2005/05: Lebensberater Bildschirm
merz berichtet über den aktuellen Stand der Forschung, über theoretische und praktische Erkenntnisse zum Thema Bildschirm als Lebensberater.Face-to-face-Beratung ist nicht mehr selbstverständlich. Mittlerweile bieten auch die Medien Beratung für alle Lebenslagen. Gerade die Bildschirmmedien Fernsehen und Internet werden immer wichtiger, wenn es um das Thema Beratung geht. Und gerade Heranwachsende sind es, denen es offenbar leichter fällt, sich diesen virtuellen Instanzen zuzuwenden als einem realen Gegenüber.
thema
Andreas Vossler: Das Jahrhundert der Beratung
In einer sich wandelnden und verunsicherten Gesellschaft werden Beratungsangebote verstärkt nachgefragt. Ihnen kommt die Funktion zu, den Einzelnen bei einer produktiven Lebensbewältigung zu unterstützen und individuelles Leid abzupuffern.
Die Beratung über Kommunikations- und Informationsmedien (Telefon, Internet) wird zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Mediengestützte Beratungsformen eröffnen durch ihre niedrigen Zugangsschwellen besonders im präventiven Bereich neue Möglichkeiten.
merz 2005-05, S. 9-13
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Andreas Vossler
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Gurt: Lebenshilfe aus der Flimmerkiste?!
Anregungen und Vorbilder aus dem Fernsehen spielen bei vielen Heranwachsenden eine wichtige Rolle bei der Ausformung der Geschlechtsidentität, von Wertvorstellungen und Lebensperspektiven. Das Fernsehen bietet hierzu eine Vielzahl von Angeboten unterschiedlicher Ausrichtung und Qualität, auf die Kinder und Jugendliche gerne zugreifen. Neben Kinder- und Jugendsendungen sind dies auch Sendungen des so genannten „Affektfernsehens“, das großteils fragwürdige Welt- und Menschenbilder beinhaltet.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit Chancen und Risiken dieser „Lebenshilfe“ und resümiert in einer medienpädagogischen Einschätzung.merz 2005-05, S. 15-20
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Michael Gurt
Beitrag als PDFEinzelansichtSandra Fleischer/Achim Lauber: Der KI.KA-Kummerkasten
Der Beitrag präsentiert die Ergebnisse einer Studie zur Aneignung des medialen Beratungsangebotes „Der KI.KA-Kummerkasten“ durch sieben- bis 14-jährige Kinder. Die Studie wurde im Auftrag des KI.KA, dem Kinderkanal von ARD und ZDF, der „Nummer gegen Kummer“ und der BZgA vom Lehrstuhl für Medienpädagogik und Weiterbildung der Universität Leipzig durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder aktiv im Fernsehen auf Orientierungssuche gehen und dass sie explizite mediale Beratungsangebote für ihre Altersgruppe annehmen und ernst nehmen. Mediale Beratungsangebote sind insbesondere dann relevant, wenn Bezugspersonen aus dem Umfeld als Berater nicht in Frage kommen. Die interaktiven Möglichkeiten über Telefon, E-Mail oder Brief mit dem Kummerkasten Kontakt aufzunehmen und sich beraten zu lassen, werden positiv bewertet. Einem Teil des Publikums sind diese Möglichkeiten allerdings nicht klar. Sie müssen deutlicher kommuniziert und transparent gemacht werden.
merz 2005-05, S. 21-26
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Sandra Fleischer, Achim Lauber
Beitrag als PDFEinzelansichtJan-Uwe Rogge: Pädagogische Erniedrigung oder niederschwelliges Beratungsangebot
Eltern können in der Regel mit Erziehungsangeboten à la „Super Nanny“ wenig anfangen. Der überwiegende Teil lehnt solche Sendungen ab oder ist enttäuscht, weil hier kaum nachvollziehbare Erziehungstipps gegeben werden.
Auch in der pädagogischen und therapeutischen Diskussion wird die „Super Nanny“ überwiegend kritisiert. Das Problem besteht nicht darin, dass hier ein Trend zur autoritären Erziehung begünstigt wird, sondern zum Machbarkeitswahn in der Pädagogik.
merz 2005-05, S. 27-32
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Jan-Uwe Rogge
Beitrag als PDFEinzelansichtClaudia Lampert: Gezielte Lebenshilfe durch Entertainment-Education?
Das Konzept des „Entertainment-Education-Ansatzes“ stellt eine Art Lebenshilfe für den Zuschauenden dar.
Der seit den 60er-Jahren weiterentwickelte Ansatz beabsichtigt, insbesondere in Serien und Daily Soaps, pädagogisch wertvolle Botschaften zu vermitteln, um gleichermaßen Unterhaltungswert zu bieten und zu erziehen. Basierend auf der Theorie des sozialen Lernens nach Albert Bandura, repräsentieren positive Modelle die zu vermittelnden prosozialen Werte und Einstellungen, während negative Modelle als Gegenpart agieren.
merz 2005-05, S. 33-37
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Claudia Lampert
Beitrag als PDFEinzelansichtDagmar Hoffmann: Intimitäten im Netz
Online-Informationsstellen für sexuelle Aufklärung werden von Jugendlichen stark frequentiert. Die Anbieter können der Flut von Anfragen individuell kaum gerecht werden.
Die Analyse von über 400 Anfragen an das Internetportal „Lovespace“ zeigt auf, welche Bandbreite Jugendliche im Hinblick auf die Entwicklung ihrer eigenen Sexualität verhandeln. Dabei wird offensichtlich, wie wichtig solche Beratungsangebote sind.
merz 2005-05, S. 38-43
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Dagmar Hoffmann
Beitrag als PDFEinzelansichtSandra Gerö: Kriterien der Qualitätssicherung für Online-Beratungsangebote
Im kaum überblickbaren und sich ständig ändernden Online-Beratungsangebot ist Orientierung erforderlich. Um Online-Beratungsangebote beurteilen zu können, werden deshalb Qualitätskriterien benötigt.
Diese Qualitätskriterien eignen sich auch als Checkliste für die Planung und Konzeption eigener Online-Beratungsangebote.
merz 2005-05, S. 48-50
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Sandra Gerö
Beitrag als PDFEinzelansicht
spektrum
Martin K.W. Schweer/Frank Lukaszewski: (Neue) Medien, Vertrauen und die Bildung jugendkultureller Identitäten
Vor dem Hintergrund gesellschaftlich-medialer Wandlungsprozesse ist jugendkulturelle Identitätsbildung gegenwärtig gekennzeichnet durch eine verstärkte Diversifizierung.
In diesem Kontext kommt den (Neuen) Medien und da vor allem den populärkulturellen Inhalten bei der Identitätskonstruktion eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist die Frage des Vertrauens von besonderer Bedeutung: Vertrauen ist (mit-) entscheidend, welche Inhalte rezipiert und angeeignet werden.
merz 2005-05, S. 51-55
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Martin K.W. Schweer, Frank Lukaszewski
Beitrag als PDFEinzelansichtFriederike Siller/Hanne Walberg: Lernen am Fall
Der Frage, wie medienpädagogische Kompetenz im Rahmen der Lehrerausbildung gefördert werden kann, liegt ein integriertes Verständnis von „Wissen“ und „Können“ zu Grunde.
Dieser Ansatz wird mit dem Konzept medienpädagogischer Kompetenz von Blömeke verknüpft. Vielversprechende Möglichkeiten zum Erwerb einer so verstandenen medienpädagogischen Kompetenz sehen die Autorinnen im Einsatz fallbasierter multimedialer Lernumgebungen.
Als Beispiel wird die Lernanwendung „mekolli“ vorgestellt, bei der es um Möglichkeiten des Computereinsatzes in der Schule geht.
merz 2005-05, S. 56-59
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Friederike Siller, Hanne Walberg
Beitrag als PDFEinzelansichtIwan Pasuchin: Medienbildung/Mediendidaktik
Medienbildung und Mediendidaktik können im deutschsprachigen Raum offensichtlich nicht zusammenkommen. Die Gründe dafür gehen bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Seit Ende der 1990er-Jahre gibt es jedoch von beiden Seiten Bestrebungen, die Disziplinen füreinander nutzbar zu machen.
Ein Forschungsprojekt am Mozarteum in Salzburg beschäftigt sich mit entsprechenden Synergie- und Transfereffekten, an dessen Ende ein neuer Master-Universitätsstudiengang stehen soll.
merz 2005-05, S. 60-65
medienreport
Kathrin Demmler: Die Blogosphäre
Die BlogosphäreWeblogs sind der neue Trend im Internet. Dank einfach einzurichtender und einfach zu bedienender Technik kann nahezu jede und jeder Texte im eigenen Weblog und damit im Internet veröffentlichen. Der Begriff Weblog ist ein Kunstwort aus „Web“ und „Logbuch“ und wird üblicherweise einfach mit „Blog“ abgekürzt. Es gibt Fach-Blogs, in denen Artikel zu einem bestimmten Thema veröffentlicht werden. Andere BloggerInnen teilen in ihrem Blog Einzelheiten aus ihrem privaten Leben mit. Typischerweise verlinken BloggerInnen auf andere Webseiten und kommentieren aktuelle Ereignisse. Weblogs sind untereinander stark vernetzt. Die Möglichkeit sehr einfach und schnell Informationen veröffentlichen zu können, führte zu einer rasanten Verbreitung der Blogs. Auch politische Themen werden in Blogs diskutiert und kommentiert. Blogs könnten das Medium der Gegenöffentlichkeit des 21. Jahrhunderts werden. Rund um die Bundestagswahl 2005 gab es diverse Blogs, die sich der Wahl widmeten.
Ein Beispiel ist das Wahltagebuch (www.wahltagebuch.de) der Heinrich-Böll-Stiftung mit zahlreichen Essays, beispielsweise von Juli Zeh oder Konrad Weiß. Auch die Parteien nutzten Blogs im Wahlkampf aktiv. Parallel zur Übertragung der Fernsehduelle wurde das Gesagte aus dem gegnerischen Lager eifrig in Blogs entkräftet. Auch die Jugendarbeit hat Blogs für sich entdeckt. Das Blog-Angebot Spinnix (http://jugendserver.spinnenwerk.de/spinnix) des Berliner Jugendservers Spinnenwerk ist eine offene Plattform, auf der Jugendliche sich schnell und ohne technische Vorkenntnisse einen eigenen Blog einrichten können. Immerhin 696 registrierte NutzerInnen betreiben 294 Blogs. Jede/r BloggerIn kann ihren/seinen Blog mit Tags versehen, d.h. verschlagworten.
Die Tags bieten somit einen Einblick in die Inhalte der Blogs. Auf einem der größten deutschsprachigen Blog-Angebote (www.blog.de) reichen die Tags von Alltag über Freizeit und Freunde bis hin zu Politik, Sex und Zukunft. Die Gesamtheit aller Weblogs bildet die „Blogosphäre“. Dort kann man für lange Zeiten abtauchen. Zu jedem erdenklichen Thema existiert ein Blog und ein Blog führt zum nächsten. Die Links enthalten allerdings nicht immer das, was sie versprechen. Beim Surfen von Blog zu Blog kann man unerwartet auf problematische – pornografische oder gewalthaltige – Inhalte stoßen. Wenn jeder veröffentlichen kann, ist dies gesellschaftlich, medientechnisch und politisch interessant und medienpädagogisch relevant. Für manch eine/n BloggerIn ersetzen die Blogs das – früher geheime und sehr persönliche – Tagebuch. In zahlreichen Blogs sind diese persönlichen Dinge nun einer potenziell großen Öffentlichkeit zugänglich. Themen wie „Der Sinn des Lebens“, „Meine Ma stresst mich!“, „Auf Reisen mit einer Traumfrau“ sind häufig vertreten.
Blogs sind in einer Subkultur des Internets entstanden und auf dem Weg zu einer viele andere Veröffentlichungsmöglichkeiten verdrängenden Technik. In einer der nächsten merz-Ausgaben wird das Thema Blogs unter (medien-) pädagogischen Gesichtspunkten ausführlicher betrachtet.Kathrin Demmler
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Kathrin Demmler
Beitrag als PDFEinzelansichtKathrin Demmler: Wissen im Netz
Für Wissbegierige gibt es im Internet eine neue Adresse. Das Internetportal der Max-Planck-Gesellschaft „max-wissen.de“ bietet Informationen, Bilder und Videoclips zu naturwissenschaftlichen Themen. Unter anderem kann man sich über Stammzellen, Klimawandel, Brennstoffzellen oder die Marsmission informieren. Das Angebot wendet sich besonders an Lehrkräfte und SchülerInnen der Oberstufe. Mit max-wissen.de erhalten sie aktuellen Einblick in die Wissenschaft auf hohem Niveau. Die Informationen werden meist in umfangreichen Texten angeboten, bewegte Bilder und Animationen dienen der Erläuterung der komplexen Zusammenhänge.
Neben den Bereichen „Max Fachwissen“ und „Max Multimedia“ gibt es eine „Max Zeitmaschine“. Mit ihr können SchülerInnen eine Reise in die Vergangenheit unternehmen und erhalten Einblick in die historische Entwicklung naturwissenschaftlicher Denkweisen. Die Zeitmaschine ist zwar noch im Aufbau, doch die spielerische Darstellung überzeugt bereits jetzt, spannender wird es aber bestimmt, wenn alle Zeitabschnitte mit Informationen gefüllt sind. Attraktiv sind auch die thematischen Quiz’ unter „Max Fachwissen“. Auf unterhaltsame Weise kann man hier sein Wissen testen und bekommt Erläuterungen zu allen Fragestellungen. Zu jedem Bereich gibt es darüber hinaus auch einen Didaktikteil. Max-wissen.de ist eine ergiebige Quelle für SchülerInnen und LehrerInnen. Die langen, teilweise sehr fachwissenschaftlich geschriebenen Texte erfordern eine Portion an Vorwissen und Durchhaltevermögen. Für alle, die sich aber intensiver mit den angebotenen Themen befassen wollen, ist max-wissen.de eine echte Fundgrube. Dies nicht zuletzt dank des umfangreichen Lexikons.
Schade ist, dass auf Links zu den jeweiligen Themenbereichen und dort enthaltenen Animations- oder Quizelementen verzichtet wurde.
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Kathrin Demmler
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Metz: Sprachen lernen mit Lingo
„Lingoland.net“ zählt zu den erfolgreichsten Kinderseiten zum Fremdsprachenerwerb im Internet. Das Ziel der europäischen Kinderplattform ist es, Kindern im Alter von sieben bis zehn Jahren erste Fremdsprachenkenntnisse spielerisch zu vermitteln und sie zur Kommunikation mit Gleichaltrigen aus europäischen Nachbar ändern anzuregenDas kleine Männchen Lingo führt die Kinder mit hilfreichen Anweisungen durch die einzelnen Lernspiele. Im Hauptmenü verstecken sich unterschiedliche interaktive Spiele: Die im „Sprachenquiz“ erfolgreich gelösten Aufgaben werden mit einer Urkunde belohnt. Mithilfe des „Homepage-Baukasten“ können die Sprösslinge eine eigene Homepage basteln. Im „Multimedia-Lexikon“ kann man die Bedeutung nahezu jeden Wortes in einer anderen Fremdsprache nachschlagen.
Derzeit können insgesamt fünf europäische Sprachen erprobt werden: Französisch, Spanisch, Niederländisch, Deutsch und Tschechisch. Der Grundwortschatz liegt bei 200 Wörtern.Wollen die Heranwachsenden mehr über ihre europäischen Nachbarn erfahren, so hilft ihnen der „Europa-Atlas“. Hier finden sich zahlreiche und vielseitige Informationen und Hintergründe über das jeweilige gewünschte Land. Außerdem bietet „Lingoland“ eine große Auswahl an Links zu Webseiten für Kinder.
Im log-in-geschützten Bereich „Sprachkurs“ können sich Lehrkräfte der Grundschule mit ihren SchülerInnen für länderübergreifende Schulprojekte gemeinsam mit einer Schulklasse aus den europäischen Partnerländern anmelden und interaktive und didaktische Sprachlernaufgaben im Unterricht erproben.
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Daniela Metz
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann P. Gangloff: Der Kampf der Trick-Titanen
„Jedem Kind seinen eigenen Sender“, spottete RTL-Guru Helmut Thoma vor Jahren, als die Zahl der Kinderprogramme überhand zu nehmen drohte. Das ist lange her. Seit geraumer Zeit ist Kinderfernsehen die unangefochtene Domäne des KI.KA (ARD/ZDF) und von SuperRTL (RTL Group/Walt Disney Company). Auch wenn RTL II mit seinen nachmittäglichen Japan-Importen von „Pokémon“ bis „Digimon“ die Platzhirsche eine Weile lang ärgern konnte: Die Claims waren ab-gesteckt. SuperRTL (Marktanteile bei Kindern 2004: 28,9 Prozent), im Frühjahr zehn Jahre alt geworden, ist seit sieben Jahren unumstrittener Marktführer, der KI.KA (15,2 Prozent) reklamiert dafür die Meinungsführerschaft. Nennenswerte Konkurrenz gibt es allein im digitalen Fernsehen. Auf der Plattform von Premiere beispielsweise tummeln sich mit Disney Channel, Jetix (früher Fox Kids) und Junior drei weitere Kindersender. Im frei empfangbaren Fernsehen aber hat sich jahrelang nichts getan, weil klar war: Der Werbekuchen ist zu klein für weitere Wettbewerber. Jetzt aber haben die Amerikaner das deutsche Kinderfernsehen entdeckt. Anfang September öffnete Cartoon Network ein immerhin sechsstündiges Fenster bei Kabel 1 (5.30 Uhr bis 11.30 Uhr). Das ausschließlich aus Zeichentrick bestehende Programm gehört zur Senderfamilie des weltweit größten Medienkonzerns Time Warner und bietet eine Mischung aus klassischen Cartoons („Bugs Bunny“), Zeichentrickserien im Manga-Stil sowie diverse Superhelden-Abenteuer. Experten gehen davon aus, dass das Fenster ein Versuchsballon ist. Sollte das Experiment funktionieren, dürfte Cartoon Network die Lizenz für einen eigenen Sender beantragen.Überraschender aber ist der Comeback-Versuch von Nickelodeon eine Woche später.
1998 war das Programm wegen mangelnder Zuschauerzahlen liquidiert worden. Schon damals hatten Beobachter diesen Schritt nicht verstanden, denn der Ableger des US-Konzerns Viacom (MTV), die Nummer drei in der Welt, war eigentlich auf einem guten Weg. Allerdings hatte Nickelodeon im Jahr zuvor seinen Platz in den Kabelnetzen absprachegemäß für den KI.KA räumen müssen. Der KI.KA profitierte natürlich kräftig von dem etablierten Programmplatz, während die Marktanteile von Nick erst mal in den Keller sackten. Seit dem 12. September 2005 ersetzt Nick das Musikprogramm MTV2 Pop, das allerdings tagsüber in den Kabelnetzen kaum vertreten ist und in den meisten Haushalten mit Satellitenempfang unter „ferner liefen“ platziert sein dürfte. Nick-Programmchef Markus Andorfer wäre vermutlich dankbar, wenn er mit jenen neun Prozent der Marktanteile einsteigen dürfte, die Nickelodeon 1998 hatte. Kein Wunder, dass die etablierte Konkurrenz Gelassenheit demonstriert. Dabei sind der KI.KA und SuperRTL auch direkt betroffen, denn sie beziehen Programm von Nickelodeon; so ist unter anderem der Superstar von SuperRTL, der liebenswerte Chaot „SpongeBob Schwammkopf“, ein Nick-Geschöpf. Dennoch lässt sich SuperRTL-Geschäftsführer Claude Schmit nicht Bange machen: Die „SpongeBob“-Lizenzen verbleiben weiterhin beim Kölner Kindersender, zum Teil sogar exklusiv. Die neue Konkurrenz nimmt er zwar ernst, verweist aber auch auf die Herausforderungen, die Nick zu meistern habe: „Der Sender muss zunächst mit einer Reichweite von circa 68 Prozent auskommen. Das ist nicht wirklich prickelnd, weil die werbetreibende Industrie alles unter 60 Prozent als irrelevant betrachtet“. Außerdem habe sich der Sender „das kurzfristige Ziel von fünf Prozent in der Zielgruppe gesetzt. Das will man nach und nach auf zehn Prozent ausbauen.
Unsere Marktanteile betragen das Dreifache – Kampfansagen klingen anders“. Nach Ansicht von Andorfer, jüngerer Bruder des früheren RTL II-Geschäftsführers Josef, ist die technische Verbreitung von Nick jedoch „weit besser, als von anderen Quellen dargestellt“. Er spricht von 83 Prozent. Fallstudien zeigten zudem, „dass gerade die jüngsten Zuschauer ganz genau wissen, wo sie „ihre“ Sender auf der Fernbedienung finden“, die Programmnummer spiele also eine eher unbedeutende Rolle. Abgesehen davon ist Andorfer überzeugt, dass der deutsche Kinderfernsehmarkt noch genug Raum für einen weiteren Anbieter lasse. In der Tat wird Nick wohl davon profitieren, dass Serien wie „SpongeBob“, „Blues Clues“ oder „Jimmy Neutron“ bereits eingeführt sind. Dies wird offenbar auch von den Werbekunden bestätigt, die das Programm von Nick laut Andorfer bereits „mit viel Wohlwollen“ aufgenommen hätten. Das Scheitern von Nickelodeon Ende der 90er-Jahre führt er darauf zurück, dass „der Werbezeitenverkauf damals nicht im Markt verankert war“. Diesmal sei Nick ins Netzwerk von MTV Networks eingebettet und werde von einem erfahrenen Verkaufsteam vertreten. Auch das aber kann Schmit nicht schrecken: „Mit unseren Cross-Media-Möglichkeiten können wir ein Angebot bieten, bei dem Nick nicht mithalten kann“. Allein die Website toggo.de verzeichne regelmäßig weit über 100 Millionen Zugriffe. Mit zehn Prozent Marktanteil positioniere sich Nick ohnehin von vornherein als Ergänzungsmedium. Hinzu kommt: Bislang profitierte Nickelodeon nicht nur von den Lizenzgebühren, die SuperRTL etwa für „SpongeBob“ zahlen musste, sondern auch von den Merchandising-Erlösen, die der deutsche Kindersender erwirtschaftet hat. Diesen Rahm wollen die Amerikaner nun selbst abschöpfen. Bleibt noch der Dritte im Bunde.
Um den Werbekuchen braucht sich Frank Beckmann, Programmgeschäftsführer des werbefreien KI.KA, zwar keine Gedanken machen, doch völlig ignorieren kann auch ein öffentlich-rechtlicher Kindersender die Entwicklung bei den Marktanteilen nicht. Quote allein hält Beckmann jedoch für ein irreführendes Kriterium: „Wir sind nicht werbefinanziert. Wir müssen nicht möglichst viele Kinder vor möglichst vielen Werbespots versammeln“. Inhaltlich geht er ohnehin in die Offensive: „Nick verspricht mehr Vielfalt im deutschen Kinderfernsehen und startet mit dem üblichen Trick-Einheitsbrei. Da klaffen Anspruch und Wirklichkeit denkbar weit auseinander“.Doch selbst wenn Beckmann einen „Kampf der Tricksender“ prognostiziert, weiß er auch, dass es nicht leicht wird, „mit amerikanischen Netzwerken und ihren weltweiten Ressourcen zu konkurrieren“. Andererseits hat der KI.KA laut Umfragen das beste Image aller Kindersender. Kein Wunder: Gerade im Informationsbereich ist das Programm mit Wissensmagazinen wie „Wissen macht ah!“ oder „Willi wills wissen“ unschlagbar, von den täglichen Kindernachrichten „logo!“ ganz zu schweigen. Beckmanns Zuversicht ist also nicht ganz unbegründet: „Mit dieser Positionierung sind wir vielleicht sogar der lachende Dritte.“
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Tilmann P. Gangloff
Beitrag als PDFEinzelansichtBernd Schorb: Löwenzahn ist 25 Jahre alt und Peter Lustig hört auf
merz „Löwenzahn“ ist 25 Jahre alt. Was steckt da für eine Konzeption dahinter, die 25 Jahre hält?Lenssen Die Konzeption, womit man Kinder für so einen langen Zeitraum faszinieren kann, ist eine andere Art der Wissensvermittlung, nämlich dass wir bei „Löwenzahn“ Geschichten erzählen. In den Geschichten ist unmerklich das verpackt, was Kinder interessiert, was sie gerne wissen wollen, worauf sie immer schon neugierig sind. Der Protagonist Peter Lustig hat es immer geschafft, sich in die Perspektive von Kindern zu begeben, weil er selber neugierig ist. Er ist unkonventionelle Wege gegangen, die Kindern Spaß machen.merz Wissensmagazine gibt es inzwischen eine ganze Menge, es ist ja ein richtiger Boom. Was ist das Besondere an „Löwenzahn“?
Lenssen Es geht darum, wie man sich Wissen aneignet. Und das Wissen-Aneignen, das machen wir natürlich immer anhand einer Thematik. Aber das „Wie krieg ich selbst was raus?“ also nicht nur „Wie pauk ich mir was in den Kopf rein?“, sondern „Wie kann ich selber dahinter kommen, wenn mich etwas interessiert?“, das ist eigentlich der wichtigste Teil an „Löwenzahn“. Wir nehmen Themen auf, die aus Natur, Umwelt und Technik kommen, weil wir denken, dass das Gebiete sind, die Kinder sehr interessieren. Und wir unterstützen den Spaß etwas zu lernen, etwas rauszukriegen, neugierig zu sein, sich mal was zu konstruieren oder zu tüfteln, um etwas rauszukriegen.
merz Also Spaß am Lernen und Selbermachen stehen im Mittelpunkt?
Lenssen Es ist nicht das Nachmachen, sondern zu zeigen, wie man etwas rausfinden kann, wie man sich selbst etwas aneignen kann. Und natürlich ist bei dieser Thematik, Natur und Umwelt, schon etwas drin, das bedeutet, dass man mit den Dingen sorgsam umgeht. Der Ansatz, von Tieren, Insekten in der Sendung zu berichten, ist ja so einer, dass ich erst mal etwas verstehen kann, um es dann sozusagen lieben zu lernen, so dass ich das auch schützen möchte. Wir haben Sendungen gemacht über Mistkäfer, Kellerasseln, all das Viehzeug, was auf den ersten Blick nicht sympathisch ist und trotzdem bekommt man im Laufe der Sendung eine Sympathie für diese Tiere, weil man weiß, welche Rolle sie in der Natur spielen. Und genau das findet man während der Geschichte heraus. Verantwortung für die Umwelt und wenn wir Technikthemen haben, verantwortungsvoll mit der Technik umzugehen, das sind Anliegen von „Löwenzahn“.
merz Man redet ja immer davon, die Kindheit ändere sich heute so schnell, Kinder seien ganz anders als noch vor zehn Jahren. Dennoch bleibt das „Löwenzahn“-Konzept erhalten und ist erfolgreich, wie auch die Quoten zeigen. Woran liegt das?
Lenssen Ich glaube, das hat was mit dieser Leichtigkeit zu tun. Es steckt natürlich eine Didaktik und Pädagogik mit drin, aber es ist nicht so, dass die Kinder, die das sehen, sich zu was gedrängt fühlen. Sie gehen mit der Neugier des Protagonisten Peter Lustig mit. Das bleibt auch bei den Erwachsenen, damit ist ja inzwischen eine ganze Generation groß geworden. Die sagen: „Lieber Peter Lustig, ich habe von dir ganz viel gelernt und du hast mir so den Spaß dran vermittelt, dass ich mich selbst in die Wiese gelegt und Heuschrecken beobachtet habe“. Die ersten „Löwenzahn-Seher“ sind ja inzwischen selbst Eltern und haben Spaß, die Sendung mit ihren Kindern zu schauen. „Löwenzahn“ ist ein echtes Familienprogramm.
merz Diese Sendung ist sehr stark an Peter Lustig gebunden, ein älterer Herr, der ja jetzt geht. Ist der Erfolg dieser Sendung ohne diesen Protagonisten, den die Kinder ins Herz geschlossen haben, überhaupt erklärbar? Lenssen Es ist beides. Natürlich ist es die Per-son. Das weiß man ja von allen Sendungen, dass die Kinder sich an Figuren halten und an sie schreiben. Es ist ja schön, wenn du das, was dir gefällt, auch an jemanden adressieren kannst. „Löwenzahn“ ist momentan, so wie wir es kennen, geprägt von Peter Lustig, das ist ganz klar, und von seiner Art, Dinge zu vermitteln. Aber wir denken, dass man die Konzeption auch mit jemand anderem, der andere Eigenschaften hat, weiterführen kann. merz Wie lässt sich das denn mit einem Nachfolger, einer Nachfolgerin fortsetzen und was hat sich die Redaktion überlegt, wie sie das fortsetzen möchte?
Lenssen Wir möchten das Format erhalten, weil diese Konzeption eine erfolgreiche ist. Wir suchen eine Persönlichkeit, die auf andere Art gleich überzeugend ist – und sind schon mitten im Casting. Kindergenerationen, die auch eine neue Person ins Herz schließen werden, wachsen im-mer wieder nach, aber das, was an Formatkonzeption dahinter steckt, das wird sie immer noch genauso interessieren. Ich glaube, es ist eine Übergangszeit, weil es viele Zuschauer gibt, die „Löwenzahn“ so traditionell gewohnt sind, wie es war, aber wir werden auch dem Neuen eine Chance geben, mit einer großen Staffel rauszukommen. Peter Lustig war am Anfang so um die 40, noch kein Großvater, aber am Ende war er der Großvater, der sich auch Zeit genommen hat, seine „Enkel“ mitzunehmen. Das wird jetzt wieder eher ein jüngerer Mann sein, der sicher eine andere Art und Weise hat, aber auch Kinder mitnimmt, um die Welt zu entdecken. merz Warum ein Mann und keine Petra Lustig?Lenssen Wir haben uns lange überlegt, wie viele Veränderungen das Format verträgt und doch noch als „Löwenzahn“ erkennbar bleibt. Die Entscheidung für einen männlichen Protagonisten hing damit zusammen. Nichtsdestotrotz ist „Löwenzahn“ eine Sendung, in der zu vielen Fachgebieten der Rat von ExpertInnen gefragt ist. Und da uns die weibliche Besetzung ein An-liegen ist, lassen wir das eigentlich auch seit Jahren mit einfließen!
merz Wird der neue Moderator sich um die gleichen Themen kümmern? Umwelt ist ja heutzutage nicht mehr unbedingt das Thema, das uns angesichts der ökonomischen Krise besonders interessiert.Lenssen „Löwenzahn“ war in den 80er-Jahren eine der ersten Kindersendungen, die sich mit dem Thema Umwelt beschäftigt hat, und da kam ja die Umweltthematik erst auf. Natürlich hat sich heute der Umgang mit ökologischen Themen verändert, nichtsdestotrotz denken wir, dass Kinder sich immer noch dafür interessieren, und wir werden diese Themen sicher genauso beibehalten, weil es in unsere Konzeption passt, dass Kinder in ihrer Umgebung aufmerksam sind. Wir haben gerade die alten Sachen durchgeschaut für den Rückblick, da sitzt Peter Lustig z.B. als Baumbesetzer auf einer Linde. So werden wir die Themen sicher nicht mehr angehen, weil die Zeit der Baumbesetzung um ist. Aber das Ökologiesystem von einem Baum begreifbar für Kinder zu machen, ist sicherlich immer wieder Thema.merz Wird es denn heutzutage in der Fernsehlandschaft überhaupt noch geschätzt, 25 Jahre lang das gleiche zu machen? Auch Ihrem Sender geht es ja um Quoten und dafür fallen dann gerne mal Kindersendungen aus. Bekommen Sie die Anerkennung dafür, dass Sie so was wie ein Standbein des ZDF sind?
Lenssen Wir haben ja einen Bildungsauftrag als öffentlich-rechtlicher Sender. Das wird sehr geschätzt, weil man weiß, dass „Löwenzahn“ eine Marke ist, und dass es, gerade in Zeiten wie die-sen, wo es so viel Konkurrenz gibt und so viel nach Quoten geschaut wird, ein großer Schatz ist, wenn man eine Marke hat, die man so lange erhalten konnte und die so lange auch ihre Qualität halten konnte. Das wird schon als wert-voll angesehen, dass man etwas hat, was eine Art Kontinuität und Sicherheit in der Fernsehlandschaft gibt, die sich so schnell verändert. Von „Löwenzahn“ gibt es ja auch Produkte, die in Zusammenarbeit mit der Redaktion entwickelt worden sind, und diejenigen, die diese Produkte erwerben, tun das auch, weil „Löwenzahn“ darauf steht und sie genau wissen, da habe ich die Qualität, die ich für meine Kinder möchte.
merz Alles Gute für die nächsten 25 Jahre!
LöwenzahnZDF tivi, Redaktion Löwenzahn: Martina Arnold und Margrit Lenssen
Sendedaten
ZDF: Samstag und Sonntag, KI.KA: SamstagHighlights zum Jubiläumn fünf Wochen lang insgesamt 25 Folgen immer Montag bis Freitag um 16:25 Uhrn 15.10.05: Die lange „Löwenzahn“-Nacht mit dem Besten aus 25 Jahren „Löwenzahn“n 16.10.05: Der erste „Löwenzahn“-Spielfilm „Die Reise ins Abenteuer“n 17.10.05: Aktionen rund um „Löwenzahn“
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Bernd Schorb
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Bloech: Jenseits von Eliten und PISA
Berlin im morgendlichen, grauen Spätsommerlicht: Nach den langen Sommerferien beginnt wieder der Schulunterricht. So auch für Marvin, der die Grundschulklasse 5d der Berliner Fläming Schule im Stadtteil Friedenau besucht.Friedenau ist kein klassisches Problemviertel, aber eben auch kein Villenvorort. Und genau der Alltag in dieser Berliner Grundschulklasse steht im Zentrum des Dokumentarfilms „Klassenleben“ von Hubertus Siegert. In der Fläming Schule geht es nämlich darum, sowohl hochbegabte als auch schwerstbehinderte Kinder in einer gemeinsamen Klasse zusammenzuführen. Ein radikal integratives Konzept also, weit entfernt vom klassischen Sonderschulunterricht oder dem Modell von Eliteschulen mit leistungshomogenen Klassen. Im Zeitalter von PISA und Diskussionen um Eliteausbildung präsentiert der Film damit einen mutigen und konsequenten Gegenentwurf. So gesehen ist „Klassenleben“ in seinem Kern radikal, lehnt er doch das Prinzip der Selektion und individualisierter Leistungserbringung ab.
Der Film „Klassenleben“ ist vielmehr ein engagiertes Plädoyer für eine Schule, die das Experiment „Integration“ wagt. Dabei ist „Klassenleben“ bei weitem keine effekt-heischende, schnell abgedrehte Kurzdoku, sondern genau das Gegenteil. Wie schon beim preisgekrönten französischen Dokumentarfilm „Sein und Haben“ von Nicolas Philibert begleitete auch Hubertus Siegert „seine“ Klasse über ein gesamtes Schuljahr. Die Kamera ist dabei konsequent in Augenhöhe der Kinder, auf belehrende Kommentare und langweilige Statements der Lehrkräfte wird verzichtet. Schnell wird deutlich: Hier kommen die Kinder, wie die Schülerin Luca, selbst zu Wort: „Ich wünsche mir, dass ich morgens aufwache, und ich bin Lehrerin ... und Frau Haase (ihre Lehrerin, A. d. A.) wacht in ihrem Bett auf und ist eine Schülerin“. Immer wieder erzählen die Kinder von ihren Erlebnissen und Erfahrungen und geben so einen lebendigen Einblick in ihren Schulalltag und auch in ihr Leben. Ganz allmählich entsteht so ein sensibles und sehr spannendes Portrait von fünf Kindern, wie z.B. vom lernbehinderten Marvin, der später einmal Feuerwehrmann werden möchte, um Menschleben zu retten oder von Christian, dem Klassenprimus, der bald feststellen muss, dass mit Überheblichkeit vieles einfach nicht zu lösen ist.Doch der Film zeigt auch, dass dieses Projekt harte Arbeit bedeutet. Meist ist neben der Lehrerin zumindest noch eine weitere Pädagogin in der Klasse anwesend, um die SchülerInnen zusätzlich zu betreuen, um auf sie einzugehen und ihnen Sicherheit zu geben. Allerdings ist nicht alles im Film frei von Konflikten, hier wird keine heile Welt vorgegaukelt. Es werden jedoch Wege aufgezeigt, mit Problemen fertig zu werden.
Am Beispiel von Christian, dem Neuen in der Klasse, der sich in die Rolle des Außenseiters drängen lässt, wird deutlich, wie wichtig es für Lehrkräfte ist, nicht vorbeizuschauen, wenn Kinder in der Klasse Probleme haben. Es wird deutlich, dass es sich lohnt, pädagogisch einzugreifen und mit den Kindern gemeinsam an einem Konflikt zu arbeiten. Alle Kinder erleben Höhen und Tiefen des Schulalltags, sie müssen erfahren, was es bedeutet in der Gruppe zu arbeiten und andere leistungsschwächere Kinder zu motivieren und zu unterstützen. Sie erfahren die Mühen des Lernens jedoch nicht als isolierte individuelle Leistung, sondern als kollektive Begegnung. Doch mit welchen Mitteln vermag der Film das Publikum zu fesseln? Was zunächst im Film sehr angenehm auffällt, ist der Mut, die Kamera nicht abzuschalten und die Kinder zu begleiten. Ohne jeglichen Voyeurismus bleibt die Kamera dicht am Geschehen: wenn Konflikte aufbrechen, wenn geschrien, geweint oder wenn ein Arm zärtlich berührt wird.
All dies sind emotionale Augenblicke, die deutlich machen, wie eng der Film mit dem Alltag der Kinder verwoben ist, wie sehr er das Thema Kinder und Schule ernst nimmt.Dann ist da die Perspektive der Kamera, die gleichsam mit den Augen der Kinder das Geschehen verfolgt. Insgesamt wirkt damit der Stil des Dokumentarfilms schlicht und fast ein wenig kühl, auch die Musik ist angenehm unaufgeregt. Einzig eine Szene setzt sich von dieser unaufdringlichen Ästhetik ab: Am Ende gibt es eine kleine Geburtstagsszene, bei der Jacqueline der im Rollstuhl sitzenden, schwerstbehinderten Mitschülerin Lena eine Musik-CD der Popgruppe ABBA schenkt. Der unbeschwerte, ein wenig naiv wirkende Song „Dancing Queen“ scheint so wenig zu dem sonst asketisch anmutenden Musik- und Toneinsatz zu passen, dennoch vermittelt diese spontan entstandene heitere Szene ein weiteres Mal, wie nah der Film den Kindern ge-kommen ist.
Offenbar völlig ohne die Kamera wahrzunehmen feiern die Kinder und schieben Lena im Takt des Songs durch den Raum. Die Kamera verweilt dabei sehr lang auf Lenas Gesicht: ein wirklich bewegender Moment augenblicklichen Glücks. Vielleicht macht diese Intimität, die Kameraperspektive und auch die Ehrlichkeit den Film für ein junges Publikum interessant und spannend, erfahren sie doch hautnah von der Utopie einer Lehrerin, die auch mal ihre Notengebung überdenkt, von der Utopie einer Klassengemeinschaft, bei der nicht jeder für sich, sondern alle zusammen lernen und von einer Utopie, bei der alle von der Klassengemeinschaft letztlich profitieren. So gesehen ist der Untertitel des Films exakt gewählt: Wir können auch anders!
Klassenleben – Wir können auch anders!
Deutschland 2005, 87 Min.
Regie: Hubertus Siegert
Produktion: S.U.M.O Film
Verleih: 35mm Piffl Medien
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Michael Bloech
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Metz: Darf ich bitten?
„Mad Hot Ballroom“ ist ein bezaubernder und ergreifender Dokumentarfilm, der Einblicke in das Leben von New Yorker SchülerInnen gewährt und sie bei einem ganz besonderen Projekt begleitet: „Dancing Classroom“ ist ein gemeinnütziges Projekt, das derzeit an vielen öffentlichen Schulen New Yorks angeboten wird. Gerade mal zwischen acht und elf Jahren sind die Sprösslinge, kommen aus unterschiedlichen New Yorker Vierteln und leben in den unterschiedlichsten familiären und sozialen Verhältnissen. In einem zehnwöchigen Intensivkurs lernen die Kinder die Grundlagen der großen Tänze: Rumba, Merengue, Tango, Foxtrott und Swing.
Obwohl sie nie zuvor ein Tanzparkett betreten haben, stellen sie sich der anspruchsvollen Herausforderung, im Finale den „Goldenen Pokal“ zu gewinnen.Der Film erzählt von Großstadtkindern, die erstaunliches tänzerisches Talent beweisen und darüber hinaus eine Menge lernen. Der Film zeigt die Mädchen und Jungen auch in ihrer Freizeit, wo sie einfach sie selbst sind. Jedes einzelne Kind strahlt individuellen Charme und Persönlichkeit aus. Gelassen aber auch nachdenklich reden sie über ihre Emotionen und Gefühle, die sie auf dem Weg hin zum großen Finale erleben. Trotz des sozialen Hintergrundes ist die Handlung äußerst humorvoll und witzig gestaltet. Die Art, wie die Heranwachsenden tanzen, sowie die gesamte Atmosphäre des Filmes geht unter die Haut.
Der Independent-Hit aus New York hat bereits zahlreiche Publikumspreise gewonnen und gehört zu den zehn erfolgreichsten Dokumentarfilmen der US-Kinogeschichte.
Mad Hot Ballroom
USA 2005, ca. 100 Min.
Regie: Marilyn Agrelo
Produktion: Marilyn Agrelo, Amy SewellVerleih: Xverleih
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Daniela Metz
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Metz: Nichts als Ärger
„Shouf Shouf Habibi“ ist eine turbulente Komödie über marokkanische Immigranten in Europa . Der niederländische Regisseur Albert ter Heerdt erzählt auf humorvolle Art von Einwanderern der zweiten Generation im Zwiespalt zwischen Tradition, kulturellem Wandel und der westlichen Welt.Protagonist der Geschichte ist Abdullah, genannt Ab. Der 20-jährige Marokkaner hat große Träume, jedoch ohne jede Perspektive. Sämtliche Versuche, sich in die westliche Arbeitswelt zu integrieren, als Büroangestellter oder Metzger, als Schauspieler oder Bankräuber scheitern kläglich. Als letzten Ausweg besinnt sich Ab auf die marokkanischen Traditionen und sucht eine marokkanische Braut – ganz nach den Vorstellungen seines Vaters.
Auch Abs Familie fällt es nicht leicht, sich zu integrieren und ihren Platz zu finden. Die Eltern leben in ihrer eigenen traditionellen Welt. Allein schon die große Sprachbarriere verwehrt ihnen einen Zugang zu ihrer neuen Heimat. Während Abs Brüder offensichtlich einen Platz in der Schnittmenge beider Kulturen gefunden haben, rebelliert seine Schwester Leila zunehmend offen gegen die marokkanische Lebensweise.„Shouf Shouf Habibi“ ist eine witzig gestaltete Komödie, die ihr Publikum zum Lachen bringt. Die Figuren wirken meist selbstironisch und stellen sich selbst als Witzfiguren dar. Deshalb erscheinen einzelne Episoden übertrieben lustig, wodurch die hintergründige Ernsthaftigkeit des Filmes ein wenig verloren geht.
Shouf Shouf Habibi – Schau ins Leben!
Niederlande 2004, 89 Min.
Regie: Alber ter Heerdt Darsteller: Mimoun Osaïssa, Touriay Haoud
Verleih: Die Telepaten Filmverleih GmbH
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Daniela Metz
Beitrag als PDFEinzelansichtAlexander Kuhn: Die bunte Welt der Games Convention
„Die Messe ist eine Marktlücke, die wir mit unserem Konzept, eine Fach- sowie Besuchermesse zu vereinen, eine Messe für Computerspieler und Hersteller entdeckt haben“, so Wolfgang Kruse, Projektreferent der Games Convention (GC), Europas größter Computerspielemesse.Der Mann scheint Recht zu haben: Seit dem Start 2002 nimmt die Zahl der BesucherInnen um durchschnittlich 25 Prozent zu. Dieses Jahr wurden 134.000 gezählt, im letzten Jahr „nur“ 105.000. Darüber hinaus waren dieses Jahr 280 Aussteller vor Ort sowie 2000 Journalisten. 189 Welt-, Europa-, oder Deutschlandpremieren gab es zu sehen, offensichtlich wird das Konzept von Publikum und Spieleindustrie gleichermaßen angenommen.Die GC ist in vier Hallen des neuen Leipziger Messegeländes aufgeteilt, wobei zwei davon für die großen Spielehersteller reserviert sind, um ihre neuesten Produkte vorzustellen. Eine Halle versammelte unter dem Motto „GC Family“ ne-ben Herstellern von Edutainment- und Kindersoftware und Ausstellern aus verschiedensten Fachbereichen der Computerindustrie auch medienpädagogische Angebote unter ihrem Dach: die Universität Leipzig, das JFF – Institut für Medienpädagogik, die Games Academy1 etc. In der vierten Halle war die Fernseh-/Internetplattform „GIGA“ vertreten. Der restliche Hallenbereich befand sich fest in der Hand des so genannten „E-Sports“. Hier wurden vor Publikum „Matches“ (z.B. „Warcraft“) ausgetragen, auf große Leinwände projiziert und live kommentiert.Daneben gab es allerhand Extras: Ein „Modding-Wettbewerb“, in dem es darum ging, Computer in ausgefallene Gehäuse zu verpacken, wie z.B. in Form einer Kaffeemaschine, eines Schulranzens oder einer leuchtenden pyramidenförmigen Konstruktion.
Neues von den SpielekonsolenIm Bereich der Spielekonsolen gab es an Spielinhalten kaum Neues zu sehen. Vor allem so genannte „Jump and Run“- oder Geschicklichkeitsspiele wie etwa Rennspiele liegen bei Playstation und Co. immer noch im Trend. Lediglich in der Größe bzw. Miniaturisierung und Vielseitigkeit der tragbaren Varianten hat sich einiges getan. Mit der Playstation Portable z.B. kann man nicht nur spielen, sondern auch MP3s anhören oder Filme ansehen. Außerdem bietet dieses Gerät die Möglichkeit, sich mit anderen Playstation Portables kabellos zu vernetzen und im Multiplayer-Spiel gegeneinander anzutreten. Ein ebenso innovativer wie positiver Trend auf dem Konsolenmarkt sind Spiele, bei denen man mit echter körperlicher Aktivität als Spielsteuerung in das Geschehen auf dem Bildschirm eingreifen kann. Es gab auf der Messe einige Beispiele dieser Art zu bestaunen, die von Spielerinnen und Spielern aller Altersklassen mit Begeisterung ausprobiert wurden. Bei „Dancing Stage“ etwa muss man bestimmte Schrittkombinationen auf einer aus druckempfindlichen Feldern bestehenden Matte nachtanzen. Außerdem gab es Spiele, bei denen man nach virtuellen Ballons schlagen muss oder einen virtuellen Baumstamm so schnell wie möglich zu zerteilen hat usw. An Musikbegeisterte wendet sich Sonys „Singstar“, bei dem man aktuelle Hits mit passender musikalischer Begleitung selbst zum Besten geben kann. Die Ideenflut kennt kaum Grenzen. Durch die Integration neuer technischer Möglichkeiten wächst ein neuer Sektor von Spielen heran, die das körperlich aktive Eingreifen von Spielerinnen und Spielern erfordert.Diese Chance auf Bewegung und körperlichen Ausgleich haben viele BesucherInnen der Messe gerne ergriffen.
Selbst zu singen und zu tanzen oder sich zu bewegen, hat jüngeren und älteren Spiele-Fans offensichtlich viel Spaß gemacht. Zu hoffen bleibt, dass diese Entwicklung weiter vorangetrieben wird, um Kindern und Jugendlichen jenseits von konventionellen Spieleangeboten auch körperlich anregende Spielerlebnisse zu ermöglichen. PC-Spiele Der größte Absatzmarkt für elektronische Spiele in Deutschland ist der Sektor der PC-Spiele. Entsprechend wurde hier der größte Präsentationsaufwand betrieben. Marktführer Electronic Arts (EA) ließ seine Neuheiten in einem multimedialen 360°-Kino für etwa eine Million Euro bestaunen.Im Vergleich zum betriebenen Marketingaufwand hinken Innovationen und frische Spielideen allerdings hinterher. Statt neuer Ideen werden erfolgreiche Spielkonzepte und -inhalte wieder und wieder aufgewärmt und als x-fache Fortsetzung auf den Markt geworfen (vgl. „Age von Empires 3“, „Need for Speed“-Reihe, „Tomb Raider 1 bis 6“ usw.)Lediglich die optische und akustische Form der Präsentation entwickelt sich bei vielen der Fortsetzungen und Imitationen weiter. Immer realistischere Grafik- und Soundeffekte verschleiern die Tatsache, dass sich die Spielevielfalt nicht vergrößert hat. Dabei können Spiele mit neuen Ideen und frischen, unverbrauchten Szenarien zum ganz großen Knaller werden.
Vor allem die Erfolgsgeschichte des PC-Spiels „Die Sims“ sollte den Herstellern ein leuchtendes Vorbild sein. Das Spiel bietet ein ungewöhnliches Konzept voller origineller Zutaten: Lebenssimulation, Häuserbau- und Innenarchitekturprogramm, Soap Opera und vieles mehr. Mittlerweile bricht das Spiel (Teil 1 und Teil 2 sowie zahlreiche Add-Ons) alle Verkaufsrekorde, gerade auch bei weiblichen Spiele-Fans sind „Die Sims“ enorm populär. Die Frage bleibt, warum die Entwickler nicht konsequenter solche Marktlücken aufspüren, warum beispielsweise nicht auch weibliche Spielerinnen ins Visier genommen werden?Ein Grund könnte die derzeitige, ungebremste Erfolgsstory der Branche sein. Wegen der enormen Zuwachsraten des Marktes – gerade auch in Deutschland – sehen die Hersteller und Publisher offensichtlich keinen Grund auf Innovationen zu setzen. Solange die überwiegend männlichen Käufer der Spieleindustrie derartige Zuwachsraten bescheren, werden Inhalte und Präsentationsformen, die weiblichen Wünschen und Wahrnehmungsmustern entsprechen, offenbar nicht als notwendig erachtet. Entsprechend entwickeln die großteils mit Männern bestückten Teams bei EA und anderen Firmen weiterhin Ego-Shooter, Strategiespiele, Militärsimulationen, Renn- und Sportspiele hauptsächlich für ihre Geschlechtsgenossen.
So wird die Chance verschenkt, die Unterhaltungselektronik um die weibliche Perspektive und Zugangsweise zu erweitern und damit spielerisches Neuland zu betreten.Anmerkungen1 Die Games Academy bietet u.a. den Studiengang „Spieleentwicklung“ an.
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Alexander Kuhn
Beitrag als PDFEinzelansichtSandra Fleischer: GC Family in Leipzig
Vielen Eltern, aber auch Kindern und Jugendlichen muss der Bereich der „GC Family“ auf der Games Convention in Leipzig fast wie ein Oase der Ruhe und Entspannung vorgekommen sein. Nicht so laut, etwas kühler und nicht abgeschottet gegen das Tageslicht lud „GC Family“ die Besucher zum Reden, Diskutieren und gemeinsamen Spielen ein. Vom Kindergartenkind bis hin zu engagierten Großeltern wurde das Konzept auch dieses Jahr gut angenommen.Der Ansatz von „GC Family“ ist ein (medien-) pädagogischer. An den Computerspielplätzen können Eltern mit ihren Kindern und Lehrkräfte mit ihren SchülerInnen gemeinsam ausprobieren, spielen und über die gegenseitigen Meinungen und Interessen ins Gespräch kommen.
Medienpädagogisch begleitet wurden sie dabei von wissenschaftlichen MitarbeiterInnen und Studierenden der Universität Leipzig des Lehrstuhls für Medienpädagogik und Weiterbildung sowie der Wirtschaftsinformatik.Täglich traten ExpertInnen auf, präsentierten wissenschaftliche Ergebnisse zum Medienumgang Heranwachsender, diskutierten über die Bedeutung und zukünftige Entwicklung von digitalen Spiel- und Lernmedien und stellten sich den Fragen von den interessierten BesucherInnen.Neben den betreuten Computerspielplätzen und dem Bühnenprogramm standen medienpädagogische ExpertInnen der Universität Leipzig und des JFF München fünf Tage für Fragen der BesucherInnen zur Verfügung, verteilten Informationsmaterial zu Forschungsergebnissen, Weiterbildungsangeboten und Kontaktstellen. Eltern und LehrerInnen tauschten sich mit ihnen über ihre Erfahrungen mit den Kindern zu Hause bzw. in der Schule aus. Auch Verärgerung und Ohnmachtsgefühle wurden laut.
Besonders in Bezug auf den Jugendschutz im Internet fühlen sich Eltern verunsichert und sprechen den gesetzlichen Maß-nahmen oftmals wenig Wirkungskraft zu.Es zeigte sich einmal mehr, dass die Bereitschaft und Fähigkeit in den Familien zu kritischer Medienerziehung sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Insgesamt war ein starkes Beratungsbedürfnis festzustellen, das mitunter skurrile Blüten treibt: Eine Mutter hatte aus Angst um ihren Sohn einen Hellseher (!) angerufen und ihn gebeten, das Computerspielverhalten ihres Sohnes einzuschätzen. Was dieser für sie überzeugend – über eine kostenpflichtige Telefonleitung – auch tat und ihr zugleich auch noch die nahe Zukunft des Sohnes beschrieb.
Doch es fand nicht nur Austausch zwischen Erwachsenen statt, im gemeinsamen Spiel oder gemeinsamen Beantworten von Quizfragen stellten sich vor allem auf Seiten der Eltern so einige Ahaerlebnisse ein. Sätze wie „Was, so was spielst du wohl?“ oder „Das kennst du alles?“ waren häufig aus dem Munde von Eltern zu hören. Ebenso holten Kinder aber ihre Eltern herbei, um ihnen etwas zu zeigen oder auch, um sie um Hilfe zu bitten. „Mein Vati, der kann das!“, jubelte bspw. ein zehnjähriger Junge. Gemeinsam spielte die ganze Familie begeistert eine Stunde „Harry Potter“ (Spiel ist ab sechs Jahren freigegeben).Der „GC Family“-Bereich ist nicht als pädagogisches Alibi oder Gegenstück zu den natürlichen kommerziellen Interessen einer Messe gedacht.
Der Bereich hat eigene Zielgruppen, bietet Zugänge zum Themenbereich „Spielen und Lernen mit dem Rechner“, informiert und klärt über die Faszination von Computerspielen auf sowie über Problembereiche, die mit bestimmten Medienangeboten verbunden sein können. Der „GC Family“-Bereich hat sich als kompetenter Part der Games Convention etabliert und sollte künftig noch deutlicher auf den Service der medienpädagogischen Beratung ausgerichtet sein.
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Sandra Fleischer
Beitrag als PDFEinzelansichtSusanne Friedemann: Wanderung in ferne Galaxien
“Wir schreiben das Jahr 2005 ...” gehört jetzt der Vergangenheit an. Mit „Redshift“ nämlich kann man mühelos ins All vergangener Jahrtausende und bis weit in die Zukunft reisen – und das sogar realitätsnah. Denn die Software kann Konstellationen von Himmelskörpern im ganzen Universum von ca. 4000 v. Chr. bis 9999 n. Chr. berechnen. Der Blick ins Universum ist von der Erde und allen denkbaren Positionen aus möglich. Das Besondere daran: Die Vorgänge im Weltall können nicht nur beobachtet, sondern auch „gesteuert“ werden. Raumsonden können auf ihrem Flug begleitet und sogar Kometeneinschläge verfolgt werden. Dabei verwendet das Programm Daten zu über 20 Millionen Sternen, der Milchstraße, etwa 70.000 Deepsky-Objekten wie Nebeln, Sternhaufen und Galaxien, Quasaren, Meteorschauern, Planeten, Monden, Asteroiden, Kleinplaneten und Kometen.
Die Tatsache, dass man mit dieser unsagbaren Menge leicht überfordert ist, macht für den Gebrauch der Software Vorwissen in Astronomie oder eine erklärende Hilfsperson unabdingbar. Da „Redshift“ zudem ziemlich komplex aufgebaut ist und eine Vielzahl an Einstellmöglichkeiten bietet, die längst nicht alle ohne Weiteres verstanden werden, ist es erst für ältere Jugendliche geeignet und wird vor allem auch erwachsenen Hobbyastronomen lange Zeit eine Freude bereiten. Denn nicht nur Nachschlagewerke, Fotografien und zahlreiche animierte Erläuterungen werden geboten.
Eigene Standortangaben können direkt eingegeben werden, um sich künftige Himmelsereignisse ankündigen zu lassen. Die exakten Berechnungen und Simulationen ermöglichen es, Phänomene bereits im Vorfeld auf dem PC zu animieren, per integriertem Filmrecorder sogar aufzunehmen, und später dann in Echt zu verfolgen. Daher sind für echte Sternengucker Teleskop und tragbares Notebook als Zusatzausrüstung für Beobachtungen im Freien ein Muss.Ebenfalls hilfreich ist, dass im Programm mehrere Ansichtsfenster gleichzeitig zur Verfügung stehen, um etwa eine Mondfinsternis von der Erde, Sonne oder Planeten und deren Monden aus betrachten zu können. Himmelskörper, Sternbilder und Nachtansicht etc. können zur Orientierung beliebig ein- und ausgeblendet werden.
Besonders alle, die schon immer Probleme mit der eigenen Vorstellungskraft hatten, können mit Redshift astronomische Naturschauspiele plastischer wahrnehmen. Für zusätzliche Faszination sorgt die enge Bindung zur Realität, die erforscht werden kann. Für diejenigen, die ohnehin interessiert sind, wird das komplexe Programm zum wertvollen Begleiter, das seine NutzerInnen mit aufschlussreichen Bildern und Berechnungen belohnt. Update-Material steht im Internet in Katalogen mit Objektdaten zur Verfügung.
Redshift 5.1 – Das virtuelle Planetarium. 2 CD-ROMs, Win 98 / ME / 2000 / XP / SP2, United Soft Media GmbH Navigo 2005, www.redshift.de, 79,90 €
Daniel Ammann: Der Natur auf der Spur
Neben der Adaption der bezaubernden Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry als stimmungsvolle Spielgeschichte mit dokumentarischem Hintergrundmaterial (Tivola 1998) gibt es vom Oetinger Verlag jetzt bereits zwei einfach gestrickte Lernabenteuer, in denen der Kleine Prinz zur Erforschung des Weltraums und der Erde einlädt. In der vorliegenden Geschichte spielen die Elemente verrückt, weil der König die vier magischen Symbolsteine für Wasser, Feuer, Wind und Erde aus dem Brunnen entfernt hat. Bei seinem Freund, dem Fuchs, und auf Besuchen beim Geografen und beim Laternenanzünder bekommt der Kleine Prinz Hilfe. In vier nicht sonderlich aufregenden Spielen können ihm die Kinder helfen, wieder Ordnung zu schaffen und die launische Rose zu retten.
Wahlweise kann die ganze Geschichte auch als Zeichentrickfilm betrachtet werden. Die Stärke der Spiel- und Sachgeschichte liegt weniger in der erzählerisch eingebetteten Mission des charmanten Helden, der mit der philosophischen Figur der Vorlage nicht mehr so viel gemein hat. Die Produktion zeichnet sich vielmehr durch eine Fülle wissenschaftlich fundierter Animationen aus. In rund dreißig Beiträgen werden komplexe Sachverhalte verständlich dargestellt und Themen wie die Entstehung der Erde, das Aussterben der Dinosaurier oder die Klimaerwärmung anschaulich erläutert. Anregungen für den schulischen Einsatz liefert zudem eine kleine Handreichung, die von der Website des Verlags heruntergeladen werden kann.
Der Kleine Prinz erforscht die Erde. CD-ROM, Win 98 / 2000 / ME / XP, Mac ab 8.6 / OS X. Hamburg: Oetinger 2005. 24,90 €
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Daniel Ammann
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Metz: Job unter Wasser
Wo findet man Hilfe bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsberuf oder dem passenden Studienfach? „Joblab“ möchte mit dem interaktiven Lernangebot besonders junge Mädchen auf ihrem Weg zur Berufsfindung unterstützen und sie begleiten. Auch für den Unterricht und die Berufsberatung ist die CD-ROM geeignet. „Joblab“ ist ein virtuelles geheimes Mulitmedia-Unterwasser-Labor, in dem man diverse Berufe anlegen und mit diesen experimentieren kann. Mit verschiedenen Identitäten können die Spielerinnen unterschiedliche Berufs- und Lebensentwürfe ausprobieren und einander gegenüberstellen. Die Simulation erlaubt es, mehrere Alternativen durchzuspielen und deren Vor- und Nachteile abzuwägen. Sechs Module verfügen über hilfreiche Tipps rund um die Berufswahl: In Modul 1 sollen die Nutzerinnen zunächst ihren Beruf nach eigenen Vorstellungen und Wünschen kreieren. Weiter geht es mit Modul 2, wo durch verschiedene Tests die eigenen Fähigkeiten und Interessen ermittelt werden.
Das dritte Modul vergleicht die angelegten Berufe – auch die selbst geschaffenen und zeigt Übereinstimmungen an. Je nach Ähnlichkeiten werden im vierten Modul Berufe und Ausbildungen vernetzt dargestellt. In Modul 5 „Ich und mein Beruf“ kann man erkennen, welche Ausbildungen und Berufe mit den eigenen Fähigkeiten und Interessen übereinstimmen. Das sechste und letzte Modul informiert die Userinnen schließlich über die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf. In der Steuerungskonsole des Unterwasser-Labors kann man zudem verschiedene Funktionen aktivieren: Man erhält dort Informationen über themenrelevante Websites oder eine Videothek, die kleine Filme über unterschiedliche Berufsinformationen zur Verfügung stellt.
Das interaktive Labor ermöglicht den Nutzerinnen, sich ausgiebig mit ihren Berufswünschen auseinander zu setzen.Fazit: „Joblab“ leistet eine unterstützende Hilfestellung bei der Vorbereitung auf Beruf und Ausbildung. Die Idee, auf spielerische Weise mit Berufen in einem Unterwasser-Labor zu experimentieren, ist originell und ansprechend.Der erste Anblick der schillernd bunten Unterwasserwelt kann jedoch zunächst vom wesentlichen Ziel, Berufe zu kreieren und damit zu experimentieren, ablenken. Mit den vielen Animationen wirkt das Programm zum Teil etwas überladen.
JOBLAB – Ein geheimes Multimedialabor zur Berufsfindung. CD-ROM, Win 98 / ME/ NT / 2000, MacOs X (10.1 oder höher), kostenlos zu beziehen unter www.joblab.de
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Daniela Metz
Beitrag als PDFEinzelansichtDaniela Metz: Ritterliche Reise
Willi Weitzel, der rasende Reporter will es wieder ganz genau wissen: Was macht einen Ritter aus und wie lebte man im Mittelalter? Mit „Willi wills wissen: Auf der Ritterburg“ erscheint die dritte Folge der beliebten Fernsehreihe als Lernspiel auf CD-ROM.Die SpielerInnen werden in das mittelalterliche Leben eines Ritters zurückversetzt. In interaktiven Lernspielen bekommen sie wissenswerte historische Informationen. Im Hauptmenü stehen mehrere interaktive Spieleoptionen zur Verfügung: Ein Klick auf den „Spiele“-Knopf eröffnet eine Auswahl an unterschiedlichen kleinen Games. Dort lassen sich durch das Beantworten von kniffligen Fragen die verborgenen Türen im dunklen Kellerlabyrinth öffnen. Zur Auswahl steht außerdem ein spannender Wettbewerb mit Pfeil und Bogen, Aufträge im Namen des Königs und andere lustige Spiele.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, kleine Trailer anzuschauen, wie z.B. die Original-Fernsehfolge „Wie kam der Ritter in seine Rüstung?“ Um mehr zu erfahren, wirft man einfach einen Blick in den Bereich „Willis Wissen“. Hier können sämtliche „ritterlichen“ Informationen bezogen werden.Insgesamt ist die CD-ROM originell und ansprechend gestaltet. Die Spiele bieten den Kindern auf eine witzige und knifflige Weise großen Unterhaltungswert. Für genügend Abwechslung sorgt die Vielfalt der Aufgabenstellungen in den Lernspielen und wird so den unterschiedlichsten Ansprüchen und Vorstellungen gerecht.Die Handhabung von „Willi wills wissen“ ist unkompliziert und kindgerecht – kurzum eine gelungene Lernsoftware für Kinder ab sechs, die mit Kniff und Witz spielerisch zum Lernen angeregt werden.Willi wills wissen.
Auf der Ritterburg. CD-ROM, Win 98 / ME / 2000 / XP, United Soft Media GmbH, 19,90 €
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Autor: Daniela Metz
Beitrag als PDFEinzelansichtThomas Hermann: Das Geheimnis der Hühner
Dass Cornelia Funke vom amerikanischen Magazin „Time“ als eine der hundert einflussreichsten Menschen des Jahres 2005 aufgeführt wird (im Vorjahr nahm J. K. Rowling einen Platz in der Bestenliste ein), verdankt sie wohl ihren auch im angelsächsischen Raum erfolgreichen Romanen wie „Drachenreiter“ und „Herr der Diebe“. Richten sich diese an Mädchen und Jungen, ist ihre Erfolgsserie „Die Wilden Hühner“ beliebtes Lesefutter für Mädchen. Die Welt dieser fünf unterschiedlichen Freundinnen kann nun auch am Bildschirm spielend erkundet werden. Als „halbes Huhn“ wird man probehalber in die Bande aufgenommen. Um die Urkunde zur Vollmitgliedschaft zu erlangen, muss man etliche Bewährungsproben bestehen. Es gilt, das Bandenbuch, das alle „Hühnergeheimnisse“ enthält, von der Jungenbande der „Pygmäen“ zurückzuerobern.
Das erfordert List, Fantasie und Geschicklichkeit. Will man etwa die Intimfeinde einladen, muss man sich erst bei Oma Slättberg mit deren fabelhaften Keksen eindecken und sich ihre Kaffeebüchse borgen, ohne die schlafende Großmutter zu wecken. Zuvor will aber Omas Möhrenfeld gejätet sein, wobei man ganz schön ins Schwitzen kommt. Denn neben Glück braucht es Übung und Kombinationsgeschick, damit man nicht Möhren statt Unkraut beseitigt. Neben 15 Spielen, die einen in der Handlung vorwärts bringen, bietet das Spielabenteuer auch einige Extras, die den Reiz dieser CD-ROM steigern, etwa die Möglichkeit, Geheimschriften zu generieren oder Briefpapier zu gestalten und auszudrucken.
Die Wilden Hühner – Gestohlene Geheimnisse. CD-ROM, Win 98 / NT 4.0 / 2000 / ME / XP, Mac OS X ab 8.6, nach der Buchvorlage von Cornelia Funke. Hamburg: Oetinger, 2004. 29,90 €
Beitrag aus Heft »2005/05: Lebensberater Bildschirm«
Autor: Thomas Hermann
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