2007/01: BabyTV
Die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft sind derzeit in aller Munde. Seit diesem Jahr gibt es für junge Eltern "Elterngeld" vom Staat, verbunden mit der Hoffnung, dass sich durch diesen finanziellen Anreiz wieder mehr junge Paare für Kinder entscheiden. Brisant ist auch die aktuelle Diskussion um mehr Krippenplätze. Ist es sinnvoll, Kinder unter drei Jahren in professionelle Betreuung zu geben, was spricht dafür, was dagegen? Da ist es nicht verwunderlich, dass auch das Thema Kleinkinder und Medien Hochkonjunktur hat. Ab welchem Alter ist es sinnvoll, Kinder mit Medien zu konfrontieren? Können Medien der Entwicklung von Kleinkindern förderlich sein oder hemmen sie diese eher? Die Fernsehanbieter entdecken die Unter-Dreijährigen seit einiger Zeit als neue Zielgruppe, BabyTV bietet sogar explizit Programm für Babys an. merz will dazu beitragen, die Frage nach Sinn oder Unsinn von Medien für Kleinkinder zu klären.
aktuell
Nachruf Günter Vogg
Es war in der ersten Hälfte der 60er Jahre als ich Günther Vogg im Rahmen einer Untersuchung zur Beurteilung von Spielfilmen mit politischen Inhalten durch Jugendliche das erste Mal begegnete. Die Zeiten waren nicht gerade gesegnet für Institute, die sich mit den Massenmedien und den pädagogischen Antworten auseinander setzten. Was die staatlichen Geldgeber hauptsächlich interessierte, war der Jugendschutz und davor war wieder der Universität angst und bange wegen der etwas unwissenschaftlichen Haltung dieser Disziplin. So musste sich der Arbeitskreis Jugend und Film als eingetragener Verein seinen Stellenwert im freien Raum suchen, obwohl doch ein leibhaftiger Ordinarius, Martin Keilhacker, der Chef war. Um die akademische Arbeit zu betonen, hatte man sich als Unterorganisation das so genannte Wissenschaftliche Institut für Jugend- und Bildungsfragen in Film und Fernsehen zugelegt, in dem seit 1960 Günther Vogg als Referent und Abteilungsleiter tätig war. Vogg hatte 1960 nach seinem Studium der Pädagogik, Psychologie und Philosophie an der LMU in München bei Fritz Stippel über die „Möglichkeiten und Grenzen demokratischer Erziehung“ promoviert und versuchte nun, für die Bemühungen der Pädagogik, die Medien in ihrem Sinn zu erforschen und für die Film- und Fernseherziehung – Medienpädagogik war damals noch ein unbekannter Begriff – die diversen potenten Organisationen und Ämter für eine finanzielle Unterstützung zu gewinnen. Dabei kam ihm seine grundsätzlich konservative Haltung zugute, die aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber von einer beachtenswerten Liberalität gekennzeichnet war. Diese Einstellung mag vor allem seiner kritischen Haltung zu allen ideologischen Bekundungen geschuldet gewesen sein. Daher war mit ihm immer eine ausdauernde und gewinnbringende Diskussion möglich, auch wenn seine Meinung nicht mit der seines Gegenübers übereinstimmte. Da Vogg auch Redakteur der Zeitschrift „Jugend Film Fernsehen“ war, ergab sich mit ihm für mich auch auf diesem Gebiet eine intensive Zusammenarbeit und eine tätige Mithilfe, als wir die beiden Zeitschriften des Arbeitskreises (es gab noch den „Beratungsdienst für die Jugendarbeit“) zu einer zusammenlegten.
Bis 1971 leitete Vogg als geschäftsführender Vorsitzender die nun in Arbeitszentrum Jugend Film Fernsehen umbenannte Institution und war dann ab diesem Zeitpunkt hauptsächlich als Dozent für Pädagogik und Psychologie an der Romano-Guardini-Fachoberschule und an der Katholischen Stiftungsfachhochschule in München tätig, bis er 2001 in den Ruhestand trat.Während seiner Tätigkeit beim JFF hatte Vogg Lehraufträge und Gastvorlesungen an der Pädagogigschen Hochschule Augsburg, der Hochschule für Fernsehen und Film München und der LMU München. Er war Mitarbeiter der Katholischen Filmkommission in Köln, Mitglied des Bayerischen Filmgutachterausschusses für die Jugendarbeit und vor allem Jugendsachverständiger des Landes Bayern bei der FSK.
Da Günther Vogg bei all seiner Tätigkeit für und mit Medien nie ein Medien-Insider sein wollte, ist es nicht verwunderlich, dass er in seiner privaten Zeit häufig beim Bergsteigen oder Skifahren anzutreffen war. Ich glaube, dass ihm das neben seiner Familie der wichtigere Lebensinhalt war, auch wenn betont werden muss, dass er sich gerade in den schweren finanziellen Zeiten des Instituts in den 60er Jahren mit aller Kraft für den Bestand und die Finanzierung des JFF eingesetzt hat.
stichwort Web 2.0
Im Softwarebereich wird die jeweilige Version eines Produkts durch eine Zahl hinter dem Namen bezeichnet. Aktuell surfen die meisten bspw. mit „Internet Explorer 7.0“ oder „Firefox 2.0.0.1“. Analog zu den Versionsnummern der Softwareprodukte bezeichnet „Web 2.0“ die Fortentwicklung des Internets, speziell des WWW, das bisher jedoch nicht als „Web 1.0“ bezeichnet wurde. Neu beim „Web 2.0“ sind eine Reihe interaktiver Techniken und Dienste, wie Wikis, Weblogs, Podcasts oder Vlogs. Es geht also darum, zunehmend multimediale Daten im Netz zur Verfügung zu stellen und auf verschiedenen Wegen abrufbar zu machen. Neben der Weiterentwicklung der Techniken ist die neue (mögliche) Perspektive auf das Internet interessant. Auf Plattformen, die keine Programmierkenntnisse erfordern, können Daten selbständig online verfügbar gemacht und bearbeitet werden. Zusätzlich können alle Interessierten über Kommentarfunktionen interaktiv an den Informationen partizipieren, sie verändern und Position beziehen. Euphoriker sehen hierin die Möglichkeit, dass endlich jede und jeder das Internet entsprechend der ursprünglichen Idee benutzen kann: Alle können senden und die Bildung sozialer Netzwerke wird unterstützt. Pessimisten halten „Web 2.0“ für nichts anderes als eine Werbestrategie: Der Auf- und Ausbau neuer Plattformen wird angeregt und das Internet zu einer großen Müllhalde.
Zwei Chroniken eines kurzfristig angekündigten Todes
Das Erzählen von Geschichten gehört – als eine der ältesten menschlichen Kommunikationsweisen – nunmehr in Formen der narrativen Darstellungsart seit langem zum bewährten Handwerkszeug im modernen Journalismus. Die hier angewendete Perspektive soll (auch, um Schritte in Richtung nachhaltiger Narrativität im Rahmen kommunikativer Kompetenz skizzieren zu können) eine Kritik gegenüber einem gewissen „Narrativismus“, nicht zuletzt im kriegs- und krisenbezogenen TV-Journalismus, ermöglichen: Dass Fernsehen vor allem als Geschichten erzählendes Medium Massen erreicht und ergreift, scheint bekannt
(1). Problematisch im Sinne überziehenden Vereinseitigens wird diese Tendenz in Bezug auf gesellschaftlich mögliche und nötige Informationen sowie Kommunikationen gerade im Fernsehen allerdings, so bald solche Storys kaum im Kontext einordnender Meldungen und Berichte, nicht im Zusammenhang mit Interviews, Kommentaren, Dokumentationen et cetera in größtmöglicher „externer“ (was das sonstige Geschehen betrifft) und „interner“ (was das geschichtsträchtige Geschehen selbst angeht) Vielfalt der wechselnden Inhalte, Perspektiven und Darstellungsformen vermittelt werden. Wenn eine nicht mehr bloß narrative, sondern zugespitzt und verselbständigt narrativistische Darbietung viele andere Aspekte des Geschehens und der damit verbundenen „Weltbilder“ zumindest an die Ränder drängt kann sie damit in der Tendenz ausschließend wirken.Das Besondere an den im Zusammenhang mit der Hinrichtung Saddam Husseins journalistisch verwendeten Bildern war, dass im Rahmen derselben medialen Langzeiterzählung (ab circa Ende 2001 der Kampf US-geführter Kräfte gegen den – im April 2003 dann gestürzten – irakischen Staatschef Saddam Hussein) zwei Versionen wirksam wurden. Diese richteten sich offensichtlich an verschiedene Teilpublika und sollten beide jeweils vor allem mit negativ besetzten Hauptfiguren ihre Botschaft als Story vermitteln. Es ging dabei einerseits um jene – zunächst die Bilder und Diskussionen bestimmende – „offizielle“ Version und sodann andererseits um die anfangs vor allem via Internet veröffentlichte „inoffizielle“ Version der Minuten unmittelbar vor, während und nach dem Tod Saddam Husseins.
In Bagdad hatten sich – den weltweiten Nachrichtenagenturen AFP, AP und Reuters zufolge – am späten Freitagabend, 29.12.2006, die Anzeichen für eine baldige Hinrichtung des früheren Diktators verdichtet. Drei Tage zuvor hatte ein irakisches Berufungsgericht das Todesurteil der ersten Instanz vom 05.11.2006 bestätigt. US-Vertreter im Irak übergaben nun den zum Tode Verurteilten an irakische Behörden, nachdem – einem Bericht der Agentur Reuters unter Berufung auf einen hochrangigen irakischen Regierungsvertreter zufolge – der US-Botschafter in Bagdad, Khalilzad, noch versucht hatte, die Hinrichtung um zwei Wochen hinauszuzögern
(2).Die sich abzeichnende schnelle Hinrichtung von Saddam Hussein entwickelte sich auch vor dem Hintergrund widersprüchlicher Tendenzen sowohl zwischen den irakischen Machthabern (nicht zuletzt zwischen dem schiitischstämmigen Premier Maliki als einem der deutlichsten Befürworter einer schnellen Vollstreckung und dem kurdischstämmigen Präsidenten Talabani) als auch innerhalb der Bevölkerung. Denn am Samstag, 30.12.2006, sollte das muslimische Opferfest „Eid al-Adha“ beginnen und eine Woche andauern. Einer der Anwälte Saddam Husseins, der frühere Justizminister von Katar Naimi, ging von einer Hinrichtung am Samstagmorgen als „Geschenk für die Iraker“ aus
(3).Die regierungsoffiziellen Bilder, die am Samstagmorgen zwar nicht live, aber doch zeitnah einige Stunden nach dem mutmaßlichen Todeszeitpunkt beispielsweise von CNN International gezeigt und live betextet wurden, ließen keinerlei Originalton verlauten und offenbarten nur ein Gesicht: Das des – mittlerweile vollbärtigen – zum Tode Verurteilten. Das sichtbare Hinrichtungskommando trug komplett dunkle Masken. Es wurde gesagt, Saddam Hussein habe den ihm angebotenen Kapuzensack für seinen eigenen Kopf zurückgewiesen. In die langen Einstellungen mit Blende montiert konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer auch einen Blick direkt auf die deutlich abgegrenzte Falltür werfen: Die dramaturgisch für jede Geschichte zentrale ‚Fall-höhe’ als Differenz der Eigenschaften von Hauptfigur (hier der Todeskandidat) und Herausforderung (die bevorstehende Hinrichtung) wurde damit unübersehbar augenfällig – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Damit konnten sich alle medial Zuschauenden ein ziemlich genaues Bild davon machen, was Menschen vom Schlage Saddam Husseins im Irak des Jahres 2006 für ein Schicksal unmittelbar bevorstand. Aus kritischer Distanz betrachtet, ganz sicher „eine schaurige Vorführung“
(4). Mit den Bildern der Schlinge um den Hals hörte die offizielle Übertragung bewegter Bilder auf. Von der CNN-Version bis zu einer „offiziellen“ irakischen VersionIn der Version von CNN International am Vormittag des 30.12.2006. folgten unmittelbar darauf einige Standbilder („stills“), offensichtlich zu-nächst exklusiv aufgenommen und ausgestrahlt vom irakischen Regierungssender „Irakija“ mit Blick auf die angestrebten Publika, um alle etwaigen Zweifel am Tod Saddam Husseins auszuräumen. So zitierte CNN den irakischen Premier Maliki mit den Worten, die Hinrichtung mache „Schluss mit den ganzen lächerlichen Spekulationen auf eine Rückkehr zur Diktatur“
(5). Gezeigt wurde der strangulierte Kopf von Saddam Hussein, der Körper war in ein weißes, sackartiges Tuch gehüllt. Von dieser Hin-richtung war bald darauf auch eine vollständige Kamera- und Mikrofon-Version im Internet und wenig später zudem im arabisch-katarischen Nachrichtenkanal Al Dschasira zu sehen. Diese Variante dürfte die – insbesondere schiitischen und sunnitischen – Teil-Publika noch mehr geteilt haben als die erste Fassung. In den zwei Minuten und 38 Sekunden langen Einstellungen (offensichtlich von einem bei der Hinrichtung Anwesenden per Mobiltelefon aufgenommen) war zusätzlich der Akt der Hinrichtung selbst zu sehen und auch zu hören. „Fahr zur Hölle“, rief demzufolge ein schiitischer Vertreter dem Sunniten Saddam Hussein zu. Kurz darauf skandierten und feierten offenkundig Schiiten den Namen des schärfsten schiitischen Widersachers des Ex-Staatschefs, des Milizenanführers Sadr. Der frühere Diktator wurde unüberhörbar „bis zum letzten Moment beschimpft und verhöhnt“
(6). Beobachter gingen deshalb davon aus, dass sich die Situation zwischen diesen beiden ethnisch-religiösen und sozialen Lagern vor dem Hintergrund jener doch zu-mindest halboffiziellen Aufnahmen zuspitzen würde: Während zahlreiche schiitische Jugendliche sich um die Audio-Video-Datei geradezu rissen
(7), dürfte dieselbe Version viele Angehörige der sunnitischen Volksgruppe zu erneuertem Hass aufgestachelt haben. Nicht unwahrscheinlich, dass gemäß den Regeln wirksamen Storytellings hier die – schiitisch besetzten – Henker für das sunnitische Publikum zur – äußerst negativ besetzten – Hauptfigur werden sollten, auf die sich seine feindlichen Emotionen richten dürften. Als mutmaßlichen Urheber der zweiten Fassung präsentierten die irakischen Behörden am 03.01. 2007 dann ohne Namensnennung einen „Offiziellen, der die Hinrichtung beaufsichtigte“. Der Film wurde laut irakischem Vize-Generalstaatsanwalt Farun jedenfalls „nicht heimlich“ aufgenommen, sondern „entstand in aller Öffentlichkeit“
(8) Einseitige Botschaften vermeidenBliebe zu untersuchen, wem diese narrativistische Variante der Geschichte (in ihrer Über-Personalisierung und Über-Emotionalisierung, in ihrer Vereinseitigung und Verselbständigung gegenüber dem komplexen Mitwelt-Geschehen) inwiefern nutzte. Manche journalistisch-liberalen Kommentatoren sahen die Hinrichtung und ihre bild- sowie tongerechte Vermittlung am ehesten „dazu angetan, den ohnehin laufenden staatlichen Zerfallsprozess noch zu beschleunigen“
(9). Ein Tenor ihrer Einschätzungen: Mit der (doppelten) medialen Inszenierung des Todes sei Saddam Hussein das Recht auf Menschenwürde genommen worden, „und dies offenbar wohlüberlegt“
(10). Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch verurteilten die Hinrichtung und deren mediale Präsentationen als grausam und unmenschlich. US-Präsident Bush wiederum hatte nach erfolgter Hinrichtung, die er als „wichtigen Meilenstein“ für den Weg Iraks zur Demokratie bezeichnete, schnell eine Fortsetzung des „Kampfes ohne Wankelmut“ angekündigt
(11). Im Sinne nachhaltiger Narrativität mit Blick auf gelingende, also auch selbstkritische (welt-)gesellschaftliche Kommunikation und damit in Abgrenzung zu hier beobachteten, audiovisuell-narrativistischen Tendenzen lässt sich dafür plädieren, storyträchtiges Geschehen gerade wegen der Wirkungsmacht authentischer Bilder und Original-Töne auch TV-journalistisch möglichst vielseitig sowohl auf Sender-, Sendungs- und Beitragsebene zu vermitteln – um nicht durch Überpersonalisierung und Überemotionalisierung Gefahr zu laufen, pathologisch einseitig zu werden.
Anmerkungen
1 Siehe im deutschen Kontext unter anderem Ansätze von Joan Kristin Bleicher, Knut Hickethier und Dietrich Leder.
2 Vgl. Berliner Zeitung, 02.01.2007, S. 23 Vgl. Berliner Zeitung, 30.12.2006, S. 94 So u.a. Josef Depenbrock in: „Unnötige Inszenierung der Hinrichtung“, Berliner Zeitung, 02.01.2007, S. 45 Siehe Berliner Zeitung, 02.01.2007, S. 26 Vgl. Berliner Zeitung, 03.01.2007, S. 5 7 Siehe Berliner Zeitung, 02.01.2007, S. 28 Berliner Zeitung, 04.01.2007, S. 89 So u. a. Roland Heine in „Ein Staat zerfällt“, Berliner Zeitung, 02.01.2007, S. 210 Beispielchef Josef Depenbrock in: „Unnötige Inszenierung der Hinrichtung“, Berliner Zeitung, 02.01.2007, S. 411 Vgl. Berliner Zeitung, 02.01.2007, S.1 und S. 3
thema
BabyTV – Ein Programm für altersgerechte und entwicklungsfördernde Unterhaltung
Maya Talit, Director of Marketing and Communications bei BabyTV, erklärt im Interview mit merz die Grundsätze und Vorzüge des Senders. Das Programm von BabyTV verbindet lernfördernde Inhalte mit altersgerechter Unterhaltung. Die mit Experten entwickelten Formate sollen zudem die Interaktion zwischen Eltern und Kindern unterstützen. (merz 2007-01, S. 39-41)
Dieter Spanhel: Bedeutung der Medien in den ersten Lebensjahren
Kinder wachsen heute in einer Welt auf, in der sie von Beginn an mit einer Vielzahl von Medien konfrontiert werden. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen für den Erwerb grundlegender Medienkompetenzen wie der Fähigkeit zum Zeichengebrauch und der Kommunikationsfähigkeit. Ausgehend von der These, dass sich die Bedeutung von Medien für ein Kleinkind aus ihrem alltäglichen Gebrauch ergibt, wird die Einbettung von Medien in Handlungsrahmen des familiären Alltags untersucht. Dabei wird deutlich, wie sich Kleinkinder vor dem Hintergrund der Entwicklung ihrer kognitiven und sozialen Fähigkeiten durch „Lernen vom Kontext“ grundlegende Medienkompetenzen aneignen.
(merz 2007-1, S. 10-17)
Fernsehen für die Kleinsten? Eine Einschätzung aus neurobiologischer Perspektive
Mit BabyTV und Co. erweitert sich das Medienangebot für Babys und Kleinkinder zunehmend. Die Fragen nach dem pädagogischen Sinn oder Unsinn dieser Angebote ist nach wie vor nicht hinreichend beantwortet. Im Rückgriff auf Ergebnisse aus der neurobiologischen Forschung erläutert die Entwicklungspsychologin und Leiterin des Staatsinstituts für Frühpädagogik München, Dr. Fabienne Becker-Stoll, wann und warum Fernsehen für Säuglinge und Kleinkinder wenig sinnvoll ist. Im Gespräch mit merz diskutiert sie jedoch nicht nur mögliche Risiken, sondern auch entwicklungsfördernde Potenziale der frühkindlichen Mediennutzung.
(merz 2007-01, S. 18-22)
Michael Bloech: Nichts für Babys - BabyTV
Babys lernen in ihren ersten Lebensmonaten rasend schnell, das Spektrum ihres Verstehens und ihrer Wissensaneignung ist dabei abhängig von ihrer jeweiligen Alters- beziehungsweise Entwicklungsstufe und natürlich auch von ihrer individuellen Förderung. Vor diesem Hintergrund wird das Angebot von BabyTV analysiert und besprochen, welche Angebote für welches Alter konkret gemacht werden. Darüber hinaus wird eine pädagogische Einschätzung des Senders vorgenommen.
(merz 2007-01, S. 37-38)
Möglichkeiten und Grenzen des Kinderfernsehens
Als Programmgeschäftsführer des KI.KA liegt für Frank Beckmann der Wert eines Programms im Nutzen, den es für die jeweilige Zielgruppe hat. Aus dieser Perspektive beurteilt er im Interview mit merz neue Angebote wie BabyTV und Sendungen im KI.KA, die sich an die jüngste Zielgruppe wenden. Darüber hinaus erläutert er Formen und Problematiken beim Merchandising zu Programmen für Kleinkinder sowie Möglichkeiten der Fernseherziehung durch das Fernsehen selbst.
(merz 2007-01, S. 32-36)
Sandra Fleischer und Julia Haas: Kleinkinder im Visier der Fernsehmacher
Fernsehen für Klein- und Vorschulkinder stellt für Fernsehmacherinnen und -macher einen attraktiven, weil wachsenden Markt dar, der mit einem zunehmenden Programmangebot bedient wird. Im Hinblick auf diese These wird ein Überblick zu historischen und aktuellen Entwicklungen des Fernsehens für Klein- und Vorschulkinder gegeben. Die Debatte zur Einführung von BabyTV wird zum Anlass genommen, Trends im Kleinkind- und Vorschulfernsehen, die Fernseherziehung in der Familie sowie elterliche Kriterien für ein kindgerechtes Fernsehen vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse zu diskutieren.
(merz 2007-01, S. 23-31)
spektrum
Andreas Korn: Computerspiele – Bildästhetik und Medien im Wandel
Während traditionelle audiovisuelle Medien wie das TV und der Film schon lange im Fokus wissenschaftlicher Analysen stehen, ergeben sich von dem durch enorme Veränderungen gekennzeichneten Computerspiel eine Fülle von Impulsen, die in öffentlichen und fachlichen Kreisen ihre Auseinandersetzung fordern. Aus der Fülle der Themen richtet sich der Blick hier auf kulturhistorische, technologische und bildästhetische Diskurse. (merz 2007-01, S. 64-69)
Christina Schachtner und Monika Neumayer: Peacewiki - Reflexionen über eine virtuelle Lernumgebung
Dem Bildungsprojekt Peacewiki liegt ein pädagogisches Konzept zugrunde, das gesellschaftspolitisch und konstruktivistisch ausgerichtet ist. Das zentrale Anliegen ist die Herstellung eines öffentlichen virtuellen Raumes zum Thema Frieden.
In dem Beitrag werden die theoretischen und politischen Implikationen des Projekts dargestellt. Im zweiten Teil (merz 02/07) steht die konkrete Umsetzung des Projektes im Mittelpunkt.(merz 2007-01, S. 51-57)
Beitrag aus Heft »2007/01: BabyTV«
Autor: Christina Schachtner, Monika Neumayer
Beitrag als PDFEinzelansichtHelga Theunert und Ulrike Wagner: Neue Wege durch die konvergente Medienwelt
Vergnügen und Information, Kommunikation und Interaktion – all das suchen und finden Heranwachsende heutzutage in einer immer komplexer werdenden Medienwelt. Insbesondere Heranwachsende mit niedrigem Bildungshintergrund sehen die Medien eher als Konsumraum. Für Heranwachsende mit hohem Bildungshintergrund hingegen sind die Medien auch Gestaltungsraum.
Die Studie „Neue Wege durch die konvergente Medienwelt“ gewährt systematische und tiefgehende Einblicke, wie sich Jugendliche in der konvergenten Medienwelt bewegen. (merz 2007-01, S. 42-50)
Beitrag aus Heft »2007/01: BabyTV«
Autor: Helga Theunert, Ulrike Wagner
Beitrag als PDFEinzelansichtInsa Welle: Medienerziehung in der Grundschule
Die vorliegende Dokumentation bildet die Planung und Durchführung eines Unterrichtsprojekts als Beispiel für eine „induktive Mediennutzung“ in der Alltagspraxis einer Grundschule ab.
Den thematischen Bezugsrahmen hierfür eröffnet ein Konfliktthema aus dem wirtschaftlich-politischen Alltag der Region Wilhelmshaven/Friesland.(merz 2007-01, S. 58-63)
medienreport
Birgit Siehl: Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler
Dani Levy zeigt im Abspann seines neuen Films „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ (seit 11. Januar 2007 in den deutschen Kinos), wie Menschen auf der Straße zu der Person Adolf Hitler befragt wurden. Ältere Menschen wollen nicht darüber sprechen, während jüngere Menschen nicht darüber sprechen können, da sie keine Ahnung haben. Der Regisseur will mit diesem Film versuchen, ein Stück Einblick in die Geschichte zu geben, über die viele lieber schweigen und über die die jüngeren Generationen auf Grund dieses Schweigens nichts erfahren. Doch wie nähert man sich einem solchen Thema? Dani Levy versucht es auf ironische Art und Weise, indem er die Geschehnisse aus der damaligen Zeit gezielt ins Lächerliche zieht. Das Publikum lacht über die Feigheit und Dummheit des Führers und fragt sich gleichzeitig, wie es möglich sein konnte, dass eine solche Witzfigur vom Volk gefeiert werden konnte. Dass Adolf Hitler nicht der starke Führer war, für den er in den 30er Jahren gehalten wurde, wissen wir heute. Der Film zeigt Adolf Hitler im Trainingsanzug und im Nachthemd. Doch nicht nur seine Bekleidung lässt ihn auf der Leinwand lächerlich erscheinen. Im Dezember 1944 scheint der totale Krieg bereits verloren zu sein, doch Goebbels will sich nicht geschlagen geben. Mittels eines Propagandafilms will er die Massen wieder zum Aufblühen bringen. Es gibt nur ein Problem, er benötigt den Führer. Um sein Volk für den Endkampf zu mobilisieren, soll er am Neujahrstag 1944 eine kämpferische Rede halten. Hitler leidet jedoch unter Depressionen und wagt sich nicht mehr vor die Haustür. Einzig der jüdische Schauspiellehrer Adolf Grünwald kann ihm aus diesem Tief helfen. Mit dem Plan, den Führer zu ermorden, geht dieser auf diesen Deal ein. Goebbels lässt ihn samt seiner Familie aus dem KZ Sachsenhausen in die Reichskanzlei holen. Als Grünwald jedoch erfährt, mit welchen Problemen Adolf Hitler zu kämpfen hat, entwickelt er Mitleid. Der Führer, der als Kind von seinem Vater geschlagen wurde, hat nicht nur Depressionen, sondern auch noch Drogen- und Potenzprobleme. Der Regisseur lässt nichts aus, um den ehemaligen Diktator bloßzustellen und trotzdem sieht das Publikum, wie ihm das Volk zujubelt. Im Film ist der „große Führer“ lediglich eine Marionette, die von machtbesessenen Personen benutzt wurde. Und stellt man sich während des Films doch oftmals die Frage, wieso jemand über diese schlimmen Ereignisse eine Komödie drehen muss, wird diese Skepsis auch am Ende beantwortet: „Um etwas zu verstehen, was man niemals verstehen wird.
“Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler
Deutschland 2006, 89 Minuten
Regie: Dani Levy
Darsteller: Helge Schneider, Ulrich Mühe
Verleih: Constantin Film
Christina Oberst-Hundt: Brüssel - rundfunkpolitisch gesehen
Wer sich aufmacht, die EU-Metropole rundfunkpolitisch zu erforschen, kommt nicht umhin, diese vielseitige, pulsierende, weltoffene und zuweilen verquere Stadt hautnah zu erleben, denn mit Rundfunkpolitik befassen sich in Brüssel viele Institutionen. Weite Wege erfordert es, vom Zentrum aus dorthin zu kommen. Kurze Wege allerdings, gemessen an jenen, welche die politischen Protagonisten zurücklegen mussten, um sich zur Ausgestaltung jener EU-Richtlinie, die einst „Fernsehen ohne Grenzen“ hieß, in einem langwierigen Prozess zusammenzufinden. So jedenfalls konnten es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer von ver.di und der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierten Journalistenreise empfinden, die sich Ende des letztjährigen sonnigen Novembers per U-Bahn und zu Fuß aufgemacht hatten, etwas über europäische Medienpoltik „aus erster Hand“, wie es im Besuchsprogramm hieß, zu erfahren. Dass es hierbei nur um Momentaufnahmen eines fließenden, sich fortwährend regenerierenden Prozesses gehen kann, zeigen die für die Ausgestaltung einer europäischen Rundfunkpolitik so wichtigen Ereignisse, wie die am 13. Dezember erfolgte erste Lesung des EU-Parlaments (EP) zur Fernsehrichtlinie, die jetzt ‚Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste’ heißt (vgl. dazu unten), und die Einigung der deutschen Bundesländer mit der EU-Kommission im Streit um das sogenannte Beihilfeverfahren gegen die Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Rundfunksysteme ARD und ZDF vom 15. Dezember (vgl. Übersicht unten). Bereits jetzt, Anfang des neuen Jahres 2007, werden die Umsetzungen problematisiert, so beispielsweise die weitgehende Zulassung von product placement, die Frontlinien erneuert, etwa wenn der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) die Einigung im Beihilfestreit zwar begrüßt, aber zugleich den Gang zum Europäischen Gerichtshof für „unumgänglich“ erklärt, „falls sich der Maßnahmenkatalog in wichtigen Kernpunkten als bloße Worthülse entpuppen sollte“.
Ende November war noch nichts klar, ein Ende des Streits zwischen EU-Kommission und den Ländern noch nicht absehbar und die Entscheidung des Europäischen Parlaments stand noch aus, wenn es auch hieß, die Erneuerung der Fernsehrichtlinie sei „auf gutem Weg“. Wenn dann schließlich Vereinbarungen und Beschlüsse zustande kommen, ist dies das Werk eines umfassenden, vielseitigen und aktiven ‚Netzwerks’ aus Institutionen, Organisationen, Parlamentsmitgliedern und Interessenvertretungen, die in die konkrete EU-Politik eingebunden sind, aktive, vielfältige Lobby-Arbeit betreiben und/oder kritische Auseinandersetzung suchen.
Offene Zusammenarbeit oder Umsetzung des politischen Willens?Rheinland-Pfalz zum Beispiel, das derzeit den Vorsitz der Rundfunkkommission der deutschen Bundesländer inne hat, obliegt über seine Vertretung in Brüssel auch bei der EU die Verhandlungsführerschaft in Sachen Rundfunkpolitik.
Der Jurist Tim Schönborn ist medienpolitischer Referent der Vertretung und betreibt aktive Lobbyarbeit, trifft sich mit Abgeordneten und hat sich intensiv an der inhaltlichen Arbeit bei der Revision der Fernsehrichtlinie beteiligt. Diese sieht er als „positives Beispiel für die Zusammenarbeit“ in Brüssel. Die lobt auch der Vorsitzende der SPD-Gruppe im Europäischen Parlament, Bernhard Rapkay. Allerdings vollziehe sich die inhaltliche Willensbildung dort „weniger über die Fraktionen sondern eher länderübergreifend“. Es werde eine „sehr viel offenere Zusammenarbeit als in den nationalen Parlamenten praktiziert“, meint er. Harald Trettenbrein, in der von EU-Kommissarin Viviane Reding geleiteten Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien zuständig für Audiovisuelle Politik, Mitautor des Revisionsentwurfs zur Fernsehrichtlinie, hält bei der Entscheidung im Parlament Änderungen im Bereich ‚Werbung’, für möglich. Die Zulassung von product placement hatte ein Teilnehmer zuvor als „nachträgliche Legitimierung eines unerlaubten Zustands, nämlich die Vermittlung von Leitbildern unter Mitwirkung von Marken-Unternehmen“ kritisiert. Laut Trettenbrein geht es um eine „Mindestharmonisierung im Spannungsverhältnis zwischen staatlichem Kernbereich und europäischem Binnenmarkt“. Ziel sei eine „hinreichend inhaltliche Konkretisierung, ohne die Mitgliedsstaaten völlig einzuschränken“. Weniger differenziert scheint dagegen der Kabinettschef von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, Rudolf Strohmeier, seine Aufgabe zu sehen, die er als „Umsetzung des politischen Willens der Kommissarin“ definiert. Er wirke hier als „Transmissionsriemen“ und „Puffer“. Der kritischen Position Deutschlands zu product placement begegnet er mit dem Hinweis, „dann hätten dort die Bond-Filme jede Menge Verfahren auslösen müssen“.
Lobbyarbeit für den öffentlich-rechtlichen RundfunkPascal Albrechtskirchinger vom ZDF-Europabüro, vertritt in enger Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der ARD die Interessen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Brüssel. „Die Lobbys“, betont er, „werden oft und transparent in die Entscheidungsprozesse der EU-Kommission einbezogen“. Es gibt online-Befragungen und Anhörungen. Er definiert seine Tätigkeit als „Unternehmens- und ordnungspolitische Lobbyarbeit“. Hierbei sei auch die Abstimmung mit den public service-Anstalten der anderen EU-Länder wichtig, die angesichts oft erheblicher Unterschiede, nicht einfach sei. Auch mit der privaten Konkurrenz gibt es Absprachen zwecks Durchsetzung gemeinsamer Interessen. „Wir sind irgendwie ‘ne große family“, meint er. In Sachen ‚Fernsehrichtlinie’ sei „ziemlich viel erreicht“ worden. Insgesamt werde „ein europäisches audiovisuelles Regulierungssystem auf den Weg gebracht, das die Position der Öffentlich-Rechtlichen berücksichtigt“. Beim product placement habe sich die ablehnende Position der deutschen Länder nicht durchsetzen können. Der zu erwartende Kompromiss: Product placement darf die redaktionelle Unabhängigkeit nicht berühren, nur in bestimmten Sendungen (Fiktion, Sport) auftreten und muss durch ein Logo (alle 20 Minuten) kenntlich gemacht werden. Der Kommission gehe es um Wettbewerbsgleichheit mit den USA. Die Werbeindustrie brauche neue Wege, mit denen die Zuschauerinnen und Zuschauer auch tatsächlich erreicht werden. Werbebotschaften können nun nicht mehr weggeblendet werden, weil sie bereits ins Drehbuch integriert sind. Außerdem, so die Rechtfertigung der Kommission, finde product placement ohnehin statt, mit dem Logo sei es jetzt aber identifizierbar. ARD und ZDF haben erklärt, dass sie in ihren Eigen- und Auftragsproduktionen diese Werbeform nicht anwenden werden.
Zur Stellung des öffentlichen Rundfunks in der Union betont Albrechtskirchinger, dass das Vorhandensein eines dualen Rundfunksystems Bedingung für die Aufnahme ist. Die Sender in vielen neuen Ländern seien aber „völlig unterfinanziert“, so dass die Kommission hier inzwischen „sehr streng vorgeht und den Beitrittsländern blaue Briefe schickt, wenn dort der öffentliche Rundfunk nicht lebensfähig ist“.
Auf das Beihilfe-Verfahren angesprochen, kritisiert er den VPRT, der „über die EU die deutsche Medienpolitik ändern möchte. Die Kommission weiß aber, wie weit sie gehen kann“, meint er. „Sie kann nicht über das Wettbewerbsrecht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland normieren, weil das dem Amsterdamer Vertrag (1) widersprechen würde“.
Verbraucherschutz gegen Kinder-Fettleibigkeit
Das Treffen mit zwei Vetreterinnen des Europäischen Verbraucherverbandes (beuc), Cornelia Kutterer und Ursula Pachel, zeigte wieder andere Facetten europäischer Medienpolitik. Als Mitarbeiterinnen eines Verbandes, dem 40 Mitgliedsstaaten angehören, setzen sie sich dafür ein, dass bei der Neufassung der Fernsehrichtlinie Werbung für Junk Food verboten wird, weil sie vor allem die Jüngsten und Schwächsten ihrer Klientel schädigen kann: die Kinder. Junk Food, Kinderkost mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt, macht sie dick. Und Werbung, inklusive product placement sorgt dafür, dass sie immer wieder zu Pommes Frites & Co. verführt werden. 2006 wurde die Zahl übergewichtiger Kinder in der EU auf 22 Mio. geschätzt, Tendenz steigend. Nachdem in Großbritannien die Regulierungsbehörde Ofcom Werbung für Junk Food ab 2007 verboten hat, hoffen die Verbraucherschützerinnnen auf Zustimmung des Europäischen Parlaments für ihre Initiative.
Neue Herausforderungen für den Jugendschutz
Einen anderen, angesichts der zunehmenden elektronischen Nutzungsmöglichkeiten per Internet und Handy immer wichtiger werdenden Aspekt des Kinder- und Jugendschutzes thematisierte das 7. Brüsseler Mediengespräch, zu dem die Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz auch die Journalisten und Journalistinnen eingeladen hatte. Mit der Überarbeitung der Fernsehrichtlinie zu einer Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (2), die also neben herkömmlichen Fernsehprogrammen auch alle individuell abrufbaren Dienste erfasst, soll der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor jugendgefährdenden Inhalten, vor Gewalt und Pornografie mit Kindern gestärkt und ausgeweitet werden. Professor Johannes Kreile, Justitiar des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten, betont, dass im Internet noch bis Ende der 90er Jahre Pornografie und andere jugendgefährdende Inhalte von einer „geschlossenen Benutzergruppe über 18-Jähriger“ abgerufen wurden. Heute sind Pornos und extreme Gewalt per Handy bereits auf Schulhöfen präsent. Das Sendestaatsprinzip, das bei rechtlichen Streitfällen an das Herkunftsland verweist, habe, so kritisiert Kreile, in der neuen Richtlinie „exemplarisch Vorrang vor inländischem Jugendschutz“. Während hier Jugendliche lediglich vor „ernsthafter Beeinträchtigung“ zu schützen seien, habe das Bundesverfassungsgericht den Schutz vor „erheblichen Schädigungen“ festgeschrieben, allerdings zugleich auch den „Schutz des Lernens von Kritikfähigkeit“.„Wir müssen uns beeilen, damit noch medienrechtlich gelöst wird, was sonst von der technologischen Dynamik überrollt wird“, meint Ruth Hieronymi, Berichterstatterin beim Europäischen Parlament für die Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste. „Für den nichtlinearen Bereich“, so Hieronymi, sei „eine neue Form der Kontrolle durch Co- und Selbstregulierung nötig. Jetzt haben sich alle Staaten darauf geeinigt, geeignete Instrumente hierfür zu finden. Gemeinsame Moralvorstellungen“ könne es nicht geben, „wohl aber gemeinsame Standards“. Allerdings: Nicht-Mediendienste, wie beispielsweise Computerspiele, seien mit der neuen Richtlinie nicht erfasst. Mit ihr, so Hieronymi, sei also „erst ein Teil der Aufgabe erledigt.“ Dass es zusätzlich präventiven Jugendschutzes durch mehr Medienpädagogik und Stärkung der Medienkompetenz bedarf, darin waren sich alle im Saal einig.Die neue Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste als Wegweiser für Europas digitale Zukunft ist inzwischen vom Europäischen Parlament auf den Weg gebracht worden. Ministerrat und Kommission müssen noch zustimmen und die zweite Lesung steht noch aus. Die deutsche Bundesregierung ist vom Bundestag aufgefordert worden, die Richtlinie zu einem Schwerpunktthema ihrer Ratspräsidentschaft zu machen. Die endgültige Fassung wird vielleicht erst Ende 2007 vorliegen. Ob es dann mehr Schranken oder mehr Lockerungen für die grenzenlose audiovisuelle Freiheit gibt? In Brüssel und anderswo wird das „Spannungsverhältnis“ gegensätzlicher Interessen andauern. Die „Mindestharmonisierung“ hat noch etwas Zeit.
Anmerkungen
1 Das Amsterdamer Protokoll (1997) zum EG-Vertrag betont unter anderem die Bedeutung des öffentlich rechtlichen Rundfunks für kulturelle Vielfalt und Medienpluralismus
2 Die Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste unterscheidet zwischen linearen (herkömmliches Fernsehen) und nicht-linearen Diensten (Programme ‚auf Abruf’).
Die Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie der EU Wichtige Ergebnisse der 1. Lesung des EP am 13.12.2006:product placement: in Kino- und Fernsehfilmen, Serien, sowie Sportsendungen erlaubt, in Nachrichten, aktuellen Sendungen zum Zeitgeschehen, Kinderprogrammen, Dokumentarfilmen und Ratgebersendungen verboten.
Sendungen mit product placement: müssen zu Beginn, Ende und mindestens alle 20 Minuten durch ein darauf hinweisendes Logo gekennzeichnet werden.
Themenplacement: grundsätzlich verboten
Junk Food-Werbung: lediglich Beschluss zur Einführung eines Code of Conducts (Selbstverpflichtung), kein Verbot
Recht auf Kurzberichterstattung beschlossen: Sender können europaweit über Ereignisse von großem öffentlichen Interesse auch dann berichten, wenn sie keine Übertragungsrechte haben.Herkunftslandprinzip beibehalten: Medienunternehmen mit grenzüberschreitenden Programmen unterliegen dem an ihrem Standort geltenden Recht. Beihilfeverfahren gegen ARD/ZDFWettbewerbskommissarin Neelie Kroes und die Ministerpräsidenten Beck und Stoiber haben sich am 15.12.2006 im Beihilfeverfahren gegen ARD und ZDF (Rundfunkgebühren als unzulässige staatliche Beihilfe) dahingehend verständigt, dass der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konkreter gefasst und die Finanzkontrolle transparenter werden soll. Bei Sendevorhaben ab einer bestimmten Größe sind Genehmigungsverfahren durch die Aufsichtsgremien vorgesehen, bei denen auch Stellungnahmen Dritter, zum Beispiel der privatkommerziellen Sender, einzuholen sind. Danach erfolgt eine formale Prüfung durch die Länder als Rechtsaufsicht. Mit dem Genehmigungsverfahren entfällt die bisherige Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Online-Aufwendungen von 0,75 Prozent der Gebühreneinnahmen. Die Vereinbarungen werden staatsvertraglich festgeschrieben. Wettbewerbskommissarin Kroes wird der Kommission die Einstellung des Beihilfeverfahrens empfehlen.
Daniel Amman: Reise durch den Körper
Der kleine Medicus. CD-ROM, Win 98SE/ME/2000/XP; Mac OS 9.0/OS 10.1. Berlin: Cornelsen, 2006, 24,95 €
In einer Mischung aus Science-Fiction-Abenteuer und Krimi erzählt der Arzt Dietrich Grönemeyer in seinem Sachbuchroman Der kleine Medicus (Rowohlt 2005) die Geschichte des zwölfjährigen Nanolino, der als winziger Korponaut eine Reise durch den Körper erlebt. Die gleichnamige Multimedia-CD-ROM für Kinder ab neun Jahren adaptiert die Handlung einmal nicht als Spielgeschichte, sondern präsentiert sich als rasantes Wissensquiz mit einem umfangreichen interaktiven Nachschlageteil. Wie in einer richtigen Fernsehshow müssen im Spielmodus Fragen rund um den menschlichen Körper und aus der ganzheitlichen Medizin in Echtzeit beantwortet werden. Micro Minitec, die Assistentin von Professor X aus dem Roman, führt quasselnd durchs Programm, erklärt das Vorgehen und prüft das Wissen der Spielenden mit unterschiedlichen Fragetypen. Beim Belastungs-EKG beispielsweise müssen in 60 Sekunden so viele Fragen wie möglich beantwortet werden, beim Sehtest gilt es ein unscharfes Bild zu erkennen, oder man spielt auf Risiko und darf den Spieleinsatz selbst bestimmen. Im interaktiven Lexikon werden auf 184 Bildschirmseiten Krankheiten und Behandlungsmethoden, menschliche Anatomie und medizinische Technik verständlich erklärt und teilweise mit animierten 3D-Grafiken illustriert. Die Rubrik Wissenswertes informiert über Ernährung, Bewegung oder das richtige Verhalten bei einem Notfall und in Großmutters Rezepten findet man Tipps für die Zubereitung von Tees oder zur Anwendung von Heil- und Duftölen. In zahlreichen Videoeinspielungen meldet sich Prof. Grönemeyer zudem selbst zu Wort und äußert sich zu Themen wie Akupunktur, Bauchweh, Fieber, Hypnose, Rauchen, seelisches Ungleichgewicht oder Kernspin- und Computertomografie. Dank alphabetischem Index, der Möglichkeit zu blättern und einer Suchfunktion eignet sich die Wissensebene hervorragend zum Stöbern und bereitet alle Neugierigen aufs Quiz vor. Hier kann man sogar zu zweit gegeneinander antreten, sei es am gleichen Computer oder über vernetzte Geräte. Wer schneller ist, reserviert sich zuerst die Frage und hat dann zehn Sekunden Zeit für die richtige Antwort. Liegt man allerdings falsch, werden wertvolle Punkte abgezogen und die Frage geht automatisch an den Gegner. Wie es sich für ein interaktives Quiz gehört, gibt es natürlich auch Joker. So lässt der Minus-1-Joker zum Beispiel eine der falschen Antworten verschwinden und der Recherche-Joker räumt einem eine Minute Zeit ein, um in der Wissensebene nach der Lösung zu suchen. Da stets auf Zeit gespielt wird, muss blitzschnell reagiert und durch Eingabe der entsprechenden Zahl die zutreffende Antwort gewählt werden. Eine Spielübersicht zeigt anschließend mit grafischen Balken an, wie erfolgreich man in den verschiedenen Themengebieten war. Hat man sich in allen Wissensbereichen bewährt, winkt am Ende ein Diplom zum Ausdrucken.
Elisabeth Jäcklein, Birgit Siehl, Andrea Krüger: Englisch lernen leicht gemacht
Lernerfolg Grundschule. Englisch Klasse 1 – 4. CD-ROM, Windows 98/2000/ME/XP, Pentium 233. Berlin: Tivola in Zusammenarbeit mit The Web Production, 2006. 19,99 €
Englisch – keine Hexerei. Speicherkarte, Windows 98/200/XP: ab Pentium III 400 Mhz. Langenscheidt in Zusammenarbeit mit Extrememory, 2006; 19,90 €
Tell me more Kids 3.0, Englisch 5 – 7 Jahre. CD-ROM, Windows ME/XP, Pentium 200. Auralog. Hamburg: HMH Hamburger Medien Haus, 2006; 29,89 €
Englisch lernen per Computerspiel? Das verspricht Spaß an der Sprache und ganz nebenbei noch einen Lerneffekt, zumindest wenn man den Herstellern und Werbern Glauben schenken möchte. Doch es besteht auch die Gefahr, Kindern auch noch das Freizeitmedium PC zu verleiden, wenn der Erfolg ausbleibt. Tivola hat sich auf diese Gratwanderung begeben und die Lern-CD-ROM Lernerfolg Grundschule produziert. Der kleine grüne Vampir Freddy heißt hier die Lernenden mit fröhlicher Marge-Simpson-Stimme in seinem Heim, Burg Schädelrauch, willkommen und lädt sie ein, die einzelnen Räume zu besuchen. In jedem Raum gibt es ein Themengebiet zu entdecken, von At School über Animals bis Body and Clothes ist alles dabei, was das Lernanfängerherz begehrt. Zu jedem Thema bietet Freddy Aufgaben und Tests an, die er immer fröhlich und ausführlich erläutert. Ist ein Test bestanden, darf das Kind zur Belohnung ein gänzlich Englisch-freies Spiel wie etwa Pingpong spielen. Freddys bester Freund, die Fledermaus Bodo, sitzt dabei immer im Bildschirmeck, grinst schelmisch in die Runde und bietet in seinen Flügeln Hilfe an. Schade ist, dass der Spaß am Spiel schon bei der extrem aufwendigen Installation und einem ersten Blick auf die nicht besonders schönen, dafür aber umso überladeneren Bilder des Schlosses getrübt wird.
Wenn sich dann noch der Sinn der Themengebiete überhaupt nicht erschließt, man etwa beim Fenster It’s party time in eine Schatzkammer gelangt und eine Art Memory zum Thema Valentinstag spielen soll, ist die Verwirrung komplett. Leider ist auch die Abfolge der Spiele stark vorgegeben, das Kind hat kaum Wahlmöglichkeiten und muss vor jeder Übung und jedem Test erst langatmige Erklärungen des grünen Vampirs über sich ergehen lassen. Diese Erklärungen wären im Hilfemenü oder einem beigelegten Heft für die Eltern besser untergebracht und weniger störend. Für jüngere Kinder kann es überdies ein Problem darstellen, dass fast bei jeder Übung schon Englischkenntnisse und Lesefähigkeiten vorausgesetzt werden – dieses Programm ist, wie sein Name schon vermuten lässt, wirklich nur als Ergänzung zum Schulunterricht zu empfehlen.
Einfach die Memory-Card in den mitgelieferten USB Card-Reader einlegen, im Menü auf Start klicken und schon führt auch Langenscheidt Kinder in die Welt des Übernatürlichen. Mit der Hexe Huckla und ihrer englischen Freundin Witchy erleben die Kinder einen normalen Tag einer englischen Hexe Witchy zeigt Huckla ihre Heimat und benennt die verschiedenen Dinge und Begriffe, die ihnen dabei begegnen, auf Englisch. Huckla liefert die deutsche Übersetzung dazu und wiederholt brav alles, was Witchy ihr vorspricht. So lernen die Kinder zunächst nur die Bedeutung der einzelnen Begriffe und werden nicht gleich mit ganzen Sätzen überfordert. Das Ganze erscheint in einer ansprechend bebilderten Umgebung. Nach jeder Episode, jedem Bild, fliegen die Hexen weiter und eröffnen ein neues Thema, welches man aber auch nach Belieben überspringen kann, ohne den Anschluss zu verlieren. Vom Warzen-Zauber bis zum Parkbesuch mit kleinen Hexereien wird in den 21 kleinen Episoden alles erzählt, was die Hexenwelt zu bieten hat. Leider hält sich die Software mit Effekten und Steuerungselementen sehr zurück. Man kann die Erzählungen zwar stoppen, will man sich eine Stelle jedoch nochmals anhören, so muss man die Episode wieder von vorne starten. Es gibt auch auf jedem neuen Bild zwei bis drei Animationen zu entdecken, diese sind jedoch extrem minimalistisch gehalten und können nicht überzeugen. Im Großen und Ganzen erinnert alles eher an ein Hörspiel mit interaktivem Bilderbuch als an eine Software, mit der das Kind aktiv an seinem Lernerfolg mitarbeiten kann. Außer einem kleinen Spiel, das auch erst nach einigem Suchen zu finden ist, steht man der Geschichte als stille Zuhörerin bzw. stiller Zuhörer gegenüber. Hier hält der Begrüßungstext auf der Verpackung das, was er verspricht: Ein Hörspiel, mit dem Kinder mehr als 400 wichtige englische Wörter sprechen und verstehen lernen können. Aber auch nicht mehr.Etwas weniger spukig geht’s beim Konkurrenzprodukt aus dem Hause Auralog zu: Hier übernehmen der grauhaarige Professor Julius und sein quirliger Papagei Calico die Fremdenführer-Rolle. Das Konzept ist verblüffend ähnlich wie bei der Lernsoftware von Tivola: Ein Haus mit Garten und Garage und vor allem zahlreichen Fenstern. Hinter jedem Fenster verbirgt sich auch hier ein Themengebiet, das es – auf Englisch, versteht sich – zu entdecken und schließlich auch zu lernen gilt. Ähnliche Symbole in den Zimmern führen zu ähnlichen Spielen, beispiels-weise liegt in jedem Raum ein Stapel Karten, der einlädt, Memory zu spielen. Die Spiele selbst sind dann aber auf die Themen der Zimmer ausgerichtet: In der Garage spielt man also Memory mit Car und Bucket, im Badezimmer dagegen eher mit Toothbrush und Towel. Pluspunkt hier ist, dass die Installation sehr einfach und schlüssig funktioniert, man kann wählen, ob das Kind lieber in britischem oder amerikanischem Englisch mit Julius und Calico kommunizieren soll, auch die Grafik im 3D-Stil und mit vielen fröhlichen Farben ist ansprechend und einladend. Außerdem können die Eltern im Kids-Manager diverse Voreinstellungen ändern und die Erfolge ihres Sprösslings abrufen. Inhaltlich ist die Palette der angebotenen Spiele wesentlich umfangreicher als in Freddys Portefeuille: Es gibt einfache Memorys, Ausmalbilder und Finde-den-Fehler-Aufgaben für die Kleinen ohne Vorkenntnisse, Zahlen- und Buchstabenrätsel für die etwas Größeren. Abgesehen davon liegt der Reiz des Spiels darin, immer höhere Schwierigkeitsstufen zu meistern und schließlich das Kids Achievement Certificate von Julius entgegen zu nehmen. Ein zusätzliches Schmankerl der 3-CD-ROM Box ist ein mitgelieferter immerwährender Jahreskalender. Mittels dieses Kalenders kann der Englisch-Lernende sich Schritt für Schritt jeden Tag ein neues Wort einprägen. Außerdem gibt es ein zusätzliches Übungsheft, das sich die Kinder selbst zu Hause ausdrucken können.
Das Non-Plus-Ultra ist aber auch die Professor-Julius-Variante nicht: Die Navigation und die Spiele sind zwar sinnvoll, erschließen sich aber nicht immer auf den ersten Blick und während Freddys Stimme auf Schloss Schädelrauch noch nervte, wünscht man sich hier manchmal die eine oder andere Erklärung. So aber muss das Kind alleine per Trial-and-Error einen Weg durchs Englisch-Haus finden, was mühsam und zäh sein kann. Auch auf das Hilfemenü kann es dabei nicht zurückgreifen, da dieses nicht die eigentlich versprochene Hilfe bietet. Es gibt we-der ein Wörterbuch, noch Übersetzungen. Um den eigenen Zwischenstand zu sehen, muss man das Haus erst wieder verlassen. In den Spielen selbst steigert sich zwar die Schwierigkeitsstufe, allerdings sehr langsam und bis das Certificate einmal erreicht ist, haben wohl die meisten Kinder den Ehrgeiz verloren, sich durch endlose und zermürbende Spielrunden zu klicken. Etwas seltsam mutet auch an, dass das Kind zu Beginn des Spiels aufgefordert wird, sich eine eigene Spielfigur zu kreieren, diese Figur übernimmt dann aber lediglich die Funktion des Mauszeigers, könnte also genauso gut voreingestellt sein.
Was aber allen Spielen gemein ist: Es sind und bleiben Lernspiele und keines macht einen großen Hehl aus seinem pädagogischen Zweck. Schade, denn so wird sich das Kind auch beim PC-spielen nach getaner (Schul-)Arbeit immer noch wie auf der Schulbank fühlen, wobei Professor Julius noch eher eine spielerische Reise durch seine Welt anbietet, während Freddy der quietschende Vampir sehr deutlich Übungen und Tests für das Kind bereit hält und lediglich zur Belohnung kurze Vergnügungsspiele anbietet. Bleibt die Verantwortung also bei den Eltern, ihren Kindern das Spiel wenigstens als Freizeitbeschäftigung nahe zu bringen, satt sie per CD-ROM zum lernen zwingen zu wollen.
Beitrag aus Heft »2007/01: BabyTV«
Autor: Elisabeth Jäcklein-Kreis, Andrea Krüger, Birgit Siehl
Beitrag als PDFEinzelansichtKatrin Demmler: Prinzessin Lillifee
Tanzen mit Lillifee und Schmücken und Schminken mit Lillifee. CD-ROM, Windows 2000/98/Me/XP, MacOS X OS: 10.1.2 und höher, Power Macintosh G3 Classic: ab Mac OS 9.1, Power PC G3. Berlin: Tivola, 2006. Je 12,95 €
Tivola bringt mit diesem Paket zwei Spiele der bekannten Prinzessin Lillifee auf den Markt. Unter dem Motto „Tanzen mit Lillifee“ dürfen die Kinder am Computer die Bühne schmücken, Musik auflegen und für das richtige Licht sorgen. Wenn alles vorbereitet ist, steuern die Kinder den Tanz der Prinzessin und helfen ihr somit bei ihrem großen Auftritt im Theaterzelt. Die zweite CD-ROM heißt „Schmücken und Schminken mit Lillifee“. Hier betreten die Kinder das Schloss der Prinzessin, wo sie jede Menge Kleider, Kronen und Schminkzeug finden.
Die Kinder können die Prinzessin verkleiden und sie für den großen Auftritt stylen. Neben diesen beiden Hauptinhalten finden sich auf beiden CD-ROMs liebevoll umgesetzte traditionelle Spielelemente, wie ein Puzzle, ein Fangspiel und jede Menge Dinge aus Lillifees Umgebung zum Anklicken und Beobachten. Das Spiel ist sehr sorgfältig umgesetzt und lässt den Kindern alle Freiheiten bei der Navigation durch die Welt von Prinzessin Lillifee. Wie auch die literarische Vorlage werden schon durch die Verpackung eindeutig Mädchen angesprochen. Auch die Spiele selbst bedienen Rollenklischees, allerdings auf eine sympathische und nette Art!
Michael Grisko: Ratlos in Deutschland: „Help TV – Der Sender, der die Antworten kennt“
„Da werden Sie geholfen!“ galt das Versprechen der Werbeikone Verona Feldbusch vor einigen Jahren nur für eine Telefonhotline, ist zum 3. November 2006 die moderne Variante unseres televisuellen Zeitalters hinzugekommen: „Help TV – Der Sender, der die Antworten kennt.“ Und das gleich im Plural. Gegründet in einer Zeit, in einer komplexen Lebenswelt, die Antworten zusehends schwieriger macht. Und das Bedürfnis nach Hilfe und Rat wird in unserer Gesellschaft größer werden. Bislang nur im digitalen Netz einiger Kabelhaushalte von 15.00 Uhr bis Mitternacht ist dies die zielgruppenspezifische und spartenkanalisierte Fokussierung von Werbung und Ratgebersendung. Dass Fernsehen sowohl in der fiktionalisierten als auch in der dokumentarisch-berichtetenden Form immer auch ein Stück Lebenshilfe war, ist nichts Neues: Mode, Recht, Finanzen, Kochen, Reisen: Information und Ratgeberfunktion gehen Hand in Hand und wurden seit der Einführung der privaten Sender auch zunehmend mit Unterhaltung und (Schleich-) Werbung verbunden. Die Grenzen zwischen journalistischem, unterhaltendem und werbendem Format waren also schon erodiert. Das neue Geschäftsmodell bündelt die schon seit den Hochzeiten des Öffentlich-Rechtlichen-Fernsehens gängigen Ratgeberformate, die in der näheren Vergangenheit mit Blick auf die Zuschauerbindung seit Jahren ausgebaut und durch die call-in-basierten Esoterikformate der privaten Sender zu nachtschlafender Zeit ergänzt wurden. Bislang sind es elf Millionen potenzielle Kunden und die Zahl wird wachsen. Es ist nicht zuletzt die Bühne für Fernsehpfarrer Flieges telemediale Auferstehung. Neben ihm sollen weitere Expertinnen und Experten für „individuelle, unabhängige und seriöse Informationen“ (Peter Pohl, Vorstand) stehen und die Leute zum Anrufen in der Sendung bewegen. Denn diese Studiohotline ist die Geldquelle des Unternehmens. 49 Cent pro Anruf sollen die Kosten des Unternehmens refinanzieren. Im Aufbau ist der Beratungsbereich für komplexere Antworten: Mit 1,99 Euro/Minute wird dann die Telefonrechnung belastet, und so ist schon nach ein paar Minuten zumindest die Frage beantwortet, ob es sich lohnt, zum Arzt oder Rechtsanwalt zu gehen oder ein Buch zu kaufen.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird sicherlich auch dann nicht beantwortet sein: Wer ist dafür eigentlich Experte? Vielleicht dann doch auch eher der Gang ins Internet: Denn natürlich bietet der Sender auf seiner Homepage auch schon die Produktion zielgruppengerechter Werbung an. Hier liegt neben den Gebühren für das Call-In und die On-Air-Werbung vermutlich auch das zweite ökonomische Standbein des Senders. Die Lockerung der Richtlinien bei Ärzten und Anwälten werden die Kassen auch hier zum Klingeln bringen – vorausgesetzt eine regional gebundene Zielgruppenprogrammierung wird möglich. Ob die Beratung dann noch ‚unabhängig’ ist, scheint fraglich – kann doch für diese Unabhängigkeit schon jetzt keine Garantie übernommen werden. Denn schon auf der Homepage heißt es: „Help TV ist deshalb nicht nur ein ideales Medium für alle, die Fragen haben. Auch Spezialisten aus allen möglichen Berufsfeldern, die sich und ihr Können einem größerem Publikum präsentieren wollen, finden bei Help TV die passende Sendung.“ Dass dieser Zugang von Help TV selbstlos gewährt wird, ist nicht zu vermuten. Aber es ist auch nicht jeder Anrufende zum Studiogast berufen. Denn natürlich kann nicht jedem Anrufer und jeder Anruferin eine telemediale Privataudienz bei Herrn Fliege oder seinen Kolleginnen und Kollegen gewährt werden. Der Wunsch live von Pfarrer Fliege gehört und beraten zu werden, wird nach dem Zufallsprinzip vergeben – bezahlt wird trotzdem.
Es ist ein billiges Format, verzichtet wird auf Einspielfilme und teuren Einstellungs- und Technikschnickschnack. Und in dem Studio in der Nähe von Dortmund – wer kennt schon die Seelenschmiede „Hörde“ – sind freie Kapazitäten erfolgreich genutzt, um „sensationell günstiges“, mehr wollte Stephan Mattukat (Vorstand Help-TV und ehemaliger 9Live-Programmdirektor) nicht verraten, Programm zu produzieren, für ein Publikum „quer durch alle Altersgruppen, beiderlei Geschlechts“. Im Stundenrhythmus wechseln die Themen, verspricht der Sender, das stimmt jedoch nicht ganz. Der Sendeplan wird dominiert von den weichen Themen mit Human-Touch und Sinnsuche- und Selbsterfüllungspotenzial wie Psychologie, Gesundheit, Wellness, Ernährung, Astrologie und Esoterik. Und natürlich Flieges Welt (jeden Tag zur Mittagszeit). Erst dann die Themen Medizin, Recht und Geld. Selbstverständlich darf auch die Dating-Ecke zu nachtschlafender Zeit nicht fehlen. Noch ersetzt der Anruf nicht den Gang zum Arzt. Die Experten sind gecastet, sollen aber eher sich selbst vertreten und kein Unterhaltungsbedürfnis. Eine verständliche Antwort ist das Minimum. So wird aus dem ehemaligen Rundfunk ein „Radio im Fernsehen“, so Stephan Mattukat. Der Vorstand des neuen Spartensenders sieht das Bild als Hilfsinstrument bei der Vermarktung, in dem Produktionsmodell und den entstehenden Kosten eine Möglichkeit, um neue Ideen zu realisieren und ein „individuelleres“ Erlebnis und einen individuelleren Zuschnitt von Fernsehen zu ermöglichen.
Es bleibt letztlich die Frage, ob ein derartiger Sender, wie in der Pressemitteilung versprochen, „das stetig wachsende Informationsbedürfnis in einer immer komplexer werdenden Welt“ stillen und „seriöse und unabhängige Beratung“ bieten kann oder ob es sich nicht doch nur um einen weiteren Versuch handelt, aus der Hilflosigkeit vieler, vor allem älterer Menschen, maximalen Profit zu schlagen. Wahrscheinlich eher letzteres.
Tatjana Hampe: Milli-Metha
Milli-Metha: Meine Zähne. CD-ROM (WIN), Pentium 300MHz (Mindestanforderung), 64 MB RAM, CD-ROM-Laufwerk (achtfache Geschwindigkeit), DirectX kompatible Grafik- und Soundkarte, Win 98/ME/2000/XP. Berlin: Tivola, 2006. 19,99 €
Kinder drücken sich gern mal vor dem Zähneputzen – über den möglichen Schaden wissen sie jedoch nicht Bescheid. Doch Milli-Metha weiß Rat und vermittelt Kindern ab fünf Jahren alles Wissenswerte über Zähne, Zahnpflege und Zahnarztbesuch. Zu Beginn erstellt man sich seine eigene Karteikarte, danach darf man in die Praxis von Dr. Weiß. In seiner Praxis kann man zwischen verschiedenen Spielstationen wählen:Gute oder schlechte Nahrung: Hier soll erkannt werden, welche Nahrungsmittel gut und welche schlecht für die Zähne sind. Die gute Nahrung soll in einem Einkaufswagen aufgefangen werden.Zarkanoid: Mit Hilfe einer Zahnbürste, die einen Zahnpastaball nach oben schießt, müssen
Tatjana Hampe: Ramadan
FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (2006). Islamische Feste in Deutschland: Ramadan. (Bestell-Nr. 46 10538) 25,- € (Einzellizenz), 60,- € (Schullizenz)
Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Kalenders, in dem die Offenbarung des Korans an Mohammed begann. In diesem Monat wird der gesamte Koran gelesen und das Gebot des Fastens soll erfüllt werden. Auch in Deutschland wird der Festmonat jährlich von zahlreichen Muslimen gefeiert.
Der Film liefert Kindern einen guten Einstieg in den Islam und weist darauf hin, wie das Fest in Deutschland gefeiert wird, indem er neben Koranauszügen und Gebeten in der Moschee auch die Feierlichkeiten in der Familie und im Ramadan-Zelt aufzeigt und die Fragen „Was heißt Ramadan?“, „Wann wird Ramadan gefeiert?“ und „Warum wird im Ramadan gefastet?“ beantwortet. Zusätzlich setzt sich der Film auch mit interkulturellen Aspekten auseinander und thematisiert Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zwischen der Bibel und dem Koran. Innerhalb von 18 Minuten liefert der Film einen gut zusammengefassten und in einfacher Sprache erklärten Beitrag über den muslimischen Festmonat und lässt sich, unterstützt durch Begleitmaterial, sehr gut im Unterricht (empfohlen für Allgemeinbildende Schulen, dritte bis siebte Klasse) einsetzen. Dabei werden nicht-muslimische Kinder wohl viel Neues über eine andere Religion erfahren, aber auch für muslimische Kinder sind neue Kenntnisse und neue interkulturelle Ansätze mit ihren Bräuchen und Traditionen möglich.
Tilmann P. Gangloff: KI.KA wird zehn Jahre alt und rüstet sich fürs Fernsehen von morgen
Als der altbackene Slogan aus den Anfangstagen, „Gewaltfrei, werbefrei, frei ab drei“, endlich zu den Akten gelegt wurde, war der Weg in der Tat frei: Endlich konnte der „Kinderkanal“ von ARD und ZDF, der bald darauf den deutlich griffigeren Namen „KI.KA“ bekam, auch ein Programm mit Ecken und Kanten zeigen. Die Verlängerung der Sendezeit bis 21.00 Uhr schuf die Möglichkeit, auch eine Zielgruppe jenseits des Vorschulalters anzusprechen. Das heißt zwar nicht, dass ab 20.15 Uhr Mord und Totschlag regieren; aber ein Format wie KI.KA-KRIMI.DE ermöglicht zumindest mal einen kleinen Tatort, und die Abenteuer von Bernd, dem ewig miesepetrigen Kastenbrot, erfreuen selbst Erwachsene. Aber selbst wenn Wissen macht Ah! das mit Abstand schrägste Wissensmagazin im deutschen Fernsehen ist: Anarchie ist im KI.KA-Programm die Ausnahme, eine Feststellung, die allerdings auch für alle anderen Kindersender gilt; es regiert die brave Bürgerlichkeit. Ein Image-Bringer wie die Dauerserie Schloss Einstein mit ihren moderaten Weltverbesserungsansätzen ist genau das, was Eltern ihren Kindern wünschen. Auch dafür gab es mal einen KI.KA-Slogan: „Wenn. Dann. Den“.
Will sagen: Wenn schon Kinderfernsehen, dann aber bitte mit Mehrwert; „viel Milch, wenig Kakao“ eben. Vermutlich hätte Programmgeschäftsführer Frank Beckmann gegen mehr Kakao gar nichts einzuwenden. Allein, es fehlt das Geld. Allerdings ist die Archivware nicht nur preiswerter als neue Produktionen, sondern offenbar auch beliebter. Gewiss wäre es gemein, wenn man behaupten würde, der Erfolg des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals, der sein Programm seit dem 1. Januar 1987 ausstrahlt, basiere in erster Linie auf dem Besten von gestern.
Aber falsch ist es nicht: Wenn Eltern von Fernsehanfängern nach Sendungen suchen, die sie ihre Kinder bedenkenlos anschauen lassen können, fällt ihr Blick selbstredend als erstes auf Titel, die sie bereits kennen; und das sind neben der Sendung mit der Maus vor allem Zeichentrickklassiker wie Wickie und die starken Männer, Heidi und die Biene Maja. Prompt bescheren diese Serien dem KI.KA regelmäßig bärenstarke Quoten. Und das nicht bloß in der Zielgruppe der Drei- bis 13-Jährigen: Beim Gesamtpublikum schneidet der Kindersender nicht selten besser ab als kleine Sender wie Kabel 1 oder VOX, weil viele Eltern gemeinsam mit dem Nachwuchs vor dem Fernseher sitzen. Mit dem Sonntagsmärchen lässt man zuweilen gar die Müttersender hinter sich. Es könnte also alles bleiben, wie es ist; doch das tut es nicht. Gerade das Internet entwickelt sich zu einem ernstzunehmenden Konkurrenzmedium: Es genügt längst nicht mehr, bloß im Fernsehen ein toller Hecht zu sein; ohne erfolgreichen Internet-Auftritt kann man gleich einpacken. Diese „radikalste Umwälzung seit der Einführung des kommerziellen Fernsehens“ macht Beckmann zu schaffen: „Fernsehinhalte werden auf neuen Wegen zur Verfügung gestellt. Mit neuen Verbreitungswegen drängen auch neue Ideen auf den Markt“. Internetfernsehen, Handy-TV, digitale Verschlüsselung: Für den KI.KA-Chef ist die derzeitige Ruhe auf dem Markt trügerisch. Er rechnet nicht nur „mit neuen finanzkräftigen Konkurrenten“, sondern mahnt auch, der KI.KA dürfe „keinesfalls von den technologischen Entwicklungen abgekoppelt werden“. Die KI.KA-In-halte gehörten auf alle Plattformen, „mit denen wir Kinder erreichen können. Kinderfernsehen war schon immer mehr als das Programm auf der Mattscheibe“. Irgendwann nützt es eben nichts mehr, wenn das KI.KA-Programm nicht mal ’n Appel, sondern tatsächlich bloß ein Ei (18 Cent) im Monat kostet: Soll es seine Zielgruppe weiter erreichen, muss es dort präsent sein, wo sich die Kinder tummeln.
publikationen
Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V.: Kind Jugend Gesellschaft – Kinder (arbeit) im Film
Die Ausgabe 4/06 der Zeitschrift Kind Jugend Gesellschaft beschäftigt sich mit dem Thema „Kinder(arbeit) im Film“. Mit Autoren wie Dieter Wiedemann, Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam, Bernd Neumann, dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und einem Interview mit Uschi Reich, Geschäftsführerin der Bavaria Filmverleih- und Produktions GmbH wird die Entwicklung der Kinder im Medium Film diskutiert und aufgearbeitet.
Wie unterscheiden sich Filmproduktionen mit Kindern von denen mit Erwachsenen? Ist die Entwicklung spezifischer Kinderkulturen, zu denen Kindermedien gerechnet werden müssen, ebenso schutzbedürftig wie die der Kinder vor einer aktiven und bezahlten Mitwirkung in derselben? Inwieweit ist sich die Politik ihrer Verantwortung dafür bewusst, dass Heranwachsenden geeignete und künstlerisch wertvolle Filme angeboten werden?
Diese und weitere Fragen zum Thema werden in dieser Ausgabe der Zeitschrift ausführlich behandelt und geben dem Lesenden so einen übergreifenden, nicht nur wissenschaftlichen Einblick in die Materie.
Daniel, Ute (Hg.): Augenzeugen. Kriegsberichterstattung vom 18 zum 21. Jahrhundert
Die Geschichte der medialen Kriegsrepräsentation war und ist bis heute für das Verständnis der Bedeutung von Kriegen von höchster Bedeutung. Dieses Verständnis ist vor allem wichtig, um ermessen zu können, was an den medialen Präsentationen von Kriegen und Konflikten jeweils dazu beitrug, diese in den Augen der Menschen, die sie ertragen, führen und bezahlen mussten, als notwendig oder zumindest plausibel erscheinen zu lassen.
Das vorliegende Buch beschäftigt sich in neun Fallstudien über Kriege der letzten 250 Jahre mit den Fragen: Wie gelangen Berichterstattungen von kriegerischen Geschehen in die Gesellschaften? Welchen Einfluss nehmen Militär, Regierungen und Redaktionen auf die Berichte? Unter welchen Bedingungen entstanden die Berichte? Was für Menschen sind Kriegsberichterstatter? In fundierten und gut recherchierten Beiträgen gewährt es Einblicke, wie viel sich in der Medienberichterstattung seit Friedrich II. verändert hat, aber auch wie viel erstaunlicherweise gleich geblieben ist.
Ebermann, Thomas : Maecenata Stiftungsführer 2005
Der Maecenata-Stiftungsführer ist ein Nachschlagewerk für Studierende, Wissenschaftler, Künstler, Vereine und all diejenigen, die sich um Unterstützung durch Stiftungen bemühen. Auf vier Seiten werden zu-nächst kurz und knapp die wichtigsten Tipps für die Gewinnung von Stiftungen als Förderer gegeben.
Die circa 1500 deutschen Stiftung sind dann in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Leider sind aber keine Fonds aufgelistet, auch die Ortsgebundenheit mancher Förderung ist nicht aufgelistet. Ein Sachregister im Anhang hilft dem Leser jedoch, die Stiftungen verschiedenen Fachgebieten zuzuordnen (z. B. Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, Gesundheit usw.).
Germann, Heide/Bergmann, Katja/Brandt, Susanne/Gröning, Karen/Gröning, Willy: Töne für Kinder und Jugendliche – Kassetten und CDs im kommentierten Überblick
Die neueste Ausgabe von „Töne für Kinder“ gibt einen Überblick über rund 780 Neuerscheinungen, vorrangig aus den Jahren 2004 und 2005. Zwar mussten viele Neu- und Wiederauflagen älterer Titel außer Acht gelassen werden, dennoch bietet das Nachschlagewerk einen guten Überblick über das Repertoire an Hörspiel-, Lern-, Musik- und Sachkassetten und CDs.
Neben allseits bekannten und beliebten Erscheinungen erhalten auch die unbekannteren Produktionen einen gleichwertigen Platz.Unter dem Motto „Wer hört und liest, hat was zu sagen“ sind hier die wichtigsten Daten der vorgestellten Medien aufgelistet und kurze, knackige Rezensionen abgedruckt. Eine Empfehlung für alle, die Kindern alle Arten von Hörmedien näher bringen wollen.
Götz, Maya (Hg.): Mit Pokémon in Harry Potters Welt-Medien in den Fantasien von Kindern
Ausgehend von der Alltagstheorie „Fernsehen tötet die Fantasie“, versucht ein Team des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI), mit der in diesem Buch vorgestellten Studie das komplexe Verhältnis zwischen Fernsehen und Fantasie bei Kindern zwischen acht und zwölf Jahren zu entschlüsseln. Kinder aus vier verschiedenen Ländern erzählen und malen ihre großen Tagträume. Zeitgleich erinnern sich 54 Erwachsene, die mit anderen Medienangeboten aufgewachsen sind, an ihre Kindheitsfantasien.
So wird versucht, Vergleiche zu ziehen, sowohl zwischen den Geschlechtern und Nationalitäten, als auch zwischen den Generationen. Mit den Medien als Teil des kindlichen Alltags und somit auch als Teil kindlicher Fantasien kommt das Team zu dem Schluss, dass Medien die Fantasie der Kinder nicht „töten“, sondern diese durchaus fördern können, wenn sie die Kinder ernst nehmen und sie in ihrer eigenen Vielfältigkeit und Perspektive anerkennen.
Durch die abgedruckten Bilder der Kinder und die Originalauszüge aus den Interviews erhalten die Leserinnen und Leser tiefe Einblicke in die Studie und ein tieferes Verständnis der Bedeutung der Medien für die Entstehung von Fantasien.
JFC Medienzentrum Köln (Hg.): MedienConcret - Retro-Perspektiven, 30 Jahre Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen
Zum Anlass ihres 30-jährigen Jubiläums hat das JFC Medienzentrum Köln ein Sonderheft über die Entwicklung der Medienarbeit in den letzten 30 Jahren herausgegeben. Das Heft gibt einen guten Überblick über medienpädagogische Konzepte und Fortschritte der letzten Jahrzehnte, wie auch über einige Projekte, die in dieser Zeit für Furore sorgten.
Natürlich wird auch der Geschichte des JFC besondere Beachtung geschenkt. Anhand der Entwicklung der medialen Angebote und der einzelnen Praxisbereiche, von Medienskandalen und individuellen Medienbiografien wird versucht in selbstkritischer Reflexion eine Bestandsaufnahme medienpädagogischer Praxis der letzten Jahrzehnte zu bieten. Neben fundierten Artikeln renommierter Medienpädagoginnen und Medienpädagogen, Journalisten und Journalistinnen kommt auch die Nostalgie nicht zu kurz und manch einer wird sich beim Lesen in Erinnerungen an medialen Highlights verlieren, die in unserer schnelllebigen Zeit viel zu rasch in Vergessenheit geraten sind.
Misoch, Sabina: Online-Kommunikation
Der Alltag wird immer mehr vom dem Versenden von E-Mails, dem Chatten oder dem Spielen im Netz geprägt. Nun sei es an der Zeit zu bilanzieren, wie die Online-Kommunikation wirkt. Sabina Misoch hat zu diesem Komplex ein gut lesbares, übersichtlich strukturiertes und auf dem Stand der aktuellen Forschung befindliches Lehrbuch vorgelegt, das sich nicht scheut, populäre Thesen gekonnt zu dekonstruieren. Sie versorgt in den ersten Kapiteln den Leser mit grundlegenden Essentials, angefangen mit dem Kommunikations- und Medienbegriff bis hin zu den basalen Kennzeichen computervermittelter Kommunikation. Diese gewinnt sie aus einem direkten Vergleich mit der unvermittelten Face-to-Face-Kommunikation: a) EntkörperlichungSoziale Austauschbeziehungen unter Kopräsenz sind durch eine Reichhaltigkeit der Sinnesbeteiligung gekennzeichnet. Kommunikativ wirksam sind bei Face-to-Face-Kommunikation nicht nur die inhaltlichen, das heißt dezidiert sprachlichen Elemente des Austausches, sondern auch die nonverbalen Zeichen: Gestik, Mimik, Körperhaltung. Studien belegen, dass die Eindrucksbildung in Face-to-Face-Situationen weniger von den Kommunikationsinhalten als von den Körperzeichen abhängten. Das verdeutliche, dass der Körper und die von ihm gesendeten Zeichen (bewusst oder unbewusst) zentrale Bedeutung haben, und jede soziale Interaktion mit personaler Anwesenheit wird demnach durch die Körper der Akteure maßgeblich vorstrukturiert.
Es liegt auf der Hand, dass sich dies grundlegend ändert, sobald Kommunikation per Computervermittlung stattfindet, denn der Körper verschwindet als Zeichenträger zugunsten der Sprache. b) TextualitätDa es bisher noch keine Systeme gibt, die gesprochene Sprache zufriedenstellend zu digitalisieren, findet computervermittelte Kommunikation hauptsächlich in verschriftlichter Form statt, abgereichert durch Bilder et cetera. Aber die Kommunikation ist kanalreduziert, als Hauptsinnesorgang fingiert das Auge und es wird eine zumindest rudimentäre Beherrschung des Lesens und Schreibens vorausgesetzt. Um Gefühle und Körperzeichen zu verschriftlichen, wie beispielsweise ein Lächeln, benutzt man so genannte emoticons. c) Entzeitlichung und EnträumlichungDie Face-to-Face-Kommunikation ist sowohl räumlich als auch zeitlich gebunden. Ein Körper kann zu einem bestimmten Zeitpunkt nur an einem bestimmten Ort anwesend sein. Computervermittelte Kommunikation hingegen ist nicht räumlich gebunden, weil sich die Teilnehmer an unterschiedlichen geografischen Orten befinden, trotzdem im gleichen Raum im Hyperspace anwesend sein können. So lässt sich eine Pluralisierung der kommunikativen Räume denken. d) EntkontexualisierungFace-to-Face-Kommunikation ist wegen der Kopräsenz immer in einen umgebenden Zusammenhang eingebunden. Da Online-Kommunikation ortsunabhängig stattfindet, und Teilnehmer sich an unterschiedlichen geografischen Orten aufhalten können, zudem bei asynchronen Diensten des Internets zeitunabhängig kommuniziert werden kann, sind die Teilnehmer nicht physisch präsent und teilen keinen gemeinsamen Kontext, woraus sich Kommunikationsprobleme ergeben können. e) DigitalisierungDie gesamte Kommunikation im Netz beruht auf digitalisierten Prozessen.
Dies hat zur Folge, dass alle Infos dokumentiert, gespeichert und miteinander kombiniert werden können und relativ einfach weiterzuverarbeiten sind, was dann das Problem der Authentifizierung aufwirft. Durch die global vernetzten Systeme können digitale Daten an die entferntesten Orte transportiert werden, was eine erhebliche Beschleunigung der Kommunikation nach sich zieht.Nach diesem profund erarbeiteten Differenzprofil wendet sich die Autorin der mittlerweile erstaunlichen Vielfalt von Theorien der computervermittelten Kommunikation zu. Sie unterscheidet dazu zwischen Medien(kanalbezogenen) Modellen, Medienwahlmodellen sowie individuenbezogenen Ansätzen: Erstere konzentrieren sich auf die Eigenschaften des Mediums, die für den interpersonalen Austausch zur Verfügung stehenden Kanäle. Die zweite Familie von Modellen bezieht sich demgegenüber darauf, welche Kalküle, Überlegungen, Motivationen für die Medienwahlen entscheidend sind, das heißt konkret: Sind eher sachlich-rationale, individuelle, kollektiv-soziale, emotionale oder normative Gründe ausschlaggebend dafür, dass bei einem bestimmten Kommunikationsanlass ein bestimmtes Medium präferiert wurde und andere nicht eingesetzt wurden? Die individuenbezogenen Ansätze konzentrieren sich schließlich auf die Wirkungen, auf das Verhalten, die Kommunikation und die Identitäten. Sehr prominent geworden sind dabei die Thesen Sherry Turkles (1995). Sie postulierte, dass aus den oben entwickelten Besonderheiten der computervermittelten Kommunikation hergeleiteten Darstellungsnotwendigkeiten im Internet gleichzeitig neue Möglichkeiten der Selbstdarstellung entstehen.
Das Netz wird als Raum gedacht, indem jeder nach Gutdünken sein virtuelles Selbst entwerfen könne. Diesen Thesen Turkles geht die Autorin näher nach. Trotz der augenscheinlichen Evidenz und ihrer Verbreitung in der Populärliteratur zeigt Sabina Misoch, dass dieser Ansatz empirisch nicht weit trägt. Zwar liegen bislang wenig empirische Studien vor, aber sie weisen allesamt in die gleiche Richtung. „Die These der Virtualisierung von Identitäten im Netz kann somit im Großen und Ganzen verworfen werden. Es handelt sich um eine überschätzte These, die ihren Diskurswert weniger ihrer empirischen Relevanz als ihrer Plakativität und polarisierenden Wirkung zu verdanken hat. Der zeichenreduzierte Raum des Internets wird nicht für das Verschleiern von Identitäten oder deren Andersdarstellung genutzt (Identitätssimulationen), sondern scheint eher als Raum der Selbstoffenbarungen (self-disclosure) zu fungieren. (Misoch 2006: 123). Angesichts der raschen Entwicklung in diesem Feld wünscht man sich weitere systematisch konzipierte und gleichwohl immer anregend zu lesende Überblicksdarstellungen wie die vorliegende – nicht zuletzt, weil der praktische Mehrwert auch noch durch einen Index und eine Sammlung der Kommunikationsnormen im Internet gesteigert wird.
Müller, Eggo/Schwier, Jürgen (Hg.): Medienfußball im europäischen Vergleich. Sportkommunikation
In diesem unterhaltsamen und doch fundierten Buch über die Rolle des Fußballs in den Medien schreiben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verschiedener Disziplinen aus Belgien, Deutschland, England und den Niederlanden. Basierend auf einer gemeinsamen Tagung an der Universität in Utrecht während der Fußball-Europameisterschaft 2004 versuchen die zusammengetragenen Beiträge vergleichende Analysen, bezogen auf vier verschiedene Felder:
Es geht um neue Formen des Fantums, aktuelle Probleme des Sport- und Fußballmarketings, der Inszenierung des Ballsports in Film und Fernsehen und um die Konstruktion nationaler Identität im transnationalen Medienfußball. Aufgrund der verschiedenen Herkunft und Schwerpunkte der Arbeit der Autorinnen und Autoren weisen die Beiträge unterschiedliche national und disziplinär geprägte Akzentsetzungen auf und machen das Buch so besonders interessant und reizvoll. Am Ende bleibt trotz aller Theorie jedoch nur die eine mögliche Bilanz über diesen Sport: „Es ist und bleibt ein Ballspiel voller Überraschungen, Dramatik und Enttäuschungen. Und damit ein Spiel, das ebenso trennt wie verbindet.“
Pongratz, Gregor (Hg.): Spielfilm-Interpretation und ‚spielerische’ Film-Gestaltung mit Musik. Filmpädagogik aus hermeneutisch-phänomenologischer Perspektive
Obgleich Filme im täglichen Leben von Kindern und Jugendlichen sehr präsent sind, finden sie nur selten den Weg ins Klassenzimmer, werden höchstens als Lückenfüller genutzt. Gregor Pongratz möchte diesem Manko entgegenwirken und legt deshalb ein ausführliches Lehrbuch über Filminterpretation und Filmgestaltung an Schulen vor, wobei sein Schwerpunkt deutlich auf dem Verhältnis von Film und Musik liegt.
Das Buch gliedert sich in fünf Teile, die aufeinander aufbauen, aber auch einzeln verständlich sind: Pongratz erklärt zunächst die Grundlagen von (Kunst-)Filmen und deren Interpretation, gibt seinen Leserinnen und Lesern dann ausführliche Listen mit nach Genre und Inhalt geordneten Filmen zur Hand und übt sich anschließend selbst in der Filminterpretation.
Dazu analysiert er zuerst Filme von Pädagogik-Studenten, die auch auf einer DVD beiliegen, danach bespricht er diverse Spielfilme mit besonderem Blick auf ihren Musikeinsatz. Abschließend wird eine Lern-DVD „Didaktische Filmwerkstatt“ vorgestellt, die die Arbeit mit Filmen für alle Personen und Schularten ermöglichen soll.
Schramm, Holger: Moodmanagement durch Musik. Die alltägliche Nutzung von Musik zur Regulierung von Stimmungen
Es wäre sicher spannend, einmal eine Umfrage unter Medienforscherinnen und -forschern darüber anzustellen, welchen Stellenwert Musik in ihrem Leben hat. Denn obwohl Musikmedien wie Tonträger oder das Radio bewiesenermaßen integraler Bestandteil des Alltags der meisten Menschen sind, ist man geneigt, eine an Konsequenz grenzende Geringschätzung auditiver Medien und -inhalte unter den empirisch Forschenden festzustellen. Die Kenntnisse zur Rezeption und zum Umgang mit Musik beschränken sich auf Schlaglichter, die sporadisch auf den Gegenstand geworfen werden. Es fehlt an kontinuierlicher und systematischer Forschung, die in ihrer Zusammenschau Aussagen darüber treffen kann, welche sozialen Gruppen mit der Nutzung welcher Musikmedien und welcher Musikinhalte in welchen Situationen und Kontexten welche Ziele verfolgen. Eine der wenigen neueren deutschsprachigen Arbeiten, die sich fundiert und auch empirisch mit Musik beschäftigt, ist die Dissertation von Holger Schramm. Mit der Fokussierung auf die Stimmungsregulation durch Musik (Moodmanagement) schließt er an die musikpsychologische Perspektive an. Die Arbeit überzeugt durch ihre verständliche Sprache, hohe Informationsdichte und den selbstkritischen Umgang mit den Ergebnissen. Zu-nächst bestimmt Schramm den Begriff Stimmung, den er gegenüber den Begriffen Affekt und Emotion abgrenzt. Es folgen Ausführungen zur Moodmanagement-Theorie (Zillmann), die ursprünglich auf das Fernsehen bezogen entworfen wurde und von Schramm auf den Gegenstandsbereich Musik übertragen und geprüft wird. Die Moodmanagement-Theorie denkt den Menschen als ein hedonistisches Wesen, das stets bestrebt ist, unangenehme Stimulationen und Stimmungen zu vermeiden oder zu verringern und angenehme Stimulationen und Stimmungen aufrecht zu erhalten oder zu verstärken. Die anschließenden theoretischen Ausführungen zur Rezeption von Musik bieten eine Zusammenschau der wichtigsten diesbezüglichen Erkenntnisse.
Gegliedert in die drei Phasen des Kommunikationsprozesses (präkommunikativ, kommunikativ, postkommunikativ) finden sich hier Aussagen unter anderem zu Motiven der Musiknutzung, Rezeptionsmodi und Wirkungen von Musik.Der empirische Teil der Arbeit stellt drei aufeinander aufbauende Untersuchungen vor, die sich dem Forschungsgegenstand im Sinne der Methodentriangulation aus unterschiedlicher Perspektive nähern. Im Rahmen eines DFG-Projekts sind eine explorative qualitative Studie mit Leitfadeninterviews und eine halbstandardisierte Telefonbefragung entstanden. Flankierend führte Schramm darüber hinaus ein Experiment durch. Unter Rekurs auf die Theorie der Stimmungen nach Thayer unterscheidet er vier Prototypen an Stimmungen: Glück/Freude, Trauer/Melancholie, Wut/Ärger und Ruhe/Gelassenheit. Die grundsätzliche Logik der Beweisführung besteht darin, dass sich Menschen in diese Stimmungen hineinversetzen sollen (Befragung) beziehungsweise tatsächlich in einer bestimmten Weise gestimmt sind (Experiment) und daraufhin angeben, welche Musik sie in diesem Zustand mit welchem Ziel hören würden. In Bezug auf die Thesen der Moodmanagement-Theorie zeichnet Schramm ein differenzierendes Bild: Bei positiven Stimmungen bestätigt sie sich weitgehend. Musik wird in der Regel genutzt, um Freude, Glücksgefühl, Ruhe und Gelassenheit beizubehalten oder zu verstärken. Im Vergleich dazu variieren die Umgangsweisen bei negativen Stimmungslagen stärker: Nach den Postulaten der Moodmanagement-Theorie eher überraschend ist der Befund, dass etwa gleich viele Menschen in Situationen der Trauer und Melancholie Musik mit dem Ziel hören, die Stimmung zu kompensieren und abzuschwächen wie auch zu stützen und zu verstärken. Letztere Tendenz zeigt sich bei Frauen und Jüngeren in höherem Maße als bei Männern und älteren Menschen. Eine wesentliche Ursache für die ‚Lust an der schlechten Stimmung’ sieht er zudem in den so genannten Meta-Emotionen, das heißt der individuellen Einschätzung der empfundenen Zustände. Trauer und Melancholie werden von bestimmten Menschen in bestimmten Situationen also durchaus positiv bewertet und es besteht der Wunsch, diese auszuleben. Anders verhält es sich in Situationen der Wut und des Ärgers.
Diese Stimmungen möchten die meisten Menschen kompensieren. Dazu nutzen sie, vor allem Männer und Jugendliche, in erster Linie aggressive Musik. Insgesamt recht hoch zeigt sich jedoch auch der Anteil derjenigen, die in negativen Stimmungslagen gar nicht zur Musik greifen möchten. Die Moodmanagement-Theorie ist nach diesen Ergebnissen zumindest in Bezug auf Musik und hier besonders hinsichtlich des Umgangs mit Musik in negativen Stimmungslagen zu modifizieren. Darüber hinaus vertieft die Untersuchung das Wissen um personenabhängige Merkmale wie Rezeptionsweisen, Offenheit für neue Erfahrungen, emotionale Labilität/Stabilität oder Extraversion. Auf der Basis der bestehenden Daten kann dabei nicht immer eine konsistente Ergebnislage präsentiert werden (etwa zum Einfluss der Merkmale Bildung und Musikalität/musikalische Ausbildung). Die Lektüre der Arbeit regt zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema an: In einem nächsten Schritt sollte ermittelt werden, ob die Menschen auch tatsächlich ihre Stimmungsziele erreichen. Fernab von der Stimmungsregulation als wohl wichtigstem Musiknutzungsmotiv sind weitere empirische Analysen auch zu anderen Motiv- und Funktionsgruppen wünschenswert (zum Beispiel zu den sozialen Funktionen von Musik). Es mangelt besonders an Untersuchungen, die die Motivgruppen zur Musiknutzung auf ihren Zusammenhang mit der Funktionalität spezifischer Musikmedien prüfen. Schramm äußert im theoretischen Teil der Arbeit begründete Vermutungen zum Unterschied der Rezeption und Nutzung von Radiomusik im Vergleich zu individuellen Musikmedien, wobei er die Funktion der Stimmungsregulation vor allem bei letzteren verortet sieht. Nur hier könne sich der Rezipient schließlich bewusst und zielgerichtet für eine spezielle Musik entscheiden. In weiteren Forschungsvorhaben sollte Überlegungen dieser Art empirisch nachgegangen werden.
Spanhel, Dieter: Handbuch Medienpädagogik – Band 3: Medienerziehung
Die Medien durchdringen unsere Gesellschaft zunehmend und gewinnen damit auch im Leben von Kindern und Jungendlichen immer mehr an Bedeutung. Welche Entwicklungsprozesse, Probleme, aber auch Chancen aus dieser dominant medialen Umwelt resultieren, und welche Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen greifen, begründet Dieter Spanhel im „Handbuch Medienpädagogik“.Der Autor beschäftigt sich einerseits mit der sich im Wandel befindenden Familiensituation aufgrund des gesteigerten Medienbewusstseins von Kindern und Jugendlichen. Andererseits geht Spanhel auf die dem Medienkonsum angepasste Schulbildung und Alltagsbewältigung ein. Mit anschaulichen pädagogischen Beispielen gibt er einen Einblick in das facettenreiche Umfeld der Medienerziehung. So erklärt er im Theorieteil seines Buches zugrunde liegende Betrachtungsweisen anhand des Projektbeispiels einer siebten Klasse: Im Biologieunterricht wird die Schulklasse in Kleingruppen aufgeteilt und zur Erforschung verschiedener Merkmale angepasster Organismen aufgefordert. Exemplarisch wird diese Aufgabe anhand des Schulaquariums untersucht. Im Sinne der Medienpädagogik zielt das Projekt unter anderem darauf ab, mit Hilfe von mediengestützten Informationsquellen zu einem Ergebnis zu kommen, das im Anschluss medial aufbereitet und präsentiert wird.Innerhalb eines solchen Bezugsrahmens analysiert Spanhel insbesondere die Konfrontation der Schüler und Schülerinnen mit den von der Lehrkraft mit eingebrachten symbolischen Sinnessystemen, wie Fachbücher, Fotos, Computer und anderen Medien. Anschließend geht er auf die Zielerreichung beobachteter Projekte und deren medienerzieherische Zusammenhänge ein. Aufbauend auf den Grundlagen der Medienerziehung wird im empirischen Teil des Buches das situative Aufeinandertreffen von Kindern und Medien im Alltag veranschaulicht. Die Tatsache, dass der Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen vor allem in den Bereichen Fernsehen, Computer und Internet kontinuierlich ansteigt, ist nur eines von vielen Indizien, die Spanhel analysiert.Insbesondere die Verhaltens- und Wahrnehmungsweise der heranwachsenden Generation steht unter maßgeblichem Einfluss der Medien und deren Botschaften. Das Medium Fernsehen bietet Kindern oft die Möglichkeit, Erfahrungen auf zwei Ebenen zu sammeln: im Rahmen der realen und der virtuellen Welt. Spanhel macht deutlich, dass sich diese gegenseitig beeinflussen und die Aneignung spezieller Kompetenzen erfordern, um medienspezifische Entwicklungsaufgaben bewältigen zu können. Dies wird als ein unumgänglicher pädagogischer Anspruch in einer Welt der Mediensozialisation beschrieben. Zur Erreichung einer gewissen Medienbildung junger Menschen ist laut Autor Medienerziehung notwendig.Spanhel erläutert, wie das theoretische Konzept der Medienerziehung in die Praxis umgesetzt werden kann. Beispielsweise schlägt er im Rahmen der Schulentwicklung eine Medienwerkstatt vor, welche sowohl Schülern bzw. Schülerinnen als auch Lehrenden als Kommunikationszentrum dient. Weiter plädiert er für offene Handlungsrahmen, in denen die Schüler und Schülerinnen neu erworbene Medienkompetenzen (durch Projekttage oder Medienprojekte) effizient in den Unterricht integrieren können. Durch Kooperationen in Form von Gruppenarbeiten können laut Spanhel Negativaspekte, wie zusätzliche Arbeitsstunden ausgeglichen werden. Um die Medien jedoch als Kommunikationsmedium und damit im Sinne des schulischen Unterrichts gewinnbringend und ernsthaft einsetzen zu können, ist sowohl eine technische als auch eine soziale Vernetzung notwendig. Die Schule muss in Kontakt zu lokalen Institutionen, wie Zeitungen oder anderen Medienanbietern stehen. Außerdem sollte ein gruppendynamisches Umfeld motivierter Schüler bzw. Schülerinnen und Lehrkräfte geschaffen werden, um medienpädagogische Ziele optimal realisieren zu können. Primär dient das Buch als Grundlage medienpädagogischen Wissens, speziell für den Bereich der Medienerziehung. Gerichtet an Eltern und pädagogische Fachkräfte kann es als Orientierungshilfe dienen und eröffnet dem Leser durch Erklärung theoretischer Ansätze und deren empirischer Analyse die Möglichkeit, seine medienpädagogischen Handlungskompetenzen zu erweitern. Aufgrund der solcherart erlangten Medienkompetenz können Chancen und Probleme von Heranwachsenden im Umgang mit Medien besser erkannt und eingeschätzt werden.
Strüber, Sebastian: Computerspiel als Aggressor?-Eine Studie über die Wirkung von Gewalt in den Medien am Fallbesispiel Counterstrike
In der vorliegenden Studie von Sebastian Strüber versucht der Autor seinen Beitrag zum vieldiskutierten Thema, ob Computerspiele aggressiv machen können oder nicht, zu leisten. Am Beispiel von „Counterstrike“ untersucht er sowohl Spieler, als auch die öffentliche Meinung. Leider handelt über die Hälfte des Buches nicht von seiner eigentlichen Studie selbst, sondern von Definitionen, Theorien und Erklärungen rund um die Themen Gewalt und Aggressionen.Auch Strüber kommt zu dem Ergebnis, dass Spiele wie Counterstrike eventuell Aggressionen hervorrufen können, aber nur, wenn eine Vielzahl weiterer Faktoren eintreten.
Zum Einstieg in diese Diskussion ist dieses Buch sicher gut geeignet, da es sehr genau die wissenschaftlichen Grundlagen bespricht.
Theunert, Helga (Hg.): Bilderwelten im Kopf: Interdisziplinäre Zugänge
Mediale Bilderwelten sind omnipräsent. Ein Aufwachsen ohne medienvermittelte Wirklichkeiten – und Schein-Wirklichkeiten – ist gar nicht mehr denkbar. Das breite und vielfältige Medienangebot reicht vom Bilderbuch und der Berichterstattung über Film und Fernsehen bis zu virtuell ausgestatteten Räumen und komplexen 3-D-Simulationen im Computerspiel. Wechselwirkungen zwischen mentalen Repräsentationen und virtuellen Gegenwelten, eine Invasion brutaler Bilder, Wirklichkeitsverlust und die Frage nach schädigenden Einflüssen künstlicher Bildszenarien sind seit längerem Gegenstand des öffentlichen Diskurses.
Im Herbst 2005 lud deshalb das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis München, gemeinsam mit der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) zu einer interdisziplinären Fachtagung zum Thema «Bilderwelten im Kopf». Die Beiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Medienpädagogik (Bernd Schorb, Helga Theunert, Hans-Dieter Kübler), Neurowissenschaft (Klaus Mathiak), Pädagogische Psychologie (Andreas Krapp), Entwicklungspsychologie (Lieselotte Ahnert), Linguistik (Gudula List), Schulpädagogik (Gerhard Tulodziecki) und Jugendmedienschutz (Verena Weigand) liegen nun in einem schlanken Sammelband vor und beschäftigen sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Medienaneignung von Kindern und Jugendlichen. Der Faszination, die unumstritten von Fernsehen, Internet und Computerspielen ausgeht, sollen immer wieder strittige Fragen gegenübergestellt werden.
Wie zu erwarten ist solchen Fragestellungen nicht mit einfachen Erklärungs- oder Wirkungsmodellen jenseits sozialer Kontexte beizukommen. So plädiert Bernd Schorb einleitend für eine integrale Medienpädagogik. Forschungsergebnisse verschiedener Disziplinen, die sich mit Medien auseinandersetzen, müssen mit medienpädagogischen Ansätzen zusammengeführt und gewonnene Erkenntnisse für die pädagogische Praxis nutzbar gemacht werden. Auch wenn nicht durchweg Einigkeit herrscht und eine gemeinsame Sprache zum Teil noch gefunden werden muss, so geht aus den fundierten Fachbeiträgen des vorliegenden Tagungsbandes doch deutlich hervor, dass Medienaneignung, als aktiver und lebensbegleitender Prozess begriffen werden muss, nicht in Einzelaspekten betrachtet und verstanden werden kann.
Weber, Mathias (Hg.): Das Web-Adressbuch für Deutschland 2007 – die 6000 wichtigsten deutschen Internetadressen
Das bereits in zehnten Auflage erschienene Web-Adressbuch für Deutschland fasst die 6000 wichtigsten deutschen Internetadressen in einem Werk zusammen. Genauso gut nach Kategorien gegliedert wie die Gelben Seiten findet sich hier manch Eintrag schneller als durch die einschlägigen Internet-Suchmaschinen.
Wer sich nicht sicher ist mit seiner Wahl, kann sich an den kurzen Beschreibungen zu jeder Adresse orientieren. Anders als bei den Suchmaschinen im Netz, ist hier jeder Eintrag qualitätsgeprüft und Manipulationen sind ausgeschlossen.Ob ganz gezielt nach einer Adresse suchen, oder sich einfach durch die verschiedenen Kategorien treiben lassen, mit dem Web-Adressbuch hat man immer eine verlässliche Auskunft zu Hand.
kolumne
Günther Anfang: BKJ, KuPoGe und KS-Muc
Sind Sie nicht auch schon über Sätze gestolpert wie „Jeder VoIP-Fan kennt X-Lite und X-Pro. Vom Hersteller dieser ausgefeilten Must-have-Software stammt auch X-PDA, ein SIP-Softphone für Windows Mobile 5 für Pocket PC:“ (Connect 12/2006, S. 46) oder „Das CMS unterstützt jetzt auch JSR-170, eine Java-API für standardisierte Content-Ablage.“ (c’t 19/2004, S. 194) Nun, der eingefleischte Kenner von X-Lite und X-Pro wird hier nur müde lächeln, denn er oder sie hat sich sicher bereits diese „Must-have-Software“ besorgt. Wir als eifrige Leserinnen und Leser diverser Fachzeitschriften verzweifeln jedoch nicht selten an Abkürzungen, die wir nicht verstehen. Bei vielen Abkürzungen hat man zudem die Vermutung, es geht nicht darum, sie zu verstehen, sondern den Produkten einen Nimbus des Außergewöhnlichen zu geben, um sie besser vermarkten zu können. Abkürzungen eignen sich auch hervorragend zur Schaffung von Gemeinden, also Communitys. Damit können hervorragend „User“ von „Nichtusern“ unterschieden und diejenigen vom Gespräch ausgeschlossen werden, die die Kürzel nicht verstehen. Und das betrifft beileibe nicht nur die Welt der Computer und neuen Medien. Auch in der pädagogischen Fachszene wird gerne in Kürzeln gesprochen. Jeder, der diese Zeitschrift liest, weiß beim Kürzel JFF sofort, welche medienpädagogische Fachinstitution gemeint ist. Allerdings stolpern viele über die ausgeschriebene Version „JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis“. JFF kann ja schließlich nicht die Abkürzung von Institut für Medienpädagogik sein. Das Geheimnis des Kürzels liegt in der Geschichte des JFF, als es noch „Jugend, Film, Fernsehen“ hieß und noch nicht 50 Jahre alt war. Das nur für diejenigen, die beim nächsten medienpädagogischen Diskurs nicht schon beim Kürzel JFF ausgeschlossen werden wollen.
Für alle, die gerne noch andere Abkürzungen erklärt haben wollen, hier eine kleine Auswahl: Noch relativ einfach zu erklären sind Kürzel wie KuPoGe und BKJ. KuPoGe bedeutet Kulturpolitische Gesellschaft und BKJ Bundesvereinigung kultureller Kinder- und Jugendbildung. Das ist einleuchtend, denn die Abkürzungen stehen für in der Fachszene bekannte bundesweite Einrichtungen. Schwieriger wird es bei Begriffen wie KS-Muc, KS-Nue und KS-Aug. Denn wer außer Kulturschaffende in München, Nürnberg und Augsburg weiß schon, dass damit Netzwerke gemeint sind, die sich der Vermittlung von außerschulischen Angeboten im schulischen Bereich verschrieben haben und sich Kulturservice München, Nürnberg und Augsburg nennen. Vielleicht ist das ja auch so in Ordnung. Spätestens beim BMFSFJ stößt man aber wieder auf eine bundesweit wichtige Einrichtung, bei der man nie sicher ist, ob die Abkürzung gerade richtig geschrieben wird. Schließlich hat sich das dahinter stehende Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mehrfach in seiner Geschichte umbenannt. Und man weiß ja nie, welche Aufgabenfelder gerade unter dem Dach dieses ominösen Ministeriums zusammengefasst werden. Doch kehren wir am Schluss wieder zu den technischen Begriffen zurück. Was X-Lite von X-Pro unterscheidet, ist mir nach wie vor egal.
Mit dem Stichwort CMS verbinde ich zumindest das Content Mangagement System eines Internetauftritts. Warum das aber jetzt auch noch die Java-API JSR-170 unterstützt, wird mir ewig schleierhaft bleiben. Somit verbleibe ich mfG G.A.
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