyse empirischer Evaluationsstudien nach. Sie zeigt auf, dass es vor allem auf die vermittelte Wissensart ankommt, wenn es um die Auswahl der Lernmittel geht. Diese Erkenntnis erhält sie aus einer eigens durchgeführten Metaanalyse im Bereich Lernen mit multimedialen Lernmaterialien, welche mit diesem Buch vorgestellt wird. Im Rahmen ihrer Forschung argumentiert sie, dass die Metaanalyse als Evaluationsinstrument bedeutend für die Evaluation von Lernen ist. Bereits das sehr detaillierte Inhaltsverzeichnis weist auf die ausführliche Darstellung der hier präsentierten Forschung hin. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Fachbereichen der Pädagogischen Psychologie, Medienpädagogik sowie der Entwicklungspsychologie bietet diese Publikation eine Anregung für weitere Forschung. Studierende dieser Fachrichtungen haben die Möglichkeit, das methodische Vorgehen bei der Durchführung einer Metaanalyse genauestens nachvollziehen zu können.
kolumne
Elisabeth Jäcklein-Kreis: Wer hat Angst vor‘m schwarzen Mann?
Schon als er in die Einfahrt biegt, kann ich ihn sehen. Ein fachmännischer Blick genügt mir, um genau zu wissen, mit wem ich es hier zu tun habe. Er ist nicht sehr groß, wohl eher durchschnittlich, dafür aber recht untersetzt. Etwas schleppend bewegt er sich auf meine Haustüre zu, strahlt eher Lethargie als Dynamik aus, während ich reglos hinter dem Fenster stehe, um seine Aufmerksamkeit nicht auf mich zu ziehen. Selbst aus der Distanz erkenne ich die untrüglichen Zeichen: Der letzte Friseurbesuch ist lange her, die dunkelblonden Haare hängen ihm strähnig und ungepflegt um das bleiche Gesicht. Und sind das nicht Augenringe, die sich da unter den wirren Brauen deutlich von der hellen Haut abzeichnen? Dazu die ausgebeulte Jeans, die an den Rändern schon Fransen zieht, ein schlecht sitzender, leicht ausgewaschener Pulli mit – da bin ich mir ganz sicher – Ketchupflecken! Jetzt besteht kein Zweifel mehr, dieser Hinweis ist untrüglich: Das muss ein Computerspieler sein!
Ich habe schließlich nicht umsonst so gut aufgepasst, in den Internet-Videos und Fernseh-Spots, die einem genau erklären, wie diese PCSpiele- Junkies aussehen, in den Texten, in denen so anschaulich beschrieben wird, was Computerspiele mit jedem machen, der den Fehler begeht, sie auch nur einmal zu öffnen! Tageslichtscheue Kreaturen mit ungesunder Haar- und Hauterscheinung, vorletztjährige Kleidung, da der PC-Platz nicht mehr verlassen werden kann und der charakteristische Ketchupfleck, der auf einseitige Ernährung ausschließlich durch Heimservice-Pizza und Pommes schließen lässt. Vor meinem geistigen Auge rufe ich mir das Bild wach: Ja, genau so sehen sie aus. Die fahle Bläue vom Widerschein des Bildschirmes, die in den Videos immer da ist, fehlt zwar, aber er steht ja auch in meiner Einfahrt statt vor dem PC. Das allerdings macht mich stutzig und auch etwas panisch: Was tut dieser Computer-Süchtige hier? Sicher hat er nichts Gutes im Sinn! Wahrscheinlich wähnt er sich in einem Computerspiel und wird gleich versuchen, in das Haus einzudringen und mich zu überwältigen! Bestimmt hält er mich für einen Gegner! Was, wenn er vielleicht sogar Waffen dabei hat? Langsam wird mir mulmig.
Doch ich habe wenig Zeit, einen Notfall-Plan auszuarbeiten: Schon klingelt er an der Tür. Ich hyperventiliere. Soll ich ein Messer holen? Die Polizei rufen? Vorsichtig spähe ich noch einmal durch das Fenster, doch Zweifel sind ausgeschlossen: Das runde Gesicht, der etwas langsame Blick und dieser Mittelscheitel! Das kann nur ein PC-Junkie sein! Ich erwäge, mich tot zu stellen, doch in diesem Moment blickt er auf, sieht mich und hebt die Hand. Ich erstarre. Hat er da einen Schlagring?Tränengas vielleicht? Oder versteckt er die Waffen in dieser komischen Tasche, die von seiner Schulter baumelt? Mein Herz rast. Doch ich habe keine Wahl: Er hat mich gesehen. Wenn ich nicht öffne, wird er sicher durch das Fenster springen – oft genug habe ich es gesehen, dass man so etwas lernt, in diesen Gewaltspielen! Ich nehme meinen Schlüsselbund als einzige verfügbare Waffe fest in die Faust und öffne zitternd und auf alles vorbereitet die Türe:
„Jaa?“
„Guten Tag, ich komme von den Pfadfindern, wir sammeln für den Spielplatz, der hier um‘s Eck gebaut wird, hätten Sie eine Spende für uns?“
Mit lautem Klirren trifft mein Schlüsselbund den Fliesenboden.
Beitrag aus Heft »2011/03: Jugendarbeit und social networks«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
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Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
kati.struckmeyer@jff.de
+49 89 68 989 120
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