Dr. Niels Brüggen
Zur Person
(Jahrgang 1976) Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaften, Informatik und Erziehungswissenschaft an der Universität Leipzig und der Dublin City University. Seit Januar 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter am JFF.Schwerpunkte: Medienpädagogische Evaluationsforschung, Medienaneignungsforschung (insbesondere mit Jugendlichen in Bezug auf digitalen Medien), Lernen mit digitalen MedienAuswahl an Veröffentlichung: - Brüggen, Niels (2008): Ergebnisbericht der wissenschaftlichen Begleitung/ Evaluation des Jugendinformationsportals netzcheckers.de. München: JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.- Theunert, Helga; Gebel; Christa unter Mitarbeit von Niels Brüggen und Achim Lauber (2007): Untersuchung der Akzeptanz des Jugendmedienschutzes aus der Perspektive von Eltern, Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften. Eigenständige Teilstudie des JFF zur Analyse des Jugendmedienschutzsystems. Endbericht. München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.- Schorb, Bernd; Brüggen, Niels; Dommaschk, Anke (Hg.) (2007): Mit eLearning zu Medienkompetenz. Modelle für Curriculumgestaltung, Didaktik und Kooperation. München: kopaed.- Brüggen, Niels; Hartung, Anja (2007): Selbstinszenierung Jugendlicher in (virtuellen) Kontaktforen. In: GMK (Hrsg.): Körper, Kult und Medien. Publikation zum GMK-Forum 2006. S. 143 - 152- Brüggen, Niels; Hartung, Anja (2007): `Kontextuelles Verstehen der Medienaneignung´ als Methodenansatz. Selbstvergewisserung und Selbstinszenierung als ästhetische Praxis. In: Peez, Georg (Hrsg.): Handbuch Fallforschung in der Ästhetischen Bildung/ Kunstpädagogik. Qualitative Empirie für Studium, Praktikum, Referendariat und Unterricht. Baltmannsweiler. S. 79 – 89.- Brüggen, Niels & Hartung, Anja (2006): Medien und Geschlecht in der Wahrnehmung. Ein Blick auf ästhetische Bildung mit digitalen Medien. In: Treibel, Annette; Maier, Maja S.; Kommer, Sven; Welzel, Manuela (Hg.): Gender medienkompetent. Medienbildung in einer heterogenen Gesellschaft. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. S. 313-326.- Brüggen, Niels & Dommaschk, Anke (2006): SOMEK - Das Sächsische Online-Bildungsangebot Medienkompetenz. Inhaltliche Zusammenarbeit von Hochschulen als zukunftsträchtiger Weg in der online-vermittelten wissenschaftlichen Weiterbildung. In: Dötsch, Volker (Hg.): e-Learning: Weg von der lokalen Insel zur globalen Community. Proceedings of the Workshop on e-Learning 2006. HTWK Leipzig. 10.-11. Juli 2006. S. 9-22. - Brüggen, Niels (2005): The use of ILIAS in student projects to foster self-regulated learning. In: Roberto Carneiro, Karl Steffens, Jean Underwood (Editors): Self-regulated Learning in Technology Enhanced Learning Environments. Proceedings of the TACONET Conference. Lisbon, Sept.23, 2005. p. 119-125 - Hartung, Anja; Brüggen, Niels (2005): Das Selbst im multimedialen Spiegel. Motive der Selbstpräsentation Jugendlicher in der kulturellen Jugendarbeit. In: AGJF Sachsen e.V. (Hg.): Ansätze, Methoden und Reflexionen ästhetischer Bildung mit neuen Medien. Chemnitz. S. 128-141- Schorb, Bernd; Both, Jana; Brüggen, Niels; Flau, Gritta (2005): Ergebnisbericht der Evaluation der Lehr- und Lernplattform "Lingoland". Universität Leipzig. Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung.
Beiträge in merz
Mareike Schemmerling, Peter Gerlicher, Niels Brüggen: „Ein Like geht immer …“
Medien und ihre Inhalte übernehmen in der Identitätsarbeit von Kindern und Jugendlichen wichtige Funktionen. Mit Blick auf die Rahmenbedingungen des Medienhandelns in Sozialen Netzwerkdiensten gilt es deswegen zu hinterfragen, wie Jugendliche sich diese neuen Medienwelten aneignen und inwiefern sich in der Folge auch die Bedeutung medialer Angebotsstrukturen und der darin verhandelten Inhalte für die Identitätsarbeit verändert.
Literatur:
Brüggen, Niels/Schemmerling, Mareike (2013). Identitätsarbeit und sozialraumbezogenes Medienhandeln im Sozialen Netzwerkdienst facebook. In: Wagner, Ulrike/ Brüggen, Niels (Hrsg.), Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web. Baden-Baden: Nomos (BLM-Schriftenreihe Band 101), S. 141-210.
Livingstone, Sonia/Haddon, Leslie/Görzig, Anke/Olafsson, Kjartan (2010). Risks and safety on the Internet. The perspective of European children. Initial findings from the EU Kids Online survey of 9-16 year olds and their parents. LSE. Online verfügbar unter www2.lse.ac.uk/media@lse/research/EUKidsOnline/Initial_findings_report.pdf [Zugriff:23.01.2013].
Schemmerling, Mareike/Gerlicher, Peter (2013). Veränderte Rahmenbedingungen für das Online-Medienhandeln Jugendlicher. In: Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.), Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web. Baden-Baden: Nomos, S. 103-140.
Spatschek, Christian (2012). Hat der Sozialraum ein Geschlecht? Über die Genderdimensionen des sozialräumlichen Denkens und Handelns. In: sozialraum.de, H. 1. Online verfügbar unter www.sozialraum.de/hat-dersozialraum-ein-geschlecht.php [Zugriff: 23.01.2013]Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.) (2013). Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web. Baden-Baden: Nomos.
Wegener, Claudia (2008). Medien, Aneignung und Identität. „Stars“ im Alltag jugendlicher Fans. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV).
Würfel, Maren/Keilhauer, Jan (2009). Die konvergente Medienwelt. Materiallieferant und sozialer Raum für die Identitätsarbeit Jugendlicher. In: Theunert, Helga (Hrsg.), Jugend – Medien – Identität. Identitätsarbeit Jugendlicher mit und in Medien. Beiträge aus Medienpädagogik, Jugendsoziologie, Medienwissenschaft und Psychologie. München: kopaed, S. 95-114.Y
outh Protection Roundtable (YPRT) (2009). YPRT Toolkit. Stiftung Digitale Chancen. Online verfügbar unter www.yprt.eu/transfer/assets/final_YPRT_Toolkit.pdf [Zugriff: 23.01.2013]
Achim Lauber/Laura Cousseran/Simon Herrmann/Niels Brüggen: Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2022. Wissen, Kompetenz und Umgang mit künstlicher Intelligenz
Menschen schätzen ihre Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Systemen sehr unterschiedlich ein. Noch größerer Unterschiede ergeben sich, wenn die Befragten ihr Wissen über Künstliche Intelligenz (KI) einschätzen sollen. Ergebnisse der Studie Kompass Künstliche Intelligenz stellen die Unterschiede in der Bevölkerung entlang von drei Typen dar: Die Beschreibung der Verhaltenen, der Moderaten und der Selbstsicheren sollen Ansatzpunkte zur Förderung von Medien- und Digitalkompetenzen zeigen.
Literatur
Hartung-Griemberg, A., Rau, S. & Derichs, S. (2021). Digitale Medien im höheren Lebensalter. In kompetent. Wissen, Fühlen, Handeln im digitalen Wandel. https://digid.jff.de/ magazin/ kuenstliche-intelligenz/ ki-kompetenzen/#hoeheres-lebensalter [Zugriff: 02.12.2021].
Initiative D21 e.V. (2023). D21-Digital-Index 2022/23. Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. https:// initiatived21.de/d21index22-23 [Zugriff: 01.07.2023].
Pfaff-Rüdiger, S., Herrmann, S., Cousseran, L. & Brüggen, N. (2022). Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2022. Wissen und Handeln im Kontext von KI. https://zenodo.org/ record/6668913#.Y01Xe0zP2Ul [Zugriff: 17.10.2022].
Niels Brüggen/Achim Lauber/Maximilian Schober: Das Verhältnis von Subjekt und Medien angesichts algorithmischer Empfehlungssysteme. Überlegungen aus tätigkeitstheoretischer Perspektive
Wie kann das Verhältnis von Nutzer*innen und algorithmischen Empfehlungssystemen zueinander konzeptionell gefasst werden? Denn beide Seiten nehmen Einfluss auf das Medienhandeln. Aus tätigkeitstheoretischer Perspektive betrachtet der Beitrag, wie Subjekt und Medien konzeptionell gefasst werden können und konkretisiert dies mit ausgewählten Ergebnissen einer qualitativen Studie zum Umgang von Jugendlichen mit algorithmischen Empfehlungssystemen.
How can the relationship between users and algorithmic recommendation systems be conceptualised? After all, both sides have an influence on media action. From an activity-theoretical perspective, the article looks at how the subject and media can be conceptualised and concretises this with selected results of a qualitative study on young people’s interaction with algorithmic recommendation systems.
Literatur
Brüggen, Niels (2018). Medienaneignung und ästhetische Werturteile. Zur Bedeutung des Urteils ‚Gefällt mir!‘ in Theorie, Forschung und Praxis der Medienpädagogik. München: kopaed.Digitales Deutschland (2021). Rahmenkonzept. https://digid.jff.de/rahmenkonzept.
Engeström, Yrjö (2001). Expansive Learning at Work: Toward an activity theoretical reconceptualization. In: Journal of Education and Work, 14 (1), S. 133–156. DOI: 10.1080/13639080020028747.
Engeström, Yrjö (2008). Entwickelnde Arbeitsforschung. Die Tätigkeitstheorie in der Praxis. Berlin: Lehmanns Media.
Geulen, Dieter/Hurrelmann, Klaus (1980). Zur Programmatik einer umfassenden Sozialisationstheorie. In: Hurrelmann, Klaus/Ulrich, Dieter (Hrsg.), Handbuch der Sozialisationsforschung. Weinheim: Beltz, S. 51–67.
Hagendorff, Thilo (2019). Rassistische Maschinen? In: Rath, Matthias/Krotz, Friedrich/Karmasin, Matthias (Hrsg.). Maschinenethik: Normative Grenzen autonomer Systeme. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 121–134.
Kolleck, Alma/Orwat, Carsten (2020). Mögliche Diskriminierung durch algorithmische Entscheidungssysteme und maschinelles Lernen – ein Überblick. Berlin. www.tab-beim-bundestag.de/projekte_diskriminierung-durch-algorithmische-entscheidungssysteme-und-maschinelles-lernen.php [Zugriff: 01.06.2020].
Kuckhermann, Ralf (2018). Aneignung – Lernen – Bildung. Überlegungen zum Beitrag des Aneignungskonzepts für das Verständnis von Lern- und Bildungsprozessen. In: Deinet, Ulrich/Reis, Claus/Reutlinger, Christian/ Winkler, Michael (Hrsg.), Potentiale des Aneignungskonzepts. Weinheim, Basel: Beltz Juventa, S. 82–99.
Leontjew, Alexei (1982). Tätigkeit, Bewußtsein, Persönlichkeit. Berlin: Volk und Wissen Volkseigener Verlag.
Petersen, Niklas (2017). Paradoxien der Selbstbestimmung. Überlegungen zur Analyse zeitgenössischer Subjektivität. In: Börner, Stefanie/Lindner, Diana/Oberthür, Jörg/Bohmann, Ulf/Stiegler, André (Hrsg.), Praktiken der Selbstbestimmung. Zwischen subjektivem Anspruch und institutionellem Funktionserfordernis. Wiesbaden: Springer VS, S. 25–56.
Schorb, Bernd (1995). Medienalltag und Handeln. Medienpädagogik im Spiegel von Geschichte, Forschung und Praxis. Opladen: Leske + Budrich.
Schorb, Bernd (2011). Zur Theorie der Medienpädagogik. In: MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, (20), S. 81–94.
Schorb, Bernd (2017). Medienaneignung. In: Schorb, Bernd/Hartung-Griemberg, Anja/Dallmann, Christine (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. München: kopaed, S. 215–221.
Schorb, Bernd/Theunert, Helga (2000). Kontextuelles Verstehen der Medienaneignung. In: Paus-Hasebrink, Ingrid/Schorb, Bernd (Hrsg.). Qualitative Kinder- und Jugendmedienforschung. Theorie und Methoden: ein Arbeitsbuch. München: kopaed, S. 33–57.
Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz – Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme. Berlin, S. 18–23.
Theunert, Helga (2013). Zugänge zum Subjekt. Sinnverstehen durch Kontextualisierung. In: Hartung, Anja/Lauber, Achim/Reißmann, Wolfgang (Hrsg.), Das handelnde Subjekt und die Medienpädagogik. Festschrift für Bernd Schorb. München: kopaed, S. 129–148.
Vygotskij, Lev Semenovič/Métraux, Alexandre/Kämper, Regine (Hrsg.) (1992). Geschichte der höheren psychischen Funktionen. Münster: LIT.
Niels Brüggen/Eike Rösch: ((Post-)digitale) Jugendarbeit ermöglichen. Aktuelle und zukünftige Perspektiven der ‚digitalen‘ Jugendarbeit
In diesem Beitrag werden der Begriff und die Praxis ‚digitaler Jugendarbeit‘ aus verschiedenen Perspektiven in den Blick genommen. So werden konzeptionelle Überlegungen und Entwicklungen mit verschiedenen Ausprägungen aufgezeigt und gebündelt. Gleichzeitig werden sich verstetigende Aspekte der Praxis digitaler Jugendarbeit herausgearbeitet. Das Bild einer ‚digitalen‘ Kinder- und Jugendarbeit, das noch nicht gänzlich klar ist, sich aber immer deutlicher abzeichnet, wird umrissen. Dabei wird auch thematisiert, wo Lücken, Entwicklungslinien, Probleme und Bedarfe liegen.
Literatur
Anfang, Günther/Demmler, Kathrin/Ertelt, Jürgen/Schmidt, Ulrike (Hrsg.) (2006). Handy. Eine Herausforderung für die Pädagogik. München: kopaed.
Baacke, Dieter (1998). Zum Konzept und zur Operationalisierung von Medienkompetenz. www.produktive-medienarbeit.de/ressourcen/bibliothek/fachartikel/baacke_operationalisierung.shtml [Zugriff: 10.05.2022]
Bollig, Christiane/Keppeler, Siegfried (2015). Virtuell-aufsuchende Arbeit in der Jugendsozialarbeit. In: Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo (Hrsg.): Mediatisierung (in) der Sozialen Arbeit. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, S. 94–114.
Bollig, Christiane/Glück, Michael/Küchler, Tom/Reuting, Matthias/Steuer, Dirk (2010). Mobile Jugendarbeit 2.0. Herausforderungen und Möglichkeiten Mobiler Jugendarbeit im virtuellen Raum des Internet. Gelnhausen, Stuttgart, Chemnitz. www.agjb.de/wp-content/uploads/2019/09/mja_2.0_handlungsempfehlungen.pdf [Zugriff: 10.05.2022].
Brinda, Torsten/Brüggen, Niels/Diethelm, Ira/Knaus, Thomas/Kommer, Sven/Kopf, Christine/Missomelius, Petra/Leschke, Rainer/Tilemann, Friederike/Weich, Andreas (2019). Frankfurt Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt. Ein interdisziplinäres Modell. In: merz | medien + erziehung, 63 (4), S. 69–75.
Brüggen, Niels/Ertelt, Jürgen (2011). Jugendarbeit ohne social media? Zur Mediatisierung pädagogischer Arbeit. In: merz | medien + erziehung, 55 (3), S. 5–9.
Brüggen, Niels/Schemmerling, Mareike (2014). Das Social Web und die Aneignung von Sozialräumen. www.sozialraum.de/das-social-web-und-die-aneignung-von-sozialraeumen.php [Zugriff: 10.05.2022]
Bund der Deutschen Katholischen Jugend (Hrsg.) (2018). Teilhabe, Lebenswelt und Digitale Mündigkeit – unsere digitalpolitischen Grundhaltungen. Beschluss der BDKJ-Hauptversammlung 2018. www.bdkj.de/fileadmin/bdkj/bilder/HV/Hauptversammlung_2018/Beschluss_Digitale_Lebenswelten.pdf [Zugriff: 10.05.2022]
Digitales Deutschland (2021). Rahmenkonzept. https://digid.jff.de/wp-content/uploads/2021/06/Rahmenkonzept_DigitalesDeutschland_Vollversion.pdf [Zugriff: 20.04.2022]
Deinet, Ulrich/Sturzenhecker, Benedikt/von Schwanenflügel, Larissa/Schwerthelm, Moritz (Hrsg.) (2021). Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden: Springer VS.
Europäische Kommission (2018). Developing digital youth work. Policy recommendations, training needs and good practice examples for youth workers and decision-makers: expert group set up under the European Union Work Plan for Youth for 2016-2018. https://publications.europa.eu/s/fouj [Zugriff: 22.04.2022]
Iske, Stefan/Kutscher, Nadia (2020). Digitale Ungleichheiten im Kontext Sozialer Arbeit. In: Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo/Siller, Friederike/Tillmann, Angela/Zorn, Isabel (Hrsg.), Handbuch Soziale Arbeit und Digitalsierung. Weinheim, Basel: Beltz Juventa, S. 115–128.
JFF – Institut für Medienpädagogik in Theorie und Praxis (2021). Innobox: ein Werkzeug, um innovative Ansätze der digitalen Jugendarbeit zu entwickeln. www.jff.de/veroeffentlichungen/detail/innobox-ein-werkzeug-um-innovative-ansaetze-der-digitalen-jugendarbeit-zu-entwickeln/ [Zugriff: 10.05.2022]
Ketter, Verena (2014). Jugendarbeit im Kontext von Web 2.0 – eine medienpädagogische Praxisforschungsstudie. Dissertation. Pädagogische Hochschule Ludwigsburg.
Knaus, Thomas (2020). Von medialen und technischen Handlungspotentialen, Interfaces und anderen Schnittstellen - eine Lesson in Unlearning. In: Knaus, Thomas/Merz, Olga (Hrsg.), Schnittstellen und Interfaces. Digitaler Wandel in Bildungseinrichtungen. München: kopaed, S. 15–72.
Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo/Siller, Friederike/Tillmann, Angela/Zorn, Isabel (Hrsg.) (2020). Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim: Beltz Juventa.
Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg e. V. (2019). Digital.Total?! | Handreichung. Zum Umgang mit Social Media in der Mobilen Jugendarbeit. Stuttgart. www.lag-mobil.de/wp-content/uploads/2020/01/digital.total_handreichung_2019l_online.pdf [Zugriff: 20.04.2022]
Pawluczuk, Alicja/Smith, Colin/Webster, Gemma/Hall, Hazel (2018). Social impact evaluations of digital youth work: tensions between vision and reality. www.napier.ac.uk/~/media/worktribe/output-1037738/social-impact-evaluations-of-digital-youth-work.pdf [Zugriff: 10.05.2022]
Röll, Franz Joseph (2020). (Digitale) Medien in der Kinder- und Jugendarbeit. In: Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo/Siller, Friederike/Tillmann, Angela/Zorn, Isabel (Hrsg.), Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim: Beltz Juventa, S. 457–467.
Rösch, Eike (2019). Jugendarbeit in einem mediatisierten Umfeld. Impulse für ein theoretisches Konzept. Weinheim: Beltz Juventa.
Schell, Fred (1989). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis. Opladen: Leske + Budrich.
Schorb, Bernd (1991). Jugendverbände und neue Medien. In: Böhnisch, Lothar (Hrsg.), Handbuch Jugendverbände. Eine Ortsbestimmung der Jugendverbandsarbeit in Analysen und Selbstdarstellungen. Weinheim: Beltz Juventa, S. 331-335.
Schorb, Bernd (2005). Medienkompetenz. In: Hüther, Jürgen/Schorb, Bernd (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. München: kopaed, S. 257–262.
Siller, Friederike/Tillmann, Angela/Zorn, Isabel (2020). Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenz in der Sozialen Arbeit. In: Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo/Siller, Friederike/Tillmann, Angela/Zorn, Isabel (Hrsg.). Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim: Beltz Juventa, S. 315–332.
Stalder, Felix (2016). Kultur der Digitalität. Berlin: Suhrkamp.
Tillmann, Angela/Weßel, André (2021). Offene Kinder- und Jugendarbeit in mediatisierten Alltags- und Lebenswelten. In: Deinet, Ulrich/Sturzenhecker, Benedikt/von Schwanenflügel, Larissa/Schwerthelm, Moritz (Hrsg.), Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden: Springer VS, S. 841–854.
Wunder, Maik (Hrsg.) (2021). Digitalisierung und Soziale Arbeit. Transformationen und Herausforderungen: Julius Klinkhardt.
YouthLink Scotland/Camara Education Limited/Centre for Digital Youth Care/JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis/National Youth Council of Ireland/Verke – The National Digital Youth Work Centre/wienXtra MedienZentrum (2019). Europäische Leitlinien für digitale Jugendarbeit. www.jff.de/fileadmin/user_upload/jff/projekte/digitalisierung_jugendarbeit/DAYW_training_material/Europaeische_Leitlinien_fuer_digitale_Jugendarbeit.pdf [Zugriff: 02.05.2022]
Niels Brüggen/Eike Rösch: Editorial: Digitale Jugendarbeit. Perspektiven zur Professionalisierung
Sei es mit dem Schlagwort Digitalisierung, der Bezeichnung digitaler Wandel oder dem Terminus der Kultur der Digitalität – in der Kinder- und Jugendarbeit findet derzeit verstärkt eine Auseinandersetzung mit der Bedeutung und Rolle von digitalen Medien und Systemen für die pädagogische Arbeit statt. Diese Auseinandersetzung wurde verstärkt durch die Erfahrungen mit der Nutzung digitaler Medien während der Kontaktbeschränkungen und des Teil-Lockdowns für die Kinder- und Jugendarbeit aufgrund der Corona-Pandemie. Korrespondierend mit den schwammigen Begriffen der ‚digitalen Bildung‘ oder der ‚digitalen Gesellschaft‘ wird hierfür oft der Begriff der digitalen Jugendarbeit herangezogen.
Neben immer wieder neuen guten Beispielen, wie digitale Medien sinnvoll und zeitgemäß als Werkzeug, Aktivität oder Gegenstand in der Kinder- und Jugendarbeit aufgegriffen werden können, ist dabei auch eine Veränderung auf konzeptioneller Ebene zu beobachten, was genau unter dem Begriff digitaler Kinder- und Jugendarbeit als Aufgabenfeld und Schwerpunktsetzung zu verstehen ist. Zudem wird verstärkt diskutiert, welche Rahmenbedingungen digitale Kinder- und Jugendarbeit braucht, um gelingen zu können. Wir sehen darin eine zunehmende Professionalisierung und strukturelle Verankerung der digitalen Kinder- und Jugendarbeit. Diese steht entsprechend im Fokus dieser Ausgabe.
Wir versuchen im ersten Artikel einen Status Quo zu zeichnen, in dem wir in Theorie und Praxis zusammentragen, was hinsichtlich digitaler Jugendarbeit diskutiert und praktiziert wird. Wir stellen zudem Entwicklungselemente heraus, die auf konzeptioneller wie auch struktureller Ebene auf eine Verstetigung digitaler Kinder- und Jugendarbeit hinweisen.
Im Interview mit Dr. Viktoria Flasche geht es um die post-digitale Lebenswelt von Jugendlichen sowie darum, was die Post-Digitalität für die digitale Jugendarbeit bedeutet.
Anu Pöyskö stellt die Frage: Welchen Stellenwert hat ‚das Digitale‘ in den Praxiskonzepten der Jugendarbeit? Anders als ‚einfach‘ nur in allen Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit auch digitale Elemente zu verankern, stellt sie Erfolgskriterien vor, wie eine konzeptionelle Beschäftigung mit allen Akteur*innen der Kinder- und Jugendarbeit ausgestaltet werden kann. Fundiert sind diese Kriterien mit dem entsprechenden Entwicklungsprozess in der Wiener Jugendarbeit.
Linda Längsfeld beschreibt eine praxisnahe Perspektive auf Barrieren, aber auch Erfolgskriterien von medienpädagogischen Weiterbildungen. Die enthaltenen Einblicke und Tipps zur Entwicklung von Weiterbildungen zur digitalen Jugendarbeit sollen besonders auch den Anbieter*innen dabei helfen, die Hemmnisse auf Seiten der Jugendarbeiter*innen durch bedarfsgerechte Gestaltung der Weiterbildungen abzubauen. Die Erfahrungen zieht sie aus dem Projekt Conceptiopa.
Mareike Schemmerling und Nicole Rauch blicken auf strukturelle Rahmenbedingungen, die digitale Jugendarbeit in Bayern unterstützen und zur Weiterentwicklung beitragen. Sie stellen etablierte Strukturen wie das Netzwerk der Medienfachberatung ebenso wie neue Ansätze aus dem Modellvorhaben Digital Streetwork vor. Mit den Erfahrungen der Medien_Weiter_Bildung werden darüber hinaus weiterführende Erfahrungen im Bereich der Qualifizierung vorgestellt.
Franziska Koschei blickt auf ein weiteres Strukturelement digitaler Kinder- und Jugendarbeit, und zwar die Evaluation. Mit dem Ziel, einen besseren Einblick in die Praxis der digitalen Kinder- und Jugendarbeit zu erlangen, sollte Evaluation auch bei digitalen Formaten immer mitgedacht und integriert werden. Hierzu stellt sie Herausforderungen, aber auch konkrete Tools zur Umsetzung einer Evaluation vor.
Wir wünschen eine anregende Lektüre und hoffen, damit Impulse für die strukturelle Weiterentwicklung der ((post-)digitalen) Kinder- und Jugendarbeit geben zu können.
Dr. Niels Brüggen ist Leiter der Abteilung Forschung am JFF – Institut für Medienpädagogik. Seine Schwerpunkte sind Medienpädagogische Evaluationsforschung, Medienaneignungsforschung (insbesondere in Bezug auf digitale Medien), Mediatisierung von Jugendarbeit, Partizipation mit Medien, Ästhetik und medienpädagogische Ansätze.
Dr. Eike Rösch ist beim Verein Radarstation in Zürich tätig. Er begleitet und unterstützt dort Organisation und Fachpersonen bei der Verortung von Digitalität in der Soziokultur. Zudem erforscht er die sozialraumbezogene Entwicklung von Angeboten von Kinder- und Jugendarbeit unter den Bedingungen der Digitalität.
Niels Brüggen/Christa Gebel: Die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an der Gestaltung des KuJMS
Die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ist derzeit im Kinder- und Jugendmedienschutz (KuJMS) viel diskutiert. Dabei ist das Thema an sich nicht neu, jedoch kumulieren aktuell unterschiedliche Begründungslinien für diesen Anspruch an einen zeitgemäßen Umgang mit Risiken, die mit dem Medienhandeln von Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang stehen. Bevor ein Überblick gegeben wird, worauf sich die Forderung der Teilhabe sinnvollerweise beziehen kann und sie entsprechend ausgestaltet werden sollte, lohnt zunächst ein Blick auf diese unterschiedlichen Begründungslinien.
Literatur
Brüggen, Niels/Dreyer, Stephan/Drosselmeier, Marius/ Gebel, Christa/Hasebrink, Uwe/Rechlitz, Marcel (2017). Jugendmedienschutzindex: Der Umgang mit onlinebezogenen Risiken. Ergebnisse der Befragung von Heranwachsenden und Eltern. Berlin/Hamburg/München. www.fsm.de/sites/default/files/FSM_Jugendmedienschutzindex.pdf [Zugriff: 02.11.2021]
Cousseran, Laura/Gebel, Christa/Tauer, Johanna/Brüggen, Niels (2021). „Aber ich würde sagen, dass es sinnvoller ist, die Person einfach zu blockieren.“ Online-Interaktionsrisiken aus der Perspektive von Neun- bis Dreizehnjährigen. Eine Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerk e.V. [im Erscheinen]
Frense, Elena (2020). Partizipativer Jugendmedienschutz: Anforderungen an einen zeitgemäßen Jugendmedienschutz aus Perspektive von Kindern und Jugendlichen. Frankfurt: Debus Pädagogik.
Glaser, Stefan (2021). Praxisinfo. TikTok. Kinder und Jugendliche für Risiken sensibilisieren. Mainz. https://fis.jugendschutz.net/fileadmin/user_upload/Snippet_News_Dokumente/PraxisInfo_TikTok_2021.pdf [Zugriff: 02.11.2021]
Hasebrink, Uwe/Lampert, Claudia/ Thiel, Kira (2019). Online- Erfahrungen von 9- bis 17-Jährigen. Ergebnisse der EU Kids Online-Befragung in Deutschland 2019. (2. überarbeitete Auflage). Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut.
Siller, Friederike/Stapf, Ingrid (2018). Die Sicht der Kinder auf ihre Rechte in digitalen Medien. Befragung von Schülerinnen und Schülern im Auftrag des KiKA. Projektbericht.
Siller, Friederike/Schubert, Marina (2021). Kinder sprechen über Teilhabe im Internet – Eine explorative Untersuchung. https://dossier.kinderrechte.de/kinderperspektiven-auf-teilhabe [Zugriff: 02.11.2021]
Stecher, Sina/Bamberger, Anja/Gebel, Christa/Brüggen, Niels (2021). „Ältermachen ist immer die Faustregel.“ Online- Angebote, Datenauswertung und personalisierte Werbung aus Sicht von Jugendlichen. ACT ON! Short Report Nr. 8. Ausgewählte Ergebnisse der Monitoring-Studie. München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.
Kathrin Demmler/Niels Brüggen: Editorial: Kinder- und Jugendmedienschutz mitmachen
Schon länger wird im Kinder- und Jugendmedienschutz (KuJMS) auf Teilhabe gesetzt: Angefangen von der Beteiligung der Zivilgesellschaft in Gremien, über die Freiwilligen Selbstkontrollen bis hin zu Meldefunktionen für problematische Inhalte, bei denen eine aktive Mitwirkung der Nutzenden vorausgesetzt wird. Eltern und andere erwachsene Familienmitglieder, pädagogische Fachkräfte und Ehrenamtliche in der Jugendarbeit, Anbieter*innen und die Medienaufsicht sollen bzw. müssen mitmachen beim KuJMS. Aber wie steht es um die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen? Sollen diese nur mitmachen in dem Sinne, dass sie die Regelungen beachten? Oder kann das partizipativer gedacht werden? Wir denken ja, und freuen uns über neuere Entwicklungen, die Kinderrechte ins Zentrum eines zeitgemäßen KuJMS stellen und mit dem Dreiklang von Schutz, Befähigung und Teilhabe neue Impulse in die Diskussion gebracht haben. Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes steht die unbeschwerte Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an digitaler Interaktion als Ziel von Schutz und Befähigung im Fokus. Die kinderrechtliche Grundlegung des KuJMS impliziert aber auch die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an der Ausgestaltung von Maßnahmen des Schutzes wie auch der Befähigung. Wie aber soll das gehen?
Es gilt Teilhabeformen in den Medien selbst (Meldemöglichkeiten etc.) ebenso zu betrachten, wie im unmittelbaren Lebensumfeld mit den Eltern und Sorgeberechtigten, der Kita und der Schule, ggf. dem Hort sowie außerschulischen, non-formalen Bildungsorten. Über diese verschiedenen Umsetzungsbereiche hinaus gilt es auch Teilhabemöglichkeiten an der Weiterentwicklung des KuJMS und im Austausch zwischen den einschlägigen Akteur*innen zu betrachten. Jeweils ist zu reflektieren, wie Teilhabe bei der Ausgestaltung, Umsetzung und Weiterentwicklung von Maßnahmen des KuJMS realisiert werden kann. Herausfordernd ist, dass es um Phänomene geht, bei denen eine Beeinträchtigung der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen angenommen werden muss. Damit sind jeweils entwicklungs- und altersspezifische wie auch soziale Voraussetzungen zu berücksichtigen. Gerade der KuJMS muss immer diejenigen im Blick haben, die die schlechtesten Voraussetzungen mitbringen. Neben der generellen Berücksichtigung der Bedingungen von sogenannten ‚gefährdungsgeneigten‘ Kindern und Jugendlichen müssen diese auch im Hinblick auf Beteiligung eine besondere Beachtung erfahren. Mit dieser letzten Ausgabe der merz | medien+erziehung im Jahr 2021 möchten wir uns der Herausforderung widmen, Teilhabe im Kontext des KuJMS zu fördern, und diesbezüglich Chancen und Potenziale sichtbar machen sowie Herausforderungen diskutieren.
Die ‚evolving capacities‘ von Kindern und Jugendlichen sind ein wesentlicher Bezugspunkt für Teilhabe, Schutz und Befähigung und stehen im Beitrag von Klaudia Kramer und Sandra Gabler zu den entwicklungspsychologischen Grundlagen im Fokus. Claudia Mikat widmet sich den Spannungsfeldern im KuJMS. Schlaglichtartig beleuchtet sie Möglichkeiten, den Auftrag von Selbstkontrolleinrichtungen, Angebote hinsichtlich ihrer möglichen Entwicklungsbeeinträchtigung zu prüfen, mit dem Anspruch Kinder und Jugendliche zu beteiligen zu vereinbaren. Die Teilhabe von Heranwachsenden an der Aktualisierung und Weiterentwicklung des KuJMS reflektieren Niels Brüggen und Christa Gebel und differenzieren dabei unterschiedliche Bereiche der Teilhabe. Cornelia Jonas und Torsten Krause richten den Blick darauf wie in Familien eine beteiligungsorientierte Medienerziehung im kinderrechtlichen Sinne aussehen könnte. Die Kinder- und Jugendhilfestrukturen und wie Teilhabe im Zusammenhang mit KuJMS dort realisiert werden, stellt Uli Tondorf vor. Im Ausblick skizziert er dabei, welche Rolle Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe zukünftig im KuJMS einnehmen könnten. Jutta Croll und Stephan Dreyer setzen sich in ihrem Beitrag mit den Potenzialen des Einsatzes von KI-Technologien für den Schutz von Kindern und Jugendlichen auseinander. Während KI bereits seit längerem für den Schutz vor potenziell gefährdenden Inhalten genutzt wird, sind weitere Möglichkeiten, die beispielsweise auch die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern berücksichtigen zwar technisch möglich, aber juristisch schwierig. Abschließend geben Pia Dippel, Dominik Rankl und Achim Lebert Einblicke in den KuJMS in der pädagogischen Praxis. Dabei wird deutlich, dass der Schutzauftrag in Kindertageseinrichtungen, Schulen und Einrichtungen der Jugendarbeit wahr- und ernstgenommen wird. Die konkrete Umsetzung eines auf den Kinderrechten basierenden Zusammenspiels von Schutz, Befähigung und Teilhabe kollidiert aber in der Praxis oft mit anderen strukturellen, juristischen und technologischen Hindernissen.
Ergänzend zu den hier dargestellten Beiträgen, freuen wir uns auf einen weiteren Diskurs zum Thema auch in unserem Podcast mehr merz. Der Ansatz ‚Kinder- und Jugendmedienschutz mitmachen‘ hat viel Potenzial, aber es fehlt noch an vielen Stellen an entsprechender Erfahrung und an den nötigen Rahmenbedingungen, um neue Konzepte zu erproben. Hilfreich ist dafür eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung damit. Wir hoffen, mit dieser Ausgabe dazu beizutragen und freuen uns über weitere Anregungen.
Niels Brüggen/Maximilian Schober: Self-Tracking von Kindern und Jugendlichen. Digitale Selbstvermessung als sportliche und medienpädagogische Herausforderung
Ausgehend von den Ergebnissen einer explorativen Befragungsstudie im Rahmen des Forschung-Praxis-Projekts ‚Self-Tracking im Freizeitsport‘ lassen sich zentrale Herausforderungen und Ansatzpunkte für eine zielgruppenadäquate Förderung von Medienkompetenz zum Thema Self-Tracking bestimmen. Dabei wird deutlich, dass Self-Tracking sowohl Nutzer*innen als auch medienpädagogische Praxis und Profession auffordert, sich zu bewegen.
Literatur:
Bröckling, Ulrich (2007). Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Brüggen, Niels (2015). Gedanken zur Neuausrichtung der Medienkompetenzförderung angesichts Big Data. In: Gapski, Harald (Hrsg.), Big Data und Medienbildung. Zwischen Kontrollverlust, Selbstverteidigung und Souveränität in der digitalen Welt. München: kopaed, S. 51–62.
Deleuze, Gilles (1993). Unterhandlungen. 1972–1990. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Duttweiler, Stefanie (2016). Körperbilder und Zahlenkörper Zur Verschränkung von Medien- und Selbsttechnologien in Fitness-Apps. In: Strübing, Jörg/Passoth, Jan-Hendrik/Gugutzer, Robert/Duttweiler, Stefanie (Hrsg.), Leben nach Zahlen. Bielefeld: transcript Verlag, S. 221–251.
Foucault, Michel (2016). Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Gehring, Petra (2014). Bio-Politik/Bio-Macht. In: Kammler, Clemens/Parr, Rolf/Schneider, Ulrich Johannes/Reinhardt-Becker, Elke (Hrsg.), Foucault-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler, S. 230–231.
Lupton, Deborah (2014). Self-tracking cultures. In: Leong, Tuck (Hrsg.), Proceedings of the 26th Australian Computer-Human Interaction Conference on Designing Futures the Future of Design. New York: ACM, S. 77–86.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (2020). JIM-Studie 2019. Jugend, Information, Medien. Stuttgart. www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2019/JIM_2019.pdf [Zugriff: 31.03.2020]
Moll, Ricarda/Schulze, Anne/Rusch-Rodosthenous, Miriam/Kunke, Christopher/Scheibel, Lisa (2017). Wearables, Fitness-Apps und der Datenschutz: Alles unter Kontrolle? Düsseldorf: Verbraucherzentrale NRW.
Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz - Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme. Berlin, S. 18–23.
Selke, Stefan (2017). Digitale Alchemie. Von der Sehnsucht nach Effizienz mittels digitaler Selbstvermessung. In: merz | medien + erziehung, 61 (5), S. 12–20.
Torsten Brinda, Niels Brüggen, Ira Diethelm, Thomas Knaus, Sven Kommer, Christine Kopf, Petra Missomelius, Rainer Leschke, Friederike Tilemann, Andreas Weich: Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt
Die Funktion dieses Modells besteht darin, einen überfachlichen Orientierungs- und Reflexionsrahmen für Bildungsprozesse im digitalen Wandel bereitzustellen und möglichst alle relevanten Perspektiven daran beteiligter Disziplinen einzubeziehen. Das gemeinsam entwickelte Modell – im Weiteren bezeichnet als Frankfurt-Dreieck, benannt nach dem Ort seiner Entstehung in zwei Expert*innen-Workshops 2017 und 2018 in Frankfurt am Main – basiert auf dem in der sogenannten Dagstuhl-Erklärung enthaltenen Dagstuhl-Dreieck, das 2016 unter Beteiligung von Akteur*innen aus Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik, Schulpraxis, Wirtschaft und Bildungspolitik in einem mehrtägigen Workshop auf Schloss Dagstuhl erarbeitet und von einer breiten Öffentlichkeit – entsprechend seiner Intention – insbesondere von Praktiker*innen und Politiker*innen wahrgenommen wurde. Ziel ist es vielmehr, aus den disziplinären Perspektiven von Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik und Medienwissenschaft die Phänomene einer digitalen Welt und die daraus resultierenden Erfordernisse für Bildungsprozesse zu beschreiben und dadurch eine gemeinsame Reflexionsbasis zu entwickeln sowie darauf aufbauend – in künftigen Schritten – die notwendigen Kompetenzen für Partizipation in einer digital geprägten Welt zu definieren.
Eine Herausforderung im Diskussionsprozess der Autor*innengruppe war, dass es zu wesentlichen Kernbegriffen bislang kein etabliertes Begriffsverständnis gab – schon gar kein zwischen den beteiligten Disziplinen abgestimmtes. So wird beispielsweise „digitale Bildung“ häufig als Schlagwort verwendet (mal mit einem auf das Lehren und Lernen mit digitalen Mitteln eingeschränkten Bildungsverständnis, mal einschließlich informatischer Grundlagen gedacht usw.). Das Adjektiv „digital“ wird in der öffentlichen Diskussion und Berichterstattung oft als ein Synonym für „neuartig“ oder „modern“ verwendet. Dabei beschreibt es ursprünglich die Repräsentation von Daten und indirekt auch Information in einer Weise, die die automatische Verarbeitung mittels Computern ermöglicht, und „Digitalisierung“ damit die Umwandlung analoger in diskrete Werte, was heute im Wesentlichen durch binäre Signale realisiert wird. So ist Digitalisierung eines der drei Grundprinzipien der Informatik neben Automatisierung und Vernetzung, wird aber oft stellvertretend für diese genannt. Mit der Digitalisierung wurde die Voraussetzung für eine universelle Kompatibilität von Daten und Informationen geschaffen und zugleich die Bedingungen für die Integration bislang getrennter Praktiken, sozialer Strukturen und Technologien, was einen nachhaltigen Einfluss auf die tradierten räumlichen und temporären Unterscheidungen sowie soziale Ein- und Ausschließungen hat. Heute wird der Begriff der Digitalisierung in politischen und sozialen Kontexten vor allem zur Beschreibung von aktuellen informatisch und technisch induzierten gesellschaftlichen Transformationsprozessen genutzt.
Wir gehen davon aus, dass die Digitalisierung in denheutigen Gesellschaften die Kultur, die Infrastruktur und entsprechend die weitere Technologieentwicklung wesentlich mitprägt und sprechen daher vom digitalen Wandel. Die Teilhabe an politischen, kulturellen und ökonomischen Prozessen innerhalb der Gesellschaft setzt Fähigkeiten im Umgang mit und zur Analyse, Reflexion und Gestaltung von digitalen Artefakten voraus. Erforderlich hierfür ist die Kenntnis der informatischen Grundlagen sowie der medienwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlichen Zugänge und Diskurse.Analog zum Dagstuhl-Dreieck werden im Modell drei Perspektiven ausdifferenziert, die Bildung für und über den digitalen Wandel aufgreifen muss. Diese werden im weiterentwickelten Modell bezeichnet als technologisch-mediale Perspektive, gesellschaftlich-kulturelle Perspektive und Interaktionsperspektive. Diesen Perspektiven sind jeweils die Prozesse Analyse, Reflexion und Gestaltung zugeordnet, die Lernende mit dem Ziel der Befähigung zur Partizipation an der durch Digitalisierung geprägten Welt und am digitalen Wandel jeweils durchlaufen sollen. Zugleich kann eine umfassende Analyse, Reflexion und Gestaltung des digitalen Wandels nur gelingen, wenn alle drei Perspektiven systematisch und sich wiederholend eingenommen werden.
Die Mitte des Modells bietet Raum für den jeweiligen Betrachtungsgegenstand der durch Digitalisierung geprägten Welt, also digitale Artefakte wie beispielsweise autonome Fahrzeuge, soziale Netzwerke, Hate Speech und Multitasking und damit in Zusammenhang stehende Phänomene, der dann aus Sicht der drei zuvor benannten Perspektiven und den damit verbundenen Prozessen aufgearbeitet werden soll.
Auf Basis dieses Modells sollen künftig Konkretisierungenim Hinblick auf Handlungsfelder wie Schule, außerschulische Bildungskontexte wie Kinder- und Jugendbildung, Kulturelle Bildung und Erwachsenenbildung, Berufsbildung und Hochschule, Lehrer*innenbildung sowie Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften entwickelt werden. Diese können dann in weiteren Schritten im Hinblick auf Kompetenzmodelle und fachdidaktischen- sowie mediendidaktische Fragen und insbesondere die Weiterentwicklung von vorhandenen (Unterrichts-)Konzepten und Empfehlungen der Fachgesellschaften (GI 2008; LKM 2008; GfM 2013; LKM 2015; GI 2016; GfM 2016; DGfE 2017; GMK 2017; GI 2019 usw.) ausgearbeitet werden.
Technologisch-mediale Perspektive
Ziele der Betrachtung aus einer technologischmediaen Perspektive sind das Hinterfragen und Reflektieren der den Phänomenen und Artefakten der durch Digitalisierung geprägten Welt zugrundeliegenden Strukturen und deren Funktionsweisen sowie eine Befähigung zur (Mit-)Gestaltung solcherArtefakte und Phänomene. Dazu erfolgt eine Auseinandersetzung mit konzeptionellen Fragen, insbesondere mit informatischen und medialen Funktionsprinzipien digitaler Systeme, mit den zu deren Erstellung verwendeten informatischen und medialen Strukturierungs- und Gestaltungsmitteln und -formen, den sich durch sie ergebenden technischen Analyse- und Verarbeitungsmöglichkeiten sowie den an der „Oberfläche“ meist nicht sichtbaren kulturellen, politischen oder persönlichen Einschreibungen.
In dieser Perspektive werden damit zwei Aspekte verknüpft, die untrennbar miteinander verbunden sind:- Unter Anwendung langlebiger Informatik-Konzepte werden aus informatischer Sicht die Funktionsweise von digitalen Artefakten, die die digitale vernetzte Welt ausmachen, sowie damit in Zusammenhang stehende Phänomene hinterfragt und bewertet. Zugrundeliegende Funktionsprinzipien und Strukturen der digitalen Artefakte werden analysiert und aufgedeckt und damit Möglichkeiten zur Gestaltung und Erweiterungder Funktion digitaler Systeme unter Berücksichtigung von informatischen Problemlösestrategien und -methoden einerseits, aber auch zu einem reflektierten Umgang mit digitalen Systemen andererseits angelegt. Die Basis hierfür bilden theoretische und praktische Grundlagen der Informatik insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung und deren Anwendung auf aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen (wie z. B. Big Data oder Künstliche Intelligenz) sowie Aussagen zu den praktischen und theoretischen Grenzen von Berechenbarkeit bzw. Automatisierung. Hinzu kommen Konzepte zur Kommunikation informatischer Systeme untereinander (z. B. Netzwerke, Protokolle, Verschlüsselung), Priorisierungen darin (insbes. Netzneutralität) sowie systematische Vorgehensmodelle zur Erstellung von digitalen Artefakten und Systemen.
- Durch informatische Modellierung von Ausschnitten der Welt mit entsprechenden Mitteln und Werkzeugen sowie geprägt durch kulturelle Einschreibungen und die persönliche Perspektive von Entwickler*innen (z. B. Auswahl von Trainingsdaten für KI, normative Algorithmen ohne Legitimierung von Entwicklern*innen), entstehen digitale Artefakte. Diese beeinflussen als soziotechnische Informatiksysteme mit charakteristischen Eigenschaften, Ästhetiken, Formen und Grenzen die menschliche Wahrnehmung und bedürfen daher auch einer Auseinandersetzung aus medialer Sicht. Von den Entwickler*innen und/oder den Auftraggeber*innen wird explizit und mitunter auch interessengeleitet, unreflektiert oder aufgrund kultureller Konventionen festgelegt, was sichtbar oder wahrnehmbar ist, wie auch, was in den Hintergrund tritt. Hierdurch wird die mit solchen Systemen mögliche Interaktion und insbesondere das Repertoire kultureller Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeiten bestimmt. Mit diesen charakteristischen Prägungenschreibt sich die Technologie mittels ihrer Artefakte, aber auch deren Geschichte und Genese, in die durch sie ermöglichten kulturellen und sozialen Formen ein: In ihnen sind Sozialstrukturen angelegt, in ihnen ist festgeschrieben, was in welcher Weise archiviert, was vergessen und ignoriert wird sowie was historisches Gewicht verliehen bekommt.
Darüber hinaus legen verwendete Technologien erforderliche Kompetenzen für ihre Nutzung fest. Umgekehrt kann die Reflexion und Kenntnis von solchen Determinationsverhältnissen in die Konstruktion von digitalen Artefakten einfließen, was zu einem dynamischen souveränen Umgang mit Technologien befähigen würde. Es ist daher unerlässlich, die Strukturen, Funktionen und Funktionsweisen von digitalen (Medien-)Systemen aus informatischer und medialer Sicht analysieren, reflektieren und (mit-)gestalten und diese Sichten aufeinander beziehen zu können. Solcherart fundiertes und verknüpftes Informatik- und Medienwissen erklärt technologische und mediale Phänomene mit langlebigen Konzepten und schafft zusammen mit der Entwicklung grundlegender Problemlösestrategien die Basis für die reflektierte Teilhabe an einer digital geprägten Welt.
Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive
Der digitale Wandel prägt die sozialen Kommunikations- und Interaktionsbedingungen sowie die politische Organisation von Gesellschaften. Er bildet dabei nicht zuletzt auch einen kulturellen Möglichkeitsraum, der von Gesellschaften genutzt und gestaltet werden kann. Dasselbe gilt auch für die ökonomische Reproduktion von Gesellschaften. Es werden beispielsweise neue Arbeitsbedingungen, Produktionsmethoden und Austauschbedingungen entwickelt. Dadurch verändern sich die gesellschaftlichen Rollen von Akteur*innen sowie die Dynamiken gesellschaftlicher Entwicklung. Gesellschaften entwerfen Normen und Regeln für die Verwendung und den Einsatz von Technologien und Techniken, die die konkrete Bedeutung und den Einfluss von digitaler Technik strukturieren. So werden in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen die Bedingungen von Privatheit und Öffentlichkeit festgelegt, es werden Interaktionsmöglichkeiten geschaffen oder aber begrenzt und es wird der Zugang zu technischen Systemen geregelt. Gesellschaften prägen Bildungsinstitutionen und regulieren durch Bildungsangebote für den Erwerb entsprechender Kompetenzen das Verständnis für und die gesellschaftliche Nutzung von digitalen Technologien und Techniken. Der Grad der gesellschaftlichen Durchdringung mit Technologien und auch deren soziale Rolle wird daher wesentlich vom Bildungssystem bestimmt. Dabei bestimmt der Grad der Enkulturation digitaler Technologien und Techniken auch die Rolle einer digitalen Kultur in der Gesellschaft und deren Verhältnis zu analogen kulturellen Artefakten.
Aus gesellschaftlich-kultureller Perspektive werden deshalb Wechselwirkungen zwischen Individuen, Gesellschaft und digitalen Systemen vor dem Hintergrund der Medialisierung und des digitalen Wandels analysiert und reflektiert. Im Vordergrund stehen die Veränderungen, denen Individuen und Gesellschaft unterworfen werden, sowie eine Analyse und Bewertung von Chancen und Problemen, die sich durch den digitalen Wandel ergeben. Das betrifft beispielsweise sich durch digitalisierungsbezogene Kompetenzen eröffnende Möglichkeiten für wirtschaftliches, ökologisches, nachhaltiges und politisches Handeln und die damit einhergehende Verantwortung einerseits sowie die sich durch Nutzung digitaler Systeme ergebenden Datenspuren der*des Einzelnen im Netz und die damit verbundenen Profilbildungen für kommerzielle oder ideologische Zwecke andererseits. Zudem werden unter den Bedingungen digitaler Infrastrukturen das Erkennen und die Bewertung medialer Einflüsse sowie die aktive Teilhabe an gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen voraussetzungsreicher.
Sie erfordern Hintergrundwissen und spezifischeKompetenzen, wie beispielsweise das Beurteilen von Information oder die Entwicklung eigener Standpunkte. Hierbei lassen sich widersprüchliche Tendenzen feststellen: Die erhöhten Partizipationsmöglichkeiten steigern den potentiellen Einfluss von Individuen, wohingegen die wachsende Komplexität einer digital gewandelten/beeinflussten Kultur und die Geschlossenheit autonomer und/oder selbstlernender Systeme den individuellen und gesellschaftlichen Ein- und Zugriff wiederum erschweren. Dadurch stellt sich die Frage nach einer Mitgestaltung von „digitaler“ Kultur und ihrer Enkulturation grundlegend neu. Zugleich können in der digitalen Welt mittels digitaler Technologien (neue) soziale Ungleichheiten produziert beziehungsweise verfestigt werden, so dass auch Fragen sozialer Gerechtigkeit und sozialen Ausgleichs neu reflektiert werden müssen.
Ein weiterer Aspekt ist die historische und die damit einhergehende politische Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechniken. Dazu muss analysiert werden, welche Normen und Regeln in mediengestützten sozialen Prozessen wirksam sind, wie und von wem sie ausgestaltet werden und welche Machtstrukturen hier eingeschrieben sind. Konkret sind beispielsweise Fragen der Netzneutralität in den Blick zu nehmen – auch im Hinblick der Entstehung des Internets und seiner Dynamiken vor dem Hintergrund historischer Prozesse. Dazu gehören auch ökonomische Implikationen digitaler Technologien und Techniken. So müssen Fragen wie die von Nutzung versus Besitz, die des Eigentums an Daten, die von Persönlichkeitsrechten, die der Mündigkeit der verschiedenen Akteur*innen, die der informationellen Selbstbestimmung sowie die eines zivilen Ungehorsams gegenüber immer autonomer werdenden technischen Systemen und die der gesellschaftlichen Teilhabe gerade auch aus einer ethischen Perspektive analysiert werden.
Digitale Artefakte beeinflussen als soziotechnische Informatiksysteme auch die menschliche Wahrnehmung.
Interaktionsperspektive
Im Fokus der Interaktionsperspektive stehen die Menschen, zentral sind die Fragen, wie sie vor dem Hintergrund der technologisch-medialen und gesellschaftlich-kulturellen Voraussetzungen welche digitalen Medien und Systeme warum und wozu nutzen, inwiefern sie am digitalen Wandel teilhaben und ihn mitgestalten (können) sowie wie sie sich als handlungsfähige Subjekte konstituieren (vgl. auch Medienaneignung). Dabei sind die Aspekte Nutzung, Handlung und Subjektivierung zentral.
Unter Nutzung ist die funktionale Anwendung von digitalen Medien und Systemen beispielsweise für rezeptive, gestalterische, kommunikative, problemlösende und organisatorische Zwecke gefasst. Diese Nutzungsoptionen, die von Einzelnen oder Gruppen von Personen wahrgenommen, selektiert und ggf. auch verändert werden, beziehen sich auf digitale Artefakte und die von ihnen eröffneten Möglichkeiten.
Im Rahmen von Handlungen werden diese Nutzungsoptionen in unterschiedliche soziale Praktiken integriert. Dabei werden kulturell tradierte Interaktions- und Kommunikationsformen sowohl aufgenommen als auch transformiert. Eine bewusste Aneignung dieser Nutzungsoptionen setzt stets bestimmte Handlungsmotive wie auch die Reflexion und Analyse der technologischen und medialen Funktionsprinzipien und Potentialesowie rahmender soziokultureller Praktiken voraus – dies gilt gleichermaßen für den Einsatz von Bildungsmedien, Lehr- und Lerntechniken. Auf dieser Grundlage lassen sich die Gestaltungspotentiale digitaler Artefakte realisieren. Derartige Handlungsoptionen bilden auch den Horizont für die individuelle Kompetenzentwicklung.
Mit Subjektivierung ist schließlich darauf verwiesen, dass im Zusammenwirken von digitalen Medien und Systemen sowie menschlichem Handeln auch die Identitätsbildung und -entwicklung angelegt, ermöglicht oder auch behindert werden können. Dies betrifft mehrere Ebenen: Konkret sind damit erstens Formen der Selbstthematisierung gemeint, die in und über digitale Medien und Systeme ermöglicht und nahegelegt werden. So sind beispielsweise in Interfaces von sozialen Netzwerken bestimmte Handlungsaufforderungen eingeschrieben, wie man sich in und über diese Dienste zeigen und darin agieren soll und sich zugleich damit selbst konstituiert. Aus der Interaktionsperspektive betrachtet, interessiert, welches Menschenbild durch diese Formen möglicher Selbstthematisierung konstituiert wird. Zweitens wird abstrakter auch die Frage gestellt, wie und vor dem Hintergrund welcher kulturellen Einschreibungen Subjekte in den jeweiligen Medien repräsentiert und adressiert sind, beispielsweise in Form von Interessenprofilen in Empfehlungs- und Filtersystemen oder auf Ebene von Interfaces und Interaktionsmöglichkeiten. Drittens sind beispielsweise im Angesicht von Data Analytics und Künstlicher Intelligenz traditionell auf Subjekte bezogene Konzepte wie Autonomie und Authentizität auch auf technologisch- medialer Ebene in den Blick zu nehmen. Reflektiert werden soll aus der Interaktionsperspektive, wie und warum digitale Medien und Systeme als Werkzeuge jeweils für konkrete Vorhaben ausgewählt und genutzt werden. Dies erfordert eine Orientierung hinsichtlich der vorhandenen Möglichkeiten und Funktionsumfänge gängiger Werkzeuge in der jeweiligen Anwendungsdomäne sowie deren sichere Handhabung, aber auch die Kenntnis ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Interessen, welche Anbietende von digitalen Werkzeugen vertreten. Mit dem eigenen Handeln stellt sich so auch immer die Frage, welche anderen Handlungsoptionen individuell und sozial wünschenswert und realisierbar wären. Gleichzeitig ist aus dieser Perspektive immer auch zu reflektieren, welche Subjektpositionen technologisch-medial und kulturell angelegt sind, wie Subjekte sich in diesem Rahmen konstituieren und inwiefern sich Subjektivität angesichts digitaler autonomer Systeme transformiert.
Anschlüsse
Die drei Seiten des Frankfurt-Dreiecks beschreibenjeweils unterschiedliche Perspektiven für die Analyse, Reflexion und Gestaltung von Artefakten und Phänomenen einer durch digitale Medien und Systeme geprägten Welt. Dies schließt jeweils unterschiedliche Zugänge zur Erklärung der digitalen Artefakte und damit verbundener Phänomene ein. Das (theoretisch-konzeptionelle) Modell bietet eine begriffliche und strukturelle Grundlage, um an die Diskurse der Disziplinen Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik und Medienwissenschaft anschließen zu können, in einen produktiven interdisziplinären Austausch einzutreten und eigene anschlussfähige Theoriebildung zur Ausdifferenzierung und Konkretisierung voranzutreiben.
Für Bildungskonzepte, die digitale Medien und Systeme einschließlich der damit verbundenen Phänomene und ihrer Grundlagen adressieren und zur Teilhabe an der durch sie geprägten Welt befähigen sollen, ergibt sich aus dem Frankfurt-Dreieck die Maßgabe, dass sowohl die technologischen und medialen Strukturen und Funktionen, als auch die gesellschaftlich-kulturellen Wechselwirkungen sowie die Nutzungs-, Handlung- und Subjektivierungsweisen in Interaktionen mit digitalen Medien und Systemeneinzubeziehen sind. Das übergeordnete Ziel muss dabei sein, digitale Artefakte und mit ihnen verbundene Phänomene im Zusammenspiel dieser drei Perspektiven analysieren, reflektieren, gestalten und damit erklären und beurteilen zu können.
Vor dem Hintergrund derartiger Bildungskonzepte gilt es im Austausch mit Bildungspolitik und -praxis konkrete Kompetenzanforderungen weiterzuentwickeln und im Zusammenwirken informatischer, informatikdidaktischer, medienwissenschaftlicher und medienpädagogischer Expertise (fach-)didaktische Szenarien und Lernmaterialien zu entwickeln, die den Auf- und Ausbau dieser Kompetenzen in Bildungseinrichtungen ermöglichen. Dieses Rahmenmodell kann dabei für alle Praxis- und Handlungsfelder in Bildungskontexten und pädagogischer Arbeit adaptiert werden: für die allgemeinbildende Schule, für die Hochschule, die Lehrer*innenbildung wie auch für außerschulische Bildungskontexte, wie die Kinder- und Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.
Perspektivisch ergibt sich so ein umfassender, wissenschaftlich fundierter und interdisziplinär getragener Katalog von Zielstellungen und Maßnahmen für Bildungskonzepte in einer durch digitale Medien und Systeme geprägten Welt.
Anmerkung
1 Dieser Text erscheint zeitgleich in Publikationsorganen der beteiligten Fachgesellschaften: merz 4/19 und MedienPaedagogik.com, Medienimpulse 58/19, Informatik und Schule INFOS 2019 sowie den Webseiten der Gesellschaft für Informatik e. V. und ist daher den institutionsinternen Standards zur geschlechtergerechten Sprache untergeordnet.Literatur
Brinda, Torsten/Diethelm, Ira/Gemulla, Rainer/Romeike, Ralf/Schöning, Johannes/Schulte, Carsten (2016). Dagstuhl-Erklärung: Bildung in der digital vernetzten Welt. www.dagstuhl-dreieck.de [Zugriff: 16.07.2019]
DGfE Sektion Medienpädagogik (2017). Orientierungsrahmen für die Entwicklung von Curricula für medienpädagogische Studiengänge und Studienanteile. Medien- Pädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Dezember 2017.
GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaften, Strategiekommission und AG Medienkultur & Bildung (2013). „Medienkultur und Bildung“. Positionspapier. www.gfmedienwissenschaft. de/sites/gfm/files/pdf/2017-10/2013- GfM-Positionspapier.pdf [Zugriff: 16.07.2019]
GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaften (2016). Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft ‚Medienkultur und Bildung’ der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) zum Entwurf der Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“, www.gfmedienwissenschaft. de/sites/gfm/files/pdf/2018-02/3961dd_70454349ca384bb5adcf80d784d3b5ed. pdf [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2016). Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule. www.informatikstandards.de [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. [2016] Bildungsstandards Informatik – Sekundarstufe II. www.informatikstandards. de [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2019) Kompetenzen für informatische Bildung im Primarbereich. www.informatikstandards.de [Zugriff: 16.07.2019]
Knaus, Thomas/Meister, Dorothee M./Tulodziecki, Gerhard (2017). Futurelab Medienpädagogik: Qualitätsentwicklung – Professionalisierung – Standards. Thesenpapier zum Forum Kommunikationskultur 2017 der GMK. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Oktober 2017.
LKM – Länderkonferenz MedienBildung (2008). Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung – LKM-Positionspapier. www.lkm.lernnetz.de [Zugriff: 16.07.2019]
LKM – Länderkonferenz MedienBildung (2015). Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung – LKM-Positionspapier. www.lkm.lernnetz.de [Zugriff: 16.06.2019]
Autor*innen: Prof. Dr. Torsten Brinda (U Duisburg-Essen, D), Dr. Niels Brüggen (JFF, München, D), Prof. Dr. Ira Diethelm (U Oldenburg, D), Prof. Dr. Thomas Knaus (PH Ludwigsburg, D | Frankfurt UAS, D | GMK), Prof. Dr. Sven Kommer (RWTH, Aachen, D | KBoM), Christine Kopf (DFF, Frankfurt, D), Ass.-Prof. Dr. Petra Missomelius (U Innsbruck, A | KBoM), Prof. Dr. Rainer Leschke (U Siegen, D), Prof. Friederike Tilemann (PH Zürich, CH), Dr. Andreas Weich (HBK Braunschweig, D | TU Braunschweig, D)
Niels Brüggen: Bildungspartnerschaften zwischen Schule und außerschulischen Akteuren
Medienbildung in der Schule steht aktuell im Fokus der bildungspolitischen Debatte. Die Studie Bildungspartnerschaften zwischen Schule und außerschulischen Akteuren der Medienbildungrichtet den Fokus auf die Zusammenarbeit von Schulen und außerschulischen Bildungseinrichtungen wie Vereinen, öffentlichen Institutionen oder Unternehmen. Sie stellt damit ein Feld der Medienbildung in den Fokus, das sich zwar in vielen unterschiedlichen Formen in der Praxis etabliert hat, zugleich aber in der wissenschaftlichen Reflexion bislang wenig Beachtung fand.
Ein besonderes Augenmerk wirft die Studie auf die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit und analysiert die unterschiedlichen Partner, deren Ziele und Erwartungen. Die außerschulischen Akteurinnen und Akteure bringen wichtige Kompetenzen als Ergänzung zur Schule mit. Dies sind Fachkenntnisse bezüglich neuer Medienentwicklungen, ein enger Bezug zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, spezifische Produktionstechniken, bereitgestellte Technik oder oft auch finanzielle Mittel aus Förderungen. Dabei herrschen klare Vorstellungen von einer idealen Zusammenarbeit: So wird beispielsweise eine Verankerung des Themas Medienbildung in der Schule gewünscht, ein Verständnis der Partner für den Lernraum Schule und ein gegenseitiges Ergänzen der fachlichen und medienpädagogischen Kompetenzen. Wichtig ist den Befragten zudem, sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen zu orientieren.Probleme gibt es aus Sicht der Beteiligten dann, wenn ein fehlendes bzw. unterschiedliches Verständnis über Medienbildung bzw. Medienkompetenz vorliegt. Auch strukturelle Bedingungen beeinflussen, ob und wie ein Austausch über die Ziele der Zusammenarbeit stattfindet.
Die Studie wurde im Auftrag der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis gemeinsam mit JFF-BB realisiert. Unterstützt wurde das Vorhaben von der Auerbach Stiftung, Google Deutschland und der EU-Initiative klicksafe.
Günther Anfang und Niels Brüggen: Editorial
Wie gut ist Medienpädagogik?
Die Frage der Qualitätssicherung spielte in der Kinder- und Jugendarbeit in den letzten Jahren eine zentrale Rolle. So wurde vor allem mit der Einführung eines neuen Steuerungsmodells im Bereich der Jugendämter der Versuch unternommen den Output pädagogischer Maßnahmen zu messen und Kriterien für die Vergabe von Mitteln für die geförderten Projekte daran festzumachen. Dass die rein quantitativen Messungen von Besucherzahlen, Zahl der Projektangeboten und durchgeführten Aktionen weder die Qualität der Arbeit noch die Wirkung der pädagogischen Maßnahme auf die Zielgruppe erfassen kann, wurde schnell einsichtig. Viele Träger der Kinder- und Jugendarbeit sind jedoch seither gezwungen genau zu erheben wie viele Jugendliche mit welchem Migrationshintergrund zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort an einem Projekt teilgenommen haben und dies in Relation zum eingesetzten pädagogischen Personal. All diese Daten lassen sich hervorragend in Exeldateien eingeben und abheften. Gedient ist damit niemandem, allerdings können die Zahlen, falls sie nicht umfangreich genug sind oder nach unten gehen, gegen die jeweilige Einrichtung verwendet werden. Qualitätssicherung sollte jedoch anders aussehen. Sie sollte dazu dienen, die jeweilige pädagogische Praxis auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Denn nicht die Zahlen sind für den Erfolg einer pädagogischen Maßnahme ausschlaggebend, sondern die vermittelten Inhalte bzw. das was bei den Kindern und Jugendlichen ankommt. Doch wie das messen? In der Medienpädagogik wird häufig der Versuch unternommen, den Erfolg einer medienpädagogischen Maßnahme lediglich am Produkt festzumachen.
Ein gelungener Film, eine schön gestaltetet Website oder ein spritziger Radiobeitrag sind Zeichen für ein erfolgreiches Projekt. Die Diskussion über Produkt oder Prozessorientierung bei medienpädagogischen Projekten hat sich dabei längst auf die Produktseite verlagert. Schließlich kommt es in erster Linie darauf an ein Produkt vorzuweisen, auf das sowohl die beteiligten Jugendlichen, als auch die PädagogInnen stolz sein können. Ein Filmbeitrag zum Thema Umweltschutz spricht schließlich für sich und muss nicht mehr hinterfragt werden. Ob hier wirklich eine Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden hat oder lediglich vorhandenes Wissen in eine Story gepackt wurde, bleibt offen. Und ein Schulprojekt zum Thema Handy wird schon dadurch wertvoll, dass zumindest das Thema Handy in der Schule angesprochen wurde. Ob die Schülerinnen und Schüler sich nachhaltiges Wissen im Umgang mit dem Handy angeeignet haben, ist häufig nicht nachvollziehbar. Der Frage der Qualitätssicherung im pädagogischen und speziell im medienpädagogischen Bereich soll deshalb in diesem Heft eingehender nachgegangen werden. Ausgehend vom Wunsch der Pädagogik nachhaltig zu wirken und der Problematisierung der Forderungen nach Qualitätssicherung sollen Ansätze und Ergebnisse medienpädagogischer Evaluation aufgezeigt werden. So weisen Wolfgang Beywl und Marc Jelitto in ihrem einführenden Artikel darauf hin, dass Evaluation die Entscheidung zu medienpädagogischen Leistungen sowie deren Optimierung unterstützen kann. Sie zeigen aber auch auf, dass es für die praktische Durchführung von Evaluationen kein Patentrezept gibt. Dafür sind die praktischen Umsetzungen und Schwerpunkte zu vielseitig. Im zweiten Artikel von Niels Brüggen werden die Grundlagen und Prinzipien einer medienpädagogischen Evaluation beschrieben. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie medienpädagogische Projekte wissenschaftlich erfasst und in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können. Ergebnisse evaluierter Projekte sind Schwerpunk des dritten Teils. Hier zeigt Susanne Eggert am Beispiel des Projekts ausdrucksstark – Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungwie integrative medienpädagogische Arbeit gelingen kann und welche Ergebnisse die Evaluation des Projekts erbrachte. Klaus Lutz veranschaulicht an zwei Sprachförderprojekten wie mit Hilfe von Medien Sprache im Vorschulbereich gefördert werden kann. Am Beispiel der Projekte Parole – Deutsch spielend gelernt und des Projekts erzählkultur zeigt er auf, welche Potentiale in der aktiven Medienarbeit stecken. Wie Medienkompetenz im schulischen Umfeld gefördert werden kann, wird im Artikel von N.N. aufgezeigt. Im vierten Teil veranschaulicht Michael Bloech Ansätze nachhaltiger Medienpädagogik auf Landesebene an Hand der Medienfachberatung in Bayern.
Dabei wird deutlich, wie sich innerhalb von 50 Jahren diese Struktur immer mehr professionalisiert hat und damit Kontinuität und Qualität sicher gestellt werden konnte. Im letzten Kapitel wird darauf eingegangen wie Wettbewerbe und medienpädagogische Preise dazu beitragen können, Qualität in der medienpädagogischen Praxis zu sichern. Sowohl der Dieter Baacke-Preis, der Deutsche Multimediapreis mb 21, als auch der Kinder-Medien-Preis der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) sind Beispiele für gelungene Wettbewerbe, die zur Qualitätssicherung im medienpädagogischen Bereich beitragen. Wir hoffen, dass Sie an Hand der Beiträge Anregungen bekommen, wie Sie Ihre eigene Praxis evaluieren können bzw. wie Sie sicher stellen können, dass Ihre medienpädagogischen Ziele auch wirksam werden.
Niels Brüggen: Fragen an eine medienpädagogische Evaluationsforschung
Evaluation spielt auch in medienpädagogischen Projekten eine immer wichtigere Rolle: in der Praxis schließt sich an viele Projekte eine Qualitätsüberprüfung an. Doch das Verhältnis Medienpädagogik – Evaluation ist ein besonderes, denn die beiden Forschungsrichtungen sind eng miteinander verwoben. Nicht nur, dass Medienpädagogik sich Evaluationen unterwerfen muss, umgekehrt fließen auch medienpädagogische Erkenntnisse in die Evaluationen selbst ein. Anhand von drei Fragen werden die wichtigsten Folgen dieser wechselseitigen Beziehung aufgeworfen und als Denkanregungen und teils auch Handlungsaufforderungen an alle beteiligten gestellt.
Literatur
Brüggen, Niels/Hartung, Anja (2007). Kontextuelles Verstehen der Medienaneignung als Methodenansatz. Selbstvergewisserung und Selbstinszenierung als ästhetische Praxis. In: Peez, Georg (Hrsg.). Handbuch Fallforschung in der ästhetischen Bildung/Kunstpädagogik. Qualitative Empirie für Studium, Praktikum, Referendariat und Unterricht. Hohengehren: Schneider Verlag, S. 79-89.
Kutscher, Nadia (2009). Ungleiche Teilhabe – Überlegungen zur Normativität des Medienkompetenzbegriffs. In: Medienpädagogik – Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, H. Themenheft Nr. 17: Medien und soziokulturelle Unterschiede, S. 1–18. Online verfügbar unter www.medienpaed.com/17/kutscher0904.pdf [Stand: 18.05.2009]
Niesyto, Horst (2007). Eigenproduktionen mit Medien als Gegenstand medienpädagogischer Praxisforschung. In: Sesink, Werner; Kerres, Michael; Moser, Heinz (Hrsg.). Jahrbuch Medien-Pädagogik 6. Medienpädagogik – Standortbestimmung einer erziehungswissenschaftlichen Disziplin. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH Wiesbaden, S. 222–245.
Schorb, Bernd (03.11.2005). Integrale Medienpädagogik. Veranstaltung vom 03.11.2005. Darmstadt. Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft – Kommission Medienpädagogik. Online verfügbar unter www.abpaed.tu-darmstadt.de/arbeitsbereiche/bt/material/Vortrag_Schorb.pdf [Stand: 22.08.2008]
Sindler, Alexandra/Bremer, Claudia/Dittler, Ullrich/et al. (Hrsg.) (2006). Qualitätssicherung im E-Learning. Münster: Waxmann.Kindt, Michael (Hrsg.) (1999). Projektevaluation in der Lehre. Multimedia an Hochschulen zeigt Profil(e). Münster: Waxmann.
Spanhel, Dieter (1999). Integrative Medienerziehung in der Hauptschule. Ein Entwicklungsprojekt auf der Grundlage responsiver Evaluation. München: kopaed.Wagner, Ulrike (Hrsg.) (2008). Medienhandeln in Hauptschulmilieus. Mediale Interaktion und Produktion als Bildungsressource. München: kopaed.
Niels Brüggen: „Privatsachen im Internet“ oder „Mein Privatleben geht nur mich was an“
Welche Vorstellungen haben Jugendliche von ihrer Privatsphäre bei Sozialen Netzwerk-Diensten wie SchuelerVZ.net, lokalisten.de oder werkenntwen.de? Bislang werden ihre Umgangsweisen mit diesen Angeboten vornehmlich aus der Perspektive Erwachsener betrachtet und bewertet. Die Perspektive jugendlicher Nutzender nachzuvollziehenbietet jedoch Ansatzpunkte für eine pädagogische Unterstützung ‚auf Augenhöhe‘ und verdeutlicht zum anderen einen gesamtgesellschaftlichen Diskussionsbedarf über Wert und Schutz von Privatheit angesichts veränderter medialer Öffentlichkeiten.
Literatur
Boyd, Danah (2008). Taken Out of Context. American Teen Sociality in Networked Publics. University of California, Berkeley. www.danah.org/papers/TakenOutOfContext.pdf [Zugriff: 19.01.2009]
Brüggen, Niels (2008). Kompetenter Medienumgang aus Sicht der Heranwachsenden. In: Wagner, Ulrike (Hrsg.), Medienhandeln in Hauptschulmilieus. Mediale Interaktion und Produktion als Bildungsressource. München: kopaed, S. 186–207.
Brüggen, Niels/Wagner, Ulrike (2008). Pädagogische Konsequenzen. In: Wagner, Ulrike (Hrsg.), Medienhandeln in Hauptschulmilieus. Mediale Interaktion und Produktion als Bildungsressource. München: kopaed, S. 223–246.
Busse, Kristina (2009). Attention Economy, Layered Publics, and Research Ethics. Herausgegeben von University of Texas. University of South Alabama. (Flow TV). flowtv.org/?p=3913#printpreview [Zugriff: 02.06.2009]
Fend, Helmut (2001). Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Ein Lehrbuch für pädagogische und psychologische Berufe. 2. durchges. Auflage. Opladen: Leske + Budrich.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.). JIM-Studie 2008. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart.
Palfrey, John/Gasser, Urs (2008). Generation Internet. Die Digital Natives Wie sie leben – Was sie denken – Wie sie arbeiten. München: Hanser.Schorb, Bernd/Kießling, Matthias/Würfel, Maren/Keilhauer Jan (in Vorbereitung).
MeMo_SON09 – Medienkonvergenz Monitoring Soziale Online-Netzwerke-Report 2009. Universität Leipzig, Lehrstuhl für Medienpädagogik und Weiterbildung. www.medienkonvergenz-monitoring.de.
Wagner, Ulrike (Hrsg.) (2008). Medienhandeln in Hauptschulmilieus. Mediale Interaktion und Produktion als Bildungsressource. München: kopaed.
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2009). Web 2.0 als Rahmen für Selbstdarstellung und Vernetzung Jugendlicher. Analyse jugendnaher Plattformen und ausgewählter Selbstdarstellungen von 14- bis 20-Jährigen. Erster Teil der Studie „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Unter Mitarbeit von Peter Gerlicher und Kristin Vogel. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. www.jff.de/dateien/Bericht_Web_2.0_Selbstdarstellungen_JFF_2009.pdf [Zugriff: 25.06.2009]
Niels Brüggen / Anja Hartung: Grenzgänge zur Ästhetik
Das Projekt „MixTOUR“ steht Modell für die aktuelle Auseinandersetzung mit medienkünstlerischen und kunstpädagogischen Sichtweisen.
Auf dem Forum für Kommunikationskultur 2003 zum Thema „Media Art meets Media Education – Künstlerische Impulse für die Medienpädagogik“ allerdings wurde im Hinblick auf diese Öffnung von kunstpädagogischer Seite aus nachgefragt: „Ist denn alles ästhetisch? Reicht irgendwie und sowieso?“
Anhand von Materialien der Evaluation des Projektes wird nach Impulsen und Grenzen künstlerisch-kreativer Medienarbeit gefragt.
(merz 2004-5, S. 54-59)
Niels Brüggen: Wer ist hier der Souverän?
Medienpädagogik erscheint angesichts aktueller Entwicklungen der ‚digitalen Gesellschaft‘ auf den ersten Blick ohnmächtig. Denn: Welche Möglichkeiten, souverän über den Umgang mit Daten zu bestimmen, gibt es im Social Web? Der Beitrag reflektiert Konsequenzen für die Medienkompetenzförderung.
Literatur:
Brüggen, Niels/Dirr, Eva/Schemmerling, Mareike/Wagner, Ulrike (im Erscheinen). Jugendliche und Online-Werbung im Social Web. Studie gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.
GMK-Bundesvorstand (2013). Netzneutralität als Bedingung persönlicher, kultureller und demokratischer Teilhabe. Stellungnahme des GMK-Bundesvorstandes. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK). www.gmk-net.de/fileadmin/pdf/netzneutralitaet_stellungnahme_gmk.pdf [Zugriff: 11.12.2013].
Kutscher, Nadia (2013). Die Macht der neuen Medien. Über die Chancen und Herausforderungen der Mediatisierung des Aufwachsens und der Kinder- und Jugendhilfe. In: DJI Impulse, (1), S. 29-31.
Schell, Fred (2003). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis. Reihe Medienpädagogik, Bd. 5. München: kopaed.
Schorb, Bernd (1995). Medienalltag und Handeln. Medienpädagogik im Spiegel von Geschichte, Forschung und Praxis. Opladen: Leske + Budrich.
Schorb, Bernd/Wagner, Ulrike (2013). Medienkompetenz – Befähigung zur souveränen Lebensführung in einer mediatisierten Gesellschaft. In: Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (Hrsg.), Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme, S. 18-23. www.medienkompetenzbericht.de/pdf/Medienkompetenzfoerderung_fuer_Kinder_und_Jugendliche.pdf [Zugriff: 31.07.2013].
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.) (2013). Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web. BLM-Schriftenreihe, Bd. 101. Baden-Baden: Nomos.
Niels Brüggen, Mareike Schemmerling und Eva Dirr: Online-Werbung mit Jugendlichen zum Thema machen
Jugendliche nutzen vor allem kommerzielle Online-Angebote, die sich meist über Werbung finanzieren. In einer Studie hat das JFF untersucht, was Jugendliche über Werbeformen, Geschäftsmodelle sowie ihre Rechte wissen und mit diesen Erkenntnissen Materialien für die pädagogische Arbeit umgesetzt.
Literatur:
Brüggen, Niels/Dirr, Eva/Schemmerling, Mareike/Wagner, Ulrike (2014). Jugendliche und Online-Werbung im Social Web. Herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Online: www.jff.de/jff/fileadmin/user_upload/Projekte_Material/verbraucherbildung.socialweb/JFF-Studie_Jugendliche_Online-Werbung_SocialWeb.pdf [Zugriff: 19.05.2014].
Micklitz, Hans-W./Oehler, Andreas/Piorkowsky, Michael-Burkhard/Reisch, Lucia A./Strünck, Christoph (2010). Der vertrauende, der verletzliche oder der verantwortungsvolle Verbraucher? Plädoyer für eine differenzierte Strategie in der Verbraucherpolitik. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV. Online: www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Verbraucherpolitik/2010_12_ StrategieVerbraucherpolitik.pdf?__blob=publicationFile[Zugriff: 19.05.2014].
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (Hrsg.) (2013). Teilen, vernetzen, liken. Jugend zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web. 5. Konvergenzstudie im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Baden-Baden: Nomos (BLM-Schriftenreihe, 101).
Stefan Schönwetter, Maria Schuster und Niels Brüggen: Engagement in unterschiedlichen Lebenswelten Jugendlicher unterstützen
In digitalisierten Lebenswelten sieht das Jugendengagement-Programm „Think Big“ die Chance, das soziale Engagement von Jugendlichen und ihre gesellschaftliche Teilhabe zu stärken, um damit dem Digital Divide entgegenzuwirken. Der Beitrag beleuchtet die Erfahrungen und Herausforderungen dabei, alle Jugendlichen in der digitalen Projektarbeit zu erreichen und mitzunehmen.
Literatur:
Calmbach, Marc/Borgstedt, Silke/Borchard, Inga/Thomas, Peter Martin/Flaig, Berthold Bodo (2016). Wie ticken Jugendliche 2016? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. 1. Aufl. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (Hrsg.) (2014). DIVSI U25-Studie. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in der digitalen Welt. www.divsi. de/wp-content/uploads/2014/02/DIVSI-U25-Studie.pdf [Zugriff: 25.04.2016].
Kaiser, Sabine (2016). Medienaneignung im Jugendalter. Zwischen sozialer Ungleichheit und Anerkennung von Heterogenität. In: Becker, Ulrike/Friedrichs, Henrike/ Gross, Friederike von/Kaiser, Sabine (Hrsg.), Ent-Grenztes Heranwachsen. Wiesbaden: Springer VS, S. 149–168.
Kutscher, Nadia/Otto, Hans-Uwe (2014). Digitale Ungleichheit – Implikationen für die Betrachtung medialer Jugendkulturen. In: Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.), Digitale Jugendkulturen. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS, S. 283–298.
Leven, Ingo/Schneekloth, Ulrich (2015). Freizeit und Inter¬net: Zwischen klassischem Offline und neuem Sozialraum. In: Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun (Hrsg.), Jugend 2015. Eine pragmatische Generation im Aufbruch. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, S. 111–152.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2015). JIM-Studie 2015 – Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart. www.mpfs.de/fileadmin/ JIM-pdf15/JIM_2015.pdf [Zugriff: 28.04.2016].
Schneekloth, Ulrich (2015). Jugend und Politik: Zwischen po¬sitivem Gesellschaftsbild und anhaltender Politikverdrossenheit. In: Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun (Hrsg.), Jugend 2015. Eine pragmatische Generation im Aufbruch. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, S. 153–200.
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels (2012). Von Alibi-Veranstaltungen und „EverydayMakers“. Ansätze von Partizipation im Netz. In: Lutz, Klaus/Rösch, Eike/Seitz, Daniel (Hrsg.), Partizipation und Engagement im Netz. Neue Chancen für Demokratie und Medienpädagogik. München: kopaed. S. 21–42.
Niels Brüggen: stichwort Transhumanismus
Die Idee des Transhumanismus kann mit einer Szene aus dem Filmklassiker Matrix pointiert und dabei zugleich ein Kernproblem benannt werden. Während Agent Smith den Heilsbringer und Retter der Menschheit Neo foltert, wirft er ihm vor: „Der Mensch ist eine Krankheit! Das Geschwür dieses Planeten! Ihr seid wie die Pest ... und wir sind die Heilung!“ Smith klagt an, wie unverantwortlich die Menschheit auf der Erde agiere. Die Pointe dabei: Dem Mensch Neo wird von einem Programm vorgehalten, wie unzulänglich die Menschheit gemessen an humanistischen Werten agiert. In dieser Szene kommt ein Verständnis zum Ausdruck, in welchem humanistische Werte durch technologischen Fortschritt treuhändisch vertreten werden – in diesem Fall durch Maschinen.Während der Transhumanismus in Deutschland derzeit in der wissenschaftlichen Diskussion gerade Fuß fasst, ist diese Strömung im englischsprachigen Raum und insbesondere im Silicon Valley bereits weit verbreitet.
Mit technologischem Fortschritt die Mängel des Menschen auszugleichen, kann als Leitgedanke des Transhumanismus angesehen werden und bezeichnet zugleich die Vision großer IT-Konzerne. Vom Humanismus und der Aufklärung unterscheidet den Transhumanismus dabei, dass die grundsätzliche Achtung der gegebenenfalls auch mängelbehafteten menschlichen Existenz aufgegeben wird. So werden von Seiten der Transhumanistinnen und -humanisten Hoffnung unter anderem in die Eugenik gesetzt, um Krankheiten und Behinderungen bei Menschen zu vermeiden.
Ein Ansatz, der aus humanistischer Perspektive zumindest als Grundsatzfrage diskutiert wird. Im Alltag sind Ideen des Transhumanismus allerdings durchaus schon angekommen – wenn beispielsweise bei der Routenplanung das Navi die spritschonende Route vorschlägt und damit menschliche Entscheidungen beeinflusst. Kritisch zu beobachten bleibt jedoch, wie frei der menschliche Wille bleibt. Denn hier liegt das angesprochene Kernproblem: Mit der Ideologie des Transhumanismus kann ein techno-totalitäres System begründet werden, das nicht auf Bildung des Menschen, sondern Zwang durch technologische Einhegung von sanktionierten Handlungsmöglichkeiten setzt. Der Mensch in der Matrix …
Niels Brüggen: Mein Smartphone stiehlt mir meine Sprache!
Ich habe seit einiger Zeit ein neues Smartphone. Schmerzlich vermisse ich die ausfahrbare Volltastatur des alten Geräts, denn das Vertippen auf den Bildschirmfeldern hat nun auch bei mir Einzug gehalten. Zugleich erlebe ich jetzt neue Begegnungen mit der KI (daraus macht mein Telefon kurzerhand Kinder) und wir sind mitten im Problem: Mein neues Telefon klaut mir meine Sprache. Jedenfalls fühlt es sich so an, wenn ich ständig die automatisch ausgewählten Worte korrigieren muss, um meine zu behalten. MyHammer wird zu Mohammed, Holzfenster zu Holzgestell oder um wieder zu den Kindern zurückzukommen wurde Schleich-Tieren zu Schlechteren.
Im Einzelfall ist das sogar amüsant. Im unerschöpflichen Netz werden sogenannte Autocomplete-Fails gesammelt, bewertet und finden sich dann sogar zwischen Buchrücken gedruckt im Handel wieder. In erster Linie sind diese Autocomplete-Fails aber schlicht nervig. Nachrichten oder Notizen werden sinnentstellt und Kommunikation erschwert. Im Wechselspiel zwischen Eintippen, Autokorrektur und Korrektur wird zugleich ein Prozess der wechselseitigen Abstimmung von Mensch und Technik sichtbar. Denn ebenso, wie mein Telefon ‚lernt', welche Worte ich in welchen Kombinationen häufig nutze, stimme ich meine Wortwahl auf die erwartbaren Vorschläge des Telefons ab. Meine Sprache wird mir bewusst, wenn mir meine Worte genommen werden. Und zugleich verändere ich meine Sprache und passe sie dem Gerät oder vielmehr der fehleranfälligen Tastatur und der Vervollständigungssoftware an, um möglichst selten korrigieren zu müssen.
Wir kennen uns nun schon besser – mein Smartphone und ich. Mittlerweile habe ich viel seltener Wutausbrüche, weil mein Telefon einfach nicht schreibt, was ich (mit kleinen tastaturbedingten Fehlern) eingegeben habe. Alles gut also. Oder doch nicht ganz? Denn ich muss an diese Software denken, die über eine Sprachanalyse Persönlichkeitsmerkmale der sprechenden bzw. schreibenden Person erfassen können soll. Demnach geben unter anderem Wortwahl, Satzbau und -länge weitaus mehr von uns preis als nur die Inhalte, die wir kommunizieren wollen. Wer unsere Sprache auswertet, erhält demnach tiefe Einblicke auch in die unbewusste Persönlichkeitsstruktur. Was, wenn meine Autovervollständigungssoftware auch entsprechende Potenziale entwickelt? Oder eher realistisch: Wenn Daten der Internet-Kommunikation für solche Analysenherangezogen werden? Angesichts der Bedeutung von Smartphones und Tablets in der Online-Kommunikation würde Autocomplete die Ergebnisse verfälschen – oder gar unsere Persönlichkeit beeinflussen?
Ich könnte natürlich die automatische Vervollständigung bzw. Wortvorschläge abschalten. Darüber hinaus kann ich auch wählen, ob mein Smartphone „Meinen Schreibstil verwenden“ soll. So kann mein Telefon meinen Schreibstil lernen, sichern und mit anderen Geräten synchronisieren. Und plötzlich bin ich mir nicht so ganz sicher, wie weit diese Software noch von der Sprachanalyse weg ist und was sie von meinem Unbewussten weiß. Und: Wie gut haben Sie und Ihr Smartphone sich schon kennengelernt?
Niels Brüggen/Klaus Lutz: Smart youth work – zur digitalen Zukunft der Sozialen Arbeit
Seit dem 1. Juli 2017 hat Estland die EU-Ratspräsidentschaft inne. Neben anderen hochbrisanten Themen, wie der östlichen Partnerschaft, wählte Estland die Digitalisierung als eines der Schwerpunktthemen dieser Legislatur. Genauer: Smart youth work.Nach Big Data Analytics und Smart Data kommt nun also Smart youth work. Bei der einen oder dem anderen mag das reflexhafte Abwehrreaktionen auslösen. Bereits häufiger wurde Computern das Potenzial zugesprochen alles besser, genauer und irgendwie intelligenter zu erledigen. Aber rückblickend kam es dann doch immer anders als von Technologie- Evangelisten vorhergesagt. Aber es kam. Was ist also zu erwarten, wenn jetzt Smart youth work als ein Kernthema der europäischen Jugendpolitik gesetzt wird? Geht es dabei primär um den digitalen Binnenmarkt, für den auch die Soziale Arbeit als Geschäftsfeld von IT-Konzernen geöffnet werden soll? Geht es um reine Effizienzsteigerung durch den Einsatz digitaler Technologien bei gleichzeitiger Einsparung pädagogisch qualifizierter Fachkräfte? Wer oder was steht im Fokus solch einer Entwicklung?
Vor dem Hintergrund dieser Fragen ist dieses Zitat von Madis Lepajõe, Staatssekretär im estnischen Jugendministerium, interessant: “Smart youth work will help us identify new methods for targeting youth through evolving technologies and innovation. By involving the youth in the development of smart solutions we also support their digital competences.”Lepajõe spricht zwei wesentliche Aspekte an, die nicht nur in der Jugendarbeit, sondern in einer von Digitalisierung geprägten Gesellschaft für alle Felder der Sozialen Arbeit relevant sind. Zum einen betont er die Möglichkeit, mit digitalen Innovationen neue Ansätze zu gestalten, um junge Menschen anzusprechen und zu erreichen. Diese Idee begleitet verschiedene Felder der Jugendhilfe bereits seit vielen Jahren. Kontaktmöglichkeiten über WhatsApp oder Facebook sind zwar in vielen Einrichtungen umstritten.
Einschlägige Erfahrungen sprechen aber dafür, dass jugendaffine digitale Dienste tatsächlich niederschwellige Möglichkeiten der Ansprache und Kontaktaufnahme bieten. Für alle Felder der Sozialen Arbeit erwachsen daraus Chancen, aber auch Herausforderungen. Dazu gehört, dass die genutzten Dienste in der Regel nicht für die Zwecke pädagogischer Arbeit geschaffen wurden und in den Code andere Verwendungsweisen eingeschrieben sind. Dazu gehört auch, dass bei der Nutzung digitaler Dienste häufig nicht die fachlichen Ansprüche an den Datenschutz gewahrt werden können. Wenn Beratungsangebote auch WhatsApp als Kontaktmöglichkeit anbieten, werden damit nicht nur neue Wege für die (oder zur) Zielgruppe geschaffen. Vielmehr verändert der technische und strukturelle Rahmen auch die professionelle Praxis. Und dieser Veränderungsprozess muss reflektiert werden.
Hier kommt der zweite von Lepajõe angesprochene Aspekt ins Spiel. Für ihn ist es Smart youth work, die digitale Innovationen gestaltet und dabei junge Menschen aktiv beteiligt. Er akzentuiert Jugendarbeit (oder allgemeiner wieder Soziale Arbeit) nicht in der Rolle, auf die von außen kommenden Entwicklungen zu reagieren – auf jene neue App, auf dieses neue Betriebssystem, auf jene neue Plattform. Soziale Arbeit entwickelt Ideen für sinnvolle Einsatzszenarien, Handlungskonzepte und sogar Anwendungen. Das gab und gibt es auch in Deutschland. Und wenn man sich den Katalog von Softwarelösungen für soziale Einrichtungen und Unternehmen in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft (www.socialsoftware. de/softwarekatalog.html) ansieht, wird schnell deutlich, dass es nicht nur um die großen digitalen Plattformen geht, die in der Lebenswelt der Zielgruppen eine große Bedeutung haben.
Das Spektrum der Funktionsbereiche, die digital unterstützt werden können, reicht wesentlich weiter und berührt in einigen Bereichen zweifellos das eigene Professionsverständnis – gerade bei der Planung von Maßnahmen oder auch der Falldokumentation. Anregend ist an Lepajões Aussage grundsätzlich das Verständnis, dass pädagogische Fachkräfte in der Sozialen Arbeit selbst die Digitalisierung (mit-)gestalten. Und das gilt, wenn Jugendarbeit (in der Tradition der handlungsorientierten Medienpädagogik und der aktiven Medienarbeit) Jugendliche dazu motiviert, selbst digitale Technologien zur Bearbeitung sozialer Themen zu nutzen. Und es gilt gleichermaßen, wenn social software in verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit eingesetzt wird.
Entsprechend steht in dieser Ausgabe von merz | medien + erziehung nicht die Frage ‚Was macht die Digitalisierung mit der Sozialen Arbeit?‘ im Fokus. Die Frage wird vielmehr umgekehrt und danach gefragt ‚Was machen die Menschen mit der Sozialen Arbeit, wenn sie digitale Medien nutzen?‘. Was können sie gestalten? Wo entstehen Spielräume? Wo werden (neue und alte) Grenzen sichtbar? Im 15. Kinder- und Jugendbericht (KuJ) werden Zumutungen und Herausforderungen des digital-vernetzten Lebens diskutiert, die Jugendhilfe, Jugendarbeit oder allgemein Soziale Arbeit aufgreifen muss. Interessanterweise müssen pädagogische Fachkräfte in diesen Arbeitsfeldern ja ebenfalls mit diesen Zumutungen und Herausforderungen umgehen. Auch die Fachkräfte sind Grenzarbeiter, wie im KuJ-Bericht die Jugendlichen bezeichnet werden, die sich im Netz zwischen widersprüchlichen Anforderungen (Datenschutz) und Funktionslogiken (Plattformen) bewegen. Die vorliegende Ausgabe will diese Grenzarbeit von einer eher individuellen Ebene auf eine überindividuelle heben und übergreifende Phänomene ebenso wie konkrete Beispiele aus den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit betrachten. Sechs Jahre nach merz 3/2011 Jugendarbeit und social networks (Heftredaktion Jürgen Ertelt und Niels Brüggen) mit der online verfügbaren Momentaufnahme der Praxis in der Jugendarbeit mit digitalen Tools (www.merz-zeitschrift.de/ ePublikation_Jugendarbeit_und_socialnetworks) greift merz diese Fragestellung wieder auf und weitet den Fokus dabei auf das Feld der Sozialen Arbeit.
Denn die Diskussionen, die in der Jugendarbeit seit sechs Jahren noch nicht abgeschlossen sind, scheinen jetzt auch in anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit relevant zu werden. Zugleich können Akzentverschiebungen in der Diskussion ausgemacht werden. Während 2011 neue Ansätze der Arbeit mit der Zielgruppe und wie digitale Tools hier entsprechend der Ziele von Jugendarbeit genutzt werden können im Vordergrund standen, stellt sich heute die Frage, welche Entwicklungen im Arbeitsalltag von Fachkräften mit digitalen Tools verbunden sind – etwa im Bereich der Falldokumentationen, der Jugendhilfeplanung et cetera. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Beiträgen der vorliegenden Ausgabe wider.Zu diesem
Heft:
Niels Brüggen eröffnet das Schwerpunktthema, indem er exemplarisch Haltungen in der Pädagogik zu Medien aufgreift, die sich auch im aktuellen Diskurs um digitale Medien erkennen lassen. Die Pole zwischen Technikskepsis und -euphorie setzt Brüggen in ein Verhältnis zu früheren pädagogischen Positionen. Hinter diesen Haltungen, so die These, stehen aber grundsätzliche Annahmen über Medien, mit denen verbunden ist, welche Position Fachkräfte zu (digitalen) Medien einnehmen. Tradierte Medienvorstellungen sind dabei von digitalen Dingen durchaus herausgefordert. Entsprechend skizziert er ein Medienverständnis, das eine Basis für eine eigene Position anbietet. Digitale Medien sind in die Handlungskonzepte Sozialer Arbeit immer stärker eingebunden und verändern somit auch die Rahmenbedingung Sozialer Arbeit nachhaltig.
Nadia Kutscher betrachtet dieses Phänomen unter zwei Aspekten. Zum einen richtet sie den Blick auf die Mediatisierung und nimmt damit die mediale Entwicklung von Kommunikation und Interaktion in den Fokus. Zum anderen richtet sie den Blick auf die Informatisierung, und stellt die Erzeugung, Verbreitung und Prozessierung von Information ins Zentrum. Aus dieser Analyse leitet sie die fachlichen Verpflichtungen für Handlungsfelder der sozialen Arbeit ab und stellt somit ein Analysemodell für die Veränderungen, die sich aus der Logik der Digitalisierung für die Soziale Arbeit ergeben, zur Verfügung. In ihrem Fazit weist sie eindringlich darauf hin, dass die aufgeworfenen Fragen nicht ausschließlich in individualisierter Form oder auf der Ebene der Organisation bearbeitet werden können, sondern erheblicher Handlungsbedarf auf der politischen Ebene besteht.
Barbara Buchegger und Louise Horvath nähern sich den Herausforderungen der digitalen Jugendarbeit aus europäischer Sicht. In der Screenagers- Studie wurde mit fünf Leitfragen erfasst, welchen Stellenwert die digitale Jugendarbeit exemplarisch in fünf verschiedenen Ländern der Europäischen Union besitzt. Unbestritten ist dabei der Stellenwert von Medien im Alltag Jugendlicher. Der Einsatz von Medien in der Jugendarbeit stellt sich in den verschiedenen Ländern aber sehr unterschiedlich dar. Dies ist unter anderem auch auf die sehr unterschiedlichen Einstellungen gegenüber der Online-Welt zurückzuführen. Hier gilt es, Konzepte zu erarbeiten, um diese Unterschiede zu nivellieren.
In einem Interview mit Prof. Dr. Richard Reindl geht Klaus Lutz der Frage nach, ob E-Beratung einen neuen Standard in der Beratungsarbeit setzt oder ob es sich um eine Ergänzung der vielfältigen Betreuungsangebote handelt. Braucht es ganz neue Qualifikationen für eine erfolgreiche Beratung oder sind die Erfahrungen aus der Faceto- Face Beratung zum großen Teil übertragbar? Wird in Zukunft die Maschine die Stelle des Beraters einnehmen? Werden vielleicht sogar die Therapeutinnen und Therapeuten der Zukunft durch Social Bots ersetzt? Mit seiner langjährigen Erfahrung aus der Weiterbildung von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen zu Online-Beraterinnen und -Beratern gibt Prof. Richard Reindl interessante Einblicke in die Entwicklung der E-Beratung und die mediengestützte Sozialarbeit. Die digitale Erfassung von standardisierten Vorgängen sowie die digitale Erfassung von Daten aller Art liegen im Trend. Dies lässt sich unschwer an Entwicklungen wie dem papierlosen Büro, der digitalen Aktenführung oder der Steuererklärung über ein Onlineportal ablesen. Diese Entwicklung macht auch vor der Jugendarbeit nicht halt.
Joshua Weber setzt sich in seinem Beitrag mit digitalen Dokumentationssystemen auseinander, wie sie zum Beispiel in der pädagogischen Falldokumentation zum Einsatz kommen. Er sieht in dieser Entwicklung durchaus Vorteile, warnt aber zugleich vor der Gefahr, dass eine zu starke Standardisierung eine Begrenzung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen mit sich bringt. Er kommt zu dem Schluss, dass eine fachlich begründetet Standardisierung in der Falldokumentation durchaus zur Professionalisierung beitragen kann, aber gleichzeitig genügend Raum für ‚Freitexte‘ bleiben muss, um ein vertieftes Fallverständnis nach Aktenlage zu ermöglichen.Mit dem Aufruf zu einer Blogparade zum Thema „Jugendarbeit im digitalen Wandel“ versucht diese merz, eine neue Diskurskultur anzustoßen. Anhand von sieben Leitfragen wurden Expertinnen und Experten aus der medienpädagogischen Forschung und Praxis gebeten, in eine Diskussion einzutreten.
Die im Heft abgedruckten Statements sind nur ein Ausschnitt aus den eingegangenen Texten. Die Volltexte sind über merz-zeitschrift.de und den Medienpädagogik Praxis-Blog verfügbar. Vom 15. August bis 15. September 2017 besteht die Möglichkeit, sich online an diesem Diskurs zu beteiligen. Niels Brüggen und Klaus Lutz laden alle Interessierten herzlich dazu ein.
Niels Brüggen: 'Digitale Dinge' in der pädagogischen Arbeit
Die Digitalisierung transformiert unsere Gesellschaft – und so auch die Arbeitsbereiche der Sozialen Arbeit in der Jugendhilfe, der Altenpflege et cetera. Oft werden besondere technische Aspekte hervorgehoben, die diese Transformation begründen. Im Artikel wird dagegen die Frage in den Fokus gerückt, welche Rolle die Menschen und ihre Haltung in diesem Prozess spielen.
Literatur:
Andrasch, Matthias (2016). Der Data Breakthrough – Du und die Medienpädagogik in der digitalen Krise? (v0.1). www.matthias-andrasch.de/2016/der-data-breakthrough-du-unddie-medienpaedagogik-in-der-digitalen-krise-entwurf [Zugriff: 27.07.2017].
Gapski, Harald (2015). Medienbildung in der Medienkatastrophe – Big Data als Herausforderung. In: Gapski, Harald (Hrsg.) ,Big Data und Medienbildung. München: kopaed, S. 63–79.
Hoffmann, Dagmar (2017). Mediensoziologie. In: Schorb, Bernd/Hartung-Griemberg, Anja/Dallmann, Christine (Hrsg.),Grundbegriffe Medienpädagogik: kopaed, S. 308–312.
Schorb, Bernd (2011). Zur Theorie der Medienpädagogik. In: Moser, Heinz/Grell, Petra/Niesyto, Horst (Hrsg.), Medienbildung und Medienkompetenz. Beiträge zu Schlüsselbegriffen der Medienpädagogik. München: kopaed, S. 81–94.
Schorb, Bernd (1989). „Kids & Chips“. Was bringt der Computer der Jugendarbeit? In: Schorb, Bernd/Theunert, Helga (Hrsg.), Ran an den Computer? Zwischen Euphorie und Distanz. Die IuK-Techniken in der Jugendarbeit. Opladen: Leske + Budrich, S. 33–48.
Sesink, Werner (2003). Wozu Informatik? Ein Antwortversuch aus pädagogischer Sicht. www.waste.informatik.hu-berlin.de/~bittner/tdi/2003/pp/pp_sesink_030119.pdf [Zugriff: 27.07.2017]
Theunert, Helga (2013). Zugänge zum Subjekt. Sinnverstehen durch Kontextualisierung. In: Hartung, Anja/Lauber, Achim/Reißmann, Wolfgang (Hrsg.), Das handelnde Subjekt und die Medienpädagogik. Festschrift für Bernd Schorb. München: kopaed, S. 129–148.
Tulodziecki, Gerhard (2016). Aktuelle Debatten beim GMK-Forum 2015 im „Rückspiegel“. Welchen Lösungsbeitrag können medienpädagogische Grundlagen leisten? In: Brüggemann, Marion/Knaus, Thomas/Meister, Dorothee M. (Hrsg.), Kommunikationskulturen in digitalen Welten. Konzepte und Strategien der Medienpädagogik und Medienbildung. München: kopaed, S. 83–99.
Wagner, Ulrike/Würfel, Maren (2013). Gesellschaftliche Handlungsfähigkeit in mediatisierten Räumen. In: Hartung, Anja/Lauber, Achim/Reißmann, Wolfgang (Hrsg.) ,Das handelnde Subjekt und die Medienpädagogik. Festschrift für Bernd Schorb. München: kopaed, S. 159–167.
Niels Brüggen: Zwischenstand der Blogparade „Jugendarbeit im digitalen Wandel – Zur Diskussion gestellt“
- Warum sollte sich Jugendarbeit mit digitalen Medien auseinandersetzen?
- Welche neuen Methoden, Ansätze oder Inhaltsbereiche für die Jugendarbeit entwickeln sich durch den Einbezug digitaler Medien?
- Was kann Medienpädagogik zur positiven Gestaltung des „digitalen Wandels“ beitragen?
- Was sollte im Zuge der sogenannten Digitalisierung nicht passieren?
- Wie mit dem Dilemma umgehen, dass wir für unsere Arbeit kommerzielle Produkte nutzen, die Jugendlichen nicht ermöglichen, ihre privaten Daten ausreichend zu schützen? ggf. Welcheweiteren Herausforderungen sehen Sie/siehst du?
- Sind medienfreie Angebote für Jugendliche in einer von Medien dominierten Welt notwendig? Warum?
- Wie sieht der Arbeitsalltag in der Jugendarbeit in fünf Jahren aus? Welche neuen Qualifikationen brauchen Fachkräfte in der Jugendarbeit und Medienpädagoginnen und Medienpädagogen dann?
„Jugendverbände haben eine medienpädagogische Verantwortung" – so titelt der erste von bislang sechs Beiträgen zur Blogparade „Jugendarbeit im digitalen Wandel – Zur Diskussion gestellt". Lambert Zumbrägelgreift die zur Diskussion gestellten Fragen in seinem Beitrag im Blog jugendarbeit-medial.de vom Bezirksjugendring Unterfranken (in Bayern) auf.
Neben einer grundsätzlichen Positionierung von Jugendarbeit als Bildungsträger, der sich selbstverständlich wie andere Bildungsträger auch mit der Digitalisierung befassen müsse, führt er unter den Schlagworten Werkzeuge, Methoden und Inhalte konkrete Beispiele auf, wie dies in der Jugendarbeit geschehen kann. Lohnenswert ist nicht nur die Lektüre, sondern auch, den Links im Beitrag zu folgen, unter anderem zu fundus-jugendarbeit.de Martin Diem, Mitglied der AG Digitale Lebenswelten des BDKJ-Bundesverbands, hat in seinem gleichnamigen Beitrag die Frage „Sind medienfreie Angebote für Jugendliche in einer von Medien dominierten Welt notwendig?“ herausgegriffen. Angesichts eines unscharfen Begriffs von Medien (auch in der Frage der Blogparade) unterscheidet er zwischen dem Gebrauch von Medien bei der Vorbereitung und Planung von Medien (sehr hilfreich, aber zugleich mit dem Risiko der Exklusion verbunden) und der Mediennutzung bei der Durchführung.
Auch wenn Diem Angebote anspricht, bei denen ein Medienverzicht wenig sinnvoll erscheint, beantwortet er „die Frage nach der Notwendigkeit medienfreier Angebote, mindestens in der Jugendverbandsarbeit, eindeutig mit ‚JA'". Differenzierter nachzulesen in seinem Beitrag. Mit zwei Beiträgen haben sich Anja Gramoll und Michael Grunewald vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) für Jugendpolitische Bildung an der Blogparade beteiligt und ebenfalls alle Fragen bearbeitet. Als Beitrag zum digitalen Wandel wünscht sich Gramoll darin eine Medienpädagogik, die „ermutigt, am Thema zu arbeiten, zu forschen, auszuprobieren, Fehler zu machen, daraus zu lernen und Erfahrungen zu sammeln und zu reflektieren". Mit Blick auf Entwicklungen, die zu vermeiden sind, weist Grunewald auf Versuche hin, Jugendliche sowohl von Erwachsenen mit Begeisterung für den digitalen Wandel als auch von den diesen Ablehnenden zu instrumentalisieren.
Dagegen wünscht er sich, dass das Thema wesentlich breiter als bisher – auch ökonomische, ökologische und soziale Fragen einschließend – mit Jugendlichen bearbeitet werden sollte, ohne Jugendlichen die Wahrheiten der Erwachsenen überzustülpen. Adrian Roeske, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Alice Salomon Hochschule Berlin, greift in „Digitalisierung: Ein blinder Fleck im fachlichen Handeln?" die Frage nach den Qualifikationen auf. In Interviews mit Fachkräften der Sozialen Arbeit hat er Abgrenzungsversuche der Befragten gegenüber der Digitalisierung identifiziert – im Kontrast zu einer eigentlich wünschenswerten Reflexion, „welche Aspekte in der Fachlichkeit unter den Bedingungen von Digitalisierung relevant werden".
Schließend zeige sich „die Notwendigkeit einer internen Reorganisation [der Ausbildungscurricula], um Digitalisierung im Rahmen fachlichen Handelns gezielter zu reflektieren.“ Einen ganz konkreten Einblick in Jugendarbeit mit digitalen Medien zeigt schließlich Anja Gebauer mit „Mobil im Museum – die Auftaktveranstaltung" auf. Wie der Titel des Beitrags bereits verrät, geht der Beitrag nicht direkt auf die Fragestellungen der Blogparade ein – kann aber dennoch als ein Beispiel gesehen werden, wie digitale Medien auch im ländlichen Raum in der kulturellen Bildung neue Ansätze ermöglichen.Alle vollständigen Artikel der Blogparade finden Sie unter
Niels Brüggen: "eine Puppe, die spricht"
Die Digitalisierung hält ja auch wirklich überall Einzug. So auch im Wunschzettel von Kindern in Form von digitalen Spielwaren. Bei uns war es konkret „eine Puppe, die spricht“. Nun gut, hier könnte eingewendet werden, die gibt es ja schon lange. Also Puppen, die nach einem Druck auf Bauch oder Rücken freundlich rufen „Spiel mit mir!“. Aber eine derart mechanische Dialogsteuerung mutet Kindern heute ähnlich antik an wie ein Wählscheibentelefon. Zumal, wenn heute schon ein auf dem Flohmarkt erstandener Plastikvogel mit verzerrter Zwitscherstimme diktierte Sätze nachzwitschert.Die Erwartung, die mit „eine Puppe, die spricht“ ausgedrückt wird, umfasst vielmehr vollwertige Dialoge.
Also genau genommen eine Puppe, die nicht nur spricht, sondern auch versteht. Und dann wieder sinnvoll reagiert. Dank Digitalisierung und künstlicher Intelligenz heute doch eigentlich kein Problem mehr. Und irgendwie muss ich unweigerlich an den Turing-Test denken. Jenen Test, den sich Alan Turing 1950 ausdachte, um abzuschätzen, ob ein Computersystem ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen erreicht hat. Ganz kurz geschildert ist die Idee, dass man so recht ja nicht weiß, wie Intelligenz gefasst werden kann. So gilt beim Turing-Test eine Maschine als intelligent, wenn ein Mensch nicht mehr erkennt, ob er mit einer Maschine, einem Computer oder einem anderen Menschen interagiert.
Plötzlich stand sie da, auf meinem Schreibtisch. Die Puppe, die sprechen und verstehen ‚kann‘. Mit digitaler Spracherkennung. Echtes Hightech-Spielzeug. Wir hatten es als Testprodukt bekommen. Das Kind war zunächst im Glück – und zugleich etwas enttäuscht, dass wir sie wieder zurückgeben müssten. Vielleicht wäre ich ja auch noch zu überzeugen gewesen, das Testprodukt nicht zurückzugeben.Und dann kam der Turing-Test. Nicht ganz unbekannt war mir die Aufforderung der Puppe, das eben Gesagte doch bitte noch einmal zu wiederholen. Ich musste an schwerhörige Großeltern denken. Interessant, dass es doch durchaus etwas Mut kostet, richtig laut mit so einer sprechenden Puppe zu sprechen. Mit gefestigter Stimme war die Puppe dann auch eher der Meinung, verstanden zu haben. Nur was?
Hätten Kinder etwas mehr Sinn für Dada, wäre die Puppe der Renner. Es hat schon semantischen Charme, wenn die Frage, was im Bild zu sehen ist, mit „Eine Fliege“ beantwortet wird und die Puppe dann freudig ruft „Richtig. Eine Spinne!“. Das war aber schon zu dem Zeitpunkt, als das Kind begonnen hatte, bewusst zu probieren, wie falsch es antworten kann, um trotzdem ein jubelndes „Richtig!“ auf die Rate- und Reimspiele zu erhalten. Das war nach der Phase der Verzweiflung, in der zunächst doch die eigene Unzulänglichkeit vermutet wurde. Beim Tinkern, also dem Herumprobieren, was so geht, war dann aber eine neue Motivation zu erkennen. In gewisser Weise war es eine Umkehrung eines Turing-Tests, bei dem die Kreativität menschlichen Denkens im Vorschulalter sichtbar wurde, Spracherkennungstechniken auszutricksen. „Im Sommer ist es heiß, da wünsche ich mir ein Schokoladen…“ „Schweiß." Richtig!“ Wir haben gemeinsam gelacht.Und das Zurückschicken war dann kein großes Problem mehr.
Ich habe zwischenzeitlich auch gehört, dass künstliche Intelligenz mit Kindersprache und in Dialogen mit Kindern immer noch Schwierigkeiten hat. Das wäre doch vielleicht eine neue Messlatte für den Turing-Test.
Niels Brüggen und Jürgen Ertelt: Jugendarbeit ohne social media?
‚Jugendarbeit mit social media‘ ist keine Selbstverständlichkeit. Für Jugendliche sind aber Soziale Netzwerkdienste integraler Bestandteil ihrer Lebenswelt. Der Beitrag beleuchtet dieses Spannungsfeld und die Veränderungen, die als Chancen und Herausforderungen aus der zunehmenden Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche mit Medien und insbesondere social media für Jugendarbeit folgen.
Literatur:
Fuhs, Burkhard/Lampert, Claudia/Rosenstock, Roland (Hrsg.) (2010). Mit der Welt vernetzt. Kinder und Jugendliche in virtuellen Erfahrungsräumen. München: kopaed.
Gräßer, Lars (2011). Neue Formate für die Medienbildung? In: mekonet – dossier zur medienbildung. www.bit.ly/e25GFz; www.piratepad.net/OIhidAJaUg [Zugriff: 06.05.2011]
JFF (2010). webhelm. die werkstatt-community für daten, rechte und persönlichkeit. Materialien für pädagogische Fachkräfte. Herausgegeben von JFF – Institut für Medienpädagogik und Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern e. V. www.webhelm.netzcheckers.net///assets/webhelm/dateibox/1292269402_webhelm_Broschuere. pdf [Zugriff: 06.05.2011]
Krotz, Friedrich (2009). Mediatization: A Concept With Which to Grasp Media and Societal Change. In: Lundby, Knut. (Hrsg.), Mediatization. Concept, changes, consequences. New York: Peter Lang Publishing, S. 21-40.
Lundby, Knut (2009). Introduction: ‘Mediatization’ as Key. In: ders. (Hrsg.), Mediatization. Concept, changes, consequences. New York: Peter Lang Publishing, S. 1-18.
Poli, Daniel (2010). Digitale Jugendbildung am Beispiel der Kampagne „watch your web“, Online-Dokument unter www.jugendhilfeportal.de/wai1/showcontent. asp?ThemaID=6159 [Zugriff: 06.05.2011]
Rheingold, Howard (2008). Using Participatory Media and Public Voice to Encourage Civic Engagement. In: Bennett, W. Lance (Hrsg.), Civic Life Online. Learning How Digital Media Can Engage Youth. The John D. and Catherine T. MacArthur Foundation Series on Digital Media and Learning. Cambridge, MA: MIT Press, S. 97-118. www.mitpressjournals.org/doi/pdf/10.1162/dmal.9780262524827.097 [Zugriff: 06.05.2011]
Schorb, Bernd/Würfel, Maren/Kießling, Matthias/Keilhauer, Jan (2010). MeMo_SON10 – Medienkonvergenz Monitoring Soziale Online-Netzwerke-Report. www.unileipzig.de/~mepaed/sites/default/files/MeMo_SON10.pdf [Zugriff: 06.05.2011]
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2010). Persönliche Informationen in aller Öffentlichkeit? Jugendliche und ihre Perspektive auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte in Sozialen Netzwerkdiensten. Teilstudie im Projekt „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. www.jff.de/dateien/JFF-Bericht_Datenschutz_Persoenlichkeitsrechte. pdf [Zugriff: 06.05.2011]
Niels Brüggen und Jürgen Ertelt: Editorial
Weit über 300 Kolleginnen und Kollegen der Medienpädagogik haben sich selbstorganisiert in einer offenen Gruppe auf Facebook zusammen geklickt und sind mit täglich neuen Beiträgen, Links, Fragestellungen und hilfreichen Antworten aktive Nutzerinnen und Nutzer einer bis dato nicht möglichen Form des fachlichen Austauschs. In nur wenigen Monaten ist dieser offene, unverbindliche, freiwillige und doch effiziente Zusammenschluss zu einem Anlaufpunkt für unterschiedliche Inhalte aus Schule, Jugendarbeit und Politik gewachsen. Interdisziplinär und auf kurzen Wegen werden hier Ideen und Meinungen kommuniziert.
Aus diesem Pool des informellen und informativen Austauschs gab es (beispielhaft für eine weitere Facette von social media in der Jugendarbeit) auch den Hinweis auf ein Videoprojekt an einer Schule in Baden-Württemberg: Der Energiekonzern EnBW hatte Anfang des Jahres einen Videowettbewerb zum Thema Kernenergie ausgeschrieben. Der Anti-Atomkraft-Clip, der mit medienpädagogischer Begleitung in einer Hauptschule entstand, wurde zwar aufgrund urheberrechtlicher Einwände nicht zum Wettbewerb zugelassen, aber dennoch auf youtube.com veröffentlicht. Angestoßen durch Medienpädagoginnen und -pädagogen startete eine virale Verbreitung des Videos als Beispiel für Jugendpartizipation mit Medien zu dem wieder aktuell gewordenen Thema „Atomausstieg“. Das Video wie auch die Hintergrundgeschichte kursierte zunächst in den Netzmedien, fand dann aber auch Einzug in die klassische Berichterstattung in Zeitung und TV (dokumentarisch erzählt auf www.storify.com/bjoernfr/kritischeenergiereporter). Das Ergebnis des Videoprojekts stand Wochen nach Abschluss plötzlich im medialen Fokus.
Die Selbstorganisation von medienpädagogisch Tätigen auf Facebook und die Geschichte um die ‚Anti-AKW-Kids‘ sind zwei Phänomene, die Schlaglichter auf die Bedeutung von social media für Jugendarbeit werfen. Selfempowerment ohne zu fragen und abseits bestehender Strukturen zeigen das Potenzial der Nutzung von frei zugänglichen Online-Vernetzungshilfen auf. Die Möglichkeit, eigene kritische Standpunkte vermeintlich mächtigen Meinungslobbyisten entgegenzustellen, ist ein weiterer Aspekt, der auf der schnellen Verbreitung und vielfachen Bewertung und Unterstützung medialer Produkte und der dabei entstehenden, aber unkontrollierbaren Resonanz aufsetzt.Die Assoziation zu den Umwälzungen in Nordafrika hier ‚im Kleinen‘ scheint nahezuliegen: Sind dies Facebook-Revolutionen oder ist Facebook ein revolutionäres Werkzeug? Via Kurznachrichtendienst Twitter haben wir von Christoph Kappes und seiner Analyse der Leistungsfähigkeit von social media in Umbruchzeiten erfahren. Seine Betrachtung beschreibt für uns auch das Potenzial für soziale Arbeit mit Jugendlichen und social media. Zu berücksichtigen sind aber auch die Problembereiche von social media und die Herausforderungen für pädagogische Arbeit, die daraus entstehen.Wir, die betreuende Fachredaktion dieser merz-Ausgabe, haben uns schon einige Zeit mit den Fragen einer möglichen online-Jugend(medien) arbeit befasst. Dabei stellten wir fest, dass eine Übersicht zu den bereits bestehenden Aktivitäten von Jugendarbeit mit und im Netz noch nicht erfasst wurde.
merz startete daraufhin einen call for projects, natürlich in social networks. Die Resonanz war überraschend eindrucksvoll: Über 1.000 Aufrufe aber nur 21 Beiträge stehen vielleicht symbolisch für das große Interesse am Thema, aber zugleich die noch nicht systematisierten Erfahrungen der Arbeit. Jugendarbeit mit social media ist keineswegs selbstverständliche Praxis. Die in diesem Heft versammelten Projekte und Initiativen geben aber Anregungen für mögliche Zugänge zum erweiterten digitalen Lebensraum Jugendlicher mit (medien-)pädagogischen Angeboten – und dies in unterschiedlichen pädagogischen Arbeitsfeldern. Dabei zeigen sich Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede in den Erfahrungen in der Gemeinwesen-, Streetwork- und Jugendverbandsarbeit wie auch in der offenen Jugendarbeit, aus schulischen Kontexten oder der Jugendmedienarbeit. Mit einer Palette von Beiträgen wollen wir ein Spektrum der Ideen und Möglichkeiten sowie beispielhafte Ansätze vorstellen. Dazu haben wir theoretisch-fundierende Betrachtungen und Beiträge aus der Praxis, die konkrete Erfahrungen reflektieren, im Themenschwerpunkt zusammengestellt.Das Spektrum der angebotenen Projekte und Beispiele sowie ergänzend angebotene Beiträge haben uns veranlasst, eine online-Erweiterung des vorliegenden Heftes zu realisieren. Alle Beiträge zur Momentaufnahme Jugendarbeit und social media und weitere nicht gedruckte Beiträge finden Sie auf www.merz-zeitschrift.de/jugendarbeit.Für die Arbeiten an diesem Heft haben wir selbst die kooperativen und kollaborativen Möglichkeiten von social media-Angeboten genutzt. Die Kommunikation mit einigen Autorinnen und Autoren lief nicht nur über die klassische E-Mail, sondern auch via (geschlossenen) Facebook-Gruppen, Mindmaps, sowie Etherpads und GoogleDocs zum zeitgleichen Editieren und Kommentieren von Textentwürfen.
Wir hoffen, dass dies einen Beitrag zur Qualität dieses Heftes leisten konnte und freuen uns über ihr Feedback im merz-Forum, auf dem Facebook-Profil der merz oder auf Twitter mit dem Hashtag #merz.
Anja Hartung und Niels Brüggen: Experimentierräume in der kreativen Medienarbeit
Der Selbstausdruck mit Medien ist heute eine selbstverständliche Praxis jugendlichen Medienhandelns. Mit der Entwicklung der digitalen Medien verbunden ist die Entstehung vielfältiger Gestaltungsmöglichkeiten, die neue Formen des Selbstausdrucks ermöglichen und zugleich das Experimentieren provozieren. Wie Experimentierräume pädagogisch ausgestaltet werden können, um ästhetische Bildungsprozesse anzuregen, wird im Folgenden anhand der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts MIXTOUR – Das Medienmobil nachgezeichnet.
Literatur
Baacke, Dieter (1997). Medienpädagogik. Tübingen: Niemeyer
Friedrich, Helmut F./Mandl, Heinz (1997). Analyse und Förderung selbstgesteuerten Lernens. In: Weinert, Franz E./Mandl, Heinz (Hg.), Psychologie der Erwachsenenbildung. Enzyklopädie der Psychologie. Göttingen: Hogrefe. S. 237-293
Peez, Georg. (2002). Praxisforschung in der Kunstpädagogik. www.georgpeez.de/texte/praxisfor.htm, [Zugriff: 07.01.2005]
Niesyto, Horst (2000). Medienpädagogik und soziokulturelle Unterschiede. Eine Studie zur Förderung der aktiven Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus bildungsmäßig und sozial benachteiligten Verhältnissen. Medienpädagogischer Forschungsverbund.
Schorb, Bernd (1995). Medienalltag und Handeln. Medienpädagogik im Spiegel von Geschichte, Forschung und Praxis. Opladen: Leske und Budrich
(merz 2008-05, S. 19-26)