2010/01: Musik – Die schönste Nebensache
Ob als leise Hintergrundbegleitung oder alles übertönend beim Konzert, ob passiv vor dem Radio oder Computer oder aktiv am Instrument, ob zu Hause beim Essen oder mobil in Auto und Bahn – in zahlreichen Varianten und fast ständig kommen Menschen mit Musik in Berührung. Mal läuft sie nur 'nebenher' als Begleiter im Alltag. Dann wieder nutzen Menschen die Töne und Klänge, um ihren Tag zu strukturieren, um Emotionen wachzurufen, um sich damit zu identifizieren, auszudrücken oder abzugrenzen. Musik ist allgegenwärtig und aus unserem Alltag nicht wegzudenken.Dennoch bleiben viele spannende Fragen und Diskussionspunkte: Wie gehen junge Menschen heute mit Musik um? Welchen Stellenwert hat Musik im familiären Zusammenleben? Wie wird sie zur Identitätsarbeit genutzt? Welche Musik gibt es überhaupt heute? Und: Kann und wird sie in der praktischen Medien- und Jugendarbeit eingesetzt?Die Autorinnen und Autoren von merz 1/2010 greifen diese und weitere Fragen auf, nähern sich dem Thema Musik von verschiedenen Seiten, bringen theoretische Befunde und praktische Erfahrungen ein und bieten so ein breites Spektrum an Wissen, Ideen aber auch neuen, interessanten Fragen zu diesem so alltäglichen und doch zeitlos spannenden Thema.Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?Haben Sie Diskussionsbedarf, Kritik oder Anregungen zum Heft oder einzelnen Texten? Hier gelangen Sie zum Themenforum.
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stichwort Apps & Widgets
Dieser Tage kennt die (Fernseh-)Werbung scheinbar nur ein Thema: Apps. Liedtitel gesucht? Das App findet ihn. Verlaufen? Einfach das App nach dem Weg fragen. Langeweile auf der Zugfahrt? Wofür ist das Spiele-App da? Apps scheinen allgegenwärtig und omnipotent zu sein. Doch was ist das eigentlich genau – ein App? Der Name ist eine Abkürzung des englischen Begriffs ‚application’, also Anwendung. Synonym werden in manchen Zusammenhängen auch das Kunstwort ‚Widget’ (Wi(ndow) + (Ga)dget) oder die Begriffe ‚Gadget’ (technische Spielerei) oder ‚Minianwendung’ benutzt. Doch ob App, Widget oder Gadget, gemeint sind immer kleine Anwendungen, die als Buttons oder ‚Fenster im Fenster’ auf einem Computer- oder auch Handy-Bildschirm erscheinen und ihre Dienste anbieten. Etwa Horoskope, Schlagzeilen oder Navigation per Klick. Bekannt gemacht hat diese Buttons das iPhone, das fast ausschließlich mit Apps arbeitet, mit dem Spruch „Es gibt für alles ein App“; deshalb schreibt so mancher auch die Erfindung und Namensgebung der App(le)s der Apfelmarke zu. Ganz richtig ist das aber nicht, denn als Desktop-Anwendung auf Computern wurden Apps bereits seit Mitte der 90er Jahre von Windows und Apple verwendet. Gängig sind die kleinen Helfer und/oder Spielereien heute – neben dem iPhone – auch im Rahmen von Online-Diensteanbietern – so warten etwa Google und Yahoo! mit App-bestückten Sidebars auf – und Social Communitys: Etwa facebook oder friendster bieten reihenweise Informations- und Spiel-Kästchen an, die auf dem eigenen Profil platziert werden können und der Welt von dort aktuelle Geburtstage von Freunden, Reiserouten oder neue Quiz-Ergebnisse kundtun.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtnachgefragt: Isabel Wiemer, Redaktionsleiterin Vorschule KI.KA, kikaninchen
Seit 5. Oktober 2009 gibt es im KI.KA, dem Kinderkanal von ARD und ZDF das KiKANiNCHEN, eine Sendeschiene, die explizit Vorschulkinder ansprechen soll. Moderator Christian erlebt in diesem Rahmen montags bis freitags von 6.50 Uhr bis 10.25 Uhr gemeinsam mit dem namensgebenden blauen Häschen Abenteuer, präsentiert Sendungen oder macht Versuche. Parallel dazu gibt es auch auf den Internetseiten des KI.KA einen eigenen Auftritt für das KiKANiNCHEN, der speziell auf die sehr junge Zielgruppe abgestimmt ist. Während der KI.KA damit einer bisher wenig beachteten Zielgruppe endlich die nötige Aufmerksamkeit zuteil kommen lassen will, sind Kritiker skeptisch und bezweifeln die Notwendigkeit eines so umfassenden TV- und Online-Angebotes für Vorschulkinder. merz fragt nach – bei Isabel Wiemer, der verantwortlichen Redakteurin.
merz Christian und sein kleiner blauer Freund machen sich auf, Vorschulkinder zu begeistern – ein Publikum, mit dem Fernsehsender bisher eher wenig anfangen konnten. Was ist ihr Konzept hinter der Programmschiene KiKANiNCHEN, wie ist sie aufgebaut und welche Überlegungen, auch speziell zur Zielgruppe, stehen dahinter? Was unterscheidet das KiKANiNCHEN vom bisherigen KI.KA-Vorschulprogramm?
WiemerKiKANiNCHEN gibt der Vorschulwelt im KI.KA einen Namen und ein Gesicht. Sowohl inhaltlich als auch von der Machart ist die neue Programmfläche (montags bis freitags zwischen 6.50 Uhr und 10.25 Uhr) speziell auf die Zielgruppe der Drei- bis Sechsjährigen zugeschnitten. Die Sendestrecke ist wie ein geschützter Bereich, der ausschließlich qualitativ hochwertige Inhalte bietet. Verlässlich finden die Zuschauerinnen und Zuschauer hier die Programme von ARD, ZDF und KI.KA, die sie am meisten lieben: von Pocoyo über Die Sendung mit dem Elefanten bis zur Sesamstraße. Auch für Eltern bietet das neue Angebot Sicherheit und Orientierung. Sie können darauf vertrauen, dass bei KiKANiNCHEN ausschließlich solche Sendungen gezeigt werden, die für das ganz junge Publikum geeignet sind.Alle Serien und Filme mit KiKANiNCHEN machen Spaß und haben einen pädagogischen Mehrwert. Konsequent knüpfen die behandelten Themen an den Alltag und die Lebenswelt unserer jüngsten Zuschauerinnen und Zuschauer an. Fernsehen ist bei Vorschulkindern ein aktiver Prozess: Kinder singen mit, sie sprechen mit und nach, sie spielen mit und nach, sie genießen die Wiederholung und vor allem Rituale. Bei Vorschulangeboten sollte ‚anregen‘ statt ‚vorgeben‘ im Vordergrund stehen. All das haben wir in der Entwicklung von KiKANiNCHEN, die in allen Schritten wissenschaftlich begleitet wurde und weiterhin wird, berücksichtigt.
merz Montag bis Freitag, 6.50 Uhr bis 10.25 Uhr – man könnte denken, dass Vorschulkinder zu dieser Zeit im Kindergarten sein sollten. Kritikerinnen und Kritiker merken zudem an, dass Kinder in diesem Alter noch nicht selbständig mit Medien umgehen und deshalb auch keine Angebote brauchen, sondern durch diese Angebote eher zu früh an Medien herangeführt werden. Wie sehen Sie diese Einwände? Wie haben Sie sie bei der Entwicklung der Sendeschiene beachtet und wie wirken sie sich aus?
Wiemer Studien belegen, Vorschülerinnen und Vorschüler sehen fern: Durchschnittlich mehr als eine Stunde verbringen Drei- bis Fünfjährige jeden Tag vor dem Bildschirm (73 Minuten/Tag, vgl. AGF/GfK Fernsehforschung). Und damit sind wir als öffentlich-rechtlicher Kinderkanal aufgefordert, den ‚Fernsehanfängerinnen‘ und ‚Fernsehanfängern‘ ein Programm anzubieten, das sie fördert. Auch ‚richtig fernsehen‘ will erst gelernt werden. Die Vorschulstrecke trägt dem Rechnung, indem mit KiKANiNCHEN und seinen eigenständigen Inhalten Einschalt- sowie Ausschaltimpulse gesetzt werden und den Eltern damit eine Hilfestellung gegeben wird, den richtigen Ausstiegspunkt zu finden. Medienerziehung von Anfang an, so lautet die Devise beim KI.KA. merzKiKANiNCHEN läuft seit Anfang Oktober 2009 – welche erste Bilanz können Sie einige Monate nach Sendestart nun ziehen? Wie laufen die Sendungen an, wie werden sie angenommen? Bekommen Sie Feedback von Kindern, Eltern oder auch Erzieherinnen und Erziehern?Wiemer Die Reaktionen auf KiKANiNCHEN sind überwältigend. Besonders freuen wir uns als Programmmacher über die hohe Resonanz bei unserer jungen Zielgruppe. Wir bekommen zahlreiche Zuschriften, in denen Eltern uns etwa beschreiben, wie ihre Kinder Fernsehen mit KiKANiNCHEN erleben. Dies bestätigt, dass unser Konzept KiKANiNCHEN aufgeht. Die ersten gemalten und gebastelten KiKANiNCHEN sind auch schon bei uns eingetroffen. Eltern danken uns auch für die zusätzliche Orientierung, die wir mit KiKANiNCHEN geschaffen haben. Darüber hinaus können wir seit dem Programmstart eine positive Entwicklung in der Sehbeteiligung unserer Vorschülerinnen und Vorschüler erkennen.
merz Ab 2010 soll es zur Sendung auch eine Internetpräsenz geben. Warum hat sich der Startschuss dafür so lange hingezogen? Gab es Kritik von Seiten der Rundfunkräte? Was wird die Homepage ihrem jungen Publikum bieten? Brauchen Vorschulkinder überhaupt schon einen eigenen Bereich im Internet?
Wiemer Der Drei-Stufen-Test hat das vergangene Jahr bestimmt. Wir freuen uns aber sehr, dass die Rundfunkräte nun dem Konzept von www.kikaninchen.de zugestimmt haben und wir ab kommenden Frühjahr eine eigens auf Vorschülerinnen und Vorschüler zugeschnittene Internet-Präsenz anbieten können, die den besonderen Bedürfnissen der Zielgruppe Rechnung tragen wird. Auf www.kikaninchen.de bündeln wir die hochwertigen Vorschulangebote des KI.KA und bieten begleitend ein umfassendes pädagogisches Angebot für Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen. KiKANiNCHEN begreift sich als ein ganzheitliches Angebot: Fernsehen und Internet, Kinder und Eltern, Lernen und Spaß; Medienerziehung und die Förderung von Medienkompetenz sollte bereits im Vorschulalter beginnen, und dafür ist das KiKANiNCHEN und www.kikaninchen.de die beste Adresse für Kinder und Eltern.
thema
Bernd Schorb und Günther Anfang: Editorial
Jugend und Musik ist ein Thema, dem sich die Medienpädagogik immer wieder von Neuem zuwenden muss. Die zentrale Position, die Musik im Fühlen, aber auch im Denken und Handeln der Menschen einnimmt und ihre Einbindung in die Medienwelt als Präsentation von Wünschen und Ängsten, wie als Quelle des Kommerzes und der mentalen Ausbeutung, machen es notwendig, immer wieder zu fragen, welche Bedeutung Musik aktuell im Leben der Menschen einnimmt und wie die Pädagogik produktiv und mit dem Ziel der Selbstverwirklichung der Subjekte damit umgehen kann. Gern wird dies unter zwei Aspekten getan, die hier ausgespart bleiben sollen.
Einmal wird Musik funktionalistisch als Managerin betrachtet, die das Gemüt von Menschen beeinf lusst und es werden entsprechend die Quantitäten und Spezialitäten des Mood Management zu beschreiben gesucht. Auf einer ganz anderen Ebene wird praktizistisch beschrieben, was man alles mit Musik machen kann und wie sie die Ausdrucksfähigkeit junger Menschen erweitern kann, es wird aber nicht gefragt, welche musikalischen Inhalte in welchem pädagogischen und sozialen Kontext angeeignet werden. Entkleidet die Forschung des Mood Management die Musik aller ihrer sinnlichen und sozialen Qualitäten, so wird das bloße Musikmachen zur Geräuschproduktion.
Musik hat einen zentralen Stellenwert für Menschen, insbesondere für junge Menschen. Sie rahmen mit – in der Regel kommerzieller – Musik ihr Leben situativ und sozial. Sie nehmen Musik mit in ihr Leben und überall wird ihnen Musik offeriert, als Angebot, das sie suchen und dem sie sich nicht entziehen können. Musik tritt in verschiedenen Formen auf und ist meist nicht allein, sondern eingebettet in ein Medienensemble und in unterschiedlichste soziale Situationen. Die Vielfalt der Aneignung und Präsentation von Musik soll in diesem Schwerpunkt von merz dargelegt werden. Dabei zeigen die Autorinnen und Autoren, dass es sowohl höchst differenzierte Herangehensweisen an die Erfassung der Musikaneignung, als auch realisierbare und realisierte medienpädagogische Modelle gibt, die den unterschiedlichen Lebenszusammenhängen und Modi der Medienaneignung Jugendlicher in produktiver Weise Rechnung tragen.
Zu den Beiträgen
Claudia Bullerjahn veranschaulicht, wie sich Bilder, Geschehen und Musik in der Rezeption aufeinander beziehen. Sie beschreibt einerseits, unter welchen psychischen aber auch physiologischen Bedingungen Musik oder das Bild auf Seiten der Subjekte interpretative Priorität gewinnen. Sie macht andererseits deutlich, wie Musik als Mitgestalterin und Verstärkerin medialer Produkte Bedeutung durch die Produzenten zugewiesen wird und illustriert, wie die Symbiose von Musik und medialer Präsentation in Computerspielen zum konstitutiven Gestaltungselement wird. David Hesmondhalgh stellt führende Modelle vor, die sich mit dem Stellenwert auseinandersetzen, den Musik im Prozess des Heranwachsens übernimmt und weist unter Bezug auf Autorinnen und Autoren aus dem theoretischen Umkreis der interaktionistischen Theorien und der Cultural Studies auf die Bedeutung der Musik für die Ausbildung von Selbstkonzepten hin. Er macht deutlich, dass die positiven Konnotationen, die in der Regel mit der Beschreibung der Konstitution solcher Selbstkonzepte verbunden sind und dem Subjekt Autonomie und Unabhängigkeit zuweisen, kritisch zu befragen sind. Auch Musik kann sich nicht dem Primat von Politik und Kommerz entziehen und trägt damit auch die Widersprüche der Gesellschaft in den Identitätsprozess Jugendlicher hinein.Anja Hartung verdeutlicht auf der Basis empirischer Untersuchungen, dass, wo und wie Musik eine kommunikations- und interaktionsanregende Funktion zukommt. Gerade in der Familie wird sie als sozialer Faktor genutzt, zur Distinktion, zur Abgrenzung des eignen Ich vom anderen, sowie zur Attraktion, zur Annäherung an den anderen über seine Musikvorlieben, die sowohl das Selbst als auch die Biograf ie erschließen können. Diese soziale Funktion des Musikhörens und des Austausches über Musik und deren generationenübergreifende Bedeutung wird in der wissenschaftlichen wie praktischen Auseinandersetzung höchst selten wahrgenommen, wodurch sich die Musikpädagogik Handlungspotenziale verschließt.
Für die medien- bzw. musikpädagogische Praxis ist der Beitrag über Creative Commons von Marco Medkour von großer Bedeutung. Die Klage über den Zwang, den die GEMA auf die freie (und arme) Medienarbeit ausübt, die auch mal als Vorwand für mangelndes Engagement dient, kann nicht aufrechterhalten werden, wenn man sich die Möglichkeiten der kommerzfreien Musikszene erschließt.
Mit der Vielfalt der jugendlichen Musikszene beschäftigt sich Wolfgang Reißmann. Er stellt die sozialen Plattformen des Internets als Ebenen dar, auf denen sich, auch angeleitet, kreativ mit Musik umgehen lässt. Musik wird hier dem sozialen Handeln unterworfen. Sie wird eingesetzt als Gruß, Geschenk, Selbstdarstellung ... Musik ist Folie des sozialen Austausches, in bestätigender aber auch ironisch abweisender Form.
Dirk Wagner öffnet das Kaleidoskop heutiger Musikszenen. Neben der Würdigung sozialer Netzwerke und ihrer Möglichkeiten zur Veröffentlichung eigenproduzierter Musik veranschaulicht er, dass nicht Stilreinheit die Entwicklung der Popmusik kennzeichnet, sondern die vielfältige Vermischung von Stilen, Quellen und Formen. Laut Wagner kann und macht populäre Musik heute fast alles bis zur Kopulation mit Volksmusik.
Die Praxismodelle zeigen, wenngleich sie nur Ausschnitte medienpraktischer Musikarbeit wiedergeben können, dass heutige Musikarbeit an der jugendlichen Zuwendung zu Musik ansetzt, aber über die Performanz hinaus die Erweiterung der sozialen Fähigkeit der Zielgruppe im Auge hat.
Daniel Diegmann zeigt am Projekt Manege wie es Jugendlichen gelingt, Musik zur eigenen Positionierung im sozialen Raum einzusetzen. Im Modell der Cranfords ermöglicht der Einsatz von Rechner und Software Jugendlichen unterschiedlichen Hintergrundes nicht nur das Erfolgserlebnis der Musikproduktion, sondern auch das Erlernen praktischer und sozialer Kompetenzen.
Bei Iwan Pasuchin werden Schülerinnen und Schüler unter Rückgriff auf ein Musikvideo von YouTube zu Komponistinnen und Komponisten, die digitale Techniken und ‚natürliche‘ Geräusche nutzen, um ein Musikstück zu kompilieren, komponieren und produzieren um es dann wieder dem medialen Raum zuzuführen.
Dirk Wagner gibt einen Einblick in die konkrete Praxis der Musikredaktion des Störfunks, eines über den Äther verbreiteten Jugendprogramms in München.
Sascha Düx stellt die Roots&Routes International Association vor, ein europaweites Projekt in dem Jugendliche Musik erleben und machen, mit konkreter Unterstützung bereits erfolgreicher musikalischer Protagonisten.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Bernd Schorb, Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtClaudia Bullerjahn: Nicht Subtext, sondern Hauptdarsteller
In der Medienwirkungsforschung spielt Musik trotz ihrer Allgegenwart in den Medien bislang eine untergeordnete Rolle. Im Alltagsdiskurs überwiegt die Sorge um negative Effekte, wie sie etwa durch die journalistische Berichterstattung im Nachgang von jugendlichen Selbstmorden und Amokläufen geschürt werden. Es sollen im Gegensatz hierzu die Chancen akzentuiert werden, die sich für Jugendliche aus der Beschäftigung mit Musik in neuen und neuesten Medien ergeben.
Literatur
Arsenault, Dominic (2008). Guitar Hero: “Not like playing guitar at all”? In: Loading… 2, 2. journals.sfu.ca/loading/index.php/loading/article/viewArticle/32 [Zugriff: 10.11.2009]Bullerjahn, Claudia (2001). Grundlagen der Wirkung von Filmmusik. Augsburg: Wißner.Bullerjahn, Claudia (2008). Musik und Bild. In: Bruhn, Herbert/Kopiez, Reinhard/Lehmann, Andreas C. (Hrsg.), Musikpsychologie. Das neue Handbuch. Reinbek: Rowohlt. S. 205-222.
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Eschrich, Susann/Münte, Thomas F./Altenmüller, Eckart O. (2008). Unforgettable f ilm music: The role of emotion in episodic long-term memory for music. BMC Neuroscience, 48, 9 www.biomedcentral.com/1471-2202/9/48 [Zugriff: 15.11.2009]
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Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Claudia Bullerjahn
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniel Diegmann: Jugendarbeit und Musik
Musikorientierte Jugendarbeit begründet sich vor dem Hintergrund der großen Bedeutung, die Musik in der Phase der Jugend einnimmt. Dabei steht die Musik in der Jugendarbeit von Beginn an im Spannungsfeld zwischen der Möglichkeit authentischer Ausdruck ästhetischen Selbstverständnisses für junge Heranwachsende zu sein und der pädagogischen Instrumentalisierung der Kunst. Weitere Spannungslinien ergeben sich heute aus dem Zusammenspiel von musikorientierter Jugendarbeit und den sozialen Gegebenheiten von Ökonomie, Geschlecht und Interkulturalität.
Literatur
Hartung, Anja/Reißmann, Wolfgang/Schorb, Bernd (2009). Musik und Gefühl. Eine Untersuchung zur gefühlsbezogenen Aneignung von Musik im Kindes- und Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung des Hörfunks. Berlin: VISTAS Verlag.
Josties, Elke (2008). Szeneorientierte Jugendkulturarbeit. Unkonventionelle Wege der Qualif izierung Jugendlicher und junger Erwachsener. Ergebnisse aus einer empirischen Studie aus Berlin. Berlin, Milow, Strasburg: Schibri-Verlag.
Münch, Thomas/Bommersheim, Ute/Müller-Bachmann, Eckart (2005). Jugendliches Musikverhalten. Musikinvolvement, Nutzungsmotive und Nutzungspräferenzen. In: Boehnke, Klaus/Münch, Thomas, Jugendsozialisation und Medien. Lengerich u. a.: Pabst Science Publishers, S. 167-199.
Witte, Wolfgang (2007). Musik in der offenen Jugendarbeit. In: Hill, Burkhard/Josties, Elke (Hrsg.), Jugend, Musik und Soziale Arbeit. Anregungen für die sozialpädagogische Praxis. Weinheim, München: Juventa Verlag, S. 45-62.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Daniel Diegmann
Beitrag als PDFEinzelansichtMarco Medkour: Musik aus dem Äther: Die Creative Commons Musikszene
Im Internet hat sich eine Musikszene etabliert, die ihre Werke verschenkt und unter Creative Commons, das Schöpferische Allgemeingut stellt. Ihre Musik darf legal kopiert, verbreitet und für nicht-kommerzielle Medienproduktionen verwendet werden.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Marco Medkour
Beitrag als PDFEinzelansichtDavid Hesmondhalgh: Towards a Critical Understanding of Music, Emotion and Self-Identity
The article outlines a dominant conception of the relations between music, emotion and self-identity in sociologically informed analysis of music, which sees music primarily as a positive resource for active self-making. It is argued that this conception rests on a problematic notion of the self and also on an overly optimistic understanding of music, which implicitly sees music as highly independent of negative social and historical processes.
references
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Giddens, Anthony (1991). Modernity and Self-Identity. Cambridge: Polity.
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Hesmondhalgh, David (2008). Towards a Critical Understanding of Music, Emotion and Self-Identity. In: Consumption, Markets and Culture 11(4), p. 329-343.
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Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: David Hesmondhalgh
Beitrag als PDFEinzelansichtAnja Hartung: Musikhören als Konstitution geteilter Bezugnahmen auf Selbst und Welt
Das gemeinsame Musikhören in Familien vermag ebenso Momente sozialer Nähe und Bindung zu konstituieren wie das Schaffen von Situationen intersubjektiver Verständigung und das Entstehen von Gemeinsamkeit. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist jenen allzu vereinfachenden Etikettierungen von Jugendzeit als Zeit der Absetzbewegung und Ablösung vom Elternhaus zu widersprechen, die noch allzu oft die mystifizierte Liaison ‚Musik und Jugend’ beschreiben.
Literatur
Bergson, Henri (1896). Denken und Schöpferisches Werden (L‘Èvolution créatrice). Jena: Europäische Verlagsanstalt.
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Bohnsack, Ralf/Schäffer, Burkhard (2002). Generation als konjunktiver Erfahrungsraum. Eine empirische Analyse generationenspezifischer Medienpraxiskulturen. In: Burkart, Günter/Wolf, Jürgen (Hrsg.), Lebenszeiten. Erkundungen zur Soziologie der Generationen. Opladen: Leske + Budrich, S. 249-273.
Hartung, Anja/Reißmann, Wolfgang/Schorb, Bernd (Hrsg.) (2009). Musik und Gefühl. Berlin: Vistas.
Mannheim, Karl (1964). Das Problem der Generationen. In: Ders., Wissenssoziologie. Soziologische Texte 28. Berlin/Neuwied: Klostermann, S. 509-565. Ursprünglich in: Kölner Vierteljahreshefte für Soziologie, 6. Jg., H. 2, 1928, S. 157-184.
Matussek, Peter (2002). Déjà entendu. Zur historischen Anthropologie des erinnernden Hörens. In: Oesterle, Günter/Schneider, Lothar (Hrsg.), Déjà Vu. München : o. V. S. 289-309. www.peter-matussek.de/Pub/A_47.pdf [Zugriff: 3.12.2009].
Mayerfeld-Bell, Michael (1997). The Ghosts of Place. In: Theory and Society. Nr. 26, S. 813-836.Ricoeur, Paul (2004). Gedächtnis, Geschichte, Vergessen (La Mémoire, l`Histoire, l`obubli). München: Fink
Schäffer, Burkhard (2003). Generationen – Medien – Bildung. Medienpraxiskulturen im Generationenvergleich. Opladen: Leske + Budrich.
Vollbrecht, Ralf (2003). Aufwachsen in Medienwelten. In: Fritz, Karsten/Sting, Stephan/Vollbrecht, Ralf (Hrsg.), Mediensozialisation. Pädagogische Perspektiven des Aufwachsens in Medienwelten. Opladen: Leske + Budrich, S. 13-24.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Anja Hartung-Griemberg
Beitrag als PDFEinzelansichtBrian und Lucie Cranford: Soundchecker
Der Artikel zeichnet die Entwicklung des Soundcheckerprojektes seit seinem Entstehen in einer berufsvorbereitenden Maßnahme im Herbst 2002 nach.Wichtige Stationen sind die Konkretisierung des Konzepts in Form eines Praxishandbuchs und den Ausbau der Kooperation mit verschiedenen Schulen. Der positive Effekt der intensiven Beschäftigung mit Musik auf andere Bereiche wird durch die Erfahrung aus den Projekten belegt. Der Beitrag, den die gemeinsame Musikproduktion zu Integration und interkulturellem Austausch leistet, wird aufgezeigt.
Literatur
de Bruin, Andreas/Cranford, Brian (2006). Musikprojekte für Schule und Jugendarbeit. Neuried: Care-Line Verlag.
de Bruin, Andreas (2007). Musikprojekte im Rahmen beruf licher Bildung und Arbeitsförderung. In: Hill, Burkhard/Josties, Elke (Hrsg.), Jugend, Musik und Soziale Arbeit. Weinheim und München: Juventa Verlag.
Sascha Düx: ROOTS&ROUTES TV
Webvideoplattformen spielen eine immer wichtigere Rolle in jugendlichen Medienwelten. Im Projekt ROOTS&ROUTES TV füllen Jugendliche in sechs nordrhein-westfälischen Städten und in neun europäischen Partnerländern eine eigene Webvideoplattform mit Filmen über Jugendkultur und interkulturelles Zusammenleben in ihren Städten.
Literatur
Düx, Sascha (2008). Jugendmedienarbeit im Web 2.0 – Chronik eines verschleppten Booms. In: MedienConcret, Heft 2008. Köln: JFC-Medienzentrum
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.) (2007). JIM-Studie 2007. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Landesanstalt für Kommunikation
(merz 2008-2, S. 37-40)
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Sascha Düx
Beitrag als PDFEinzelansichtDirk Wagner: Pop und Jugend
Jugendliche und Musik gehören schon immer zusammen. Ob sie gerade die Beatles anhimmeln oder Tokio Hotel, ob sie zu Volksmusik hüpfen oder zu Techno dancen, ob sie vor dem Schallplattenspieler, mit dem Discman oder online in ihrer Musik schwelgen – stets diente und dient Musik zur Abgrenzung, Identitätsf indung oder als Freizeitbeschäftigung. Und stets spiegelt sie Lebensgefühl, Probleme und Wünsche ‚ihrer‘ Generation.
Wolfgang Reißmann: Mehr als Musik
Onlineplattformen wie YouTube und MySpace erweitern die Möglichkeiten Jugendlicher, sich als Musikerin und Musiker bzw. mit und über Musik zu präsentieren. Es werden wichtige Handlungsoptionen vorgestellt und auf Anschlüsse an ‚ältere‘ soziale Praxen hingewiesen. Zudem stelle ich mir die Frage, inwiefern Onlineplattformen Spielregeln nahe legen, die Einfluss auf die Gestaltung musikmedialer Selbstpräsentation nehmen können.
Literatur
Boyd, Danah M. (2008). Taken Out of Context. American Teen Sociality in Networked Publics. Berkeley. www.danah.org/papers/TakenOutOfContext.pdf [Zugriff: 07.12.09]
Eisemann, Christoph (2008). Why do they tube? Aspekte zur Nutzung von Videoplattformen durch Jugendliche und junge Erwachsene. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik, 11, S. 1-7.
Hartung, Anja/Reißmann, Wolfgang/Schorb, Bernd (2009). Musik und Gefühl. Eine Untersuchung zur gefühlsbezogenen Aneignung von Musik im Kindes- und Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung des Hörfunks. Berlin: Vistas.
Jenkins, Henry (2006). Fans, Gamers, and Bloggers. Exploring Participatory Culture. Essays on Participatory Culture. New York: New York University Press.
Münch, Thomas (2006). Sammeln, Tauschen und mehr. Jugendliche Musiknutzer im Netz. In: Vollbrecht, Ralf/Tillmann, Angela (Hrsg.), Abenteuer Cyberspace. Frankfurt/Main: Peter Lang, S. 133-148.
Niesyto, Horst (2002). Medien und Wirklichkeitserfahrung –symbolische Formen und soziale Welt. In: Mikos, Lothar/Neumann, Norbert (Hrsg.), Wechselbeziehungen Medien – Wirklichkeit – Erfahrung. Berlin: Vistas, S. 29-53.
Schmidt, Jan (2009). Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Folgen des Web 2.0. Konstanz: UVK.
Schorb, Bernd/Würfel, Maren/Kießling, Matthias/Keilhauer, Jan (2009). Medienkonvergenz Monitoring Videoplattformen-Report 2009. Leipzig. www.medienkonvergenz-monitoring.de [Zugriff: 07.12.09]
Taylor, Alex S./Harper, Richard (2003). The Gift of the Gab? A Design Oriented Sociology of Young People’s Use of Mobiles. In: Computer Supported Cooperative Work, 12, S. 267-296.
Thomas, Tanja (2008). Körperpraktiken und Selbsttechnologien in einer Medienkultur: Zur gesellschaftstheoretischen Fundierung aktueller Fernsehanalyse. In: Thomas, Tanja (Hrsg.), Medienkultur und soziales Handeln. Wiesbaden: VS Verlag, S. 219-237.
Vogelgesang, Waldemar (2006). Kulturelle und mediale Praxisformen Jugendlicher. In: Hepp, Andreas/Winter, Rainer (Hrsg.), Kultur – Medien – Macht. Cultural Studies und Medienanalyse. Wiesbaden: VS Verlag, S. 439-454.
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2009). Web 2.0 als Rahmen für Selbstdarstellung und Vernetzung Jugendlicher. München. www.jff.de/dateien/Bericht_Web_2.0_Selbstdarstellungen_JFF_2009.pdf [Zugriff: 07.12.09].
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Wolfgang Reißmann
Beitrag als PDFEinzelansichtIwan Pasuchin: Das ‚Intermedium‘ Musik anhand des WeTube-Projektes
Die Tatsache, dass Musik in der medienpädagogischen Praxis bisher stark vernachlässigt wurde, sollte nicht zum Umkehrschluss führen, sich fortan auf die Herstellung rein musikalischer Projekte zu konzentrieren. Hier wird ein Beispiel vorgestellt, wie mit Musik sehr bewusst gearbeitet werden kann, ohne sie aus dem intermedialen Verbund heraus zu lösen.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Iwan Pasuchin
Beitrag als PDFEinzelansichtDirk Wagner: Base Control
Base Control gibt Jugendlichen die Chance, ihr ganz eigenes Radioprogramm zu machen. In ihrer eigenen Sendezeit beim Störfunk können alle interessierten Jugendlichen sich austoben, ihre Musik spielen, ihre Moderationen sprechen und ihr Lebensgefühl vermitteln. So entsteht ein Jugendradio, das auch genau das ist: Programm von Jugendlichen für ihre Peers.
Literatur
Stolzenburg, Elke/Dietsch, Danilo (2005). AFK. In: Bloech, Michael/F iedler, Fabian/Lutz, Klaus (Hrsg.), Junges Radio. Kinder und Jugendliche machen Radio. München: kopaed.
spektrum
Dieter Spanhel: Medienbildung statt Medienkompetenz?
Seit einigen Jahren gibt es in der Medienpädagogik eine Kontroverse um die Begriffe Medienkompetenz und Medienbildung. Schorb möchte diesen für ihn „müßigen Streit“ zu einem Ende bringen. Stattdessen sehe ich in einer vertieften Auseinandersetzung mit den Grundlagen beider Konzepte die Chance für eine Weiterentwicklung der Medienpädagogik. Mit dem Versuch, den Prozess der Medienbildung auf einer systemtheoretischen Grundlage zu beschreiben, möchte ich eine weiterführende Diskussion provozieren.
Literatur
Aufenanger, Stefan (1999). Medienkompetenz oder Medienbildung? Bertelsmann Briefe 1999, H. 142, S. 21-24.
Bateson, Gregory (1990). Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. 2. Auf l. Frankfurt/M.: Suhrkamp.Bertelsmann Stiftung/Evangelisch Stiftisches Gymnasium (Hrsg.) (2001). Medienbildung in der Schule. Das Beispiel des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums in Gütersloh. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Büeler, Xaver (1994). System Erziehung. Ein bio-psycho-soziales Modell. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt.
Ciompi, Luc (1997). Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik. Göttingen.
Faßler, Manfred (2003). Medienanthropologie oder: Plädoyer für eine Kultur- und Sozialanthropologie des Medialen. In: Pirner, Manfred L./Rath, Matthias (Hrsg.), Homo medialis. Perspektiven und Probleme einer Anthropologie der Medien. München: kopaed, S. 31-48.
Euler, Peter (2003). Bildung als kritische Kategorie? In: Zeitschrift für Pädagogik 2003, H. 3, S. 413-421.
Marotzki, Winfried/Jörissen, Benjamin (2008). Medienbildung. In: Sander, Uwe/von Gross,Friederike/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik. Bielefeld: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 100-109.
Meder, Norbert (2007). Theorie der Medienbildung. In: Sesink Werner/Kerres, Michael/Moser Heinz (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 6, Medienpädagogik – Standortbestimmung einer erziehungswissenschaftlichen Disziplin. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 55-73.
Pietraß, Manuela (2006). Mediale Erfahrungswelt und die Bildung Erwachsener. Bielefeld: Bertelsmann.
Spanhel, Dieter (2003). Die Bedeutung anthropologischer bzw. kulturanthropologischer Aspekte für die Medienpädagogik. In: Pirner, Manfred L./Rath, Matthias (Hrsg.), Homo medialis. Perspektiven und Probleme einer Anthropologie der Medien. München: kopaed.
Spanhel, Dieter (2006) (Hrsg.). Medienerziehung. Handbuch Medienpädagogik Bd. 3. München: kopaed.
Theunert, Helga (2005). Medien als Orte informellen Lernens im Prozess des Heranwachsens. In: Sachverständigenkommission 12. Kinder- und Jugendbericht (Hrsg.), Kompetenzerwerb von Kindern und Jugendlichen im Schulalter. Bd. 3, München: Verlag DJI, S. 175-300.
Willke, Helmut (1991). Systemtheorie. 3. Auf l. Stuttgart, New York: Gustav Fischer Verlag.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Dieter Spanhel
Beitrag als PDFEinzelansichtLore Schultz-Wild: Urheberrechte im Internet
Je schneller und leichter der Zugriff auf Daten und Informationen im Internet bei gleichzeitig nahezu uneingeschränkter Verwertungsmöglichkeit des Gefundenen zur Selbstprofilierung, desto heftiger die Diskussion um die Urheberrechte: Hier Aktions-Freiheit für digital natives, dort traditionelle Rechts-Ansprüche der Kreativen – und jenseits von beiden eine „illegale Verbreitungspyramide“. Wo bleibt der Königsweg?
Olivier Steiner und Jasmin Deiss: Exzessiv-User: Nutzungstypen der Social Networking Plattform festzeit.ch
Ein Befragung unter 487 Nutzerinnen und Nutzern der Social Networking Plattform festzeit.ch bringt auffallende Ergebnisse hervor: Es ist eine so hohe durchschnittliche Nutzungsintensität zu verzeichnen, dass es nötig scheint, einen Nutzungstyp „Exzessiv-Userin“ bzw. „Exzessiv-User“ in die Diskussion einzuführen. Dieser lässt sich in seinem Verhalten, aber auch in vielen anderen Faktoren klar abgrenzen und sollte deshalb stärker in den Fokus der Forschung genommen werden.
Literatur
Assael, Henry (2005). A demographic and psychographic profile of heavy internet users and users by type of internet usage. In: Journal of Advertising Research, 45(1), S. 93-123.Boyd, Danah (2007). Why Youth (Heart) Social Network Sites: The Role of Networked Publics in Teenage Social Life. MacArthur Foundation Series on Digital Learning - Youth, Identity, and Digital Media Volume. Cambridge, MA: MIT Press.
Döring, Nicola (2003). Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen: Hogrefe.
festzeit.ch. (2009). Statistiken. [Online verfügbar unter www.festzeit.ch/infos.php; Zugriff: 15.05.2009.].Forschungsdienst SRG SSR (2004). Die Mediennutzung von Kindern in der Schweiz - gemessen und erfragt. Bern: Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR idée suisse. [Online verfügbar unter: www.publisuisse.ch/media/pdf/research/zielgruppen/de/14228 Die_Mediennutzung_von_Kindern_-_SRG_Studie_2004.pdf; Zugriff: 16.07.08.].
Gefter, Amanda (2006). This is your space. In: The New Scientist, 191.2569, S. 46-48.
George, Alison (2006). Things you wouldn't tell your mother. In: The New Scientist, 191(2569), S. 50-51. Gross, Elisheva F. (2004). Adolescent Internet use: What we expect, what teens report. In: Journal of Applied Developmental Psychology, 25(6), S. 633-649.
Heim, Jan/Brandtzæg, Petter Bae/Bertzberg Kaare, Birgit/Endestad, Tor/Torgersen, Leila (2007). Children’s use of media technologies and psychosocial factors. In: New Media & Society, 9(3), S. 425-454.
Hinduja, Sameer/Patchin, Justin W. (2008). Personal information of adolescents on the internet: A quantitative content analysis of MySpace. In: Journal of Adolescence, 31(1), S. 125-146.
Jones, Steve & Madden, Mary (2002). The internet goes to college: How students are living in the future with today’s technology. Washington, DC: Pew internet and American Life Project. [Online verfügbar unter: www.pewinternet.org/PPF/r/71/report_display.asp; Zugriff: 29.05.08.]
Kraut, Robert/Patterson, Michael/Lundmark, Vicki/Kiesler, Sara/Mukophadhyay, Tridas/Scherlis, William (1998). Internet paradox: A social technology that reduces social involvement and psychological well-being? In: American Psychologist, 53(9), S. 1017-1031.
Mössle, Thomas/Kleimann, Matthias/Rehbein, Florian/Pfeiffer, Christian (2006). Mediennutzung, Schulerfolg, Jugendgewalt und die Krise der Jungen. In: ZJJ - Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, 3, S. 295-309.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest MPFS (2007). KIM-Studie 2006. Kinder + Medien, Computer + Internet. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. [Online verfügbar unter: www.mpfs.de/index.php; Zugriff: 10.06.2008.].
National Children’s Home (2005). Putting U in the picture. Mobile bullying survey 2005. NCH. [Online verfügbar unter: www.nch.org.uk/information/index.php; Zugriff: 11.07.2008.].
Oehmichen, Ekkehard/Schroeter, Christian (2007). Zur typologischen Struktur medienübergreifender Nutzungsmuster. Media Perspektiven, 8, S. 406-422.
Smith, Peter/Mahdavi, Jess/Carvalho, Manuel/Tippet, Neil (2006). An investigation into cyberbullying, its forms, awareness and impact, and the relationship between age and gender in cyberbullying: Anti-Bullying Alliance. [Online verfügbar unter: www.anti-bullyingalliance.org.uk/downloads/pdf/cyberbullyingreportfinal230106_000.pdf; Zugriff: 10.03.2008.].
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Autor: Olivier Steiner, Jasmin Deiss
Beitrag als PDFEinzelansichtAnne-Katrin Grebe: World of Warcraft
Warum verbringen so viele Menschen große Teile ihrer Freizeit mit Computerspielen? Was führt die World Of Warcraft- Spieler und -Spielerinnen immer wieder in die virtuelle Welt von Azeroth? Warum kommt es zu einer Abhängigkeit? Diese Fragen tauchen in gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskursen zwar auf, aber die Betroffenen selbst kommen meist nicht zu Wort. Das führt dazu, dass Außenstehende die Gründe für die Computerspielsucht nur schwer oder gar nicht nachvollziehen können. Aus der Perspektive der Spielenden gibt es jedoch Antworten.
Literatur
Bonfadelli, Heinz (2001). Medienwirkungsforschung I. Grundlagen und theoretische Perspektiven. Konstanz: UVK.
Fritz, Jürgen (2008). Spielen in virtuellen Gemeinschaften. In: Quandt, Thorsten/Wimmer, Jeffrey/Wolling, Jens (Hrsg.), Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden: VS Verlag.
Jenderek, Bastian/Wünsch, Carsten (2008). Computerspielen als Unterhaltung. In: Quandt, Thorsten/Wimmer, Jeffrey/Wolling, Jens (Hrsg.), Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden: VS Verlag.
Jöckel, Sven/Seifert, Robert (2008). Die Welt der Kriegskunst. Nutzungsmotivation und Spielerleben im Massively Multiplayer Roleplaying Game World Of Warcraft In: Quandt, Thorsten/Wimmer, Jeffrey/Wolling, Jens (Hrsg.), Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden: VS Verlag.
Schmitz, Tobias (2007). MMORPGS heute und morgen: World od Warcraft forever? In: Lober, Andreas (Hrsg.), Virtuelle Welten werden real. Second Life, World Of Warcraft & Co.: Faszination, Gefahren, Business. Hannover: Heise Zeitschriften Verlag.
Tillman, Angela (2006). Doing Identity: Selbsterzählung und Selbstinszenierung in virtuellen Räumen. In: Tillmann, Angela/Vollbrecht, Ralf (Hrsg.), Abenteuer Cyberspace. Frankfurt: Peter Lang.
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Autor: Anne-Katrin Grebe
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medienreport
Saloua Chaatouf: Wie hört sich deine Welt an?
Die Schranke an einem Bahnübergang schließt sich klackernd, eine Tür wird mit einem leisen Knarren geöffnet, Wasser strömt gluckernd in eine Gieskanne... Diese und zahlreiche andere Geräusche sind auf AUDIYOU zu finden, einer Plattform für Audiofiles. Was auf den ersten Blick wie eine Plattform für Handyklingeltöne anmutet, stellt sich auf den zweiten Blick als eine umfangreiche Fundgrube von Audiodateien heraus – von Geräuschen über Hörspiele, Reportagen und Klingeltöne bis hin zu Themenmusik ist hier alles zu finden, was zur Hörkultur gehört. „...Und wie hört sich deine Welt an?“ ist der Leitspruch der Seite, auf der Internetnutzerinnen und -nutzer sowohl eigene Produktionen ins Netz stellen sowie Veröffentlichungen anderer Userinnen und User herunterladen können.
Unter der Kategorie „Turbo Taxi“ sind Interviews zu hören, die „Turbo Schmidt“ mit verschiedenen Taxifahrerinnen und -fahrern geführt hat. So berichtet etwa ein marokkanisch-stämmiger Mann über seine Integration in Deutschland und seinen Wunsch, ein Fischrestaurant in seiner Heimat zu eröffnen. Ein weiterer Taxifahrer erzählt über seine prominenten Fahrgäste, denen wohl viel daran gelegen ist, auch tatsächlich erkannt zu werden. In der Kategorie „Hörspiel“ können Titel wie „Das Verbrechen im Zirkus“ oder „Ullas Traumstunden“ abgerufen werden. Monatlich wird die Top Ten der Audiofiles nominiert. Ein Team von Soundbegeisterten aus Autorinnen und Autoren, Schülerinnen und Schülern sowie Designerinnen und Designern betreibt die sowohl kostenlose als auch werbefreie Plattform, auf der im Gegensatz zu Portalen wie YouTube alle Inhalte redaktionell geprüft werden.
Das Team hinter AUDIYOU legt viel Wert darauf, Soundpiraterie nicht zu unterstützen. So werden geklaute oder kopierte Stücke aus dem Netz genommen und das Thema Urheberrecht den Nutzerinnen und Nutzern kindgerecht anhand einer Checkliste erklärt. Bei AUDIYOU geht es in erster Linie nicht darum, perfekte Produkte zu veröffentlichen oder herunterzuladen – vielmehr soll die Kreativität und zur produktiven Nutzung des Internets angeregt werden. Die Plattform lässt sich damit auch gut in den Unterricht integrieren, denn wer in der Klasse mit Podcasts arbeitet wird hier einen großen Pool an verwendbaren Tonspuren entdecken. AUDIYOU bietet Kindern und Jugendlichen einen sicheren Rahmen, um Medienkompetenz zu erwerben. Das Layout der Seite ist bunt und besonders für junge Leute ansprechend. Eine ausführliche Anleitung zur Durchführung und eine schnelle Anmeldung erleichtern den Umgang. Ob für Fans oder einfach für den privaten Gebrauch, ein Blick auf die Seite lohnt sich.
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Autor: Saloua Chaatouf
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann P. Gangloff: Fernsehen macht dünn
Fernsehen macht dick, heißt es gern. Bei einer ganz bestimmten Zielgruppe aber erzielt es offenbar auch den gegenteiligen Effekt. Vergleicht man die Zahlen aus den Dr. Sommer-Studien (Bravo) und setzt sie in Bezug zu Germany’s Next Topmodel, liegt die Schlussfolgerung auf der Hand: Seit 2006 ist die Unzufriedenheit junger Frauen mit ihrem Gewicht unübersehbar gestiegen. Genauso lange gibt es die Model-Suche mit Heidi Klum, in deren Show selbstverständlich ein Schönheitsideal propagiert wird, das jenseits der Normalität liegt. Am deutlichsten ist die Entwicklung bei den 16- und 17-Jährigen. 2006 gaben noch 69 Prozent an, mit ihrem Gewicht zufrieden zu sein; drei Jahre später ist es nicht einmal mehr die Hälfte. Dabei sind fast 80 Prozent der befragten Mädchen normalgewichtig. Maya Götz, Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen IZI (München), ist über diese Koinzidenz alles andere als überrascht: „Jugendliche suchen in ihrer Umgebung, aber natürlich auch in den Medien ein ideales Selbst, jemanden, der die gleichen Werte vertritt, vor ähnlichen Herausforderungen steht und sie meistert.“
Diese Vorbilder, ergänzt Medienpädagoge Stefan Aufenanger (Universität Mainz), „dienen im Jugendalter zur Orientierung und zur Identitätsbildung.“ Gerade das Fernsehen spielt in diesem Prozess laut Aufenanger eine zunehmend zentrale Rolle. Tatsächlich ist es längst zum zuverlässigen Lieferanten für Vorbilder geworden: Seit das Medium seine Zuschauer im Jahr 2000 mit Big Brother erstmals selbst zu Stars gemacht hat, finden sich solche Vorbilder verstärkt in verschiedenen Formaten der kommerziellen TV-Sender, allen voran natürlich bei Deutschland sucht den Superstar (RTL). Alltagsmenschen, erläutert Aufenanger, „werden hier zu Leitbildern, dafür müssen sie gar keine großen Stars sein.“ Gleiches gilt natürlich für Germany’s Next Topmodel. Während die Sängersuche immer wieder für Schlagzeilen sorgt, weil Jury-Mitglied Dieter Bohlen talentlose Teilnehmerinnen und Teilnehmer demütigt, hat die Klum-Show möglicherweise konkrete Folgen für den weiblichen Teil der jungen Zielgruppe. Vor allem Mädchen, glaubt Götz, identifizierten sich sehr stark mit den Protagonistinnen: „Was hätte ich an ihrer Stelle getan, wie hätte ich mich verhalten?“, fragten sie sich, wenn die Nachwuchs-Models wieder mal von ihrem strengen Idol kritisiert werden. Gerade während der Pubertät seien Jugendliche „besonders anfällig für Figuren, die eine Leitorientierung geben. Das ist einer der zentralen Gründe für den Erfolg dieser Sendungen. "Während man sich an Bohlen eher reibt, weil man seine Meinung zwar meistens teilt, aber seine allzu direkte Art nicht mag, werden die Urteile von Klum nicht in Frage gestellt. Je jünger die Zuschauerinnen sind, umso mehr gilt die Maxime „Heidi hat immer Recht.“
Eine kaum geringere Rolle im Leben Jugendlicher spielen Daily Soaps wie der RTL-Dauerbrenner Gute Zeiten, schlechte Zeiten oder Telenovelas wie der aktuelle Sat.1-Quotenerfolg Anna und die Liebe mit Jeanette Biedermann, der regelmäßig bis zu 45 Prozent Marktanteile bei Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren hat. Mit Hilfe dieser Serien bauen die jungen Zuschauerinnen und Zuschauer parasoziale Beziehungen auf. Diese emotionalen Bindungen sind sogar noch deutlich stärker als bei den Casting-Shows, schließlich stehen die Soap-Figuren zuverlässig über Jahre hinweg jeden Wochentag zur Verfügung. Dafür genießen die Casting-Shows wegen ihres „Event“-Charakters einen besonderen Stellenwert. Germany’s Next Topmodel ist laut Götz während der Ausstrahlungszeit bei rund 80 Prozent der weiblichen Jugendlichen tägliches Gesprächsthema.
Saloua Chaatouf: Not Welcome
Bilal ist seit drei Monaten auf der Flucht. Über 4.ooo Kilometer hat der 17-jährige Kurde hinter sich gelassen. Zu Fuß. Aus dem Irak, einmal durch ganz Europa und bis zum Ärmelkanal. Nun liegt nur noch eines vor ihm: 34 Kilometer eiskaltes Wasser, das es zu überqueren gilt. Denn auf der anderen Seite wartet Mina, Bilals Freundin und große Liebe, die mit ihren Eltern nach England emigrieren musste und die nun das große Ziel ist, auf das Bilal zuläuft, koste es was es wolle. Liebe, Freundschaft, MigrationEs scheint nichts als eine weitere Geschichte mit dem scheinbar nie aus der Mode kommenden ‚Romeo-und-Julia‘-Motiv zu sein: Bilal und Mina, zwei große Liebende, durch Eltern, Kilometer und Gewässer getrennt, die ihr Leben riskieren, um zusammen zu sein. Und doch ist ihre Geschichte mehr als das. In seinem Film Welcome, der seit 4. Februar 2010 auch in den deutschen Kinos läuft, erzählt Regisseur Philippe Lioret eine tragische Liebesgeschichte, vereint mit einer tragischen Lebensgeschichte. Der Geschichte nämlich von Menschen, die in ein Land wollen, in dem andere sie eben nicht ‚Welcome‘ heißen. Der Geschichte illegaler Einwanderer. Sie kommen mit großen Hoffnungen und viel Mut, wie auch Bilal, der sich vorstellt, in England eine Fußballkarriere zu starten und dort mit seiner Mina zu leben. Doch seine Reise nimmt schon viel früher ein abruptes Ende, als er an der Nordküste Frankreichs in Calais mit mehreren Flüchtlingen in einen Lastwagen klettert, um mit der Fähre über das Meer zu gelangen. Mit einem Plastiksack über dem Kopf sollen die Flüchtlinge sich während der Kontrollen ruhig verhalten, damit sie bei den CO2-Detektoren nicht auffliegen.
Bilal hält es jedoch nicht aus, er bekommt Panik und schließlich werden alle erwischt. Die anderen Flüchtlinge sind wütend und meiden ihn, die Fähre ist abgefahren für den jungen Kurden und doch liegt immer noch der eiskalte und vielbefahrene Ärmelkanal zwischen ihm und der nächstgelegenen englischen Stadt. Kurzentschlossen sucht der Junge das örtliche Hallenbad auf, um Schwimmen zu lernen. Hier trifft er Bademeister Simon, der fortan sein einziger Freund und Mentor wird. Simon ist ein ehemaliger Topschwimmer, der jetzt vom Unterrichten lebt. Vor allem aber ist er einsam, da er in Scheidung lebt, seine Frau Marion aber immer noch liebt und zurückgewinnen möchte. Er ist fasziniert von der Unbedingtheit und dem Mut des Jungen vor ihm – schließlich ist er selbst „nicht einmal über die Straße gegangen“, um seine Ehe zu retten. Und so entspinnt sich eine Freundschaft zwischen dem Mann und dem Jungen, zwischen dem legalen Bewohner und dem illegalen Einwanderer, zwischen dem frisch Verliebten und dem von der Liebe Enttäuschten. Gemeinsam machen sie sich an die Umsetzung ihres Plans, Bilal übt Kraulen und Simon versucht, ihn auf seine gefährliche Reise vorzubereiten.
Sie fahren ans Meer, wo Bilal in Simons Taucheranzug Kälte, Strömungen und nahende Schiffe am eigenen Leib erfahren soll, um sich die Ausmaße seines Vorhabens klar zu machen. Sie verstecken sich vor spitzfindigen Behörden,die Bilal auf den Fersen sind und immer wieder versuchen, ihn ausfindig zu machen und des Landes zu verweisen. Und nebenbei arbeiten sie gemeinsam ihre Liebesnöte und Lebenseinstellungen auf. Selbst die Hiobsbotschaft, dass Mina von ihrem Vater bereits einem Cousin zur Hochzeit versprochen wurde, kann Bilals Entschlossenheit nicht erschüttern – er kämpft bis zum Ende für seinen Traum, auch wenn es ein Traum ist, den viele träumen und wenige leben können.
Ein Fall wie tausend andere?!
Das Leben illegaler Emigrantinnen und Emigranten in Frankreich steht im Mittelpunkt des Films – Liebesgeschichte hin oder her. Für viele Zuschauerinnen und Zuschauer mag dies eine fremde Welt sein. „Und dennoch so nah. Da ist es gut, im Kino das Land zu entdecken, von dem man keine Ahnung hat“, sagt der französische Regisseur Philippe Lioret über die Thematik seines Films. Der Filmemacher ist wochenlang mit seiner Castingdirektorin herumgereist, nach Istanbul, Berlin, London und Schweden, um die richtigen Orte, die richtigen Personen für sein Drama zu finden. Schließlich hat er Firat Ayverdi (Bilal) in Frankreich getroffen, der kein professioneller Schauspieler war und erst überzeugt werden musste, dass er mit seiner Intensität der richtige für die Rolle sei. Auch viele andere Personen der Filmes werden von Laiendarstellerinnen und -darstellern verkörpert, die Lioret auf seiner Reise kennen gelernt und für seinen Film begeistert hat. Keine bekannten Gesichter sind zu finden in Welcome, keine Kassen-Garanten, sondern ‚echte‘ Menschen, authentische Charakterköpfe. Welcome ist ein sensibles, emotionsgeladenes Drama, das das Publikum in eine realistische Thematik taucht. Die Stadt Calais liegt an der schmalsten Stelle des Ärmelkanals, deshalb ist diese seit Jahren die zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge aus aller Welt, die um jeden Preis ins Vereinigte Königreich wollen. Viele Geschichten dort beginnen, enden oder verlaufen – zumindest teilweise – wie Bilals.Welcome ist die Geschichte zweier mutiger Männer, die mit mehr als einem Problem kämpfen: um ihre Frauen, für ihre Freiheit, gegen innere und äußere Zwänge. Die Geschichte zweier Männer, die für einen Traum alles geben und dabei über sich hinaus wachsen. Und die Geschichte so vieler anderer Männer und Frauen mit ahnlichen Träumen, ähnlichen Problemen, ähnlichem Schicksal.
WELCOME
Frankreich, 2009, 115 Minuten
Regie: Philippe Lioret
Darsteller: Vincent Lindon, Firat Ayverdi, Audrey DanaProduktion: Nord-Ouest Films/www.nord-ouest
Filmstart: 4. Februar 2010Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Saloua Chaatouf
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Sprengler: Knobel-Klassiker neu aufgelegt
Käsekästchen, Schiffe versenken, Drei gewinnt: Wer kennt sie nicht, die Klassiker unter den Schülerspielen! Seit unzähligen Generationen werden Stift und Papier gezückt, um mit den kleinen Logikspielen für Abwechslung in Schule und Freizeit zu sorgen. Doch heute haben Block und Bleistift ausgedient, denn dank moderner Technik sind die beliebten Minispiele vermehrt digital verfügbar. So auch für Nintendo DS: Die dtp entertainment AG hat mit Crazy School Games eine Spielesammlung auf den Markt gebracht, die Jung und Alt aus ihrer Schulzeit bekannt sein dürfte. Das für rund 30 Euro erhältliche Nintendo DS-Spiel bietet zehn Minigames mit vielversprechenden Namen wie Code Breaker, Crazy 4 und Pairs. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar: Hier gibt’s kein frisches Spielefutter, sondern altbekannte Klassiker mit neuen Namen. Denn wo einst Schülerinnen und Schüler ihre grauen Zellen bei Master Mind rauchen ließen, trainieren die Kids heute ihr Gehirn bei Code Breaker. Und wer sich in Crazy 4 versuchen will, der tut gut daran, die Regeln von Vier gewinnt zu befolgen.
Hinter Pairs – wie könnte es anders sein – verbirgt sich das gute alte Memory. Und auch Race Track dürfte allen Schülerinnen und Schülern sowie denen, die einmal die Schulbank drücken durften, bekannt vorkommen: Wo sich einst auf einem karierten Blatt Papier imaginäre Autos riskante Kurvenrennen lieferten, manövrieren sich jetzt farbige Flitzer über den Konsolenbildschirm. Doch eigentlich spielt es keine Rolle, ob die Gegnerin oder der Gegner beim Schiffe versenken besiegt wird oder man ihn oder sie in der Seeschlacht absaufen lässt. Denn: Gleich welcher Name, der Spaßfaktor ändert sich nicht. So auch bei den sechs Minispielen, die nicht umgetauft wurden: Das Logikrätsel Sudoku sowie Fünfer Pasch, auch bekannt als Kniffel, und das gute alte Käsekästchen durften, ebenso wie Tic Tac Toe, ihre Namen behalten. Aber egal wie alt oder neu: Die farbenfroh und schnörkellos gestalteten Crazy School Games bieten abwechslungsreichen Knobelspaß, der sich allein oder gemeinsam genießen lässt: Im Mehrspieler-Modus können bis zu vier Crazy- School-Gamerinnen und -Gamer gegeneinander antreten und um die Wette spielen und rätseln.
Eine gute Hilfestellung bieten dabei die übersichtliche Menüführung, die gut strukturierten Tutorials und extra Hilfsfunktionen: Mit ihnen gelingen auch den Jüngeren die Spiele problemlos. Und auch die technische Umsetzung lässt kaum Wünsche offen: Die Steuerung – je nach Vorliebe – mit Touchpen oder Steuerkreuz ist immer möglich. Zudem ermöglichen extra Einstellungen auch Linkshänderinnen und -händern barrierefreies Navigieren. Nur ein kleiner Wermutstropfen bleibt: Crazy Golf lässt sich mitunter nur unpräzise per Touchpen bedienen. Da kann es dann schon passieren, dass der Ball auf seinem Weg ins Ziel ungewollt mit zu viel Schwung in den Hindernissen landet oder heillos übers Ziel hinausschießt. Doch alles in allem bieten die Crazy School Games mit ihren leicht bedienbaren, jeweils nur wenige Minuten dauernden Einzelspielen bereits Kindern ab dem Grundschulalter einen unterhaltsamen Zeitvertreib. Aber auch ältere Kinder und Erwachsene haben jede Menge Spaß an den kurzweiligen Knobeleien, denn unterschiedlich einstellbare Schwierigkeitsstufen machen die Spielchen mitunter auch für erfahrene Denksportlerinnen und Denksportler zu einer harten Nuss. Zu hoffen bleibt nur, dass sich die jüngeren Crazy-School-Gamerinnen und -Gamer durch die Gestaltung des Spielecovers nicht dazu animiert fühlen, ihre Spielkonsole im Unterricht zum Einsatz zu bringen.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Daniela Sprengler
Beitrag als PDFEinzelansichtElisabeth Jäcklein-Kreis: 3, 2, 1 – Sprachgenie?!
Kurs 1 Spanisch 4.0. Langenscheidt. 49.90 € (44,90 € bei Download) ISBN 978-3-468-91102-6.Sprachkurs Plus Anfänger. lex:tra (Cornelsen). 22,95 €. ISBN 978-3-589-01582-5.Softwarekurs für Anfänger. Pons. 44,95 €. ISBN 978-3-12-561278-5.MultiLingua-Sprachkurs Spanisch Intensiv. USM & Max Hueber Verlag. 29.90 €. ISBN 978-3-8032-5006-3.„Hablo español“ (Ich spreche Spanisch), „Jag talar svenska“ (Ich spreche schwedisch) oder vielleicht sogar „我说中文说得很好“ (Wo shio zhongwén shuo de hen hao, Ich spreche Chinesisch) – wer würde so etwas nicht gerne von sich behaupten. Allein, wer die Schule hinter sich gelassen hat, nicht über nützliche Bekannte mit exotischen Muttersprachen verfügt, 30 km Anreise zur nächsten Volkshochschule auf sich nehmen muss und für einsames Durchackern dicker und oft genug wenig ansprechender Bücher nicht den nötigen Fleiß aufbringen kann, dem vergeht bisweilen schnell die Motivation zum eifrigen Sprachenlernen. Den Kopf hängen lassen und sich für den nächsten Urlaub Zeige-Wörterbücher kaufen muss dennoch niemand, denn im digitalisierten Zeitalter gibt es für Multilingualisten in spe zahlreiche verlockende Angebote bei den verschiedenen Verlagen. Und die versprechen wahre Wunder: Zum eloquenten Cosmopoliten in wenigen Monaten und mit einem Aufwand von nur ein paar Minuten pro Tag, direkt am heimischen Computer und mit viel Spaß – das klingt fast zu schön um wahr zu sein. Doch was steckt wirklich dahinter? Linguistische Höchstleistungen oder doch Babylonische Sprachverwirrung?
szukać – suchen: Wo gibt es was?
Auf dem Weg zur digitalen Mehrsprachigkeit wird man im Internet schnell fündig: Langenscheidt, Pons, USM: Überall gibt es Sprache per Mausklick. Von den größeren Verlagen setzt einzig Lex:tra, die Cornelsen Sprach-Marke, auf Tradition und erspart die Qual der (Medien-) Wahl, indem sie nur die Buch-und-Audio-CDVariante anbietet. Bei allen anderen gibt es Linguistik multimedial. Schon auf den ersten Blick fällt die Auswahl des Kurses nicht leicht. Langenscheidt und Pons machen mit großen Kartons in schickem Design auf sich aufmerksam und geben zudem bereits auf der Verpackung stolz damit an, dass ihr Kurs sich am europäischen Referenzrahmen A1 bzw. A2 orientiert. USM dagegen kommt zwar im Verpackungs- und Referenz-Verweigerer-Outfit daher, kostet dafür aber auch nur etwa die Hälfte (ca. 30 € im Vergleich zu 45 bzw. 50 €). Man darf also gespannt sein. Einzig Apple-Besitzerinnen und -Besitzern fällt die Entscheidung leicht: Eine Version für das fruchtige Betriebssystem ist nämlich nur bei Pons integriert. Bei Inbetriebnahme der Programme scheint sich der erste Eindruck fortzusetzen: Nach einer – überall gleichermaßen unkomplizierten – Installation warten Pons und Langenscheidt mit farbenfrohen, kräftig animierten Programmen auf, der Lernstoff scheint einen förmlich anzuspringen und vor Motivation zu triefen. USM dagegen gibt sich bescheiden, präsentiert seine Inhalte im schlichten zweifarbigen Fenster ohne technische und grafische Spielereien aller Art. Der inhaltliche Aufbau allerdings stellt sich recht schnell als sehr einheitlich heraus und erinnert stark an die noch aus Schulbüchern bekannten Sprachlern-Schemata: In zehn bis 18 Lektionen werden der bzw. dem Lernwütigen Dialoge und kurze Texte zum Anhören und selbst Lesen präsentiert, zu denen es dann jeweils Übungen gibt. In den Übungen verstecken sich meist die zu lernenden grammatikalischen oder vokabularen Neuheiten mehr oder weniger offensichtlich. Die Nutzenden werden automatisch durch die Lerneinheiten geführt, Buttons ermöglichen es aber auch, zwischen den Kapiteln und Themen zu springen sowie Gesamtgrammatik und Wortschatz in Pop-up-Fenstern aufzurufen. Damit allerdings haben sich die Gemeinsamkeiten auch schon erledigt.
choisir – auswählen: Wer bietet was?yellow – gelb: Comic-Gewusel und Schulbuch-Familien bei Langenscheidt
Am augenfälligsten unter den Sprachlernprogrammen ist wohl die bekannte Marke mit dem L. Langenscheidt kommt im erstaunlich großen (und erstaunlich teuren), charakteristisch gelben Karton daher und bietet auch auf der CD-ROM Corporate-ID-trächtige Inhalte, die sowohl grafisch als auch technisch anspruchsvoll sind: opulente Gestaltung mit zahlreichen Buttons, Animationen, Soundeffekten, etc. Jede Lerneinheit ist reich bebildert und vertont und auf einer Skala kann der eigene Fortschritt erkannt werden. Sehr hilfreich sind die Grammatik- Zusammenfassungen am Ende jeden Kapitels sowie das zweisprachige Wörterbuch, das sich allerdings in einem zweiten Fenster öffnet und das Programm damit regelmäßig in große Verwirrung stürzt – es muss dann mühsam beruhigt und neu gestartet werden. Überhaupt bringt die technische Raffinesse nicht nur Pluspunkte. Die allzu vielen Spielereien, die sich die Programmierer haben einfallen lassen, machen das Programm leider auch sehr instabil und lassen es oft abstürzen. Auch die sehr bunte Grafik ist zwar nett gemeint, versetzt die ahnungslosen Nutzerinnen und Nutzer aber oft ohne Vorwarnung zurück zu altbekannten Familien aus Schul-Sprach-Büchern und wirkt teilweise etwas überfrachtet, was nicht der Übersichtlichkeit dient, und kitschig. Auch dass nur ein einziger Benutzer bzw. eine Benutzerin für die Software vorgesehen ist, dass der eigene Spielstand eher kryptisch nachvollzogen wird und dass es keine offensichtliche Möglichkeit gibt, bei Aufgaben Sonderzeichen einzugeben, was regelmäßig Fehlerpunkte einbringt, trübt die Lernfreude doch merklich. Wirklich punkten können die Sprachpakete mit dem L aber bei ihrer Ausstattung: Neben der CDROM bietet die gelbe Schatzkiste eine CD mit „Audio-Wortschatztrainer“, der auch auf einen iPod oder mp3-Player übertragen werden kann. Zusätzlich gibt es ein Begleitheft mit allen Dialogtexten und dem Kurswortschatz im Printformat: Jeder Lerntyp kann sich hier also gut bedient fühlen und das Lernen wird vor allem wirklich zeit- und ortsunabhängig. So kann auch eine langweilige Straßenbahnfahrt plötzlich zum kleinen Sprachurlaub werden. Fazit: Ein ambitioniertes,aber noch nicht ganz ausgereiftes Programm für Farb-Fans mit großem Geldbeutel.
verde – grün: Spiel, Spaß und Spannung mit den grünen Punkten von Pons
Einen Schritt weiter auf dem Farbkreis siedelt sich Konkurrent Pons an: Ganz in Grün kommendessen Sprach-Softwarekurse daher. Der Aufbau unterscheidet sich von Langenscheidt kaum, die Gestaltung dafür umso mehr. Pons bietet eine schöne, aber nicht überfrachteteGrafik, ansprechende Bilder und eine einleuchtende Anordnung der Buttons, die das Navigieren zwischen den grünen Punkten denkbar einfach macht. Statt technischer Spielereien gibt es inhaltliche Schmankerl: Wissenswertes und Nützliches über die Lerneinheiten hinaus, wie Sprichwörter oder Anleitungen zum Briefeschreiben, werden immer wieder angeboten.Motivationstiefs aller Art wird mit kurzweiligen Bingo- oder Hangman-Übungen der Kampfangesagt, bei denen Vokabeln und Grammatik fast unbemerkt in die Synapsen rutschen. Dankstabiler Software sind auch die Grammatik- und Wortschatz-Übersichten eine echte Hilfe, da sie stets offen und verfügbar sein können. Und weil sprechen zu zweit irgendwie effektiver ist als alleine, können sich bei den grünen Punkten mehrere Benutzerinnen und Benutzer mit Nicknamesanmelden und gleichzeitig lernen. Beim Wörter-lernen sollte man allerdings schnellsein: Es gibt leider keinen Kapitel-Wortschatz zum Pauken, dafür kann aber der kompletteWortschatz – etwas umständlich über den Internet-Browser – ausgedruckt werden. Großes Manko: Der Audio-Wortschatz wurde in der grünen Variante scheinbar für überflüssig erachtet. Schade für auditive Lerntypen. Auf den Punkt gebracht besticht Pons mit einem wirklich ansprechenden Programm, das jeden inneren Schweinehund zum Schweigen bringt, sich preislich aber nur mit Mühe und Not unter Konkurrent Langenscheidt ansiedelt – trotz etwas weniger Inhalt.
rdeč – rot: Die pragmatische Lösung von USM
Perfektioniert wird das ‚schlicht-aber-zweckmäßig’- System von USM. Konsequent folgt der unauffälligen Verpackung auch ein unauffälliges Programm. Ein zweifarbiges Fenster, ab und an ein schwarz-weißes Bild müssen genügen, schließlich soll der Sprach-Fan sich auf das Wesentliche konzentrieren. Das ist dafür dann überraschend ansprechend: Die ‚Arbeitsfläche’ist zwar schlicht, aber sehr sinnvoll und übersichtlich aufgebaut, was nach dem Farbengewuselanderer Anbieter richtig entspannend sein kann. Die Lerntexte bedienen sich bewährter Sprachlern-Themen, werden aber von Muttersprachlerinnen und -sprachlern gesprochen, was sie anspruchsvoller, aber auch interessanter macht. Die Übungen kommen ohne langes Laden zügig hintereinander, sind nicht weltbewegend aber interessant und bieten direktes Feedback und Vokabeln und Grammatik sind immer hilfreich im Sichtfeld. CD 2 bietet – einzigartig unter den verglichenen Programmen – ein umfassendes Vokabeltraining inklusive Übungs-, Abfrage- und Druck-Funktion. Schade ist allerdings, dass auch hier kein Kapitel-Wortschatz angeboten wird, dass das Wörterbuch nur in eine Richtung (Fremdsprache deutsch) funktioniert und das Programm bisweilen sadistische Züge aufweist und richtige Lösungen penetrant als falsch markiert. Alles in allem aber eine günstige Alternative für pragmatische Lernerinnen und Lerner.
bleu – blau: Die papierne Lex:tra-Variante
Wer bei Cornelsen bzw. dessen Ableger Lex:tra nach Sprachsoftware sucht, wird enttäuscht:„Interaktive Sprachkrimis“ auf Video-DVD sind das höchste der digitalen Gefühle. Stattdessen bekommen Lernwillige ganz klassisch ein Buch mit Audio-CD serviert. Hier können sie Dialogelesen und hören, Grammatik üben und Wortschatz pauken, ganz wie in alten Schulzeiten. Das ist allerdings ansprechend gestaltet und sinnvoll aufgebaut, besticht mit interessanten Übungen,kurzen Kapiteln und optisch gelungener, blau-weißer Gestaltung. Eine durchaus reizvolleAlternative also für Nostalgiker, Computer-Verweigerer, sehr konsequente Lernerinnen undLerner und ganz sparsame (mit 22,95 € ist das blau-weiße Schriftwerk Spitzenreiter im Preisvergleich) Käuferinnen und Käufer.
decidirse – entscheiden: Der Königsweg zur neuen Sprache
Natürlich stellen die vorgestellten Programme lediglich einen Ausschnitt der Produktpalettevor: Von Terzio über RosettaStone bis Nintendo findet man mit etwas Recherche Lernsoftware in Hülle und Fülle. Sie alle sind ambitioniert und bieten bereits eine sinnvolle und attraktive Alternative zu vhs und dicken Wälzern, aber keine erfindet das Rad neu. Dennoch sollte man sich vor dem Kauf klar machen, dass es Unterschiede gibt. Soll das Lernen vor allem Spaß machen oder vor allem schnell gehen? Entscheidet der Geldbeutel mit oder das genutzte Betriebssystem? Muss ein Referenzrahmen der Europäischen Sprachzertifikate her oder soll die Sprache nur den Urlaub erleichtern? Solcherlei Fragen müssen einer Kaufentscheidung unbedingt vorausgehen, wenn am Ende „grand enthousiasme“stehen soll und nicht „big disappointment“.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
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publikationen
Schorb, Bernd/Hartung, Anja/Reißmann, Wolfgang (Hrsg.) (2009). Medien und höheres Lebensalter. Theorie – Forschung – Praxis. Wiesbaden: VS Verlag. 414 S., 39,90 €.
Mehr Silversurfer braucht das Land?
Passive Medienverweigerer oder kaufkräftige Zielgruppe? ‚Silver Surfer’, ‚best-ager’ oder dochhauptsächlich ‚Off liner’? Wenn es um ältere Menschen – und deren Mediennutzungsverhalten – geht, gibt es scheinbar so viele Meinungen wie Möglichkeiten. Einerseits scheinen sie in der Mediennutzung völlig außen vor zu sein und werden von vielen Angeboten sowie Forscherinnen und Forschern rundweg ignoriert – zugleich scheinen diverse Angebote sich zum Ziel gesetzt zu haben, das Mediennutzungsverhalten älterer Menschen partout dem der jüngeren Generation zu assimilieren und sie so als kaufkräftige Rezipientinnen und Rezipienten zu gewinnen. Allein, was in jedem Fall fehlt ist ein wirklich differenziertes Wissen über Mediennutzung und -vorlieben dieser Personengruppe und dementsprechend ein authentischer und sinnvoller Umgang mit ihnen. Während dieses Manko lange Zeit scheinbar im toten Winkel von Medienforscherinnen und -forschern sowie -expertinnen und -experten lag und Medienschaffende eher popularistischen Meinungen über die Zielgruppe ‚50plusser’ folgten, gibt es mittlerweile vermehrt Bemühungen, auch diese Personen – die schließlich ein Gutteil unserer Gesellschaft ausmachen – genauer in den Blick zu nehmen.
So gibt es aktuell etwa im VS Verlag den Titel „Medien und höheres Lebensalter“, bei Vistas beschäftigt sich Band 20 der TLM Schriftenreihe mit „Alter(n) und Medien“. Mit 122 Seiten kommt der TLM-Band dabei eindeutig schmaler daher, konzentriert sich auch ‚nur’ auf eine Studie: Im Auftrag der Thüringer Landesmedienanstalt TLM hat ein Forscherteam um Professor Bernd Schorb 2008 ein Forschungsprojekt zum Thema „Alter und Medien“ gestartet. Im Rahmen dieser Pilotstudie wurden 25 Frauen und Männer zwischen 60 und 83 Jahren gebeten, Medientagebücher zu führen, und anschließend in Leitfadeninterviews zu ihrer Mediennutzung befragt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im vorliegenden Buch auf der Basis des Problemhorizontes und des bisherigen – eher mangelhaften – theoretischen und empirischen Kenntnisstandes vorgestellt. Dabei geben die Autorinnen und Autoren einen umfassenden Überblick über das Vorkommen älterer Menschen in Medien und Forschung. Sie zeigen auf, wie diese chronisch vernachlässigte Personengruppe stets als zu wenig aktiv verschrien und zugleich mit einem ‚Jugendzwang’ belegt und von der Gesellschaft mehr mitgeschleppt als verstanden und akzeptiert wird. Darauf aufbauend widmet sich die durchgeführte Studie dem tatsächlichen Medienhandeln Älterer. Sie zeigt deren Medienhandlungsmuster und -motive auf und verweist dabei vor allem auf sechs Aneignungsstrategien: Orientierung an Gewohnheiten, expertenwissenbezogene Selektion, intellektuell-ästhetische Selektion, schöpferischkreatives Medienhandeln, aus sozialen Bindungenhervorgehendes Medienhandeln sowie Unterhaltungssuche. Vor allem aber zeigt die Studie, dass das Medienhandeln von Seniorinnen und Senioren stark differiert, von Lebenseinstellungen, sozialem Umfeld, Interessen und äußeren Einflüssen geprägt und keinesfalls über einen Kamm zu scheren ist.
Dementsprechend plädieren die Autorinnen und Autoren im abschließenden Ausblick auch nachdrücklich für eine stärker perspektivübergreifende Forschung auf diesem Gebiet und Praxis-Angebote, die ältere Menschen als Subjekte in den Blick nehmen, statt sie unhinterfragt als uniforme, defizitäre ‚Problemgruppe’ zu behandeln.Gesagt – getan, relativ zeitgleich präsentieren Bernd Schorb, Anja Hartung und Wolfgang Reißmann (die gemeinsam mit Daniela Küllertz ja für die Studie verantwortlich zeichnen) sich auch als Herausgeber des Buches „Medien und Lebensalter. Theorie – Forschung – Praxis“. In dem 414 Seiten starken Werk wird das Thema ‚Alter und Medien’ von insgesamt 38 Autorinnen und Autoren aus den unterschiedlichen Fachrichtungen aufgegriffen und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Der „explorierende Ein- und Überblick“ in/über das noch weitgehend unerforschte Feld richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, an Studierende, aber auch an Pädagoginnen und Pädagogen sowie Medienschaffende und bietet theoretische, empirische und praktische Sichtweisen aus den verschiedenen Disziplinen. Theoretische und praktische Artikel, Texte aus Deutschland, aus Europa und aus Amerika, Artikel über Lesen und Musik, Kino und Fernsehen, Computer und Internet bilden gemeinsam ein umfassendes Gesamtwerk, in dem kaum ein Aspekt des – zugegebenermaßen recht allgemein gefassten – Themas unerwähnt bleibt.
Das Buch gliedert sich in die Abschnitte „Ansätze einer medienbezogenen Alter(n)sforschung“, „Ergebnisse und Perspektiveneiner alter(n)sbezogenen Medienforschung“ und „Medienkompetenz und höheres Lebensalter“ und bewegt sich dabei inhaltlich von einer theoretischen zu einer immer praktischeren Ebene. Während der erste Teil hauptsächlich theoretische Ansätze verschiedener Forschungsrichtungen aufzeigt, werden im zweiten bereits Studienergebnisse vorgestellt und der dritte Teil schließlich widmet sich ganz diversen Praxismodellen. Freilich bleiben bei der vergleichenden Lektüre beider Bücher Parallelen und Wiederholungen nicht aus. Redundant ist dennoch keines: Wer einen umfassenden Einblick in ein neues Themengebiet will und sich eingehend informieren möchte, ohne dabei aus alles Ecken der Forschungs-Bibliothek Bücher zusammentragen zu müssen, ist mit „Medien und höheres Lebensalter“ gut beraten, „Alter(n) und Medien“ bietet für Weiter-Leser und -Leserinnen oder Empirie-Fans eine interessante Studie.
Feilitzen, Cecilia von (2009). Influences of Mediated Violence: A Brief Research Summary. Göteborg: Nordicom. 63 S., 5 €.
Forscherinnen und Forscher des International Clearinghouse on Children, Youth and Media haben eine Zusammenfassung der Forschung zum Einfluss medialer Gewalt vorgelegt. Insgesamt überwiegen Arbeiten, die sich mit der Wirkung physischer medialer Gewalt in fiktionalen Filmen oder Programmen beschäftigen, zu symbolischer Gewalt oder Gewalt in Nachrichten gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse, was ein Überdenken des gängigen Begriffs ‚mediale Gewalt’ nahe legt. Gewalt in Film und Fernsehen, Computerspielen, Internet und Handy werden sowohl aus der Medienperspektive sowie aus der Nutzerperspektive betrachtet. Insgesamt überwiegen deutlich die Studien zu Film und Fernsehen. Demnach kann mediale Gewalt hier gerade bei jüngeren Kindern zur Imitation führen. Allerdings ist die Phase der Nachahmung nur sehr kurz. Zudem ist mediale Gewalt nicht als ausschlaggebender Grund für Gewalt in der Gesellschaft herauszukristallisieren, wenn sie auch nicht ohne Einfluss ist: Sie trägt vielmehr indirekt in Interaktion mit signifikanten Eindrücken aus der Realität zu gesteigerter Aggression bei. Insgesamt lässt sich eine reziproke Beziehung zwischen filmischer Gewalt und Aggression feststellen, das heißt, bereits aggressive Kinder fühlen sich von medialer Gewalt angezogen, zugleich bekräftigt mediale Gewalt vorhandene Aggression.
Kinder, die ein gutes Verhältnis zu Eltern, Peergroup et cetera haben und in einem gewaltfreien Umfeld leben, sind weniger gefährdet, durch Medien aggressiv zu werden. Zudem hängt der Einfluss medialer Gewalt auch davon ab, ob die Gewalt im Film gerechtfertigt scheint und folgenlos für die Ausübenden bleibt. So erhöht in der Regel lediglich Gewalt, die als ‚fair’ und gerechtfertigt wahrgenommen wird, das Aggressionspotenzial. Sobald mediale Gewalt mit eigenen Erfahrungen in Verbindung gesetzt werden kann, löst sie Angst aus. Diese ist generell bei fiktionalen Inhalten größer, außer Kinder verbinden etwa brutale Nachrichtenmeldungen mit ihren Erfahrungen. Auch die These der Gewöhnung an Gewalt durch häufigen Konsum wird von einigen Studien gestützt. Aus der Nutzerperspektive betrachtet zeigt sich, dass viele Rezipienten mediale Gewalt in Film und Fernsehen als Ausgleich zu ihrem als langweilig empfundenen Leben konsumieren. Neben diesem Motiv wird auch die Identitätssuche und Gruppenzugehörigkeit genannt. Das Rezipieren gewalthaltiger Filme etwa dient dazu, sich in die entsprechenden Genderrollen einzufügen oder die eigene Stellung innerhalb einer Gruppe zu behaupten.
Die Erkenntnisse der Forschung zu Gewalt in Film und Fernsehen lassen sich nun nicht ohne Weiteres auf Computerspiele, Internet und Handy übertragen. Bei Computerspielen etwa hat die Interaktivität einen besonderen Einfluss – einige Studien legen die Vermutung nahe, dass durch das direkte Partizipieren und den Spaß an einem Spiel die Desensibilisierung durch Spiele größer ist als durch Filme und Fernsehen; das vor allem auch, da in Spielen Gewalt häufiger gerechtfertigt erscheint und in der Regel nicht oder selten bestraft wird.
Sohns, Jan-Arne/Utikal, Rüdiger (Hrsg.) (2009). Popkultur trifft Schule. Bausteine für eine neue Medienerziehung. (Beltz Medienpädagogik) Weinheim/Basel: Beltz. 286 S., 19,95 €
Popkultur – dazu zählen nicht nur triviale Produktionen, sondern auch komplexe Werke. Dasist der Ausgangspunkt der Herausgeber. Wie sich komplexe Werke für den Schulunterricht aufbereiten lassen: Darum soll es gehen. Ziel ist eine „Pädagogik der Popkultur“ für die Praxis. Insofern die Neuen Medien, vermittelt über die Lebenswelten von Jugendlichen, eine besondere Rolle spielen, sei sie zugleich Medienpädagogik. Denn sie verfolgt über Didaktisches hinaus eine Orientierung des Handelns, mithin Medienerziehung. Beide Herausgeber unterrichten an Gymnasien, und verfügen über Unterrichtserfahrung mit popkulturellen Themen. So sei das Buch ausgehend von der Unterrichtspraxis konzipiert. Neben Lehrerinnen und Lehrern haben auch Expertinnen und Experten aus Literatur, Film, Fernsehen, Musik und der Computerwelt sowohl wissenschaftliche als auch praktische Beiträge beigesteuert.
Die Herausgeber bedauern ein Defizit der Schule in Sachen Popkultur. Gerade ein nicht triviales Segment der Popkultur eigne sich als Gegenstand des Unterrichts und habe seine eigene Berechtigung. Nach dem „Bildungspotenzial“ dieses Segments der Popkultur soll der Band fragen. Die Herausgeber haben dabei eine „Verbesserung der ‚kulturellen Kompetenz‘“ im Blick. Das betrifft sowohl die Rezeption als auch die Produktion. Nach einer Einleitung gliedert sich der Band in zwei Teile, von denen jeder neun Beiträge umfasst. Der erste Teil gilt „Positionen der Kulturpraxis“, der zweite solchen der „Bildungspraxis“ – dieser ist der deutlich umfangreichere. Aber schon der erste Teil steht gleichsam im Dienste des zweiten: Er soll aus der Sicht von Wissenschaft, Publizistik und Kunst Grundlagen für den Unterricht anbieten. Der zweite Teil gilt dann explizit den Ansätzen aus Pädagogik und Didaktik, die an Beispielen dargestellt werden. Themen des ersten Teils sind etwa die pädagogische Förderung der Selbstbestimmung Jugendlicher gegenüber Markenkonsum und Werbung, die kritische Rekonstruktion von Geschlechterstereotypen in Computerspielen und pädagogische Konzepte mit Blick auf die durch Migration entstandenen neuen Varianten der Populärkultur. Zum Schluss dieses Teils erhalten „Popkultur-Schaffende“ selbst das Wort. Teil zwei beginnt mit einer allgemein-didaktischen Betrachtung von möglichen Bildungsgehalten populärer Kultur.
In den folgenden Artikeln geht es um popkulturellen Literaturunterricht, um den Einbezug von populärer Musik und von Spielfilmen in den Unterricht sowie um die Eignung von Computerspielen als interaktive Lernumgebungen. Konkret zeigen dann weitere Beiträge an Beispielen fachbezogene Möglichkeiten: an einem popkulturellen Roman für den Literaturunterricht; an ausgewählten Schlagern für den Geschichtsunterricht; an bestimmten Fernsehserien für den Englischunterricht. Der Gesamteindruck trifft das, was der Einbandrückentext „eine bunt gemischte Riege an Beiträgern“ und Texten nennt. Besonders interessant sind die Beiträge der beiden Herausgeber, weil sie bereits erprobte Unterrichtseinheiten vorstellen. Hüten sollte man sich allerdings vor dem Verdacht, popkulturelle Elemente als Mittel für andere Zwecke zu verwenden: etwa „als trojanische Pferde“, um Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Es fällt auf, dass innerhalb des Bedeutungsspektrums von Popkultur die Seite der Produktionen ein stärkeres Gewicht hat, weniger die des alltagsnahen Gebrauchs durch die Rezipientinnen und Rezipienten. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis aus dem popjournalistischen Projekt, bei dem die meisten Schülerinnen und Schüler „mit Ablehnung“ reagierten, als sie gefragt wurden, ob „ihre persönlichen popkulturellen Vorlieben im Unterricht mehr Raum bekommen“ sollten. Allerdings sollte man dieses Ergebnis bei der doch willkürlichen Stichprobe nicht überbewerten. Insgesamt kann das Buch als Ermutigung gelten für Lehrende, die popkulturelle Themen gerne in den Unterricht integrieren würden. Die breite Streuung ermöglicht es, dass Lehrerinnen und Lehrer mit den verschiedensten Fächern Anknüpfungen finden. Das Buch dürfte weniger zum kompletten Lesedurchgang einladen als vielmehr zum lustvollen Schmökern.
Szillat, Antje (2009). Rache@. Neureichenau: Edition Zweihorn in Kooperation mit Lehrer-online. 142 S., 6,95 €. Unterrichtsmaterialien für die 6. bis 10. Klasse zum Buch: Szillat, Antje (2009). Rache@. Neureichenau: Edition Zweihorn, 62 S.,
Ben geht in die achte Klasse eines Gymnasiums in einer Kleinstadt. Und er geht ungern. Denn Ben ist ein Außenseiter, der von seinen Klassenkameraden wie Luft behandelt wird – wenn er Glück hat. An glücklosen Tagen wird er von Johannes und dessen Clique tyrannisiert und gemobbt. Und auch Herr Seidel, der unbeliebte Mathematiklehrer, scheint es auf Ben abgesehen zu haben. Seinen einzigen Freund in der Klasse findet Ben in Marcel, einem verschlossenen, sonderbaren Jungen, der vor einem Jahr seinen Vater verlor. Marcel schafft es sogar, dass Johannes Ben in Frieden lässt, unter anderem durch ein paar gekonnt gestreute Gerüchte in einer Online-Community. Als sich Ben wieder durch die spitzen Worte des Mathematiklehrers Seidel angegriffen sieht, der im gleichen Atemzug auch noch Marcel, der nicht zum Unterricht erschienen war, als einzige Krankheit dessen „Blödheit“ bescheinigt, hecken die beiden Freunde einen Racheplan aus, der sich gewaschen hat. Ganz schnell macht die fingierte Kontaktanzeige, die Herrn Seidel eine Schwäche für „junge Dinger mit blonden Zöpfen“ bescheinigt, von Handy zu Handy die Runde auf dem Schulhof. Blöd nur, dass der junge Sozialpädagoge Justus Brand schließlich ein Handy konfisziert und die Sache auffliegt! Ben bekommt es mit der Angst und dem schlechten Gewissen zu tun – aber zu seinem Glück kann der ursprüngliche Absender nicht ermittelt werden.
Umso größer ist der Schock, als Ben von dem diffamierenden Handyvideo über Herrn Seidel erfährt, das auf eine Interplattform gestellt wurde. Er hatte den zweiten Teil des „Seidel-Vernichtungsplans“ ganz vergessen und nun war er von Marcel in die Tat umgesetzt worden – und Ben ist mitschuldig! Als die Schule mit dem Problem an die Öffentlichkeit geht, vertraut er sich schließlich dem Sozialpädagogen Brandt an. Marcel und Ben werden von der Schule suspendiert und Ben erlebt zu Hause ein ordentliches Donnerwetter. Dennoch ist er froh – endlich ist es vorbei. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass für Marcel die Geschichte noch nicht vorbei ist! Denn der schwört Rache an Justus Brandt, der sie seiner Meinung nach alle verraten hat. Und Ben soll den Sozialpädagogen in die Falle, eine alte Fabrikhalle,locken, in der Marcel auf sein Opfer warten will. Ben fühlt sich in Marcels Schuld, schließlich hatteder die Verantwortung für das Handyvideo auf sich genommen. So bestellt Ben Justus Brandtzu der Halle. Doch mit der angeblichen Schreckschusspistole, die Marcel dem schockierten Benzeigt, geht Marcel nun wirklich zu weit! Ben muss Brandt warnen, bevor es zu spät ist ...Antje Szillat schildert in Rache@ einfühlsam und dennoch drastisch, wie es in Ben aussieht, der als Außenseiter selbst Opfer von Mobbingattacken ist. Aber sie schafft es auch, das Seelenleben von Marcel zu beleuchten und so klar zu machen, wie aus einem mehr oder weniger ‚harmlosen Scherz’ eine nahezu unaufhaltbare Lawine erwächst, die nicht nur die Opfer unter sich zu begraben droht, sondern auch den Tätern gefährlich nahe kommt. Überhaupt wird deutlich, dass die Frage nach Opfer oder Täter schwer zu beantworten ist. Schließlich hat niemand der Lehrerinnen und Lehrer Marcels Verzweiflung über den Tod des Vaters und seine anschließende Veränderung erkannt, und auch Ben scheint trotz der Bemühungen seiner Eltern recht alleingelassen, besonders mit der Wut über die ungerechte Behandlung durch den Mathematiklehrer und die Klassenkameraden.
Vielleicht hätten es in Rache@ etwas weniger drastische Mittel auch getan – das Problem von Mobbing allgemein und Cyberbullying im Speziellen ist ohnehin ernst genug, da ist es vielleicht etwas viel des Guten, den verzweifelten Marcel zur Waffe greifen zu lassen, die der Großvater nachlässig offen zugänglich aufbewahrt – obwohl die Amokläufe der letzten Jahre natürlich auch zeigen, dass dieser Gedanke nicht aus der Luft gegriffen ist. Insgesamt ist Rache@ aber ein gelungenes, ein wichtiges Buch, das auch die Hilflosigkeit von Eltern und Schulen im Umgang mit dem Problem und so den Handlungsbedarf verdeutlicht. Die Unterrichtsmaterialien zum Buch bieten zudem einige Anregungen zum Umgang mit dem Thema im Unterricht. Gerade durch Schilderungen realer Mobbing-Opfer und -Täter erhält das Material die nötige Authentizität und regt zum Nachdenken an. Allerdings sind die Arbeitsblätter für die zehnte Klasse wohl weniger geeignet als für niedrigere Klassenstufen, zumal ab und an der pädagogische Zeigefinger etwas zu deutlich erhoben wird.
Reichertz, Jo (2009). Kommunikationsmacht. Was ist Kommunikation und was vermag sie? Und weshalb vermag sie das? Wiesbaden: VS Verlag. 267 S., 24,90 €.
Ob am eigenen Leib erfahren oder als weitverbreitete Grundregel akzeptiert, wer kennt nicht Watzlawicks berühmte Erkenntnis, dass man nicht nicht kommunizieren kann? Jo Reichertz, Professor für Kommunikationswissenschaft und Experte im Bereich der hermeneutischen Wissenssoziologie, entwickelt diesen Gedanken zur kommunikativen Interaktion in seinem Lehrbuch Kommunikationsmacht weiter. Den Autor interessiert nicht, wie es dazu kommt, dass Dinge, die ausgesprochen werden, verstanden und ausgeführt werden. Vielmehr liegt sein Augenmerk darauf, wie es dazu kommen kann, dass gesagte, aber auch ungesagte Worte so große Wirkung und Macht haben können, wenn keine Sanktionen angedroht werden und Herrschaft und Charisma keine Rolle spielen. Dies beinhaltet die Frage, welchen Einflüssen Kommunikation eigentlich unterlegen ist. Das Buch ist in zwölf Kapitel eingeteilt und richtet sich an Interessierte aus Politik, Gesellschaft und Medien, Kulturwissenschaft, Philosophie, Psychologie und Soziologie. Mit praktischen Beispielen wird bereits im ersten Kapitel Interesse geweckt, die Vielfalt der Kommunikation genauer zu betrachten. In verständlicher Sprache nimmt Jo Reichertz
Kommunikationstrainings, Rhetorik und allgegenwärtige Grundannahmen der Kommunikation
kritisch unter die Lupe. Aber auch Kommunikationswissenschaft, Kommunikationsforschung und Sozialforschung werden strukturiert und anschaulich erklärt, um deren Bedeutung für das Verstehen und Anwenden kommunikativen Verhaltens zu veranschaulichen. Der allgegenwärtige Begriff der Kommunikation wird genau analysiert, hinterfragt und nicht isoliert betrachtet. Reichertz‘ zentrales Interesse bleibt dabei die Untersuchung, Beschreibung und Erklärung von der Wirkung und Macht der Sprache. Exemplarische Fallstudien, historische Rekonstruktionen, strukturierte Überlegungen und zeitdiagnostische Analysen sollen als Werkzeug dienen. Kommunikation wird in diesem Buch als ein mentales und soziales Phänomen beschrieben und kann somit nicht allein auf das gesprochene bzw. gehörte Wort reduziert werden. Auch die Begriffe Wirkung und Macht können nicht einzeln betrachtet werden. So wird unter anderem die Bedeutung der Identität im Prozess der Kommunikation in den Vordergrund gerückt. Jo Reichertz fordert eine gewisse Selbstreflexion bei der Betrachtung von Kommunikationsverhalten. Dies impliziert wiederum eine Hinterfragung bestehender Strukturen und Verhaltensweisen und kann dazu beitragen, Kommunikationsmacht zu nutzen oder sich gegen sie zu wehren.
Clement, Michel/Blömeke, Eva/Sambeth, Frank (Hrsg.) (2009). Ökonomie der Buchindustrie. Herausforderungen in der Buchbranche erfolgreich managen. Wiesbaden: Gabler. 300 S., 49,90 €.
Das Medium Buch in Zeiten des Internets als Verlierer abzustempeln, der schlicht nicht mit den Reizen des Netzes mithalten kann, ist sicherlich falsch. Obwohl die Zahl der ‚Onliner‘ steigt, nimmt auch die Anzahl der Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt stetig zu.Michel Clement, Eva Blömeke und Frank Sambeth haben Artikel verschiedener Autorinnenund Autoren zusammengetragen, welche versuchen, aus Sicht der Praxis die Buchindustrie zu erklären. Zunächst stellen die Herausgeberin und die Herausgeber selbst die Herausforderungenin der Buchbranche vor. Neben den traditionellen Anforderungen wie der langfristigen Sicherung des Lesemarktes und der mittelfristigen Konkurrenz durch andere Freizeitalternativen gilt es demnach jetzt auch die durch neue Technologien, veränderte Kundenbedürfnisse, neue Geschäftsmodelle und Wettbewerber entstandenen Aufgaben zu meistern.
Das Buch wird sich, so die These, auch inZukunft einiger Wertschätzung erfreuen. Lediglich wer es erstellt, produziert und vermarktet bleibt zu beantworten, da sich die Buchindustrie erheblich verändern wird. Übersichtlich und mit einigenBeispielen aus der Praxis sowie Hintergrundinformationen untermalt folgt eine umfassende ökonomische Analyse der Buchbranche. Wie entwickelt sich der Markt und wie ist es um den Wettbewerb bestellt? Kann man bei der Buchindustrie, die durch die Buchpreisbindung und den reduzierten Mehrwertsteuersatz gerne als gut kalkulierbares Geschäft bezeichnet wird, von Wettbewerb sprechen? Die Beiträge der verschiedenen Autorinnen und Autoren verdeutlichen dasSpannungsverhältnis zwischen dem Buch als kulturelles Gut und dem Druck, in erster Liniewirtschaftlich sein zu müssen. Der zweite Teil des Bandes widmet sich ganz dem Managementvon Büchern, stets mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen, denen sich die Buchindustrie wird stellen müssen. Wie sieht das Preismanagement aus, gibt es ein Markenmanagement und was macht den Vertrieb und den Handel mit Büchern besonders?
Der letzte Teil befasst sich ganz mit dem Thema der möglichen Innovationen in der Buchbranche. Von neuen Technologien über die Möglichkeit des Online-Vertriebs und der Online-Distribution digitaler Bücher bis hin zu Print on Demand – die Buchindustrie befindet sich im Umbruch. Zwar besticht das Werk durch gut recherchierte, meist stimmige Beiträge und verschafft einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Hintergründe der Buchindustrie, doch das Fehlen eines Stichwortverzeichnisses, Gesamtfazits und gelegentliche beim Redigieren übersehene formale Fehler machen es als Arbeitswerkzeugnur bedingt empfehlenswert. Den einzelnen Beiträgen sind keine Schlagworte zugeordnet, so dass es schwer fällt, einen Begriff wie „Long-Tail-Effekt“ oder die genaue Bedeutung von „Crowdsourcing“ mal eben nachzuschlagen. Was schade ist, denn meist findet sich in den Beiträgen eine nützliche Definition. Consultans und Führungskräfte aus der Buchbranche sind dennoch mit demWerk gut beraten, ebenso wie etwa Dozentinnen und Dozenten an Hochschulen. Für Studentinnenund Studenten mag es auch durchaus interessante Blickwinkel eröffnen, ist aber kein allzu geeignetes Werkzeug, es sei denn, die Studierenden verfügen bereits über die nötigen Hintergrundinformationen, so dass ein schnelles Finden von Definitionen und Begriffsklärungen nicht essenziell ist.
Paus-Hasebrink, Ingrid/Bichler, Michelle (2008). Mediensozialisationsforschung. Theoretische Fundierung und Fallbeispiel sozial benachteiligter Kinder. Innsbruck: Studienverlag. 394 S., 34,90 €.
Timo wäre gerne ein Pokémon, Gregor macht bei SpongeBob so schnell keiner etwas vor und Olivia wäre manchmal gerne wirklich eine Bewohnerin von Lazy Town – es sind gerade die Fallbeispiele, die die umfassende Publikation der Autorinnen so eindringlich machen. Ziel der Studie ist die Beschreibung der mit dem sozialen Wandel einhergehenden sozialisatorischen Bedingungen speziell für Kinder in sozial schwächeren bzw. anregungsärmeren Milieus sowie das Aufzeigen der Bedeutung dieser Bedingungen für den Prozess der Sozialisation. In welchem Verhältnis stehen die Medien zu anderen Sozialisationsagenten wie etwa der Familie und welche Relevanz haben Medien bei der Identitätskonstruktion, dem Aufbau von Wissen und der Wertevermittlung? Logisch aufgebaut wird zuerst das theoretische Fundament gelegt, wobei besonders gesellschaftliche Veränderungsaspekte und Kindheit im Kontext von Gesellschaft, Medien und Familie beachtet werden.
Das Augenmerk liegt dabei auf zentralen Modernisierungsphänomenen als Motor sozialer und medialer Wandlungsprozesse. Im zweiten Teil der Veröffentlichung stellen die Autorinnen den aktuellen Stand der Forschung zur Rolle der Medien im Alltag von Kindern mit Blick auf sozial benachteiligte Milieus vor und diskutieren die Ergebnisse. Insgesamt ist festzustellen, dass die Forschung diesem Bereich bis jetzt nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt hat. Den Hauptteil des Werkes macht schließlich die qualitative Panelstudie zum Umgang sozial benachteiligter Kinder mit Medien aus, die in 20 Familien aus sozial schwächeren Milieus über drei Jahre hinweg durchgeführt wurde. Von der Zielsetzung, den methodischen Grundlagen der Untersuchung bis hin zu einer Analyse der Sozialisationsphasen und der Rolle der Sozialisationsagenten wird nahezu jeder Schritt der Studie deutlich.
Neun Fallbeispiele geben schließlich einen guten Einblick in die praktische Vorgehensweise und nicht zuletzt in die Familien und das Leben der Kinder selbst. Die Autorinnen haben ein Werk vorgelegt, das kaum etwas zu wünschen übrig lässt. Die theoretischen Grundlagen sind fundiert und umfassend dargelegt, ohne sich aber in extremer Detailliebe zu verlieren. Für Medienwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Medienpädagoginnen und -pädagogen sowie Studierende bietet die Publikation eine enorme Menge an Information, die dank des angenehmen Schreibstils der Autorinnen auch gut lesbar ist. Zudem zeigt nicht zuletzt der Blick der Autorinnen in die vorhandenen Forschungsergebnisse, dass es an der Zeit war, diese Richtung einzuschlagen.
Schreiner, Kurt (Hrsg.) (2009). Erfolgreich unterrichten. Münster: Daedalus Verlag Joachim Herbst, 160 S., 16,80 Euro
„Alle wollen den guten Lehrer“, diesen Wunsch haben Kinder und Jugendliche seit jeher. Doch was macht eine gute Lehrkraft aus? Inwieweit ist die Lehrperson auch Erzieherin oder Erzieher? Welche Voraussetzungen sind für die Professionalität notwendig? Kurt Schreiner ermuntert in seinem Werk Erfolgreich unterrichten in erster Linie unerfahrene Lehrerinnen und Lehrer,kompetenter zu werden. Das Buch ist kein Ratgeber im klassischen Sinn, es ist vielmehr eine Leitlinie, die mit themenbezogenen Zitaten von Historikern aus der Antike, Autoren wie Erich Kästner oder Philosophen wie Immanuel Kant ergänzt wird. Angefangen mit einem Blick in die Vergangenheit strukturiert sich die Lektüre in 14 aufeinander aufbauenden Abschnitten, die sich mit den gewünschten Eigenschaften der Lehrpersönlichkeit und Maßstäben des Schulalltags beschäftigen. Schreiner ist der Überzeugung, dass ein guter Lehrer bzw. eine gute Lehrerin immer auch Erzieher bzw. Erzieherin sein muss.
Eltern und Lehrkörper sollten Kinder und Jugendliche sowohl „führen“ als auch „wachsen lassen“. Die Balance zu halten ist für die Erziehenden meist eine Herausforderung. Jedoch sei dies wichtig für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen sich sowohl elterliche und gesellschaftliche Wertvorstellung als auch Selbstverantwortung anzueignen. Es sei von grundlegender Bedeutung, dass die Lehrperson ein belastbares Vertrauensverhältnis zu ihren Schülerinnen und Schülern aufbaut, um beim Formen des Charakters voranzuhelfen. Nach Schreiner geschieht der Sozialisationsprozess durch das Vorbild des Erwachsenen, durch ihre verbalen Einflüsse, gegebenenfalls auch durch „Lob und Tadel“. Theorien, praktische Hinweise oder Zitate werden in Grafiken veranschaulicht oder eingerahmt. Dies vermittelt einen klaren Überblick und fördert das Verständnis.
Schließlich geben die letzten Kapitel den angehenden Pädagoginnen und Pädagogen die Möglichkeit, die Aufgaben eines Lehrkörpers zu verinnerlichen und mit Fragen ihre Professionalität zu überprüfen. Sie erhalten hier auch eine Übersicht der Anforderungen, die von der Elternseite aus gestellt werden. Die Pointe seines Werkes verdeutlicht Schreiner mit dem Zitat „Die Kinder haben einen Instinkt, der ihnen sagt, ob dem Schulmeister etwas an ihnen gelegen sei, ob er begehre, sie weiterzubringen“ von Jeremias Gotthelf. Schreiners Publikation beinhaltet hauptsächlich praktische und theoretische Leitlinien. Der Medienbezug, der im heutigen Medienzeitalter kaum wegzudenken ist, ist in dem Buch nicht enthalten. Jedoch dient es in jedem Fall zur Hilfestellung einer angehenden Lehrkraft.
Tieber, Claus (Hrsg.) (2009). Fokus Bollywood. Das indische Kino in wissenschaftlichen Diskursen. Wien: LIT Verlag. 184 S., 19,90 €.
Man mag zu Bollywood stehen wie man möchte – aber man wird nur schwerlich leugnenkönnen, dass sich Bollywood in den letzten Jahren daran gemacht hat, nach und nach den Westen zu erobern. Aber was ist Bollywood eigentlich genau? Claus Tieber und seine Autorinnen und Autoren präsentieren den aktuellen Stand der Forschung zum Thema indische Populärkulturund richten damit den Fokus auf Bollywood. Gleich zum Einstieg machen sie deutlich, dass der Hindi-Film sich nicht so einfach auf eine Handvoll von Stereotypen reduzieren lässt, wie oft angenommen wird. Um Bollywood zu verstehen ist laut Tieber interdisziplinäre Forschung unumgänglich. Was einleuchtet, schließlich ist es schwierig, ohne Einblicke in die indische Kultur, die Geschichte des Landes und die Gesellschaft dieses Phänomen aus westlicher Sicht nachzuvollziehen.
Gerade das Zusammenfließen verschiedener kultureller Faktoren macht es auch so schwierig, eine Definition für Bollywood zu finden. Selbst die in Tiebers Buch versammelten Autorinnen und Autoren verwenden den Begriff unterschiedlich, einige ziehen auch die Bezeichnung Hindi-Film vor. In verschiedenen Beiträgen wird die Welt des indischen Films beleuchtet. Begonnen beim Einfluss des Theaters über die Bedeutung des Kostüms als wichtigstes visuelles Zeichen bei der Konstruktion indischer Identitäten und Gender-Rollen, die Musik, deren Produktion erst im Kontext der zu vertonenden Szene darstellbar wird, bis hin zur Rolle der Stars und der Religion bzw. religiösen Darstellungen in den Hindi-Filmen – das Buch verschafft einen guten Einblick in das durchaus komplexe System, das hinter den Filmen steckt. Mehr noch liefert es eine Menge Hintergrundinformationen, die das Verstehen der „Erscheinung Bollywood“ erleichtern, auch wenn der eigene Geschmack die Faszination, die viele mit dem indischen Film verbinden, vielleicht nicht teilen kann. Insgesamt überzeugen die Essays, die vor allem durch einige Filmbeispiele und Exkurse in die Geschichte Indiens trotz der Menge an Information lebendig wirken.
Wer wenig für Bollywood übrig hat, wird eventuell Probleme mit den abgekürzten Filmtiteln oder Namen der Darstellerinnen und Darsteller haben, die das Lesen ab und an etwas schwierig gestalten. Auch etwas mehr Sorgfalt bei der Korrektur wäre wünschenswert gewesen. Leserinnen und Leser etwa aus dem Bereich der Indologie, der Filmwissenschaft, aber auch der Anthropologie oder Musikwissenschaft mit einem grundsätzlichen Interesse für den populären indischen Film werden aber ihre Freude an dem Werk haben, das nicht nur umfassend informiert, sondern auch meist gut unterhält. Da das Buch den Schwerpunkt aber deutlich auf die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema legt ist es als bloße Unterhaltungslektüre für Bollywood-Fans aber wohl weniger geeignet.
kolumne
Michael Bloech: Lansing ist überall!
Grüne Wiesen, blauweißer Himmel, fesche Buam und Madeln und süffiges Bier: Was wollen dieZuschauenden des Bayerischen Fernsehens mehr? Täglich grüßt hier nicht das Murmeltier sondern seit 2007 entfaltet werktäglich die Dokusoap „Dahaom is Dahaom“ ihre narkotisierende Wirkung. Angesiedelt im fiktiven bayerischen Dorf Lansing müssen dreißig quälend lange Minuten Protagonisten verschiedensten Alters in Oktoberfestverkleidungen agieren. Aus ihren Mündern quellen bedeutungsschwere Sätze, die man eigentlich bereits aus der Lindenstrasse seit Mitte der 80er-Jahre kennt. Vollends das Maß zum Überlaufen bringen die völlig uninspirierten und gnadenlos langweiligen Kameraeinstellungen. Was damit schon für die einen die Grenze der Unerträglichkeit sprengt, ist Balsam für die Seele der echten „Dahaom is Dahaom“-Fans. Für all die anderen bleibt nur der reflexartige Griff zur Fernbedienung, aber sogar das hilft manchmal nichts, denn bald stößt man vielleicht auf die „Rosenheimcops“ und scheinbar ist Rosenheim ähnlich gemütlich wie Lansing. Aber worin begründet sich die Faszination dieser Serien?
In der Story von „Dahaom is Dahaom“ bestimmt nicht, zu banal und durchschaubar wird die Handlung präsentiert, zu hölzern agiert das unbeholfen wirkende Schauspielerteam, zu scheinheilig mutet die Kulisse an, die im nächsten Moment umzustürzen droht. Also muss sich die Begeisterung für „Dahaom is Dahaom“, quasi das Lansing-Phänomen, aus etwas anderem heraus entwickeln. Vielleicht liegt es am nostalgischen Effekt der antiquiert anmutenden Dorfgeschichten, denn bekanntlich war früher grundsätzlich immer alles besser. Sicher richtig, doch zentraler dürfte etwas ganz anderes sein und jetzt kommt Mundart ins Spiel. Wobei Mundart streng genommen der falsche Begriff wäre, der Mund ist zwar involviert, aber bei Art, also Kunst, hört es schnell auf. Präziserer wäre das Phänomen daher als „künstlich“ zu bezeichnen, denn mit der kunstvollen Sprache „Bayerisch“ hat das wenig zu tun. Jetzt werden Sie sicher sagen: Unsinn, Bayerisch als Sprache gibt’s ja gar nicht! Und schon haben sie sich als unromantischer Realist geoutet, dem bekannt ist, dass in Bayern wirklich viele Dialekte existieren, die sich dummerweise auch noch von Region zu Region stark unterscheiden. Der künstliche Dialekt jedoch, der in Lansing gesprochen wird, ist ein geschickt angerührter Linguistikbrei aus einem stark eingedampften Oberbayrisch, das hochdeutsch eingefärbt und geglättet wurde.
Vielleicht wollten die Macher von „Dahaom is Dahaom“ gewährleisten, dass die oben bereits erwähnten, wichtigen Sätze auch über Landesgrenzen hinweg verstanden werden. Aber vermutlich geht es wirklich um etwas völlig anderes, genauer gesagt um Assimilation. Das synthetische Lansing-Bayerisch entspricht, wie gern von echten Münchnern abfällig geäußert wird, nämlich sprachlich am ehesten dem der sogenannten „Zugroasten“. Gemeint ist die Sprache der nach München Zugezogenen, die jahrelang qualvoll Sprachrhythmus und Klangfarbe des Bayerischen in ihren früheren Sprachhaushalt einarbeiteten und dann zum sogenannten „Münchnerisch“ veredelten. Dieser Minimalkonsens ermöglicht das Verstehen untereinander ungemein: Die alteingesessenen Dialektgewaltigen erkennen und verstehen die Zugroasten sofort und diese wiederum meinen naiv, jetzt vollständig dazuzugehören. Vielleicht ist es genau diese Assimilation, die den Reiz dieser und anderer bayerischen Mundartserien bei den Zuschauenden ausmacht. Ein bisserl dazugehören wäre ja nicht verkehrt, denn – hier bei uns in Lansing – sind die Wiesen grün, der Himmel blauweiß, die Buam und Madeln fesch und das Bier süffig.
Beitrag aus Heft »2010/01: Musik – Die schönste Nebensache«
Autor: Michael Bloech
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