2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz
aktuell
Christina Oberst-Hundt: Mainstream gegen den Krieg
Als die Sprechchöre und Reden der größten Antikriegsdemonstrationen der Nachkriegszeit am 15. Februar 2003, die möglicherweise bis zu 11 Millionen Menschen weltweit im Protest gegen den von der US-Regierung geplanten Krieg gegen den Irak vereinigt hatten, verklungen waren, brach über Deutschland die angeblich vom Irak ausgehende Pocken-Gefahr mit bis zu 25 Millionen möglichen Toten herein. Medien von BILD über FAZ bis ZDF wussten von geplanten Anschlägen mit Pocken-Viren zu berichten, entwickelt in irakischen B-Waffen-Laboren. In Großbritannien, wo sich im Londoner Hyde-Park eine Million Menschen versammelt hatten, um gegen die Kriegspolitik Blairs zu protestieren, versuchten einige Medien die kriegsunwillige Bevölkerung mit geplanten terroristischen Anschlägen auf Flugzeuge zu ängstigen. Die zeitliche Nähe solcher Horrorszenarien zu den unüberhörbaren Manifestationen gegen einen Irak-Krieg war auffällig und wirft die Frage auf, zu welchen Mitteln Medien – und sich ihrer bedienende Politiker – greifen, wenn die Mehrheitsmeinung nicht ihren Intentionen entspricht. Der Parole „Krieg ist keine Lösung“ steht die Absicht der Bush-Administration – und ihrer Apologeten in Europa – entgegen, diesen Krieg unter allen Umständen führen zu wollen. Ihre Ziele, globale Hegemonie und Öl, müssen aber verschleiert und Medien dazu gebracht werden, den ‚guten und gerechten Krieg’ gegen einen eindeutig ‚bösen Feind’ zu propagieren. Massendemonstrationen und ebenso Umfragen, die eine deutliche Anti-Kriegshaltung der Völker bestätigen, zeigen jedoch, dass Kriegsrhetorik, Desinformation und Propaganda heute, anders als bei voran gegangenen Kriegen, in ihrer Wirkung eingeschränkt sind. Einen Meinungsumschwung pro Krieg doch noch herbeizuführen, dürfte sich als sehr schwierig erweisen.Jugoslawien – Afghanistan – Irak: Was ist heute anders?Im Jugoslawien-Krieg hatten kritische Stimmen gegen die NATO-Intervention kaum eine Chance, sich medial Gehör zu verschaffen. Regierung und Opposition in Deutschland befürworteten nahezu einmütig Krieg und Kriegsbeteiligung als moralisches Gebot.
Selbst die Grünen reihten sich ‚schweren Herzens’, wie es schien, in die Kriegsfront ein. Antikriegspositionen wurden mittels eines nahezu undurchdringlichen medialen Geflechts aus Propaganda, Manipulation und Falschmeldungen fast automatisch als Befürwortung serbischer Menschenrechtsverletzungen desavouiert. Der Afghanistankrieg der USA wurde begonnen, als der Schock des 11. September die Menschen weltweit traumatisierte. Kriegsziel war, wie es hieß, ausschließlich die Ergreifung Bin Ladens als mutmaßlichem Kopf hinter den Terroranschlägen, aber die ‚Nebeneffekte’ dieses Krieges, die Ausschaltung des in der Tat menschenverachtenden Taliban-Regimes und die zunächst glaubwürdig erscheinende Befreiung der afghanischen Frauen aus Burka-Zwang und totaler Entrechtung verschleierten den Blick auf diesen völkerrechtswidrigen Krieg, der nicht Bin Laden, wohl aber die Zivilbevölkerung traf. Hinzu kam, dass er in den Medien als Krieg ohne Bilder erschien, weder Täter noch Opfer zeigte. Hier ergänzten sich das religiös begründete Bilderverbot der Taliban mit der Zensur der US-Militärs.Warum hat es die Kriegsbefürwortung hierzulande und weltweit gegenwärtig so schwer, sich meinungsbildend durchzusetzen? Dafür gibt es eine Reihe von Gründen (die hier nur unvollständig benannt werden können):In Deutschland drängt auch die Bundesregierung auf eine Lösung der Irak-Frage möglichst ohne Krieg. Einige Mitglieder dieser Regierung und Bundestagspräsident Thierse reihten sich sogar – als Privatpersonen, wie sie betonten - ein in die Berliner Großdemonstration gegen den Krieg. Der Papst persönlich führt die christliche Anti-Kriegs-Bewegung und hat damit ein weltweites Signal gesetzt.Kann es sein, dass es eine Kriegs-kritische und differenzierte Berichterstattung leichter hat, wenn sie Regierende und Kirche auf ihrer Seite weiß? Zumindest dürfte sich der Spielraum für Anti-Kriegspositionen und sachliche Berichterstattung in den Medien durch die Nähe zur offiziellen Politik – auch der kirchlichen - deutlich erweitert haben. Hinzu kommt, dass durch die ‚Krieg als letztes Mittel’-Politik der deutschen und einiger weiterer Regierungen und die aus ihr resultierende Ausschöpfung möglicher Friedensoptionen (v.a. Ausweitung der Inspektionen) immer mehr Zeit gewonnen wird, eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts, auch in den Medien, argumentativ zu untermauern und mental zu festigen.
Zugleich macht aber dieser Zeitgewinn es der Bush-Administration immer schwerer, ihre Kriegspolitik logisch und plausibel zu begründen. Durch die Hinauszögerung des Krieges wird seine Unsinnigkeit immer deutlicher, die US-Kriegsrhetorik zusehends als unlogisch und unglaubwürdig entlarvt. Es wächst aber auch – und das ist die große Gefahr – die Aggressivität der Bush-Regierung und ihrer Militärs. Die Friedensbewegung ist stärker gewordenEin weiterer Aspekt, der nicht unterschätzt werden sollte, ist die intensive Arbeit und zunehmende Stärkung der integrierten Friedens- und Anti-Globalisierungsbewegung. Die Politik von Porto Alegre und Florenz, die Anprangerung der ungleichen Ressourcenverteilung, von Armut und Krieg und die Aufdeckung ihrer Ursachen stößt nicht mehr generell auf Unverständnis. Der Friedens- und Anti-Globalisierungsbewegung ist es durch intensive Vorarbeit, spektakuläre Aktionen, fundierte Kongresse, konsequente Bündnisarbeit mit Jugendorganisationen, Gewerkschaften, Wissenschaft, Kirchen und nicht zuletzt JournalistInnen und PublizistInnen gelungen, den Einsatz für eine gerechtere Welt ohne Kriege auf die politische Agenda zu setzen. Immer mehr Menschen, einschließlich der in den Medien Tätigen, begreifen, dass die Anschläge auf die Zwillingstürme des WTC nicht nur ein furchtbarer, menschenverachtender Anschlag waren, sondern dass die noch verbliebene Supermacht USA versucht, dieses Ereignis für ihre eigenen globalen Hegemonie-Ansprüche zu instrumentalisieren mittels Schaffung von Feindbildern wie „Achse des Bösen“, „Schurkenstaaten“ und jetzt sogar „Problemnationen“ des „alten Europa“ und einer religiös verbrämten Heilsrhetorik – Bush als Vollstrecker „göttlichen Willens“ -, die fundamentalistischen Dschihad-Parolen kaum nachsteht. Eine Welt-Regierung a la Bush und Rumsfeld lehnen aber die Menschen in allen Teilen der Welt zunehmend ab.
Es ist keineswegs verwunderlich, dass gerade in den Staaten, deren Führungen sich als US-Kriegspartner besonders ereifern, die größten Anti-Irak-Kriegsdemonstrationen stattfanden, nämlich in Großbritannien, Italien und Spanien.Nicht für Kriegspropaganda missbrauchen lassen!Die Rolle der Medien in Kriegszeiten wird, nicht zuletzt durch die Medien selbst, verstärkt thematisiert , mediales Fehlverhalten, einseitige, unvollständige und falsche Information zunehmend kritisiert. „Wir müssen nicht nur zugeben, dass wir als Propagandainstrument missbraucht wurden, sondern auch, dass wir uns haben missbrauchen lassen. Wir wussten, dass wir nur einen weitgehend zensierten Ausschnitt aus der Realität zeigen konnten und taten es trotzdem.“ So Klaus Bresser, ZDF, nach dem Golfkrieg von 1991. Solche Einsichten setzen sich zwar hierzulande nicht in allen Medien gleichermaßen durch. Es gibt weiterhin die publizistischen Lager im Printbereich: auf der einen Seite taz, FR und auch SZ, auf der anderen Seite Springer-Presse, Handelsblatt, FAZ u.a., und es gibt weiterhin deutliche Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Fernseh- und Hörfunksendern. Aber der Trend, gerade in Zeiten der Kriegsbedrohung wie diesen, sich auf journalistische Qualitätsstandards, auf medienethische Grundsätze zu besinnen und gesellschaftliche Medienkontrolle einzufordern, ist merkbar. Die Erfinder von Fakes müssen sich in Zukunft schon etwas mehr einfallen lassen als irakische Pockenviren.
Literatur:
Ulrich Albrecht/ Jörg Becker, Hrsg. (2002) Medien zwischen Krieg und Frieden, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e.V. Bd. XXIX, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden
Rainer Butenschön/ Eckart Spoo, Hrsg. (2003) Töten, Plündern, Herrschen – Wege zu neuen Kriegen (basierend auf dem Anti-Kriegskongress v. 30.8.-1.9.2002 in Hannover), VSA, Hamburg,
M - Menschen machen Medien, Zeitschrift der IG Medien, Nr.5 Mai 1999, Themenschwerpunkt „Medien, Menschenrechte, Krieg“Christina Oberst-Hundt: Andere Medien sind möglich – Eindrücke vom friedenspolitischen Kongress ‚Ein Jahr Krieg gegen den Terror’, in: M - Menschen machen Medien, Medienpolitische ver.di-Zeitschrift, Nr. 10/11 Oktober/November 2002
Beitrag aus Heft »2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz«
Autor: Christina Oberst-Hundt
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thema
Herbert Hrachovec: Die Welt des Datenverkehrs. Schauplatz und Regelsystem
Gegensätze können unterschiedlich funktionieren; der Norden ist vom Süden anders getrennt, als Deutschland von Bayern. Eine glatte Alternative ist leichter überschaubar, als das konfliktgeladene Verhältnis zwischen Teil und Ganzem (speziell wenn die Teile sich gegen die Einteilung sträuben). On/off gehört zum ersten, Realität/Virtualität zum zweiten Muster. Im einen Fall ein Schalter mit zwei Positionen, im anderen eine Opposition, deren Kontrahenten keineswegs so säuberlich getrennt-verbunden sind, wie schwarz und weiß, 0 und 1 oder oben und unten. Aber die beiden Gegensatzformen lassen sich suggestiv mischen. Bayern, ein Teil von Deutschland, ist Süden - und damit abgesetzt von Norddeutschland. Virtualität entsteht im Umgang mit handfesten technischen Geräten – und erscheint binär betrachtet als gegensätzlicher Zustand. Als ob ein Zimmer beleuchtet ein anderer Raum wäre als im Dunkel. Absurd ist diese Meinung nicht. Für viele Zwecke macht das Licht den Unterschied, auf den es ankommt, egal, ob der Raum derselbe bleibt. Und ebenso plausibel ist die Vorstellung, das Eintreten in tele-kommunikative Zusammenhänge eröffne eine neue Welt, ein Bezugssystem jenseits des Gegebenen. Wie Sichtbarkeit die Qualität der räumlichen Umgebung verändert. Dennoch ist zu ergänzen: Gäbe es den Raum nicht, abgesehen von der Beleuchtung, wäre seine Sichtbarkeit ein Phantasieprodukt. Virtualität ohne Kabel, Prozessoren und Betriebssysteme sind auch Phantasie. Nichts gegen ein lebendiges Vorstellungsvermögen.
Aber man muss sich ansehen, wo es an seine Grenzen stößt. Anders gesagt, wo es wirklich hingehört.FlaschenpostDie folgenden drei Anfragen erreichten mich dieses Jahr. Sie lassen durchscheinen, in welchem konzeptuellen Raum sich Benutzer des Internets befinden. Ich bin auf der Suche nach einer Abhandlung über 191 Seiten betreffend das Thema Logistik und Chaostheorie. Leider habe ich nicht mehr Angaben. Könnten Sie mir eventuell weiterhelfen?Sehr geehrter H. Hrachovec, wie finde ich in Informationen und Literaturhinweise auf ”Rueland Frueauf dem Jüngeren” (sic!) in dem Rechner der Uni Wien.Gibt es Protokolle zu der 98-er Veranstaltung, die ich im Internet fand? Gruß. Der erste Eindruck ist: Entwurzelung. Das sind schnell hingetippte fromme Wünsche, die sich weder an Konventionen der Rechtschreibung, noch der Höflichkeit halten; einfach abgeschickt, weil es nichts kostet. Sie lassen sich ähnlich umstandslos löschen, so die verärgerte Reaktion. Aber die Botschaften kommunizieren auch einen Geisteszustand an der Kippe zwischen Virtualität und Realität. Im fiktionalen ”Cyberspace” wäre es ein Leichtes, die Abhandlung mit 191 Seiten zu finden, oder ”Rueland Frueauf” aufzustöbern. Dazu kommt dann das Internet mit (bisweilen) echten Mail-Adressen. Eigentlich ist es rührend, vom flüchtigen Phantasma einer Unbekannten gestreift zu werden.Die Sache ist nicht so beschaffen, dass man einfach untersuchen könnte, in welchen eigentümlichen, realitätsfremden Zustand sich Internautinnen und Internauten begeben und wie sie sich eventuell, nach der Rückkehr auf erprobtes Terrain, ernüchtert oder erleichtert wiederfinden. Präsenzen und Absenzen sind Einstellungen, welche die vorhandenen Ressourcen des Datenverkehrs durchqueren.
Der Realitätsgrad einer Einschaltung schwankt, geht mitunter gegen Null, und ist trotzdem aus diesem technischen Ensemble nicht eliminierbar. Auch Telefongespräche (um eine vertraute Praxis als Vergleich zu nehmen) reißen ein Loch in die Greifbarkeit der faktischen Umgebung und sind zugleich in die Weltordnung von nah und ferne, Sicht und Stimme integrierbar. In dieser älteren Kommunikationsform verbinden sich (für uns) Abruptheit und Kontinuität. Im elektronisch gesteuerten globalen Daten-Netz sind die Momente noch nicht austariert. Die zitierten Personen sprechen (schreiben) – aber worüber? An wen richten sie sich und mit welchem Zweck? Die Beispiele sind zunächst einmal Gesten, die zwischen on und off den Weg in einen Informationsfluss finden. Was machen dort die gesuchten 191 Seiten ...(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02 S. 77-81)
Günther Anfang, Kathrin Demmler: Jugend im pädagogischen Netz
Seit die Jugendarbeit das Internet entdeckt hat, wurde darüber nachgedacht, wie man diesen Raum auch als Jugendplattform gestalten kann. Da das Netz der Netze von immer mehr Jugendlichen genutzt wurde, konnte es nicht ganz falsch sein, das Internet auch für die offene Jugendarbeit in Dienst zu nehmen. Als virtuelle Jugend-zentren oder Jugendserver starteten deshalb Ende der 90er Jahre einige Internet-plattformen, die sich die Aufgabe stellten, Jugendlichen neben den kommerziellen Internetportalen ein pädagogisches Angebot im Netz zu machen. Ziel war es neben Unterhaltung auch jugendrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen und Mög-lichkeiten zur kreativen Nutzung zu eröffnen. Die Angebote wurden mit viel Euphorie gestartet, doch der Konkurrenzdruck im Netz zeigte bald, dass nur die überleben, die etwas besonderes für Jugendliche bieten und die intensiv betreut werden. Denn schließlich stehen im Zentrum des Interesses von Jugendlichen Internetangebote, die etwas zu bieten haben, wie zum Beispiel Möglichkeiten zur Kommunikation (Chaträume, e-mail etc.) oder Serviceleistungen zum down loaden (Handy-Klingeltöne, Logos, Bildschirmschoner etc.). Natürlich sind auch das Layout der Website und der Bekanntheitsgrad der Adresse entscheidend dafür, ob eine Jugend-plattform von einer größeren Gruppe Jugendlicher genutzt wird. Das alles hat immer auch ein bisschen damit zu tun, wie viel Geld und „Manpower“ in eine derartige Platt-form investiert wird. Kommerzielle Anbieter haben es hier in der Regel leicht, denn sie stecken viel Geld und Zeit in ihren Internetauftritt, da sie sich davon auch eine Menge an Werbeeffekt erwarten. Im Bereich der Jugendarbeit sieht es allerdings häufig anders aus, denn in Zeiten knapper Kassen werden die Mittel immer spärli-cher und eher Maßnahmen gestrichen, als mit zusätzlichen Finanzmitteln ausgestat-tet.
So muss auch eines der ersten virtuellen Jugendzentren, das vom Medienzentrum München (MZM), Kreisjugendring München-Stadt und SIN - Studio im Netz betriebe-ne Projekt „up2xTrakt“ (www.up2xtrakt.de) im Jahr 2004 seine Pforten schließen, weil die Stadt München auf Grund der Haushaltskonsolidierung die Finanzierung ein-stellt. In Zeiten von Sparzwängen sieht sich die Stadt nicht mehr in der Lage, ein Pro-jekt, das noch im Aufbau ist, weiter zu fördern. Da wird dann zwischen Pflichtaufga-ben und freiwilligen Leistungen abgewogen und bevor man ein reales Jugendzent-rum schließt, stellt man lieber ein virtuelles Jugendangebot ein. Denn schließlich gibt es im Netz genug Ausweichmöglichkeiten, während im Stadtteil nur ein reales Ju-gendzentrum existiert. Trotzdem sollte man das eine nicht gegen das andere aus-spielen. Was bleibt ist die Frage, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit ein virtuelles Jugendzentrum Erfolg hat. Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, haben wir einen Online-Fragebogen an fünf deutschsprachige Jugendplattformen geschickt, die exemplarisch für die Vielzahl der zur Zeit betriebenen virtuellen Ju-gendzentren stehen. Im Einzelnen handelt es sich um youngpoint aus Nürnberg , den Jugendserver in Mecklenburg-Vorpommern , den deutschen Jugendserver , die Jukobox aus Köln , das Cyberjuz aus Linz und die Cyberland-Jugendcommunity aus Berlin .Die von uns betrachteten Plattformen lassen sich grob in drei Genres unterteilen. Einerseits handelt es sich um Angebote, die sich der Jugendinformation verschrieben haben, andererseits um Plattformen, die Jugendlichen Möglichkeiten zur Veröffentli-chung ihrer eigenen Produkte geben und schließlich um Kommunikationsangebote. Zwischen diesen Polen lassen sich alle von uns untersuchten virtuellen Jugendzent-ren einordnen, wobei es allerdings die unterschiedlichsten Mischformen gibt ...(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02, S. 82-86)
Beitrag aus Heft »2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz«
Autor: Günther Anfang, Kathrin Demmler
Beitrag als PDFEinzelansichtThomas Feibel: Alleine auf dem größten Spielplatz der Welt
Warum der Computer bei Kindern so beliebt ist, ist ganz einfach: Im Gegensatz zu Eltern und Freunden, hat ein PC immer Zeit. Er nimmt die Kinder ernst, weil er sie nicht wie andere Medien berieselt. Statt bloßem Konsum ist am Computer immer Interaktion gefragt. Ohne das Treffen von Entscheidungen geht am Computer nichts mehr. Das unterscheidet ihn von den anderen Medien. Zwar zählt das Fernsehen nach wie vor zum beliebtesten Medium in der Kindheit, aber der Computer nimmt gegenwärtig die Rolle des größten Spielplatzes der Welt ein.
Das Internet ist dabei mehr als eine unerschöpfliche Quelle an Informationen. Kommunikation und das Beschaffen von Musik, Filmen, Spielen steht dabei viel mehr im Vordergrund. Kinder und Jugendliche bewegen sich dabei weitgehend ungeschützt durch das World Wide Web. Sie versuchen, sich das Internet selbst untertan zu machen. In den seltensten Fällen führen Eltern oder die Schule die Kinder an das Internet heran. Dazu kommt, dass das Angebot in Deutschland auch nach Jahren eher schmal bleibt ...(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02, S. 87-89)
Rudi Peschke: Schulen sind am Netz - und was passiert (nicht)?
Der Werbespot „ich bin drin“ ist auch passend für das Vorhaben Schulen ans Netz. Tatsächlich sind offiziell alle Schulen in Deutschland am Netz. Was haben sich die Initiatoren als Ziele vorgestellt, was ist realisiert und was kann über die tatsächlichen Erfolge in den Schulen ausgesagt werden? Werden die Schulen und vor allem die Schülerinnen und Schüler auch „drin“ bleiben? Oder wird sich Schule wieder von dieser Technologie verabschieden müssen – zu komplex, zu teuer, zu umständlich, zu wenig pädagogisch?Es ist nicht ganz einfach, die Frage „und was passiert jetzt, da alle Schulen am Netz sind“ so zu stellen, ohne gleich eine Trendantwort zu provozieren.
Noch schwingen vielerlei Vorbehalte dem Thema Schulen ans Netz entgegen und allzu schnell wird versucht, einem vermuteten „technologischen Paradigma“ (Brezinka) in der Pädagogik Einhalt zu gebieten. Es scheint noch immer einfacher zu sein, Defizite zu benennen, als positive Beispiele hervor zu heben, aber das Thema Schulen ans Netz ist zu komplex für einfache Antworten geworden. Doch eines kann jetzt schon ungeachtet aller Wertungen festgestellt werden: Es wird kein Zurück in eine computerfreie Schule geben. Stand der Entwicklung Fakt ist, dass die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf das EU-Programm „eEurope 2005: Eine Informationsgesellschaft für alle“ Vollzug melden kann: Alle Schulen sind am Netz und können Internet nutzen. Mit einem beispiellosen Sponsoring hat die Deutsche Telekom AG, wohl auch im Nachhall zur gesamtgesellschaftlichen Verantwortung einer Deutschen Bundespost, diesen Brennpunkt der Diskussion um Anschlüsse und Folgekosten ausgeräumt und damit einen großen Sprung in die sogenannte Wissensgesellschaft ermöglicht.
Ohne alltäglich mit Schulträgern oder Sponsoren feilschen zu müssen ist allen Schulen, auch jenen, die damit nicht so recht etwas anzufangen wissen, mit T-DSL quasi eine kostenfreie Standleitung als Grundversorgung zugesichert worden. Die Frage „und jetzt?“ wäre zu kurz gegriffen, wenn sie sich allein auf das Vorhan-densein eines Netzanschlusses beziehen würde. Vielmehr umschreibt Schulen ans Netz eine komplexe IT-Struktur, die im Schulwesen Einzug gehalten hat und als vernetzte Lern- und Arbeitsumgebung Schülern und Lehrern zur Verfügung steht ...(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02, S. 90-96)
Beitrag aus Heft »2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz«
Autor: Rudi Peschke
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medienreport
Markus Achatz: Glamour und Qualität auf der Berlinale 2003
Auffällig viele Beiträge der Internationalen Filmfestspiele Berlin 2003 beschäftigten sich mit den tragischen und komplizierten Momenten des alltäglichen Zusammenle-bens der Menschen. Studien der Zerrissenheit von Beziehungen und der Suche nach Glück – insbesondere unter den Bedingungen von Ein-Eltern-Familien – waren in den unterschiedlichsten Sparten zu finden. Viele der filmischen Erzählungen sind im Alltag angekommen und stellen sich stärker denn je realistischen Problemen und deren Lösungsversuchen. Jeweils zwei Filme beeindruckten in den ambitionierten Programmbereichen Panorama und Kinderfilmfest ganz besonders. Gebrochene Flügel und kalte HerzenDer israelische Film „Knafayim Shvurot“ („Broken Wings“) aus dem Panorama ge-wann nicht nur zahlreiche Wettbewerbe im eigenen Land und den Grand Prix des International Film Festivals Tokio, sondern auch drei Preise auf der Berlinale. Neben dem begehrten Panorama-Publikumspreis erhielt das Portrait einer israelischen Mittelschichtsfamilie noch den Preis des Internationalen Verbandes der Filmkunsttheater (C.I.C.A.E.) sowie den Preis der Kirchen der ökumenischen Jury. Dafna Ulmann lebt mit ihren vier Kindern in der israelischen Hafenstadt Haifa.
Vor kurzem ist ihr Mann gestorben und die Familie steht noch unter dem Einfluss des Schocks und der ökonomischen Nöte, die der Tod des Vaters mit sich brachte. Die 17-jährige Maya ist die Älteste und muss zur Entlastung der Mutter die Verantwor-tung für ihre drei Geschwister mit übernehmen. Auf ihren Bruder Yair, der nur wenig jünger ist, kann sie sich derzeit überhaupt nicht verlassen. Er hat die Schule hinge-schmissen und jobbt als Verteiler von Werbeprospekten. In der Anfangssequenz ist Maya im Bühnen-Outfit für den langerwarteten Auftritt mit ihrer Rockband gekleidet. Auf ihrem Rücken sind Engelsflügel befestigt. Den Song, den sie mit ihren Freunden auf einem Festival vortragen soll, hat sie selbst geschrieben. Doch ein Anruf der Mut-ter zwingt sie, noch vor dem Auftritt nach Hause zu fahren. Sie muss auf die 5-jährige Schwester Bar und den 10-jährigen Bruder Ido aufpassen. Maya wird zur Hauptpro-tagonistin der Geschichte und der Familie. Sie hasst die Mutter für die Notanrufe, obwohl sie weiß, dass sie ihr in der Überforderung beistehen muss. Yair scheint aus-schließlich mit sich selbst beschäftigt zu sein, die kleine Bar fürchtet sich vor der Schule und Ido denkt sich ständig neue Mutproben aus. Wie weit die Familie vom normalen Alltag entfernt ist, wird deutlich, als Ido sich in einen leeren Swimmingpool stürzt. Anhand der zunächst episodischen Inszenierung entwickelt Regisseur Nir Bergman ein realistisches und bewegendes Drama einer plötzlich entwurzelten Fami-lie. Die Schilderung des traumatisierten Alltags der einzelnen Familienmitglieder er-gibt ein in sich stimmiges und eindringliches Gesamtwerk.
Bergman bringt uns die wachsende Isolierung der einzelnen Familienmitglieder nahe und verdeutlicht damit umso mehr das Bedürfnis und die Notwendigkeit familiärer Geborgenheit. Noch rigoroser als in „Broken Wings“ wird im kanadischen Film „Flower & Garnet“ die ältere Tochter in eine Mutterrolle gedrängt. Flower ist 16, ihr Bruder Garnet ist 8 Jah-re alt. Bei Garnets Geburt ist die Mutter gestorben und Vater Ed hat ihren Tod nie verkraftet. Die Beziehung zu seinen Kindern ist von diesem Drama geprägt und Ed ist kaum in der Lage sich auch emotional um die Kinder zu kümmern. Flower hat zu-nehmend das Gefühl, in ihrer Rolle als Garnets Ersatzmutter vom Vater ausgenützt zu werden. Als sie von ihrem ersten Freund schwanger wird, verlässt sie nach einem heftigen Streit das Haus. Eds gestörte Beziehung zu Garnet vermag er einzig da-durch zu verbessern, dass er dem 8-Jährigen ein Luftgewehr schenkt. Der Junge lernt schnell mit der Waffe zu treffen und bekommt dadurch die ungewohnte Aner-kennung seines Vaters. Als Garnet eines Tages mit Eds Pistole verschwunden ist, scheint sich eine Tragödie anzubahnen. Der 39-jährige Regisseur Keith Behrman schafft in seinem Spielfilmdebüt eine be-klemmende Atmosphäre. Der Vater tritt seinen Kindern gegenüber autoritär, aber nicht tyrannisch auf. Vielmehr ist er verbittert und mürrisch, Garnet gegenüber nahe-zu ignorant. Alles was an emotionaler Fürsorge im familiären Haushalt stattfindet, läuft über Flower. Mehr und mehr merkt die 16-Jährige aber, dass sie sich auch um ihre eigenen Bedürfnisse und Interessen kümmern muss, womit Garnet nicht ohne weiteres zurecht kommt. Er fühlt sich für den Tod der Mutter während seiner Geburt verantwortlich und wird nun auch von Flower verlassen, die ein Kind erwartet.
Für Garnet ist sein Leben wie ein aussichtsloser Kampf gegen eine kalte Welt. Der Schauplatz des öden, wolkenverhangenen kanadischen Hinterlands unterstützt diese Perspektive und ermöglicht dem Film die Gratwanderung zwischen bedrohlichen und zarten Stimmungen. Vom Irrsinn des Krieges am Rande des Krieges Zwei Filme an der Grenze der Zuordenbarkeit zum Bereich „Kinderfilm“, die aber dennoch die Themen des diesjährigen Kinderfilmfests widerspiegeln, sind „Carols Reise“ und „Miss Entebbe“. Auch im Kinderfilm überwiegten dieses Jahr die ernste-ren Stoffe. Thomas Hailer, der neue Leiter des Kinderfilmfests, betont, „dass Filme rund um den Globus verstärkt den realen Alltag der Kinder als Thema aufgreifen Der Trend zu phantastischen Stoffen bleibt ungebrochen, sie stehen aber immer mehr in realen Bezügen“. Die Bedrohungen und Schwierigkeiten, die Heranwachsende im Alltag zu meistern haben, sind zwar keine speziellen Phänomene unserer Zeit, aber in der Form ihrer Inszenierung brisant und erschütternd aktuell. Das thematische Gewicht liegt deutlich auf Filmen, die Kinder in Situationen des „Auf-sich-selbst-gestellt-seins“ zeigen oder sie mit der Abwesenheit der Eltern und Verlassensängs-ten konfrontieren. „Carols Reise“ spielt Ende der 30er Jahre am Rande des spanischen Bürgerkriegs und schildert in drastischen Momenten das Hineinreichen politischer Konflikte und Krisen in Familienstrukturen. Die 12-jährige Carol reist zum ersten Mal in ihrem Le-ben mit ihrer Mutter in deren spanischen Geburtsort. Die Familie hat in New York gelebt und Carols amerikanischer Vater kämpft als Pilot bei den internationalen Bri-gaden. Das Mädchen steckt voller Energie und lässt sich auch von den frechen Dorf-jungen nicht unterkriegen. Im Gegenteil: mit ihrem starken Willen und ihrer cleveren Art verschafft sich Carol deren Bewunderung. Zum gleichaltrigen Tomiche entwickelt sich eine zarte und tiefe Freundschaft. Als Carols Mutter an den Folgen einer lange verborgenen Krankheit stirbt, überredet das Mädchen ihren Großvater, den Tod ge-genüber dem Vater zu verschweigen, um diesem nicht die Kraft für den Krieg zu rau-ben. Auf dem Land ist Carol zwar vor dem Krieg sicher, nicht jedoch vor den damit verbundenen Kontroversen. Zunehmend fanatisch steht die gutbürgerliche Familie auf Seiten Francos – mit Ausnahme des Großvaters, der deshalb zahlreichen Be-schimpfungen ausgesetzt ist. In einer anrührenden Szene überfliegt der Vater unter Lebensgefahr das Dorf mit seiner Militärmaschine und wirft zu Carols Geburtstag ein Geschenkpaket ab.
Als die Republikaner den Krieg verlieren, ist Carols Vater auf der Flucht und findet Unterschlupf im Dorf. Beim Versuch den Vater zu retten, wird irrtümlich Tomiche von einer Verfolgerkugel getroffen und stirbt. Für Carol ist die Reise damit noch nicht zu Ende. „El Viaje de Carol“ ist ein Beispiel für Filme, die sich nicht vor der radikalen Darstellung von Tragödien scheuen. Trotzdem findet das Publikum immer wieder zu hoffnungsvollen Augenblicken zurück und nährt sich an der behutsam optimistischen Energie der Hauptfigur. Die spanisch-portugiesische Koproduktion erinnert in der verhalten lebensbejahenden Botschaft ein wenig an Roberto Benignis „Das Leben ist schön“. Möglicherweise spielt es auch eine Rolle, dass Regisseur Imanol Uribe aus El Salvador stammt und dadurch zum einen die besondere Sensibilität in der Inszenierung der Reise Carols nach Spanien aufbringt, zum anderen auch die individuellen Schicksale eines (Bürger-)Kriegs darzustellen vermag. Etwas zeitnäher, jedoch ebenso voller Tragik und Authentizität, begegnet uns „Miss Entebbe“, der erste abendfüllende Spielfilm des israelischen Regisseurs Omri Levy. Levy war Studienkollege von Nir Bergman an der Sam Spiegel Film and Television School in Jerusalem. Wie Imanol Uribe (den spanischen Bürgerkrieg) nutzt auch der israelische Regisseur bei „Miss Entebbe“ ein historisches Ereignis als Exposition sei-ner Geschichte. 1976 wird ein Passagierflugzeug von Palästinensern nach Enteb-be/Uganda entführt. An Bord befindet sich auch die Mutter eines Jungen aus der Nachbarschaft. Das Teenagermädchen Noa und ihre Freunde Yoav und Dany fühlen sich aufgerufen, selbst aktiv zu werden. Mit einer Maschinenpistole, die Yoav seinem Vater entwendet, entführen die drei einen palästinensischen Nachbarjungen. Sie machen Erpresserfotos von dem geknebelten Kind und übermitteln diese an die Presse.
Während das Ultimatum der Flugzeugentführer näher rückt und nichts über das Verschwinden des Jungen in den Nachrichten kommt, stellt Noa allmählich fest, dass sie diesen eigentlich sehr nett findet. In einer Schlüsselszene stürzt Noa mit ihrer Geisel in ein Kellerloch. Die beiden müssen sich nun gegenseitig helfen. Der arabische Junge reicht seiner Entführerin die Hand, um sie heraus zu ziehen. In die-ser Geste konzentriert der Filmemacher den Wahnsinn alltäglicher Gewalt und zeigt, wie stark diese mit dem täglichen Leben in Israel verknüpft ist. Alle diese Filme zeigen auf unterschiedliche Weise eine radikale und schonungslose Welt, in der sich die Heranwachsenden zurecht finden müssen. Die kindlichen und jugendlichen Protagonisten werden dabei jedoch nicht zu passiven Opfern degra-diert, sondern kommen durch das Festhalten an eigenen Werten in die Lage sich selbst, aber auch anderen weiter zu helfen. Filme sollen und dürfen das Publikum unterhalten. Filme, die aber zusätzlich etwas zu sagen haben, die Plädoyers sind für Freundschaft und Zusammenhalt, die starke Mädchenfiguren zeigen – wie Maya, Flower, Carol oder Noa – sind leider selten. Auf sie kann man nie genug aufmerksam machen. (den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02, S. 99-105)
Beitrag aus Heft »2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz«
Autor: Markus Achatz
Beitrag als PDFEinzelansichtHümpel-Lutz/Schrader: Körper-sinnliche Differenzerfahrungen von Medien-„Wirklichkeiten"
Digitale Medientechnologie, globale Vernetzung und virtuelle Realitäten sind in den letzten Jahren immer mehr zu einem fast selbstverständlichen Bestandteil unseres Lebensalltags geworden. Doch dabei ist zu beachten, dass die Ent-wicklung von Technologien, und damit auch der Medien, durch gesellschaftlich dominierende Werte, Normen, Denkschemata und Interessen geprägt ist, die in den jeweiligen Produkten sozusagen materialisiert bzw. in der Software imma-terialisiert sind. Sie sind also als gesellschaftliche Artefakte anzusehen. Als Nutzer der Technologien sind wir nicht direkt mit der Ebene der mathemati-schen formalen Logik konfrontiert, sondern mit einer gestalteten Benutzerober-fläche.
Mit dieser Mensch-Maschine-Schnittstelle wird sozusagen eine Kompa-tibilität von Repräsentations- und Kommunikationskonventionen aus analogen Traditionen und den digitalen Verarbeitungsprogrammen hergestellt. Es handelt sich um einen Komplex aus Transformationen von Zeichen, dessen Entwick-lung und Gestaltung durch gesellschaftliche Konventionen und Bedingungen geprägt ist, wodurch auch die Inhalte der Botschaften beeinflusst werden. Wenn wir z.B. eine Email schreiben und senden, ist diese Mitteilungsform nicht nur schneller als das Schreiben und Verschicken eines herkömmlichen Briefes. Es werden in beiden Fällen unterschiedliche Medien verwendet, die jeweils die Kommunikationsstruktur und die Inhalte prägen.
In der Rezeption einer Botschaft werden oft nur die Inhalte wahrgenommen. Das Medium selber, wie z.B. die Schrift oder die Fotografie, verschwindet gera-dezu hinter der Botschaft. Sybille Krämer vergleicht die Wirkung der Medien mit der von Fensterscheiben. „Medien ... werden ihrer Aufgabe um so besser ge-recht, je durchsichtiger sie bleiben, je unauffälliger sie unterhalb der Schwelle unserer Aufmerksamkeit verharren.“ Die mediale Prägung der Inhalte einer Bot-schaft bezeichnet sie als die Spur des Mediums: „Das Medium ist nicht einfach die Botschaft; vielmehr bewahrt sich an der Botschaft die Spur des Mediums“ (S. Krämer, 1998) ...(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02, S. 107-112)
Beitrag aus Heft »2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz«
Autor: Christine Hümpel-Lutz
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kolumne
Jeanne Rubner: Warum Bildung und Online-Anschlüsse nicht viel miteinander zu tun haben
Arme kleine Niedersachsen. Ihnen droht, so haben Forscher der Hochschule Vechta herausgefunden, die digitale Spaltung. 14 Prozent der Dritt- und Viertklässler arbeiten nie mit dem PC in der Schule, ebenso unglückliche 15 Prozent besitzen zu Hause noch nicht einmal einen Computer. Was soll aus diesen Kindern werden?
Was hatten Netzprotagonisten nicht an Bildungsrevolutionen versprochen! Vor den Bildschirmen würden Menschen entstehen, die anders dächten, weil sie in ihren Hirnwindungen schon das Bildhafte, das Assoziative des Netzes gespeichert hätten. Die Welt unter ihren Fingerspitzen würden sie mühelos über den Ozean des Wissens surfen, hier Fremdsprachen, dort Formeln aufsaugen. Besser noch: Via Email-Austausch mit kleinen Afrikanern und Chinesen werde die Völkerverständigung gefestigt. Die Schulen würden sich in blühende Lernlandschaften verwandeln, in denen friedliche Kinder vor flachen Schirmen sitzen und statt harscher Worte freundliche Botschaften ihrer Lehrer empfangen.Nicht Bücher, sondern Laptops würden in den Ranzen stecken. Die Pädagogen selbst könnten den Frontalunterricht aus dem 19. Jahrhundert aufgeben und nur noch als Wissens- und Medienkompetenzvermittler arbeiten. Wer hatte das Diktum „Ich bin online, also lerne ich“ je in Frage gestellt?„Schulen ans Netz“ hieß das Motto der sozialdemokratischen Bildungsministerin Edelgard Bulmahn und des flugs zum Internet-Kanzler gekürten Gerhard Schröder
Andere verwiesen gerne auf die USA, wo bereits vor ein paar Jahren 85 Prozent der Schulen einen Internet-Anschluss bekamen, während es hierzulande nur ein Drittel war. Was im gelobten Land des Internet geschah, musste wegweisend für die Bildung sein.Dummerweise hatten die Apologeten des Netzes ein paar Fallstricke der Verkabelung übersehen. Etwa das Geld: Mindestens 40 Milliarden Euro, so eine Schätzung der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 1998, würde es kosten, für jeden Schüler einen Computer bereitzustellen. Hinzu kämen noch einmal zwölf Milliarden Euro jährlich für dieWartung.Auch über die Datenflut im World Wide Web wurde wenig geredet. Wer eine Information sucht, muss sich durch mehrere Milliarden oft schlecht sortierter Seiten wühlen. Im dezentralen Netz ist mehr Text gespeichert als in der Library of Congress in Washington D.C.. Doch welcher Lehrer würde seine Schüler ohne Vorwissen zum Kapitol schicken? Beim Netz dagegen hegen viele die absurde Vorstellung, der Mausklick könnte Wissen ersetzen - als ob der Griff zur Enzyklopädie schon gebildet macht.Zwei Ereignisse beendeten die Träume der Netzeuphoriker.
Mit den zerplatzenden Hoffnungen der New Economy erhielt auch die „Schulen ans Netz“-Bewegung einen Dämpfer. Schließlich fehlten plötzlich eben jene Unternehmen, die die schöne neue Lernwelt propagiert hatten. Doch auch Pisa offenbarte, dass die deutschen Schulen andere Sorgen plagen als nur die Verkabelung der Klassenräume. Plötzlich wurde allen bewusst, dass der Bildungsgraben in Deutschland nicht zwischen Schulen mit und ohne Online-Zugang verläuft, sondern zwischen guten und schlechten.Überrascht waren die schlauen niedersächsischen Forscher übrigens von der Tatsache, dass ein Viertel der Grundschüler den PC im Klassenzimmer für Spiele nutzt. Sollte Lernen doch ein wenig mehr sein als Klicken?Der Beitrag ist die gekürzte Version eines Textes, der am 10.1.2003 in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist.
Beitrag aus Heft »2003/02: On/Off - Raus aus dem Netz«
Autor: Jeanne Rubner
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