2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?
Wie gut ist eigentlich Medienpädagogik?Diese Frage gewinnt in jüngster Zeit immer mehr an Bedeutung. Von Teilnehmenden über Veranstalter und Sponsoren medienpädagogischer Projekte bis zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern haben zahlreiche Personen ein Interesse daran, die Qualität medienpädagogischer Arbeit erkennen und bewerten zu können. Doch wie gelingt dies am besten? Sind quantitative Messmethoden oder eher Ergebnisbewertungen der richtige Weg zur Evaluation oder sollten vielleicht doch ganz andere Herangehensweisen gewählt werden? Hier scheiden sich die Geister in der Fachwelt. In der aktuellen Ausgabe von merz | medien + erziehung beschäftigen sich die Autorinnen und Autoren mit diesem Thema, beleuchten Herangehensweisen und Hintergründe von Evaluationen, stellen bereits evaluierte Projekte vor und beschäftigen sich zudem mit Sinn und Wirkung medienpädagogischer Wettbewerbe und Preise.
aktuell
Veranstaltungsbericht 2009
„Liebeslieder waren gestern“ befand die Kommission für Jugendmedienschutz KJM in München. Heute sei Porno- und Gangsterrap. Musiker wie Sido, Bushido, Frauenarzt oder King Orgasmus One machen immer wieder mit aggressiven und obszönen Texten von sich reden und treffen damit scheinbar einen Nerv der Jugendlichen, rufen sogar Nachahmer auf den Plan – und natürlich die KJM.
Um sich eine Meinung bilden zu können, ohne der Jugendkultur mit langwierigen Untersuchungen nur nachzulaufen, berief die Kommission am Montag, 11. Mai 2009 ein Expertenhearing in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) in München ein. „Externen Rat und wissenschaftliche Einschätzungen“ erhoffte sich die Kommission laut ihrem Vorsitzenden Wolf-Dieter Ring von den Gästen. Der externe Rat kam auch – allerdings wohl etwas anders als erhofft. Prof. Dr. Hans-Bernd Brosius, Dekan der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München verwies zwar auf Kultivierungsaspekte von Pornografie und erklärte, dass der Konsum pornografischer Medien Weltbilder verändern kann, bezog dies aber hauptsächlich auf Risikogruppen. Klaus Farin, Autor und Leiter des Archivs der Jugendkulturen in Berlin verortete Porno- und Gangsterrap gleich gar nicht in die Ecke der Auslöser von Jugendkulturen, sondern sah ihn als Sprachrohr und „Seismograf“ für ohnehin vorhandene Bedürfnisse der Jugendlichen. Er hält deshalb auch Verbote für kontraproduktiv – Medienpädagogik, Toleranz sowie die Förderung des Gegenteils, also von toleranter Musik, seien die einzigen Mittel, um damit umzugehen.
Damit war Farin sich recht einig mit den beiden anderen Experten Lazlo Pota, Psychologe aus Hamburg, und Paula-Irene Villa, Gender-Forscherin aus München. Jugend wolle zu allen Zeiten provozieren, der Welt der Erwachsenen, laut Villa heute einer „harten, durchökonomisierten“ Welt, etwas entgegensetzen. Porno- und Gangsterrap ist in diesem Sinne ihre Art, sich zu artikulieren, ihr ganz eigener Initiationsritus. Toleranz und Diskussionen statt Verbote ist Villas Credo. Dem setzte einzig noch Prof. Dr. Uwe Sander, Medienpädagoge an der Universität Bielefeld entgegen, dass Provokation zwar per se nichts Neues, die Quantität der Obszönitäten sowie der fehlende Realitätsbezug, der für junge Hörerinnen und Hörer noch nicht durchschaubar sei, dennoch gefährlich sein könnten.
Medienpädagogik, Sozialpädagogik, Jugenkulturen akzeptieren und den Dialog anbieten, das waren die Schlagworte, die in der Expertenrunde immer wieder fielen. Verbote seien „mit Kanonen auf Spatzen“ schießen, befand etwa Farin, zudem wirkten sie kontraproduktiv. Jugendlichen müssten ihre Grenzen austesten. Diese Grenzen allerdings, so schien es, wollten die Experten ihnen nicht zugestehen. Entsprechend wurden bei der anschließenden Diskussion auch verschiedene, mehr oder weniger entrüstete Stimmen von Lehrkräften, Vertreterinnen und Vertretern aus der Jugendarbeit und aus der Juristerei laut, die die Auffassungen der Experten für nicht weitreichend genug hielten. „Die Jugendlichen von der Musik verderben lassen und dann Medienpädagogen schicken, um es wieder auszubügeln“, so eine Stimme, klinge nicht nach dem besten Weg. Auch Verena Weigand, Leiterin der KJM-Stabsstelle in München, fühlte sich zwischenzeitlich veranlasst klarzustellen, dass die Experten nicht eingeladen worden seien, um der KJM zu raten sich selbst abzuschaffen und lieber Medienpädagogik zu betreiben. Schlussendlich konnte die Runde sich aber doch darauf einigen, dass Verbote im rechten Maß und Medienpädagogik sich ergänzen müssen: „Präventiver und restriktiver Jugendschutz müssen Hand in Hand gehen. Ziel des gesetzlichen Jugendmedienschutzes ist es dabei nicht, Kindern und Jugendlichen etwas zu verbieten. Ziel des Jugendmedienschutzes ist es vielmehr zu verhindern, dass Anbieter an problematischen Inhalten verdienen, die Kinder- und Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigen oder gefährden. Dazu können auch gewalttätige und pornografische Texte von Rappern gehören“, konstatierte Weigand.
nachgefragt: Katrin Miller, Film- und Medienpädagogin, Projektmanagement und -koordination der <I>SchulKinoWochen</I>
Jahr für Jahr locken die SchulKinoWochen in mittlerweile allen 16 Bundesländern zahlreiche Schulklassen in die Kinos. Der große Erfolg und viele begeisterte Stimmen sprechen dabei für die Veranstaltungen, es gibt aber auch Kritiker, die der Meinung sind, das Konzept greife zu kurz und sei nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt, oder die ihm den pädagogischen Wert absprechen. Katrin Miller ist Projektmanagerin der SchulKinoWochen. Gegenüber merz zieht sie eine Bilanz, zeigt Erfolge, aber auch Schwierigkeiten und Verbesserungsbedarf des Projektes auf.merz Seit 2005 stehen die SchulKinoWochen für Filmarbeit an Schulen, seit 2008/09 werden sie in allen Bundesländern durchgeführt und die Besucherzahlen steigen jährlich. Wenn Sie nach vier Jahren Bilanz ziehen: Hatten Sie sich die Entwicklung so vorgestellt? Welche Ziele haben Sie erreicht, an welchen arbeiten Sie noch? Was steht als nächstes an bei den SchulKinoWochen? Miller Der Erfolg der bundesweit stattfindenden SchulKinoWochen, die enorme Resonanz der Schulen, Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler auf dieses besondere filmpädagogische Angebot spiegeln ein entsprechend großes Interesse, positive Akzeptanz und wachsenden Bedarf wider. VISION KINO hat innerhalb kurzer Zeit effektive Entwicklungs- und Vermittlungsarbeit geleistet, die das gewachsene politische Bewusstsein für den Wert einer institutionell verankerten Film- und Medienpädagogik befördert und gestärkt hat. Im Schuljahr 2008/2009 waren bundesweit mehr als 500.000 Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte beteiligt. Bayern hat im März 2009 zum zweiten Mal SchulKinoWochen ausgerichtet und über 100.000 Besucherinnen und Besucher in die insgesamt 93 Kinos geholt. Diese Resonanz hat meine Erwartungen weit übertroffen. Mit qualifizierten Partnern und vielen medienpädagogisch interessierten Unterstützern ist es rasch gelungen, eine nahezu flächendeckende Struktur in Bayern aufzubauen. Dieses dichte Netzwerk ermöglichte die Organisation und Gestaltung umfangreicher Programme bildungsrelevanter, künstlerisch wertvoller Kinder- und Jugendfilme – nicht zuletzt auch zahlreiche Sonderveranstaltungen mit Filmemachern, Experten und Gästen. So konnten sich bislang rund 100 Kinos als außerschulische Erlebnis- und Lernorte für alle Schularten und Jahrgangsstufen etablieren und damit zur Förderung von Film- und Medienkompetenz beitragen.Kostenfrei bereitgestellte Begleitmaterialien und vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten unterstützen die Lehrkräfte bei der fundierten Vor- und Nachbereitung des Kinobesuchs, vermittelten diverse Impulse zur rezeptiven und praktischen Filmarbeit im Unterricht. Nach gründlicher Analyse und Evaluation müssen die nun folgenden Gespräche mit den Verantwortlichen im Kultusministerium und am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München die Rahmenbedingungen und Ziele der nächsten SchulKinoWoche erörtern, um das bislang Erreichte zu festigen und auszubauen.merz Im Februar dieses Jahres haben Sie anlässlich der Podiumsdiskussion „Filmkultur Lernkultur“ im Münchner ARRI-Kino – konstatiert, dass noch viel zu tun sei, um Lehrende und Lernende zu kompetenten Filmseherinnen und -sehern zu machen, dass das bisherige Angebot noch zu oft als „Schulausflug“ genutzt werde. „Schwerere“ Filme und Filmklassiker würden deutlich weniger gebucht als aktuelle Kinofilme. Wie wollen die SchulKinoWochen in Zukunft darauf reagieren?Miller Filmhistorische Werke stehen – ähnlich wie ‚schwerer verdauliche’ Arthouse- oder anspruchsvolle Special-Interest-Filme – der Lebenswelt und den Seh-Erfahrungen heutiger Schülerinnen und Schüler zumeist diametral entgegen. Daher werden sie oft kurz und bündig und eben völlig unreflektiert abgelehnt. Kinder und Jugendliche an künstlerisch herausragende, auch ältere Produktionen heranzuführen, zählt jedoch zu den wichtigen Aufgaben im Bereich kultureller Filmbildung. Um hier eine stärkere Aufmerksamkeits- und Lernmotivation zu erreichen, bedarf es besonderer filmpädagogischer Förderung. Hier gilt es, Berührungsängste nicht nur bei den Kindern und Jugendlichen, sondern vor allem auch bei Lehrkräften abzubauen. Gerade sie als Vermittler müssen über entsprechende Kompetenzen, Methoden und Materialien verfügen, um Scheu und Unsicherheiten vor scheinbar schwer vermittelbaren Stoffen zu verlieren. Nicht nur ich bin davon überzeugt, dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, Heranwachsende auf ihnen Unbekanntes, Unvertrautes, Anderes neugierig zu machen, sie über das inhaltliche und thematische Interesse zu einer tieferen, spannenden und auch lehrreichen Auseinandersetzung mit formalen, technischen und ästhetischen Aspekten zu führen. Im Bereich der Fortbildung, durch Sonderveranstaltungen und Workshops mit Experten kann die SchulKinoWoche hier bestimmt wichtige Impulse geben. Die positiven Reaktionen auf die angebotenen Kinoseminare haben dies schon gut unter Beweis gestellt. Dass bereits viele engagierte Lehrkräfte die SchulKinoWoche als besondere Form des Unterrichts nutzen, stimmt uns als Organisatoren für die Zukunft natürlich optimistisch.merz Die zeitlich begrenzten SchulKinoWochen können nur ein Zusatzangebot zum Schulunterricht sein. Glauben Sie, dies reicht zur Filmbildung oder halten Sie es über kurz oder lang für nötig, Filmbildung in den Regelunterricht zu integrieren – was die SchulKinoWochen dann aber überflüssig machen würde? Wie sieht Ihr ideales Szenario aus?Miller Natürlich genügt ein SchulKinoWochen-Kinobesuch nicht, um Film- und Medienkompetenz nachhaltig zu qualifizieren. Medienpädagogische Inhalte und Ziele sind auch jetzt schon ganz explizit in Fächern und Lernbereichen aller Schulformen enthalten. Es kommt aber darauf an, dem in der Praxis mehr zu entsprechen. Dies bedarf einer konkreteren Festschreibung in den Lehrplänen mit verbindlichen Inhalten und Filmbildungsstandards sowie einer grundlegenden Vermittlung audiovisueller Medienkompetenz in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften. Nur ganzjährige Angebotsstrukturen und medienpädagogisch qualifiziertes Personal ermöglichen eine effiziente, sowohl fachspezifische als auch fächerübergreifende Filmbildung im Unterricht. Die SchulKinoWochen sind für die Filmbildung der Kinder und Jugendlichen eine fruchtbare Ergänzung. Das Erlebnis künstlerisch herausragender Filme, die Begegnung und der Austausch mit Spezialisten der Branche führen zu eindrucksvollen, nachhaltigen Erfahrungen und Erkenntnissen. Das Kino als attraktiven außerschulischen Lernort mit schularten- und altersspezifischen Angeboten zu nutzen, bleibt ein Ziel künftiger SchulKinoWochen. Die Lehrkräfte für die aktive Beteiligung zu motivieren, ihre theoretische und praktische Auseinandersetzung mit Film und Filmproduktion gezielt zu fördern, ihr Wissen über Geschichte, Sprache und Wirkung dieser Kunst- und Kulturform zu erweitern, ist für uns Ansporn und Herausforderung.
Stichwort Twitter
Twittern, zu deutsch zwitschern oder schnattern, ermöglicht es, von jedem Ort der Welt aus – Handyempfang vorausgesetzt – kurze Textnachrichten mit maximal 140 Zeichen als SMS, Instant Messaging oder Web-Oberfläche ins Internet zu stellen und andere über die einzigartigen Ideen, die man hat, zu informieren. Andere Nutzerinnen und Nutzer sind dann in der Lage, diese Meldung beispielsweise im Internet, mit ihrem Mobiltelefon oder mit einem RSS-Reader zu empfangen. Über das gegenseitige Abonnieren von Nachrichten anderer, in Twitter heißt dies Following, bilden sich kleine oder große Netzwerke. Der Mikro-Blog Twitter wurde 2006 in den USA gegründet und ist bisher kostenfrei. Die Nutzer- bzw. Fangemeinde ist groß und der Inhalt der Botschaften vielfältig. Twitter wird einerseits dazu genutzt, Freunden oder solchen, die es werden wollen, Aktuelles aus dem Leben zu berichten. Andererseits ist Twitter zunehmen ein Mittel der öffentlichen Information und journalistischen Berichterstattung bzw. Recherche. So informiert beispielsweise die Deutsche Bahn per Twitter über Verspätungen. Bei aktuellen Ereignissen, wie den Katastrophen in Bombay oder Winnenden, ist Twitter die schnellste Möglichkeit, Statements von Augenzeugen einzufangen. Hier werden aber auch die Grenzen der Nutzbarkeit von Twitter deutlich. Wenn es nicht mehr alleine darum geht, Statements abzugreifen, sondern Sachverhalte alleine aus Twitter-Mitteilungen rekonstruiert werden, dann hat dies mit einer objektiven Berichterstattung, die auf nachprüfbaren Fakten basiert, nichts mehr zu tun. Twitter ist somit eine weitere Errungenschaft im Kontext Web 2.0, die die schnelle, kinderleichte Veröffentlichung von Informationen ermöglicht. Gleichzeitig ist Twitter beispielhaft dafür, dass eine eingehende Beschäftigung mit den aktuellen Formen journalistischen Arbeitens auf der einen und den Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit auf der anderen Seite nötig ist – auch, aber nicht nur in der pädagogischen Arbeit mit jungen Menschen.
thema
Wolfgang Beywl und Marc Jelitto: Evaluation der Wirkung medienpädagogischer Arbeit
Eine Bewertung personenbezogener Dienstleistungen ist schwierig und komplex. Evaluation als wissenschaftliche Dienstleistung unterstützt Entscheidungen zu medienpädagogischen Leistungen sowie deren Optimierung. Mithilfe des Werkzeugs Programmbaum lassen sich die Planung und Umsetzung von Maßnahmen unterstützen sowie wirkungsorientiert evaluieren. Für die praktische Durchführung von Evaluationen gibt es kein Patentrezept; dafür sind praktische Umsetzungen und Schwerpunkte zu vielseitig. Literaturverzeichnis: Online-Quellen zur Evaluation:Evalguide: Online-Handbuch zur Evaluation von eLearning-Projekten und -Programmenwww.evalguide.ethz.ch [Zugriff: 08.04.2009]Evaluation Portalwww.evaluation.lars-balzer.name [Zugriff: 08.04.2009]Evaluieren.de: Evaluation im Bereich digitaler Medienwww.evaluieren.de [Zugriff: 08.04.2009]Zentrum für universitäre Weiterbildung der Universität Bern: Evaluations-Checklistenhttp://www.zuw.unibe.ch/content/wbangebot/wbzuw/eval/info/checklist [Zugriff: 22-04-2009]Aufenanger, Stefan (2004). Medienpädagogik. In: Krüger, Heinz-Hermann/Grunert, Cathleen (Hrsg.), Wörterbuch Erziehungswissenschaft. Wiesbaden: VS Verlag. www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/ aufenanger_medienpaedagogik/aufenanger_medienpaedagogik.pdf [Zugriff: 08.04.2009]Baumgartner, Peter (1999). Evaluation mediengestütztes Lernen. Theorie – Logik – Modelle. In: Kindt, M. (Hrsg.), Projektevaluation in der Lehre – Multimedia an Hochschulen zeigt Profil(e). Münster: Waxmann. S. 61-97. www.medidaprix.org/medida-prix/hintergrundartikel-medida-prix/hintergrundartikel/eval_medien_lernens_1999.pdf [Zugriff: 08.04.2009]Beywl, Wolfgang (1999). Programmevaluation in pädagogischen Praxisfeldern – begriffliche und konzeptionelle Grundlagen. In: Künzel, Klaus (Hrsg.), Internationales Jahrbuch der Erwachsenenbildung. Köln u. a.: Böhlau. S. 29-48.Beywl, Wolfgang/Balzer, Lars (2009). Evaluation in der Weiterbildung. Kaiserslautern.Beywl, Wolfgang/Widmer, Thomas (2009). Evaluation in Expansion: Ausgangslage für den intersektoralen Dreiländer-Vergleich. In: Widmer, Thomas et al. (Hrsg.), Evaluation. Ein systematisches Handbuch. Wiesbaden: VS-Verlag. S. 13-23.Deutsche Gesellschaft für Evaluation (2004). Empfehlungen zur Anwendung der Standards für Evaluation im Handlungsfeld der Selbstevaluation. Alfter bei Bonn. www.degeval.de.Gesellschaft für Evaluation – DeGEval (2008). Standards für Evaluation. Mainz [PDF und Bestellung der Broschüre: www.degeval.de]Haller, Sabine (1998). Beurteilung von Dienstleistungsqualität. Dynamische Betrachtung des Qualitätsurteils im Weiterbildungsbereich. 2., akt. Aufl. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.Krönes, Gerhard (1998). Qualitätsmanagement sozialer Dienstleistungen. In: Brunner, Ewald et al. (Hrsg.), Soziale Einrichtungen bewerten. Theorie und Praxis der Qualitätssicherung. Freiburg: Lambertus. S. 69-86.Patton, Michael Quinn (2008). Utilization-Focused Evaluation. 4th edition Thousand Oaks: Sage.Sanders, James R. (2002). On Mainstreaming Evaluation: Presidential Address. In: American Journal of Evaluation, 23. S. 253-259.Stake, Robert E. (1972). Verschiedene Aspekte pädagogischer Evaluation. In: Wulf, Christoph (Hrsg.), Evaluation. München: Pieper. S. 92-112.Stufflebeam, Daniel L. (1972). Evaluation als Entscheidungshilfe. In: Wulf, Christoph (Hrsg.), Evaluation. München: Pieper. S. 113-145.Tulodziecki, Gerhard (2005). Medienpädagogik in der Krise? In: Kleber, Hubert (Hrsg.), Perspektiven der Medienpädagogik in Wissenschaft und Bildungspraxis. München: kopaed. S. 22-37. [http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/tulodziecki_krise/tulodziecki_krise.pdf]Widmer, Thomas/Beywl, Wolfgang/Fabian, Carlo (Hrsg.), Evaluation. Ein systematisches Handbuch. Wiesbaden: VS-Verlag.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Wolfgang Beywl, Marc Jelitto
Beitrag als PDFEinzelansichtNiels Brüggen: Fragen an eine medienpädagogische Evaluationsforschung
Evaluation spielt auch in medienpädagogischen Projekten eine immer wichtigere Rolle: in der Praxis schließt sich an viele Projekte eine Qualitätsüberprüfung an. Doch das Verhältnis Medienpädagogik – Evaluation ist ein besonderes, denn die beiden Forschungsrichtungen sind eng miteinander verwoben. Nicht nur, dass Medienpädagogik sich Evaluationen unterwerfen muss, umgekehrt fließen auch medienpädagogische Erkenntnisse in die Evaluationen selbst ein. Anhand von drei Fragen werden die wichtigsten Folgen dieser wechselseitigen Beziehung aufgeworfen und als Denkanregungen und teils auch Handlungsaufforderungen an alle beteiligten gestellt.
Literatur
Brüggen, Niels/Hartung, Anja (2007). Kontextuelles Verstehen der Medienaneignung als Methodenansatz. Selbstvergewisserung und Selbstinszenierung als ästhetische Praxis. In: Peez, Georg (Hrsg.). Handbuch Fallforschung in der ästhetischen Bildung/Kunstpädagogik. Qualitative Empirie für Studium, Praktikum, Referendariat und Unterricht. Hohengehren: Schneider Verlag, S. 79-89.
Kutscher, Nadia (2009). Ungleiche Teilhabe – Überlegungen zur Normativität des Medienkompetenzbegriffs. In: Medienpädagogik – Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, H. Themenheft Nr. 17: Medien und soziokulturelle Unterschiede, S. 1–18. Online verfügbar unter www.medienpaed.com/17/kutscher0904.pdf [Stand: 18.05.2009]
Niesyto, Horst (2007). Eigenproduktionen mit Medien als Gegenstand medienpädagogischer Praxisforschung. In: Sesink, Werner; Kerres, Michael; Moser, Heinz (Hrsg.). Jahrbuch Medien-Pädagogik 6. Medienpädagogik – Standortbestimmung einer erziehungswissenschaftlichen Disziplin. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH Wiesbaden, S. 222–245.
Schorb, Bernd (03.11.2005). Integrale Medienpädagogik. Veranstaltung vom 03.11.2005. Darmstadt. Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft – Kommission Medienpädagogik. Online verfügbar unter www.abpaed.tu-darmstadt.de/arbeitsbereiche/bt/material/Vortrag_Schorb.pdf [Stand: 22.08.2008]
Sindler, Alexandra/Bremer, Claudia/Dittler, Ullrich/et al. (Hrsg.) (2006). Qualitätssicherung im E-Learning. Münster: Waxmann.Kindt, Michael (Hrsg.) (1999). Projektevaluation in der Lehre. Multimedia an Hochschulen zeigt Profil(e). Münster: Waxmann.
Spanhel, Dieter (1999). Integrative Medienerziehung in der Hauptschule. Ein Entwicklungsprojekt auf der Grundlage responsiver Evaluation. München: kopaed.Wagner, Ulrike (Hrsg.) (2008). Medienhandeln in Hauptschulmilieus. Mediale Interaktion und Produktion als Bildungsressource. München: kopaed.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Niels Brüggen
Beitrag als PDFEinzelansichtSusanne Eggert: ausdrucksstark - Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderung
Integrative medienpädagogische Arbeit ist eine vergleichsweise neue Aufgabe. Modellprojekte sind in diesem Bereich Mangelware. Das Projekt ausdrucksstark wurde als solches konzipiert und einer wissenschaftlichen Evaluation unterzogen. Die Projekterfahrungen und die Ergebnisse der Evaluation wurden für eine interessierte Öffentlichkeit zugänglich gemacht. LiteraturMichaelis, Elke/Lieb, Oliver (Hrsg.) (2006). Ausdrucksstark. Modelle zur aktiven Medienarbeit mit Heranwachsenden mit Behinderung. München: kopaed
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Susanne Eggert
Beitrag als PDFEinzelansichtKlaus Lutz: Außerschulische Bildung mit Medien
Projekte außerschulischer Bildungsarbeit gibt es viele, gerade im Bereich praktischer Medienarbeit finden sich zahlreiche Angebote für Kinder und Jugendliche. Doch die Effizienz und Güte dieser Projekte lässt sich oft nur schwer bestimmen, da Evaluationen fehlen. Im Folgenden werden zwei Projekte vorgestellt, die bereits evaluiert wurden: das Modellprojekt Parole - Deutsch spielend gelernt und das Projekt erzählkultur. Beide zielen auf Sprachförderung von Kindern mittels praktischer Medienarbeit ab. Ihre Evaluationen zeigen, dass sie dabei bereits beachtliche Erfolge erzielt haben, decken aber auch auf, wo noch Handlungsbedarf besteht.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Klaus Lutz
Beitrag als PDFEinzelansichtThomas Irion und Bernd Reinhoffer: Multimedia in Ganztagsangeboten von Schulen
Medienprojekte im Ganztagsbereich bieten besondere Chancen zur schulischen Förderung von Medienkompetenz. Durch die Nähe zu Interessen von Schülerinnen und Schülern und durch Möglichkeiten zur Anbindung von schulischen Lernprozessen an außerschulische Lebenssituationen ergeben sich Potenziale auch zum Transfer von Medienkompetenzen. Im Artikel werden Auszüge aus der auf Schülerbefragungen basierenden Begleitevaluation zu einem Modellversuch präsentiert.LiteraturGapski, Harald (2006). Medienkompetenzen messen? Eine Annäherung über verwandte Kompetenzfelder. In Harald Gapski (Hrsg.), Medienkompetenzen messen? Verfahren und Reflexionen zur Erfassung von Schlüsselkompetenzen. München: kopaed.Pöttinger, Ida (1997). Lernziel Medienkompetenz. Theoretische Grundlagen und praktische Evaluation anhand eines Hörspielprojekts. München: kopaed.Pöttinger, Ida (Hrsg.) (2008). Ganztagsschule: Der kürzeste Weg zur Medienkompetenz. Karlsruhe: Landesmedienzentrum Baden-Württemberg. Zimmermann, Barry J. (2000). Self-efficacy: An essential motive to learn. Contemporary Educational Psychology, 25, 82-91.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Thomas Irion, Bernd Reinhoffer
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Bloech: Ansätze nachhaltiger Medienpädagogik in Bayern
Moderne Medienpädagogik in der Bundesrepublik hat ihre Wurzeln in den frühen Ansätzen rezeptiver Medienarbeit der Nachkriegsjahre. Nur durch gesellschaftlichen Wandel, technischen Fortschritt, Innovation, Vernetzung, medienwissenschaftliche Fundierung und finanzielle Absicherung gelang es, aus diesen ersten Ansätzen nachhaltige und moderne Modelle medienpädagogischer Praxis für die Kinder- und Jugendarbeit zu institutionalisieren.
Literatur
Hauff, Volker (Hrsg.) (1987). Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven: Eggenkamp-Verlag (vergriffen).
Schell, Fred/Stolzenburg, Elke/Theunert, Helga (Hrsg.) (1999). Medienkompetenz: Grundlagen und pädagogisches Handeln. München: kopaed (vergriffen).
Schell, Fred (2003). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen, Theorie und Praxis. München: kopaed.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Michael Bloech
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang und Niels Brüggen: Editorial
Wie gut ist Medienpädagogik?
Die Frage der Qualitätssicherung spielte in der Kinder- und Jugendarbeit in den letzten Jahren eine zentrale Rolle. So wurde vor allem mit der Einführung eines neuen Steuerungsmodells im Bereich der Jugendämter der Versuch unternommen den Output pädagogischer Maßnahmen zu messen und Kriterien für die Vergabe von Mitteln für die geförderten Projekte daran festzumachen. Dass die rein quantitativen Messungen von Besucherzahlen, Zahl der Projektangeboten und durchgeführten Aktionen weder die Qualität der Arbeit noch die Wirkung der pädagogischen Maßnahme auf die Zielgruppe erfassen kann, wurde schnell einsichtig. Viele Träger der Kinder- und Jugendarbeit sind jedoch seither gezwungen genau zu erheben wie viele Jugendliche mit welchem Migrationshintergrund zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort an einem Projekt teilgenommen haben und dies in Relation zum eingesetzten pädagogischen Personal. All diese Daten lassen sich hervorragend in Exeldateien eingeben und abheften. Gedient ist damit niemandem, allerdings können die Zahlen, falls sie nicht umfangreich genug sind oder nach unten gehen, gegen die jeweilige Einrichtung verwendet werden. Qualitätssicherung sollte jedoch anders aussehen. Sie sollte dazu dienen, die jeweilige pädagogische Praxis auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Denn nicht die Zahlen sind für den Erfolg einer pädagogischen Maßnahme ausschlaggebend, sondern die vermittelten Inhalte bzw. das was bei den Kindern und Jugendlichen ankommt. Doch wie das messen? In der Medienpädagogik wird häufig der Versuch unternommen, den Erfolg einer medienpädagogischen Maßnahme lediglich am Produkt festzumachen.
Ein gelungener Film, eine schön gestaltetet Website oder ein spritziger Radiobeitrag sind Zeichen für ein erfolgreiches Projekt. Die Diskussion über Produkt oder Prozessorientierung bei medienpädagogischen Projekten hat sich dabei längst auf die Produktseite verlagert. Schließlich kommt es in erster Linie darauf an ein Produkt vorzuweisen, auf das sowohl die beteiligten Jugendlichen, als auch die PädagogInnen stolz sein können. Ein Filmbeitrag zum Thema Umweltschutz spricht schließlich für sich und muss nicht mehr hinterfragt werden. Ob hier wirklich eine Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden hat oder lediglich vorhandenes Wissen in eine Story gepackt wurde, bleibt offen. Und ein Schulprojekt zum Thema Handy wird schon dadurch wertvoll, dass zumindest das Thema Handy in der Schule angesprochen wurde. Ob die Schülerinnen und Schüler sich nachhaltiges Wissen im Umgang mit dem Handy angeeignet haben, ist häufig nicht nachvollziehbar. Der Frage der Qualitätssicherung im pädagogischen und speziell im medienpädagogischen Bereich soll deshalb in diesem Heft eingehender nachgegangen werden. Ausgehend vom Wunsch der Pädagogik nachhaltig zu wirken und der Problematisierung der Forderungen nach Qualitätssicherung sollen Ansätze und Ergebnisse medienpädagogischer Evaluation aufgezeigt werden. So weisen Wolfgang Beywl und Marc Jelitto in ihrem einführenden Artikel darauf hin, dass Evaluation die Entscheidung zu medienpädagogischen Leistungen sowie deren Optimierung unterstützen kann. Sie zeigen aber auch auf, dass es für die praktische Durchführung von Evaluationen kein Patentrezept gibt. Dafür sind die praktischen Umsetzungen und Schwerpunkte zu vielseitig. Im zweiten Artikel von Niels Brüggen werden die Grundlagen und Prinzipien einer medienpädagogischen Evaluation beschrieben. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie medienpädagogische Projekte wissenschaftlich erfasst und in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können. Ergebnisse evaluierter Projekte sind Schwerpunk des dritten Teils. Hier zeigt Susanne Eggert am Beispiel des Projekts ausdrucksstark – Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungwie integrative medienpädagogische Arbeit gelingen kann und welche Ergebnisse die Evaluation des Projekts erbrachte. Klaus Lutz veranschaulicht an zwei Sprachförderprojekten wie mit Hilfe von Medien Sprache im Vorschulbereich gefördert werden kann. Am Beispiel der Projekte Parole – Deutsch spielend gelernt und des Projekts erzählkultur zeigt er auf, welche Potentiale in der aktiven Medienarbeit stecken. Wie Medienkompetenz im schulischen Umfeld gefördert werden kann, wird im Artikel von N.N. aufgezeigt. Im vierten Teil veranschaulicht Michael Bloech Ansätze nachhaltiger Medienpädagogik auf Landesebene an Hand der Medienfachberatung in Bayern.
Dabei wird deutlich, wie sich innerhalb von 50 Jahren diese Struktur immer mehr professionalisiert hat und damit Kontinuität und Qualität sicher gestellt werden konnte. Im letzten Kapitel wird darauf eingegangen wie Wettbewerbe und medienpädagogische Preise dazu beitragen können, Qualität in der medienpädagogischen Praxis zu sichern. Sowohl der Dieter Baacke-Preis, der Deutsche Multimediapreis mb 21, als auch der Kinder-Medien-Preis der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) sind Beispiele für gelungene Wettbewerbe, die zur Qualitätssicherung im medienpädagogischen Bereich beitragen. Wir hoffen, dass Sie an Hand der Beiträge Anregungen bekommen, wie Sie Ihre eigene Praxis evaluieren können bzw. wie Sie sicher stellen können, dass Ihre medienpädagogischen Ziele auch wirksam werden.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Niels Brüggen, Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtJürgen Lauffer: Der Dieter Baacke Preis: Daten
Seit 1999 wird der Dieter Baacke-Preis verliehen und seit 2001 in der aktuellen Form ausgeschrieben.Vorläufer des Dieter Baacke Preises war der medienpädagogische Preis der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), der seit der Gründung der GMK (1984) jährlich an beispielhafte medienpädagogische Initiativen, Institutionen oder Einzelpersonen verliehen wurde. Die Preisträgerinnen und Preisträger des medienpädagogischen Preises wurden vom GMK-Vorstand ausgewählt.Zu Ehren des 1999 verstorbenen langjährigen GMK-Vorsitzenden Dieter Baacke wurde der medienpädagogische Preis der GMK in „Dieter Baacke-Preis“ umbenannt. Im Jahr 2001 wurde der Preis dann konzeptionell grundlegend verändert. Die Ausrichtung des Dieter Baacke Preises wird seitdem präziser auf die pädagogische Arbeit bezogen. In der Ausschreibung heißt es: „Bewerben können sich Institutionen, Initiativen oder Einzelpersonen, die innovative, originelle oder mutige Projekte zur Förderung einer pädagogisch orientierten Medienkompetenz durchführen. Das kann beispielsweise ein kreatives Internetprojekt in der Jugendarbeit sein, ein Kinderradioprojekt, ein Film- und Fernsehworkshop für Familien oder ein außergewöhnliches multimediales Fotoprojekt im Kindergarten. Im Zentrum der Preisvergabe steht nicht allein das Produkt, sondern auch der medienpädagogische Prozess.“ (aus der Ausschreibung www.gmk-net.de/wettbewerb/dieter_baacke_preis.php )Diese Veränderung bescherte dem Dieter Baacke Preis eine zunehmende Aufmerksamkeit.
Seit 2001 stiegen die Bewerbungen rapide an und stabilisierten sich auf einem hohen Level. Vielfach fällt medienpädagogisches Engagement mit bürgerschaftlichem Engagement zusammen, das lässt sich aus den Inhalten der eingereichten Projekte klar ablesen. Beliebte Themen sind Integration, Verhältnis der Generationen, Miteinander von behinderten und nichtbehinderten Menschen etc. Die Mehrzahl der zum Dieter Baacke-Preis eingereichten Projekte richtet sich an Kinder und Jugendliche, Erkennbar ist aber, dass auch generationsübergreifende Projekte oder Projekte, die sich an Senioren richten, an Multiplikatoren oder an unterschiedliche Altergruppen, Generationen oder Milieus regelmäßig unter den Bewerbungen sind.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Jürgen Lauffer
Beitrag als PDFEinzelansichtJudith Zeidler: Kinder-Medien-Preis der TLM
Um die Medienkompetenz im Kindermedienland Thüringen zu fördern, schreibt die Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) jährlich den Kinder-Medien-Preis für Medienprojekte mit und Medienproduktionen von Kindern bis 14 Jahre aus. Mit diesem Preis sollen zum einen herausragende medienpädagogische Projekte honoriert und zum anderen der Thüringer Mediennachwuchs ganz gezielt gefördert werden. Der Kinder-Medien-Preis wird in enger Kooperation mit Thüringer Medienpartnern vergeben.Bewerben können sich Bildungseinrichtungen, wie Kindertagesstätten, Schulen, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen mit medienpädagogischen Projekten sowie Kinder mit ihren eigenen Medienprodukten, die im laufenden Schuljahr gestaltet und weiterentwickelt wurden.Der Kinder-Medien-Preis wird in zwei Sparten vergeben. Beim „Besten Medienprojekt mit Kindern“ geht es – nach Alter gestaffelt – vor allem um die Konzeption und den Verlauf der medienpädagogischen Projekte. Wurde an den Voraussetzung der Teilnehmer angeknüpft? Erhielten sie Möglichkeiten zur praktischen Erprobung bzw. kritischen Reflexion? etc. In der Sparte „Bestes Medienprodukt von Kindern“ werden Print-, Radio-, Film-/Fernseh- und Multimediaproduktionen von Kindern ausgezeichnet. Die Auswahl der Preisträger orientiert sich hierbei in erster Linie an der inhaltlichen, formalen und ästhetischen Gestaltung der Beiträge. Geprüft wird zudem, ob es sich um ein relevantes Kinderthema handelt und die jungen Medienmacher weitgehend selbständig und eigenaktiv gearbeitet haben.Die Preisgelder in der Sparte „Bestes Medienprodukt“ (insgesamt 4.500,- Euro) sind zweckgebunden für die Anschaffung von Medientechnik zu verwenden. Die Gewinner in der Produktsparte können von ihrem Preisgeld (insgesamt 1.200,- Euro) auch eine Kinder-Medien-Party feiern. Informationen zu den Preisen, bisherige Preisträger sowie die Möglichkeit, selbst am Wettbewerb teilzunehmen, finden sich auf www.kindermedienpreis.de
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Judith Zeidler
Beitrag als PDFEinzelansichtJulian Kotzsch: Der Deutsche Multimediapreis „MB21 – Mediale Bildwelten“ für Kinder und Jugendliche
Lässt sich die Qualität kultureller Bildung in medienpädagogischen Projekten messen? Die Studie „Hoch hinaus. Potentialstudie zu Kinder- und Jugendkulturprojekten“ im Auftrag der PwC Stiftung vom Zentrum für Kulturforschung erstellt, liefert als Antwort eine Vielzahl hilfreicher Ansätze und benennt zahlreiche Qualitätsmerkmale, die in kreativen pädagogischen Projekten als Orientierungshilfe dienen können. Dabei steht neben kultureller Teilhabe als übergeordnetes Ziel in medienpädagogischen Projekten vor allem das Ziel der Medienkompetenzvermittlung, unter besonderer Berücksichtigung gesellschaftlich relevanter Themen wie „Virtuelle Welten“, „Soziale Netzwerke“ und dem Potenzial von „Web 2.0“ im Vordergrund. Exemplarisch kann dafür der Deutsche Multimediapreis MB21 – Mediale Bildwelten für Kinder und Jugendliche bis 21 Jahre herangezogen werden, der sich seit nunmehr zehn Jahren für den kreativen und selbstreflexiven Umgang mit neuen Medien einsetzt. Beim Deutschen Multimediapreis können sowohl Medienprodukte als auch medienpädagogische Projekte eingereicht werden, die kreativ am Computer erstellt wurden und in Freizeit, Schule oder außerschulischen Kontexten entstanden sind. Höhepunkt eines jeden Wettbewerbsjahres ist das MB21-Medienfestival mit vielen kreativen Multimediaworkshops, Medienkunst, der Präsentation aller Gewinnerbeiträge und schließlich der feierlichen Preisverleihung. Ein wichtiges Instrument der Qualitätsanalyse im Rahmen des Wettbewerbs ist sicherlich die MB21-Jury, die alle eingereichten Beiträge anhand ihrer inhaltlichen und formal-ästhetischen Aspekte sichtet und anschließend bewertet. Dabei spielt neben einem Kriterienkatalog, welcher Begriffe wie Medienkritik und -reflexion, Originalität, Intention, visuelle Ästhetik, Fremd- und Eigeninitiative usw. enthält, auch die Expertise der Jurorinnen und Juroren eine entscheidende Rolle. Das MB21-Team bemüht sich, das Qualitätsverständnis der Jury auch in den bundesweit angebotenen Projekten, Workshops und Informationsveranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu vertreten und schult Multiplikatorinnen und Multiplikatoren entsprechend ihres medienpädagogischen Grundverständnisses. Dadurch ist es MB21 im letzten Jahrzehnt gelungen, die Vielfalt der Einreichungen kontinuierlich zu steigern und aus den anfänglichen, sehr computerspezifischen Wettbewerbssparten wie „Interaktive CD-Rom“ und „Webseiten“ zu einem weiter geöffneten Begriff von Multimedia, der beispielsweise Klanginstallationen, Machinimas oder Theater-Medien-Projekte und spezifisch jugendkulturelle Inhalte in den Mittelpunkt stellt, zu gelangen.Der lebensweltliche Bezug und die auf Nachhaltigkeit ausgelegten Organisationsstrukturen des Deutschen Multimediapreises stellen damit ein wesentliches Moment des aktiven, gestaltenden Umgangs mit neuen Medien in den Fokus medienpädagogischer Projektarbeit.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Julian Kotzsch
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spektrum
Otfried Jarren und Christian Wassmer: Medienkompetenz – Begriffsanalyse und Modell
Der Begriff der Medienkompetenz ist in gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskursen äußerst beliebt, wird aber sehr diffus verwendet. Modelle von Medienkompetenz werden normativ, stetig komplexer sowie mit dem Wunsch nach verstärkter Interdisziplinarität formuliert. Der vorliegende Aufsatz plädiert für theoretisch und empirisch hergeleitete sowie komplexitätsreduzierende Definitionen von Medienkompetenz. Ein eigens konzipiertes Modell verdeutlicht diesen Anspruch an künftige Forschungsvorhaben.
Literatur
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Mikos, Lothar (2003). Rezension vom 07.01.2003 zu: Groeben, Norbert/Hurrelmann, Bettina (Hrsg.) (2000). Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim. In: www.socialnet.de/rezensionen/431.php [Zugriff: 26.01.2008]
Moser, Heinz (1999). Einführung in die Medienpädagogik. Aufwachsen im Medienzeitalter. Opladen: Leske + Budrich.
Reetz, Lothar/Reitmann, Thomas (Hrsg.) (1990). Schlüsselqualifikationen – Dokumentation eines Symposiums in Hamburg „Schlüsselqualifikationen – Fachwissen in der Krise?“. Materialien zur Berufsausbildung. Bd. 3. Hamburg: Feldhaus.
Roth, Heinrich (1971). Pädagogische Anthropologie. Bd. 2: Entwicklung und Erziehung. Hannover: Schroedel.
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Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Otfried Jarren, Christian Wassmer
Beitrag als PDFEinzelansichtIris Kruse: Der Kindermedienverbund als Lernchance im frühen Literaturunterricht
Der Kindermedienverbund ist kinderkulturelle Realität und zugleich pädagogische Herausforderung. Insbesondere die Deutschdidaktik ist aufgerufen, Konzepte zu entwickeln zur Berücksichtigung der Medienvielfalt im Unterricht. Der Artikel untersucht, inwiefern spezifisch literatur- und mediendidaktische Zielsetzungen beim Umgang mit dem kinderliterarischen Medienverbund bereits im Anfangsunterricht berührt werden. Auf der Beispielgrundlage des Verbunds zu Oh, wie schön ist Panama von Janosch werden verallgemeinerbare unterrichtsmethodische Vorschläge gemacht.LiteraturBertschi-Kaufmann, Andrea (2000). Lesen und Schreiben in einer Medienumgebung. Die literalen Aktivitäten von Primarschulkindern. Aarau: Sauerländer.Dehn, Mechthild (1999). Texte und Kontexte. Schreiben als kulturelle Tätigkeit in der Grundschule. Berlin: Volk und Wissen-Verlag.Dehn, Mechthild/Hoffmann, Thomas/Lüth, Oliver/Peters, Maria (2004). Zwischen Text und Bild. Schreiben und Gestalten mit neuen Medien. Freiburg i.Br.: Fillibach.Frederking, Volker /Josting, Petra (2005). Der Vielfalt eine Chance… Medienintegration und Medienverbund im Deutschunterricht. In: Dies. (Hgg.): Medienverbund und Medienintegration im Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S.- 1-18.Frederking, Volker/Krommer, Axel/Maiwald, Klaus (2008). Mediendidaktik Deutsch. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt Verlag.Josting, Petra (2001). Medienverbund, Deutschunterricht und Medienkompetenz. Beiträge Jugendliteratur und Medien, 53, H. 2, S. 174-185.Dies. (2008). Jugendliteratur im medienintegrativen Deutschunterricht: ein Ansatz zur Leseförderung. In: Monika Plath/Gerd Mannhaupt (Hrsg.), Kinder – Lesen – Literatur. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. S. 97-114.Maiwald, Klaus (2007). Ansätze zum Umgang mit dem Medienverbund im (Deutsch-)Unterricht. In: Petra Josting/Klaus Maiwald (Hgg.), Kinder und Jugendliteratur im Medienverbund. Grundlagen, Beispiele und Ansätze für den Deutschunterricht. München: Kopaed (kjl&m 07.extra), S. 35-48.Möbius, Thomas (2008). Das „literarische Sehgespräch“ als sprachlich-kommunikative Vermittlungsweise bilddominierter Medienangebote. In: Matthias Rath/Matthis Kepser/Volker Frederking (Hrsg.), Log In! Kreativer Deutschunterricht und Neue Medien. München: Kopaed. S. 141-156.Spinner, Kaspar H. (2004). Gesprächseinlagen beim Vorlesen. In: Gerhard Härle/Marcus Steinbrenner (Hg.), Kein endgültiges Wort. Die Wiederentdeckung des Gesprächs im Literaturunterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. S. 291-307.Thiele, Jens (2003). Das Bilderbuch. Ästhetik – Theorie – Analyse – Didaktik – Rezeption. Oldenburg: Isensee.Weinhold, Swantje (2000). Text als Herausforderung. Zur Textkompetenz am Schulanfang. Freiburg i.Br.: Fillibach.Wieler, Petra (1997). Vorlesen in der Familie. Fallstudien zur literarisch-kulturellen Sozialisation von Vierjährigen. Weinheim/München: Juventa.Wieler, Petra (2008). Medien als Erzählanlass. Wie lernen Kinder im Umgang mit alten und neuen Medien? Freiburg i.Br.: Fillibach.
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Autor: Iris Kruse
Beitrag als PDFEinzelansichtMarkus Breuer: Zur Förderungswürdigkeit des E-Sports
Der E-Sport, also das wettkampfmäßige Betreiben von Computer- und Videospielen hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Entwicklung vollzogen. Während sich die öffentliche Diskussion bzgl. dieser Medien meist mit Sanktionen im Rahmen der Killerspieldebatte befasst, zeigt der Beitrag, dass der E-Sport durchaus Möglichkeiten zur Steigerung der Medienkompetenz von Jugendlichen offenbart, die von öffentlicher Seite bislang nicht adäquat genutzt wurden.LiteraturBickelmann, Karin/Sosalla, Werner (2002). Medienkompetenz. Voraussetzungen, Förderung, Handlungsschritte. Berlin: Vistas. Hugger, Kai-Uwe (2008). Medienkompetenz. In Sander, Uwe/von Gross, Friederike/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag. S. 93-99.Klink, Alice/Marcolesco, Michael/Siemens, Sönke/Wolling, Jens (2008). Sport in virtuellen und realen Welten. Eine Befragung unter Jugendlichen. In Quandt, Thorsten/Wimmer, Jeffrey/Wolling, Jens (Hrsg.), Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden: VS Verlag. S. 263-277.Kunczik, Michael/Zipfel, Astrid (2008). Gewaltdarstellungen. In Sander, Uwe/von Gross, Friederike/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag. S. 449-453.Müller-Lietzkow, Jörg (2006). Sport im Jahr 2050: E-Sport! Oder: Ist E-Sport Sport? medien + erziehung, 2006/6, S. 102-112.
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Autor: Markus Breuer
Beitrag als PDFEinzelansichtSandra Gerö: Beratungskonzept, Nutzungsbedingungen und Qualitätssicherung für Online-Beratungsangebote
Online-Beratung erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Egal ob Selbsthilfe-Chat, E-Mail-Beratung oder vorgefertigte Hilfsangebote zum Downloaden, Beratungsräume verlagern sich immer mehr ins WWW. Doch dabei ergeben sich auch Probleme. Oft stehen die Beratenden vor nicht zu unterschätzenden Schwierigkeiten beim Gang ins Internet. Wie groß ist der finanzielle und zeitliche Aufwand? Wie muss ein Auftritt gestaltet sein, um die Zielgruppe anzusprechen? Welche rechtlichen und ethischen Fragen sind zu beachten? Anregungen gibt die Checkliste V2.0.
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Autor: Sandra Gerö
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medienreport
Elisabeth Jäcklein: Geschichten aus dem Leben
Familien tummeln sich auf Mattscheiben aller Art mit Vorliebe: Von den putzig-netten Flintstones über die schräg-frechen Simpsons und die hilflos-doofen Ludolfs bis zu den tragisch-komischen Windsors gibt es Eltern, Kinder und Anverwandte anscheinend in allen Farben, Formen und Ausführungen. Dazu kommen diverse ‚Eintags’-Familien diverser Namen, die allabendlich bei den öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern auf der Suche nach dem Glück ihre kleinen und großen Abenteuer bestreiten. Wenigstens im Kino will man da doch von banalem Familienglück und -leid verschont bleiben und große Filme über große Themen sehen – oder?Rémi Bezancon sieht das wohl anders und präsentiert seit dem 23. April auch in deutschen Kinos ganz unverdrossen ‚seine’ Familie Duval. Unter dem eher betulich wirkenden Titel C’est la vie – so sind wir, so ist das Leben schickt er die ‚ganz normale’ Familie auf die ganz große Leinwand und will damit ganz viele Zuschauerinnen und Zuschauer begeistern. Ganz schön gewagt.Und tatsächlich: Familie Duval ist nichts Besonderes – eher richtig normal. Der Taxi fahrende Familienvater Robert kämpft zeitlebens um die Liebe seines unterkühlten Vaters, die taffe Mutter Marie-Jeanne lässt sich zwar nicht von ihren pubertierenden Kindern, wohl aber von ihrem unaufhaltsamen Älterwerden beeindrucken, während die Kinder Albert, Raphaël und Fleur jedes auf seine eigene Art die kleineren und größeren Probleme auf dem Weg zum Erwachsenwerden ausfechten. Dazu bietet Bezancon noch nicht einmal eine tolle Verpackung – die Hauptdarsteller wirbeln nicht mittels Special Effects in Zeitlupe durch die Lüfte, es gibt keine dramatische Opernmusik und auch keinen effekt-heischenden zeitgeschichtlichen oder geografischen Hintergrund. So weit, so unspektakulär, derselbe Film läuft wohl in vielen mitteleuropäischen Häusern täglich live.Doch bekanntlich ist nicht alles Gold was glänzt – und manchmal verstecken sich die schönsten Perlen da, wo es am wenigsten glitzert. Die Duvals zumindest haben bereits in den ersten Minuten einen Charme, der den Zuschauer sofort fesselt und bis zum Ende nicht loslässt. Nur fünf ausgesuchte Tage innerhalb von zwölf Jahren ihres Lebens verbringt man mit ihnen, aber fünf Tage, nach denen nichts mehr ist wie vorher: Der Tag, an dem Albert, der Älteste, auszieht und das erste Loch in die heile Familie reißt – jetzt gilt es für alle, ihre Plätze neu zu sortieren. Und das nicht nur am Esstisch. Der Tag, an dem Fleur, die Jüngste, 16 wird und beschließt, erwachsen zu sein – inklusive erstem Mal und erbitterter Feindschaft gegen die allzu coole Mutter. Der Tag, an dem Raphaël seinen Großvater und Seelenverwandten verliert und dafür langsam beginnt, sein eigenes Leben in den Griff zu bekommen. Der Tag, an dem Marie-Jeanne den verzweifelten Kampf gegen ihr Alter aufnimmt. Und schließlich der Tag, an dem Robert erfährt, dass seine Tage gezählt sind. Nur fünf Tage, fünf Wendepunkte im Leben der Familie und ihrer Mitglieder – und doch kommt einem die Familie in diesen fünf Tagen so nah, als kenne man sie ein Leben lang. Man schmunzelt mit Robert und seinem hinreißend feinsinnigen Humor, verzweifelt mit Marie-Jeanne in ihrer so liebenswert starken und doch so verletzlichen Art, grübelt mit Albert über das Leben an sich, im Großen, Ganzen, Kleinen und Halben, lacht von Herzen mit Raphaël, der die Welt mit seinem unbeeindruckten Phlegma ganz einfach nicht ernst nimmt und weint bitterlich mit Fleur, die mitten im Gefühlschaos manchmal zu ertrinken droht. Und immer lacht, weint, grübelt oder schmunzelt man dabei über das eigene Leben, die eigenen Erinnerungen und Erlebnisse, die unweigerlich wachgerufen werden. Nicht umsonst wurde die tragisch-komische Geschichte der tapferen Familie zum Überraschungserfolg in Frankreich und für insgesamt neun Césars nominiert. Denn die fünf Charaktere sind so alltäglich, so normal in ihren Hoffnungen und Ängsten, ihren Freuden und Nöten, dass sich wohl wirklich jeder und jede in ihnen finden kann. Und auch wenn natürlich jede Familie anders ist und sich überall andere Szenen abspielen – die Emotionen und Muster bleiben doch dieselben. Und so ist C’est la vie eine hinreißend ehrliche und berührende Hommage an die Familie, die eindrücklich vor Augen führt, dass es manchmal ganz schön schrecklich und doch meistens ganz schrecklich schön ist, eine Familie zu haben.Vielleicht hat der Film keine millionenschwere Kulisse oder oscarverdächtige Effekte. Vielleicht besteht die Besetzung zu einem beachtlichen Teil aus Nachwuchsschauspielerinnen und -schauspielern und die Musik kommt nicht vom großen Orchester. Doch vielleicht schafft er genau deshalb, was viele teure Hollywood-Streifen bei all dem Streben nach toller Verpackung anscheinend leider verlernt haben: Dass aus den Kinositzen herzhaftes Gelächter und unterdrücktes Schluchzen abwechselnd ertönt; dass wohl jede Zuschauerin und jeder Zuschauer danach heimlich die alten Familiendias entstaubt, um den Zauber der Erinnerungen selbst zu wecken; und dass sie bzw. er dabei immer noch ein leises Ziehen im Zwerchfell spürt, während gleichzeitig die letzte kleine Träne auf seiner Wange trocknet.C´EST LA VIE - SO SIND WIR, SO IST DAS LEBEN(Le premier jour du reste de ta vie)Regie: Rémi Bezancon | Frankreich 2007Mit: Jacques Gamblin, Zabou Breitman, Déborah Francois, Marc-André Grondin, Pio Marmai uva. Verleih: KinoweltKinostart: 23.04.2009
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis
Beitrag als PDFEinzelansichtMarkus Achatz und Bettina Arnoldt: FUMETTO - Vom Comic-Virus infiziert
Jedes Jahr im Frühling wird die schweizerische Touristenstadt Luzern am Vierwaldstätter See zum Zentrum der Comic-Kultur im deutschsprachigen Raum. In Deutschland fristen Comics und deren gesamte Szene eher ein Schattendasein. Als Medium völlig unterschätzt – als Kultur eher eine Subkultur – bieten die gezeichneten Bilderfolgen jedoch ein riesiges Repertoire an Genres, Techniken und vor allem an großartigen Geschichten. Innerhalb der Comicszene kommen derzeit vor allem Mangas aus Japan sowie Graphic Novels – Romane in Comicform, die mehr ‚Bücher’ als klassische Comic-Alben sind – mit herausragenden und innovativen Neuerscheinungen auf den Markt. Das Festival zeichnet sich insgesamt dadurch aus, dass es sich an Schnittstellen heranwagt. Fumetto interessiert sich für alles, was mit Bildern arbeitet. Dadurch reicht die Gesamtschau der gezeigten Werke vom klassischen Comic über bildende Kunst und Animationen bis hin zum Theater.
Das Fumetto, das 2009 vom 28. März bis 5. April stattfand, bietet Einblicke in zahlreiche neue Comic-Veröffentlichungen und stellt jedes Jahr bedeutende Zeichnerinnen und Zeichner sowie Verlage oder Comic-Kollektive in Ausstellungen vor. Hierbei dominiert zwar die europäische Szene, der Anteil internationaler Künstlerinnen und Künstler wurde in den letzten Jahren jedoch stetig erweitert. Ein wichtiger Bestandteil des Festivals ist der Wettbewerb, der jährlich zu wechselnden Themen ausgeschrieben wird und an dem sich jedermann beteiligen kann. Tatsächlich reichten rund 1.000 Zeichnerinnen und Zeichner aus der ganzen Welt und aus allen Altersstufen ihre Strips ein. Eine Auswahl der 2009 eingesandten Arbeiten zum Thema „Virus“ war in der Wettbewerbsausstellung zu sehen. Eine Fachjury kürte die Preisträger in drei verschiedenen Alterskategorien und auch die Besucherinnen und Besucher konnten ihre Stimme für den Publikumspreis vergeben.Das besondere am Comix-Festival in Luzern ist, dass sich die Ausstellungen auf die ganze Stadt verteilen und gleichzeitig feste Anlaufstellen alle Comic-Begeisterten wieder zusammenbringen. Dies sind vor allem das Festivalzentrum in der historischen Kornschütte und die vielen Events des Rahmenprogramms mit Performances, Diskussionsrunden, Zeichen-Battles oder Konzerten. In diesem Sinne ist es auch ein Festival für das Publikum, dem ein vielfältiges Programm geboten wird. Unterstützt wird die einladende Atmosphäre durch die Beteilung der Luzerner Bevölkerung am Fumetto, denn neben dem eigentlichen Festival gibt es in der gesamten Stadt sogenannte ‚Satelliten-Ausstellungen’, für die eine Vielzahl Luzerner Geschäfte, Firmen, Cafés in den eigenen Räumen oder Schaufenstern die Werke von Comic-Künstlerinnen und -Künstlern frei zugänglich aushängen.Den Kern des Fumetto bildeten neben der Wettbewerbsausstellung in diesem Jahr 18 Einzelausstellungen. Die Künstlerinnen und Künstler kamen aus Frankreich, Belgien, Großbritannien, Finnland, USA, Kanada, Israel, der Schweiz und erstmals in der Geschichte des Fumetto aus Japan. Einer der prominentesten Künstler des diesjährigen Festivals war der Franzose Blutch. Der 42-Jährige gilt in Frankreich seit einigen Jahren als einer der bedeutendsten Zeichner und Autoren seiner Generation. Außerhalb Frankreichs ist der vielseitige Künstler und Erzähler bislang kaum bekannt, obwohl Blutch auf dem Comic-Festival von Angoulême 2009 den „Grossen Preis der Stadt Angoulême“, eine der höchsten Auszeichnungen für einen französischen Comic-Autor, erhalten hatte. In Luzern waren vor allem seine Gemälde (u. a. aus seinen Alben La Volupté und La Beauté) sowie Originalskizzen seiner Serie Le Petit Christian zu sehen. Im Rahmen des Fumetto fand auch die Buchvernissage der deutschen Gesamtausgabe Der kleine Christian (Reprodukt 2009) statt. Vor kurzem war Blutch als Zeichner auch am Band Der Sohn der Drachenfrau aus der Donjon-Kultreihe von Lewis Trondheim und Joann Sfar beteiligt (erschienen als Nr. 7 der Serie Donjon-Monster, Reprodukt 2009).
Die wachsende Bedeutung des Fumetto für die internationale Comic-Szene lässt sich an Talenten wie der 28-jährigen Amanda Vähämäki aus Finnland festmachen. Die in Tampere geborene Künstlerin gewann den Fumetto-Wettbewerb im Jahr 2005 und veröffentlichte seither in zahlreichen Comic-Anthologien ihre teils alltäglichen, teils surreal-traumhaften Geschichten. Vor allem durch die Kontakte mit der italienischen Gruppe Canicola in Bologna und Veröffentlichungen in der gleichnamigen Anthologie weckte sie internationale Aufmerksamkeit. In Deutschland sind erste Comics unter anderem in den Magazinen Strapazin oder Orang erschienen. Auf dem Fumetto hatte sie 2009 nun eine Einzelausstellung und präsentierte Auszüge ihrer enigmatischen Geschichten über das Lebensgefühl Jugendlicher.Jedes Jahr verdeutlicht das Fumetto seine Offenheit gegenüber anderen Künsten. Die Grenzen zu Grafik, Malerei, Design oder Aktionskunst sind fließend. Geneviève Castrée aus Québec (Kanada) greift diese Möglichkeiten des Comics ganz bewusst auf. Die 27-Jährige zeichnet seit 1996 Comics und arbeitet gleichzeitig als Illustratorin und Musikerin. Gemeinsam mit ihrem Partner Phil Elvrum spielt sie in der Band Woelv und verarbeitet dort ihre Bilder und Geschichten zu melancholischen Folksongs. Woelv-Platten sind gleichzeitig Tonträger und Comics, denn die aufwändig gestalteten Booklets mit vielen Zeichnungen beziehen sich auf die Songs und umgekehrt. Im Jahr 2007 erschien auf dem US-Plattenlabel K-Records der Titel Tout seul dans la forêt en plain jour, avez-vous peur? (Haben Sie Angst, tagsüber ganz allein im Wald?).
Seit einigen Jahren ist das Kunstmuseum Luzern als Ausstellungsort fester Bestandteil des Fumetto. Ausgesuchte Comic-Künstler haben die Gelegenheit, ihre Arbeiten im bedeutendsten Kunstmuseum der Zentralschweiz zu zeigen. In diesem Jahr war es unter anderem der Japaner Yuichi Yokoyama, dessen Stil kaum auf externe Einflüsse festlegbar ist. Er lebt in einem Vorort von Tokio ohne Computer, Fernseher und Führerschein und sagt von sich selbst, dass er in seinen Bildern auf Namen, Dialoge und Emotionen völlig verzichtet. Vielmehr versteht er sich als jemand, der den „Schein der Dinge, ihre Oberfläche“ zeigen möchte. Seine Zukunftsvisionen konzentrieren sich auf Bewegung, Aktion und Tempo. Zum Comic ist Yuichi Yokoyama gekommen, weil ihn die Abgeschlossenheit des Gemäldes zunehmend gestört hat. Comics ermöglichen ihm, die Komponente des zeitlichen Verlaufs aufzugreifen.Mit 55.000 Besucherinnen und Besuchern war das Publikumsinteresse in diesem Jahr ungebrochen hoch. Dies zeugt von einer Anerkennung des Comics als eigenständige Kunstform außerhalb von Deutschland. Auch die rege Nutzung des eigens entwickelten Programms für Schulklassen bietet einen Hinweis darauf, dass das Medium Comic in anderen Ländern einen besseren Ruf genießt. Einerseits beteiligen sich ganze Schulklassen von den untersten Jahrgängen an am jährlichen Wettbewerb. Im Vorfeld des Festivals erstellen die Kinder und Jugendlichen ihre Arbeiten unter anderem im Rahmen des Schulunterrichts.
Durch die Preisvergabe auch für jüngere Altersklassen (bis zwölf Jahre sowie 13 bis 17 Jahre) besteht die Chance, dass auch die Mühen der jüngeren Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewürdigt werden. Dieses Vorgehen ist so erfolgreich, dass dieses Jahr die erst 16-jährige Anina Mirjam Schärer aus der Schweiz, die ihren Wettbewerbsbeitrag im Rahmen des Zeichenunterrichts erstellte, sogar den altersübergreifenden Publikumspreis gewann.Andererseits gibt es ein speziell für Schulklassen entwickeltes interaktives Begleitprogramm für den Festivalbesuch. Das Fumettino Maxi besteht aus zwei Bausteinen und einer Arbeitsmappe, die eine didaktische Einführung zum Thema „Comic“ und Übungen für den Unterricht im Vorfeld enthält. Der Baustein „Führung“ bringt den Schülerinnen und Schüler das Medium Comic anhand des Wettbewerbsthemas näher. Es wird das Zusammenwirken von Form und Inhalt der Bilder- und Sprachwelt der Comics erläutert. Im zweiten Baustein „Postenarbeit“ haben die Schülerinnen und Schüler selbst die Möglichkeit, aktiv zu werden. In Kleingruppen besuchen sie einzelne Ausstellungsorte („Posten“), an denen selbständig Aufgaben bearbeitet werden. Mithilfe von Fragen werden die Kinder und Jugendlichen an die Comicgeschichten herangeführt. Zeichenübungen schulen ihr Sehen und machen den Comicaufbau verständlich. Das Begleitprogramm wurde auch dieses Jahr von Schulen und Jugendgruppen vielfach genutzt. Für jüngere und jugendliche Einzelpersonen besteht im Rahmen des Kinder- und Jugendprogramms Fumettino ebenso die Möglichkeit, an Zeichenkursen, Workshops und betreuten Programmen teilzunehmen.Insgesamt gelang es den Veranstaltern auf unkommerzielle Art und Weise, Nachwuchs, Newcomer, etablierte Künstler und ihr Publikum zusammenzubringen.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Markus Achatz, Bettina Arnoldt
Beitrag als PDFEinzelansichtWilli und die Wunder dieser Welt - Expedition 1 Megacity & Dschungel; Expedition 2 Arktis & Wüste. USM Digital Media, je 19,90 €
Jetzt will’s Willi scheinbar wirklich wissen: Nachdem der selbsternannte ‚neugierige Reporter’ Willi Weitzel mit seiner wöchentlichen Fernsehshow regelmäßig beträchtliche Zahlen an Kindern auf die Sofas und vor die Fernseher gelockt hatte und seine crossmediale (Sint-)Flut an Zusatzangeboten von Wissenskärtchen über Sachbücher und Brettspiele bis DVDs und Computerspiele offensichtlich auch ihren Weg in die Kinderzimmer fand, kurbelt der knabenhafte Abenteurer fleißig weiter an der Vermarktungsmaschine. Zum aktuellen Kinofilm gibt es – simsalabim – gleich zwei passende Computerspiele mit Willi-Konterfei. Jedes der Spiele lädt seinen jungen Benutzerinnen und Benutzer – passend zum Leinwand-Abenteuer – auf zwei „Expeditionen“ ein: einmal in Megacity und Dschungel, beim zweiten Spiel in Arktis und Wüste. Laut Anbieter warten dort jeweils spannende „Adventure mit realistischer 3D-Grafik“ sowie pro DVD-ROM „16 Quests sowie zahlreiche Mini- und Arcade-Games“. Klingt soweit ganz neudeutsch, doch was steckt wirklich dahinter? Zumindest wohl eher kein achtes Weltwunder, so viel muss leider festgehalten werden. Auch wenn die Spiele auf den ersten Blick ganz interessant und sinnvoll daher kommen. Die Spielerin bzw. der Spieler bewegt einen Willi-Avatar durch eine virtuelle Welt. Dort bekommt dieser verschiedene, thematisch zur Welt passende Aufgaben, die er mittels kleiner Geschicklichkeits- oder Denkspiele lösen kann. Pro gelöster Aufgabe erhält man ein ‚Erinnerungsfoto’ ins eigene Fotoalbum, ist das vollgeklebt, winkt als Belohnung ein ‚Extra Spiel’. Weil Willi aber, sei es nun aus purer edler Gesinnung oder weil der reine Fun-Faktor nur wenige elterliche Geldbeutel öffnet, nicht nur Spaß machen, sondern dabei noch spielerisch Wissen vermitteln will, ist überall noch ein extra Lerneffekt eingebaut: So gilt es in allen Spielwelten Informationen über die jeweilige Welt zu finden, zu sammeln und in das dafür vorgesehene Notizbuch einzutragen. Ein volles Notizbuch verhilft den fleißigen Informationssammlerinnen und -sammlern zu den nötigen Punkten, um das Spiel zu ‚gewinnen’ sowie zu einem ‚spannenden Quiz’. Denk- und Geschicklichkeitsspiele und Wissensquizzes? Da ist per se nichts Schlechtes dran und wenn dann noch der wissebgierige Willi dafür wirbt, kann man ja eigentlich nichts falsch machen – sollte man meinen. Die Enttäuschung folgt der Installation leider auf dem Fuße. Nach einer dürftigen Einführung findet man seinen Avatar – der außer an seiner Stimme selbst für eingefleischte Fans vermutlich schwer als Willi zu identifizieren sein wird – auf einem sehr begrenzten und grafisch recht uninspirierten Spielfeld wieder. In der angepriesenen Megacity etwa, die man sich als argloser Benutzer vermutlich tendenziell eher groß vorstellt, hat Willi vier rechteckig angeordnete Straßen sowie einen modern minimalistischen Stadtpark zur Auswahl. Hier darf er – umständlich per Mausklick herumgezogen – seine Runden drehen und dabei abwechselnd Katzen, verlorene Münzen oder Papierschnipsel suchen. Katzen-Allergiker seien aber getröstet: Die zu suchenden Gegenstände erkennt man ohnehin in erster Linie an darüber schwebenden grünen Lichtpunkten, so dass sie selbst recht zweitrangig scheinen. Der versprochene inhaltliche Bezug zur Welt wird zwar hergestellt, wirkt aber recht bemüht: Dass es in einer Stadt viele entlaufene Katzen, verlorene Centstücke oder herumliegende Papierfetzen gibt, ist sicher richtig, von einem kreativen Bezug zur Welt war ohnehin nicht die Rede. Die Geschicklichkeitsspiele, mittels derer die gefundenen Gegenstände gesammelt werden, bewegen sich zwischen langweilig und – dank hektisch und stockend funktionierendem Cursor – nicht lösbar. Das steigert natürlich nicht die Spielmotivation, vor allem da sich das Spielniveau auch bei wiederholtem Misserfolg im immer selben Spiel nicht an die Spielerin oder den Spieler anpasst und es auch keine Möglichkeit gibt, ein Spiel zu überspringen oder aufzugeben, wenn sich beispielsweise der herumflitzende Papierschnipsel partout nicht fangen lässt. Auch Willis Geräuschewelt kann leider keine Begeisterungsstürme wecken, die aus scheinbar wahllos eingestreuten, offensichtlich per Computer erzeugten Atmosphären-Geräuschen sowie quäkenden Signalen bei Erfolg bzw. Misserfolg in den Aufgaben bestehen. In Anbetracht all dessen scheint es lässlich, dass die Stadt beispielsweise – ist es Smog oder ist Willi etwa ein Nachtschwärmer? – während des ganzen Spieles in wenig heimeligem Dämmerlicht liegt oder dass Willi von der StVO gänzlich unbeeindruckt quer über alle Straßen läuft, ohne je überfahren zu werden.Der Funfaktor sprengt also leider nicht alle bisher gekannten Grenzen. Doch man täte dem armen Willi Unrecht, spräche man seinem Spiel sämtliche Qualität ab. Denn schließlich sucht der digitale Willi nicht nur Katzen und Cents, sondern auch Informationen. Diese sind – auch für weniger gewiefte Spielerinnen und Spieler leicht erkennbar – mit roten Leuchtpunkten markiert. Ein Klick auf besagten Punkt öffnet eine Notizbuchseite, auf der von „Grüner Welle“ und „Erfindung der Telefonzelle“ über diverse Tiere des Dschungels, der Wüste und der Arktis bis „Fata Morgana“ tatsächlich interessante Wissensschmankerl angeboten werden. In kurzen Texten mit oder ohne Bild gibt es hier so einiges über die Welt zu erfahren und zu lernen. Leider werden diese Texte, im Gegensatz zu den Spielanleitungen, nicht vorgelesen – verständlich, da das Spiel ab acht Jahren empfohlen wird, weniger verständlich, da Niveau und Aufmachung der Sammelspiele zuvor eher nicht geeignet sind, Kinder diesen Alters noch bei der Stange zu halten. Das angekündigte Quiz am Ende des Spieles bietet wohl den nötigen Anreiz, die teils mehr, teils weniger fesselnd aufbereiteten Informationen tatsächlich zu lesen. So wäre zumindest für den Lerneffekt gesorgt.Alles in allem aber bleibt die ernüchternde Erkenntnis, dass nicht überall, wo Willi Weitzel drauf grinst, auch wirklich sinnvoller Inhalt drin ist. Für Willi-Fans empfiehlt sich wohl eher der Gang ins Kino – wenn er wissen will, wie man ein Computerspiel macht, sollte Willi vielleicht lieber erstmal jemanden fragen, der sich damit auskennt.
Marx, André/Pfeiffer, Boris: Das wilde Pack und der geheime Fluss. Audio-CD. USM Audio. 7,99 €.Blanck, Ulf: Die Baadingoo-Feriendetektive. Die Zauberpalme. Audio-CD. USM Audio. 7,99€
Ungezählte Geheimnisse haben sie aufgedeckt, Bösewichter gestellt und Kriminalfälle gelöst und die Welt jahrelang ein bisschen besser gemacht. Mittlerweile sind die berühmt-berüchtigten Drei ??? erwachsen geworden – zwar gehen sie noch lange nicht in Jung-Kriminalisten-Rente, in Acht nehmen müssen sich die Spürnasen aber schon, denn sie haben starke Konkurrenz. Timo und Hamlet heißen die, Lillie und Barnabas, Max, Spy, Kaka und Du. Um nur eine Auswahl der tapferen Abenteurer aus den Federn der ???-Autoren zu nennen, die der Kosmos Verlag und USM Audio gerade auf ihre spannenden Missionen schickt.Timo, Lillie und Max, das sind Baadingoo, drei Freunde mit eigenem Detektivclub, die Bösewichter und Kleinkriminelle das Fürchten lehren. Und zwar in den Ferien. Während andere am Strand liegen und den Bauch in die Sonne halten, gehen die drei frechen Kids auf Verbrecherjagd. Dabei schaffen sie es, mit Köpfchen, Mut und viel Neugierde, selbst den gewieftesten Halunken das Handwerk zu legen. Im Hörspiel Die Zauberpalme etwa verfolgt die Clique eine fiese Betrügerbande, die ahnungslosen Touristen auf Teneriffa eine völlig nutzlose Salbe zu kolossalen Preisen verhökert. Doch dabei haben sie die Rechnung ohne Baadingoo gemacht, denn die unerschrockenen Freunde lassen sich weder von halsbrecherischen Bergtouren noch von Tiefsee-Tauchgängen oder falscher Lava aufhalten und lassen nicht locker, bis die Ganoven gestellt sind. Gerade für Kinder ab der zweiten oder dritten Klasse bieten die drei wirklich kurzweilige Unterhaltung und spannende Abenteuer mit viel Nervenkitzel aber auch einem guten Identifikationsangebot: Ein kleiner Krimi im Urlaub, ohne Eltern, dafür aber mit zwei besten Freunden ein richtiges Abenteuer bestehen und dabei gleich noch ein bisschen Weltverbesserer spielen – welches Kind träumt davon nicht ab und zu? Die Stimmen der Audio-Version sind zwar nicht immer perfekt auseinander zu halten, doch die Geschichte ist gut zu verstehen und kommt auf jeden Fall als rundes Hörerlebnis daher.Doch Baadingdoo sind nicht die einzigen Helden unserer Tage: Während auf Teneriffa den Salben-Schurken das Lachen vergeht, bestreiten Hamlet, Barnabas, Spy, Kaka und Du ein mindestens ebenso spannendes Abenteuer im U-Bahn-Schacht unter der großen Stadt. Dort lebt nämlich der Trupp von ausgebüchsten Zootieren und versucht, irgendwie in ihr Heimatland zu kommen. Was sich als gar nicht so einfach herausstellt für das Wilde Pack. Die tierischen Freunde müssen sich allerhand kluge Dinge ausdenken und immer neue Probleme gemeinsam lösen, um ihre Flucht vorzubereiten und dabei nicht vom hinterhältigen Zoodirektor wieder eingefangen zu werden. Vorsichtig sein heißt es da, gemeinsam die gewieftesten Pläne schmieden und mit viel Mut umsetzen. Der tapfere Leitwolf Hamlet, sein treuer Freund, der Gorilla Barnabas und die stets gut gelaunten Vögel Kaka, Du und Spy sprechen vor allem etwas jüngere Kinder ab der Grundschule an, die mit ihnen zusammen durch die U-Bahn-Schächte tollen, immer auf der Hut vor Zoodirektor Müller. Dabei machen gerade die witzig umgesetzten Tierstimmen – etwa die sssssschlaue Ssssschlange Rafina mit ihren zzzzzüngelnden Sssss-Lauten oder Kolibri Spy, der kleine Wicht, der immer nur in Reimen spricht – und die erstaunlich realistischen und liebevoll umgesetzten Hintergrundgeräusche an den verschiedenen Spielorten das tierische Abenteuer zum wahren Hörvergnügen.Teneriffa oder U-Bahn-Schacht, Schlangengezüngel oder Junior-Detektei – abenteuerliche Zeiten kommen auf uns zu. Da sollten sich alt gediente Jungedetektive wie die Drei ??? oder TKKG lieber schon mal warm anziehen.
Christina Oberst-Hundt: Vom Fernsehen zum Denken!
„Vom Telekolleg zum PISAtest“: Unter diesem Titel wurde bei den diesjährigen Tutzinger Medientagen am 2. und 3. März über das Thema „Wissen und Bildung im Fernsehen“ referiert und diskutiert. Mit dem Telekolleg haben seit Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts über 60.000 Menschen die Fachhochschulreife erlangt und weiterhin melden sich rund 2.000 Menschen pro Kurs an. Das ist durchaus eine Erfolgsgeschichte! Von den PISAtest-Ergebnissen in deutschen Schulen kann dies keineswegs gesagt werden. Hat das Fernsehen möglicherweise das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler beeinflusst? Oder anders gefragt: Können TV-Programme dazu beitragen, dass Wissen (nicht nur) für die Schulgeneration an Wert gewinnt, ‚in’ ist, dass Bildung nicht mit verstaubten Lerninhalten sondern als interessant, wichtig und erstrebenswert angesehen wird? Die in Tutzing anwesenden Macher, ob Produzent, Redakteur oder Moderator (die beiden einzigen eingeladenen Frauen waren leider verhindert) vermittelten nicht den Eindruck, dass es ihnen darum geht, den Erwerb von abfragbarem Wissen, wie bei PISA getestet, zu fördern, sehr wohl aber Menschen: junge wie alte, zu der Einsicht zu bringen, dass Wissenssendungen Informationen und Erkenntnisse über Dinge und Sachverhalte vermitteln können, von denen sie vorher nichts wussten und ahnten, dass Aha-Erlebnisse einen Mehrwert bringen und außerdem auch noch Spaß machen können.
Pioniere des Wissensfernsehens
Schon die ‚Steinzeit’ des Fernsehens, als es noch allein das Öffentlich-Rechtliche gab, leistete dies, wenn auch anders als heute. Ein durchaus unterhaltsamer Rückblick der Journalistin Klaudia Wick auf die Wissenssendungen von gestern bestätigte das. Namen wie Bernhard Grzimek, Heinz Sielmann, Jaques Cousteau oder Horst Stern erinnern daran, dass ihre Tiersendungen, deutlicher wohl als viele der aktuellen Zoo-Sendungen, ein Bewusstsein zu vermitteln suchten, das die heutigen Vorstellungen von Ökologie, Umwelt und Nachhaltigkeit mit beeinflusst hat. Ein Highlight dieser Zeit war die Übertragung der ersten Mondlandung am 21. Juli 1969. Astronaut Neil Armstrong macht den ersten Schritt eines Menschen auf den Nachbarplaneten und weltweit 530 Millionen Menschen sehen zu. Mit den Weltraum-Sendungen ist der Name Ernst von Khuon eng verbunden. Auch Heinz Haber gehört mit Was sucht der Mensch im Weltraum? und Unser blauer Planet zu den Pionieren der Wissenssendungen. Und Hoimar von Ditfurth schrieb mit der Reihe Querschnitte Fernsehgeschichte. Schon damals befasste er sich unter dem Sendetitel Hatte Darwin Recht? mit den Vorurteilen gegenüber der Evolutionstheorie.Die von Wick gezeigten Ausschnitte vermittelten mitunter Bilder reger Diskussionsrunden älterer weißhaariger Männer. Die Zuschauer und Zuschauerinnen durften beim wissenschaftlichen Diskutieren zusehen! Auffällig war allerdings, dass geisteswissenschaftliche Themen, wie Soziologie oder Psychologie kaum vorkamen. Eine Ausnahme, so Wick, sei die Unterhaltungsshow Wünsch Dir was gewesen, die Themen wie zum Beispiel „Schlangenphobie“ oder „Autosuggestion“ in der ZDF-Unterhaltungsredaktion zu Wettkampfspielen verarbeitete.
Mit „Edutainment“ ein Leben in Extremen?
Gerade Wünsch Dir was mit teilweise bizarren und manchmal auch nicht ganz ungefährlich scheinenden Spielen relativiert den Blick auf die mitunter nahezu beschaulich wirkende TV-Vergangenheit. Ulrich Reinhardt von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen hatte ihr unter dem Titel „Edutainment – Bildung macht Spaß“ mögliche Szenarien gesellschaftlicher Entwicklungen in der näheren Zukunft gegenübergestellt, die jedoch nicht durchweg Optimismus auszulösen vermochten.Freizeit, so der Trend, werde gegenüber der Arbeitszeit weiter zunehmen. Alte Menschen, zur Hälfte pflegebedürftig, würden immer mehr und Jugendliche zur Minderheit der Gesellschaft werden, vor allem deshalb, weil Frauen mit akademischem Abschluss ihren durchaus vorhandenen Kinderwunsch (86 Prozent) wegen des eklatanten Mangels an Betreuungseinrichtungen immer weniger realisieren (23 Prozent) könnten. Die Auseinandersetzungen der Zukunft würden sich also zwischen Menschen mit und ohne Kindern abspielen und Bildung sei dann vorrangig etwas für die ältere Generation.Jugendliche dagegen würden, verunsichert durch Sparmaßnahmen und steigende öffentliche Ausgaben, ihr Freizeit- und Konsum-Verhalten auf ein „Leben in Extremen“ oder auch „Luxese“: mal Luxus, mal Askese, erst Genuss, dann sparen, orientieren nach der Devise: „Stil ist, nicht viel Geld zu haben, aber es auszugeben!“ In Themenparks und Science-Centern, oder mittels Videospielen würden sie „erlebnisorientiertes Lernen“, das selbstgesteuerte interaktive Auseinandersetzung erfordert und alle Sinne einbezieht, pflegen. Dieser Trend beeinflusse schon jetzt auch das Fernsehen durch zunehmende Komplexität. Serien zum Beispiel haben schon heute deutlich mehr Handlungsstränge als früher. Vernachlässigt dagegen das Buch, das lediglich lineares isoliertes, passives Tun ermögliche!Bedenklich stimmt hierbei zudem die tiefgreifende gesellschaftliche Spaltung: Gymnasiasten nutzen drei mal so häufig neue Medien wie Jugendliche, die eine Hauptschule besuchen! Die Generation @ entpuppt sich hier also eher als Mittel- und Oberschicht-Phänomen.
Alltagswissen, das Spaß macht
Was setzen die in Tutzing vorgestellten Wissensformate der privaten Sender dieser Entwicklung entgegen oder wie entsprechen sie ihr? „Das Neue“, so Christoph Steinkamp, bei PRO SIEBEN für die Sendung Galileo zuständig, sei, „dass der Zuschauer mitgenommen wird. Man lässt ihn etwas erleben“. Es gebe „viele Experimente, richtiges Jungsfernsehen, das Spaß macht!“ Dass man natürlich auch die weiblichen Zuschauer ansprechen wolle, fügt er – etwas später – hinzu. Aber insgesamt erreichten sie schon eher junge Männer um die 34 Jahre und keineswegs nur aus der Oberschicht. Galileo will Leute ansprechen, „die unterhalten werden und dabei auch noch was mitbekommen wollen.“ Ob das unbedingt auch für die Frage gilt, wie stabil eine PET-Flasche ist und was alles gemacht werden muss, um sie endlich kaputt zu kriegen, sei dahingestellt.Sein Kollege Hendrik Hey von RTL 2 (Welt der Wunder) betont, dass die Vermittlung von „Alltagwissen besonders erfolgreich“ sei. Dabei geht es dann zum Beispiel auch um Fragen wie “Wie kann man seinem Kater im Fasching am besten entgegenwirken, was ist sinnvoll, was falsch und genau das wird dann vorgeführt“. Er nennt das „angewandte Wissenschaft im freien Feld“. Fernsehen soll ein „Tor zur Welt“ sein: Es geht ihm um „Infos, die seine Zuschauer gebrauchen können, über die sie am nächsten Tag sagen können ‚Ich weiß das!’“. Er betont, dass Welt der Wunder auch sehr viele Acht- bis 13-Jährige erreicht, darunter auch Kinder aus sozial schwächeren Familien.“Sendungen wie diese sollen auf unterhaltsame Art Informationen und Wissen mit Alltagsgebrauchswert vermitteln und Spaß machen. Und das ist schon eine ganze Menge!
Trendsetter Maus
Viele Kindersendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gelten als Highlights des Wissens- und Bildungsfernsehens. Die Sendung mit der Maus, so alt wie die Weltraumforschung seit der 1. Mondlandung mit Neil Armstrong 1969, war schon immer Trendsetter und hat bis heute nichts von ihrer Attraktivität eingebüßt und eine Reihe von ‚Nachkommen’ durchaus eigenständiger Art, wie zum Beispiel Wissen macht Ah! gezeugt. Sie ist in allen ARD-Sendern zu Hause. Für den direkten Kontakt mit ihrem Publikum gibt es die Maus-Initiative Frag doch mal und das Maus-Post-Büro, das innerhalb weniger Wochen über 78.000 Fragen erreicht. Es gibt Maus-Seiten im Internet und Podcast-Angebote von Maus und Wissen macht Ah! belegen nicht nur bei Kindern Spitzenpositionen. Während die Maus ihre Beiträge anfänglich streng nach der Devise „Nur keine Pädagogik!“ ausrichtete und sich so von Frontalunterricht und trockener Wissensvermittlung distanzieren wollte, ist ihr heute allerdings der Begriff ‚Pädagogik’ kein Tabu mehr, sondern wird, wie Siegmund Grewenig, Programmgruppenleiter Kinder und Familie beim WDR, in Tutzing betonte, „als dringende Notwendigkeit“ gesehen, um „neben der inzwischen unkontrollierbaren Unterhaltungsflut auch pädagogisch wertvolle Programme für Kinder anzubieten.“ Als öffentlich-rechtlicher Anbieter, sagt er, „müssen wir dafür Sorge tragen, das Programm zu bieten, das Kinder woanders nicht bekommen.“ In der Sendung mit dem Elefanten wird Pädagogik sogar Programm. Es gibt Medienpakete und Veranstaltungen, wie den Tag der Medienpädagogik oder das Multimedia-Lernpaket Die Welt ist elefantastisch – Sprachförderung mit dem Elefanten, die sich insbesondere an Erzieherinnen und Erzieher wenden. Maus und Elefant gehen direkt in die Gesellschaft, dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Zugleich versteht sich, wie Grewenig betonte, öffentlich-rechtliches Kinderfernsehen nach wie vor der Tradition verpflichtet, sein vor allem junges Publikum gut unterhalten zu wollen.
Bildung nicht allein dem Internet überlassen!
Seit elf Jahren schon gibt es den einzigen und mittlerweile Grimme-Preis-gekrönten deutschen TV-Bildungskanal BR alpha. Dass Werner Reuß von „seinem“ Sender begeistert ist, vermittelt sich bereits nach den ersten Sätzen seiner Rede in Tutzing. Am Beispiel des Dokumentarspiels Hitler vor Gericht betont er den umfassenden Bildungsauftrag, dem sich der Sender verpflichtet fühlt. Der Film, so Reuß, „ist Bildung. Bildung in Geschichte, Bildung in Politik und Bildung in Demokratie“. Gerade diesem gesellschaftspolitischen Aspekt könne das Fernsehen wie kein anderes Medium Geltung verschaffen, da es über eine von keinem anderen erreichte Suggestivkraft verfüge und damit die Fähigkeit habe, „das Denken, Fühlen, Wollen und Handeln der Zuschauer suggestiv zu beeinflussen.“ Bildung hat, so Reuß, „mit Verstehen zu tun – und mit Emotion, Faszination und Euphorie“. „Bildung bedeutet innere Veränderung ... neue Sichtweisen“ und „Erkenntnis, die handlungswirksam werden kann“.Bildung dürfe deshalb keineswegs allein dem Internet überlassen werden. Dass trotz des Internet-Wachstums die TV-Nutzung auf täglich 221 Minuten gestiegen sei, zeige, dass der Anstieg des Internets nicht zulasten des Fernsehens gehe, sondern eher zulasten anderer Freizeitaktivitäten. Und natürlich sei auch BR alpha im Internet umfangreich vertreten. Fernsehen und Internet sollten nicht als Gegensätze gesehen werden. „Wir sprechen nicht vom Entweder-oder, sondern vom Sowohl-als-auch.“ Und er ist überzeugt, dass BR alpha als einziges Bildungsvollprogramm „auch bundesweit eine immer größere Rolle spielen wird“. Gerade im Verbund von Fernsehen und Internet könnten sich die medialen Möglichkeiten für Bildung voll entfalten. Allerdings scheint die Politik, wie er „am Rande“ kritisch anmerkte, die „Qualität der Online-Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks offenbar so sehr zu fürchten“, dass sie im Internet, „diesem demokratischen Weltall von Angeboten“ mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nun „Schranken und Restriktionen“ aufgebaut hat.
Abenteuer Forschung
Dass Forschung das denkbar Spannendste ist und selbst vor Undenkbarem nicht Halt macht, das will der Physiker und Astronom Harald Lesch als Moderator der ZDF-Sendung Abenteuer Forschung rüberbringen. „Was uns interessiert“, so der Professor, „sind Fragen, die man sich möglicherweise noch nicht gestellt hat“ und Menschen auch mit Themen zusammen zu bringen, „von denen sie noch nie etwas gehört haben“. Er will sie „dazu veranlassen, ihr Hirn zu benutzen.“ „Wenn wir das beim Zuschauer schaffen, dass er seinen Kopf benutzt, dann haben wir meiner Ansicht nach genau die Funktion erfüllt, die wir erreichen können.“ Das kann die Beschäftigung mit dem Thema ‚Zeit’ sein, die Frage, was ist Schönheit? oder klarzumachen, dass die Evolutionstheorie viel tiefer greift, „als einfach nur die Entwicklung von Lebewesen auf einem Planeten zu erklären“. Es geht nicht so sehr um Wahrheiten, sondern vielmehr darum, herauszufinden, ob etwas falsch ist. Eine Wissenschaftssendung sollte seine Zuschauerinnen und Zuschauer dazu bringen, „dass eine grundsätzliche intellektuelle Haltung erworben wird und nicht nur Information alleine.“
Lebenslanges Lernen und soziale Gerechtigkeit
In Tutzing ging es um den Beitrag des Fernsehens, öffentlich-rechtlichem wie privatem, bei der Vermittlung von Wissen und Bildung und darum, ob Fernsehen seinem Bildungsauftrag nachkommt. Das schließt auch die Frage ein, wie ‚lebenslanges Lernen’ als gesellschaftlicher Anspruch durch die vielfältigen Möglichkeiten des Mediums Fernsehen unterstützt und gefördert werden kann. Lebenslanges Lernen, das umfasst auch die Wünsche der immer mehr werdenden Alten, die durch körperliche und eben auch geistige Fitness am gesellschaftlichen Leben so lange wie möglich teilhaben wollen, ebenso wie die sich in Politik und Gesellschaft inzwischen vermehrt durchsetzende Erkenntnis, dass Menschen von klein auf bildungsbedürftig und -fähig sind, Kindertagesstätten also nicht lediglich notgedrungene Betreuungs-, sondern vorrangig Bildungseinrichtungen sind, bzw. sein sollten und Erzieherinnen und Erzieher sowie Eltern Unterstützung brauchen und erhalten müssen, um Kinder angemessen zu fördern und hierbei niemand ausgegrenzt werden darf.Dieses ganzheitliche Bildungsverständnis, das Wissen, Bildung und Erziehung im Zusammenhang sieht, hatte der EKD-Medienbeauftragte Markus Bräuer in seinem Einführungsreferat betont. Bräuer wandte sich gegen eine bloße „Ökonomisierung der Bildungsziele und Bildungsinhalte“, die auf bloße Vermittlung von „vornehmlich Verfügungswissen“ ziele. Ebenso „breiten Raum“ müsse das Orientierungswissen, welches „die Grundfragen des menschlichen Lebens, nach Hoffnung und Halt, Orientierung und Vertrauen“ einschließt, einnehmen. Dabei geht es auch um soziale Gerechtigkeit: Bildungsferne dürfe nicht „dauerhaft über Generationen vererbt“ werden und Menschen, die Deutsch nicht als Muttersprache gelernt haben, müsse möglich sein, dass sie sich „chancengleich in die Gesellschaft integrieren können“.Dass Fernsehen ein „Bildungsmotor“ sein kann und sollte, dazu hatte die Tagung vielfältige Anregungen gegeben, aber auch kritische Fragen aufgeworfen: Warum zum Beispiel erreichen die vielfältigen qualitativ hochwertigen Wissenssendungen oft nur Miniquoten? Wie kann in der Bevölkerung der Wunsch gestärkt werden, sich selbst bilden zu wollen? Was kann der Staat für mehr Bildungsbereitschaft, was der Rundfunk selbst für mehr Medienkompetenz tun? Warum wird im Fernsehen Wissenschaft meist mehr auf naturwissenschaftliche und technische Themen beschränkt? Welchen Beitrag kann das Unterhaltungsfernsehen leisten? Wie können insbesondere mehr Jugendliche erreicht werden? „Es muss ‚cool’ werden, Bescheid zu wissen“, so der ARD-Vorsitzende Boudgoust in der Abschlussdiskussion. Ob Fernsehen klüger macht und dann auch die PISA-Ergebnisse besser werden? Zumindest schadet es nicht. Im Gegenteil!
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Christina Oberst-Hundt
Beitrag als PDFEinzelansichtDorothee Klemm: Wie Webman die Internetwelt Jugendlicher retten will
Die Sicherheit persönlicher Daten im Netz wird großgeschrieben. Vor allem wenn es um die Privatsphäre von Kindern und Jugendlichengeht, ist das Bemühen von Seiten des Jugendschutzesenorm. So hat jetzt eine neue Kampagne ihr Portal für mehr Sicherheit im Netz ins Leben gerufen. Initiiert vom Projekt Jugend online der Fachstelle für internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V. (IJAB) will die Plattform watchyourweb.de Jugendlichen die Gefahren und Risiken des Surfens im Web vermitteln.
Mithilfe kleiner Videoclips, den Protagonisten Webman und Data Devil (der ‚Superman’ des Webs kämpft gegen den bösen Datenteufel), Web-Tests, Tipps für mehr Sicherheit im Netz und verschiedenen Aktionen wird den Jugendlichen ein kompetenter Umgang mit Daten im Netz auf interaktive Weise ans Herz gelegt. Gefördert wird die Kampagne vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaftund Verbraucherschutz (BMELV) und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauenund Jugend (BMFSFJ). Die Liste der Partner ist lang. Darunter sind einschlägige Anbieter vonSozialen Netzwerken wie SchülerVZ zu finden sowie namhafte Vertreter des Jugendschutzes im Medienbereich (BPjM, FSM, klicksafe, jugendschutz.net).
Die Kampagne hat sich zum Ziel gesetzt, ihre vier wichtigsten Botschaften für einen sicheren Umgang mit Daten im Internet auf multimediale Weise zu verbreiten. Die Mottos „Das Internet vergisst nichts!“, „Was einmal im Internet steht, kann sich schnell verbreiten!“, „Virtuellesist real.“ und „Im Internet istman nicht immer ungestört.“ werden in verschiedenen Rubriken vermittelt. So gliedert sich das Portal in die fünf Bereiche „Über uns“, „Video-Clips“, „Web-Test“, „Aktionen“ und „Hilfe!“ Die wichtigste Rubrik ist wohl die der Videos. Die Macher selbst bezeichnen die drei Kampagnenfilme als „Herzstücke der Kampagne“. In den kurzen Clips werdendie Gefahren des Chattens und der Entblößung in sozialen Netzwerken aus dem alltäglichen Leben Jugendlicher aufgezeigt. Am Ende jedes Clips erscheinen die Comicfiguren Data Devil und Webman und arbeiten die jeweiligen Inhalte und Risiken nochmals kurz auf. Ob die animierten Zeichnungen bei der Zielgruppe Jugendliche so gut ankommen, bleibt abzuwarten. Sie wärenvermutlich auf einer Plattform für Kinder besser aufgehoben. Neben den drei F ilmen, die man übrigens in die eigene Homepage oder in einen Blog einbinden kann, gibt es die Möglichkeit, einen weiteren Film „Klasse“ (über die schnelle Verbreitung von Daten) auch an Freunde zu verschicken und mit einer persönlichen Nachrichtzu versehen. In der Rubrik „Web-Test – Welcher Webtyp bist du?“ können die Userinnen und User mithilfe von zehn mehr oder weniger sinnvollen Fragen rund um die Datensicherheit testen, ob sie ein „Web-Profi“ oder doch eher ein „Web-Kamikaze“ sind. „Wann hättest du Webman gebraucht?“ Diese Frage beantworten die Benutzerinnen und Benutzer im „Aktionen“-Bereich.
Sie gestalten aktiv Webman’s Pinnwand und berichten dort über ihre erlebten negativen Erfahrungen im Netz. Konkrete Tipps und Tricksrund um den Schutz von persönlichen Daten erhalten die Teenager im Bereich „Hilfe!“ In den jeweiligen Tutorials der Partner-Netzwerke erklären unter anderem Screenshots auf verständliche Weise, wie in den unterschiedlichen Communitys mit ein paar einfachen Klicks diePrivatsphäre der jungen Nutzerinnen und Nutzergesichert werden kann. Außerdem gibt es eine Linkliste mit nützlichen Hinweisen auf Seiten im Internet zum Thema sicheres Surfen im Netz – allerdings auch hier wiederum nur auf Partnerhomepages. Alles in allem bietet die neue Plattform watch your web für Jugendliche viele interaktive Möglichkeiten, sich mit den Gefahren des Internetsauf spannende Weise auseinanderzusetzen. Zufinden ist die Plattform unter www.watchyourweb.de.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Dorothee Klemm
Beitrag als PDFEinzelansichtTHINK Kids - Spiel dich schlau! Nintendo DS-Spiel. dtp und Ravensburger, 2008, 29,99€
Schon länger können Erwachsene ihre grauen Zellen mit den THINK Logik Trainern trainieren. Jetzt darf auch die jüngere Generation zum Touchpen greifen und mit dem kindge-rechten Nachfolger, dem THINK Kids – Spiel dich schlau!, die Köpfchen mit Denk-sportaufgaben zum Rauchen bringen. In dem übersichtlich aufgebauten und farbenfroh gestal-teten Nintendo DS-Spiel werden die kleinen Gehirnjogger von ihrem persönlichen Trainer oder ihrer persönlichen Trainerin – Charlie oder Jane – bei den abwechslungsreichen Aufga-ben begleitet und mit den nötigen Tipps und Tricks versorgt. Dabei bietet das Spiel zwei Hauptoptionen: das Training und die Karriere. Der Tainingsmodus gliedert sich wiederum in die Kategorien Sprache, Gedächtnis, Rechnen, Räumliches Denken, Auffassung und Logik, wobei der Trainer bzw. die Trainerin vor jeder neuen Aufgabe ein kurzes Tutorial bereit hält. Und wer sich dann in den Minispielen des Trainingsmodus warm gespielt hat, kann seine Fähigkeiten im Karrieremodus unter Beweis stellen.
Hier kann weiter nach Wörtern gesucht, Kopfrechenaufgaben gelöst, oder gepuzzelt werden. Und wer flink genug ist, dem werden zur Belohnung im Trainingsmodus weitere Schwierigkeitsstufen mit neuen Spielen frei geschal-tet. Zusätzlich ist es jederzeit möglich, seinen persönlichen Fortschritt sowohl im Training als auch in der Karriere im Analyse-Modus mit Hilfe einer Grafik zu überprüfen. Das liebevoll animierte Spiel punktet mit seiner nutzerfreundlichen Handschriftenerkennung und seinen facettenreichen Mini-Spielen, die im Multiplayermodus auch gegeneinander gespielt werden können. Was aber schnell mal auf die Nerven gehen kann und sogar das Denken erschwert, ist die stets gleich bleibende, recht unruhige musikalische Untermalung. Fraglich ist auch die Benutzung des Karrierebegriffs in einem Kinderspiel. Als Altersempfehlung gibt der Heraus-geber ‚3+’ an, wobei es wohl eher selten vorkommt, dass ein Kind in diesem Alter bereits Kopfrechenaufgaben oder Wörterpuzzle bewältigen kann. Kinder ab sieben oder acht Jahren könnten sich jedoch auf jeden Fall an der kurzweiligen Unterhaltung mit THINK Kids – Spiel dich schlau! erfreuen.
publikationen
Bittkau-Schmidt, Susan (2009). Wissen und Handeln in virtuellen sozialen Welten. Wiesbaden: VS Verlag, 318 S., 29,90 €
Das vorliegende Buch ist die Dissertation der Autorin, mit der sie an der Universität Magdeburg promoviert hat. Als Basis bezeichnet sie acht qualitative Leitfadeninterviews mit „sowohl SozialpädagogInnen als auch Diplom-PädagogInnen, Diplom-MedienpädagogInnen und LehrerInnen“ (S. 165). Die Interviews fanden schon im Jahr 2002 statt. Alle Befragten arbeiteten damals für virtuelle Communitys: als Wissenschaftler, Chat- und Communitymanager oder Contentmanager, und zum Teil waren sie zuständig für die technische Umsetzung. Gegenstand der Interviews waren die Berufsbiografien und die Handlungs- sowie Gestaltungsspielräume – sei es bei der Arbeit für ein virtuelles Studienanagebot, einen Musikchannel, eine virtuelle Stadt für Kinder, ein Intranet für Auszubildende, in der Entwicklung eines Bot (der die Nutzer einer Software unterstützte) und Ähnliches. Klären sollte die Untersuchung, ob das pädagogische Basiswissen, über das die Befragten verfügen, sie auch befähigt, in einem ursprünglich außerpädagogischen Feld tätig zu sein. Im Zentrum sollte die Art und Weise ihres Handelns stehen, speziell die Frage, wie sie sich neue Handlungs- und Gestaltungsspielräume eröffnen.Das Buch beginnt dabei mit einer Darstellung theoretischer Vorannahmen. Sie ist umfangreicher als der empirische Teil und auch umfangreicher, als man es bei einer Studie erwarten würde, die sich an der Methodologie der Grounded Theory orientiert. Den Kontext liefert ein wissenssoziologischer Zugang, der sich vor allem auf die Schriften von Alfred Schütz stützt. Hierzu – wie auch zur Debatte um die Wissensgesellschaft – wird referiert, um einen pädagogisch akzentuierten Wissensbegriff zu gewinnen und wissensbezogene Handlungstypen zu unterscheiden. Das Lesen braucht Geduld, weil es erst einmal wenig konkrete Bezüge zu den Interviews gibt. Deren Auswertung wird nach einem forschungsmethodischen Teil ab S. 182 dargestellt.Dieser Part steht unter dem Anspruch „einer explorativen Darstellung von charakteristischen Merkmalen des beruflichen Handelns“ der Befragten (S. 181). Dazu beginnt Bittkau-Schmidt mit vier Fallrekonstruktionen. Sie bildet an ihnen jeweils eine der Schlüsselkategorien ihrer Auswertung. Darauf folgt eine fallübergreifende Darstellung, bei der die vier weiteren Interviews einbezogen werden. Die Schlüsselkategorien und ihre jeweils zwei, im Folgenden in Klammern genannten Dimensionen (Handlungsstrategien) sind: Wissen distribuieren (Wissen vermitteln, Wissen reflektieren), soziale Welten gestalten und initiieren (handlungsstrategische Überlegungen, Umsetzung und Betreuung), Wissen generieren (Problem- und Zielgruppenorientierung, intersubjektive Konstitution von ExpertInnenwissen) sowie Wissen antizipieren (Wissen für zukünftige AdressatInnen und Situationen antizipieren, Wissen für zukünftige Entwicklungen antizipieren). Mit den zwei ersten Schlüsselkategorien will Bittkau-Schmidt zeigen, wie PädagogInnen mit Wissen handeln, über das sie schon verfügen. Die beiden anderen Kategorien sollen erfassen, wie neues Wissen für die Tätigkeit in virtuellen Communitys erzeugt wird.Am Ende versucht die Autorin, über ihre empirischen Ergebnisse hinauszugehen, indem sie einen allgemeinen Ausblick auf Handeln und Wissen in Tätigkeitsfeldern wagt, die bislang nicht als pädagogisch gelten. Sie verbindet dazu ihre Ergebnisse mit den Vorannahmen, deren Tragfähigkeit nun zur Debatte steht und die sie in einzelnen Punkten ändert.Im Rückblick ist zu sagen, dass die empirische Basis für eine Grounded Theory-Studie schmal ist. Die Auswertung führt nicht zu einer empirisch gesättigten Theorie; auch wenn Bittkau-Schmidt von einem „empirische[n] Modell“ spricht (S. 264). Grafisch stellt sie es dar durch eine Ellipse, die in vier Segmente eingeteilt ist: Jedes Segment trägt den Namen einer Schlüsselkategorie. Das ist schlicht und lässt eine Fokussierung vermissen. Wie der Text besagt, seien mehrere Reihenfolgen der Segmente „denkbar“, alle Schlüsselkategorien seien „eng miteinander verknüpft“ und unterlägen „einem sehr dynamischen Prozess, ohne von einer hierarchischen Ordnung abhängig zu sein“ (S. 265).Wenn von „neu“ im Untertitel des Buches die Rede ist, muss man das mehr auf die theoretischen Erwägungen über ein Handeln in nicht klassischen pädagogischen Arbeitsfeldern beziehen. Die virtuellen sozialen Welten, die konkret zur Sprache kommen, sind alt – gemessen an der Entwicklung computerbasierter Kommunikation in den letzten sieben Jahren, seit den Interviews. Die Möglichkeiten des Web 2.0, Communitys wie MySpace oder Facebook, die diese Möglichkeiten nutzen, oder eine virtuelle 3D-Simulation wie Second Life, die auch mit anspruchsvollen pädagogischen Absichten auftritt: Sie werden leider nicht erörtert.
Steinmetz, Rüdiger (2003 + 2007). Filme sehen lernen 1 & 2. Frankfurt: Zeitausendeins, 3 DVDs, 59,90 €
In den letzten Jahren häuften sich die Einführungen in die Film- und Fernsehanalyse. Sammelbände, Lehrbücher, mit unterschiedlichem Erkenntnishorizont haben dieses Feld parallel zum Boom der Medien an den Universitäten und in der Gesellschaft gut erschlossen und durch unterschiedliche methodische Herangehensweisen abgesteckt. Und kaum ein Verlag konnte sich diesem Trend widersetzen.Eine besondere Stellung im Rahmen dieser Einführungen nehmen die beiden von Rüdiger Steinmetz – Professor für Medienwissenschaft in Leipzig – konzipierten DVDs, erschienen 2003 und 2007 bei Zweitausendeins, ein. Es sind lohnenswerte Anschaffungen für alle Universitätsbibliotheken, für alle Schulen, kurz für alle, bei denen Film bzw. der Umgang mit narrativen Bildern betrieben wird. Es ist eine Einführung in die Beschreibung von Filmen, die auch sensibilisiert für die eingesetzten audio-visuellen Mittel. Das Konzept ist so einfach wie stimmig. Die DVD, die auf allen Rechnern mit DVD-Laufwerk läuft, für die also kein besonderes Programm installiert werden muss, funktioniert als dreiteilige Einheit. Man kann – wie bei einer DVD – vorspulen, zurückspringen, zwischen den Kapiteln hin und herspringen, die Präsentation kurz anhalten. In einem beiliegenden Booklet sind die gesprochenen Text in alphabetischer Reihenfolge und in leicht gekürzter Form wiedergegeben, so dass man sie auch nachlesen kann. Hier findet sich auch eine Gebrauchsanweisung der DVD. Leider finden sich keine darüber hinaus gehenden Literaturhinweise, die vor allem für die Filmgeschichte oder Filmtheorie wichtig wären – auch eine Problematisierung der erläuterten Begriffe fehlt leider völlig. Erklärt werden die Grundbegriffe der strukturalen Filmanalyse von einem Sprecher auf der Folie entsprechender instruktiver filmischer Beispiele, die breitgestreut – von den ersten Filmen Lumières bis zu Produktionen aus dem Jahr 2006 reichen. Die gewählte Sprache ist allgemein verständlich. Fachausdrücke werden in der Regel – nicht immer – sofort erklärt. Auf der ersten DVD werden die Basics der unterschiedlichen Kameraeinstellungen und die gängigen Prinzipien der Montage erklärt (ca. 135 Minuten); auf der zweiten DVD die Elemente Licht, Farbe, Sound – aufgeteilt auf zwei DVDs (ca. 125 min und 146 Minuten); hinzu kommen jeweils die einzeln ansteuerbaren Filmbeispiele im Archiv. Im Vordergrund steht der fiktionale Spielfilm à la Hollywood seit 1912. Der frühe Film wird nur in den Bereichen Ton (der Stummfilm war niemals stumm) und Farbe (der Stummfilm war niemals weiß) gestreift – auch wenn ganz am Anfang Lumières L’Arrive d’un train à la gare steht. Gegen die Prinzipien des Continuity-Systems (auf der Ebene der Bilder, aber auch des Tons) deutet der Autor auf unterschiedliche Avantgarde-Konzepte (vom abstrakten Film und surrealistischen Film der 1920er Jahre, über den sowjetischen Revolutionsfilm, die Nouvelle Vague bis hin zu Antonioni und dem Neuen deutschen Film) hin, die den Katalog künstlerischer Gestaltungsprinzipien auf allen Ebenen erweiterten. Der Dokumentarfilm wird gänzlich ausgeblendet; gelegentlich erfolgen Verweise auf das Fernsehen – jedoch ohne dass diese ein System erkennen lassen. Die Filmtechnik spielt eine Rolle, insofern sie beim Farbfilm, aber auch beim Sound die Palette der möglichen künstlerischen Ausdrucksweisen erweitert; nur gelegentlich wird die Grenze der Analyse und Beschreibung hin zur Interpretation und Wertung des Films überschritten. Die Texte behaupten zurecht ein Ineinandergreifen künstlerischer und technischer Entwicklungen (z. B. Objektivbrennweiten, digitale Postproduktionsmöglichkeiten, Farbfilm- und Tonfilmverfahren bis zur Digitalisierung). In den Zeiten der Schul- und Studienzeitverkürzung bieten die DVDs eine hervorragende Einführung im Selbststudium und dem Dozenten die Möglichkeit, gezielt auf Filmbeispiele für bestimmte Elemente der Filmsprache zurückzugreifen. Für eine sicherlich anstehende Neuauflage wäre es wünschenswert, wenn die inhaltlichen Vorannahmen und Defizite der DVD und dem zugrundeliegenden Konzept von Film und dessen Anschluss in Geschichte und Gesellschaft, aber auch die sich notwendigerweise aus den Analysen ergebenden Folgen in der Einleitung oder dem fehlenden Abspann problematisiert werden würden. Dann hätten die DVDs ihren Platz in dem kanonisierten Reigen der Einführungsliteratur in die Medienanalyse gleich doppelt gefunden.
Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.) (2009). Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland. Bielefeld: transcript. 352 S., 32,80 €
Melting Pot hin, Salad Bowl her – keiner hat mehr Zweifel daran, dass die Gesellschaft, in der wir leben, eine multikulturelle ist. Menschen mit mehr oder weniger ausgeprägtem Migrationshintergrund tummeln sich allüberall in den Städten, auf den Straßen – aber tummeln sie sich auch in unseren Medien? Und wenn ja, wie? Helfen Medien bei der Integration oder verhindern sie sie, oder haben sie die Anwesenheit ethnischer Minderheiten scheinbar gar nicht bemerkt? Diese und ähnliche Fragen treiben Rainer Geißler und Horst Pöttker schon geraume Zeit um, so dass die beiden mittlerweile drei beachtliche Bücher zum Forschungsstand und den Ergebnissen zweier Tagungen zum Thema herausgegeben haben. Doch damit nicht genug, jetzt präsentieren sie nach all der Theorie in einem vierten Buch Forschungsergebnisse zum Thema. Insgesamt 13 Teiluntersuchungen wurden in ihrem Projekt ‚Mediale Integration ethnischer Minderheiten’ durchgeführt, die sich auf ganz unterschiedliche Themen konzentrieren. So wird zunächst die Geschichte der medialen Präsenz ethnischer Minderheiten aufgearbeitet, anschließend gibt eine Totalerhebung der Redaktionen deutscher Tageszeitung Einblick in die ethnische Zusammensetzung der Journalisten selbst. Danach wird Sinn und Unsinn – bzw. die tatsächlichen Auswirkungen – der Diskriminierungsregeln und -verbote in Deutschland beleuchtet. Zu guter Letzt legen Inhaltsanalysen deutscher Mehrheitsmedien, der türkischen Zeitung Hürriet sowie des Internets als Sprachrohr ethnischer Minderheiten offen, wie stark und auf welche Weise diese Personengruppen in den Medien präsent sind. Die Ergebnisse sind dabei nicht selten überraschend, erhellend und teils auch ein wenig schockierend. Auch wenn man sich des Gedankens nicht erwehren kann, dass es wohl etwas übertrieben ist, unter ‚den Massenmedien’ gerade einmal einige Tageszeitungen und Internetseiten zu summieren und alles anderen Medien schlicht zu ignorieren, bleiben die Untersuchungen spannend und lesenswert. Sie bieten einen umfassenden Überblick über das Thema, lassen so manche mediale Präsentation in einem anderen Licht erscheinen und bescheren den ein oder anderen Aha-Effekt. 352 lesenswerte Seiten also für Menschen welchen (Migrations-)Hintergrundes auch immer. Und wer nach all der Theorie und Forschung noch die praktisch umsetzbaren Handlungsvorschläge vermisst darf sich schon auf das fünfte Buch der fleißigen Herausgeber freuen: Medien und Integration in Nordamerika. Erfahrungen aus den Einwanderungsländern Kanada und USA wird sich mit den dort gemachten Erfahrungen und deren Übertragbarkeit auf unsere Gesellschaft beschäftigen.
Köster, Ingo (2008). Fernsehkultur. Kulturelle und ökonomische Einflüsse auf institutionelle Strukturen im westeuropäischen Fernsehen. Berlin: Lit-Verlag. 712 S., 64,90 €
Das Fernsehen ist immer und überall. Allzu weit her ist diese These heute nicht mehr geholt: Das Fernsehen ist und bleibt das wichtigste und allumfassende Medium, das gerade in Europa länderübergreifend in hohem Maß genutzt wird. Fast jeder kennt es, verfügt über ein Gerät und benutzt dieses nicht selten. Dabei dienst das Fernsehen gleich auf zwei Arten als Kulturträger par excellence: es bildet die jeweils relevanten gesellschaftlichen Normen, Werte, Traditionen, Symbole und Entwicklungen ab und gibt somit Auskunft über unsere Kulturen, während es auf der anderen Seite zugleich selbst als öffentliche Plattform aktiv in die Kultur eingreift und sie mit gestaltet. Diese einzigartige Position des Fernsehens in unserer Gesellschaft veranlasste Ingo Köster zu seiner Untersuchung Fernsehkultur, einem „Rundumschlag“ über Fernsehlandschaft und –inhalte in Wechselwirkung mit kulturellen Eigenheiten in Westeuropa. Was hier recht umfassend und unspezifisch klingt ist auch genau das: insgesamt 712 Seiten Untersuchung – wenngleich inklusive Anhang und umfassenden Literaturangaben – legt Köster vor, auf denen er ausführlich die westeuropäische Fernsehlandschaft untersucht, bespricht und erklärt. Dabei führt er drei große Bereiche als Grundlagen an bzw. Grobgliederung an: Beginnend mit einer theoriegeleiteten Erörterung kulturkomparatistischer Methodik stellt er anschließend einen Gesellschaftsvergleich in Westeuropa an und analysiert zu guter Letzt die institutionellen Erscheinungsformen des Fernsehens. Seine Ergebnisse sind dabei tatsächlich interessant und lassen wohl tatsächlich keine Fragen, die im weitesten Sinne mit westeuropäischen ‚Flimmerkisten’ zu tun haben, offen. Das hehre Ziel, sowohl „Leser, die mehr über allgemeine kulturelle Differenzen und ihre Ausdrucksformen erfahren wollen, als auch (…) solche, die sich schon immer gefragt haben, warum das Fernsehen in den einzelnen Ländern so unterschiedlich ist“ zu erreichen, mag aber doch etwas hoch gesteckt sein. Bei allen interessanten Inhalten wird realistisch gesehen dennoch den meisten Lesern – selbst wenn sie schon ihr Lebens lang darüber grübeln, woher nur die länderspezifischen Unterschiede rühren – irgendwo auf der langen Strecke zwischen Forschungsfragen und Literaturverzeichnis die Luft ausgehen.
Petersen, Thomas/Schwender, Clemes (Hrsg.) (2009): Visuelle Stereotype. Köln: Herbert von Halem Verlag. 208 S., 21 €
Stereotype begleiten unser Leben immer und überall – ob als eher unbeliebte Vorurteile und Klischees oder als nützliches und bisweilen auch positives Wissen über Welt, Menschen und sämtliche Phänomene: Standardisierte Vorstellungen und Annahmen gibt es zu fast allem, was es auf der Welt gibt. Natürlich begegnen uns solche Bilder auch in den Medien. Politiker werden in Karikaturen zu Klischees ‚verbraten’, Geschlechter, Religionen und Ethnizitäten finden sich in immer gleichen Mustern wieder und gesellschaftliche Gruppierungen werden oft auf ihre einprägsamen Symbole reduziert. Doch wie stark prägen diese Bilder unser Denken und unsere Meinung? In welchem Ausmaß bedienen sich die Medien tatsächlicher solcher Stereotype und wieviel davon ist nützlich und hilfreich, wieviel dagegen destruktiv? Mit diesen Fragen haben sich zahlreiche Autoren im Rahmen des Bandes Visuelle Stereotype beschäftigt. Dabei werden zunächst anhand vieler praktischer Beispiele „Stereotype in der politischen Propaganda“ sowie „Visuelle Stereotype bei der Darstellung gesellschaftlicher Gruppen in den Medien“ aufgezeigt und erläutert. Abschließend gehen die Autorinnen und Autoren theoretisch fundiert auf „Wirkungsmechanismen und -potenziale“ von Stereotypen und schließlich auf „Methodische Ansätze zur Analyse von Bildinhalten und Bildwirkung“ ein. So bietet sich dem Leser schließlich ein rundes Bild und ein umfassender Eindruck, der von theoretischem Wissen über Stereotype über Kenntnis einiger Forschungsprojekte bis hin zu Beispielen aus der Realität alles enthält. Ob allzu ‚plakative’ Wahlplakate der letzten Jahrzehnte oder das bewusste Spiel mit Klischees in Ethno-Soaps des aktuellen Fernsehprogramms – überall lassen sich Stereotype entdecken und entlarven. Auf diese Art und Weise werden Forschungsergebnisse und Erkenntnisse sofort mit alltagstauglichen Informationen verbunden. Der aufmerksame Leser findet danach mit Sicherheit ein paar mehr Stereotype in seiner Umgebung – die er aber ganz un-stereotyp erkennen und durchschauen kann.
Wiegelmann-Bals, Annette (2009). Die Kinderzeichnung im Kontext der neuen Medien. Oberhausen: Athena-Verlag. 260 S., 32,50 €
Dass Kinder gerne malen ist nichts Neues – bunte Blumen, Tiere und Tomb Raiders von kleinen Künstlern zieren wohl schon immer elterliche Küchen und Pinnwände. Halt – Tomb Raiders? Gehören die nicht eher hinter Computerbildschirme? Oder finden die Inhalte der neuen Medien tatsächlich bereits ihren Weg in Kinderzeichnungen? Wie beeinflusst überhaupt die technologische Entwicklung unserer Zeit das Malverhalten der Kinder? Lassen sich Einflüsse erkennen und wenn ja, welcher Gestalt und wie ausgeprägt?Annette Wiegelmann-Bals stellte sich diese Fragen in ihrer Untersuchung Die Kinderzeichnung im Kontext der neuen Medien. Allgemeine Erkenntnisse über Kinderzeichnungen, deren Entstehung, Aufbau und Deutung sowie Erkenntnisse aus der Medienwirkungsforschung, aus der Computerspielforschung und Untersuchungen von Kinder- und Jugendmedien bildeten für sie die theoretische Grundlage, auf der sie ihre Forschungsfragen aufbaute. Davon ausgehend entwickelte sie eine eigene empirische Untersuchung, in der sie zunächst die PC-Spiele Grand Theft Auto (GTA) und Tomb Raider analysierte, anschließend Kinderzeichnungen im Verlauf der Zeit, die sie aus dem Archiv für Kinderzeichnungen in Erfurt entnahm, betrachtete und untersuchte und schlussendlich die Ergebnisse beider Untersuchungen in einen Zusammenhang stellt. Dabei stößt die Autorin auf interessante und teils überraschende Ergebnisse: Nicht nur oberflächlich, was etwa das Thema betrifft, sondern auch inhaltlich und qualitativ kann sie gravierende Veränderungen in den Kinderzeichnungen im Verlauf der letzten Jahre nachweisen. Bildkomposition, Raumorganisation und Farbkonzept haben sich verändert, gleichzeitig ließ aber auch die gestalterische Qualität der Kunstwerke immer mehr nach. Die altersspezifische Entwicklung der Kompetenzen der Kinder verschiebt sich immer mehr nach hinten – die Kinder erlangen also immer später künstlerische Fertigkeiten, die sie sonst bereits in jüngerem Alter hatten. Schließlich und endlich entdeckt die Autorin auch eine sehr hohe Relevanz der Thematisierung von PC-Spielen in den Bildern der Kinder – Tomb Raider und Co. halten offensichtlich nicht nur auf Computerbildschirmen, sondern auch an elterlichen Kühlschränken und Pinnwänden Einzug.
Hartung, Anja/Reißmann, Wolfgang/Schorb, Bernd (2009). Musik und Gefühl. Eine Untersuchung zur gefühlsbezogenen Aneignung von Musik im Kindes- und Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung des Hörfunks. Berlin: Vistas. 252 S., 15 €
Kein anderer ‚content’ der Medien dürfte für Jugendliche wichtiger, attraktiver und auch wirksamer sein als Musik. Dennoch ist dieser Komplex bislang in der Medien(rezeptions)forschung recht stiefmütterlich behandelt, jedenfalls kaum hinreichend analysiert worden. Allenfalls das pauschale Theorem des „Mood Managements“ des amerikanischen Psychologen Dolf Zillmann, das meist zudem in eine nicht weniger allgemeine Theorie der Unterhaltung eingebettet ist, wird dafür angeführt, trifft indes Entwicklungsstadien, Bedürfnisse, Mentalitäten, Umgangsweisen und nicht zuletzt Gruppenbeziehungen von Jugendlichen kaum. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass in der medienpädagogischen Abteilung der Universität Leipzig unter Leitung von Bernd Schorb schon seit längerer Zeit über die Bedeutung von Musik und Musikmedien für Jugendliche gearbeitet und nun im Auftrag der Sächsischen Landesmedienanstalt diese qualitative Studie zum emotionalen Erleben bei und durch Musik vorgelegt wird.
Den Reiz der Studie macht zum einen aus, dass sie sehr grundsätzlich vorgeht und erst einmal die Gefühlswelten von Jugendlichen insbesondere an der Schwelle zwischen Kindheit und Jugend theoretisch und deskriptiv auslotet, mithin weit über übliche Rezeptionsstudien hinaus geht. Aus diesem strukturierten Durchgang gewinnt die Studie kategoriale Einordnungen für das ‚Gefühlsmanagement’ von Jugendlichen mit Musik, konkreter: wie Jugendliche ihre Gefühle mit Musik aktivieren, entspannen, wie sie sich mit ihr trösten, ausdrücken, fliehen, schwelgen, schwärmen, genießen und in welchen Situationen sie welche Genres, Stile und Interpreten wählen. Diese Einsichten gewinnt die Studie zum anderen durch einen überlegten Einsatz verschiedener qualitativer Methoden: nämlich – im Kern – durch eine an jugendliche Umgangsweisen angepasste Tagebucherhebung, kombiniert mit Einzelinterviews am Anfang und Ende der Erhebung, sowie durch Methoden der aktiven Medienarbeit, nämlich durch die Erstellung eines Musikratgebers und die Konzeption von jugendspezifischen Radios in einer Radiowerkstatt. Natürlich lassen sich mit solchen Vorgehensweisen keine quantitativen, repräsentativen Daten gewinnen, doch wieder einmal bestätigt sich, dass mit klug eingesetzten qualitativen Methoden ungleich intensivere, dichtere und originellere Erkenntnisse gewonnen werden können als mit groben Surveys.
Diese können hier nicht im Detail aufgeführt werden. Insgesamt zeigen sie, dass je älter, je gebildeter Jugendliche sind, umso differenzierter ihr Musikgeschmack ausfällt, den zumal die kommerziellen Radios mit ihrem eingespurten Mainstream-Gedudel nur begrenzt bedienen können, und dass sie deshalb zunehmend auf Internet und Speichermedien ausweichen. Das Radio mutiert deshalb zum Einstiegsmedium für die Jüngeren, die ihre Geschmacksrichtungen oder Stilvorlieben noch nicht gefunden haben, zum alltäglichen Nebenbei-Klangteppich bei alltäglichen Verrichtungen, besonders wenn sie in der Familie wie bei Frühstück und Morgentoilette, Autofahrten und anderen gemeinsamen Situationen stattfinden, sowie zum leicht zugänglichen, stets verfügbaren, unspezifischen Hintergrundgeräusch beim Relaxen und Chillen. Bietet es zudem noch einschlägige, vorwiegend musik- und szenenbezogene Informationen, wie es etwa das etwas außergewöhnliche Jugendradio MDR Sputnik infolge einer schon berühmten Tradition tut, kann es etwa in den Abendstunden erklärte Liebhaber für solche Extravaganzen anlocken, aber nennenswerte Quoten lassen sich mit ihnen nicht erreichen. Ansonsten werden die Jugendwellen noch als (Mit-)Veranstalter von Open-Air-Konzerten, -festen und -partys wahrgenommen, womit sie dem vorherrschenden Trend des Musikmarktes folgen. Aber generell werden sich die Radiomacher künftig mehr überlegen müssen als bisher, wenn sie nicht eines Tages in breit aufgestellten Musik-Plattformen aufgehen und ihre Programmspezifik verlieren wollen (wie eine Podiumsdiskussion anlässlich der Vorstellung der Studie in Leipzig ergeben hat). Dazu liefert diese Untersuchung eine Fülle differenzierter Einsichten, im Schlussteil auch etliche Ratschläge und Folgerungen – nicht zuletzt für die Forschung, auf dass dieses wichtige Thema nicht weiterhin ein Schattendasein wie bisher fristet.
kolumne
Günther Anfang: Das Wetter war früher auch mal besser
Ja, alles wird schlechter. Die Weltwirtschaft steckt in der Krise, der FC Bayern ist nicht mehr das, was er mal war und die Wettervorhersagen sind schlichtweg eine Zumutung. A propos Wetterbericht. Da hat sich in den letzten Jahren einiges in der Aufbereitung getan. Früher gab es eine einfache Grafik. Da konnte man die Umrisse von Deutschland sehen und schell und ganz einfach erkennen, wo Wolken oder Regentropfen schlechtes Wetter ankündigten und wo lachende Sonnen uns auf schönes Wetter einstimmten. Dieser Grafik war in der Regel eine weitere vorangestellt, auf der man Zusammenhänge erkennen konnte. Denn hier wurde erläutert, warum es am nächsten Morgen im Süden schön und im Norden schon wieder schlecht wird. Ein Blick auf die europäische Wetterkarte ermöglichte es zu erkennen, dass zum Beispiel ein atlantisches Tief im Anzug und somit auch im Süden nicht mehr lange mit schönem Wetter zu rechnen ist. Das war sensationell, denn damit gelang es dem Fernsehen, Zusammenhänge aufzuzeigen, die man in den regulären Nachrichtensendungen vermisst. Da wird berichtet, dass eine Regierung gestürzt wurde und gleich darauf gemeldet, welche Opfer der Schweinegrippe-Virus fordert. Kurz darauf sind wir beim Börsenbericht und dann gibt’s noch ein bisschen Fußball und Kultur. Erläuterungen dazu: Fehlanzeige! Nun gut, wir haben ja noch das Wetter und eigentlich ist das für viele sowieso der einzige Grund, überhaupt noch Nachrichten zu sehen.
Doch die Zeiten eines Wetterberichts mit klaren Strukturen sind vorbei. Das Wetter ist nicht mehr Teil der Nachrichten, sondern eingebettet in einen Werbeblock. Da treten bei ARD und ZDF zwei Herren in grauen Anzügen mit einem Regenschirm auf. Sie kündigen an, dass uns nun das Wetter von der Commerzbank präsentiert wird. Das stimmt uns natürlich schon ein bisschen skeptisch, denn schließlich wissen wir seit einiger Zeit, dass sich die Herren von den Banken gewaltig verspekuliert haben. Ob wir ihnen da beim Wetter trauen können? Doch diese Überlegung müssen wir erst einmal beiseite schieben, schließlich wollen wir ja wissen, ob wir morgen mit dem Radl in den Biergarten fahren können. Also aufgepasst: Das Wetter von morgen präsentiert von den Sven Plögers und Jörg Kachelmanns. Sie stehen vor einer großen Wetterkarte auf der eine ganze Menge zu sehen ist. Und dann zeigen sie uns den Strömungsfilm mit vielen halbrunden Pfeilen, die alle wild durcheinander wirbeln. Anhand des Strömungsfilms erklären sie uns, wie der Wind das Wetter bestimmt. Verstehen kann man dieses Schaubild nicht, es ist lediglich zu erkennen, dass wir in einem ziemlich windigen Land leben. Doch die unterhaltsamen Wetterfrösche haben noch mehr auf Lager: Satellitenbilder, Unwetterkarten, Biowetterprognosen – damit will man uns weiß machen, dass die Wettervorhersage zu einer exakten Wissenschaft geworden ist.
Die Krönung ist dann der Wettertrend. Hier wird aus welchen Gründen auch immer irgendeine Stadt in Deutschland ausgewählt, anhand derer der Wettertrend aufgezeigt wird. Zu fragen bleibt da jedoch, ob es für uns hier in München interessant ist zu wissen, wie der Wettertrend in Kiel ist. Außer natürlich, wenn wir einen Urlaub an der Ostsee planen. Nach all den vielen Karten sind wir so verwirrt, dass wir gar nicht mehr genau wissen, wie das Wetter denn nun wird. Dafür gibt es dann noch die Zusammenfassung, damit wenigstens etwas hängen bleibt. Und schließlich machen uns die beiden Herren von der Commerzbank wieder darauf aufmerksam, dass das Wetter eigentlich eine Werbesendung war. Morgen wird’s wahrscheinlich eh regnen, auch wenn schönes Wetter vorhergesagt wurde. Aber das weiß ja schließlich jedes Kind, die Werbung macht uns immer was vor und stimmen tut sie sowieso nicht.
Beitrag aus Heft »2009/03: Wie gut ist Medienpädagogik?«
Autor: Günther Anfang
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