2010/05: Partizipation und Medien
Vom Kommentar unter einem Blogeintrag bis zur Unterschrift unter einer online Petition; vom hochgeladenen Foto in einem Social Network bis zum Auftritt bei einer Talente suchenden Fernsehsendung: „Mitmachen“ kann man in den Medien heute gar vielfältig. Gerade die neuen Medien heben Sender-Empfänger-Strukturen weitgehend auf und bieten zahlreiche Möglichkeiten, sich selbst einzubringen, aktiv zu werden, zu partizipieren.Doch nicht alles, was aktiv ist, ist gleich gut oder sinnvoll – und einen facebook-Kommentar über die neue Frisur der Freundin zu hinterlassen ist längst nicht dasselbe wie ein Video-Interview mit dem Lokalpolitiker online zu stellen.merz 5/2010 nimmt die verschiedenen Angebote, die Chancen und Grenzen von Partizipation und Medien in den Blick. Die Autorinnen und Autoren erläutern zunächst aus einer theoretischen Warte, was neue Medien bieten und wie sie genutzt werden können oder bereits genutzt werden. Zudem kommen Expertinnen und Experten aus der Praxis zu Wort, die die ganz praktischen Handlungsfelder aufzeigen und anhand zahlreicher Beispiele veranschaulichen, wie (politische) Partizipation bereits umgesetzt wird – die aber auch ansprechen, wo noch Handlungsbedarf besteht und was für die Zukunft denkbar und wünschenswert ist.
aktuell
Elisabeth Jäcklein-Kreis: Robert-Geisendörfer-Preis
Er stand für Wahrhaftigkeit und Unabhängigkeit, Ehrlichkeit und Freiheit, Authentizität als Journalist und Pfarrer: Am 01. September 2010 wäre Robert Geisendörfer, Gründer des Gemeinschaftswerkes evangelischer Publizistik (GEP) 100 Jahre alt geworden. Er hat es nicht mehr erlebt und doch standen seine Träume und Ziele ganz im Mittelpunkt des Geschehens, als sich am 15. September knapp 200 Medienleute, Journalistinnen und Journalisten, Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen und Interessierte im großen Saal des Bayerischen Rundfunks in München trafen, um zum 27. Mal den Preis für Hörfunk- und Fernsehbeiträge zu verleihen, die individuelles und soziales Verantwortungsbewusstsein stärken, zum guten Miteinander und zur gegenseitigen Achtung der Menschen beitragen und die christliche Orientierung vertiefen sowie Zeugnis und Dienst der Kirche unterstützen – den Robert Geisendörfer Preis.
Es war ein interessantes Publikum, das da an einem Mittwoch-Abend den Weg in die BR-Hallen gefunden hatte und sich in den blauen Stuhlreihen tummelte: Kragen- und Schlipsbewehrte Preisträgerinnen und Preisträger mit Teams, Chefs und Unterstützung, die Bericht erstattende Fraktion mit Jeans und Notizblöcken, dazwischen weiße Krageneinsätze und große Kreuze an der Kordel saßen in trauter Eintracht nebeneinander und lauschten den obligatorischen Begrüßungsreden. Hörten zu, wie Sigmund Gottlieb, Chefredakteur Fernsehen des BR freihändig den Slalom versuchte, die teils wenig schmeichelhafte Berichterstattung über kirchliche Angelegenheiten der letzten Zeit zu rechtfertigen und zugleich die Verbundenheit der Rundfunkanstalt mit GEP und Co. zu betonen. Saßen in andächtiger Stille, während Landesbischof Dr. Johannes Friedrich den Namensgeber des Preises ausführlich ehrte und betonte, wie wichtig Medienarbeit gerade in Kirchen ist. Und hielten bei all den Reden so brav still, dass sie zwischendurch sogar ausdrücklich zum „Szenenapplaus“ aufgefordert werden mussten. Aber schließlich war auch niemand für die Reden gekommen, sondern für die Preise und als die ihre neuen Besitzer fanden, war die Begeisterung schon deutlich spürbarer. So sah man in allen Reihen nachdenkliche Gesichter, als Paul Plamper und Nils Karicek ihre Medaille für das Hörspiel Der Assistent entgegennahmen, in dem das Verhältnis zwischen einer körperlich behinderten Frau und ihrem Helfer diskutiert wird und der eine oder andere musste seine Gänsehaut abschütteln, nachdem Claudia Klein und Sabine Smit für ein Feature über die friedliche Revolution 1989 in der Gethsemane-Kirche ausgezeichnet wurden.
Bei der Ehrung der Kinderprogramme mischten sich wohl bei einigen die Lachmit den Rührungs-Tränen, wenn in Der Kleine und das Biest ein Junge versucht, seine nach der Scheidung verbiesterte Mutter wieder in einen Menschen zu verwandeln (Marcus Sauermann, Uwe Heidschötter und Johannes Weiland wurden für diesen ganz besonderen Zeichentrick-Kurzfilm geehrt) oder wenn sichin rEchte Freunde Jungs gegen rechtsradikale Gruppen wehren (Christoph Eichhorn hatte Regie in dem ambitionierten Krimi.de-Film geführt). Anschließend gab es wieder bewegte bis betroffene Gesichter, als Franziska Buch und Rodica Döhnert den Preis für Die Drachen besiegen, einen Spielfilm über Präimplantationsdiagnostik, entgegen nahmen und als Thomas Weidenbach und Shi Ming für Tian‘anmen. 20 Jahre nach dem Massaker – die Opfer erzählen ausgezeichnet wurden.
Ein Reigen an ambitionierten Produktionen also, die keine leichten, aber immer wichtige Themen aufgriffen und sie mit Interesse, Respekt und Ehrlichkeit aufarbeiteten – und damit genau das spiegelten, was Robert Geisendörfer vorschwebte: „Fürsprache üben, Barmherzigkeit vermitteln und Stimme leihen für die Sprachlosen.“Einzig beim Sonderpreis der Jury bedurfte es doch einiger Fantasie, um das Anliegen diesesZitates und damit das Anliegen Robert Geisendöfers wiederzufinden: Den durfte nämlich Volker Heise dafür einstecken, dass er 24 Stunden lang 80 Drehteams durch die deutsche Hauptstadt schickte, um wen- und wasauchimmer zu filmenund dann in 24h Berlin tatsächlich einen ganzen Tag Sendezeit damit füllte, Berlinerinnen und Berliner beim Leben zu zeigen. Die Jury meinte zwar, darin „Liebe zu den Menschen und Faszination für die Schöpfung“ zu erkennen. Da mag man nun geteilter Meinung sein, sicher ist aber, dass es keine besonders christliche Einstellung spiegelt, wenn Heise in seiner Rede großzügig verlauten lässt, er freue sich trotzdem über den Preis, obwohl Geisendörfer ein Mann der Kirche war. Geisendörfer hätte solcherlei Überheblichkeit statt Dank sicher nicht auf sich sitzen lassen – dass den anwesenden Männern und Frauen der Kirche dazu allerdings nicht mehr einfiel, als sich die Gesichter rosa zu färben und verlegen zu lächeln, ist nur schade.
Nichtsdestotrotz macht eine Preisverleihung wie diese wieder Mut, zu glauben, dass sich in der deutschen Medienlandschaft auch engagierte Menschen tummeln, die wichtige Themen in qualitätvollen Produktionen behandeln – darauf konnte im Anschluss an die Veranstaltung getrost angestoßen werden und das taten auch alle, ob in Anzug, Jeans oder Kollarhemd.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtstichwort QR-Code
Ein QR-Code ist eine zweidimensionale grafische Verschlüsselung einer in der Regel textlichenInformation. Texte, Kontaktdaten, Links ins Internet, Fahrschein-Angaben oder Rabatt-Gutschein-Nummern können in eine Grafik umgewandelt werden, die mit Hilfe eines auf dem Mobiltelefoninstallierten Programms über die Handy-Fotolinse ausgelesen und übersetzt wird. Viele Bahnkunden kennen diese grafische Codierung von ihrem Online-Ticket. Entgegen einem Strich-Barcode können QR-Codes wesentlich mehr Informationen aufnehmen und sind fehlertolerant.Interessant ist die Verknüpfungsmöglichkeit von physischen Printprodukten mit Inhalten im Internet. Im deutschsprachigen Raum experimentieren die Zeitung Welt kompakt und das Magazin Chip mit den Möglichkeiten, in Asien sind die gedruckten Anwendungen massiv verbreitet.
Neu ist der Einsatz von QR-Codes auf Werbeplakaten, bei Kinopostern ist meist eine Verknüpfung mit einem Video-Trailer kodiert. Auch die Graffiti-Szene nutzt die Grafiken, um sie auf Papier legal zu verkleben; Aufkleber oder Flyer erweitern so ihre Aktualität und Informationsdichte. Ideen für eine pädagogische Nutzung dieser Technik wären über die bereits aufgeführten Inspirationen hinaus etwa Spielaktionen, Stadt- und Museumsführungen oder Textildesigns. Die notwendigen Handys sind bei fast allen Jugendlichen vorhanden und damit ist eine Jugendmedien kompatible Ansprache möglich.
nachgefragt Thomas Sonnenburg, Coach und Streetworker bei <I>Die Ausreißer (RTL)</I>
Junge Kriminelle, Jugendliche mit Drogenproblemen, Heranwachsende, die sich auf der Straßedurchschlagen – das ist das Klientel von Thomas Sonnenburg. Der Streetworker versucht, mit „Ausreißern“ ins Gespräch zu kommen, ihnen Perspektiven zu geben, sie auf einen Weg zurück in ein geregeltes Leben zu bringen – und zugleich vor die RTL-Kamera. Damit trifft er beim Fernsehpublikum einen Nerv, zugleich vermuten Kritiker, die Jugendlichen würden bloß gestellt. Wie er seine Arbeit selbst sieht, was er genau tut und was er damit erreichen möchte, das erklärt Thomas Sonnenburg im Interview mit merz.
merz Herr Sonnenburg, Sie waren Elektromonteur und Bildungsreferent beim Arbeitskreis für politische Bildung, seit 2008 helfen Sie Heranwachsenden bei RTL ‚zurück ins Leben’. Wie kamen Sie zum Streetwork und damit zum Fernsehen?
Sonnenburg Mein Entwicklungsweg war geprägt von einigen Umwegen. Die Entscheidungfür den Beruf des Streetworkers 1993 bot die Möglichkeit, in einem Feld zu arbeiten, welchesmich faszinierte. Ich wollte mit Menschen arbeiten und hatte großes Interesse an Jugendlichenund ihren Geschichten. Was es wirklich bedeutet, verantwortlich und fachlich, inhaltlich und methodisch zu arbeiten, das lernte ich erst später. Aber nach über 17 Jahren mache ich denBeruf immer noch sehr gerne und weiß, welche Verantwortung man als Pädagoge übernimmt.Die Entscheidung, das Arbeitsfeld einer breiten Öffentlichkeit nahe zu bringen, zu zeigen, wie Sozialarbeit gelingen kann und welche Schwierigkeiten und Hürden ein solcher Arbeitsansatz birgt,traf ich 2006. Die Auswahl als Protagonist für Die Ausreißer – der Weg zurück war Zufall, ich habe mich nicht beworben, ich wurde ‚gefunden’.
merzDie Ausreißer bekommen viel Medienecho, haben den Deutschen Fernsehpreis gewonnen. Können Sie das Konzept der Sendung kurz schildern?
Sonnenburg Das Konzept ist, dass ein Sozialpädagoge in seiner Tätigkeit als Streetworker und Familiencoach medial begleitet wird. Es werden Wege, Möglichkeiten und Orientierungen in der sozialpädagogischen Arbeit mit jungen Menschen gezeigt, die sich entschieden haben, ihr Lebensumfeld auf die Straße zu verlagern, weil sie in familiäre Schwierigkeiten gekommen sind, die also ihr Zuhause verlassen haben. Es geht in dem Arbeitsansatz um aktive Hilfe, einzelfallorientierte Betreuung und pädagogische Unterstützungder jungen Menschen und ihrer Familien. Der Erfolg der Sendung ist meiner Meinung nach mit der Möglichkeit des realistischen ‚Miterlebens’ der Zuschauenden zu erklären. Bei den Ausreißern wird niemand medial vorgeführt. Es werden individuelle Lösungen angeboten, Wege aufgezeigt, mit Schwierigkeiten im Leben umzugehen und pädagogische Handlungen und Interventionen erklärt. Dass das Thema ‚Kinder- und Jugendarmut’ in Deutschland brisant ist und von der Bevölkerung auch wahrgenommen wird, zeigt sich wohl auch im großen Interesse des Publikums an solchen Formaten.
merz Trotz der positiven Reaktionen ist Reality-TV auch häufig in der Kritik, Voyeurismuszu betreiben und Personen vor der Kamera bloß zu stellen. Wie sehen Sie diese Gefahr bei DieAusreißer bzw. wie begegnen Sie ihr?
Sonnenburg Die Gefahr, dass Fernsehen Voyeuristen auf den Plan ruft, die sich am Schicksal anderer ‚ergötzen’ und dass billig und unreflektiert konsumiert wird, besteht immer. Diesem Phänomen entgegenwirken kann man nur mit guten Beiträgen, Reportagen oder Dokusoaps. Ob Menschen den Weg ins Fernsehen wählen, um auf Fehlentwicklungen in unserem Land aufmerksam zu machen, weil sie ‚berühmt’ werden wollen oder weil sie sich individuelleHilfe erhoffen, das kann man als Macher solcher Beiträge beeinflussen. Ich persönlich arbeite nurmit Familien zusammen, bei denen ein persönlicher Hilfe- und Unterstützungsbedarf ermitteltwurde und bei denen ich vorher analysiert habe, dass eine mediale Begleitung diesen Menschennicht schadet. Wenn die ‚Fallbeispiele’ realistisch sind, wenn Jugendliche und Eltern freiwillig mitmachen, wenn keine übertriebenen ‚Mitmach-Honorare’ gezahlt werden und eigene moralische Komponenten eine Rolle spielen, dann kann Fernsehen qualitativ gelingen.
merz Gibt es einen Unterschied zwischen Ihrer Arbeit vor der Kamera und Ihrer Tätigkeit als Streetworker vorher?
Sonnenburg 14 Jahre lang habe ich Tag für Tag mit Jugendlichen aus Gruppen und Cliquen gearbeitet. Dabei gab es natürlich auch klassische Einzelfallhilfe oder mehrmonatige Begleitung junger Menschen in sehr schwierigen Lebensphasen. Die Arbeit im Fernsehen ist in ihrer Aufgabenstellung, ihrem Inhalt und auch oft in ihrem Umfang mit meiner Tätigkeit vorher zuvergleichen. Einen Unterschied gibt es jedoch. Die Eltern geben mir fast immer den Auftrag zum Handeln und erst dann versuche ich den Kontakt- und Vertrauensaufbau mit den Jugendlichen.Das ist eine andere Herangehensweise, umfasst aber dennoch Prinzipien wie Vertraulichkeit,Verlässlichkeit und Beziehungsarbeit. Schwierigkeiten entstehen meist, wenn die Jugendlichendie Notwendigkeit des ‚eigenen Zutuns’ zu ihrer positiven Entwicklung nicht erkennen. Dann wird es sehr schwer zu agieren. Dieses Phänomen ist aber nicht von der Kamera abhängig, sondern passiert auch ohne mediale Begleitung. Es sind für das Fernsehen keine ‚Fälle’ ausgesucht worden, es sind vielmehr Einzelschicksale, die aber keine Einzelbeispiele sind. Oft ist die Arbeit als TV-Pädagoge etwas leichter, da durch die Öffentlichkeit ein Kontrollorgan installiert ist, welches ein Agieren von Jugendämtern, freien Trägern und Institutionen im Netzwerk von Jugendhilfe öffentlich aufzeigen kann. Aber auch das eigene Tun ist öffentlich präsent und damit kontrollierbarer.
merz Seit 2009 engagieren Sie sich noch als Botschafter der Stiftung Lesen. Wie ist es dazu gekommen und warum machen Sie sich da stark?
Sonnenburg Dieses Engagement ist mir eine Herzensangelegenheit, denn nichts ist besser, als jungen Menschen frühzeitig nahe zu bringen, dass Bücher etwas sehr Wertvolles sind. Dass Lesen bildet, Spaß macht und gemeinsam Lesen richtig cool sein kann. Ich sehe für mich darin die Möglichkeit, meinen eigenen Beitrag für eine Verbesserung der Bildungssituation in unserem Land zu leisten. Eine fantasiereiche und kluge Jugend ist ganz sicher besser für die positive Entwicklung unserer Gesellschaft als Kinder und Jugendliche, die vor Langeweile nicht wissen, wohin mit ihrer Power und Kraft. Ich glaube an und weiß um die Kreativität junger Menschen. Und ich weiß, dass Bücher einen wichtigen Beitrag zur positiven Persönlichkeitsentwicklung leisten können.
thema
Bernd Schorb, Anna Zoellner, Jan Keilhauer: Editorial
Der Begriff der Partizipation war in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein zentralerBegriff der sozialpolitischen wie sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung. Neben dem Begriff der Emanzipation, der die Notwendigkeit der politischen Subjekte kennzeichnen sollte, sich von gesellschaftlichen Zwängen zu befreien, stellte Partizipation das Recht und die Notwendigkeit der Subjekte heraus, gleichberechtigt und ohne Zugangsbeschränkungen an gesellschaftlichen Entscheidungen beteiligt zu werden. Partizipation beinhaltete die Einforderung der basalen demokratischen Norm nach Einbezug aller Gesellschaftsmitglieder in alle gesellschaftlichenHandlungsbereiche. In Bezug auf Medien wurden unter Partizipation zwei Forderungen erhoben. Zum einen sollten alle veröffentlichten Medien einer öffentlichen Kontrolle unterzogen werden, die es ermöglichen sollte, dass nicht die Ideologie der Medieneigentümerinnen und -eigentümer, sondern die authentischen Erfahrungen aller Menschen die Grundlage inhaltlicher medialer Produktion bildet. Zum anderen sollte der freie und öffentliche Zugang aller Menschen zu allen Medien gewährleisten, dass diese selbst sich mittels Medien artikulieren und konstitutiv am öffentlichen Diskurs beteiligen können, was sich in der Konstruktion alternativer Medien bishin zu offenen Kanälen niederschlug.
Vierzig Jahre später ist der Begriff der Partizipation wieder in die öffentliche wie die sozialpolitische Debatte zurückgekehrt. Nunmehr stellt er sich dar als Forderung bzw. Aufforderung insbesondere an die jungen Mitglieder der Gesellschaft, die Institutionen der verfassten Gesellschaft anzunehmen, sich an ihnen zu beteiligen und so ihre Aufgabe als‚ demokratische Bürgerinnen und Bürger‘ wahrzunehmen. Den gesellschaftlichen Institutionen ist aufgetragen, Partizipationsmöglichkeiten bereitzustellen und die Menschen zu bewegen, diese zu nutzen. Zugleich ist Partizipation im Sinne selbständiger und selbsttätiger Einbindung in die vorgegebenen gesellschaftlichen Strukturen im Zeichen des Beschäftigungsmangels Voraussetzung, um eine berufliche Position zu erreichen. Partizipation scheint vom einzufordernden Recht zur eingeforderten Pflicht geworden zu sein. Im Bereich der Medien ist Partizipation als Akklamation konstitutiver Bestandteil der kommerzialisierten Medienlandschaft. Die Massenmedien richten weite Teile ihres Programmes so ein, dass jede und jeder (so die Lüge, die von Agenturen davor geschützt wird, Wahrheit zu werden) am Programm aktiv teilnehmen und zugleich eine gesellschaftlich extraordinäre Position erlangen kann, als Superstar welcher Couleur auch immer. In den Netzmedien bieten die dort herrschenden Oligopole Plattformen zur Teilnahme am globalen Diskurs an, dies führt häufig zu einer Vereinheitlichungder Persönlichkeit wie ihrer Daten.
Daneben wird in der Praxis der Jugendarbeit Partizipation zum überall auffindbaren Schlagwort.Kaum eines der im Netz vorfindlichen, öffentlich geförderten Projekte, schreibt sich nicht als Zielauf die Fahne, die Partizipation Jugendlicher zu fördern. Damit ist in der Regel die Absicht verbunden, die Medien als Forum zu nutzen, innerhalb dessen Jugendliche aktiv an der gesellschaftlichen Entwicklung teilhaben. Allerdings ist bei vielen dieser Projekte nicht erkennbar, inwieweit die Absicht auch angegangen oder gar erfüllt wird. Es besteht vielmehr der Verdacht, dass sich unter dem Schlagwort die gängige Praxis verbirgt. Diese Praxis aber ist dadurch gekennzeichnet, dass die technischen und gestalterischen Möglichkeiten der Medien – und diese sind ja im Netz von einer bislang unbekannten Vielfalt – den inhaltlichen Zielen und Überlegungen übergeordnet werden. Partizipation heißt da oft nicht mehr als Mitmachen bei dem, was schon immer gemacht wurde. Der Begriff bleibt Hülse.
Zugleich werden, ebenfalls öffentlich ‚gefördert‘, gewachsene Projekte der Partizipation, die unterdem Begriff der Bürgermedien zusammengefasst sind, ins Abseits gedrängt (in das sie sich zugegeben oft auch selbst bewegt haben). Die offenen Kanäle beispielsweise werden zugeschüttet oder zu sogenannten Medienkompetenzzentren umgestaltet, in denen das Erlernen der technischen Fertigkeiten, der Berufsqualifizierung et cetera in den Vordergrund gestellt werden und bürgerliches Engagement darüber aus dem Fokus gerät. Aber es existieren im Netz die Nischen, in denen jenseits der verfassten politischen Gegebenheiten und fast geschützt von den kommerziellen Strukturen, Gleichgesinnte in einen gleichberechtigten Austausch treten können. Dieser Austausch unterliegt zwar keinen ideologisch-ethischen Prinzipien mehr und kann sich jeden Inhalts bedienen, aber er wird vom Diskurs und der gemeinsamen Zielsetzung seiner Teilnehmerinnen und Teilnehmer getragen. In diesem Heft soll anhand theoretischer Überlegungen, empirischer Erkundungen und praktischer Beispiele nachvollzogen werden, wie undals was sich Partizipation heute darstellt und wie sie den Subjekten begegnet, als Möglichkeitoder als Notwendigkeit oder als beides. Insbesondere soll der mediale Raum befragt werden,inwieweit hier Partizipation und besonders welche Art derselben möglich ist. Eine Besonderheitist in dem Blick über die deutschen Grenzen zu sehen. Der Anspruch, Jugendliche anzuregen,am politischen Leben ihrer Gesellschaft zu partizipieren, ist nicht auf Deutschland beschränkt,sondern findet sich als Postulat in den meisten kapitalistisch-demokratischen Staaten. Nebeneiner Auseinandersetzung mit medialer Partizipation in Australien verweisen die ausgewähltenBeispiele aus Großbritannien darauf, dass es hier eine lange Tradition staatlich geförderter undselbstorganisierter Projekte gibt. Im Gegensatz zu Deutschland, wo öffentliche Partizipationsförderung eine neue Erscheinung ist, wird in Großbritannien unter dem Begriff der „Citizenship Education“ vor allem an den Schulen, aber auch in Projekten der außerschulischen Jugendarbeit die Beteiligung an der Demokratie als verpflichtende Aufgabe gesehen. Ziel ist der Erwerb von Einstellungen, Fähigkeiten und Wissen, welche die Schülerinnen und Schüler befähigen, sich aktiv in Staat und Zivilgesellschaft zu engagieren. Citizenship soll für Jugendliche durch Partizipation und reale Erfahrung erlebbar werden. Dabei wird sogar die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern an Partizipationsprojekten im öffentlichen Bereich von den Schulen zertifiziert.Da in der gegenwärtigen pluralistischen Gesellschaft eine klare Begriffsbestimmung nicht möglichist, was in besonderem Maße für den Begriff Partizipation gilt, soll das Heft Partizipation und Medien Diskussionshilfen geben bzw. eine Annäherung an den Begriff der medialen Partizipationversuchen. Dabei eröffnen kürzere Beschreibungen und Verweise auf konkrete Partizipationsprojekte die Möglichkeit, selbst die Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Partizipationsprojekten einzuschätzen und im Vergleich von britischen und deutschen Projekten Anregungen für die Praxis zu gewinnen. Grundgelegt werden die vorgestellten Modelle aus drei Blickrichtungen, der Auseinandersetzung mit dem Begriff Partizipation, der Darstellung, wie Partizipation in der themenzentrierten Medienarbeit verwirklicht werden kann und wie die Auseinandersetzung über politische Partizipation in einem anderen Kulturkreis geführt wird.
Ulrike Wagner entwickelt Kriterien für Partizipation, die es einerseits erlauben, den heutigenbeliebigen Gebrauch dieses Begriffes zu präzisieren und die andererseits die Möglichkeitschaffen, konkrete Vorhaben und Modelle der Partizipationsförderung zu bewerten. Sie selbstkonkretisiert an Beispielen medialen Handelns Jugendlicher fruchtbares partizipatives Medienhandeln, aber auch ‚Fehlformen von Partizipation‘ in denen vermeintliche partizipativeAngebote in das Gegenteil, nämlich eine unreflektierte Bindung an das Medium, verkehrt werden. Partizipatives Medienhandeln braucht darüber hinaus Angebote und Räume, in denen es den Jugendlichen möglich wird, ihre entsprechenden Fähigkeiten zu entwickeln. Die Räume, in denen gewinnbringendes mediales Handeln erlernt wird, welches gesellschaftliche Teilnahme ermöglicht, benötigen eine pädagogisch sorgfältige Gestaltung basierend auf das Wissen um das Medienhandeln Jugendlicher.Themenzentrierte Medienarbeit kennzeichnet einen medienpädagogischen Ansatz, der aufbauendauf den Erfahrungen und dem Handeln Jugendlicher in ihrer Medienwelt versucht, die Möglichkeiten praktischer handlungsorientierter Medienpädagogik für die selbständige undkritische Erarbeitung gesellschaftlich relevanter Inhalte nutzbar zu machen. Partizipation steht imMittelpunkt dieser Arbeit, aber nicht als verfügtes Handlungsrepertoire sondern als Ziel, das dieJugendlichen eigenständig erreichen. Am Beispiel des Themas Gentechnik, das nicht in die alltäglichen Erfahrungen Jugendlicher eingebettet ist, stellt Jan Keilhauer dar, wie es gelingen kann, Jugendliche zu motivieren und ihnen Räume zu eröffnen, damit sie sich selbstbestimmt das Thema aneignen und via Medien diesen Prozess und seine Ergebnisse öffentlich machen.Australien, das sich nicht erst seit den jüngsten Wahlen in einem politischen und ökonomischenWandlungsprozess bef indet, hat in Bezug auf Partizipation durch die Bürgerinnen und Bürgereine lange Tradition des freiwilligen sozialen Engagements einerseits und der wohlfahrtlichenFürsorge des Staates auf der anderen Seite. Mary Griffiths gibt in ihrem Artikel einen Einblick, wiesich die Wandlungsprozesse entlang der Medien und speziell des Internets vollziehen. In diesenWandlungsprozessen zeigen sich Parallelen zur Entwicklung in Deutschland. Der Staat entlässtdie Medien einerseits aus seiner Kontrolle und überträgt diese seinen Bürgerinnen und Bürgern,andererseits stärkt er die Kontrollen dort, wo er seine eigene Machtbasis gefährdet sieht. Die Nutzung der Medien zur politischen Partizipation durch unabhängige Gruppen ebenso wie durch die politische Elite selbst schafft eine Situation voller Widersprüche. Das Internet ist, so zeigt dieser Einblick in die Gesellschafteines anderen Kontinentes, überall auf der Welt janusköpfig, eröffnet Horizonte und schließt solche zugleich und der Umgang mit dem Netz bereitet jeder Gesellschaft noch immer Schwierigkeiten.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Bernd Schorb, Anna Zoellner, Jan Keilhauer
Beitrag als PDFEinzelansichtUlrike Wagner: Partizipation mit und über Medien
Partizipation und Teilhabe haben in unterschiedlichen Facetten Hochkonjunktur: Politische Funktionsträger sprechen von der Beteiligung möglichst vieler an Entscheidungsprozessen, in der veröffentlichten Debatte gibt es Lippenbekenntnisse, dass die Gesellschaft dafür zu sorgen hat, möglichst wenige draußen stehen zu lassen, Integration bzw. Inklusion sind Ziel politischen Handelns. Gleichzeitig sei jedes Individuum gefordert. Auch im Diskurs um das Mitmach-Internet ergibt sich ein inflationärer Gebrauch des Begriffs. Die technikeuphorische Perspektive dominiert die Debatte um die neuen Möglichkeiten des Web 2.0, die es „wie von selbst“ allen Menschen ermöglichen, mitzubestimmen. Dabei bleibt häufig die Frage, wo sich im Medienhandeln ganz praktisch neue Optionen der Mitgestaltung, -bestimmung und -verantwortung ergeben und wo die Grenzen und Widersprüche partizipativen Medienhandelns liegen.
Literatur
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Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Ulrike Wagner
Beitrag als PDFEinzelansichtMary Griffiths: Open government, populism, social media, and citizens
Australian online participation is built on the country’s historical strengths: a robust democracy, multi-level governance, ballot participation, volunteering, and conventions of freedom of association and speech and new factors such as increased use of social media and an open approach by government. Social media has become the important feature in the dynamic between government and citizens: it provides a space for citizen-government relations to be re-fashioned, and also has the potential to inf luence the integrity and deliberative nature of democratic processes.
References
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Stephan Trinius: Ein Online-Spiel von jungen Menschen für junge Menschen
Auch wenn das Prinzip des Wahl-O-Mat auf dem Vorbild des niederländischen Stemwijzer aufbaut, hat die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit ihrem Wahl-O-Mat eine ganz besondere und neue Strategie eingeschlagen. Anders als bei zahlreichen ähnlichen Tools in anderen europäischen Ländern werden die Thesen jedes einzelnen Wahl-O-Mat nicht allein von Expertinnen und Experten etwa aus der Politikwissenschaft formuliert, sondern von einer Gruppe Jung- und Erstwählerinnen und -wähler: der Jugendredaktion.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Stephan Trinius
Beitrag als PDFEinzelansichtJan Keilhauer: Gesellschaftliche Partizipation
Eigene Sichtweisen einbringen. Mitmischen. Mitbestimmen. Viele Medienprojekte verfolgen das Ziel Partizipation. Aber wie wird es realisiert? Was liegt im Interesse der Jugendlichen? Statt der Hoffnung anzuhängen, Jugendliche würden beim praktischen Medienumgang von selbst gesellschaftliche Handlungsfähigkeit entwickeln, sollten partizipatorische Interessen und Fähigkeiten gezielt gefördert werden.
Literatur
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Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2009). Web 2.0 als Rahmen für Selbstdarstellung und Vernetzung Jugendlicher. Analyse von jugendnahen Internetplattformen und ausgewählten Selbstdarstellungen von 14- bis 20-Jährigen. München: JFF – Institut für Medienpädagogik.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Jan Keilhauer
Beitrag als PDFEinzelansichtAnna Zoellner: Little People, Big Ideals - das eParticipation-Projekt WIMPS
Bereits der Titel verkündet das zentrale Anliegen des Projektes: WIMPS (= Where Is My Public Servant) will junge Menschen an (politischen) Entscheidungsprozessen beteiligen, indem diesen Ansprechpartnerinnen und -partner genannt und Möglichkeiten aufgezeigt werden, um eigene Anliegen zur Sprache zu bringen. Mediale Schaltstelle des von der Organisation Public Achievement (Errungenschaften für die Öffentlichkeit) in Nordirland initiierten Projektes ist die Internetseite www.wimps.org.uk. Die von einer Gruppe junger Menschen im Juli 2004 entwickelte Seite soll informieren, unterschiedliche Erfahrungen als Ressourcen in einem Netzwerk bündeln und unter dem Motto „Little People, Big Ideas“ zu eigenem Engagement inspirieren.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Anna Zoellner
Beitrag als PDFEinzelansichtAnna Zoellner: Funky Dragon. Supporting Young People in Wales
Funky Dragon ist ein Projekt, das im Rahmen der 2007 von der walisischen Regierung veröffentlichten National Youth Service Strategy for Wales initiiert wurde und das versucht, das seit 2000 bemühte Programm Extending Entitlement: Supporting Young People in Wales in eine konkreteHandlungspraxis umzusetzen.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Anna Zoellner
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniel Poli: eParticipation 2.0
Die Entwicklung hin zum dialogischen Internet mit seinen offenen Möglichkeiten des Austauschs, der Vernetzung und des kooperativen Arbeitens, bietet neue Chancen für Kinder und Jugendliche ihre spezifischen Interessen öffentlich zu artikulieren. Online-Partizipationsvorhaben müssen sich diesen Kommunikationsformen anpassen und junge Menschen darin bestärken, das Potenzial des Netzes für sich zu nutzen und gleichzeitig zielgerichtet auf konkrete politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Anhand der Beispiele des Partizipationsprojekts HUWY und dem Dialogprozess „Forum Internet“ des Bundesfamilienministeriums sollen Ansätze und Modelle vorgestellt werden, wie neueFormen von eParticipation 2.0 erprobt werden können.
Literatur
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Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Daniel Poli
Beitrag als PDFEinzelansichtGregor Dehmel: Fresh TV
Fresh TV ist ein zehnminütiges Internet-TV-Magazin, das von Jugendlichen für Jugendliche produziert wird. Im 14-tägigen Rhythmus stellt eine zehnköpfige Redaktion mit der Unterstützung eines ausgebildeten Mediengestalters und einer Journalistin eine neue Folge zusammen, die engagierte Jugendliche und Jugendkultur im Saarland zeigt.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Gregor Dehmel
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spektrum
Johannes Fromme und Benjamin Jörissen: Medienbildung und Medienkompetenz
Gebildet oder kompetent? So fragte Bernd Schorb 2009 in merz und löste damit eine Debatte um die Begriffe ‚Medienkompetenz‘ und ‚Medienbildung‘ aus, an der sich seither auch Dieter Spanhel (merz 1/2010), Gerhard Tulodziecki (merz 3/2010) und zahlreiche Leserinnen und Leser im merz-Forum beteiligt haben. Was ist das Ziel der Medienpädagogik, wie nennt man den Weg zu diesem Ziel? Welcher Begriff trifft die Anstrengungen richtig? Sind die Begriffe gar synonym oder beschreiben sie doch ganz verschiedene Ideen? Letztere These vertreten Johannes Fromme und Benjamin Jörissen, die darlegen, wie beide Begriffe ihre Berechtigung finden, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen.LiteraturAufenanger, Stefan (1999): Medienkompetenz oder Medienbildung? Wie die neuen Medien Erziehung und Bildung verändern. In: Bertelsmann Briefe, Heft 142, S. 21-24. Baacke, Dieter (1973): Kommunikation und Kompetenz – Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien. München: Juventa. 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Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Johannes Fromme, Benjamin Jörissen
Beitrag als PDFEinzelansichtSandra Fleischer und Sven Jöckel: Die erwachsene Bedeutung der Kinder- und Jugendmedienforschung
Die Kinder- und Jugendmedienforschung ist in den letzten Jahren (inter-)national sowohl hinsichtlich ihrer Quantität als auch ihrer Qualität deutlich angewachsen. Das Forschungsgebiet ist dabei jedoch von einer großen Heterogenität gekennzeichnet. Kinder- und Jugendmedienforschung wird in mehreren Disziplinen betrieben, jeweils mit eigenen Fragestellungen und vor dem Hintergrund des eigenen theoretischen Kontexts. F leischer und Jöckel votieren für eine verstärkte gegenseitige Wahrnehmung und Kooperation der medienpsychologisch- und der medienpädagogisch-orientierten Kinder- und Jugendmedienforschung.
Literatur
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Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Sandra Fleischer, Sven Jöckel
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Gurt: "Diese ganze überzogene Welt kann man halt sehen"
Partnersuche, Partynächte, waghalsige Stunts – was auf den ‚Musiksendern‘ VIVA und MTV zu sehen ist, hat mit ‚Musikprogramm‘ oft wenig zu tun. Stattdessen werden Themen des Jugendalters auf oft plakative und überzogene Weise dargestellt und verhandelt. Jugendliche können mit der provokativen Überspitzung häufig schon umgehen, suchen sie gar, um sich von den Erwachsenen abzugrenzen. Doch nicht selten schalten auch Kinder ein, wenn im Fernsehen gedated, geknutscht und geprügelt wird. Was sie daran fasziniert und wie sie damit umgehen zeigen die Ergebnisse der FLIMMO-Kinderbefragung 2010.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Michael Gurt
Beitrag als PDFEinzelansichtHand in Hand fürs (Vor-)Lesen
In unserer Gesellschaft tummeln sich mehr ältere Menschen als früher und diese sind zudem wesentlich agiler und interessierter an einem aktiven Leben – und doch ist der Kontakt zwischen ihnen und den Generationen nach ihnen so dürftig wie nie. Medien können hier helfen, Brücken zu schlagen, den wertvollen Austausch zwischen Jung und Alt wieder herzustellen: die Arbeit mit neuen Medien, wie Generationen übergreifende Computerkurse, aber auch der Einsatz ‚alter‘ Medien wieVorleseprojekte. Solche Projekte bietet etwa die Stiftung Lesen an.
Literatur
Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2008). Daten, Fakten, Trends zum demographischen Wandel in Deutschland. Wiesbaden.Informationen zu den Projekten: www.stiftunglesen.de
medienreport
Sebastian Ring: gamescom 2010
Die gamescom ist ja nun schon eine ganze Weile her und alle Besucherinnen und Besucher haben sich wieder in alle Winde zerstreut. Was bleibt von der Messe, die sich als Motto „celebrate the games“ auf die Fahnen schrieb? Über eine Viertelmillion Menschen, die mit und von den Games leben, waren dort und haben sich während der fünf Tage in den kühlen Messehallen getummelt. Zuallererst sind das natürlich die vielen Gamerinnen und Gamer selbst. Besser gesagt, es sind die vielen Gamer und wenigen Gamerinnen, denn Jungs dominieren nach wie vor deutlich das Bild. Die gamescom ist aber ein wichtiges soziales Ereignis. Unter all denen, die sich in den ersten Minuten nach der Öffnung an den Besuchertagen gierig auf die Spiele stürzen, lassen sich viele kleine Freundesgrüppchen ausmachen, darunter auch Pärchen, die gemeinsam und Händchen haltend die Messe und ihre Neuheiten erkunden und großen Spaß daran haben: Stundenlanges Anstellen für knappe 15 Minuten Spielspaß, etwa das neue Add-on Cataclysm für World of Warcraft, wird locker in Kauf genommen für einen Blick auf ein lang erwartetes Spiel. Es ist das spannende und unterhaltsame Gefühl, dabei zu sein, einer der ersten zu sein und stolz darüber zu twittern, sich im Chaos der vier Messehallen, der Gänge und Outdoor-Area zu verlieren, um Giveaways aller Art – T-Shirts, Gaming-Mäuse, Software und vieles andere mehr – zu erheischen, sich wie die Spielhelden und -heldinnen zu verkleiden, die Spiele und die Spielbegeisterung zu inszenieren und zu feiern. „Celebrate the games“ – die Rechnung geht auf. Manche Eltern, die ihre Kids lieber zum Spektakel begleiten (oder sie als Vorwand für den eigenen Messebesuch vorschieben?) staunen selbst nicht schlecht und posieren für das Familienfoto neben Darth Vader oder Lara Croft. Die Messe funktioniert nach wie vor als Riesenrummel und abgesehen von Games wartete sie auch heuer wieder mit Beachball, Konzerten, Massageständen, Gastronomie, ESL-Meisterschaften und vielen anderen Dingen mehr auf.
Alles nur Spiel?
Auch für die Spieleindustrie – die Spieleproduzenten, -entwickler und -vertriebsleute, Beschäftigte von Spielezeitschriften, Hardwarehersteller et cetera – ist die Messe ein wichtiger und internationaler Treffpunkt geworden. Nicht nur für große Fische, auch für die kleinen ist die gamescom eine wichtige Kontaktbörse und so findet sich immer ein kleiner Slot für Gespräche und Networking. Der Games Convention in Leipzig scheint nun endgültig der Rang abgelaufen und die Luft ausgegangen zu sein, auch wenn viele nach wie vor von der intimeren und weit über die Messehallen hinaus in die Stadt und urbane Kultur hinein greifende Atmosphäre schwärmen. Schade für den Standort Leipzig, denn eines ist klar: Die Spielemesse ist kommerziell nicht ohne. Das gilt natürlich auch für die vielen Menschen, die an den Ständen Promotion machen. Das scheinen auf den ersten Blick allerdings nach wie vor hauptsächlich Frauen zu sein, möglichst jung und blond, möglichst kess und kontaktfreudig, von Games oder den Dingen, die sie dort darstellen und promoten, haben sie meist keine Ahnung. Es ist Showbusiness. Die Bundeswehr setzte an ihrem Stand für diese Aufgabe eher auf smarte, junge und uniformierte Herren. Sie verzichtete auf den Panzer, der noch im Vorjahr den Stand schmückte, und verteilte stattdessen Popcorn.
Spätestens mit einem Blick auf das Plakat des Standnachbarn er Bundeswehr, der das (Kriegs-)Strategiespiel R.U.S.E mit dem Politikerzitat „Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges“ präsentiert, wird man auf einmal damit konfrontiert, wie nah Spiel und Ernst des Lebens beieinander liegen können. Militärspiele stehen nach wie vor hoch im Kurs. Im September erscheint der Nachfolger des Kassenschlagers Call of Duty – Modern Warfare II mit dem Titel Call of Duty: Black Ops. Auch die Präsentation von Medal of Honor, jenem Spiel, das heftig diskutiert wird, weil man darin im Afghanistankrieg auch in das Gewand der Taliban schlüpfen kann, durch den Sänger von Linkin Park offenbarte eine beklemmende Nähe zwischen Computerspielinszenierung und Videoaufnahmen aus dem Irakkrieg, die Wikileaks Anfang diesen Jahres veröffentlichte, so berichtete Chris Stöck von Spiegel Online www.spiegel.de/netzwelt/games/0,1518,713257,00.html). „Celebrate the games“ bekommt da dann eher einen schalen Beigeschmack. Und so wäre es wünschenswert, dass auf der gamescom Spiele nicht eben nur einfach glorif iziert und gefeiert werden, sondern auch über die gesellschaftlichen und politischen Implikationen diskutiert wird. Es macht Sinn, dass sich politische Parteien dort präsentieren und ist zu kritisieren, dass die einzigen, die sich dort der Diskussion mit einem Stand stellten, die Jungen Piraten und die Junge Union waren.
Päd & Play: Aktionen, Ausstellungen und Prädikate
Es macht auch Sinn, dass sich Institutionen, Projekte und Initiativen der Medienpädagogik und des Jugendschutzes präsentieren. Viele waren dort zu finden: Die Bundeszentrale für politische Bildung, das Jugendforum NRW, Jugend online, die Initiative Creative Gaming, das Institut Spielraum und der Spieleratgeber NRW, das Münchner Netzwerk Inter@ktiv, klicksafe, die Kommission für Jugendmedienschutz, die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle und viele andere mehr. Für sie ist die gamescom auch ein wichtiger bundesweiter ‚Branchentreffpunkt‘ geworden, auf der Kontakte geknüpft, Ideen und Ansätze ausgetauscht und diskutiert und gemeinsame Aktivitäten geplant werden. Einen im wahrsten Sinne des Wortes auch schönen Ansatz präsentierte das Institut für Computerspiel Spawnpoint. Neben einem Workshop wurden die Ergebnisse des Artwork Contest – pic your game life! (www.artworks-contest.de) für Spielerinnen und Spieler gezeigt, in dem eine kreative Auseinandersetzungen mit den und dem Computerspielen stattfand und durch den auch die Sichtweisen der daran Teilnehmenden vermittelt wurden. Jugend online mit der Aktion watch your game, der Multimediawettbewerb MB21 und der Handyclipwettbewerb Ohrenblick mal! präsentierten sich passend zur Messe spielerisch, zum einen mit der Schreibox, in die neben 4.000 Besucherinnen und Besucher auch einige Star Wars Krieger und Nasguls ihren Weg fanden (siehe www.netzcheckers.de/p1975404185_545.html).
Zum anderen mit einer QR-Code Rallye zu Games und Jugendschutz, die mit dem Smartphone gespielt wurde und über mehrere über das Messegelände verteilte Stationen führte. Am Stand der Initiative Creative Gaming konnten etwa Filme mit den Sims 2 gedreht werden (siehe www.youtube.com/user/InsideCreativeGaming). Auf der gamescom wurde zudem das Gütesiegel pädagogisch wertvoll (www.games-wertvoll.de) präsentiert. Es soll Konsumentinnen und Konsumenten bei der Auswahl von Videospielen für in erster Linie Sechs- bis Zwölfjährige helfen. Im Gegensatz zur Kennzeichnung durch die USK, die den Schutz der Spielenden vor Schaden im Blick hat, geht es bei dieser Positivprädikatisierung darum, Eltern Hinweise für die Auswahl von Spielen zu geben, die einen pädagogischen Mehrwert bieten. Hersteller können ihre Spielezur Prüfung einreichen und entsprechend der Prüfkriterien durch ein pädagogisches Gremium Label in den Kategorien soziales Verhalten, Kreativität, Bewegung, Wissensvermittlung, für die Jüngsten, strategisches Denken, Gedächtnistraining, logisches Denken oder Lernprogramm erhalten. Veranstalter ist die HSG Handels-Servicegesellschaft mbH, ideelle Träger des Gütesiegels sind das ComputerProjekt Köln e. V. und der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels e. V. (BVS). Eine entsprechende pädagogisch fundierte Orientierungshilfe wäre überaus zu begrüßen und kann für Eltern bei ihrer Auswahl durchaus nützlich sein, denn oft fehlt im (Medien-) Erziehungsalltag schlichtweg die Zeit, sich fundiert mit Computerspielen zu beschäftigen.
Auf der anderen Seite ist die Bewertung nach kompetenzförderlichen Potenzialen überaus schwierig, weil sie ja nicht nur abhängig vom Produkt, sondern auch von den Spielhandlungen der Spielenden selbst ist. Inwieweit die dann auf dem Produkt notwendigerweise recht reduzierte Darstellung im Stile von „3x pädagogisch wertvoll“ dem Sachverhalt gerecht ist, wird auch die Praxis zeigen. Man darf gespannt sein, wie sich dieses Label entwickeln wird, wie es einerseits von der Spieleindustrie und andererseits von den Käuferinnen und Käufern angenommen wird.
Und was gibt es Neues in der Welt der Spiele?
Zunächst gab es mal viel zu entdecken und schon Bekanntes wieder neu zu entdecken, auszuprobieren oder Einblicke in noch zu erscheinende Titel zu gewinnen. Jede Menge Fortsetzungen oder Add-ons erfolgreicher Spiele, aber auch Neuentwicklungen fanden ihre Fans. Neben den schon genannten World of Warcraft Cataclysm und Call of Duty: Black Ops weitere wie etwa Star Wars: The Old Republic, Guild Wars 2, Diablo III, Mafia II und vieles andere mehr. Die Bereiche Online und Social Gaming, die nicht zuletzt wegen inadäquater Jugendschutzmechanismen, Fragen des Datenschutzes und intransparenter Finanzierungsmodelle eine Herausforderung für die Pädagogik darstellen, fanden auch auf der gamescom ihre Präsentationsfläche. Bigpoints Poisonville, ein 3D-Action Online Rollenspiel, das von der USK mit der Altersfreigabe ab 16 Jahren eingestuft wurde, tritt in die Fußstapfen großer Vorbilder wie Rockstars Grand Theft Auto IV. Der große Trend liegt aber in neuen Steuerungsgeräten. Die von Microsoft für die Xbox 360 entwickelte Hardware Kinect verzichtet komplett auf ein herkömmliches Gamepad zur Steuerung. Spielende können sich so frei vor dem Bildschirm bewegen. Ihre Bewegungen werden gefilmt und als Steuerung der Figur in das Spiel übertragen. So kann man beispielsweise auf dem Crossboard 7 an Wettrennen teilnehmen, mit Michael Jackson – The Game oder bei Kung Fu Live das Bein schwingen.
Bei letzterem wird gleich der komplette Spieler per Kamera in das Spiel übertragen. Auch Sony präsentierte die Playstation Move, einen bewegungsempfindlichen Controller für die Hand, der in seiner Bedienung an die Wii Remote erinnert, allerdings um ein bunt leuchtendes Element an seiner Spitze erweitert ist. Beides ist als Antwort auf die äußerst erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung der Wii zu verstehen, die auch in deren Akzeptanz als bewegungsorientiertes Spielgerät für die ganze Familie begründet ist. Ein weiterer Trend sind Spiele in 3D. Auf der IFA in Berlin wurde das für den Bereich Fernsehen und Video überaus deutlich, bei Computerspielen war dies allerdings praktisch noch nicht so recht sichtbar. Nintendo präsentierte etwa seine mobile Spielkonsole 3DS, die ohne Brille funktioniert und neben Spielen auch Filme in 3D darstellen kann. Das Feld bleibt insgesamt dynamisch, im Bereich der Hardwareentwicklung, der Entwicklung der Grafik und – wenn auch vielleicht nicht ganz so rasant – im Bereich der Entwicklung neuer Spielgeschichten. Dies hier ist selbstverständlich nur ein kleiner Ausschnitt aus den vielen Angeboten, Highlights und Aktionen der Spielemesse.
Es lohnt sich, im nächsten Jahr selbst einen Fuß auf das Gelände zu setzen oder einen Blick in die Fülle von medialen Berichten, Blogeinträgen oder Tweets zu werfen. Ein Tag auf der gamescom ist anregend und anstrengend zugleich. Fein, dass es da eine ganze Reihe von (auch Open Air) Ablenkungs- und Verköstigungsmöglichkeiten gibt. Ebenso fein, dass man sich an anderer Stelle gleich wieder in die Menschenmassen stürzen und zwischen den Ständen hindurch schlängeln kann, dieses ausprobierend, jenes beobachtend, ein E-Sport-Match verfolgend und sich wundernd und freuend – über die Computerspiele und auch auf die nächste gamescom vom 17. bis 21. August 2011.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Sebastian Ring
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann P. Gangloff: Ob Manni oder Roary – am Ende bleibt es immer Bob
Weil die Welt nicht so heil ist, wie wir alle gerne hätten, verbringen viele kleine Kinder den Vormittag nicht im Kindergarten, sondern zuhause; und da ist der Fernseher oft der einzige Spielgefährte. Programmmacherinnen und -macher stehen daher auf dem Standpunkt: Wenn Vorschulkinder schon Zeit vor dem Fernsehgerät verbringen, dann sollen sie dort auch Sendungen finden, die exakt auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. So weit die Theorie. In der Praxis zeigen Ki.ka , Super RTL und Nickelodeon in den Morgenstunden wöchentlich insgesamt rund sechzig Stunden Vorschulfernsehen; und das, obwohl aus der Zielgruppe mitunter nicht mal 100.000 Kinder zuschauen.
Das Angebot besteht beispielsweise bei Nick jr., der Vorschulstrecke des Senders Nickelodeon, auch schon mal aus acht Folgen der Serie Backyardigans hintereinander. Die einzelnen Episoden sind nicht etwa wie bei vielen anderen Produktionen knapp zehn Minuten lang, sondern dauern fast eine halbe Stunde. Wenn der Kinderkanal von ARD und ZDF das Konkurrenzprogramm seit Oktober mit der Programmfläche Kikaninchen kontert, ist das also weit mehr als bloß ein sympathisches Wortspiel. Zum einen versucht der KI.KA durch diese Markenbildung, verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Das Vorschulfernsehen war lange eine öffentlich-rechtliche Domäne, weil ein Sender wie Super RTL in diesem Bereich früher kaum Erlösmöglichkeiten sah. Aber auch der KI.KA vernachlässigte den vermeintlichen Selbstläufer. In der Vorabendschiene mit dem „Abendgruß“ vom Sandmann, in vielen Familien ein fest in den Tagesablauf integriertes Ritual, ist der KI.KA zwar klarer Marktanteilsfavorit. In den Morgenstunden aber hatte Super RTL schon 2008 die Nase vorn, in diesem Jahr konnte der Vorsprung bei den Drei- bis Fünfjährigen (6.00 bis 10.15 Uhr) deutlich ausgebaut werden. Super RTL erreicht nach eigenen Angaben über 52 Prozent der Kinder, die zu dieser Zeit vor dem Fernseher sitzen, der KI.KA kommt nur auf gut 21 Prozent. Doch das ist Senderpolitik. Entscheidender aus Sicht kritischer Eltern ist die Qualität des Programms und auch in dieser Hinsicht hat der KI.KA Nachholbedarf. Seit vor rund zehn Jahren die Stopp-Trick-Serie Bob der Baumeister ihren Siegeszug durch die Kinderwelt antrat, haben die Geschichten des immer gut gelaunten Gemeindearbeiters Dutzende von Nachahmern gefunden und die bevölkern jetzt das Programm der Kindersender, auch das des Kinderkanals. Medienpädagogischen Mehrwert sucht man vergebens. Immerhin helfen die Sendungen ihren jungen Zuschauerinnen und Zuschauern, eine soziale Kompetenz zu entwickeln.
Die Botschaft all dieser Produktionen lautet schlicht: Nur gemeinsam sind wir stark. Während Bob bei Super RTL Verstärkung durch Meister Manny und seine Werkzeugkiste bekommt, brummen beim KI.KA ein kleiner roter Traktor und Roary der Rennwagen durch die Gegend, beides selbst nach Einschätzung von ARD-Mitarbeitern „die achte und die neunte Variante von Bob der Baumeister“. Mit Kikaninchen wird das Vorschulprogramm keineswegs auf einen Schlag völlig anders, aber es ändert sich immerhin schon mal. Die Hauptf igur selbst, ein sympathisches blaues Kaninchen, das sprechen kann und mit seinem Freund Christian (der Schauspieler Christian Bahrmann, 34) Abenteuer erlebt, ist die auffälligste Veränderung. Die kurzen, nur wenige Minuten langen Zwischenspiele sollen vor allem die Fantasie anregen. Da wird ein Schirm kurzerhand zur Rakete umfunktioniert, mit der die beiden in den Himmel fliegen, um dem Mann im Mond ein Ständchen zu bringen. Und natürlich wird auch der Vorschulklassiker schlechthin, die Sesamstraße, in die neue Schiene integriert. Medienpädagogisches Schmuckstück der dreieinhalbstündigen Programmfläche aber ist Die Sendung mit dem Elefanten vom WDR. Bei den kunterbunten Darbietungen wechseln sich Menschen und Zeichentricktiere in fröhlicher Folge ab. Die Sendung ist gewissermaßen der perfekte Vorschulersatz, weil die Kinder auf keinen Fall still in der Ecke sitzen, sondern hüpfen, singen und beiläufig auch was lernensollen. Also fast wie im Kindergarten.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Tilmann P. Gangloff
Beitrag als PDFEinzelansichtElisabeth Jäcklein-Kreis: Wenn Seelen zwischen Wellblechdächern verschwinden
Gleißende Sonne. Staub. Wellblechdächer. Bunte Tücher und zerfetzte Jeans. Alte Ledersandalen. Neue Handys. Glücksspiel und Bettler. Lachen. Schüsse. Erste Liebe. Überleben. Aberglaube. Religion. Familie. Mittendrin Abi, rennend, schwitzend, redend, suchend. Wenn man 14 Jahre alt ist und eines Morgens erfährt, dass seinem Vater die Seele abhanden gekommen ist, dann geht man sie suchen. Soviel ist klar. Ein Vater ohne Seele ist eine traurige Angelegenheit. Aber wo sucht man eine Seele? Abis Mutter und leidgeprüfte Ehefrau des um seine Seele Erleichterten würde sich da vertrauensvoll an den nächsten Spirituosenhändler wenden: Seit Jahren schon vermutet sie das Corpus Delicti auf dem Grund einer Schnapsf lasche. Shiku, Abis Freundin und Mythen-Expertin dagegen, macht ein ganz anderes Laster für den Seelenschwund verantwortlich. Die Nyawawa, so weiß sie von ihrer Mutter, ist seit dem liebeskummer-bedingten Freitod ihrer Tochter unermüdlich auf der Suche nach untreuen Männern, die sie zunächst beglückt und dann um ihre Seelen erleichtert. Zur Vergeltung natürlich, und nicht, um sie dem nächstbesten Sohn gleich wieder auszuhändigen. Dazu, so f lüstert im dunkelsten Winkel der unheimlichsten Wellblechhütte des Slums Kiberna eine in blaue Gewänder und furchterregende Schattenspiele gehüllte Nyawawa geheimnisvoll, braucht es schon etwas mehr als ein nettes „Bitte“: Schlüpfe in die Haut eines anderen. Begleiche jemandes Schuld, ohne zu stehlen. Hilf einem Sünder, ohne ihn zu verurteilen. Erkunde eine neue Welt. Erkenne den Unterschied. Rette ein Leben. Stelle dich deiner größten Furcht. „Und dann bekomme ich die Seele zurück?“ will Abi wissen.
Statt einer Antwort gibt es Schattenspiele. Es ist eine Gratwanderung, auf der sich Abi befindet, zwischen den Andeutungen des Vaters, dem pragmatischen Überlebenskampf der Mutter, den Mythen der Freundin, seinen Ängsten und Hoffnungen … und damit ist es das ganz normale Leben in Kiberna, dem größten Slum Nairobis. Wenn Abi zwischen Staub und Wellblechhütten eine abhanden gekommene Seele sucht und dabei ein bißchen den Alkohol verflucht, ein bißchen betet und ein bißchen mit mythischen Geisterfrauen verhandelt, befindet er sich genau in dem Spannungsverhältnis, in dem sich das Leben in vielen Teilen Kenias nun einmal abspielt: Zwischen Armut, Religion und Aberglauben. Darüber muss man nicht jammern, das muss man auch nicht glorifizieren. Das ist einfach so. Und genau so zeigt es die kenianisch-ghanaische Regisseurin Hawa Essuman in ihrem Spielfilmdebüt Soul Boy auch. Ohne Tränen. Ohne Kitsch. Ohne Trommelmusik und kleine Kinder mit großen Augen. Mit afrikanischen Augen eben, ohne europäische.
Die europäischen Augen haben in diesem Fall nämlich zum Glück nur zugeschaut: Tom Tykwer und Marie Steinmann, die mit der alternativen Produktionsf irma One Fine Day Films und der britischen NGO Anno’s Africa zusammen ein Filmprojekt ins Leben riefen, um Kindern und Jugendlichen in Kibera die Chance zu geben, ihre Geschichte in einem Kinofilm so zu erzählen, wie sie es wollten. Wenige Wochen lang und mit einem kleinen Budget arbeitete Tom Tykwer in Nairobi, suchte dort Freiwillige und ihre Ideen für seinen Filmworkshop, stellte ihnen sein Wissen und seine Technik zur Verfügung – und hielt sich sonst raus. So stammt Abis Geschichte aus der Feder des kenianischen Autors Billy Kahora, Regie führte Hawa Essuman, die Schauspielerinnen und Schauspieler wurden per Mundpropaganda gesucht und vor Ort gefunden. Manche hatten schon Schauspielerfahrung, manche standen zum allerersten Mal vor einer Kamera. Es wird sich also wohl eher keiner der Beteiligten ernsthaft Hoffnung machen, demnächst einen Brief von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences im Kasten zu haben – Oscar-trächtig ist Soul Boy, der am 2. Dezember 2010 in die deutschen Kinos kommt, ganz bestimmt nicht. Es gibt keine gigantischen Effekte à la Avatar, keine halsbrecherischen Stunts à la Matrix, keine verzwickten Geschichten à la Inception.
Im Gegenteil: Sitzt man, seine westeuropäischen Erwartungen im Gepäck, im Kinosessel und beobachtet Abi, wie er seine Aufgaben nacheinander löst, ist man im ersten Moment fast enttäuscht, dass diese gar so wörtlich erledigt werden und nicht, wie man es mittlerweile von den meisten Filmen gewöhnt ist, bei jeder Aufgabe erst um fünf Ecken gedacht, die große Liebe und der Sinn des Lebens gefunden werden. Im zweiten Moment aber freut man sich, packt die Erwartungen weg, lehnt sich zurück und genießt den wahrscheinlich ehrlichsten, herzlichsten, unaffektiertesten Film seit Langem. Statt den altbekannten Zutaten zum Klassenschlager, die Hollywood meist standardmäßig zusammenschmeißt, umrührt und einen Film draus knetet, gibt es klare Bilder, lange Einstellungen, eine einzelne, stringente Geschichte – und viel Herz für das Land, die Menschen, das Thema des Filmes. Es ist ein nüchterner, pragmatischer Blick auf Kiberna, der die Probleme und Schwierigkeiten genauso sieht wie die Schönheit und Liebenswürdigkeit dieses kleinen Stückchens der Welt.
Es sind authentische Schauspieler, die sich in ihrer natürlichen Umgebung bewegen und die Zuschauerinnen und Zuschauer für einen Moment teilhaben lassen an ihrem Leben. Es ist eine ehrliche Geschichte, die ohne Sozialromantik und Kitsch vom ganz normalen und ganz besonderen Leben in Kiberna erzählt. Und es ist ein ambitionierter Film, der nicht dabei stehen bleibt, dass er ein paar afrikanische Mythen nacherzählt, sondern der die komplexe, spannungsreiche Alltagswelt der Kenianer aufzeigt, ihr Leben zwischen Tradition und Moderne, zwischen Pragmatismus und Sagenwelten, zwischen Religion und Mythen ganz deutlich macht und jede Zuschauerin und jeden Zuschauer einlädt und auffordert, diese Welt für einen Moment zu besuchen, sich hineinnehmen zu lassen in Abis Situation und sich damit auseinander zu setzen. So gewinnt man keinen Oscar, aber so gewann Soul Boy bisher schon den Dioraphte Audience Award auf dem International Film Festival in Rotterdam und den Veto Award auf dem Afrika-Filmfestival in Löwen, Belgien. So prädestiniert man sich auch nicht dafür, Hauptdarsteller in einem F ilmanalyse-Seminar zu werden. Aber so eignet man sich hervorragend, um Menschen, sei es privat oder sei es im Kontext von pädagogischer Arbeit in Schulen oder Jugendgruppen, einen Blick in eine ganz andere Welt zu eröffnen, neue Horizonte aufzuzeigen und sie anzustupsen, sich auf ein ganz anderes Land, auf ein ganz anderes Leben einzulassen und darüber nachzudenken.
Denn das Denken nimmt der Film seinem Publikum nicht ab. Er bezieht nicht Stellung, er zeigt bewusst die Themen und Lebensansätze in Kiberna auf und überlässt es am Ende den Kinobesucherinnen und -besuchern, ob sie Abis Vater oder seiner Mutter, der Nyawawa oder dem Pastor, Abis Freunden oder Shiku glauben wollen, wie es kommt, dass Seelen plötzlich verschwinden und plötzlich wieder auftauchen. Irgendwo zwischen Sonne und Staub, zwischen Wellblechdächern, bunten Tüchern und alten Sandalen. Irgendwo in Afrika.
Soul Boy
Kenia/Deutschland: 2010, 60 Minuten
Produktion: Marie Steinmann, Tom Tykwer, One Dine Day Films
Regie: Hawa Essuman
Darsteller: Samson Odhiambo (Abila), Leila Dayan Opou (Shiku), Krysteen Savane (Nyawawa)
x-verleihBeitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtHeidi Seyfferth: Ich packe meine Kita-Tasche und nehme mit: Apfel, Puppe, Nintendo DS
„… und in meiner Schultüte wünsch‘ ich mir ein neues Nintendo DS-Spiel!“ Die Zeiten, in denen Spielekonsolen Kindern und Jugendlichen vorbehalten waren, die zumindest schon selbst die Anleitung lesen konnten, sind endgültig vorbei. Die Anbieter entdecken die jüngeren Zielgruppen und umgekehrt. Von Wickie über Prinzessin Lillifee bis Fritzi Fisch – für die jüngsten Spielerinnen und Spieler gibt es mittlerweile etwa für die Nintendo DS zahlreiche Angebote zum Lernen, Spielen, Zeit Vertreiben. merz hat zwei davon unter die Lupe genommen.
Kokosnüsse zählen und Proviant kaufen mit Capt’n Sharky
Sandstrand, Palmen, das weite Meer und ein großes Piratenschiff – darauf ist ein kleiner freundlicher Pirat unterwegs. Er heißt Capt’n Sharky und führt neben seiner Tätigkeit als Pirat kleine Vorschülerinnen und Vorschüler durch ein Lernprogramm unter der Sonne des Südstrandes. Lernerfolg Vorschule – Capt’n Sharky heißt das Nintendo DS-Spiel für Vorschulkinder. In kleinen Übungen soll auf die Zeit in der Grundschule eingestimmt werden, dazu wird der Umgang mit Buchstaben und Zahlen, das Gedächtnis, die Logik sowie das erste Englisch geschult. Capt’n Sharky holt die Spielerinnen und Spieler beim Einschalten des Spieles ab, zeigt ihnen seine Welt und erklärt, wie das Spiel funktioniert. 20 verschiedene Angebote können die Kinder durchspielen – auf der Piratenlandkarte sehen sie, wo sie gerade sind – und am Ende wartet natürlich der Schatz. Einige der Spiele fördern dabei die ersten englischen Worte, bei einigen gilt es, Mengen zu erkennen, andere bieten Gedächtnistraining. Außerdem üben die jungen Piratinnen und Piraten beim Proviantkaufen den Umgang mit Geld, beim Schiff-beladen das schnelle Zählen und Vergleichen von Mengen und beim Schippern durchs Labyrinth Konzentration und Überblick. Auf der Bildungsmesse didacta konnten Sharky und seine Crew schon den Deutschen Bildungsmedienpreis didacta 2010 abräumen. Zwar dreht sich immer wieder alles um Zahlen, Buchstaben, deutsche und englische Wörter, allerdings werden die in verschiedenen Umgebungen – im kleinen Laden am Strand, unter Deck oder an der Felsbrandung – und mit verschiedenen Spielkonzeptionen geübt. Und schließlich sind die Lerninhalte, mit denen man sich in der Vorschule beschäftigen kann, eben nicht endlos. Capt’n Sharky macht es den jungen Spielerinnen und Spielern außerdem einfach, indem sie die Spiele in ihrer eigenen Reihenfolge spielen können und er stets erklärend zur Seite steht, Tipps und Lob bereithält und auch einmal aufmuntert, wenn ein Spiel nicht so klappt.
Tortenwerfen und Motorradfahren im Crazy Circus
Nicht ganz so abenteuerlich, aber trotzdem spannend ist Crazy Circus, ein anderes Vorschul-DS-Spiel. Die Story beginnt mit einem ergreifenden Ende und einem schwungvollen Anfang – der alte Direktor des Crazy Circus dankt ab und übergibt seinem Sohn das Zepter der Manege. Nun kann man in die Rolle des jungen Direktors schlüpfen und dem Zirkus zu neuem Ruhm verhelfen. Dazu gilt es natürlich, die verbliebenen Artistinnen und Artisten zu Höchstleistungen anzuspornen und immer wieder möglichst gute Darbietungen zu veranstalten, um Fans, Geld und neue Artistinnen und Artisten zu gewinnen – was der fiese Gegenspieler Leslie von Rambotton stets zu verhindern sucht. Insgesamt sind 14 Spiele geboten, in denen man dem Publikum zeigen kann, dass man zur Weltspitze gehört. Eine turbulente Tortenschlacht mit den Clowns des Zirkus‘, waghalsiges Turnen des Papageis in schwindelerregender Höhe auf einem Trapez oder die pure Geschwindigkeit auf dem Motorrad mit dem Bären Oleg warten unter anderem auf die Spielerinnen und Spieler. Die Aufgaben können allein oder zu mehreren erledigt werden, jedes geschaffte Spiel schaltet ein weiteres frei, so dass es wirklich notwendig ist, alle Aufgaben nacheinander zu bestehen, um den Zirkus zu retten. Crazy Circus punktet durch eine gut animierte 2D-Graf ik, eine 14-teilige Spielreihe, drei Spielmodi (Story, Arcade, Mehrspieler) und eine kreative Nutzung des Touchscreens. Die Spielerinnen und Spieler werden gleich beim Start abgeholt und mit bewegten Bildern und Dialogen in das Geschehen integriert. Die Spiele werden kurz und eindeutig erklärt. Im Gegensatz zu den Piratenabenteuern steht hier der Spaßfaktor im Zentrum – es gibt nichts zu lernen, außer vielleicht Geduld. Als Freizeitbeschäftigung ist es für Vorschülerinnen und Vorschüler zwar nett, da es liebevoll gestaltet und kurzweilig umgesetzt ist, den Lern-Mehrwert sollte man aber lieber gar nicht erst suchen.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Heidi Seyfferth
Beitrag als PDFEinzelansichtLaura Handlos: Von Rittern und Burgen
Das Mittelalter mit seinen Burgen, dem Minnegesang und vor allem den Rittern übt eine große Faszination aus. Und das nicht nur auf Kinder, wie gut besuchte Ritterspiele und -turniere wie etwa im bayerischen Kaltenberg jedes Jahr aufs Neue zeigen. Doch wie war das eigentlich genau, das Ritterleben? Das Computerspiel Abenteuer Zeitmaschine – Anni und Fred bei den Rittern verspricht hier einen Blick hinter die Burgmauern, in die Kerker und natürlich auf den Übungsplatz, auf dem sich die wackeren Recken auf die Turniere um die Hand einer schönen Prinzessin vorbereiten. Die Kinder Anni und Fred, beide nicht auf den Mund gefallen und schon fast naseweis zu nennen, wollen auch wissen, wie es bei den Rittern und Burgfräulein tatsächlich zugegangen ist und begeben sich in der Zeitmaschine des Onkels kurzerhand auf eine Zeitreise. Kaum auf dem mittelalterlichen Burghof gelandet gibt die Zeitmaschine allerdings den Geist auf und die Suche nach den Ersatzteilen beginnt. Doch wo einen Fön hernehmen und was eignet sich als Ersatz für die kaputte Glühbirne?
Die jungen Spielerinnen und Spieler begeben sich nun zusammen mit Anni und Fred auf die Suche. Die Spielf iguren lassen sich mit der Maus steuern und so geht es vom Burghof hinein in die Burg, in die Burgküche, den Garten oder auch in den Kerker. Bald sind die ersten geeigneten Ersatzteile gefunden – doch die rücken die Besitzerinnen und Besitzer meist erst dann raus, wenn man erfolgreich kleine Spiele absolviert hat. So muss der Burgbesitzer erst für das Ritterturnier trainiert, die eigene Geschicklichkeit im Armbrustschießen bewiesen oder der Weg durch das Kellerlabyrinth gefunden werden. Die Spiel-Geschichte, vom Hersteller als geeignet für Kinder ab fünf Jahren angepriesen, lässt sich leicht und problemlos installieren und ist sowohl für Windows wie auch für Mac geeignet. Grafisch recht liebevoll gestaltet, wenn auch die Burgdame und die Magd einen etwas weiblicheren Look gut vertragen hätten, vermittelt das Abenteuer um die beiden Protagonisten Anni und Fred durchaus Wissenswertes über die Ritterzeit, allerdings sind die Texte häufig leicht gestelzt und von Anni und Fred oberlehrerhaft vorgetragen, so dass bezweifelt werden darf, dass Fünfjährige hier auf ihre Kosten kommen. Zwar wird Abenteuer Zeitmaschine als „Spiel-Geschichte“ angekündigt, so dass klar ist, dass das Spielen lediglich einen Teil der CD-Rom ausmacht, aber die Unterhaltungen und Erzählungen der Figuren ziehen sich bisweilen derart, dass den jungen Spielerinnen und Spielern der Spaß abhanden kommen könnte, noch bevor sie selbst aktiv werden können.
Sind die Unterhaltungen beendet, kann man die F iguren per Mausklick durch die Burg lotsen und nach Ersatzteilen suchen. Einzelne Gegenstände können angeklickt werden, und auch wenn sie nicht als Ersatzteil taugen, so wird anhand der Gegenstände erklärt, wie etwa ein Katapult funktioniert oder worum in Ritterturnieren gekämpft wurde. Was für Teile für die Reparatur der Zeitmaschine gebraucht werden wird in einer Grafik am unteren Spielfeldrand angezeigt, so dass gezieltes Suchen möglich ist. Hier müssen die Spielerinnen und Spieler auch schon mal um die Ecke denken – statt eines Föns ist der Blasebalg geeignet, und hat man gerade kein Zahnrad zur Hand, könnte der Schmied doch aus der Säge eines machen! Was also durchaus Kombinationsgabe erfordert und zum Knobeln anregt, hat aber auch einen Haken. Denn das Spiel erweist sich hier als schwerfällig. Hat man zum Beispiel den benötigten Blasebalg gefunden, so muss man diesen mehrmals anklicken, bevor Anni und Fred auf den Gedanken kommen, den Blasebalg durch ein Spiel mit der Burgdame zu gewinnen. Bei einigen Gegenständen bedarf es also großer Hartnäckigkeit seitens der jungen Spielerinnen und Spieler, was anstatt zu Spielspaß eher zu Frustration führen dürfte.
Die Spiele selbst sind dann aber mit kleinen Ausnahmen durchaus unterhaltsam und jeweils in zwei Schwierigkeitsstufen verfügbar, so dass auch die jüngeren oder in Sachen Computer noch unerfahrenen Spielerinnen und Spieler gute Erfolgschancen haben. Nur das Gänsefangen bildet hier eine fast ärgerliche Ausnahme, da die Steuerung zu schwerfällig ist und die Gänse sich nur schwer in die gewünschte Richtung treiben lassen. „Wie im richtigen Leben“ könnte man nun argumentieren, aber dennoch bleibt der Spaß gerade für junge Spielerinnen und Spieler, die motorisch noch Probleme mit der Maus haben, zumindest bei den ersten Versuchen auf der Strecke. Insgesamt ist Abenteuer Zeitmaschine wohl eher für ältere Grundschulkinder geeignet, die bereits einige Erfahrung in Sachen Computer gesammelt haben. Diese werden auch die Texte besser verstehen und das Quiz, in dem es zum Teil recht knifflige Fragen über das Mittelalter zu beantworten gilt, auch in Bezug auf ihre Lesefähigkeit meistern können. Zwar verfolgt das Spiel eine nette Idee, allerdings ist oft gerade die Steuerung nicht ausgereift und die Figuren sind zum Teil so schwerfällig, dass es einiges an Durchhaltevermögen braucht, um alle zehn Ersatzteile zu finden. Wer das Spiel aber eher der erzählten Geschichte und der Fakten über das Ritterleben wegen nutzt, kann trotz einiger technischen Unsauberkeiten seinen Spaß haben.
Beitrag aus Heft »2010/05: Partizipation und Medien«
Autor: Laura Handlos
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publikationen
Gapski, Harald/Gräßer, Lars (Hrsg.) (2010). Verbraucherschutz und Medienkompetenz. Junge Konsumenten im Web. Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen. München: kopaed. 145 S., 14,80 €
Das Web 2.0 ist bei Jugendlichen angesagter denn je, besonders Online-Spiele und Social Communitys sind Teil des alltäglichen Medienhandelns Jugendlicher geworden. Ungewollt werden bei der Inanspruchnahme verschiedener Spielangebote und Registrierungen in sozialen Netzwerken unsichtbare Datenspuren im virtuellen Raum des Web 2.0 hinterlassen. Diese sind ein gefundenes Fressen für die Werbewirtschaft, welche sich die gewonnenen Daten zu Nutze macht und versucht, durch gezielte Werbung neue Kundschaft zu gewinnen und möglichst viel ökonomischen Gewinn daraus zu ziehen. Zudem eröffnet der mitunter leichtfertige und naive Umgang vieler Jugendlicher mit ihren Daten Missbrauchspotenziale, welche mit einigen unangenehmen Nachwirkungen verbunden sein können.
Der 10. Band der Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Titel Verbraucherschutz und Medienkompetenz beschäftigt sich mit genau dieser Thematik und nimmt dabei Bezug auf den verbraucherpolitischen Kongress Mausklick mit Durchblick Verbraucherschutz und Medienkompetenz junger Menschen im Web 2.0. Die verschiedenen Beiträge von Autorinnen und Autoren, welche vorwiegend aus der Wissenschaft kommen, befassen sich mit der Frage nach der Gewährleistung eines seriösen Umgangs mit Datenschutz und Persönlichkeitsrechten seitens der Anbieter im Netz und klären über mögliche Gefahren auf, welche sich für Jugendliche, aber gegebenenfalls auch für Erwachsene, hinter meist nicht oder nur teilweise transparenten Geschäftsbedingungen von Internetangeboten verbergen können. Dies ist insofern von großer Bedeutung, da das Marketing Jugendliche als Zielgruppe als besonders attraktiv empf indet und dementsprechend die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen den veränderten Kommunikationsformen der jungen Verbraucherinnen und Verbraucher angepasst wurden, welche sich zunehmend im Web 2.0 abspielen.
Die Autoren und Autorinnen gehen im Besonderen auf den Bedarf an Ref lexion und Bewertung von kommerziellen Internetangeboten seitens der Verbraucher selbst ein und stellen die Forderung nach Eindämmung von unzulässigen Praktiken der Gewinnerzielung im Web durch Kontrolle und Überwachung der Durchsetzung der notwendigen Regeln im Netz seitens der Verbraucherinnen und Verbraucher und Datenschützerinnen und Datenschützer. Der Schlussteil des Buches birgt zudem eine Auf listung von Projekten, Aktivitäten, Studien und Publikationen sowie Unterrichtsmaterialien zum Thema Verbraucherschutz. Empfehlenswert ist dieses Buch für Medienpädagoginnen und -pädagogen sowie für Studierende der Fachrichtung und Lehrkräfte, aber in Hinblick auf die verwendete, leicht verständliche Sprache auch für Eltern und Jugendliche selbst, welche sich über Konsequenzen der Datenpreisgabe und Gefahren von Internetangeboten informieren möchten.
Kirchner, Constanze/Kirschenmann, Johannes/Miller, Monika (Hrsg.) (2010). Kinderzeichnung und jugendkultureller Ausdruck. Forschungsstand – Forschungsperspektiven. München: kopaed. 555 S., 24,80 €
Kinder zeichnen meistens begeistert – sei es der Familienausflug in den Tierpark, das Fußballspiel mit den Freundinnen und Freunden oder das Lieblingstier, vieles wird gerne und oft auf dem Papier festgehalten, mal hoch konzentriert sehr detailreich und genau, mal eben nebenher als rasche Skizze. Doch was steckt hinter dieser kreativen Art sich auszudrücken, haben die neuen Medien und ein veränderter Alltag die kreativen Ausdrucksweisen der Heranwachsenden verändert und was bedeutet das für die Kunstdidaktik? Diesen und ähnlichen Fragen haben sich die Herausgeberinnen und der Herausgeber von Kinderzeichnung und jugendkultureller Ausdruck angenommen, wobei unter ‚Kinderzeichnung‘ alle möglichen Ausdrucksformen bildnerisch-ästhetischen Verhaltens und auch jugendkultureller Ausdruck verstanden wird.
In vier umfassende Kapitel gegliedert befassen sich die Autorinnen und Autoren in verschiedenen Beiträgen mit der ganzen Bandbreite des Themas. Die Beiträge im ersten Kapitel setzen sich mit der Vorstellungsbildung bei Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit ihrem Darstellungsvermögen auseinander. Neben etwa dem Zusammenhang von Sprachentwicklung und Symbolbildung und der Beeinf lussung der Vorstellungsbildung durch zeichnerisches Handeln wird hier auch der Wandel kindlicher und jugendlicher Ausdrucksformen in den Blick genommen. Das zweite Kapitel der Publikation widmet sich im Folgenden dann aktuellen jugendkulturellen Phänomenen, weitet also den Blick von der reinen zeichnerischen Gestaltung hin zu digitalen Ausdrucksformen und neuen ästhetischen und kommunikativen Praxen jugendkulturellen Handelns. Im dritten Kapitel befassen sich die Autorinnen und Autoren dann mit Lehr- und Lernprozessen, also etwa den diagnostischen Fähigkeiten, die Lehrkräfte benötigen und der Verzahnung des bildnerischen Vermögens mit der Unterrichtspraxis. Abschließend richtet das vierte Kapitel den Fokus auf dringend erforderliche Forschungsaktivitäten zu spezifischen Themenbereichen. Hier werden auch neue Forschungsmethoden vorgestellt sowie Perspektiven für die innovative Weiterentwicklung begonnener Forschungsaktivitäten aufgezeigt.
Das Herausgeberwerk besticht neben den vielschichtigen und abwechslungsreichen Beiträgen vor allem auch durch die großzügige Bebilderung. So entlocken einige der farbigen Abbildungen mit Namen wie „Fetter Mann auf fettem Pferd“ oder auch eine liebevoll gezeichnete Kuhweide eines Zweijährigen den Leserinnen und Lesern zum einen ein Lächeln und verdeutlichen zum anderen die Anmerkungen in den Texten, die sich auf die Bilder beziehen. Neben klassischen Kinderzeichnungen finden sich aber auch digital bearbeitete Fotos oder Fotos, die mit dem Handy gemacht wurden. Durch dieses Einbeziehen aktueller Entwicklungen der Medienwelt sowie neuer Studienerkenntnisse ist das Werk auch nicht nur für Kunstlehrerinnen und -lehrer ein praktischer Zugewinn, sondern auch für Sozial-, Kunst und Medienpädagoginnen und -pädagogen sowie für interessierte Eltern und Laien eine interessante und abwechslungsreiche Lektüre.
Sutter, Tilmann/Mehler, Alexander (Hrsg.) (2010). Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen. Wiesbaden: VS Verlag. 285 S., 34, 95 €
„Wir erleben einen tiefgreifenden Medienwandel, dessen Bedeutung und weiterer Verlauf nur schwer abzusehen sind. Wir schwanken zwischen Faszination und Skepsis, hochgesteckten Erwartungen und Vorsicht, kulturoptimistischen und kulturpessimistischen Einstellungen.“ (S. 15) Die Publikation Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen greift zwei grundlegende Perspektiven zum Thema Medienwandel auf. Zum einem wird der historisch vergleichende Blick auf den Medienwandel fokussiert, welcher für eine realistische Einschätzung notwendig ist. Der zweite, nach vorn gerichtete Blick ist notwendig, um die gewandelten medialen Verhältnisse erfassen zu können. Dieser Blickwinkel wagt es, vertraute Begriffstraditionen und Abgrenzungen in Frage zu stellen. Die Publikation umfasst in ihren einzelnen Beiträgen ein breites Spektrum an medienwissenschaftlichen Disziplinen, welches von der Kultur- und Sprachwissenschaft über die Soziologie bis hin zur Informatik reicht. Zentral ist in diesem Band, dass der Medienwandel nicht mehr nur als eine Ergänzung und Erweiterung der alten Medien hin zu den neuen Medien gesehen werden kann, sondern als ein schrittweiser Ersatz neuer Medien gegenüber den Leistungen der Massenmedien. Die neuen Medien werden als interaktiv, das heißt, mit einer gesteigerten Rückkopplungs- und Eingriffsmöglichkeit für die Nutzerinnen und Nutzer ausgestattet, erkannt.
Einer der ersten Beiträge des Buches von Prof. Dr. Lore Benz, welche sich mit klassischer Philologie, Literatur, Kultur und Medien beschäftigt, umreißt den Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen in frühen europäischen Medienkulturen. „Und bereits hier kann der Wechsel von einem überwiegend passiven, Inhalte bloß rezipierenden Publikum zu Personen nachgezeichnet werden, die sich aktiv am Geschehen beteiligen.“ (S. 10) Ein weiterer Beitrag von Michael Beißwenger untersucht die spezif ische Form der Chatkommunikation aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Die Kommunikationssituation stellt sich für alle Beteiligten unterschiedlich dar. Koordinationsprobleme während des Chats müssen bearbeitet werden. Oftmals werden die ursprünglichen Handlungspläne geändert. Dieser Beitrag ist exemplarisch für einen Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen. Der Beitrag von Tilmann Sutter zeichnet zunächst den Wandel von Massenmedien zur Interaktivität der neuen Medien nach und arbeitet auf kritische Art und Weise Begriffe der Interaktivität und die Frage des damit bezeichneten kritischen Medienwandels nach.
In einem letzten Beitrag der Publikation wird die Gemeinschaft in den Blickpunkt gerückt. Michael Hahne und Corinna Jung gehen von einem graduell abgestuften Modell von Gemeinschaftstypen aus. Hierzu stellen sie sich die Frage, welche Unterstützungstechnologien für welche Gemeinschaftstypen zentral sind. Die Massenmedien waren und sind ein elementarer Bestandteil der Gesellschaft, doch die Zeit der einseitigen Kommunikation ist vorbei: Die neue Medien drängen vor und mischen sich unter die Massenmedien. Innerhalb der letzten Jahre haben sich Onlineportale, in denen man Kommentare schreiben, Beiträge verfassen und Gespräche führen kann, etabliert und die Massenmedien ergänzt. Dass diese ganz ersetzt werden, scheint allerdings unwahrscheinlich, da sie in das gesellschaftliche Handeln und Bewusstsein fest etabliert sind. Ein Wandel der Interaktionsformen durch die Medien kann allerdings unterstrichen werden. Durchaus ändern sich Kommunikation und Interaktion, wenn man sich von dem klassischen face-to-face Gespräch oder dem einseitigen Informationstransfer durch die Massenmedien distanziert.
Corell, Catrin (2009). Der Holocaust als Herausforderung für den F ilm. Formen des filmischen Umgangs mit der Shoah seit 1945. Eine Wirkungstypologie. Bielefeld: transcript. 520 S., 39,80 €
In Generationen, die ihn nicht selbst miterlebt haben, ist die Erinnerung an den Holocaust vor allem durch den Film geprägt. Wie aber wird im Film mit dem Holocaust, der Shoah umgegangen? Wie wirken diese Darstellungen auf die Betrachterinnen und Betrachter? Diesen Fragen hat sich Catrin Corell angenommen und versucht, diese in ihrer Dissertation zu beantworten. Zum Einstieg skizziert die Autorin verschiedene Positionen in der Auseinandersetzung mit dem Holocaust und befasst sich mit der Frage, ob Bilder im Umgang mit der Judenvernichtung überhaupt vertretbar sind und dem tatsächlichen Leid je gerecht werden. Vor diesem Hintergrund wird das Ziel der Arbeit vorgestellt, nämlich die Wirkung, die solche Filme erzielen, komplex zu betrachten und die verschiedenen Strategien im Umgang mit der Thematik im F ilm herauszuarbeiten.
Den Hauptteil des Buches Der Holocaust als Herausforderung für den Film nimmt die umfassende Darstellung von verschiedenen Typen von Holocaust-F ilmen ein, beginnend mit den frühen Dokumentarfilmen, die allein der ‚Umerziehung’ dienten, über den Essayfilm Nacht und Nebel bis hin zum weniger bekannten Auf Wiedersehen, Kinder und den Kassenschlagern Schindlers Liste und Benignis Das Leben ist schön. Warum gerade diese Filme ausgewählt wurden, bleibt leider unerwähnt. Die Filme werden detailreich analysiert, besonders der Inszenierung wird viel Platz eingeräumt. Bewundernswert ist die Akribie, mit der die Autorin vorgeht – vor allem bei der Herausarbeitung der leisen Untertöne in Auf Wiedersehen, Kinder zeigt sich diese Stärke deutlich. Untermalt wird die Darstellung stets durch F ilmbilder. Diese Illustrationen könnten hilfreich sein, sind allerdings häufig so klein, dass es schon einiger Anstrengung bedarf, etwas darauf zu erkennen. Zwar sind die Analysen der ausgewählten Filme interessant und die Kritik der Autorin durchaus aufschlussreich, doch gelingt es Corell bei näherer Betrachtung nicht, die Wirkung der F ilme zu ergründen. Durch die computergestützte F ilmanalyse ist es zwar möglich herauszustellen, was in den jeweiligen Filmen intendiert wird, über die tatsächliche Wirkung sagt das allerdings kaum etwas aus. Um hier Aufschluss zu erhalten wäre wohl der Einsatz von Methoden aus der Medienwirkungsforschung erforderlich gewesen.
Insgesamt vermittelt das Werk einen guten Einblick in die Diskussion um den Holocaust im F ilm und eröffnet gerade Laien interessante Blickwinkel. Allerdings hat die Autorin ihr ehrgeiziges Ziel einer Wirkungstypologie nicht erreicht, sondern durch feinfühlige Beschreibung der jeweiligen Inszenierungen lediglich aufgezeigt, welche Reaktion seitens der Betrachterinnen und Betrachter erwünscht war. Man betrachtet die F ilme nun vielleicht mit anderen Augen, aus wissenschaftlicher Sicht bleibt der Ertrag etwas dünn. So eignet sich das Buch wohl weniger für Kennerinnen und Kenner der Thematik – viele der dargestellten Sichtweisen dürften bekannt sein und manchmal hätte man sich gewünscht, die Autorin hätte ihre eigene Sicht deutlicher gemacht. Für interessierte Laien oder Studierende etwa der F ilmwissenschaft oder Romanistik gibt das Buch einen guten Überblick über den Stand der Forschung, wenn auch kaum auf einzelne F ilmgenres eingegangen. Das reine Lesevergnügen wird zudem durch die mit Fußnoten überladenen Seiten etwas getrübt und auch die Vielzahl an Zitaten, viele davon in französischer Sprache, hemmen den Lesef luss. Eine Überarbeitung der Dissertation hin zu mehr Leserfreundlichkeit wäre also wünschenswert gewesen.
Hugger, Kai-Uwe (2009). Junge Migranten online. Suche nach sozialer Anerkennung und Vergewisserung von Zugehörigkeit.Wiesbaden: VS Verlag. 321 S., 39,90 €
Heranwachsende und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund stehen häufig vor dem Problem, in dem Land, in dem sie leben, dessen Sprache sie sprechen und dessen Staatsbürgerschaft sie vielleicht sogar ihre eigene nennen, auch in der zweiten oder dritten Generation immer noch als ‚Ausländer’ angesehen zu werden. Gleichzeitig sind sie in der Heimat ihrer Eltern oder Großeltern ebenso ‚Ausländer’, schließlich leben sie in einem anderen Land. Angesichts dieser Problematik erscheint es recht schwierig, die eigene Identität zu entwickeln, und die Folge sind häuf ig sogenannte ‚Hybrididentitäten’. So fühlen sich zum Beispiel junge Deutschtürkinnen und Deutschtürken oft sowohl als Deutsche als auch als Türken und versuchen bei aller Integration und trotz ihres Lebens in Deutschland die eigenen Wurzeln nicht zu vergessen. Hilfe finden diese jungen Menschen dabei nur selten.
Kai-Uwe Hugger greift diese Thematik auf und stellt sich die Frage, ob das weltumspannende Internet hier vielleicht Hilfestellung leisten kann. In Online-Communitys, die sich speziell an junge Migrantinnen und Migranten in Deutschland richten, könnten die Heranwachsenden schließlich einen Ort f inden, an dem sie ihre Hybrididentität verarbeiten können. Nachdem der Autor im ersten Teil von Junge Migranten online den theoretischen Rahmen für das weitere Vorgehen gespannt hat, widmet Hugger sich im zweiten Kapitel bereits der sozio-technischen Seite der Fragestellung und stellt die Ergebnisse der online-ethnograf ischen Analyse der Communitys Vaybee!, Bizimalem und Aleviler dar. Für die Leserinnen und Leser besonders interessant dürfte nach der Darstellung des Untersuchungsdesigns wohl vor allem das vierte Kapitel sein, in dem Hugger beispielhaft fünf Fälle aus der Face-to-Face-Befragung rekonstruiert und detailliert darstellt.
Die Geschichten von Ildiz, Hasan, Haluk, Ünay und Duru verdeutlichen die Herausforderung, die eine Hybrididentität für die jungen Menschen darstellt und zeigen auf, wie unterschiedlich dabei auf die Online-Communitys als Unterstützung zurückgegriffen wird. Die zentralen Ergebnisse stellt der Autor schließlich vergleichend gegenüber und verdichtet sie mithilfe einer Typenbildung. Als Abschluss werden die Ergebnisse noch einmal anschaulich zusammengefasst und Perspektiven zukünftiger Forschung aufgezeigt. Hugger gelingt es in diesem angenehm lesbaren Werk, die Chancen aufzuzeigen, die sich jungen Migrantinnen und Migranten durch speziell auf sie zugeschnittene Online-Communitys bieten. So nutzen manche diese Communitys gezielt, um ihre natio-ethno-kulturelle Hybrididentität zu bearbeiten und sich der Zugehörigkeit zu vergewissern. Zudem f inden sie hier Gleichgesinnte, die um ihre Anerkennungsprobleme wissen und ihnen im sozialen Bezugsrahmen der Community zur Seite stehen können. Für Kultur- und Medienwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Lehrende und Studierende der Fachrichtungen ist die Lektüre sicherlich ebenso zu empfehlen wie für Pädagoginnen und Pädagogen sowie Fachkräfte aus der Jugendarbeit.
Höltgen, Stefan (2010). Schnittstellen. Serienmord im F ilm. Marburg: Schüren. 392 S., 29,90 €
Im 20. Jahrhundert entwickelt sich der Film zum Leitmedium – er beeinflusst den Alltag, die Gesellschaft und sieht sich dadurch einiger Kritik ausgesetzt. Gerade der Kriminalfilm steht häuf ig unter dem Verdacht, negative Auswirkungen auf die Zuschauerinnen und Zuschauer zu haben, schließlich gebe er ja vor, wie ein Verbrechen zu begehen sei und der Schritt zur Nachahmung wäre ein Leichtes. Aber auch eine Einflussnahme gesellschaftlicher Vorgänge ist möglich – schließlich entwickeln einige Regisseurinnen und Regisseure ihre Geschichten aus tatsächlichen Verbrechen.
Stefan Höltgen nimmt sich in Schnittstellen dem Serienmord im Film an und versucht, die wechselseitige Beeinf lussung von medialen und gesellschaftlichen Diskursen zu beschreiben. Besonders interessant erscheint dem Autor die titelgebenede „Schnittstelle“, an der Mord und M.O.R.D., also Moral Order Regular Destruction, aufeinandertreffen. Nachdem grundlegende Begriffe bestimmt sind, wendet sich Höltgen ausführlich dem Thema der Authentizität als Ästhetik der Konstruktion zu, womit theoriegestützt auf eindrucksvolle Art deutlich wird, dass ‚authentisch’ hier nicht eine außermediale Realität meint, sondern einen ästhetischen Prozess bezeichnet, der den Eindruck von Realität konstruiert. Kaum ist dieser theoretische Grundstock gelegt, nimmt die detaillierte Untersuchung von 37 Serienmörderf ilmen den Hauptteil des Buches ein. Die Filme werden chronologisch vorgestellt, beginnend mit der frühen Phase, in die Werke wie Das Wachsfigurenkabinett von 1924, M – eine Stadt sucht einen Mörder oder auch Supernatural fallen, über die Phase des Exils bis etwa 1959 mit Filmen wie The Sniper oder Nachts wenn der Teufel kam, die Phase von Schock und Gewalt, die durch Hitchcocks Klassiker Psycho eingeläutet wird und schließlich die postmoderne Phase, in der Das Schweigen der Lämmer ebenso behandelt wird wie Natural Born Killers oder der neueste Film The Last Horror Movie von 2004. Dabei geht Höltgens Auseinandersetzung erfreulicherweise stets über eine bloße Inhaltsangabe hinaus – der Autor verknüpft geschickt den Filmstoff sowie die eventuell zugrunde liegende Begebenheit mit bestehenden Filmanalysen und Kritikerstimmen, die zu den jeweiligen Filmstarts geäußert wurden. Besprochene Filmszenen sind als untertitelte Abbildungen in den Fließtext integriert. Nachvollziehbar und gut argumentiert entlarvt der Autor so manche Fehldeutung und schafft so neue Sichtweisen, die auch Expertinnen und Experten auf dem Gebiet des Serienmordes im Film überraschen dürfte. Durch dieses Vorgehen wird der wechselseitige Einfluss, den Höltgen in der Einleitung ankündigt, herausgearbeitet, zumal der Autor auch gegenseitige Bezugnahme der Regisseure auf andere Filme herausstellt.
Der abschließende Diskurs des Serienmörderfilms fasst aufschlussreich und übersichtlich die Ergebnisse der ausführlichen Beschreibungen der Filme zusammen. So wird etwa das Motiv der herrschsüchtigen, allwissenden Mutterfigur noch einmal als eines der Leitmotive des Genres herausgearbeitet, was zugleich den Versuch, psychologische Erkenntnisse aus der Kriminalgeschichte in die F ilme zu integrieren, verdeutlicht. Darüber hinaus werden die Erwartungen des Publikums sowie f ilmtechnische Besonderheiten thematisiert, bevor das Thema von Einfluss und Rückfluss abrundend aufgegriffen wird. Für Filminteressierte ist das Werk, das trotz einzelner Rechtschreibfehler angenehm zu lesen ist, sicherlich ebenso ein Gewinn wie für Filmwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Expertinnen und Experten aus der Kriminalistik, Kunstgeschichte oder den Medienwissenschaften oder auch Studierende dieser Fachrichtungen.
Cleppien, Georg/Lerche, Ulrike (Hrsg.) (2010). Soziale Arbeit und Medien. Wiesbaden: VS. 236 S., 34,95 €.
Neue Medien sind ein wesentlicher Bestandteil der modernen Gesellschaft und stellen damit auch für die Pädagogik eine Herausforderung dar. Denn in Zeiten, in denen etwa das Internet wesentlichen Einf luss auf die Kommunikation, die Unterhaltung und auch zwischenmenschliche Beziehungen hat, lassen sich solche Medien in der pädagogischen Arbeit kaum ausklammern. In dem Herausgeberwerk Soziale Arbeit und Medien sind dementsprechend Beiträge verschiedener Autorinnen und Autoren zusammengestellt, die sich mit der Bandbreite des Einflusses der Medien auf die soziale Arbeit befassen und so einen Überblick liefern über die unterschiedlichen Thematisierungsweisen des Zusammenhangs Medien und Soziale Arbeit. Systematisch setzen sich die Autorinnen und Autoren mit der Thematik auseinander, wobei sich die Beiträge vier Überkapiteln zuordnen lassen.
Während sich der erste Teil der Publikation einleitend mit den gewandelten Bedingungen des Aufwachsens in der modernen Mediengesellschaft auseinander setzt, nehmen die Artikel im zweiten Teil die unterschiedlichen Herausforderungen, die sich durch die Medien für die professionelle soziale Arbeit ergeben, in den Blick. Schlagworte in diesem Zusammenhang sind etwa Medienkompetenz, informelle Lernorte oder generationenspezifische Mediennutzung. Die Autorinnen und Autoren im dritten Teil befassen sich jeweils mit einem konkreten Problemfeld, also etwa der Forschung zur medialen Gewalt und der Effektivität von Interventionsmaßnahmen, Onlinespielsucht, digitaler Ungleichheit, aber auch praktischen Projekten. Abschließend stehen bei den Beiträgen die organisatorischen Bedingungen wie etwa die Beziehung zwischen Umwelt und Organisation oder die Binnenstruktur einer Organisation im Fokus der Betrachtung.
Das Herausgeberwerk zeigt insgesamt vor allem auch auf, wo die gemeinsamen Thematisierungen von Medien- und Sozialpädagogik liegen und ist damit nicht nur für in der sozialen Arbeit Tätige oder Lehrende, sondern auch für Medienpädagoginnen und -pädagogen eine anregende Lektüre.
Ditschke, Stephan/Kroucheva, Katerina/Stein, Daniel (Hrsg.) (2009). Comics. Zur Geschichte und Theorie eines populärkulturellen Mediums. Bielefeld: transcript. 362 S., 29,80 €.
Ob Spiderman und Batman, Tim und Struppi, die Peanuts oder Calvin und Hobbes, Comics erreichen seit Jahren ein Massenpublikum und sind heute weit mehr als erheiternde Beilagen in Tageszeitungen. Stephan Ditschke, Katerina Kroucheva und Daniel Stein nehmen in ihrem Herausgeberwerk Comics dieses populärkulturelle Medium unter die Lupe. In den verschiedenen Beiträgen wird die Geschichte ebenso beleuchtet wie die Theorie rund um Comics. Die Beiträge führen dabei die bestehenden Forschungsansätze in der deutschen Comic-Forschung mit einer Reihe von literatur-, medien- und kulturwissenschaftlichen Perspektiven zusammenund brechen damit eine Lanze für die interdisziplinäre Vernetzung.
Obwohl die einzelnen Autorinnen und Autoren dabei keinem einheitlichen Muster, geschweige denn einer einheitlichen Def inition von Comic folgen, greifen alle Beiträge auf unterschiedliche Weise auf das Verständnis des Comics als populärkulturelles Medium zurück. Der Band, in dessen Einleitung erfreulicherweise zentrale Begriffe geklärt werden, die sich in den Beiträgen wiederf inden, verschafft einen guten Überblick über den Stand der Comicforschung. Damit ist das Werk sowohl für Medien-, Kultur- und Literaturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Studierende der Fachrichtungen interessant, als auch für interessierte Laien, die auch vor ein wenig Theorie nicht zurückschrecken.
Hoffmann, Bernward/Ulbrich, Hans-Joachim (Hrsg.) (2009). Geteilter Bildschirm – getrennte Welten? Konzepte für Pädagogik und Bildung. München: kopaed. 248 S., 16 €
Die vielzitierte Globalisierung hat nicht nur Märkte zusammenwachsen und Grenzen verwischen lassen, sondern auch zu einer verschärften Trennung in Teilhaber der technischen und ökonomischen Entwicklung und Nichtteilhaber geführt. Im Mittelpunkt der Publikation Geteilter Bildschirm – getrennte Welten? stehen in diesem Zusammenhang die Realitäten der Medienpraxis, ihre Wirkung und Fragen der sozialen Trennung der Lebenswelten einerseits und Gemeinschaft und Partizipation in einer divergierenden Medienwelt andererseits.
Die Beiträge der verschiedenen Autorinnen und Autoren lassen sich dabei vier Bereichen zuordnen. So befassen sich die ersten Beiträge mit der sozialen Trennung. Ist der Bergiff ‚Digital Divide’ etwa noch relevant und lassen sich Ungerechtigkeiten im Medienzugang nicht eher mit Blick auf die sozio-kulturellen Hintergründe beseitigen als durch bloße Technik? Und sind digitale Medien an Hauptschulen eine Chance? Im zweiten Teil des Herausgeberwerkes setzen sich die Autorinnen und Autoren mit dem Problem der ethnischen Trennung auseinander und befassen sich etwa mit der Mediennutzung von Menschen mit Migrationshintergrund, der deterritorialen Vergemeinschaftung und dem Medienrezeptionsverhalten von Kindern mit Migrationshintergrund. Die Beiträge im dritten Teil nehmen sich umstrittenen Teilungen des Bildschirms an und diskutieren etwa die Lernmöglichkeiten und den kreativen Umgang mit Computerspielen. Zuletzt setzt sich der vierte Teil der Publikation mit dem Themenkomplex der politischen Trennung und Möglichkeiten der Partizipation auseinander. Hier setzen die Autorinnen und Autoren etwa bei der Berichterstattung über den G8 Gipfel in Heiligendamm 2007 in verschiedenen Medien an und befragen jugendliche Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Zudem werden die Möglichkeiten digitaler, webbasierter Netzmedien für mehr Teilhabe in den verschulten Bachelorund Masterstudiengängen beleuchtet.
Für Medienwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ist der Band ebenso interessant und aufschlussreich wie für Medienpädagoginnen und -pädagogen aus Forschung und Praxis. Interessierte Laien sowie Studierende, Lehrkräfte und Personen aus der Migrationsarbeit können zudem sicherlich auch einige Anregungen entnehmen.
Pachner, Anita (2009). Entwicklung und Förderung von selbst gesteuertem Lernen in Blended-Learning-Umgebungen. Münster: Waxmann, 194 S., 24,90 €
In der heutigen Wissensgesellschaft, die ständig neue Innovationen hervorbringt, ist es von großer Bedeutung, Lerninhalte selbst und aus eigenem Antrieb heraus zu lernen. Das Zauberwort heißt selbst gesteuertes Lernen. Beim Blended-Learning wird die Fähigkeit zum selbst gesteuerten Lernen besonders gefordert. Denn insbesondere während der E-Learing-Phase haben die Lernenden einen hohen Selbstlernanteil. Anita Pachner befasst sich in ihrer Dissertation mit der Frage, wie das selbst gesteuerte Lernen gezielt gefördert werden kann. Hierfür untersuchte sie Lernende in einer auf Blended-Learning basierenden Fernstudienumgebung. Mit einem experimentellen multimethodischen Forschungsdesign verglich sie zwei Interventionen miteinander: ein klassisches Lernstrategietraining und eine alternative Lernstrategieförderung mittels Lerntagebuch.
Sie stellte die Hypothese auf, dass eine Blended-Learning-Umgebung den Einsatz von Lernstrategien fördert. Außerdem untersuchte sie die Hypothese, ob motivationale Faktoren eine Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von Lernstrategien sind und ob ein Zusammenhang zwischen Lerneinstellung und Lernerfolg besteht. Im Zeitverlauf zeigte sich ein rückläuf iger Einsatz von Lernstrategien bei beiden Versuchsgruppen. Es konnte aber gezeigt werden, dass sich eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung positiv auf die Motivation und den Lernstrategieeinsatz auswirkt. Diese Publikation bietet Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern sowie Studierenden der Psychologie und Pädagogik gleichermaßen eine klar formulierte und gut fundierte Forschungsarbeit im Bereich der Pädagogischen Psychologie.
kolumne
Gefällt mir nicht!
Manchmal wache ich nachts schweißgebadet auf, taste panisch meine Gliedmaßen ab und durchwühle hektisch die Post, gefasst auf Freundschafts- Kündigungen, Morddrohungen und horrende Rechnungen, die meinen finanziellen Ruin bedeuten. „Ewiges Pech! Ewiges Pech!“ hämmert es dann in meinem Kopf. Ein altes Trauma bahnt sich den Weg in mein Bewusstsein: Der Fluch der Kettenbriefe, die ich furchtlos ignoriert habe. Mittlerweile ist es ruhig geworden um die Angst und Schrecken verbreitende Post, doch es gab eine Zeit, als kein Briefkasten und E-Mail-Postfach davor sicher war. Wer sie öffnete wurde genötigt, Gummibärchen, Lieblingsrezepte oder lustige bis schmalzige Geschichten durch die Welt zu schicken. Wer mitmachte und seine Mitmenschen mit Soßen-Tipps und rührigen Lebensweisheiten erfreute, dem winkten nicht nur selbst tonnenweise Briefe, sondern zudem Geldsegen, beruf licher Erfolg und endlose Liebesgeständnisse von Nachbarn, Kollegen und Hollywood-Stars. Wer sich aber weigerte und die Kette unterbrach, nahm drakonische Gefahren in Kauf, setzte sein Liebes- und Lebensglück aufs Spiel und musste fürchten, von seinen Mitmenschen geächtet zu werden, weil er ihnen seine Käsekuchen-Geheimtipps vorenthielt.
Solche Zeiten sind vorbei, keiner wird mehr an Leib und Leben bedroht, wenn er sein Rezeptbuch nicht schnell genug öffnet. Keiner sitzt mehr eingeschüchtert zu Hause, paust Geschichten zehnmal durch und schneidet sich beim Briefmarken-Kleben die Zunge auf, um seinen guten Ruf zu retten. Und online verirrt sich nur noch ab und zu eine eingeschüchterte Drohung in mein Postfach. Freunde, Freundesfreunde und Freundesfreundesfreunde versorge ich heute nur noch freiwillig mit Lustigem, Spannendem, Lebenswichtigem und zwar digital per posting. Dieses Video etwa, The Hero (http://en.tackf ilm.se), das ein findiger facebook-Kontakt kürzlich auf seiner Pinnwand hatte: Mit einem Klick hatte ich auch mein Foto eingefügt und konnte mich selbst bestaunen, wie ich von frenetischen Menschenmassen als Weltenretterin gefeiert wurde und völlig fremde Menschen ob meines Konterfeis hemmungslos Tränen der Rührung vergossen. Herrlich! Das musste gleich weitergeschickt werden! Ich kenne mindestens zehn Leute, die das ebenso witzig finden. Dann habe ich noch etwas Schlaues gepostet: Eine Verlinkung auf eine Schlagzeile zur Tagespolitik. Es soll ja nicht so aussehen, als hätte ich nichts Vernünftiges im Sinn. Ach ja – und dann war da noch dieser Aufruf, eine Diplom-Arbeits-Umfrage zu unterstützen. Den Diplomanden kannte ich nicht, war wohl der Freund eines Freundes. Aber gepostet habe ich den Link natürlich trotzdem – wäre doch gemein sonst! Ein bisschen schade war es schon, dass nur eine Freundin mein lustiges Video weitergepostet hat. Die meisten kannten es wohl schon. Und bei der Schlagzeile haben nur zwei Kontakte ‚gefällt mir’ angeklickt und nur ein einziger wollte sie kommentieren.
Vielleicht suche ich mir demnächst lieber eine Kultur-Schlagzeile aus? Und sollte ich einmal selbst nach lustigen Videos suchen, die noch keiner kennt? Dann häufen sich bestimmt die ‚Gefällt mir’-Daumen darunter, die Kommentare und die Re-Posts? Ein wenig Angst habe ich schon, dass wieder keiner reagiert – und just da fällt mir mein letzter Traum ein: Ich poste und poste, Lustiges, Schlaues, Nachdenkliches, Persönliches, Fröhliches, Trauriges – doch das Kommentarfeld bleibt leer! Kein ‚gefällt mir’. Kein Kommentar. Kein Re-Post! „Gefällt mir nicht! Gefällt mir nicht!“ hämmert es unaufhörlich in meinem Kopf. Als ich schweißgebadet aufwache und mit zitternden Fingern den Computer hochfahre, versuche ich hektisch, mich an meine letzten Posts zu erinnern, durchwühle meine Gehirnwindungen nach kreativeren Ideen, um meinen Ruf in der Social-Network-Welt nicht zu verlieren. Bei all dem Psycho-Terror fällt mir aber wenigstens ein Gutes ein, das facebook & Co. mir gebracht haben: Meinen Kettenbriefe-Traum bin ich wohl ein für allemal los!
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