2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien
Die Familien vor und auf dem Bildschirm, Familien, denen das Handy den Alltag erleichtert und Familien als Gestalterinnen von Medien, Familien im Schulbuch – dies sind nur einige wenige der Forschungsthemen, die in unterschiedlichsten Disziplinen von der Kommunikations- über die Medienwissenschaften, über die Familienpsychologie bis hin zur Soziologie der Familie behandelt werden. Lange Zeit dominierte ein Gefährdungs- und Bewahrungsdenken, das vor allem die negativen ‚Effekte’ ‚der Medien’ auf ‚die Familien’ akzentuierte. Nachdem die reine Medienwirkungsforschung an Boden verloren hat und sich komplexere Designs sowie korrespondierende Theorien, vor allem solche mit einem ausdrücklich kultur- und praxistheoretischen Hintergrund, durchsetzen konnten, ist die Zeit reif für eine medienpädagogische „Aneignung“ der produktiven Verschränkungen familien- und medienwissenschaftlicher Einsichten. Grundlegend hierfür ist ein verändertes Verständnis von Familie im Rezeptionsgeschehen, insbesondere auch von Eltern und Kindern, das ihnen nicht mehr den Status von Opfern der Medien zuweist, sondern sie als Akteure im Kontext behandelt. Dann wird nämlich deutlich, dass die Auseinandersetzung mit Medienformaten wie -inhalten eingebettet ist in die bestehenden sozialen Milieus, Beziehungen sowie individuellen Kompetenzen und Präferenzen. merz will versuchen, den Funken zwischen den noch weitgehend getrennten Bezugsdisziplinen überspringen zu lassen.
thema
Ekkehard Sander/Andreas Lange: Familien-Medien-Lernen
Vor dem Hintergrund der Wiederentdeckung der Lernpotenziale des Bildungsortes Familie werden Thesen und Befunde zu einer möglichst effektiven „Ko-Produktion“ von Bildung im Spannungsfeld der sozialen Institutionen Familie und Medien zusammengetragen. Dabei ist auch den sinnlichen, ambivalenten und emotional teilweise höchst aufgeladenen Komponenten der individuellen wie gemeinsamen Medienrezeptionsepisoden im gelebten Alltag von Familie Beachtung zu schenken. Damit wird dezidiert gegen eine abgehobene Wertedebatte, in welcher Medien- und Familienschelte Hand in Hand gehen und Medien pauschal für den Verlust familialen Zusammenseins verantwortlich gemacht werden, plädiert und für eine nüchterne Analyse dessen, was in Familien mit und durch die Medien geschieht.
(merz 2006-02, S. 9-15)
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Autor: Ekkehard Sander, Andreas Lange
Beitrag als PDFEinzelansichtKathrin Audehm: Rituale und Medien
Zunächst wird die Erforschung von Familienritualen im Rahmen der Berliner Ritualstudie vorgestellt. Anschließend werden am Beispiel der Familienmahlzeiten und einer Konfirmation empirische Aussagen über die soziale Funktion des Mediengebrauchs in den untersuchten Ritualen abgeleitet. Zum Schluss wird verdeutlicht, dass Medienkompetenz in rituellen Praktiken vor allem die Fähigkeit bedeutet, den individuellen Mediengebrauch auf den kollektiven Sinn der Rituale zu beziehen.
(merz 2006-02, S. 16-22)
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Autor: Kathrin Audehm
Beitrag als PDFEinzelansichtIrmela Hannover/Arne Birkenstock: Multitasking-begabte Powerfrauen und einsame Wölfe
Das Familienbild des deutschen Fernsehens hat mit der Wirklichkeit wenig zu tun. So das Ergebnis einer Studie des Grimme-Instituts im Auftrag des BMFSFJ. Das vorherrschende TV-Lebensmodell ist das großstädtische Singledasein; klassische Familien mit Kindern kommen kaum vor. Das Familienbild wird stattdessen geprägt von weitverzweigten Großfamilien in den Serien, von alleinerziehenden und multitasking-begabten Power-Frauen im Fernsehfilm und von melancholischen einsamen Wölfen und Wölfinnen im Krimi. In den informationsbezogenen Programmen machen familienpolitische Meldungen und Themen nicht einmal ein Prozent aller Beiträge aus.
(merz 2006-02, S. 23-29)
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Autor: Irmela Hannover, Arne Birkenstock
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Feldhaus/ Niels Logemann: Die Kommunikationsmedien Internet und Mobiltelefon und ihre Funktionen im familialen Alltag
Der Artikel befasst sich mit der Frage nach der Funktion, die den neuen Medien Internet und Handy zugeschrieben wird. Welchen Nutzen haben Internet und Mobiltelefon für die Familie und welche Folgen hat die individuelle Mediennutzung für den familialen Alltag. Es stellt sich heraus, dass das Mobiltelefon eher zu einer Unterstützung familialer Funktionen führt, weil es die Handlungsspielräume der Familienmitglieder erweitert. Das Internet hingegen erfüllt stärker individuelle als familiale Kommunikationsbedürfnisse. Für die Familie birgt es die Chance, Internetkompetenzen zu erlangen, aber zugleich auch das Risiko einer unkontrollierten Mediennutzung auf Grund mangelnder elterlicher Medienkontrolle.
(merz 2006-02, S. 30-37)
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Autor: Michael Feldhaus, Niels Logemann
Beitrag als PDFEinzelansichtBettina Hurrelmann: Lesen und soziale Herkunft
Die aktuelle PISA-Studie hat es noch einmal sichtbar gemacht: Deutschen Schulen gelingt es offenbar besonders schlecht, Disparitäten sozialer Herkunft auszugleichen. Dies gilt vor allem für das Lesen. Unterschiedliche Familienvoraussetzungen schlagen hier in den Leseleistungen massiv zu Buche. Was geschieht eigentlich in Familien, so muss man fragen, um Kinder zu Leserinnen und Lesern zu machen? Wie kommt es, dass gerade im Bereich des Lesens die Unterschiede der familialen Bildungsvoraussetzungen durch den Unterricht so schwer zu kompensieren sind? Darauf gibt PISA keine Antwort.
(merz 2006-02, S. 38-41)
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Autor: Bettina Hurrelmann
Beitrag als PDFEinzelansichtKarin Ehler: Papi liest im Krieg
Dass Familienmitglieder durch Medienkonsum voneinander getrennt werden, wird vielfach beklagt. Die Eltern schauen Sportschau bzw. Bella Block, die Kinder sitzen zur gleichen Zeit, wenn sie Glück und einen eigenen Fernseher haben, vor SpongeBob oder Jörg Pilawa. Oder die Kinder sind nicht dazu zu bewegen, einen Familienausflug mitzumachen, weil sie sich nicht vom Handy oder dem Computer mit ihren vielen Möglichkeiten trennen können. Der Effekt: Jeder geht seinem und ihrem eigenen Interesse nach und die gemeinsam verbrachte Zeit schwindet. Doch Medien können Familien auch zusammenführen: Telefon und E-Mail dienen bekanntermaßen dazu, miteinander zu kommunizieren, gerade auch innerhalb von weit verstreut lebenden Familien. Dazu kommt jetzt in den USA noch eine weitere Möglichkeit: Ein Elternteil ist als Angehöriger der Navy oder des Marine Corps für längere Zeit fern der Heimat unterwegs, etwa auf einem Marineschiff, das im Nahen Osten in Stellung geht. Trotzdem liest der abwesende Papa, die abwesende Mama den zu Hause gebliebenen Kindern Bücher vor. Wie das geht? Mit Hilfe des Projekts „United Through Reading“ (http://read2kids.org/united.htm), einem Angebot der Family Literacy Foundation. Dort werden Leselisten und Bücher angeboten und die technische Ausrüstung sowie Anleitung zur Verfügung gestellt, so dass die ins Ausland versetzten Väter oder Mütter ein Video oder eine DVD aufnehmen können, welches dann der daheim weilenden Familie geschickt wird. Die Kinder wiederum werden beim Anschauen der Aufnahme gefilmt, und dieses Band wird zurückgeschickt zum entsandten Elternteil, eventuell mit einem weiteren Buch, das als nächstes vorgelesen wird. Das Ganze hat laut Darstellung der Organisatoren viele Vorteile: Vorgelesen zu bekommen ist essenziell für den akademischen Erfolg von Kindern; tausende Kinder und Eltern fühlen sich einander näher als zuvor; die Kinder haben weniger Angst vor der Abwesenheit eines Elternteils; das Wiedersehen nach der Heimkehr ist einfacher, das zu Hause gebliebene Elternteil fühlt sich vom anderen unterstützt, und, gut versteckt zwischen all den anderen Argumenten: Die Moral „aller Beteiligten“ ist höher.
Man muss sich die Zahlen von Augen halten: Derzeit haben 10.000 fern der Heimat dienstverpflichtete Angehörige des Marine Corps Kinder zwischen einem und zehn Jahren, die getrennt von ihnen leben. Bei der Navy sind es noch weit mehr: “At any given moment during the year, 63,000 navy families are separated due to military obligations.”In Folge dessen ist die Trennung von der Familie der häufigste Grund, weshalb Marineangehörige ihre Jobs hinschmeißen. Das ist schlecht für die Truppen. Da muss man gegensteuern, ist doch klar. Ein nettes, harmloses Medienprojekt, das noch dazu kaum was kostet und dem Image gut tut, kann da nur recht sein.
(merz 2006-02, S. 42)
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Autor: Karin Ehler
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spektrum
Stephanie Detering/Daniela Kleedörfer/Matthias Petzold: Handynutzung im Grundschulalter
Kinder im Grundschulalter besitzen und nutzen verstärkt neue Medien wie etwa Computer, Internet oder Handy, was die KIM-Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest der jüngsten Vergangenheit eindeutig belegen. Während die Nutzung von Computer und Internet durch Kinder bereits verstärkt untersucht wurde, kann die Betrachtung der Handynutzung durch Kinder als Waisenkind der Forschung angesehen werden. So gibt es bisher nur wenige Erkenntnisse zu Erwerb und Besitz von Handys und Art der Nutzung durch Kinder sowie Einschätzungen des Handygebrauchs durch Eltern und Lehrkräfte der Kinder.
(merz 2006-02, S. 43-49)
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Autor: Matthias Petzold, Daniela Kleedörfer, Stephanie Detering
Beitrag als PDFEinzelansichtNicola Marsden/Ingo Teegen: Zur Nutzung des Mediums Tageszeitung bei Grundschulkindern
Im Rahmen der Begleitforschung zu einem Zeitungsprojekt wurden in einer Reihe von Untersuchungen 1886 Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse aus 79 Schulen befragt. Schwerpunkt unserer Studie war das Medium Tageszeitung. Hier stellen wir erste Auszüge aus der Studie vor. Zunächst werden Erkenntnisse über die kindliche Nutzung der Tageszeitung und die Themeninteressen der Viertklässler präsentiert.
Darüber hinaus werden die Note im Schulfach Deutsch und die Beliebtheit des Deutschunterrichts im Zusammenhang mit verschiedenen Formen der Mediennutzung betrachtet. Schließlich werden Ergebnisse zu Lesemotivation und Mediennutzung allgemein vorgestellt und ein Fazit gezogen.
(merz 2006-02, S. 50-56)
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Autor: Nicola Marsden, Ingo Teegen
Beitrag als PDFEinzelansichtLars Kilian: Mit netzbasierten Kommunikationswerkzeugen zur Selbststeuerung im Lernprozess
Im vorliegenden Beitrag wird eine Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich mit Hilfe netzbasierter Kommunikations-, Kooperations- und Distributionswerkzeuge selbst gesteuerte Lernprozesse initiieren und unterstützen lassen. Es wird ein Weg vorgestellt, wie die Selbststeuerung des Lernens angeregt werden kann. Hierbei wird auf Ergebnisse des Forschungs- und Entwicklungsprojektes RISE verwiesen. Die Gegenüberstellung von Herausforderungen und Lösungsansätzen bei der Gestaltung selbst gesteuerter Lernszenarien soll einen Einblick in die Gestaltung solcher Lernszenarien geben.
Ziel des Beitrags ist es, Möglichkeiten zur Unterstützung selbst gesteuerter Lernprozesse im E-Learning auszuleuchten und den Einsatz von neuen Kommunikations- und Kooperationswerkzeugen anzuregen.
(merz 2006-02, S. 57-63)
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Autor: Lars Kilian
Beitrag als PDFEinzelansichtHeinrich Brinkmöller-Becker: Abitur-online.nrw
Nach drei Jahren haben zum ersten Mal knapp 100 Studierende des Zweiten Bildungsweges in Nordrhein-Westfalen im Bildungsgang ‚Abendgymnasium’ ihr Abitur „online“ geschafft – ein Anlass, Zielsetzung und Umsetzung dieses innovativen Projektes vorzustellen, das systematisch ein Blended-Learning-Konzept für die schulische Erwachsenenbildung umsetzt und dabei sicherlich auch Transfereffekte für die Schule und die Weiterbildung allgemein ermöglicht.
(merz 2006-02, S. 64-70)
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Autor: Heinrich Brinkmöller-Becker
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Scheibel: "Under construction"
In der letzten merz begann ein Meinungsspiegel über den Wandel der Bildungsinstitutionen im Kontext der medientechnologischen Entwicklung. Experten aus Wissenschaft und Schule äußerten sich zu folgenden Fragen: Wie verändert sich Hochschule und Schule – organisatorisch, personell, räumlich – durch den Einsatz digitaler Medien? Welche Anforderungen entstehen für Lehrende und Lernende? Welche Visionen einer Wissensgesellschaft geben dabei den Hintergrund der Diskussion ab?
(merz 2006-03, S. 67-71)
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Autor: Michael Scheibel
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medienreport
Markus Achatz/Michael Bloech: Annäherung an die Wirklichkeit
Die diesjährige Berlinale hatte ein stark von deutschen Filmen geprägtes Profil. Immerhin waren gleich vier deutsche Produktionen im Wettbewerbsprogramm vertreten, darunter die vom Fachpublikum erstaunlich wohlwollend aufgenommene filmische Adaption des Michel Houllebecq Romans „Elementarteilchen“ von Oskar Roehler. Das mit überraschend viel Fördermitteln ausgestattete Werk verliert sich, trotz exquisitem Staraufgebot, in effekthascherischer Oberflächlich- und Belanglosigkeit. Ebenfalls hohe Beachtung fand „Der freie Wille“ von Matthias Glaser, der sich mit der bedrückenden Biografie eines Sexualstraftäters befasst. Hier beeindruckt und erschreckt vor allem das intensive Spiel von Jürgen Vogel in der Rolle des monströsen Gewaltverbrechers Theo, der die Zuschauenden ständig auf dem schmalen Grat zwischen Identifikation, Mitleid und Verachtung wandeln lässt.
Daneben gab es aber auch wesentlich „leisere“ Filme, die dafür aber einen intensiveren Blick in den aktuellen, bundesrepublikanischen Alltag gewährten, so zum Beispiel der Film „Sehnsucht“ von Valeska Grisebach. Nahezu dokumentarisch erzählt der Film eine bekannte und dennoch interessante, melodramatische Liebesgeschichte aus der Provinz. Unaufgeregt und in ruhigen, streng durchkomponierten Bildern erzählt der Film die Geschichte einer ganz normalen, durchschnittlichen Handwerkerfamilie in dem kleinen 200-Seelendorf Zühlen in Brandenburg. Von den Nachbarn beneidet und ebenso misstrauisch beäugt, entspricht das junge Paar äußerlich dem Idealbild einer liebevollen Beziehung, ihr privates Glück scheint unerschütterlich. Ella arbeitet tagsüber als Haushaltshilfe und singt abends im Gemeindechor, Markus betreibt einen kleinen Schlossereibetrieb und engagiert sich in seiner Freizeit im Dorf bei der freiwilligen Feuerwehr. In kleinen, unwillkürlich anmutenden Gesten spürt man die ungeheuere Nähe zwischen Markus und Ella. Hier wird nichts zerredet, die Kommunikation zwischen den beiden erschließt sich aus ihren Blicken oder sanften Berührungen. Als Markus jedoch mit seinen Freunden zu einer Weiterbildung der freiwilligen Feuerwehr in den nächsten größeren Ort fährt, nimmt die Tragödie ihren Lauf. Der junge Mann geht in einer, durch Alkohol geprägten Nacht, eine Affäre mit der Kellnerin Rose ein und bewegt sich danach zwischen beiden Frauen. Getrieben von Schuldgefühlen und in grenzloser Verzweiflung und Einsamkeit richtet Markus schließlich seine Schrotflinte auf seine Brust. Die mit Laiendarstellern besetzte Geschichte bezieht dabei ihre Stärke und emotionale Tiefe aus den glaubwürdigen Figuren und der spröden, dörflichen Umgebung, die eben nicht einer verkrampften Künstlichkeit oder einem hochglanzpolierten Setting entspringt. Valeska Grisebach scheint die Story direkt aus der Wirklichkeit Brandenburgs gerissen zu haben.
Mit einem ähnlich ästhetischen Anspruch zeigt der 37-jährige Regisseur Henner Winckler in „Lucy“ das Leben der 18-jährigen Berlinerin Maggy. Sie hat die Schule geschmissen und sich von dem Vater ihrer 8 Monate alten Tochter Lucy getrennt. In einer Disco lernt Maggy Gordon kennen, dem sie zunächst verschweigt, dass sie eine Tochter hat. Nach einem Streit mit ihrer Mutter, zieht Maggy samt Lucy zu Gordon, doch der kommt mit der kleinen „Familie“ nicht zurecht. Der Film ist langsam und in tristen Bildern erzählt. Wie auch im Leben von Maggy bleibt vieles fahl und selbst wenn die Sonne scheint, gibt es kaum Farben im Alltag. Mit dokumentarischem Auge führt Winckler einen unspektakulären aber authentischen Ausschnitt im Leben der 18-jährigen Mutter vor. Mittendrin steigen wir in das Portrait ein und ebenso abrupt endet der Film auch wieder. Doch wir wissen, da draußen geht alles genauso weiter. Ebenfalls durch Berlin, jedoch mit mehr Kinoeffekten, schickt uns Detlev Buck in „Knallhart“. Den 15-jährigen Michael und seine Mutter verschlägt es von Zehlendorf nach Neukölln, wo er die Härte des Lebens erfahren muss. Er wird von seinem Mitschüler Erol und dessen Gang abgezockt und schikaniert, bis ihn Drogenboss Hamal als Kurier anheuert und unter seinen Schutz stellt. „Opfer“ ist das schlimmste Schimpfwort der Gegend, doch das trifft im Laufe der Geschichte auch Erol selbst. Wie hoch das Risiko war, sich unter die Fittiche von Hamal zu begeben, wird Michael erst später klar. Detlev Buck hat den Film bestens recherchiert und zeigt eine Inszenierung, die sich nahe an seine Charaktere heranwagt. Trotzdem wird fleißig mit Klischees gespielt und einem ganzen Stadtteil der Ghetto-Stempel aufgedrückt. „Knallhart“ bleibt am Ende für das Publikum unbequem – und das ist vielleicht seine größte Leistung. Sei es dadurch, dass sich Bucks Hang zu Gags und der Anspruch „knallharte“ Kleinkriminellen-Reality darzubieten aneinander reiben oder sei es, weil nicht klar wird, warum er Jenny Elvers-Elbertzhagen als gar nicht mal schlecht gespielte Problemmutter besetzt hat. Der Blick des Intellektuellen auf die unbarmherzige Seite der Gesellschaft oder das Spiel mit der Lust am permanenten „Unterschätzt-Sein-Wollen“ derjenigen, die unterschätzt werden?
Elementarteilchen
Deutschland, 2005, 105 min
Regie: Oskar Roehler
Darsteller: Moritz Bleibtreu (Bruno), Christian Ulmen (Michael), Martina Gedeck (Christiane), Franka Potente (Anabelle), Nina Hoss (Jane), Uwe Ochsenknecht (Brunos Vater), Corinna Harfouch (Dr. Schäfer), Jasmin Tabatabai (Yogini)
Freier Wille
Deutschland, 2006, 163 min
Regie: Matthias Glasner
Darsteller: Jürgen Vogel (Theo), Sabine Timoteo (Nettie), André Hennicke (Sascha)
Sehnsucht
Deutschland, 2005, 90 min
Regie: Valeska Grisebach
Darsteller: Ilka Welz (Ella) , Annett Dornbusch (Rose), Andreas Müller (Markus)
Lucy
Deutschland 2006, 82 min
Regie: Henner Winckler
Darsteller: Kim Schnitzer (Maggy), Gordon Schmidt (Gordon), Feo Aladag (Maggys Mutter)
Knallhart
Deuschland 2005, 98 min
Regie: Detlef Buck
Darsteller: David Kross (Michael Polischka), Jenny Elvers-Elbertzhagen (Miriam Polischka), Erhan Emre (Hamal), Oktay Özdemir (Erol)
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Markus Achatz, Michael Bloech
Beitrag als PDFEinzelansichtMarkus Achatz: Fragen nach dem wahren Sein
Das 29. Kinderfilmfest der Berliner Filmfestspiele 2006 fand zurecht große Beachtung bei Publikum, Fachpresse und Filmschaffenden. Zwölf Spielfilme und 21 Kurzfilme aus 26 Ländern bildeten ein internationales, qualitativ zum Teil sehr hochwertiges Programm. Thomas Hailer, Leiter des Kinderfilmfests, bewies bei der Auswahl der Filme in diesem Jahr wiederum Mut zu nachdenklichen Stoffen. Der polnische Beitrag „Jestem“ („Ich bin“) von Dorota Kędzierzawska ist ruhiges und trauriges, jedoch großartiges Kinder- und Jugendkino. Die Filmemacherin und ihr brillanter Kameramann Arthur Reinhart begeisterten bereits 1995 auf der Berlinale mit dem Film „Wrony“ („Krähen“). Die anrührende Geschichte eines Mädchens, das ein jüngeres Mädchen entführt und mit diesem umherzieht, war in fantastischen Farben und Bildern erzählt und erhielt unzählige Preise. Mit „Jestem“ kommt ein neues Meisterwerk. Artur Reinhart hat den Film auch produziert. Der 11-jährige Kundel ist aus dem Kinderheim abgehauen. „Bist wieder zurück?“ wird er wie nebenbei in seinem Heimatort gefragt. „Ja, bin ich“, antwortet der Junge und doch interessiert sich niemand wirklich dafür. Am wenigsten seine Mutter, die stößt ihn umso weiter weg, je näher er ihr kommt. Irgendwo am Flussufer kommt Kundel auf einem alten Schiff unter – zwar zurück in seiner Heimatumgebung, aber nicht dort, wo er Liebe findet oder sich zu Hause fühlen kann. Allmählich freundet er sich mit der gleichaltrigen Tochter einer reichen Familie an, die nahe des alten Kahns wohnt. Das Mädchen kann sich selbst und das Leben nicht gut leiden, aber beide verbindet die Suche nach Zuneigung, Glück und einem festen Platz im Leben. Allmählich entwickelt sich eine behutsame Beziehung zwischen den Kindern. Es gelingt nur sehr selten, dass kindlichen Protagonisten in Filmen so viel Empathie entgegen gebracht wird wie in den Werken von Dorota Kędzierzawska. In „Wrony“ und in „Jestem“ handeln die Kinder ganz aus sich heraus. Sie äußern sich manchmal unkonventionell und treffen Entscheidungen, die sich aus kindlicher Denkweise ergeben. Nur in der völligen Absenz der Erwachsenenwelt finden sich Momente voller Harmonie und Frieden. Von den Erwachsenen gehen Bedrohungen und Enttäuschungen aus. Die diskriminierende Frage eines Polizisten, warum Kundel überhaupt leben würde, rahmt den Film ein. Im Zentrum von allem steht die Antwort des Jungen: „Weil ICH BIN!“
Auf den Internetseiten www.jungejournalisten.berlinale.de hatten junge Zuschauer die Möglichkeit, tagesaktuell über die Berlinale zu berichten. Die 13-jährige Sophie Merrison schrieb dort über „Jestem“: „Einer der besten Filme, die ich jemals gesehen habe. Er basiert auch auf einer wahren Geschichte, was ihn noch echter wirken lässt. Ein Film zum Weinen und zum Nachdenken, der einem tief ins Herz geht.“Die dänisch-britische Co-Produktion „Drømmen“ („Der Traum“) gewann den Gläsernen Bären der 11-köpfigen Kinderjury des Kinderfilmfests. Der Film führt uns an die Küste Dänemarks im Sommer 1969. Der Bauernsohn Frits ist wie alle seine Mitschüler der Tyrannei des diktatorischen Schulleiters ausgesetzt. Als Frits vom Direktor beinahe ein Ohr abgerissen wird, verändert sich für den Jungen vieles. Mit Hilfe seiner Eltern versucht er gegen den Despoten anzugehen. Auch vom neuen und so andersartigen Lehrer Freddie, der das aufgeknöpfte Hemd lässig über der Hose trägt, bekommt Frits Unterstützung. Martin Luther Kings berühmte Rede, in der er seinen großen Traum erzählt, ist der Motor für seine Energie, denn auch der Junge hat Träume, in denen die Welt gerechter werden soll. Doch der Direktor hat viel Macht und Personen, die ihm den Rücken stärken. Auch Freddie merkt, dass es nicht leicht ist, gegen Autorität und alte Strukturen anzukommen. „Drømmen“ ist ein Film über das bewusste Empfinden von Unrecht und die Kraft, sich dagegen aufzulehnen, auch wenn es aussichtslos erscheint. Die Botschaft des Films geht dabei weit über eine Romantisierung der Hippiezeit hinaus. Die sehr persönliche Geschichte von Frits, der sich große Sorgen um seinen kranken Vater macht, der nicht ertragen kann, wenn am Hof die Schweine zum Schlachten abgeholt werden oder den seine Gefühle für Iben verwirren, wird auch zu einer Geschichte über das Aufbrechen verhärteter gesellschaftlicher Strukturen und damit über Politik und Zivilcourage. Bei allem Idealismus müssen die Hauptfiguren in „Drømmen“ manche Träume aber auch aufgegeben und erleben die Grenzen des Machbaren. Regisseur Niels Arden Oplev versteht sich hervorragend auf das Wechselspiel von Spannung und Entspannung. Dankbar beteiligten sich die jungen Zuschauer mit ihren Emotionen und honorierten die Geschehnisse mit Szenenapplaus.
Jestem (Ich bin)
Polen 2005, 97 min
Regie: Dorota Kędzierzawska
Darsteller: Piotr Jagielski (Kundel), Agnieszka Nagorzycka (Marble), Edyta Jungowska (Kundels Mutter), Basia Szkaluba (Marbles Schwester). Empfohlen ab 12 Jahren#
Drømmen (Der Traum)
Dänemark, Großbritannien 2005, 105 min
Regie: Niels Arden Oplev
Darsteller: Janus Dissing Rathke (Frits), Anders W. Berthelsen (Freddie)Bent Mejding (Direktor Lindum-Svendsen), Sarah Juel Werner (Iben). Empfohlen ab 10 Jahren
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Markus Achatz
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Bloech: Starke Jugendliche bei 14plus
Bereits zum dritten Mal widmet sich mit „14plus“ eine Sektion der Berlinale ausdrücklich dem Jugendfilm. Dass dies von der Zielgruppe der Jugendlichen positiv angenommen wird, haben die gut besuchten Veranstaltungen nachdrücklich bewiesen. Mag die Qualität der Produktionen, bei denen Jugendliche im Mittelpunkt der Handlung stehen, zum Teil auch recht unterschiedlich sein, so gab doch es viele sehenswerte Produktionen. Einer der wirklich herausragenden Filme war „Kamataki“ von Claude Gagnon, der zwar leider keinen Gläsernen Bären erringen konnte, aber immerhin mit einer Lobenden Erwähnung ausgezeichnet wurde. Regisseur Claude Gagnon kann dies sicher verschmerzen, denn er hat im Jahr 2005 gleich fünf Hauptpreise beim renommierten Filmfestival in Montreal für „Kamataki“ eingeheimst und das zu Recht. Gagnon erzählt in atemberaubend schönen Bildern die Geschichte von Ken, einem 22-jährigen nordamerikanischen Medizinstudenten, der nach dem Tod seines Vaters in tiefe Depression stürzt. Nach einem misslungenen Selbstmordversuch wird er von seiner Mutter zu seinem eigenwilligen Onkel Takuma nach Japan geschickt. Takuma ist ein ebenso gefeierter wie eigenwilliger Töpfermeister, der die alte japanische Kunst des Kamataki beherrscht. Diese traditionelle Methode des Kunsthandwerks verlangt Ruhe, Konzentration und Kraft. Der alte Mann zieht all dies aus seiner unkonventionellen Lebensweise, die dennoch ganz im Zeichen des Zen steht, er liebt das Leben in seiner komplexen Fülle, er lebt den Augenblick und versteht zu genießen. Dann, nach seiner exzessiven Erholungsphase beginnt die konzentrierte und mühevolle Arbeit. Das Geschirr muss getöpfert und der riesige Ofen, ein Anagama Kiln, vorbereitet und akribisch die zu brennenden Töpfereien im Inneren des riesigen Ofens gruppiert werden. Erst danach beginnt der Prozess des Anschürens mit speziellem Holz. Mindestens acht Tage und Nächte muss der Anagama auf Temperatur gehalten werden. Nur wenige Meister brennen nach dieser alten Methode, die eine einzigartige Glasur auf das Geschirr zaubert. Ken hilft seinem Onkel – zunächst willenlos, dann mit kritischer Distanz und schließlich fasziniert. Takuma, der alte Mann, hat damit augenzwinkernd sein Ziel erreicht, das Geschirr ist perfekt, ein Kunstwerk ist gelungen und Ken hat endlich den Lebensmut wiedergefunden, der ihm auf tragische Weise entrissen wurde.
„Kamataki“ ist einer der wenigen Filme, die auf positive Weise Mut machen sich auf Fremdes einzulassen und etwas zu entdecken, was in unserer schnelllebigen Zeit oft verloren gegangen zu sein scheint: die Ruhe.
Ähnlich wie der Amerikaner Ken steckt auch Sandra im schwedischen Film „Fyra Veckor i Juni“ (Vier Wochen im Juni) in einer tiefen Lebenskrise. Nachdem Sandra ihren Freund mit einem anderen Mädchen erwischt hat, attackiert sie ihn mit einer Schere und verletzt ihn schwer. Wie auch Ken gibt sie ihren bisherigen Lebensmittelpunkt auf, um wieder ganz von vorne zu beginnen. Sie zieht in eine Bauruine, um fern von ihrer Heimat ihre Jugendstrafe in einem Altkleidersammlungsbetrieb anzutreten. Sandra nimmt kaum die Welt um sich herum wahr, bemerkt zunächst nicht Lilly, die alte Frau, die neben ihr wohnt. Und auch von Marek, dem sympathischen, polnischen Schwarzarbeiter, der auf dem Baugerüst vor ihrem Fenster arbeitet, nimmt sie kaum Notiz. Ihr Herz scheint aus Stein, doch dann öffnet sie sich allmählich, lernt Lilly näher kennen und bemerkt Parallelen zu ihrer eigenen Biografie. Wie auch Sandra ist die alte Dame in ihrer Jugendzeit von einem Mann schwer enttäuscht worden. Bald werden die beiden Freundinnen, sie sehen sich nahezu täglich und ihre Beziehung zueinander wird immer enger. Lilly vertraut Sandra schließlich ihre dramatische Lebensgeschichte an. In ihrer Jugend liebte Lilly einen Mann, dessen antisemitische Familie sie als Jüdin nicht akzeptierte. Als sie schwanger wurde, heiratete sie jedoch einen anderen Mann, der nie erfahren sollte, dass Rebecca nicht sein eigenes Kind ist. Und nach all den vielen Jahren hat Lilly immer noch nicht den Mut aufgebracht, Rebecca die Wahrheit über ihren leiblichen Vater zu erzählen. Parallel dazu versucht Marek beharrlich den Kontakt zu Sandra herzustellen. Regisseur Henry Meyer wurde für diese berührende Geschichte zwischen den Generationen und den Enttäuschungen einer großen Liebe von der Jugendjury mit einem Gläsernen Bären ausgezeichnet. Vor allem die beiden souverän agierenden Hauptdarstellerinnen Tuva Novotny (Sandra) und Ghita Nørby (Lilly) transportieren die Geschichte mit hoher Glaubwürdigkeit. Präzise Dialoge, eine schnörkellose Erzählweise und eine gehörige Portion feinen Humors sorgen dafür, dass die vielleicht in der Auflösung ein wenig zu glatt geratene Story letztendlich überzeugt. Wesentlich bedrückender präsentiert sich die russische Produktion „Lovitor“ (Fänger) des tadschikischen Regisseurs Farkhot Abdullaev, obwohl auch dieser Film letztlich positiven Lebenswillen vermittelt. Der Begriff Lovitor entspringt der russischen Zirkuswelt, er bezeichnet denjenigen Artisten, der bei einer Menschenpyramide alle anderen trägt. Der deutsche Titel Fänger ist daher nicht ganz zutreffend, denn ein Lovitor ist einer, auf den sich alle anderen verlassen müssen, einer der die gesamte Verantwortung trägt. Konkret wird hier mit Mitteln des Dokumentarfilms die Geschichte von Kolyan, einem Jugendlichen, erzählt, der nach einer Gasexplosion auf der Stra?e lebt und sich zunächst einer Gruppe von Straßenkindern anschließt. Sie alle leben am Rande eines Flughafens in einer ausrangierten Passagiermaschine und fühlen sich bei Alick wohl, einem Ex-Piloten, der im Krieg beide Beine verloren hat. Zusammen mit seiner Freundin Mara sorgt er für die Kinder und gibt ihnen Halt. Tagsüber schickt er sie zum nahegelegenen Bahnhof und einem Markt zum Arbeiten. Die Kinder bieten Reisenden Hilfe beim Koffertragen an, verkaufen Blumen oder singen Lieder und versuchen so, ein bisschen Geld zu erbetteln. Doch die vermeintliche Idylle trügt, denn als der drogenabhängige Alick an einer Überdosis stirbt, bricht das fragile System zusammen. Das wenige Geld, das die Kinder verdient haben, und das eigentlich für den Umzug in ein Haus gedacht war, ist längst im Drogenkonsum versickert. Mara kann zunächst alleine die Gruppe nicht stabilisieren, doch mit Hilfe von Kolyan gelingt es für kurze Zeit, die Situation zu meistern. Trotzdem ergeben sich bald Probleme mit der Polizei und die Lage eskaliert. Bei aller Trostlosigkeit, bei allem Elend, der Korruption und Gewalt strahlt der Film dennoch eine ungeheure Kraft und einen unglaublichen Optimismus aus. Kolyan trifft auf einen Liliputanerzirkus und die Artisten wollen dem kleinwüchsigen, kräftigen Jungen eine Chance in ihrem Zirkus als Lovitor geben. Und Mara muss neue Kraft finden, um sich aus dem Teufelskreis von Erpressung und Gewalt zu befreien. Denn im Kern geht es bei Lovitor, wie bei einer Menschenpyramide darum, gegenseitig Halt zu finden, einander zu vertrauen und die Probleme gemeinsam zu meistern.
Kamataki
Kanada/Japan 2005, 110 min
Regie: Claude Gagnon
Darsteller: Matt Smiley (Ken), Tatsuya Fuji (Takuma), Kazuko Yoshiyuki (Kariya Sensei)
Fyra Veckor i Juni / Vier Wochen im Juni
Schweden 2005, 116 min
Regie: Henry MeyerDarsteller: Tuva Novotny (Sandra), Ghita Nørby (Lilly), Lukasz Garlicki (Marek)Lovitor / Fänger
Russland 2005, 115 min
Regie: Farkhot Abdullaev
Darsteller: Oleg Koulaev (Kolyan), Alexander Naumot (Alick), Yevgeniya Dobrovolskaya (Mara)
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Michael Bloech
Beitrag als PDFEinzelansichtAlexander Buck: Mediale Realität und Diffusion im "Tal der Wölfe"
Vorspann
Freudige Aufregung und Bestätigung im dunklen Kinosaal: „Siehst du, genau so ist es ...“. Das Publikum, überwiegend MigrantInnen aller Altersstufen, vor allem jedoch Jugendliche verfolgen hochinteressiert die Kinoverfilmung eines Rekordbrechers des türkischen Fernsehens.
Aufregung und Protest von Seiten der Politik und den Medien: Dieser Film gehöre verboten, er sei antisemitisch, antiamerikanisch, fundamentalistisch – ein „türkischer Rambo”. Seit dem 9. Februar 2006 läuft erstmals ein türkischer Blockbuster in den deutschen Kinos: Tal der Wölfe – Irak (Kurtlar Vadisi Irak).
Realität, Diffusion und ‚Lynndiesierung’Zunächst ist “Tal der Wölfe” eine 97-teilige türkische Fernsehserie gewesen, welche im Zeitraum von 2003 bis 2005 auf den Sendern „Show-TV” (1.-3. Staffel), danach auf “Kanal D” (4. Staffel) liefen. Jene Serie bildet quasi den Hintergrund des vorliegenden Films: Der Spezial-Agent des MIT (der türkische Inlandsnachrichtendienst) Ali Candan, welcher im Kosovo arbeitet, wird nach Istanbul zurück beordert. Er soll eine neue Identität bekommen und in die türkische Mafia eingeschleust werden – nach einer Gesichtsoperation wird aus ihm Polat Alemdar.
Eben jener Polat Alemdar (Necati Şaşmaz) ist der Protagonist des Kinofilms, dessen bester Freund Oberleutnant Süleyman Aslan Opfer der so genannten (tatsächlich stattgefundenen) „Sackaffäre” wurde. Am 4. Juli 2003 wurde eine Gruppe türkischer Soldaten im Nordirak von den US-amerikanischen Truppen festgesetzt, mit Säcken über den Köpfen abgeführt und nach 60 Stunden Gefangenschaft in die Türkei überstellt.
Ab diesem Zeitpunkt beginnt in dem Film die fiktive narrative Weiterverarbeitung: Süleyman Aslan schreibt einen Abschiedsbrief an Polat Alemdar und begeht aufgrund der Erniedrigung durch die amerikanischen Soldaten, deren Oberbefehlshaber Sam William Marshall (Billy Zane) ist, Selbstmord. Alemdar begibt sich daraufhin mit seinen besten Männern in den Irak, um seinen Freund zu rächen.
Die eigentliche Diffusion und immanente Problematik liegt in der Vermischung der Ebenen, denn auch im weiteren Verlauf werden reale Begebenheiten, wie beispielsweise der Überfall auf Mukaradeeb, ein Dorf im Irak mit fiktiven Handlungssträngen gemixt. Dieses Dorf wurde am 19. Mai 2004 von US-Hubschraubern angegriffen, da angeblich die aus Tradition abgefeuerten Gewehrschüsse als Angriff auf die US-Truppen interpretiert wurden. Es starben 42 Personen, darunter elf Frauen und 14 Kinder. Im Film warten die US-Soldaten jedoch in ihren Fahrzeugen freudig auf die ersten Schüsse, um die Hochzeitsgäste als “Terroristen” gefangen zu nehmen. Dies misslingt durch das Ungeschick eines US-Soldaten, welcher versehentlich einen kleinen Jungen erschießt, worauf die Situation eskaliert und viele Hochzeitsgäste, darunter auch der Bräutigam, den Tod finden. Die Braut Leyla (Bergüzar Korel) schwört daraufhin Rache an Sam William Marshall. Währenddessen versucht auch Top-Agent Polat Alemdar, Marshall habhaft zu werden und ihn auf die gleiche Weise zu erniedrigen (mit einem Sack über den Kopf!), wie dieser es mit Oberleutnant Süleyman Aslan tat. Doch wird dieser Plan durch die Geschicklichkeit und Hintertriebenheit Marshalls vereitelt, der auch nicht vor Kindesgeiselnahme zurückschreckt. Scheinbar ist Marshall auch für das Gefängnis Abu Ghraib zuständig, wo ein Arzt (Gary Busey) sein Unwesen treibt. Er entnimmt irakischen Gefangenen Organe, um sie seinen Patienten in New York und Tel Aviv zu schicken. In einem Dialog stellt sich Marshall als gottesgläubiger Patriot (und Kriegsgewinnler), der Doktor als korrupter, skrupelloser, nur auf das Wohl ‚seiner’ Patienten bedachter amerikanischer Jude heraus. Allerdings ist diese Szene dialogisch sehr kryptisch und daher darf bezweifelt werden, dass ein Großteil des Publikums die geschmacklose und perfide Diskreditierung des Judentums überhaupt erkennt und versteht.Währenddessen wütet Lynndie England in Abu Ghraib und baut ihre berüchtigte Menschenpyramide – eine weitere Einstreuung medialer Realität. Die Braut Leyla bittet währenddessen ihren Ziehvater Scheich Abdurrahman Halis Kerkuki (Ghassan Massoud), einen direkten Nachfahren Mohammeds, um Rat, da sie die Schande mit einem Selbstmordattentat rächen will. Hier erfährt der Film eine interessante, bisher in der Presse nicht berücksichtigte Wendung – abgesehen von der FSK-Begründung (15.02.2006). Der Scheich sieht dieses Ansinnen als Sünde an, welche kein gläubiger Muslim begehen dürfe, zumal sie selbst und unschuldige Menschen getötet würden. Leyla lässt von dem Vorhaben ab und bleibt in der Obhut des Scheichs.
Doch Polat Alemdar und seine Getreuen sind unbeirrt: Marshall muss büßen, die Ehre wieder hergestellt werden ...Irritationen“Tal der Wölfe” bietet eine stark polarisierende Geschichte, welche zudem hemmungslos zwischen Realität und Fiktion springt. Hierin spiegelt sich die zentrale Problematik des Films. Weniger ist es die teils maßlos übertriebene Darstellung der amerikanischen Soldaten, noch die generelle amerikanische Globalisierungspolitik. Es ist ein Kampf Davids gegen Goliath, die Freude des Kleinen, es einmal dem (den) Großen gezeigt zu haben. Wenn am Ende Marshall sein ‚gerechtes’ Schicksal ereilt, atmet das Publikum auf. Es ändert sich hierdurch nichts an der Situation im Irak – daher ist es auch kein ‚türkischer Rambo’, dieser hätte gleich noch den gesamten Irak befreit.Nachspann„Tal der Wölfe” hat teilweise exzessiv gewalttätige Sequenzen und ist desinformierend. Dies macht ihm zum Objekt der Medienpädagogik – es wäre wünschenswert, den Film für die rezeptive Medienarbeit mit Jugendlichen einzusetzen, um Problematiken hegemonialer amerikanischer Politik herauszuarbeiten und gerade somit auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund verstehbar zu machen. Hier bieten sich noch zwei Dokumentarfilme an, welche deutlich die Problematik der amerikanischen Invasion und Informationsmanipulation aufzeigen: „Falluja“ (2005) von Toshikuni Doi sowie „Weapons of Mass Deception (2004) von Danny Schechter.
Besondere Aufregung verdient er nicht – er ist ein mittelmäßiger Actionfilm mit (wie viele Filme dieses Genres) platten Attitüden, simplifizierendem Feindbild und heraufstilisierten Gewaltszenen (à la Chuck Norris). Allein der nicht dem ‚klassischen Genre’ entsprechenden Story einen Aufschrei der Empörung entgegen zu bringen ist oberflächlich und in letzter Instanz Kulturchauvinismus. Die westliche Welt hat der arabisch-islamischen Kultur per se den Krieg erklärt – ist es nun verwunderlich, wenn diese sich den Medien der Zeit bedient, um zu antworten?
Tal der Wölfe
Türkei 2006, 122 min.
Regie: Serdar Akar
Darsteller: Necati Şaşmaz (Polat Alemdar), Billy Zane (Sam William Marshall), Ghassan Massoud (Scheich Abdurrahman Halis Kerkuki), Bergüzar Korel (Braut Leyla), Gary Busey (Doktor).
Verleih: MaXXimum Film und Kunst GmbH
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Alexander Buck
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniel Ammann: Reise zu den Galapagos-Inseln
Der kleine Eisbär 2 – Die geheimnisvolle Insel. CD-ROM Win 98 / 2000 / ME / XP; Mac ab OS 9.2 / OS X. Nach der Buchvorlage von Hans de Beer. Hamburg: Oetinger, 2005. 24,90 €
In der Medienpalette um das jüngste Filmabenteuer mit dem kleinen Eisbären Lars darf natürlich das Computerspiel nicht fehlen. Neben Audio-CDs mit Liedern von der geheimnisvollen Insel oder dem Original-Hörspiel zum Kinozeichentrickfilm vom letzten Herbst können Kinder auch interaktiv am grossen Reiseabenteuer teilnehmen und bei der mutigen Rettungsaktion auf den Galapagos-Inseln mithelfen.
Die Handlung der Spielgeschichte folgt zwar nicht dem Filmplot, aber die „offizielle CD-ROM zum Kinofilm“ möchte wohl weniger eine Geschichte erzählen, als den Kindern Gelegenheit bieten, ein paar Stunden mit einer ihrer Lieblingsfiguren zu spielen. Vielleicht regen die spannenden Bildschirmaktivitäten wieder zu neuen Spielszenen mit dem Plüschtier an. Nach einem kurzen Intro und der Begrüssung der Spieler/innen durch Lars, Greta, Robby und den heimwehkranken Pinguin Caruso wird die heile Welt am Nordpol schon bald durch eine beunruhigende Nachricht gestört. Die Forscher auf der Polarstation bereiten sich für eine weitere Expedition nach Galapagos vor, um dort mit einem neu entwickelten Fischsuchradar den Riesenfisch aufzustöbern. Lars hat schnell einen Plan, wie er und seine Freunde dieses Unterfangen verhindern können. Um sich für die gefährliche Mission vorzubereiten, müssen sie aber vorerst in teilweise anspruchsvollen Spielen ihre Fähigkeiten trainieren. Greta übt fleissig das Anschleichen, Lars verbessert im Schneeballspiel seine Treffsicherheit und lernt beim Tauchen, die Luft länger anzuhalten. Nachdem die kleinen Freunde das Radargerät erfolgreich in ihren Besitz gebracht haben, fliegen sie als blinde Passagiere auf die Galapagos-Inseln. Auch am äquatorialen Schauplatz finden sich die Spieler/innen dank einer neuen Übersichtskarte schnell zurecht und können die Spielorte direkt ansteuern. Werden in den drei Geschicklichkeitsspielen gute Resultate erzielt, helfen einem die Königskneiferkrabben, Wasserschildkröten und Seehunde anschliessend, den grossen Fisch vor dem Abtransport zu befreien. Gelingt dies nicht auf Anhieb, muss man sich am Krabben- und Schildkrötenstrand sowie beim lustigen Wasserballspiel erneut bewähren, um genug Helfer zur Seite zu haben. Das Bildschirmabenteuer für Kinder ab vier Jahren ist in Anlehnung an den Zeichentrickfilm ansprechend gestaltet und sorgt mit abwechslungsreichen Herausforderungen für gute Unterhaltung. Leider lässt sich jeweils nur ein Spielstand speichern, aber die kniffligen Aufgaben mit bis zu acht Schwierigkeitsstufen eignen sich dafür ganz gut für das abwechselnde Spielen im Team.
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Daniel Ammann
Beitrag als PDFEinzelansichtThomas Jacob: Zivilisiertes Spielen
Civilization IV ist der neueste Teil einer der langlebigsten Spielereihen überhaupt. Der erste Teil erschien bereits 1991 und war damals eine kleine Sensation in der Computerspielewelt. Ein dermaßen komplexes, fesselndes und dabei einsteigerfreundliches Strategiespiel hatte es vorher nicht gegeben. Civilization begründete ein neues Genre, die „Globalstrategie“, und der Erfinder Sid Meier stieg zu einem der wenigen Superstars unter den Spieledesignern auf. Sein Name gilt unter Spielern bis heute als Qualitätssiegel, der offizielle Titel des vierten Teiles lautet denn auch Sid Meier’s Civilization IV.
Die grundlegenden Spielmechanismen haben sich seit dem ersten Teil kaum verändert: Civilization bedeutet eine bunte Mischung aus Aufbau, Wirtschaft, Forschung, Diplomatie und Kampf. Der Spieler übernimmt die Führung eines kleinen Volkes in der Steinzeit. Die Aufgabe lautet, dieses Volk durch die Geschichte bis in die Gegenwart zu führen. Dafür muss der Spieler mit seinen Einheiten die Weltkarte erforschen, Städte gründen, neue Technologien erfinden und mit anderen Völkern in Kontakt treten. Das Spiel läuft rundenweise ab, so dass jede Entscheidung reiflich überlegt werden kann. Und Entscheidungen gibt es viele zu treffen: Lieber in die Wissenschaft oder die Rüstung investieren? Was soll als nächstes erforscht werden? Und wie verhält man sich gegenüber den anderen Völkern, die ebenfalls die Welt besiedeln wollen? Soll man sich mit ihnen verbünden, um Güter und Technologien auszutauschen, oder sie lieber militärisch in die Schranken weisen?Die Interaktion mit den anderen Völkern ist einer der wichtigsten Faktoren im Spiel. Die künstliche Intelligenz der computergesteuerten Völker hat sich im Vergleich zu älteren Civilization-Teilen stark verbessert. Jeder Herrscher verfolgt eine ganz eigene Philosophie: Gandhi beispielsweise ist friedliebend und ein recht verlässlicher Partner. Wer dagegen Montezuma mit seinen Azteken oder die Mongolen unter Dschingis Khan zum Nachbarn hat, sollte stets mit einem Angriff rechnen. Noch unberechenbarer sind menschliche Gegner, gegen die man über ein Netzwerk oder das Internet antreten kann.Was die Civilization-Spiele seit dem ersten Teil legendär macht, ist die enorme Langzeitmotivation. Es gibt immer etwas zu erforschen, zu bauen, zu erobern. Dazu kommt, dass jedes Spiel anders verläuft, denn die Weltkarte und die Startpositionen können bei jeder Partie zufällig erstellt werden. Auch Civilization IV löst wieder das „Nur-noch-eine-Runde-Syndrom“ aus, das für durchwachte Nächte vor dem Bildschirm sorgt.
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Thomas Jacob
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Metz: Unten am Fluss...
CD-ROM, Win98/ME/2000/XP, MacOs 9.x/10.x United Soft Media Verlag GmbH 2005, JUNIOR 16,90 €
Emil und Pauline schippern mit dem „Flumo“ den Fluss entlang und treffen dort auf ihre Freunde, die ihre Unterstützung benötigen.Ob in der Höhle von Familie Bär, beim Wäsche sortieren mit dem erschöpften Waschbär oder auf der großen Froschhochzeit, Emil und Pauline führen die Erstklässler spielerisch in den Umgang mit Buchstaben und Zahlen ein:
In den insgesamt neun verschiedenen Spielen lernen die Kleinen neben Addieren und Subtrahieren im Zahlenraum bis 20 auch den Umgang mit Groß- und Kleinbuchstaben. Gehörtes und Gelesenes muss verglichen werden und geometrische Figuren sollen erkannt werden. Außerdem zielen die Übungen auf das sinnerfassende Lesen und das Zuordnen von Wörtern zu entsprechenden Bildern ab.Emil und Pauline erklären in jeder Situation sehr ausführlich, was zu tun ist. Alle Spiele können in drei Schwierigkeitsgraden gespielt werden und berücksichtigen damit den individuellen Lernfortschritt.Bei erfolgreich gelösten Aufgaben hält Emil in einer Schatzkiste eine kleine Überraschung für jedes Kind bereit. Die Spieler haben auch die Möglichkeit, sich von Emil die Ergebnisse in einem Brief über den Drucker nach Hause ‚schicken’ zu lassen.Hilfestellungen finden die Spieler/innen in der Menüleiste, die durch einen Klick auf den Koffer geöffnet werden kann. Angenehme Hintergrundgeräusche untermalen die farbenfrohe Atmosphäre der CD-ROM, mit welcher der USM-Verlag eine anspruchsvolle, abwechslungsreiche und altersangemessene Software bietet. Angesprochen sind alle, die, gefesselt von der bunt animierten Tierwelt, auf witzige Art und Weise in die Welt der Zahlen und Buchstaben eintauchen wollen – weit entfernt von starren und einseitigen Lernmethoden. Spaß und Freude am Lernen für jeden Erstklässler sind hier sicher.
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Daniela Metz
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang: "Genius - Task Force Biologie" und "Genius - Unternehmen Physik"
Windows 98/2000/XP, Pentium II 700, 128 MB RAM, DirectX 8.1 kompatible Grafikkarte mit 32 MB Speicher (GeForce 1 oder höher, ATI Radeon 8500 oder höher), DirectX 8.1 kompatible 16 Bit Soundkarte, Festplattenbedarf: ca. 1,3 GB. Cornelsen 2004 und 2005, je 19,95 €
Mit dem beiden 3D-Aufbausimulationsspielen „Genius – Unternehmen Physik“ und „Genius – Task Force Biologie“ hat der Cornelsen Verlag zwei Spiele auf den Markt gebracht, die Jugendliche und Erwachsene mit Interesse für Naturwissenschaften sicher ansprechen. Während „Unternehmen Physik“ bereits im letzten Jahr herauskam, ist das Spiel „Task Force Biologie“ neu auf dem Markt. Beide Spiele haben einige Preise gewonnen und zählen zu den anspruchsvollen Wissens- und Lernspielen, die ihr Publikum eher bei Gymnasiasten und Tüftler, als bei reinen Spielefreaks treffen. Ging es bei „Unternehmen Physik“ darum, auf dem Weg zu einem Großunternehmen wichtige wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, technische Problem zu lösen und Erfindungen zu machen, so steht im Mittelpunkt von „Task Force Biologie“, als Leiter eines Spezialteams von Medizinern und Biologen zerstörte Landstriche im Auftrag der Vereinten Nationen wieder in ihr natürliches Gleichgewicht zu bringen. Aufgabe des Spielers ist es, ökologisch heruntergewirtschaftete Landstriche von der afrikanischen Savanne bis zur kanadischen Tundra wieder zu bepflanzen und fruchtbar zu machen. Da dazu umfangreiche finanzielle und technische Ressourcen nötig sind, kommt der Spieler nicht umhin, ein komplettes Unternehmen mit Gärtnereien, Forschungseinrichtungen und Wohnanlagen zu errichten. Wie im klassischen Simulationsspiel Sim City werden dabei zuerst Straßen angelegt sowie Energie- und Wasserversorgung sichergestellt. Je nach Kassenlage kommen dann diverse landwirtschaftliche Produktionsstätten und unverzichtbare Einrichtungen wie beispielsweise Feuerwehren hinzu. Mit dem bloßen Aufstellen der unterschiedlichen Einrichtungen ist es jedoch nicht getan, denn auch die Zahlen des Unternehmens müssen stimmen. Um dies sicherzustellen, lassen sich die Bilanzen jedes Einzelbetriebs einsehen und eventuell die Löhne anpassen. Gelangt jedoch zu wenig Geld in die Lohntüten, kann unter den Arbeitern schnell ein Streik ausbrechen. Von Zeit zu Zeit müssen zudem wissenschaftliche Experimente ausgeführt oder Aufgaben gelöst werden, die sich aus den Bereichen Flora und Fauna, Medizin, Mikrobiologie, Genetik sowie Ökologie und Landwirtschaft rekrutieren. Dazu ist einiges an Fachwissen nötig, dies kann man sich im Lernteil aneignen. Solchermaßen mit Know-how versorgt, erreicht man schließlich auch das Ziel des Spiels: Die Renaturierung der verseuchten Landstriche. Ganz nebenbei hat man dabei jede Menge über Biologie gelernt. Beide Spiele sind grafisch anspruchsvoll umgesetzt und mit viel Liebe zum Detail entwickelt. Allerdings ist Übung erforderlich, damit man die gestellten Aufgaben lösen kann. Für Spieler, die wenig Geduld haben, sich in die Materie hineinzuversetzen, dürften beide Spiele jedoch wenig geeignet sein.
Beitrag aus Heft »2006/02: Medien in Familien - Familie in den Medien«
Autor: Günther Anfang
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