2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven
thema
Klaus Lutz: Medienpädagogik auf allen Kanälen
Mit der zunehmenden Medialisierung des Alltags ist auch die Medienpädagogik immer stärker in das öffentliche Interesse gerückt und – nicht zuletzt durch den Begriff der Medienkompetenz – zu einer bemerkenswerten „Berühmtheit“ gelangt.
Dabei ereilt sie jedoch dasselbe Schicksal wie jeden aufsteigenden Star. Viele sonnen sich in ihrem Scheinwerferlicht, versuchen auf ihrer Erfolgswelle mitzuschwimmen und schmücken sich mit ihrem Namen, ohne sie wirklich zu kennen: So spricht man bereits von Medienpädagogik, sobald ein Overheadprojektor zum Einsatz kommt oder Softwareprogramme geschult werden.
Doch wie sieht sie denn nun aus, die „ideale“ Medienpädagogik und an welchen Determinanten sollte sie sich ausrichten?...
(merz 04/2003, S. 9-17)
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Klaus Lutz
Beitrag als PDFEinzelansichtRoland Bader: Qualität in der aktiven Medienarbeit
Im Zuge der Professionalisierung der Medienpädagogik steht das Professionsverständnis zur Diskussion und damit auch die Frage nach der Qualität medienpädagogischer Praxis. Kriterien für Qualität können deduktiv aus der Zielstellung Medienkompetenz abgeleitet werden.
Neben diesem Weg wird mit Bezug auf aktuelle Qualitätsdiskussionen in der Sozialen Arbeit und der Bildung vorgeschlagen, die Qualitätsdiskussion der medienpädagogischen Praxis als Qualitätsmanagement-Prozess anzulegen, der als selbstorganisierte und zielorientierte Diskussion von ExpertInnen organisiert ist. Vorschläge für medienpädagogische Expertiseforschung und die Etablierung von Qualitätszirkeln werden gemacht ...
(merz 04/2003, S. 18-26)
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Roland Bader
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang / Kathrin Demmler: Medienpädagoge – (k)ein geschützter Begriff?
Wenige Berufe haben in den letzten Jahren einen derartigen Boom erlebt, wie der Beruf des Medienpädagogen. Dabei ist für die Berufsbezeichnung nicht entscheidend, ob jemand eine Ausbildung in diesem Bereich gemacht hat, sondern ob Medien in der pädagogischen Praxis eingesetzt werden oder die Arbeit als medienpädagogisch bezeichnet wird. So verstehen sich zum Beispiel Mitarbeiter eines Jugendzentrums, die ein Internetcafé betreiben, als Medienpädagogen, da sie ja Jugendlichen den Zugang zum Computer eröffnen.
Aber auch aus einem Lehrer, der ein Filmprojekt an einer Schule betreut, wird schnell ein Medienpädagoge, wenn er dies regelmäßig macht. Und schließlich gibt es jede Menge Medienpädagogen und Medienpädagoginnen im Bereich der Kinder- und Jugendkulturarbeit. Fast jeder weiß inzwischen oder glaubt zu wissen, was Medienpädagogik ist. Fragt man jedoch genauer nach, so haben viele in der Regel Schwierigkeiten, das Berufsfeld zu definieren ...
(merz 04/2003, S. 27-32)
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Günther Anfang, Kathrin Demmler
Beitrag als PDFEinzelansichtFranz Josef Röll: Visionen zukünftiger Medienpraxis
Drei Visionen zukünftiger Medienpraxis möchte ich skizzieren. Im ersten negativen Szenario wird die Medienpraxis als Instrument der Prävention und der Intervention eingesetzt. Bei diesem Modell erhält die Medienpraxis die Funktion eines Instrumentes sozialpolitischer Instrumentierung. Im zweiten negativen Szenario wird die Medienpraxis zum Erfüllungsgehilfen eines technologischen Bildungsverständnisses.
Im dritten positiven Szenario wird die Medienpraxis integriert in ein ganzheitliches Lernkonzept, bei dem mittels zielorientiertem Lernen im Kontext zur jeweiligen Lebenswelt Kompetenzen erworben werden. Grundprinzip dieses Szenarios ist die Navigationskompetenz. Die Medienpädagogen werden zu Navigatoren. Sie schaffen die Lernumgebung, die den Lernenden die Chance zur Selbstermächtigung, der Befähigung zum selbstgesteuerten Lernen, eröffnen ...(merz 04/2003, S. 33-41)
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Franz Josef Röll
Beitrag als PDFEinzelansichtBarbara Eppensteiner: Zurück in die Zukunft
Wie kann es angesichts der Komplexität heutiger Mediensysteme und der Vielfalt der gesellschafts- und bildungspolitischen Herausforderungen gelingen, Antworten zu finden, die auch morgen noch Gültigkeit haben? Wer Zukünftiges planen und der Medienpädagogik die Definitionsmacht über ihre Aufgaben zurück erobern möchte, wird neben dem Blick nach vorne und einer Diagnose der Gegenwart auch einen Blick zurück werfen müssen, um zu erkennen, welche Konzepte und Ideen sich als tragfähig erwiesen haben und welche beim Weg in die Zukunft getrost zurück gelassen werden können ...
(merz 04/2003, S. 42-47)
spektrum
Gerd Buschmann: Das Menschenbild (in) der Werbung
Zum Verhältnis von Medien und Werbung – der aktuelle Trend einer zunehmenden Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Medien„Man kann Werbung ganz allgemein als die von Unternehmen am Markt autonom bestimmte Image- und Markenkonstruktion im massenmedialen Zusammenhang definieren, bei der das massenmediale System Einheiten von Publizität (also: Sendezeit, Inseratsflächen) für Geld zur Verfügung stellt“ (WEBER 2002, 7), um Aufmerksamkeit zu erzielen.
Unabhängig davon, ob Werbung in konstruktivistischer Perspektive als Teil des Wirtschaftssystems verstanden wird (SCHMIDT & SPIESS 1995 / SCHMIDT 2000 / ZURSTIEGE & SCHMIDT 2001), in systemtheoretischer Perspektive als Subsystem der Massenmedien (LUHMANN 1996) oder in kritisch-neomarxistisch medienökonomischer Perspektive immer schon im kapitalistisch-ökonomischen Gesamtzusammenhang gesehen worden ist (HEINZE 1994 / KNOCHE 1999) – eine zusätzlich empirisch-medienwissenschaftliche Perspektive wird alle genannten Konzeptionen auf eine „zunehmende Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Medien“ verweisen (WEBER 2002, 6; vgl. MEIER & JARREN 2001).
Die Werbewirtschaft bestimmt zunehmend die Gesamtlogik der Medien, z.B. auch die Spielregeln von Journalismus, indem Werbeabteilungen in die Redaktionen eingreifen oder Journalisten selbst PR-Arbeit betreiben. Werbung durchsetzt zunehmend auch die eigentlichen Medieninhalte: Product Placement, Merchandising, Sponsoring, Shopping Kanäle, Angleichung bzw. Hybridisierung werblicher und redaktioneller Beiträge...( merz 04/2003, S. 48 - 57 )
Michael Niehaus: Von Abenteuerromanzen und Zockerdramen
Solche Einteilungen haben Tradition. In der schönen Literatur wird bekanntlich von Alters her die Einteilung in Gattungen und Untergattungen vorgenommen: Drama, Lyrik, Epik, Roman, Erzählung, Novelle. Über den Status solcher Einteilungen herrscht, seit es keine Gattungsvorschriften mehr, aber dafür die Literaturwissenschaft gibt, keine Einigkeit. Handelt es sich um trennscharfe Klassifikationen anhand von Merkmalen, die letzlich in einem platonischen Ideenhimmel beheimatet sind? oder handelt es sich doch eher um veränderliche Institutionen, die uns ermöglichen, Ähnlichkeiten von Texten oder Filmen wahrzunehmen und sie in Gruppen zusammenzufassen?
Wie dem auch sei - unbestritten ist der Nutzen solcher Gattungsbegriffe. Sie sind, wie man gesagt hat, "soziokulturelle Verständigundbegriffe" und leisten das, wovon jeder Gebrauch macht, wenn die Programmzeitschrift aufschlägt: Reduktion von Komplexität.Damit ist allerdings noch wenig über das Funktionieren solcher Genre-Zuweisungen gesagt, wie sie uns in den Programmzeitschriften entgegentreten.
Wer einmal aufmerksam auf diese Genrebezeichnung geworden ist, dem können sie einiges zu denken geben. Die folgenden Ausführungen basieren auf einer empirischen Untersuchung: ein halbes Jahr lang wurden alle vorkommenden Genrebezeichnungen in TV-Spielfilm gesammelt...( merz 04/2003, S. 58 - 65 )
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Michael Niehaus
Beitrag als PDFEinzelansichtKerstin Mayrberger, Jürgen Zipf: "Man geht viel offener an die Arbeit mit Medien heran!"
Medienkompetenz macht (Fach-)SchuleAngehende ErzieherInnen (und auch ihre LehrerInnen) zeigen ein großes Interesse an medienpädagogischer Qualifizierung. Neben inhaltsbezogenen Fragen, wie dem Verhältnis von medialer und realer Gewalt, sind es vor allem Themenbereiche, die einen aktiven, kreativen und kritischen Umgang mit (Massen-) Medien und zunehmend auch "Multimedia" beinhalten.
Obwohl die Rahmenbedingungen für die ErzieherInnenausbildung fast jährlich modifiziert werden und es vereinzelt medienpädagogisch sehr kompetente Lehrkräfte gibt, sind medienpädagogische Fragestellungen innerhalb der Ausbildung in den meisten Fällen nicht verbindlich integriert. Selbst innovative Studiengänge in Niedersachsen, die Berufsschullehrkräfte ausbilden und als wissenschaftliche Beratungsinstitutionen Schulentwicklung begleiten, wenden sich nur zögerlich einer ernsthaften Implementierung medienpädagogischer Problemstellungen zu .
So reduzieren sich Ausbildungsinhalte vielerorts auf die Vermittlung technischer Kompetenzen. Diese Situation führt zu Transferproblemen des medienpädagogischen Wissens in die alltägliche Praxis...
( merz 04/2003, S.66 - 68 )
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Kerstin Mayrberger
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medienreport
Tilmann P.Gengloff: Kaum vertippt - schon auf der Pornoseite
Alle machen es. Schüler und Studenten, Journalisten und Lehrer, selbst Hausfrauen und Rentner. Wer im Internet nach Informationen sucht, tut das zumeist mit Hilfe einer Suchmaschine. Muss er auch: Es gibt schätzungsweise 550 Milliarden Internetseiten, und täglich kommen rund 7 Millionen dazu.
Google ist klarer Marktführer, und weil die Firma ihre Technologie auch an andere Provider verkauft hat, beherrscht sie praktisch die komplette Branche. Aus Sicht der Nutzer ist das allerdings eine schlechte Nachricht: weil die Marktführerschaft praktisch gleichbedeutend mit einem Monopol ist.
Und da die Suchmaschinen schätzungsweise bloß ein Drittel des gesamten Internet-Angebots erfassen, klagen Kritiker: Was Google nicht als Treffer anbietet, existiert auch nicht. Diese Erkenntnis ist einer der wesentlichen Aspekte einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, die an den Universitäten München und Münster durchgeführt wurde...
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Tilmann P. Gangloff
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann P.Gangloff: Wie ist das mit dem Tod?
Der Tod hat in unserer Gesellschaft einen festen Platz: In den Nachrichtensendungen. Aus dem Alltag ist er gründlich verbannt. Wie also soll man Kindern etwas über das Sterben erzählen? Der „Sendung mit der Maus“ ist das mit dem Film über Katharina vor einigen Jahren vorzüglich gelungen. Doch weil man Katharina kennen gelernt hatte, bevor sie starb, war der Film zwangsläufig auch unendlich traurig. Willi Weitzel hat’s auch probiert. Ausgerechnet Willi, das große Kind, der immer so gern Faxen macht!Weitzel ist derzeit neben Ralph Caspers der beliebteste Moderator im Kinderfernsehen. Kein Wunder, denn Willi benimmt sich gegenüber den Erwachsenen wie die Kinder das auch gern tun würden: Er darf dauernd frech sein und wird trotzdem respektiert. Aber er kann auch anders, wie die Folge „Wie ist das mit dem Tod?“ zeigt. Dieser Film lebt nicht allein von Willis Witz, im Gegenteil. Ohne unnötiges Pathos setzt er sich mit dem diffizilen Thema auseinander. Es sind vor allem Willis Fragen, die ihn für Kinder so wertvoll machen. „Seid ihr bei der Arbeit traurig?“, will er von den Männern wissen, die die Gräber ausheben; und warum man Tote nicht einfach so beerdige, sondern immer nur im Sarg. „Damit man mit dem Tod besser umgehen kann, ist es gut, darüber zu reden“, sagt Willi. Er tut das, ohne dabei wie ein Mitarbeiter von „Pietät & Takt“ zu klingen. Der Film ist wie geschaffen für alle möglichen Projekte, bei denen Kinder etwas über den Tod lernen sollen.
Mit Fug und Recht bekommt Willi Weitzel den diesjährigen Erich-Kästner-Preis für das beste Kinderfernsehen. Seit 1996 gibt es diesen Preis, und nicht immer war es leicht, drei Finalisten zu benennen. Noch vor zwei Jahren lag die Zahl der Einreichungen bei gerade mal 23; in diesem Jahr waren es mit 43 fast doppelt so viel. Über Qualität sagt diese Anzahl zwar noch gar nichts, sie belegt jedoch, dass sich die verschiedenen Sender mit Kinderprogramm nicht auf den Einkauf beschränken.Immerhin: Der vermeintlich unvermeidliche Zeigefinger im Kinderfernsehen ist deutlich kleiner geworden, die Produktionen gehen den Machern leichter von der Hand, es gibt deutlich mehr Spielfreude. Trotzdem sind echte, authentische Personen wie etwa die Familie einer protestantischen Pfarrerin in der Serie „Vorsicht - keine Engel“ die Ausnahme: Figuren, die nicht aussehen, als kämen sie frisch aus einem Werbespot. Die mit Unterstützung der evangelischen Kirche entstandene Serie belegt, dass Authentizität keineswegs dann entsteht, wenn man die Kamera auf Dilettanten richtet und den Menschen bloß aufs Maul schaut, sondern vielmehr das Ergebnis harter Arbeit ist.Rund die Hälfte der Einreichungen für den Erich-Kästner-Preis kam zwar nicht ohne Drehbuchdialoge, aber doch ohne Spielhandlung aus: Im Bereich der Informations- und Dokumentationsfilme kann man in der Tat von einem Boom sprechen. Bestes Beispiel: das Wissensmagazin „Wissen macht Ah!“ vom WDR, in dem komplizierteste naturwissenschaftliche Phänomene oft genug auf verblüffend einfache und entsprechend eingängige Weise erklärt werden. Meist sind es die schlichtesten Einfälle, die für die größten Aha-Effekte sorgen.
Imposant ist auch immer wieder der Einfallsreichtum von Redaktion, Autoren und Moderatoren, die offenbar selbst entsprechend wissbegierig sind: Auf die Idee, das so genannte Lampenfieber tatsächlich mit dem Fieberthermometer zu überprüfen, muss man erst mal kommen. Auch hier stellen die Moderatoren Ralph Caspers und Shary Reeves lauter Fragen, mit denen Kinder ihre Eltern löchern könnten: warum man zwei Augen hat zum Beispiel oder warum man morgens aus dem Mund riecht.Neben „Wissen macht Ah!“ entsprach die Qualität der Wissens-, Info- und Doku-Sendungen dem soliden Durchschnitt. Oft zeigt sich, wie wichtig bei Produktionen dieser Art die Person ist, die den Film tragen soll. Die meisten Kinder wirken vor der Kamera mittlerweile wie Nachwuchsmoderatoren, weil sie ihren Idolen nacheifern: Durch den Irrglauben, so „cool“ wie möglich auftreten zu müssen, geht zwangsläufig jede Natürlichkeit und erst recht jede Betroffenheit verloren.So sehr die Entwicklung im dokumentarischen Bereich dennoch zu begrüßen ist: Fiktionale Produktionen spielten bei der Preisfindung praktisch keine Rolle. Einzig positiv diskutiert wurde „Vorsicht - keine Engel!“. Geradeaus erzählt (Buch: Katharina Reschke), kein Schnickschnack, sehr schön die Perspektive von Kindern eingenommen, dank der Kürze von jeweils 15 Minuten zudem ungemein kompakt und außerdem sorgfältig inszeniert (Regie: Nicolai Rohde). In ihrem Genre war die Serie konkurrenzlos.
Und weil die Serie außerdem sehr gut besetzt ist und durch ihre genauen Alltagsbeobachtungen imponiert, ist es eigentlich schade, dass es den Erich-Kästner-Fernsehpreis nicht in zwei Kategorien gibt: fiktional und nicht-fiktional.Tilmann P. GangloffDen Erich-Kästner-Fernsehpreis „für das beste deutschsprachige Kinder- und Jugendprogramm“ gibt es seit 1996. Zu dem Wettbewerb dürfen alle deutschsprachigen TV-Sender beliebig viele Sendungen einreichen, die sich an Zuschauer im Alter von 3 bis 14 Jahren richten. Der Preis ist mit 25.500 Euro dotiert und wird an Sendungen vergeben, die sich „durch kreative, innovative Gestaltung von kinder- und jugendspezifischen Themen hervorheben“ und „die Bildsprache des Fernsehens bereichern“. Gestiftet wird das Preisgeld von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF), die Ausführung liegt bei der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF). Preisträger 2003 ist Willi Weitzel, Moderator der Informationsreihe „Willi wills wissen“ (Bayerischer Rundfunk), für die Ausgabe „Wie ist das mit dem Tod?“. Nominiert waren die von der evangelischen Kirche mitproduzierte KI.KA-Serie „Vorsicht - keine Engel!“ sowie das Wissensmagazin „Wissen macht Ah!“ (WDR).
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Tilmann P. Gangloff
Beitrag als PDFEinzelansichtErwin Schaar: Filme vom internationalen Filmfestival in München
Die verflogenen IllusionenDer kanadische Geschichtsprofessor und ehemalige Sozialist Rémy liegt trotz seiner kregeligen Aufwallungen auf dem Sterbebett, was Freunde, Geliebte, Ex-Frau und Kinder in seine Nähe treibt. Sein Sohn Sébastien eilt aus London herbei, die Tochter meldet sich über Computerbilder von einem Segeltörn auf den Weltmeeren - raum- und zeitlos wie von einem Astronautenflug. Ist sie die Repräsentantin für den Aufbruch in die neue Welt?Sébastien, widerwillig angereist, scheffelt im Aktiengeschäft Geld. Er kann es nicht goutieren, dass sein Vater wegen verquerer Maßnahmen einer sogenannten Gesundheitsreform, die eher vom Zusammenbruch des Systems künden, mit vielen anderen Patienten einen Raum teilen muss. Chuzpe und Geld bringen dem Vater einen feudalen Raum in einem bereits geschlossenen Trakt ein. Und dort kann das Defilee der Freunde beginnen, das meist mit großem Gelächter über die Stars und Idole ihrer Jugendzeit – Lenin, Stalin, Karl Marx – endet. Diesen Idolen haben sie zwar ihre ertragreichen und bequemen Positionen zu verdanken, mit ihrem Gedankengut haben sie Karriere gemacht, doch die Ideen von damals sind die Jugendsünden von heute.Der Kanadier Denys Arcand ("Der Untergang des amerikanischen Imperiums", 1986) versammelt in Les invasions barbares die intellektuelle Schickeria zu einem großen Sterbefest, das sie ebenso ungerührt zu feiern scheinen wie einst ihre wohlfeilen Erlösungsvorstellungen. Das von dem großkapitalistischen Sohn illegal beschaffte Heroin ermöglicht seinem Vater wenigstens ein weitgehend schmerzfreies Sterben.
Zur gleichen Zeit führt uns der sozialkritische englische Regisseur Stephen Frears mit Dirty Pretty Things in ein Londoner Milieu, in dem legale und illegale Zuwanderer ihr Leben fristen. Ein Gewerbe steht im Mittelpunkt, das zu den medizinisch spektakulären und zugleich zu den kriminellen Auswüchsen zählt. Okwe, illegal aus Nigeria eingereist, jobbt als Nachtportier und als Taxifahrer, ist eigentlich Arzt und muss entdecken, dass in seinem feinen Hotel den unerlaubt im Land Existierenden aus der "Dritten Welt" für einen gefälschten Pass als Gegenleistung eine Niere entfernt wird. Das türkische Zimmermädchen Senay, mit dem Okwe ohne erotische Bindung eine Wohnung teilt, möchte auf diese Weise ebenfalls an das Papier kommen, um in die USA auswandern zu können. Um diese zwei Schicksale gruppiert Frears eine detailreiche Handlung, die fast an ihrer Action-Dichte zu ersticken droht. Da mag der Zwiespalt eines für das Fernsehen arbeitenden Regisseurs sichtbar werden, der auf verbrecherische Eigenheiten des Kapitalismus aufmerksam machen möchte, dazu aber übermächtiger Handlungen bedarf, um das Publikum bei Laune zu halten. Doch die schauspielerische Besetzung muss begeistert gelobt werden, weil der Schüler von Karel Reisz und Lindsay Anderson Gespür für die alltägliche Ausdruckskraft von Menschen besitzt und mit Chiwetel Ejiofor und Audrey Tautou Könner ausgewählt hat.AbschiedsprogrammAuch wenn der Hinweis von minimalem öffentlichen Interesse ist beim Überschreiten von Münchens Stadtgrenzen: dieses 21. Filmfest war das letzte, das Festivalleiter Eberhard Hauff seit der Gründung verantwortet hat. Viele Jahre war er der Kritik ausgesetzt ob der ungezügelten Anzahl von Filmen und Reihen, die kaum eine Leitlinie für das nicht fachlich gebundene Publikum bildeten. Sein Nachfolger Andreas Ströhl, der vom Goethe-Institut kommt, wird sich bemühen müssen, eine etwas stringentere Auswahl zu finden, um der Beliebigkeit zu entgehen.
Das heißt nicht, dass Hauff Indiskutables ins Programm gerückt hat, aber sein Festivalmotto 2003 "Träumen mit offenen Augen" streifte doch zu sehr die Unverbindlichkeit. Undiskutiert müssen dabei die Fragen bleiben, welche merkantilen Interessen im Gefüge eines Festivals bedient werden müssen, welchen Einfluss Sponsoren nehmen.Mit dem Eröffnungsfilm Dom Durakov (Das Irrenhaus) des russischen Regisseurs Andrei Konchalovsky gelang Hauff dann zumindest die Irritation der Zuschauer. Bilder aus einer psychiatrischen Klinik an der Grenze Russlands zu Tschetschenien zeigen Menschen, die die Grenze zwischen Normalität und Irrealität überschritten haben. Ihr aller täglich sehnsüchtig erwarteter Fixpunkt ist der Nachtexpress, der eine von ihrer Anstalt aus einsehbare Brücke quert. Die beleuchteten Waggons nähern sich und verschwinden nach kurzer Zeit im Dunkeln. Eine die Geschichte integrierende Figur spielt Julia Vysotsky als Janna, die sich mit dem Pop-Sänger Bryan Adams verlobt wähnt. Sie verbindet mit ihren Exaltationen und Beziehungen Handlungen zu einer Geschichte, in der die kriegerischen Auseinandersetzungen immer bestimmender werden, einmal wenn tschetschenische Rebellen und dann russische Soldaten in die Enklave einbrechen, deren Bewohner mit ihren Sehnsüchten, Wünschen und Konflikten symbolhaft für die Gesellschaft stehen können. Die Kriegsrealität erscheint als die zerstörerische Gewalt, der eine Gesellschaft dumpf ausgeliefert ist. Die in gedämpft grünlichen Bildern inszenierte Handlung wechselt nur manchmal zur vollen Farbe, wenn Sehnsüchte nach sozialer Geborgenheit durchscheinen. Konchalovskys Regiearbeit ist prägnant in den Bildfindungen und deren Abfolge und im Einsatz der Schauspieler, die mit einer schon fast erschreckenden Bandbreite ihres Könnens brillieren. Dahinter stecken handwerkliches Können, Sensitivität für die Auswahl der Darsteller und ihre Führung, Musikalität für das Visuelle und der Wille zur sozialen Kritik. Erstaunlich, dass trotz der hohen Emotionalität des Geschehens keinerlei oberflächliche Tränendrüseneffekte stimuliert werden.
Die Inszenierung behält ihre analytische Geschlossenheit. Eigentlich ein Film aus dem 'alten' Europa, der auch nicht nach dem anders gearteten Glanz Hollywoods schielt.Deutsche EmpfindungenFilme von Regisseuren, die in Deutschland am Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit stehen, können im Vergleich mit solchen gereiften Produktionen in den meisten Fällen höchstens ihre Lauterkeit offenbaren. Die Bilder bleiben platt, weisen nicht über sich hinaus, wie man so schön sagt, werden nicht zu Zeichen einer Idee.Da ist zum Beispiel Susanne Schneider, die auch als Dozentin für Drehbuch an Filmakademien arbeitet, die ihre Geschichte von einem Jungen, der von drei Mitschülerinnen aus Eigennutz der Vergewaltigung beschuldigt wird, in einem boulevardjournalistischen Informationsstil bebildert (In einer Nacht wie dieser). Schauspieler, Landschaften und Requisiten werden für die Erzählung vor die Kamera gereiht. Dem Zuschauer wird kein Raum für Phantasie gegeben. Ein Feeling für die Personen existiert nicht, weil die Story sonst nicht in einer Und-dann-Abfolge präsentiert werden könnte. Das akademische Drehbuch wird nicht zur Phantasie des Visuellen. Außerdem ist die geringe darstellerische Bandbreite der Schauspieler zu spüren, deren Können für ein TV-Movie ausreichen mag, die aber der Regisseurin keinerlei Mitarbeit an der Entwicklung der Geschichte anbieten können.Von einem Entgegenkommen der Darsteller profitiert dagegen ein entsprechend selbstbewusster Regisseur wie Hans Steinbichler, dessen Film Hierankl von einer jungen Frau, Lene, berichtet, die nach vielen Jahren zu ihren Eltern auf das gutbürgerliche idyllisch gelegene Anwesen zurückkehrt.
Der geliebte Vater feiert seinen 60. Geburtstag, mit der Mutter besteht immer noch kein Einverständnis. Der überraschend auftauchende Jugendfreund der beiden zieht mit seiner Souveränität Lene in seinen Bann und sie beginnt mit ihm ein intimes Verhältnis, bis sie auf der Feier erfahren muss, dass er ihr Vater ist. Diese Geschichte über irrationale Beziehungen gewinnt durch die Kraft und das Selbstverständnis des Spiels von Barbara Sukowa, Josef Bierbichler, Peter Simonischek und vor allem durch die hingebungsvolle Darstellung von Johanna Wokalek (Lene) überzeugende dramatische Dimensionen, die Steinbichler in Kinobilder umzusetzen weiß. Ein Drama, das ganz selten pathetisch wird und zudem Humor nicht ausspart: Förderpreise Deutscher Film für Steinbichler und Wokalek.Es kann nicht an sogenannten relevanten Themen liegen, ob ein Kunstwerk für Schicksale sensibilisiert und einnimmt. Diese müssen mit je adäquaten Mitteln auf der Bühne dargestellt, in Literatur gefasst oder in Filmbildern inszeniert werden, um zu bewegen. Sonst könnten sie auch anekdotenhaft in wenigen Worten berichtet werden. Die analytische Dimension muss sich über die Kraft der künstlerischen Inspiration ergeben.Wir sind wieder werDiese Inspiration scheint bei zwei neuen Kinofilmen von allzu aufdringlichem Mitteilungswillen unterlaufen worden zu sein. Der eigentlich viel gelobte Lichter von Hans-Christian Schmid berichtet von jungen Ukrainern, die über die Oder von Polen nach Deutschland gelangen wollen. Episodenhaft aneinander gereiht, werden deren Bemühungen und die Probleme der Menschen in diesem Grenzgebiet zu einer emotional und moralisch niederschmetternden Konstellation.
Die Redundanz der Gefühle macht den Zuseher platt, die Darstellung schlägt in larmoyantes Klagen um. Schmid spielt mit Schicksalen ein Gänseliesl-Spiel, die Menschen interessieren nur dramaturgisch. Er möchte mehr mit seiner inzwischen erreichten handwerklichen Professionalität überzeugen.Heikel wird die Erzählung deutscher Geschichte bei Sönke Wortmann, der in Das Wunder von Bern den Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 durch die Bundesrepublik mit dem Schicksal einer Familie im Ruhrpott verbindet, die von der späten Heimkehr des Vaters aus russischer Gefangenschaft geprägt wird. Die fußballerischen Ehren, die heute Legende sind und damals für die junge Bundesrepublik auch den Gewinn von Selbstbewusstsein bedeuteten und die Wiedereingliederung der Heimkehrer-Väter in das für sie ungewohnte gesellschaftliche Milieu werden mit scheinbar realistischen Bildern oberflächlich und ohne Sinn für das Zeitgefühl erzählt. Eine pompöse Musik und der schauspielerische Gestus der 50er-Jahre-Filme sollen als Zeitgeist überzeugen. Dabei war die Pappwelt von Opas Kino eben schon damals der Versuch, Wirklichkeit nicht wahrzunehmen.
Erwin Schaar
Die Filme
Les invasions barbares
Regie/ Buch: Denys Arcand - Kamera: Guy Dufaux - Darsteller: Rémy Girard, Stéphane Rousseau, Marie-Josèe Croze - Kanada 2003 - 99 Minuten - Verleih: ProkinoDirty Pretty Things (Kleine schmutzige Tricks)
Regie: Stephen Frears - Buch: Steven Knight - Kamera: Chris Menges - Darsteller: Chiwetel Ejiofor, Audrey Tautou - Großbritannien 2002 - 97 Minuten - Verleih: Buena Vista InternationalDom Durakov
Regie/ Buch: Andrei Konchalovsky - Kamera: Sergei Kozlov - Darsteller: Julia Vysotsky, Bryan Adams - Russland/ Frankreich 2002 - 104 MinutenIn einer Nacht wie dieser
Regie/ Buch: Susanne Schneider - Kamera: Andreas Doub - Darsteller: Katrin Bühring, Martin Kiefer - Deutschland 2003 - 84 MinutenHierankl
Regie/ Buch: Hans Steinbichler - Kamera: Bella Halben - Darsteller: Barbara Sukowa, Josef Bierbichler, Johanna Wokalek, Peter Simonischek - Deutschland 2003 - 93 Minuten - Verleih: Movienet FilmLichter
Regie: Hans-Christian Schmid - Buch: H.-Ch. Schmid, Michael Gutmann - Kamera: Bogumil Godfrejow - Deutschland 2002 - 105 Minuten- Verleih: ProkinoDas Wunder von Bern
Regie: Sönke Wortmann - Buch: S. Wortmann, Rochus Hahn - Kamera: Tom Fährmann - Darsteller: Louis Klamroth, Peter Lohmeyer - Deutschland 2003 - 118 Minuten - Verleih: SenatorBeitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Erwin Schaar
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang: Oh wie schön ist Panama
Ein Wunder, dass es diese CD-ROM nicht schon lange gibt. Schließlich hat das gleichnamige Kinderbuch von Janosch nicht nur sämtliche Kinderzimmer erobert, sondern vor allem bei Eltern und Großeltern einen Janosch-Wahn ausgelöst, der sich auf Fahrräder, Trinkflaschen und Wickelkommoden austoben durfte. Der Tiger und der Bär sind Synonym geworden für nette und harmlose Kinderunterhaltung. Doch um Janosch ist es in letzter Zeit still geworden. In den Regalen der Buchhandlungen findet man ihn kaum noch.
Kommentar eines Buchhändlers: „Der hat sich totgelaufen. Doch das wundert mich nicht, schließlich sind die Figuren auf jedem Joghurtbecher zu finden.“ Die CD-ROM kann da vielleicht das Geschäft neu beleben. Natürlich wird die Geschichte vom Tiger und vom Bären erzählt und kann Wort für Wort mitgelesen werden. Spannender ist aber das interaktive Abenteuer auf der Reise nach Panama. So muss man z.B. dem Tiger beim Pilze finden helfen und durch frei rubbeln 20 Pilze einsammeln. Das dauert leider ein bisschen und könnte nicht alle Tiger- und Bärfans zufrieden stellen.
Auch das Angelspiel und die anderen Konzentrations-, Gedächtnis- und Geduldsspiele machen Spaß. Einige Spiele erfordern jedoch vor allem für jüngere Kinder hohe Geschicklichkeit. Doch da werden sicher die Eltern nachhelfen, die sich mit den Figuren ja häufig mehr identifizieren, als die Kinder.
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang: Löwenzahn, die siebte
Zum siebten Mal geht Peter Lustig auf Entdeckungsreise und hat wieder eine ganze Menge an Themen im Gepäck: Diesmal möchte er etwas über die Entstehung der Schrift und den Buchdruck erfahren und stößt dabei auf ein Geheimnis. In einer Schokoladenfabrik bekommt er alles über die Herstellung von Schokolade erklärt, in einem Moor will er nach seinen Urahnen forschen und macht dabei eine gruselige Entdeckung. Auch über Fotografie macht sich Peter Lustig schlau und zeigt, wie eine Lochkamera funktioniert. Sogar auf die Frage, warum Schweine im Dreck suhlen, findet er eine Antwort.
Vor allem für Musikfans hat er diesmal etwas ganz Besonderes auf Lager: wer sein musikalisches Gehör testen will, kann dies beim Hör-Memory tun. Außerdem erklärt Peter Lustig auf einer Zeitreise durch die Geschichte der Musik die wichtigsten musikalischen Stile von Barock bis zur Moderne. Aufschlussreich ist auch Peters Tonstudio. Hier zeigt er, wie sich durch die Untermalung mit unterschiedlicher Musik der Charakter eines Films verändert.
In Peters Bauwagen sind natürlich wieder jede Menge Spiele und Videos zu entdecken. Und wer schon lange einmal die Latzhose von Peter Lustig schneidern wollte, findet einen Schnittmusterbogen für eine original Peter Lustig-Latzhose. Somit bietet Peter Lustig auch in der siebten Ausgabe eine abwechslungs- und lehrreiche CD-ROM, die Kindern nicht nur Spaß macht, sondern auch als Edutainment-Programm die Erfolgsserien fortsetzt.
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtGünther Anfang: Mathe macht Spass: Der Zahlenteufel
War bereits das Buch „Der Zahlenteufel“ von Hans Magnus Enzensberger eine gelungene und preisgekrönte Mischung aus Unterhaltung, Belehrung und Spannung, so ist mit der CD-ROM nun eine Edutainment Software auf den Mark gekommen, die auch Schüler begeistern wird, die mit Mathematik sonst auf Kriegsfuß stehen. Denn die CD-ROM verpackt Fragen der Mathematik in spannende Geschichten, amüsante Spiele und lehrreiche Exkursionen in die Tiefen mathematischer Phänomene. Im Mittelpunkt der CD-ROM steht wie bereits im Buch der Mathemuffel Robert, der wie viele Schüler Mathematik einfach nur schrecklich findet. Das wird jedoch anders, als er eines Tages den Zahlenteufel kennen lernt. Der besucht ihn immer nachts in seinen Träumen und nimmt ihn mit auf fantastische Reisen in die Welt der Mathematik.
Was Robert nämlich bisher nicht wusste, ist, dass die Welt der Zahlen nicht nur aus langweiligen Rechenaufgaben besteht, sondern aus kniffligen Rätseln, erstaunlichen Zaubertricks und völlig verrückten Experimenten.In 11 Nächten erkundet Robert mit seinem neuen, eigenwilligen Freund die Welt der Mathematik. Und dabei gerät er immer tiefer in Gebiete der Mathematik, die ihm bisher völlig verborgen blieben. Anders als im Buch kann man auf der CD-ROM alles selbst ausprobieren und das Geheimnis der Primzahlen genauso lüften wie das der Kaninchenvermehrung. Dreiecks-, Vierecks- und sogar eingebildete und unvernünftige Zahlen werden erfahrbar gemacht und dem Spieler nahe gebracht. Zu jedem Thema gibt es Mathe-Action-Spiele und Lernrätsel, die nicht nur Spaß machen, sondern auch das Gelernte vertiefen. Die CD-ROM ist zwar kein Paukprogramm für Schüler, die gerade in der Schule Nachhilfeunterricht in Mathematik brauchen, denn mit dem Lehrplan sind die vermittelten Erkenntnisse nicht abgestimmt. Es ist aber eine CD-ROM, die Schülern und natürlich auch Erwachsenen Spaß an Mathematik vermitteln kann und die Welt der Zahlen in unterhaltsamer Art und Weise näher bringt.
Deshalb legt der Zahlenteufel auch Wert darauf, dass es nicht darauf ankommt, irgendwelche Zahlenaufgaben zu rechnen, dafür hat man schließlich einen Rechner. Viel wichtiger ist es, sich mit mathematischen Fragen und Problemen auseinander zu setzen und sich in die faszinierende Welt der Mathematik hinein zu begeben. Bei den Aufgaben wird deshalb, wenn es etwas zu rechnen gibt, automatisch ein Rechner eingeblendet. Schließlich ist es viel zu mühsam auszurechnen, wie viel 13 x 17 ist, dazu gibt es Hilfsmittel. Schade ist nur, dass dieses Prinzip nicht ganz durchgehalten wurde und dann doch Aufgaben gestellt werden, ohne einen Rechner zur Verfügung zu stellen. Insgesamt ist die CD-ROM, die in enger Zusammenarbeit mit dem Autor Hans Magnus Enzensberger entstanden ist, eine hervorragende Lernsoftware über Mathematik zum Zuhören, Zuschauen und Mitmachen. Die Bilder stammen im übrigen aus der Feder von Rotraut Susanne Berner, die bereits die millionenfach verkaufte Buchvorlage illustrierte.
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtTilmann P.Gangloff: Augen zu, Ohren auf!
Manchmal geht es ganz fix. Im Herbst vergangenen Jahres hatte die Bielefelder Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) noch eine Broschüre veröffentlicht, in der sie sich vehement für die Gründung eines eigenen Kinderradios stark machte, und nicht mal ein Jahr später ist es bereits soweit. Ein bundesweites Hörfunkprogramm für Kinder, das ähnlich wie der Fernseh-KI.KA von morgens bis abends ein verlässliches, kindgerechtes Angebot bietet. Und das, obwohl reihum geunkt worden war: keine Frequenzen, keine Finanzen. Besonders Gernot Romann, Vorsitzender der Hörfunkkommission der ARD, hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt. „Ein schöner Traum“, kommentierte er das GMK-Projekt. Der Hörfunkdirektor des NDR betonte zwar seine Sympathie für die Idee, die bei der Hörfunkkommission ausführlich diskutiert worden, aber trotzdem chancenlos sei: kein Platz im Äther. Um Raum für das Kinderradio, von Fans und Machern längst bloß RadiJoJo! genannt, zu bekommen, müssten existierende Programme abgeschafft werden. Und das, so Romann, „hält bei uns keiner für realistisch“. Seine Prognose damals: „In frühestens 15 bis 20 Jahren“, wenn sich der digitale Hörfunk etabliert habe, könne ein Kinderradio mit umfassender Verbreitung rechnen.Thomas Röhlinger beweist in diesen Tagen, dass es auch flotter geht: Mit Beginn der Internationalen Funkausstellung ist in Berlin auch RadiJoJo! auf Sendung gegangen. GMK-Mitglied Röhlinger, Soziologe, Journalist (Deutsche Welle), Produzent und Musiker, darf sich mit Fug und Recht als RadiJoJo!s Vater bezeichnen. Das Problem mit den Frequenzen hat Röhlinger elegant gelöst: RadiJoJo! umgeht das überfüllte UKW-Band und sendet einfach auf Mittelwelle. Die Verbreitung erfolgt außerdem digital über DAB und natürlich via Internet (www.radijojo.de).Auch am Geld sollte das Unternehmen nicht scheitern.
Mit 5 Millionen Euro pro Jahr bewegt sich der Etat in einem überschaubaren Rahmen (zum Vergleich: KI.KA kostet das Zehnfache). Da RadiJoJo! selbstredend werbefrei bleiben soll, ist man auf Spenden, Subventionen und Länderförderungen angewiesen. Prominente Geldgeber sind bislang die AOK, die Bundeszentrale für politische Bildung sowie DaimlerChrysler. Ein Anteil an der Rundfunkgebühr wäre natürlich schön, doch dies wird in der Tat ein Traum bleiben: Ein entsprechender Antrag ließe sich sicherlich gut begründen, glaubt Röhlinger, der auch die Geschäftsführung des Senders übernommen hat, „doch bis das durch alle Instanzen gegangen ist, sind wir alt und grau“. RadiJoJo! hat zwar einen gemeinnützigen Ansatz, doch es bleibt ein privatrechtliches Medium und damit von den öffentlich-rechtlichen Gebührentöpfen ausgeschlossen. Auch eine Kooperation mit der ARD wäre in Röhlingers Sinn, doch „es bewegt sich sehr wenig“. Viele Redakteure, sagt er, würden sich allerdings lieber heute als morgen beteiligen.Dabei hätte die ARD streng genommen RadiJoJo! längst selbst ins Leben rufen müssen. Die bisherigen Hörfunkangebote für Kinder, kritisiert die GMK, seien der Mehrheit der Zielgruppe nicht bekannt. Tatsächlich geben bloß rund 10 Prozent der Kinder an, sie wüssten, dass es im Radio Sendungen nur für Kinder gibt. 5 Prozent nutzen dieses Angebot auch regelmäßig. Obwohl die Sender der ARD insgesamt 23 Stunden pro Woche Radio für Kinder ausstrahlen, macht der Anteil der Kindersendungen am Gesamtangebot nicht mal ein Prozent aus.Trotzdem ist der Hörfunk durchaus ein Medium für Kinder, wie die Kommunikationswissenschaftlerin Ingrid Paus-Hasebrink (Universität Salzburg) erklärt: Weit über die Hälfte von ihnen hört spätestens ab dem Grundschulalter täglich Radio, immerhin noch ein Viertel mehrmals die Woche. 7 Prozent der Kinder bezeichnen das Radio sogar als ihr Lieblingsmedium.
Allerdings läuft das Gerät in der Regel, wie bei den Erwachsenen auch, bloß nebenbei; nur wenige Kinder schalten gezielt Sendungen ein. Kinder mögen Radio vor allem dann, wenn Witze oder Sketche vorkommen und kindgerechte Geschichten erzählt oder Lieder gesungen werden. Was sie laut einer Umfrage von Paus-Hasebrink gar nicht mögen: langweilige Moderationen, zu lange Wortbeiträge, „blöde Musik“ und „Kitsch“. Außerdem schätzen sie es nicht, wenn ausschließlich Erwachsene zu hören sind. Kein Wunder, dass sich über zwei Drittel der 4- bis 13-Jährigen einen eigenen Radiosender wünschen. Und Kinder brauchen dieses Angebot auch, wie der GMK-Vorsitzende Dieter Wiedemann verdeutlicht: Interessante Hörangebote könnten Kinder „zum intensiven Zuhören herausfordern, können ihre Fantasie beflügeln und können sie in Räume, Zeiten und Welten versetzen, die nur in ihren Köpfen entstehen“. Der Präsident der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ kritisiert, dass sich Kinder „im Dschungel von Sendeformaten und Spartenprogrammen mit hohem Musikanteil schnell verirren“. Auf diese Weise gehe dem Radio schon frühzeitig „der kompetente Hörer von morgen“ verloren, weil Kinder zwangsläufig zum Nebenbeihören erzogen würden.
Auch Horst Heidtmann vom Stuttgarter Institut für angewandte Kindermedienforschung hält ein Kinderradio für „überfällig“. Anspruchsvolle Sendungen könnten Kinder „systematisch zur Lektüre motivieren“ und so einen Beitrag zur Förderung der Lesekompetenz leisten.Und noch viel mehr, wie im Grundsatzpapier von RadiJoJo! nachzulesen ist. Die Vermittlung von sozialer, ethischer und kommunikativer Kompetenz, von Heimatverbundenheit und Weltoffenheit sowie die Verkehrserziehung gehören ohnehin zu den Programmrichtlinien; fehlen nur noch Übergewicht, Haltungsschäden und Schule schwänzen, dann wäre RadiJoJo! das Allheilmittel schlechthin für sämtliche Kinderkrankheiten. Erst einmal aber muss sich der Sender etablieren und vor allem von seiner Zielgruppe entdeckt werden. Zunächst gibt es eine circa siebenstündige Schleife; ein Regelprogramm ist spätestens ab dem Jahr 2005 geplant, je nach Lage der Finanzen auch schon früher. Dann soll RadiJoJo! auch live gesendet werden, schließlich ist Interaktivität einer der Schlüsselbegriffe im Medienalltag der acht bis neun Millionen Kinder umfassenden Zielgruppe. Und nicht nur für sie: Abends sind die Eltern dran, und auch denen will RadiJoJo! telefonisch mit Rat und Tat beiseite stehen.
Beitrag aus Heft »2003/04: Medienpraxis - Konzepte und Perspektiven«
Autor: Tilmann P. Gangloff
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