2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz
Selbstdarstellung und Identitätsfindung, ständige Kontaktpflege und einfache Wege durch die neuen Medien auf der einen Seite, undurchsichtige Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook und Co., personalisierte Werbung und Angst vor dem ‚gläsernen Nutzenden‘ auf der anderen Seite – der Umgang mit Privatsphäre und Datenschutz in neuen Medien ist ein aktuelles Thema, das viel Diskussionsstoff birgt und sowohl (jugendliche) Nutzerinnen und Nutzer selbst, als auch die Pädagogik und nicht zuletzt die Politik umtreibt.merz 3/2012 greift diese, teils hitzig geführte, Diskussion und die verschiedenen Herangehensweisen und Meinungen auf. Das Heft vermittelt ausführlich Hintergrundinformationen zu den Themen Privatsphäre und Datenschutz im Netz, greift aber auch die verschiedenen Positionen auf und lässt Akteurinnen und Akteure selbst zu Wort kommen und ihre Meinungen vertreten. Zusätzlich bieten praktische Schlaglichter einen Einblick in die verschiedenen Angebote aller Couleur, die sowohl Jugendlichen als auch Eltern und pädagogisch Tätigen bereits gemacht werden, die sich intensiver mit dem Themenkomplex auseinandersetzen wollen.
aktuell
Cornelia Pläsken: X-Diaries
Die Studie Romantische Liebe, erotische Fantasien, moralische Aufreger und ‚Ablachen‘ – Was X-Diaries für Jugendliche attraktiv macht wurde von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LFM) von März bis Oktober 2011 durchgeführt. Mithilfe von Medienanalysen mit Schwerpunkt auf Figurenkonstellationen und Handlungsverlauf und einem Fragebogen für regelmäßige Zuschauerinnen und Zuschauer wurden die Daten erhoben und im Vorfeld drei forschungsleitende Fragen formuliert: Was interessiert Jugendliche und junge Erwachsene an dem Scripted Reality-Format X-Diaries und welche Rezeptionspositionen nehmen sie ein? Was sehen die regelmäßigen X-Diaries-Zuschauerinnen und -Zuschauer als dokumentiert und was als gescripted an? Was sind aus pädagogischer Perspektive die potenziellen Problembereiche des Formates?
Die Ergebnisse beziehen sich auf Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 23 Jahre. Bei der Medienanalyse wurden das Format an sich, die Berufswelten der Protagonistinnen und Protagonisten, die typischen Konstellationen und die Geschichten näher betrachtet. Die Analyse der Fragebögen ergab, dass die Attraktivität des Formats für regelmäßig Nutzende durch die Vielfalt der Rezeptionspositionen gegeben ist. Über 80 Prozent erkennen, dass die Sendung gescripted ist. Nur ein geringerer Anteil der Jüngeren denkt, dass es sich um ein dokumentarisches Format handelt. Trotz der richtigen Einschätzung durch den Großteil der Rezipientinnen und Rezipienten haben die Geschichten für sie einen realen Charakter. Pädagogisch problematisch kann die sehr realistisch anmutende Inszenierung der Sendung sein, da diese nicht unbedingt sofort ersichtlich ist.
Bedenken bezüglich des Betrugs durch den Partner häufen sich bei den Zuschauerinnen und Zuschauern ebenfalls, wie die Veränderung des Urlaubsbildes durch X-Diaries.Download der Studie über www.lfmpublikationen.lfmnrw.de
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Cornelia Pläsken
Beitrag als PDFEinzelansichtRiccarda Possin: Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder
Zwar wurde das Internet ursprünglich für Erwachsene entwickelt, doch haben mittlerweile auch Kinder und Jugendliche diesen Raum für sich entdeckt. Bietet das Internet auch für Kinder vielfältige Möglichkeiten und Chancen für die eigene Entwicklung, so sind doch auch negative Erfahrungen mit diesem Medium an der Tagesordnung, wie zum Beispiel die EU-Kids Online Studie bestätigt. Die EU-Kommission hat nun einen Plan vorgelegt, wie die Nutzung des Internets auch für Kinder sicherer gestaltet sowie dessen kreative Möglichkeiten auch von Kindern optimaler ausgeschöpft werden können. Dabei geht es vor allem darum, wie es Kindern in der gesamten EU erleichtert werden kann, sich im Internet zurechtzufinden und sie zudem vor Gefahren und anstößigen Inhalten zu schützen. Dazu ist es wichtig, den Kindern transparente und einheitliche Werkzeuge für die Internetnutzung an die Hand zu geben sowie den Jugendschutz zu fördern.
In ihrer vorgelegten Strategie verfolgt die EU-Kommission deshalb vier Hauptziele:- Die Produktion von kreativen und edukativen Online-Angeboten für Kinder soll gefördert werden,- die Sensibilität für Online-Sicherheit soll verstärkt und an allen Schulen der EU unterrichtet werden,- technische Schutzvorkehrungen sollen verstärkt werden,- die technischen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Verbrechen im Internet zum Beispiel sexueller Kindesmissbrauch im Netz sollen weiterentwickelt werden. Um dies zu erreichen strebt die Kommission eine Zusammenarbeit mit der Computerbranche sowie mit den Mitgliedstaaten an und legt dazu ein detailliertes Konzept vor, wie eine solche Kooperation in den nächsten Jahren verwirklicht werden könnte. Eine enge Zusammenarbeit auch mit der Branche ist vor allem auch deshalb wichtig, da aufgrund der sehr unterschiedlichen Gesetzeslage in den Mitgliedstaaten große Hoffnungen auf die Bereitschaft zur Selbstregulierung seitens der Branche gesetzt werden. Die europäische Strategie der EU-Kommission kann unter ec.europa.eu/information_society/activities/sip/docs/bik/de_comm.pdf eingesehen werden.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Riccarda Possin
Beitrag als PDFEinzelansichtRiccarda Possin: Was Kinder sehen
Auf Grundlage der Daten der AGF/GfK-Fernsehforschung analysiert die aktuelle Studie „Was Kinder sehen“ von Sabine Feierabend und Walter Klingler das Fernsehnutzungsverhalten drei- bis 13-jähriger Kinder im Jahr 2011. Die AGF/GfK-Fernsehforschung gibt regelmäßig einmal im Jahr Auskunft sowohl über die Nutzungsgewohnheiten als auch über die Programmpräferenzen von knapp 1.500 Mädchen und Jungen, wodurch auch Tendenzen und Veränderungen ersichtlich werden. Für das Jahr 2011 kann die Befürchtung, die klassische Fernsehnutzung könne durch Computer und Internetnutzung zurückgehen, nicht bestätigt werden.
Die Nutzungsdauer bewegt sich mit durchschnittlich 93 Minuten am Tag wie im Vorjahr noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Ein Teil dieser Nutzungsdauer verlagert sich allerdings nach und nach vom Fernsehgerät auf die digitale Fernsehnutzung. Bei den Programmpräferenzen der zehn- bis13-jährigen Kinder befinden sich vor allem Castingshows sowie mehr und mehr auch Scripted Reality-Formate des Senders RTL unter den beliebtesten Sendungen der Zielgruppe, während bei den jüngeren Kindern Sendungen des Kinderkanals sowie von Super RTL dominieren. Hier lassen sich leichte Verschiebungen der Marktverhältnisse im Vergleich zum Vorjahr beobachten.
Insgesamt nimmt das Medium Fernsehen nach wie vor einen sehr großen Stellenwert bei den Kindern ein. Die gesamte Studie steht unter www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/04-2012__Feierabend_Klingler.pdf zur Verfügung.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Riccarda Possin
Beitrag als PDFEinzelansichtSusanne Eggert: Klangraum Internet
Seit 2003 untersucht das Forschungsprojekt Medienkonvergenz Monitoring unter Leitung von Prof. Dr. Bernd Schorb (Universität Leipzig), gefördert von der SLM, mit Hilfe eines Panels die Aneignung des konvergenten Medienensembles durch 12- bis 19-Jährige. Aktueller Untersuchungsgegenstand war die Bedeutung des Internets für die Aneignung von Musik im Jugendalter. Zentrale Ergebnisse lauten: „CDs schon auch noch, aber eher online“ – Die Bedeutung von Musikangeboten im Internet hat in den letzten Jahren stark zugenommen, sodass sich die Nutzung auf den Online-PC als Musikabspielgerät verlagert. „Musik höre ich auf YouTube“ – Musik im Internet zu hören, heißt vor allem, Videoplattformen zu nutzen.
Hier stellen sich die Jugendlichen ‚ihre‘ Musik individuell zusammen. „Da schau ich dann auch mal, wie die Moderatoren so aussehen“ – Die Jugendlichen folgen den Hinweisen im UKW-Radio auf die sendereigenen Websites. Das Angebot im Internet ergänzt das klassische Radio. „Ich ziehe mir nur so Technomäßiges, weil man das besser schneiden kann“ – Vor dem Hintergrund neuer technischer Möglichkeiten vollzieht sich ein Wandel: Musik machen ist nunmehr auch Samplen und das Zusammenschneiden audiovisueller Sequenzen mit Hilfe professioneller Software. „So hab ich meine Musik immer dabei“ – Das Handy öffnet heute als mobile Schnittstelle das Tor zum Klangraum Internet, um zu jeder Zeit und an jedem Ort Musik zu genießen.
Die Studie ist abrufbar unter www.medienkonvergenz-monitoring.de
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Susanne Eggert
Beitrag als PDFEinzelansichtAnika Bonitz: stichwort: liquid democracy
Flüssig, transparent, flexibel – Jeder kann Wissen und Erfahrungen online in Entscheidungsfindungen einfließen lassen. Da niemand umfassend informiert ist, ist es möglich, die eigene Stimme an den ‚Experten seines Vertrauens‘ zu übertragen. Liquid Democracy oder auch Delegated Democracy ist eine neue Form der Demokratie und eine Form kooperativen Managements. Sie ist direkt, repräsentativ oder etwas dazwischen, auf jeden Fall ‚massig‘ intelligent. Es geht um mehr als darum, ein Kreuz in das überzeugendste Kästchen zu setzen, es geht um Diskurs, Vorschläge, Eigeninitiative. Besonders gegen jugendliches Politikphlegma soll der digitale Enthusiasmus Wunder wirken. Doch Risiken und Nebenwirkungen sind nicht ausgeschlossen. Als 1912 in der New York Times eine ähnliche Idee von W. S. U’Ren und anderen Reformern veröffentlicht wurde, war noch nicht klar „How this method can be worked out (...)“ Inzwischen macht das Internet es möglich, die Demokratie in die Hände einer Software zulegen.
Das ist nicht das einzige Problem. Kritiker stellen in Frage, ob sich die Stimmen wirklich demokratisch verteilen werden, ob der Bürger über genug Kompetenz verfügt und die Verantwortung übernimmt. Und wie lässt sich der Konflikt zwischen der Überprüfbarkeit elektronischer Abstimmungen einerseits und von Datenschutzansprüchen auf der anderen Seite lösen? Während die einen sich den Kopf zerbrechen und diskutieren, lassen es die anderen auf einen Versuch ankommen. Nach einer Pilotphase nahm die Piratenpartei Deutschland im Februar 2010 den Abschnitt Liquid Democracy in ihre Satzung auf. Auch die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft ließ Anfang 2011 den Bürger als 18. Sachverständigen in der digitalen Mitte der Diskussionen Platz nehmen.
Government 2.0 steckt noch in den Kinderschuhen. In der tiefsten Krise des Landes entstand das isländische Ideenministerium – der Versuch einer ganz neuen Demokratie. Online, transparent und für alle Bürgerinnen und Bürger offen, haben sie den Verfassungsprozess in die Mitte des Volkes gelegt und dabei gezeigt, wie der Sprung aus der virtuellen Welt in die reale Welt umsetzbar sein könnte.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Anika Bonitz
Beitrag als PDFEinzelansicht
thema
Ulrike Wagner: Editorial
Die Themen Privatsphäre, Kontrolle und Datenschutz im Netz begegnen Medienpädagoginnen und Medienpädagogen beinahe täglich. Sei es über die mediale Berichterstattung, in der aktuell der Börsengang von Facebook für Furore sorgt. Erst unter dem Eindruck, dass dieses Unternehmen nun auch die Börsen der Welt dominieren würde, ein paar Momente später dann aber mit der Ernüchterung und mancherorts auch der Erleichterung, dass ein Unternehmen, das seinen Erfolg vor allem über ein bestimmtes Image und über seine Attraktivität als enormer Speicherpool detailliertester Informationen über seine Nutzenden speist, auch bestimmten undurchsichtigen Machtstrukturen unterliegt. Sei es über die täglichen Fragen von besorgten Eltern oder Lehrkräften, die dem Handeln der Heranwachsenden häufig mit einer zumindest skeptischen Distanz gegenüberstehen und dabei versuchen, die Faszination, die von den Online-Strukturen für Heranwachsende ausgeht, nachzuvollziehen. Die Kluft, die sich hier zwischen Heranwachsenden und ihrem familiären oder pädagogischen Umfeld auftut, ist keineswegs ein neues Phänomen. Gerade Jugendliche zeigen sich gegenüber neuen medialen Entwicklungen, so sie ihren Bedürfnissen und Motivlagen entgegenkommen, zumeist aufgeschlossen und neugierig darauf, ihre eigenen Erfahrungen zu machen.
Die Erwachsenen reagieren häufig mit Vorbehalten, ob es nun um neue Computerspiele oder das Social Web geht. Mit dem Social Web kommt aber eine neue Facette ins Spiel, die eng mit der Veröffentlichung persönlicher Informationen im Netz verknüpft ist. Es bleibt meist in einer Grauzone, was eigentlich mit den eigenen Daten passiert, denn nur sehr selten wird transparent und vor allem verständlich gemacht, was bei der Eingabe solcher Daten passiert, wo und wie sie gespeichert und weiterverwendet werden. Es gibt also Gründe genug, einen merz-Schwerpunkt zum Thema persönliche Daten im Social Web zu konzipieren. Der Fokus liegt dabei auf der Auseinandersetzung mit einem facettenreichen Themenkomplex, die primär darauf angelegt ist, aus der Perspektive der Nutzenden Auswirkungen und Herausforderungen zu diskutieren, die unter den aktuellen gesellschaftlichen und medialen Bedingungen virulent werden. Das Heft will dazu anregen, sich mit unterschiedlichen Perspektiven auseinanderzusetzen und hat keineswegs fertige Antworten zu bieten. Es will vielmehr dazu einladen, erstens die Handlungsspielräume auszuloten, die es gegenüber Medienpolitik und privatwirtschaftlichen Interessen auszuloten gilt und zweitens die Perspektiven für jene medienpädagogische Ansätze beleuchten, die handlungsorientierten und ressourcenstärkenden Leitlinien gegenüber Heranwachsenden und ihren pädagogischen Bezugspersonen verpflichtet sind. Dabei werden empirische Ergebnisse zum Handeln von Jugendlichen in sozialen Netzwerken vorgestellt und reflektiert, aktuelle Begriffe und Debatten zum Beispiel zum Thema Kontrollverlust und Post Privacy aufgegriffen und exemplarisch Projekte vorgestellt.
Im ersten Teil des Themenschwerpunkts stehen die Subjekte und ihr Handeln in Onlinestrukturen im Mittelpunkt. Dargestellt wird, wie Jugendliche in ihrem Handeln mit Aspekten von Privatheit und Fragen des Datenschutzes umgehen und darüber reflektieren. Ausgehend von der JFF-Studie Persönliche Informationen in aller Öffentlichkeit? diskutiert Ulrike Wagner im Beitrag Medienhandeln online. Zwischen eigenem Souveränitätsanspruch und Machtinteressen Dritter das Streben nach Autonomie als wichtiges Element des Aufwachsens vor dem Hintergrund der Ambivalenzen, die im alltäglichen Handeln mit und im Internet damit verbunden sind. Claudia Kuttner und Nadine Jünger (Universität Leipzig) stellen in ihrem Artikel Privatsphären und Datenschutz aus der Perspektive Jugendlicher Ergebnisse aus dem Medienkonvergenz-Monitoring vor und skizzieren die Perspektive der Jugendlichen auf datenschutzrelevante Aspekte. Beide Beiträge reflektieren die Anforderungen, die aus den empirischen Ergebnissen für die Entwicklung eines souveränen Umgangs mit komplexen Online-Welten resultieren. Wagner nimmt dabei stärker die strukturellen Aspekte medialer Infrastruktur in den Blick, Kuttner und Jünger fokussieren in ihren Schlussfolgerungen auf die konkrete medienpädagogische Praxis.Im zweiten Teil wird, kuratiert vom Redaktionsmitglied Jürgen Ertelt, die aktuelle Debatte um Privatsphäre in ausgewählten Facetten aufgegriffen.
Verschiedene Autorinnen und Autoren mit ganz unterschiedlichen Hintergründen wurden gebeten, ihre Positionen und Perspektiven auf Privatsphäre und Datenschutz zu skizzieren und zu argumentieren.Falk Lüke geht in seinem Artikel Vom Nutzen und Schutz personenbeziehbarer Daten der Frage „Was sind Daten eigentlich wert?“ nach und fordert vor allem von den marktwirtschaftlichen Akteuren im Internet Transparenz und für die Nutzerseite ein durchschaubares System, in dem die Nutzenden von Online-Angeboten bereits im Internetbrowser die Möglichkeit haben, die von ihnen gewünschten Privatsphäre-Einstellungen abzuspeichern und sich nicht für jedes Online-Angebot aufs Neue die jeweils geltenden Nutzungsbedingungen erschließen zu müssen und die persönlichen Einstellungen vorzunehmen.Michael Seemanns Ausgangspunkt ist das Handeln der Individuen in Onlinestrukturen. In seinem Artikel Datenangst und Kontrollverlust argumentiert er, dass sich die Nutzenden über ihr Handeln online Vorteile erschließen, die aber im Gegensatz zur meist diffusen Angst um ihre Daten stehen.Christian Heller, der mit seiner Prägung des Begriffs „Post-Privacy“ bekannt wurde, übt im Beitrag Willkommen in der Post-Privacy Kritik am Konzept der informationellen Selbstbestimmung und der deutschen Datenschutztradition, die, so seine Auffassung, unter aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen nicht mehr zeitgemäß sei. Er stellt die Vorteile heraus, die aus der Möglichkeit Informationen zu sammeln und auszuwerten, entstehen: Sie bringen zum Beispiel Menschen mit ähnlichen Interessen zusammen.
Zudem kann das Zur-Verfügung-stellen von Daten Transparenz gegenüber undurchsichtigen Machtstrukturen und (teil-)totalitären Strukturen bringen und damit Machtverhältnisse verändern.Im Beitrag Mein Pseudonym und ich geht Peter Schaar auf die Notwendigkeit von Privatheit als Schutz der eigenen Person ein und argumentiert, warum er Anonymität im Netz für einen wichtigen Aspekt der Umsetzung persönlicher Freiheit hält. Dieser Beitrag ist ein Abdruck seines Blogeintrags vom 17.04.2012 im Datenschutzforum auf www.bfdi.bund.de/bfdi_forum.Joachim Paul argumentiert in seinem Beitrag Privatsphäre/Datenschutz/Kontrollverlust, dass eine vollständige Freigabe aller Daten von allen und für alle eine totalitäre Forderung ist und weshalb eine Auseinandersetzung mit privat und öffentlich wichtiger denn je erscheint. Den Begriff der Transparenz verwendet er – im Gegensatz zu Christian Heller – im Hinblick auf die Durchschaubarkeit von Strukturen und Regeln für die Nutzenden, die sich zum Beispiel in Sozialen Netzwerken bewegen.Im dritten Teil des Schwerpunkts werden exemplarisch Projekte vorgestellt, die allesamt das Ziel verfolgen, die Subjekte in ihrem Handeln im Netz zu stärken und ihnen Handwerkszeug zu vermitteln, diese Strukturen besser zu durchblicken und ihr Handlungsrepertoire zu erweitern.
Doreen Pomsel gibt einen Überblick zu den Informationsangeboten der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB). Peter Gerlicher stellt das Projekt webhelm – Selbstverantwortung im Web 2.0 vor, in dem Web 2.0-Werkstätten mit Jugendlichen durchgeführt wurden und darauf aufbauend ein Materialpaket für pädagogische Fachkräfte und eine Broschüre für Eltern entwickelt wurde. Das Online-Jugendmagazin checked4you.de der Verbraucherzentrale NRW wird von Heiko Wichelhaus in seinen zentralen Anliegen präsentiert: Das Angebot will Jugendliche für die Themen rund um Datenschutz sensibilisieren und gibt konkrete Tipps. Seit 2009 wendet sich Watch your web zu Fragen des Verbraucher- und Datenschutzes an Jugendliche; das Projekt wird von Kira Schmahl präsentiert. Von Jugendlichen für Jugendliche ist das zentrale Motto von juuuport – dem Projekt der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) – und setzt auf den Peer-to-Peer-Ansatz, um Jugendliche zu sensibilisieren und zu fördern.
Sabine Mosler beschreibt die zentralen Eckpfeiler des Projekts. Im abschließenden Teil werden Konsequenzen einmal aus einer anderen Perspektive diskutiert, und zwar in Bezug auf Fragen, die viele pädagogische Fachkräfte in ihren Institutionen beschäftigen: Wie soll man in der eigenen Institution mit Social Media umgehen? Was ist bei der Grenzziehung zwischen privat und öffentlich aus der Sicht pädagogischer Einrichtungen zu berücksichtigen und wie kommt man zu einer gemeinsamen Linie gegenüber seinen Zielgruppen, vor allem den Heranwachsenden? Diesen Fragen nähert sich Kerstin Heinemann in ihrem Beitrag Social Media Guidelines. Abschließend kommentiert Jörg Eisfeld-Reschke die Frage nach Medienkompetenz unter pädagogischen Fachkräften.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Ulrike Wagner
Beitrag als PDFEinzelansichtUlrike Wagner: Medienhandeln online
Zentraler Angelpunkt, um den Medienumgang von Heranwachsende zu verstehen, ist das Streben der Jugendlichen nach selbstbestimmten Handlungsräumen, die (teilweise) in Abgrenzung zur Welt der Erwachsenen gesucht werden. Soziale Netzwerkdienste bieten für Jugendliche solche Räume an, in denen diese ihren Bedürfnissen nachkommen können. Gleichzeitig sind diese Räume von Interessen Dritter geprägt, die für die Nutzenden nicht immer zu durchblicken sind oder sie auch überfordern können. Aufgabe der Medienpädagogik ist es, diesem Spannungsfeld zwischen Autonomiestreben von Jugendlichen und potenzieller Vereinnahmung durch Dritte in der pädagogischen Praxis gerecht zu werden.
Literatur:
Gaycken, Sandro/Kurz, Constanze (2008). Einführung. In: dies. (Hrsg.), 1984.exe. Gesellschaftliche, politische und juristische Aspekte moderner Überwachungstechnologien. Bielefeld: transcript Verlag, S. 13-23.
Heesen, Jessica (2008). Keine Freiheit ohne Privatsphäre. Wandel und Wahrung des Privaten in informationstechnisch bestimmten Lebenswelten. In: Gaycken, Sandro/Kurz, Constanze (Hrsg.), 1984.exe. Gesellschaftliche, politische und juristische Aspekte moderner Überwachungstechnologien. Bielefeld: transcript Verlag, S. 231-246.
Krapp, Andreas (2006). Interesse an Bilderwelten. Die Perspektive der pädagogischen Psychologie. In: Theunert, Helga (Hg.), Bilderwelten im Kopf. Interdisziplinäre Zugänge. München: kopaed, S. 37-52.
Theunert, Helga (Hg.) (2009). Jugend - Medien - Identität. Identitätsarbeit Jugendlicher mit und in Medien. München: kopaed.
Wagner, Ulrike/Brüggen, Niels/Gebel, Christa (2009). Web 2.0 als Rahmen für Selbstdarstellung und Vernetzung Jugendlicher. Analyse von jugendnahen Internetplattformen und ausgewählten Selbstdarstellungen von 14- bis 20-Jährigen. Erster Teil der Studie „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsfläche für Jugendliche“. Unter Mitarbeit von Peter Gerlicher und Kristin Vogel. München: JFF – Institut für Medienpädagogik. Verfügbar unter: www.jff.de/dateien/Bericht_Web_2.0_Selbstdarstellungen_JFF_2009.pdf [Zugriff: 21.05.2012].
Wagner, Ulrike/Gebel, Christa/Brüggen, Niels (2010). Persönliche Informationen in aller Öffentlichkeit? Jugendliche und ihre Perspektive auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte in Sozialen Netzwerkdiensten Teilstudie im Rahmen der Untersuchung „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München, online verfügbar unter www.jff.de/studie_datenschutz.
Weiß, Ralph (2008). Das medial entblößte Ich – verlorene Privatheit? In: Jurczyk, Karin/Oechsle, Mechthild (Hrsg.), Das Private neu denken. Erosionen, Ambivalenzen, Leistungen. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 174-191.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Ulrike Wagner
Beitrag als PDFEinzelansichtClaudia Kuttner und Nadine Jünger: Privatsphären- und Datenschutz aus der Perspektive Jugendlicher
Soziale Online-Netzwerke geraten nicht zuletzt durch Datenschutzverstöße und unübersichtliche Menüs zur Verwaltung der Privatsphäreeinstellungen immer wieder in die Kritik. Dennoch erfreut sich insbesondere die Plattform Facebook zunehmender Beliebtheit – auch unter jüngeren Onlinerinnen und Onlinern. Die Untersuchungen des Forschungsprojekts Medienkonvergenz Monitoring geben Aufschluss darüber, welchen Stellenwert Datenschutz für Heranwachsende hat und wie sich dies im konkreten Handeln niederschlägt.
Literatur:
Brüggen, Niels (2009). Auf den Online-Spuren von Jugendlichen und ihren Vorstellungen von Privatsphäre. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), (K)Ein Ende der Privatheit. Strategien zur Sensibilisierung junger Menschen beim Umgang mit persönlichen Daten im Internet. Berlin: RabenStück Verlag. S. 117-126.
Kuttner, Claudia (2011). „Nicht sichtbar zu sein, finde ich aber auch sinnlos“ – Heranwachsende in Online-Communitys: Chancen und Herausforderungen. In: ajs-info. Zeitschrift für Kinder- und Jugendschutz des Vereins Aktion Jugendschutz Sachsen e. V. (ajs), 12, S. 19-24.
Meister, Dorothée M./Meise, Bianca (2009). Sozial medienkompetent – Jugendliche in virtuellen sozialen Netzwerken. In: Gapski, Harald/Gräßler, Lars (Hrsg.), Medienkompetent in Communitys. Sensibilisierungs-, Beratungs- und Lernangebote. Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen, Band 8. Düsseldorf/München: kopaed. S. 21-32.
Paus-Hasebrink, Ingrid /Hasebrink, Uwe (2011). Der Umgang von Heranwachsenden mit dem Social Web. Handlungstypen, Chancen und Risiken. In: Hoffmann, Dagmar /Neuß, Norbert/Thiele, Günter (Hrsg.), Stream your life!? Kommunikation und Medienbildung im Web 2.0., Schriften zur Medienpädagogik, Band 44. München: kopaed. S. 33-44.
Schmidts, Simone/Mucundorfeanu, Meda (2010). Online Soziale Network Seiten und deren Anwendungen. Journal of Media Research, 6, S. 75-85.
Schorb, Bernd/Würfel, Maren/ Kießling, Matthias/ Keilhauer, Jan (2010). MeMo_SON10. Medienkonvergenz Monitoring Soziale Online-Netzwerke-Report 2010. Online: www.uni-leipzig.de/mepaed/medienkonvergenzmonitoring/publikationen/ [Zugriff: 10.04.2012].
Schorb, Bernd (2005). Medienkompetenz. In: Hüther, Jürgen/Schorb, Bernd (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. 4., vollständig neu konzipierte Auflage. München: kopaed. S. 257-262.
Schorb, Bernd/Würfel, Maren (2011). Social Networks, Real-Time-Web, Medienkonvergenz. Was heißt Medienkompetenz heute? In: Hoffmann, Dagmar/Neuß, Norbert/Thiele, Günter (Hrsg.), Stream your life!? Kommunikation und Medienbildung im Web 2.0., Schriften zur Medienpädagogik, Band 44. München: kopaed. S. 57-69.
Welling, Stefan (2008). Computerpraxis Jugendlicher und medienpädagogisches Handeln. Medienpädagogische Praxisforschung, Band 4. München: kopaed.
Würfel, Maren (2009). Jugendliche in Sozialen Online-Netzwerken und ihr Umgang mit Privatheit. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), (K)Ein Ende der Privatheit. Strategien zur Sensibilisierung junger Menschen beim Umgang mit persönlichen Daten im Internet. Berlin: RabenStück Verlag. S. 84-105.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Nadine Jünger, Claudia Kuttner
Beitrag als PDFEinzelansichtFalk Lüke : Vom Nutz und Schutz personenbeziehbarer Daten
Daten sind nützlich. Doch wenn es um unsere persönlichen Daten geht und auch darum, wer diese Daten sammelt und verwendet, dann sind diese Daten auch schützenswert. Wie so ein Schutz aussehen könnte und vor allem, welchen Wert persönliche Daten eigentlich haben, damit beschäftigt sich Falk Lüke in seinem Beitrag.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Falk Lüke
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Seemann: Datenangst und Kontrollverlust
In vielen Köpfen kursiert eine unspezifische Angst vor dem Kontrollverlust über die eigenen Daten und vor deren Missbrauch. Dennoch hält dies die Menschen nicht davon ab, die eigenen Daten Online zu verwenden und somit den Verlust der Kontrolle über ihre Daten zuzulassen. Michael Seemann bezieht Position zu Datenangst und Kontrollverlust im Internet.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Michael Seemann
Beitrag als PDFEinzelansichtChristian Heller: Willkommen in der Post-Privacy
Das Leben im Zeitalter der Post-Privacy bietet Gefahren aber auch Vorteile. Christian Heller diskutiert eine Möglichkeit, sich mit der neuen Realität auseinanderzusetzen und propagiert eine Neuorientierung im Umgang mit Privatsphäre.
Peter Schaar: Mein Pseudonym und ich
Immer wieder wird von Seiten der Politik eine Realnamenspflicht im Internet gefordert. Peter Schaar bezieht hierzu Position und tritt für einen Schutz der Privatsphäre durch Anonymität im Internet ein.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Peter Schaar
Beitrag als PDFEinzelansichtJoachim Paul: Privatsphäre/Datenschutz/Kontrollverlust
Joachim Paul setzt sich in seinem Beitrag kritisch mit den Themen Datenschutz und Privatsphäre im Internet auseinander und bezieht sich dazu auf die Historie von Öffentlichkeit und Privatheit. Anschließend stehen seine Forderungen nach Transparenz und einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Konzept der Privatheit.
Literatur:
Flusser, Vilém (1999). Die Informationsgesellschaft, Phantom oder Realität?, Vortrag auf der CulTec in Essen vom 23.11.1991, Köln: Suppose-Verlag.
Granovetter, Mark (1978). The Strength of Weak Ties, Am. J. Soc., Vol 78, Issue 6, p. 1360 - 1380 sociology.stanford.edu/people/mgranovetter/documents/granstrengthweakties.pdf [Zugriff: 21.05.2012]
McLuhan, Marshall (1968). Die Gutenberg-Galaxis – Das Ende des Buchzeitalters; Düsseldorf: Econ-Verlag. S. 116
Paul, Joachim (2008). Das Verschwinden des Privaten, in: Medienbrief 2/2008, Hrsg.: Landschaftsverband Rheinland, Landeshauptstadt Düsseldorf, Medienzentrum Rheinland, Düsseldorf, www.vordenker.de/jpaul/jp_verschwinden_des_privaten.pdf [Zugriff: 21.05.2012].
Sennett, Richard (2008). Verfall und Ende des öffentlichen Lebens – Die Tyrannei der Intimität: Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Joachim Paul
Beitrag als PDFEinzelansichtDoreen Pomsel: Von der Bürde der digitalen Welt
Um über Datenschutz und richtige Verhaltensweisen in der digitalen Welt zu informieren und zu sensibilisieren, steht gerade von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) eine Vielfalt von Informationsmaterialien und Literatur zur Verfügung, die kurz vorgestellt werden.
Literatur:
Kurz, Constanze/Rieger, Frank (2011). Die Datenfresser. Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen. 272 Seiten, Erscheinungsort: Bonn, Bestellnummer: 1177, online bestellbar unter www.bpb.de/55747, Preis: 4,50€ zzgl. Versandkostenpauschale.Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Doreen Pomsel
Beitrag als PDFEinzelansichtPeter Gerlicher: webhelm
Um Jugendliche für einen reflektierten und selbstverantwortlichen Umgang mit dem Internet zu sensibilisieren, richtet sich das Projekt webhelm - die Werkstatt-Community für Daten, Rechte, Persönlichkeit an Jugendliche, Eltern und pädagogische Fachkräfte. Dazu stehen Projektarbeit aber auch Informationsmaterialien auf der Internetseite und ein bestellbares Materialpaket zur Verfügung.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Peter Gerlicher
Beitrag als PDFEinzelansichtHeiko Wichelhaus: Datenschutz als Thema für Jugendliche
Auch für Jugendliche ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Datenschutz bereits wichtig. Um dieses Thema auch für die jungen Menschen interessant und nicht trocken und langweilig zu gestalten, hat das Online-Jugendmagazin checked4you.de diese Inhalte aufgegriffen und zielgruppengerecht aufbereitet.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Heiko Wichelhaus
Beitrag als PDFEinzelansichtKira Schmahl: Clever durchs Netz mit watch your web
Das Informationsportal www.watchyourweb.de möchte junge Menschen anschaulich über verbraucher- und datenschutzrelevante Themeninformieren. Dass dies gelingt, verdeutlichen die Ergebnisse der Evaluation der Jugendkampagne Wach your Web auf StudiVZ.
Literatur:
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2011). JIM-Studie 2011. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12-19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: mpfs.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Kira Schmahl
Beitrag als PDFEinzelansichtSabine Mosler: juuuport, die Selbstschutz-Plattform von Jugendlichen für Jugendliche
Um Jugendlichen auch bei negativen Erfahrungen mit dem Internet auf Augenhöhe begegnen zu können und ihnen ein Angebot zur Verfügung zu stellen, bei dem sie nicht die Unverständnis Erwachsener befürchten müssen, wurde das Projekt juuuport ins Leben gerufen. Dabei werden Jugendliche selbst zu Ansprechpartnern für ihre Altersgenossen für Fragen rund um Internet und Co.. Wie das Angebot angenommen wird und wie die Jugendlichen auf ihre neue Aufgabe vorbereitet werden berichtet Sabine Mosler in ihrem Beitrag.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Sabine Mosler
Beitrag als PDFEinzelansichtKerstin Heinemann: Social Media Guidelines
Literatur:
BITKOM. Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Hrsg.) (2011). Soziale Netzwerke. Eine repräsentative Untersuchung zur Nutzung sozialer Netzwerke im Internet. Berlin.
Eisfeld-Reschke, Jörg/Hölderle, Jona, Social Media Policy für Nonprofit-Organisationen, online verfügbar unter: pluralog.de/_sonst/E-Book-Social_Media_Policy_fuer_NPOs.pdf [Zugriff: 15.05.2012]
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2012). JIM-Studie 2011. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: mpfs.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Kerstin Heinemann
Beitrag als PDFEinzelansicht
spektrum
Oliver Bruttel: Der Einfluss der sozialen Schicht auf Themeninteressen und Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen
Auf Basis von Daten des Instituts für Demoskopie Allensbach wird der Einfluss der sozialen Schicht auf Themeninteressen und Mediennutzungsverhalten von 14- bis 19-Jährigen untersucht. Dabei wird deutlich, dass die Unterschiede zwischen Jugendlichen insbesondere aus den unteren sozialen Schichten einerseits und aus Mittel- und Oberschicht andererseits in den letzten Jahren teils erheblich zugenommen haben. Hieraus ergeben sich besondere Anforderungen an die Medienerziehung.
Literatur:
Haumann, Wilhelm (2010). Generationenbaromter 2009. Münster: Edition Octupus.
Jäckel, Michael/Wollscheid, Sabine (2006). Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen im familialen Kontext. Media Perspektiven, 11/2006, S. 585-594.
Köcher, Renate (2009). Statusfatalismus der Unterschicht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Dezember 2009, S. 5.
Linnakylä, Pirjo/Malin, Antero (2007). Reading Newspapers supports. Lifewide Learning and Active Citizenship. In: Linnakylä, Pirjo; Arffmann, Inga (Hrsg.), Finnish Reading Literacy. When Quality and Equity Meet. Jyväskylä: Jyväskylä University Press. S. 231-248.
Schulz, Rüdiger/Bruttel, Oliver/Becker, Ulrich/Ruppe, Markus (2010). Jugend im Fokus – Empirische Befunde. In: Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.). Zeitungen 2010/2011. Berlin. S. 145-165.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Oliver Bruttel
Beitrag als PDFEinzelansichtChristoph Klimmt und Yvonne Weil: Neues Medium, neue Moral?
Filesharing, insbesondere im Musikbereich, bedingt medienpädagogische Herausforderungen auch aufgrund der moralischen Dimension im Umgang mit Urheber- und Nutzungsrechten. Musik ist ständiger Begleiter von Jugendlichen und über das Internet via Filesharing relativ einfach kostenlos zu beziehen. Die Ergebnisse der hier vorgestellten Umfragestudie dokumentieren moralbezogene Ansichten von Jugendlichen zu dieser Thematik und zeigen medienpädagogische Ansatzpunkte auf, die auch für andere Gebiete des sozialen Handelns im Virtuellen gelten können.
Literatur:
C4U (2011). Musik-Tauschbörsen: Was man (nicht) darf. www.checked4you.de/UNIQ131894051107618/downloads [Zugriff: 19.10.2011].
Creative Commons (2011). Was ist CC? de.creativecommons.org/was-ist-cc/ [Zugriff: 19.10.2011].
Groeben, Norbert (2002). Dimensionen der Medienkompetenz: Deskriptive und normative Aspekte. In: Groeben, Norbert/Hurrelmann, Bettina (Hrsg.). Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim: Juventa. S. 160-197.
Klimmt, Christoph/Frank, Sebastian/Schneider, Beate (2006). ‚Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube’: Die Argumente der Musikindustrie gegen Filesharing aus der Sicht der (Viel-) Nutzer von Internet-Tauschbörsen. In: Friedrichsen, Mike/Mühl-Benninghaus, Wolfgang/Schweiger, Wolfgang (Hrsg.), Neue Technik, neue Medien, neue Gesellschaft? Ökonomische Herausforderungen der Onlinekommunikation. München: Reinhard Fischer. S. 49-66.
Leganovic, Oona/Philip Steffan (2006). Meistens sollte das Buch aufklappbar sein: Filesharing zwischen technischen Möglichkeiten und gegenwärtigem Recht. In: testcard: Beiträge zur Popgeschichte. Mainz: Ventil Verlag. Ausgabe 15. S. 7. Online: scrupeda.net/kram/musik_und_urheberrecht.pdf [Zugriff: 18.09.2011].
Lind, Georg (1993). Moral und Bildung. Eine Kritik von Kohlbergs Theorie der moralisch-kognitiven Entwicklung. Heidelberg: Roland Asanger Verlag.
Nandedkar, Ankur/Midha, Vishal (2011). It won‘t happen to me: An assessment of optimism bias in music piracy. In: Computers in Human Behavior. S. 41-48.Sommer, Christian (2009). Filesharing. Downloaden für die Demokratie. In: ZEIT ONLINE. www.zeit.de/digital/internet/2009-12/filesharing-sommer-warner [Zugriff: 11.09.2010].
Sutter, Tillmann (2010). Medienkompetenz und Selbstsozialisation im Kontext Web 2.0. In: Medienanalyse und Medienkritik. Forschungsfelder einer konstruktivistischen Soziologie der Medien. In: Herzig, Bardo (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 8. Medienkompetenz und Web 2.0. Wiesbaden: VS Verlag.
Weyers, Stefan (2004). Moral und Delinquenz. Moralische Entwicklung und Sozialisation straffälliger Jugendlicher. Weinheim: Juventa.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Yvonne Weil, Christoph Klimmt
Beitrag als PDFEinzelansichtChristian Nosko und Veronika Kunnert-Wernhart: „In der Schule haben wir manchmal Filme gesehen“
Ist die Beschäftigung mit der eigenen Medienbiografie eine durchaus interessante, aber wenig vielversprechende Methode oder kann sie in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern auch positive Effekte im Hinblick auf den Einsatz von Medien im Unterricht mit sich bringen? Die Plattform Medienbiografie bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit der eigenen Medienbiografie.
Literatur:
Aufenanger, Stefan (1997). Medienpädagogik und Medienkompetenz. Eine Bestandsaufnahme. In: Enquete-Kommission Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft. Deutscher Bundestag (Hrsg.), Medienkompetenz im Informationszeitalter. Bonn. Online: www.mediaculture-online.de [Zugriff: 15.02.2012].
Bourdieu, Pierre (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Hoffmann, Bernward (2011). Medien und Biografie: „Sie sind ein Stück von Deinem Leben“. In: Hölzle, Christina/Jansen, Irma (Hrsg.), Ressourcenorientierte Biografiearbeit. Grundlagen – Zielgruppen – Kreative Methoden (2. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag. S. 273-278.
Hüther, Jürgen (2009). Medienpädagogik. In: Schorb, Bernd/Anfang, Günther/Demmler, Kathrin (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik – Praxis. München: kopaed. S. 212-216.
Jaklin, Peter (1998). Wertewandel und Medien. Eine vergleichende Untersuchung über die Bedeutung graphisch animierter Fernsehsendungen im Prozeß der Wertevermittlung bei Grundschulkindern. Baden-Baden: Battert Verlag. Online: www.mediaculture-online.de [Zugriff: 15.02.2012].
Kommer, Sven (2006). Zum medialen Habitus von Lehramtsstudierenden. Oder: Warum der Medieneinsatz in der Schule eine so „schwere Geburt“ ist. In: Treibel, Annette/ Maier, Maja S./Kommer, Sven/Welzel, Manuela (Hrsg.), Gender medienkompetent. Wiesbaden: VS Verlag. S. 165-178.
Kramer, Carla (o. J.). Kinder & ihre Medienbiographie. Elternabend-Modell für Kindergarten & Grundschule. Stuttgart: Fachstelle für Medienarbeit, Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Moser, Heinz (2006). Einführung in die Medienpädagogik. Aufwachsen im Medienzeitalter (4. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag.
Pöyskö, Anu (2009). Medienbiographie – ein Leben voller Medien. Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 6. Online: www.erwachsenenbildung.at/magazin [Zugriff: 15.02.2012].
Schoett, Silja (2009). Medienbiografie und Familie – Jugendliche erzählen. Theorie und Methode der medienbiografischen Fallrekonstruktion. Berlin: LIT Verlag.
Spitzer, Manfred (2006). Vorsicht Bildschirm. Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft. Stuttgart: dtv.
Süss, Daniel/Lampert, Claudia/Wijnen, Christine W. (2010). Medienpädagogik. Ein Studienbuch zur Einführung. Wiesbaden: VS Verlag.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Christian Nosko
Beitrag als PDFEinzelansichtUlrich Kumher und Florian Wille: Lust auf die erste Wirklichkeit
Virtuelle Realität spielt im individuellen und gesellschaftlichen Leben eine immer bedeutendere Rolle. Was sind die Gründe für die Anziehungskraft dieser zweiten Realität und welche Chancen und Gefahren mit Blick auf die erste Realität sind damit verbunden? Um Hinweise über die popkulturelle Besprechung virtueller Realität in der Lebenswelt Jugendlicher zu erhalten, werden eine Reihe bekannter Film- und Literaturbeispiele analysiert. Vor dem Hintergrund der Analyse wird ein Einblick hinsichtlich der Thematisierung virtueller Realität in verschiedenen Unterrichtsfächern und schließlich Impulse für die zukünftige Gestaltung virtueller Realität gegeben.
Literatur:
Gansel, Carsten (1999). Moderne Kinder- und Jugendliteratur. Ein Praxisbuch für den Unterricht. Berlin: Cornelsen.
Hilkert, Daniela (2011). Gefangen im virtuellen Raster. Tron: Legacy. In: merz |medien + erziehung, 55 (2), S. 78 f.
Kirsner, Inge (2004). „Es muss alles anders werden.“ Gewalt und Gewaltüberwindung in Matrix 1-3. In: Kirsner, Inge/Wermke, Michael (Hrsg.), Gewalt, Filmanalysen für den Religionsunterricht. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 65-74.
Kumher, Ulrich (2010). Ökosophie – eine überlebensnotwendige Perspektive für das 21. Jahrhundert. In: Christlich pädagogische Blätter 123 (1), S. 8-13.
Küsters, Matthias/Mingenbach, Hans-Michael (2001). Virtuelle Welten. Ein neuer Himmel – Eine neue Erde? In: Religion betrifft uns, 6 (Themenheft).
Lem, Stanislaw (1994). Der futurologische Kongreß. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Taschenbuch, S. 534.
Meier-Behr, Claudia/Ziegler, Thorsten (2011). Gefangen in Azeroth, Level Up! – für exzessiv computerspielende Kinder, Jugendliche und deren Eltern. In: merz | medien + erziehung, 55 (2), S. 65-70.
Neuhaus, Wolfgang (2009). Am Vorabend der Singularität. Notizen zur „posthumanen“ Science Fiction. In: Mamczak, Sascha/Jeschke, Wolfgang. Das Science Fiction Jahr 2009, München: Heyne, S. 488-505.
Nickel-Bacon, Irmgard (2003). Vom Spiel der Fiktionen mit Realitäten. In: Praxis Deutsch, 30, (180), S. 4-12.
Schachtner, Christina (2011). Das Subjekt im Cyberspace. Digitale Höhenflüge und Erschöpfung. In: merz | medien + erziehung, 55 (3), S. 42-48.
Seeßlen, Georg/Jung, Fernand (2003). Science Fiction, Grundlagen des populären Films, Bd. 2. Marburg: Schüren.
Seeßlen, Georg (2003). Die Matrix entschlüsselt, Berlin: Bertz + Fischer.
Wessely, Christian (2011). Zwischen Generalverdacht und Amnestie. Wie gefährlich sind Computerspiele? In: Herder Korrespondenz,65 (6), S. 317-321.
Wessely, Christian/Larcher, Gerhard (Hrsg.) (2000). Ritus – Kult – Virtualität. Regensburg: Pustet.Wyndham, John (2003). Opposite Number. In: Wessels, Dieter (Hrsg.), Classic Science Fiction Stories. Stuttgart: Reclam (Universal-Bibliothek Nr. 9103), S. 124-150.
Internet:
Gurbaksh Chahal (2010). There’s Real Money in Virtual Goods. www.techcrunch.com/2010/06/23/real-moneyvirtual-goods [Zugriff: 11.09.2011].
British Board of Film Classification (Ed.). Video Games. Research to improve understanding of what players enjoy about video games, and to explain their preferences for particular games. www.sbbfc.co.uk/Assets/documents/BBFCVideoGamesReport.pdf [Zugriff: 11.09.2011].
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Ulrich Kumher, Florian Wille
Beitrag als PDFEinzelansichtMaría Luisa Sevillano García: Ausbildung in Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)
Im europäischen Hochschulraum besteht ein Bedarf an Kompetenzentwicklung zur Förderung einer aktualisierten und kontextualisierten lebenslangen Weiterbildung. Oberstes Ziel dieser Studie ist deshalb die Bestimmung der Relevanz der Aus- und Weiterbildung in den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Die Nutzenden virtueller Tools müssen deren Handhabung in einem ganzheitlichen Sinn beherrschen. An Stelle einer simplen Technologievermittlung wird eine multidisziplinäre und interkulturelle Weiterbildung benötigt.
Literatur:
del Hoyo Hurtado, Mercedes/del Carmen García Galera, María/del Olmo Barbero, Jesús (2009). Por qué no se utiliza Internet en España. La brecha interregional. En: Zer, Revista de Estudios de Comunicación, 14 (26): pp. 211-230.
Denzin, Norman K./Lincoln, Yvonna S. (2000). Handbook of Qualitative Research. Thousand Oaks: Sage.Feierabend, Sabine/Kutteroff, Albrecht (2008). Medien im Alltag Jugendlicher – multimedial und multifunktional. In: Media Perspektiven, 12/2008, S. 612-624.
Gerhards, Maria/Klingler, Walter (2008). Fernsehenutzung 2007. In: Media Perspektiven, 11/2008, S. 550-568.Preissle-Goetz, Judith/Lecompte, Margaret D. (1981). Ethnographic research and the problem of data reduction. Anthropology and education quarterly, 12, pp. 51-70.
Schorb, Bernd ( 2003). Medienpädagogik. In: Bentele, Günter/Brosius, Hans-Bernd/Jarren, Otfried, Öffentliche Kommunikation. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Walker, Rob (1985). Doing research. A handbook for teachers. London: Taylor and Francis.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: María Luisa Sevillano García
Beitrag als PDFEinzelansicht
medienreport
Christian Finger, Yuliya Romanyuk, Tim Sommer, Patric Raemy und Hans-Ulrich Grunder: INTED 2012 – Ein Rückblick
Vom 5. bis zum 7. März 2012 fand die dreitägige Konferenz INTED ‘6th International Technology, Education and Development Conference’ in Valencia (Spanien) statt, die von der International Association for Technology, Education and Development (IATED) organisiert wurde. Die IATED ist eine Non-Profit-Organisation, die sich zum Ziel setzt, über Landesgrenzen hinweg Institutionen und Organisationen, welche sich im Bildungsbereich mit Technologien und der Wissenschaft auseinandersetzen, zusammenzuführen und zu einem Dialog zu bewegen. Um dieses Ziel zu erreichen, organisiert die IATED jährlich mehrere Tagungen. Eine dieser Konferenzen ist die INTED, an der es heuer um das Verhältnis von Technologie, Erziehung und Entwicklung ging. Weil im Forschungsprojekt ‘m-Learning in der Schule – der Lernstick als Lerninstrument (mLS)‘ dieser Zusammenhang ebenfalls zur Diskussion steht, insbesondere die Frage der Wirksamkeit des Lernstickeinsatzes in der Schule, nahmen Mitglieder des Forschungsteams an der Tagung teil. Das internationale Forum bot den über 600 Partizipierenden aus 67 Ländern eine Plattform für Präsentationen und Erfahrungsaustausch in den Bereichen Technologie, Bildung, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit. Der inhaltliche Schwerpunkt der zahlreichen, parallel geführten Vorträge, Poster und virtuellen Sitzungen lag in den Themen mLearning, eLearning und blended Learning. eLearning steht für electronic learning, also das elektronisch unterstützte Lernen. mLearning baut auf dem eLearning auf, fokussiert jedoch auf die Mobilität. Es bezeichnet jenes Lernen, welches mittels elektronischer Medien erfolgt und orts- und zeitunabhängig ist. Die Kombination von unterschiedlichen Lernformen wie etwa eLearning, buchgestütztes Lernen oder Frontalunterricht wird als blended Learning bezeichnet, wobei mindestens eine dieser Lernformen mit Hilfe elektronischer Medien stattfinden muss.
Bildungsinstitutionen stehen in diesem Zusammenhang vor großen Herausforderungen: Einerseits sollen sie Schülerinnen und Schüler zu medienkompetenten, mündigen Bürgerinnen und Bürgern ausbilden, welche den Umgang mit neuen Medien beherrschen und die immer größer werdende Menge an Informationen kompetent, produktiv und eigenständig zu verarbeiten imstande sind. Andererseits stehen viele Schulen gegenwärtig unter erheblichem Spardruck, so dass sie sich die Anschaffung beziehungsweise den Unterhalt von neuen Medien nicht leisten können. Daraus resultiert, wie mehrere Studien belegen (JIM 2011; JAMES 2012), ein Ungleichgewicht zwischen der privaten und der schulischen Nutzung von neuen Medien. Um dieses Problem zu lösen und neue Medien stärker in Schule und Bildung zu verankern, sind Wissenschaft und Forschung gefragt. Einerseits geht es darum, technische Lösungen zu entwickeln, damit neue Medien großflächig und kostengünstig in den Unterricht integriert werden können. Andererseits gilt es, forschungsgestützt effiziente Unterrichtsszenarien zu entwerfen und zu erproben, die e- und mLearing zu initiieren vermögen. In unzähligen Ländern sind inzwischen unterschiedliche Strategien und technische Lösungen mit dem Ziel erarbeitet worden, neue Medien stärker in den Unterricht einzubinden. Zahlreiche dieser Lösungen und Strategien wurden auf der INTED vorgestellt. Bereits die mit großer audiovisueller Unterstützung präsentierte Eröffnungsrede (Keynote-Speaker: Dr. Tracey Wilen Daugmenty) ließ vermuten, dass bei der Konferenz vor allem eines erwartet werden durfte: viel progressive und technik-optimistische Stimmung. Bezeichnungen mit einer Versionennummer 2.0 oder sogar 3.0 waren keine Seltenheit. Dem Web 2.0 mit seinem ‚User Generated Content‘ wurde großes Potenzial für die Bildung zugesprochen. Eine Ausnahme bildete der polnische Wissenschaftler Nalaskowski mit seiner kritischen Meinung zum Einsatz des Internets in der Schule.
In seiner Präsentation mit dem Titel ‘How the idiot conquered the internet – middle europe example‘ formulierte er die These, das Internet transformiere sich von einer Plattform für hochgebildete Akademiker hin zu einem Unterhaltungsmedium mit irrelevanten Inhalten und Nutzenden aus unterklassigen Bevölkerungsschichten. Die große Mehrheit der Vortragenden vertrat jedoch eine optimistischere Position: Erfahrungen aus Schulklassen, welche mittels Social Network-Plattformen international vernetzt sind, seien bislang vielversprechend ausgefallen. Die sozialen Netzwerke (Facebook und Co.) werden insbesondere für die Fremdsprachenbildung von vielen Seiten als positives Lerninstrument eingestuft. Die zahlreichen positiven Erfahrungen der Vortragenden lassen die Vermutung zu, dass sich in dem oft beschriebenen ‚globalen Dorf Erde‘ eine ‚globale Schule‘ zu entwickeln scheint. Nicht zufällig lobten wohl auch deshalb etliche Vortragende das Internet als ‚motivierend, kulturvermittelnd und lernfördernd‘. Die Diskussionen während der Konferenz stützten die Meinung, dass Neue Medien beziehungsweise die Entwicklung und der großflächige Einsatz neuer Technologien – vor allem im Kommunikationssektor – zu einer grundlegenden Veränderung unserer Gesellschaft führen werden. Will die Schule ihre Rolle als Sozialisationsinstanz einer digitalen Gesellschaft wahrnehmen, muss sie mit den gesellschaftlichen Veränderungen Schritt halten und die Informationstechnologien (ICT) in den Unterricht integrieren. Diese Entwicklung könnte allerdings die Entstehung oder Vergrößerung eines ‚digitalen Grabens‘ begünstigen, da finanzielle Ressourcen innerhalb der Gesellschaft ungleich verteilt sind.
Der Umgang mit teurer ICT, welcher im Schulunterricht zu vermitteln wäre, kann unter Umständen privat aufgrund fehlender Ressourcen nicht angewendet und vertieft werden. Das Gleiche gilt für die Schulen, die es sich, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, nicht leisten können, neue Medien anzuschaffen. Da die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer mehrheitlich aus Schwellen- oder Entwicklungsländern kamen, wurden dieser der Sachverhalt und die in diesem Zusammenhang thematisierte Zugangskluft zum Internet intensiv diskutiert. Im Zentrum stand die Frage, wie die Chancenungleichheit, die aufgrund unterschiedlicher finanzieller sowie materieller Ressourcen entsteht, im Kontext des Umgangs mit Neuen Medien in Schulen und anderen Bildungsinstitutionen bekämpft werden könne. Das Potenzial des mLS-Forschungsprojekts, mittels eines ‘Lernsticks‘ eine Brücke über den digitalen Graben zu errichten, wurde mit Interesse verfolgt. Der Lernstick, von der Beratungsstelle für digitale Medien in Schule und Unterricht (imedias) an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz entwickelt, soll unter anderem der Vergrößerung des digitalen Grabens entgegentreten. Der Lernstick ist eine auf die Schule ausgerichtete technische Lösung, mit dem sich allen Schülerinnen und Schülern ein kostengünstiges Lerninstrument zur Verfügung stellen lässt, das sie in der Schule, aber auch privat nutzen können. Die bis zu diesem Zeitpunkt ausgewerteten Ergebnisse der empirisch erhobenen Daten zeigen, dass Lehrkräfte, Schulleiterinnen -leiter und ICT-Verantwortliche glauben, der Lernstick sei ein wirkungsvolles und effektives Lernwerkzeug.
Der Einsatz dieses Mediums ermöglicht es Schule mit beschränkten Mitteln, mLearning zu implementieren. Die Vorteile des Lernsticks als mLearning-Werkzeug, also das Kosten-Nutzen Verhältnis, der einfache Support, die Flexibilität, die benutzerfreundliche Nutzeroberfläche, die Akzeptanz des Mediums bei den Schülerinnen und Schülern sowie die damit verbundene Konstruktion eines ‚Personal Learning Environments‘ fanden beim Publikum Anklang, was zu regen Diskussionen führte.Die Teilnahme und die Diskussionen an der INTED 2012 verstärken unsere Ansicht, der Einsatz des Lernsticks und die Erforschung seiner Wirksamkeit finde nicht nur nationale, sondern auch internationale Beachtung. Zudem lassen sich – wie immer bei einer solchen Tagung – thematisch fokussierte Kontakte zu anderen Bildungsforscherinnen und -forschern und Bildungsinstitutionen knüpfen. Überdies lernten wir andere Möglichkeiten und Unterrichtsszenarien kennen, die sich dem e- und mLearning verschrieben haben. Der große Andrang sowie die vielen Teilnehmenden lassen darauf schließen, dass Lernen mit neuen Medien weltweit ein zentrales Thema darstellt, mit welchem sich Medien- und Bildungsforschende sowie Medien- und Erziehungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler intensiv beschäftigen.
Dies veranschaulicht die Notwendigkeit, Bildung zeitgerecht zu vermitteln, weshalb neue Medien im Unterricht zum Einsatz gelangen müssen. Die Vorträge, Posterdarbietungen und Diskussionen an der INTED 2012 legen trotz der zuvor angeführten Skepsis den Gedanken nahe, dass sich Bildung, Schule und Unterricht weiterentwickeln und dass man in diesen Bereichen nicht sparen kann – oder wie es Dr. Wilen Daugmenty, einer der Hauptreferenten der INTED 2012, ausdrückt: “Education pays off, because it is the best way to create tomorrow’s future today.”
Literatur:
JAMES-Studie (2010). Jugend, Aktivität, Medien – Erhebung Schweiz. www.psychologie.zhaw.ch/de/psychologie/forschung-und-entwicklung/medien psychologie/forschungsprojekteaktuell/james/james.html (Zugriff: 23.03.2012)
JIM-Studie (2010). Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf10/JIM2010.pdf (Zugriff: 27.3.2012)
www.imedias.ch/lernstickwww.fhnw.ch/ph/zse/index_SoeE www.iated.org/inted2010/
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Christian Finger, Tim Sommer, Patric Raemy, Yuliya Romanyuk
Beitrag als PDFEinzelansichtCornelia Pläsken: 17 Mädchen
Bisher gab es keine ungewöhnlichen Vorkommnisse in Lorient, einer Stadt in der Bretagne. Die Lebensumstände sind so lala, die Wirtschaft ist an einem Tiefpunkt angelangt und die Jugend hat nur mäßige Zukunftsaussichten. Das Leben der Menschen nimmt seinen gewohnten, unspektakulären Lauf. Dieser Umstand ändert sich an dem Tag, als die jugendliche Camille (Louise Grinberg) erfährt, dass sie schwanger ist. Sie beschließt, das Kind ohne Hilfe des Vaters zu bekommen und auf diese Weise endlich jemanden in ihrem Leben zu haben, den sie liebt und der sie im Gegenzug ebenfalls liebt. Damit möchte sie die fehlende Wärme ihres Zuhauses kompensieren und ihre Eigenständigkeit unter Beweis stellen. Als in Camilles Schule langsam bekannt wird, dass sie schwanger ist, behauptet die Außenseiterin Florence (Roxane Duran), sie sei ebenfalls schwanger, um Zugang zur Clique rund um Camille zu finden. Schnell kommen die Mädchen auf die Idee, dass sich die anderen auch schwängern lassen könnten, da eine allgemeine Unzufriedenheit unter ihnen herrscht. Sie fühlen sich alle nicht wirklich ernstgenommen und erfahren nur bedingt Rückhalt und Liebe von ihrem Elternhaus. Aus diesem Grund beschließen 17 Mädchen unabhängig von ihren Eltern, in Zusammenhalt untereinander und ohne Verantwortung der betroffenen Jungs schwanger zu werden und die Kinder gemeinsam großzuziehen. Damit lösen die Mädchen große Empörung bei den Eltern, Lehrkräften und in der Öffentlichkeit aus.
Die Eltern zweifeln an der betroffenen Schule und den Lehrerinnen und Lehrern, diese wiederum stellen die Erziehung der Eltern in Frage, versuchen gleichzeitig aber den Ruf der Schule zu wahren. In der Öffentlichkeit wird breit diskutiert, wie eine so große Zahl von jungen Mädchen gleichzeitig schwanger werden konnte und was das für Auswirkungen haben wird. Trotz aller Widrigkeiten lässt keine von ihnen ihr Kind abtreiben. Sie versuchen den Alltag als Schwangere und Schülerinnen gemeinsam so gut wie möglich zu meistern. Allen voran motiviert Camille ihre Freundinnen immer wieder mit aufmunternden Worten in Aussicht auf ihre gemeinsame Zukunft. Eines Tages fliegt die Scheinschwangerschaft von Florence auf und bringt dadurch ersten Unmut in die Gruppe. Unabhängig davon muss Camille plötzlich von Schmerzen geplagt ins Krankenhaus. Dieses Ereignis und die daraus resultierenden Folgen ändern die Situation der Mädchen grundlegend.Die französischen Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen Delphine und Muriel Coulin verarbeiten in ihrem Film eine wahre Geschichte aus den USA.
Die Thematik des Heranwachsens wird durch eine ungewöhnliche Geschichte dargestellt. Es gelingt ihnen, ein Jugendporträt zu zeichnen, das auf eine feinfühlige Art die Komplexität des Erwachsenwerdens zeigt und die Beweggründe der Mädchen ausführlich und verständlich präsentiert. Die Protagonistinnen glänzen durch ihre Loyalität den Freundinnen gegenüber und verdeutlichen zur selben Zeit den häufigen Eltern-Kind-Konflikt, der diese Lebensphase begleitet. Gleichzeitig wird der Konflikt der Verantwortlichkeit der Erziehung zwischen Eltern und Schule thematisiert, der fortwährend in der Gesellschaft besteht. Eltern fragen sich, inwieweit die Schule zur Erziehung ihrer Kinder beitragen kann und muss, die Schule gibt ab einem gewissen Punkt ihre Verantwortung hinsichtlich der Erziehung der Schülerinnen und Schüler ab, da dies ihrer Ansicht nach Sache der Eltern ist. In 17 Mädchen wird treffend und nachvollziehbar der Wunsch nach Freiheit dargestellt, der von den Mädchen auf unkonventionelle Weise erfüllt wird. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Unabhängigkeit von jungen Frauen und allgemein Weiblichkeit, da die weiblichen Jugendlichen ihre Kinder ohne die Väter aufziehen und sich selbst ein besseres Leben bieten möchten.
Dies alles wird im verhältnismäßig gering ausfallenden Dialog zwischen den Mädchen vermittelt. Es bedarf nicht vieler Worte, da die Atmosphäre des Films und die einzelnen Situationen für sich sprechen und die Intention aussagekräftig vermitteln. Der unerwartete und gleichzeitig abrupte Schluss zeigt nochmals die Wandelbarkeit der Realität auf, da nichts von Dauer ist und ein Ereignis den weiteren Verlauf von Grund auf verändern kann.
17 Mädchen
Frankreich 2011, 87 Minuten
Regie: Muriel Coulin, Delphine CoulinDarsteller: Louise Grinberg, Juliette Darche, Roxane Duran
Verleih: ARSENAL Filmverleih
Filmstart: 14.06.2012
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Cornelia Pläsken
Beitrag als PDFEinzelansichtBenedikt Homman: Tomboy
Wenn man die zehnjährige Laure zum ersten Mal sieht, könnte man sie fast für einen Jungen halten. Ihre Haare sind kurz, sie trägt Jeans und benimmt sich auch sonst nicht unbedingt wie ein Mädchen. Laure ist ein sogenannter ‚Tomboy‘; ein Mädchen, das sich wie ein Junge gibt und auch fühlt. Gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer fünf Jahre jüngeren Schwester Jeanne ist sie in eine andere Stadt gezogen, in der sie auch bald eine neue Schule besuchen wird. Laure findet schnell Anschluss an eine Gruppe von gleichaltrigen Kindern. Den Sommer genießen die Kinder mit Fußballspielen und beim Baden am See. Doch während sie für ihre Eltern Laure ist, stellt sie sich ihren Freundinnen und Freunden als Mikael vor. Dass Mikael in Wirklichkeit ein Mädchen ist, wissen diese nicht und damit dies so bleibt, lässt Mikael sich einiges einfallen. Nur die kleine Jeanne weiß von Laures neuer Identität und erfreut sich an der Maskerade: „Ich habe einen großen Bruder und der ist viel besser.“
Dann verliebt sich Mikael in das Nachbarsmädchen Lisa und ihm wird immer bewusster, dass der Tag kommen wird, an dem das Geheimnis keines mehr sein wird. Die französische Regisseurin und Drehbuchautorin Célina Sciamma zeichnet in ihrem Film Tomboy das Bild eines Mädchens an der Schwelle zur Pubertät, das versucht, sich einer biologisch und gesellschaftlich determinierten Herausbildung der Identität zu widersetzen. Zum Beweggrund, einen Film über dieses sensible Thema zu drehen, meint die Regisseurin: „Es scheint fast, als wäre die sexuelle Orientierung von Kindern mit einem Tabu behaftet. Und dies, obwohl doch gerade die Kindheit eine Zeit der großen Gefühle und intensiven sinnlichen Erlebens darstellt.“ Dabei inszeniert Céline Sciamma dieses Erleben auf eine zurückhaltende Art und Weise und lenkt den Blick der Zuschauerinnen und Zuschauer vor allem auf die Hauptfigur, die manchmal wie leichtfüßig zwischen ihren beiden Geschlechtern hin und her schwenkt und es scheinbar stets schafft, ihre Travestie aufrechtzuerhalten. Zoé Héran, die Darstellerin der Laure, verkörpert dies absolut glaubhaft. Statt auf große Emotionen zu setzen, zeigt die Regisseurin Laures inneren Gefühlszustand immer wieder in kleinen Gesten.So wie in der Szene, als Laure von ihrem Vater zum ersten Mal einen Schlüssel für die Wohnung bekommt, der an einem rosafarbenen Band hängt. Dieses tauscht sie aber gleich durch den weißen Schnürsenkel ihrer Sportschuhe aus.
Diese ruhige und unspektakuläre Erzählweise bedeutet zugleich, dass Tomboy seinem Publikum einen gewissen Anspruch abverlangt, weil keinerlei dramaturgische Möglichkeiten vorgegeben werden, zur Hauptfigur Position zu beziehen. Selbst auf den Einsatz von Musik verzichtet Céline Sciamma weitestgehend.Aufgrund dieser besonderen Erzählweise wird es Kindern unter zwölf Jahren nicht leicht fallen, dem Film aufmerksam zu folgen. Tomboy ist vor allem für Jugendliche geeignet, die sich in der Pubertät befinden oder diese bereits abgeschlossen haben und damit gegenwärtig oder rückblickend auf die Entwicklung einer eigenen Sexualität und Identität Stellung beziehen können. Besonders gut geeignet ist der Film für eine Einbindung in verschiedene Unterrichtsfächer. Für den Ethik- und Religionsunterricht bietet der Film Anregungen, um über Fragen nach Geschlechterrollen und Identitätsbildern in einer Gesellschaft zu diskutieren, und was es bedeutet kann, wenn eine Identitätsbildung unter Zwang geschieht.
Für den Deutschunterricht gibt der Film weiterhin Impulse, um sich mit der in der Literatur immer wieder anzutreffenden Identitätsdopplung auseinanderzusetzen. Darüber hinaus lässt sich im Biologieunterricht auch die Problematik der unterschiedlichen sexuellen und psychologischen Reifungsprozesse von Mädchen und Jungen ansprechen. Handelt es sich bei Laure nur um eine vorübergehende Wandlung der Identität, oder markiert ihre Travestie den weiteren Lebensweg? So wie in der Realität gibt auch der Film an diesem Punkt den Zuschauern keine einfache Antwort vor.
Tomboy
Frankreich 2011, 82 Minuten
Regie: Céline Sciamma
Darsteller: Zoé Héran, Malonn Lévana, Jeanne DissonVerleih: Alamode Film
Filmstart: 03.05.2012
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Benedikt Hommann
Beitrag als PDFEinzelansichtBianca Keinath: Spongebob & Co. – so gar nicht mehr froh
Die Berliner Ausstellung Broken Heroes zeigt von Kindern geliebte Ikonen der Popkultur. Bei den von der Künstlerin Patricia Waller in mühsamer Häkelarbeit angefertigten Figuren handelt es sich jedoch allesamt um „abgestürzte Helden“, die in ihrem Scheitern gezeigt werden: Supermans Kräfte haben versagt und er fliegt in eine Wand; Ernie ist alkoholkrank und obdachlos, bettelnd auf der Straße; das Sandmännchen begeht Selbstmord; Spiderman ist in seinem eigenen Netz gefangen; Hello Kitty rammt sich ein Messer in den Bauch; Minnie Maus liegt vergewaltigt am Boden und SpongeBob wird zum Sprengstoff-Attentäter …Moderner Slapstick oder einfach taktlos? Für merz hat Bianca Keinath mit der Künstlerin Patricia Waller über ihre Werke gesprochen. Während es in den Medien und der Bevölkerung einen Aufschrei gibt, scheint die Botschaft dahinter ganz einfach: Jeder kann scheitern, doch wahre Helden stehen wieder auf und der in der Gesellschaft vorherrschende Starkult kann zu Identitätskrisen und überhöhten Lebensvorstellungen führen, die verzweifeln lassen.merz Frau Waller, als „schrecklichste Ausstellung der Stadt“ (BILD) wird viel und kontrovers über Ihre Kunst diskutiert. Was hat Sie dazu inspiriert, diese Kindheitshelden so darzustellen?Waller Ich arbeite immer in Serien und überlege mir hierzu Themen, die eine gesellschaftliche Relevanz haben.
Wenn Sie auf die Homepage gucken (www.patricia waller.com), sehen Sie, dass ich mich auch schon mit Alter und Gebrechen auseinandergesetzt und Gehwagen und Toilettensitze und so was gehäkelt habe. Und in dem Fall hat mich das Thema Prominenz interessiert. Die Helden, um die es geht, sind ja auch Prominente unserer Kindheit gewesen oder sind es teilweise heute noch. Mich hat einfach interessiert: Was ist ein Held? Was ist ein Fan? Was ist prominent? Was ist ein Antiheld? Um diese Thematik kreist die Ausstellung.merz Was viele Betrachterinnen und Betrachter erschreckt, ist die Grausamkeit der Darstellungen. In den Medien und auch in der Realität werden wir regelmäßig mit Gewalt konfrontiert; das gilt auch für Kinder. Warum, denken Sie, gibt es gerade bei Ihren Werken so einen Aufschrei?Waller Ich bin eigentlich eher erstaunt, dass es überhaupt diesen Aufschrei gibt. Als Künstlerin gehe ich heute nicht mehr davon aus, dass ich heute irgendjemand mit irgendetwas provozieren kann, oder sehr emotional berühren kann und habe tatsächlich sehr, sehr viele Kommentare zur Minnie Maus bekommen. Mich wundert das sehr, weil – genau wie Sie sagen – diese ganze Hollywood-Maschinerie die Wahrnehmung von Gewalt verändert hat.
In Hollywood sterben die immer schön. Der Unterschied bei den Comichelden, was wahrscheinlich auch die Kinder sehen, ist ja, dass die in der Regel unsterblich sind. Wenn Bugs Bunny von der Dampfwalze überrollt wird, dann schüttelt er sich hinterher, steht auf und rennt weiter. Deswegen habe ich auch nicht das Gefühl, dass Kinder so erschreckt sind von der Ausstellung weil sie ja wissen, dass die Figuren immer überleben, egal was ihnen widerfährt. merz Sie bezeichnen Ihre Werke als „kritische Auseinandersetzung mit dem Starkult unserer Gesellschaft“. Was genau meinen Sie damit?Waller In jeder Gesellschaft und in der Geschichte gibt es Helden und das sind ja irgendwie auch Vorbilder und Hoffnungsträger … und wir haben ja auch eine Sehnsucht nach dem Besonderen – was heute ein Prominenter ist, ist was früher ein Held war. Beiden wird ein gewisses Maß an Beliebtheit, Bewunderung und Verehrung entgegen gebracht. Der Fan auf der anderen Seite ist jemand, der eine virtuelle Beziehung zu seinem Star eingeht, er kann nicht zurückgewiesen werden, also kann er auch nicht enttäuscht werden. Er muss sich so also vielleicht auch nicht mit seiner eigenen Minderwertigkeit auseinandersetzen. Es ist die Diskrepanz der Welt, die einem vorgespiegelt wird in den Medien, und die Realität. Bei mir kommt dann der Antiheld ins Spiel. Die Figuren, die ich gehäkelt habe, scheitern eigentlich alle.merz In Ihren Arbeiten haben Sie sich mit Heldinnen und Helden der Kinder von heute und gestern beschäftigt. Wer war Ihr Held oder Ihre Heldin?Waller Eindeutig Pippi Langstrumpf. Wir haben beide rote Haare (lacht) und meine Mutter musste mir immer solche Zöpfchen machen.Ja, das war die Größte für mich! merz Warum haben Sie sie nicht mit aufgenommen?
Waller Naja, es muss ja immer auch passen. Also wenn ich jetzt zum Beispiel die Minnie Maus nehme, warum wurde die vergewaltigt? Sie ist ja eigentlich der Inbegriff von Unschuld. Deswegen musste natürlich gerade sie „vergewaltigt“ werden. Es gibt zu jeder Figur eine kleine Geschichte, die muss mir dann auch einfallen. Dieser Bob Schwammkopf, der ist immer so nervös und aufgeregt und hektisch, das ist dann der, der zum Selbstmordattentäter wird. Ich hätte für Pippi Langstrumpf keine Geschichte gefunden.merz Ihre Puppen sind alle sehr aufwändig in Handarbeit gehäkelt. Wie kamen Sie auf die Idee, gerade dieses Material zu verwenden und wie lange brauchen Sie für die Herstellung einer Häkelpuppe?Waller Es ist schwierig, die Frage zu beantworten, wie lange ich an einer Figur sitze. Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich für die aktuelle Ausstellung ungefähr zwei Jahre am Arbeiten war. Es ist ja nicht nur so, dass ich ein paar Stunden am Tag häkeln muss – was ja auch etwas Absurdes ist, in so einer Zeit der Massenfabrikation. Ich muss ja auch die Ideen haben, ich muss dieses Innenleben der Figuren gestalten – was nehme ich? Styropor? Wie setze ich das an, welche Größe bekommen die? Also es ist alles sehr zeitaufwändig.
Ich hinterfrage mit meinen Arbeiten auch die Wertigkeit von Handarbeit, weil wir rennen alle zu IKEA und es gibt sehr, sehr viele Menschen, die mir das gar nicht glauben, dass ich das selber herstelle. Mir ist aber auch nicht klar, was die für eine Vorstellung haben. Ob ich irgendwie eine Maschine im Keller habe, da ein paar Wollknäuel rein schmeiße und Bob Schwammkopf eintippe und dann kommt der da unten raus? Dem ist leider nicht so, ich sitze gut drei Monate an einer Figur.merz Es gibt für die Ausstellung Broken Heroes keine Alterbeschränkung. Hätten Sie sich eine Altersbegrenzung gewünscht?Waller Im Prinzip ist das zweischneidig. Ich denke, es ist auch eine Verantwortung der Eltern, ob sie sich das mit ihren Kindern zusammen anschauen. Viele kennen meine Arbeiten jetzt schon seit Jahren. Bei meiner letzten Ausstellung war es so, dass die Kinder das gar nicht so schrecklich fanden – und die war noch viel blutiger! Die Kinder kamen rein und stürzten sich auf die Arbeiten, für die war das ein großer Abenteuerspielplatz. Da hätte ich mir gewünscht, dass die Eltern ihre Kinder an der Hand nehmen. Viele Kinder werden auch im Alter von zwei bis drei Jahren vor den Fernseher gesetzt und gucken sich Tom und Jerry an.
Da würde ich generell lieber an die Aufmerksamkeit der Eltern appellieren. Ich mache meine Kunst in erster Linie für Erwachsene. Speziell für Kinder habe ich aber auch schon mal eine Ausstellung gemacht. Extrem süß! ist derzeit in Karlsruhe zu sehen und ich habe dafür Eisbecher und Süßigkeiten gehäkelt. Wenn ich meine Werke an Kinder richte, bin ich sehr vorsichtig.merz Herzlichen Dank für das Interview und noch viel Erfolg für Ihre Ausstellung!Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Juni 2012 in der Galerie Deschler zu sehen.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Bianca Keinath
Beitrag als PDFEinzelansicht
publikationen
Filmbildung - Von theoretischen Konzepten und praktischen Ansätzen
Spielmann, Raphael (2011). Filmbildung! Traditionen, Modelle, Perspektiven. München: kopaed Verlag 279 S., 19,80 €.
Kepser, Matthias (Hrsg.) (2010). Fächer der schulischen Medienbildung. Mit zahlreichen Vorschlägen für einen handlungs- und produktionsorientierten Unterricht. München: kopaed Verlag. 246 S., 18,80 €.
Henke, Thomas/Kunsthalle Bielefeld/FH Bielefeld (Hrsg.) (2010). Social Dogma. Heidelberg: Kehrer. 194 S., 19,80 €.
Mit der rasanten Entwicklung des Internets und insbesondere dem Aufkommen von Social Web Angeboten gewinnt auch ein in der Vergangenheit eher vernachlässigter Bereich der Medienpädagogik mehr und mehr an Bedeutung – die Filmbildung. Während vor dieser Entwicklung das Drehen und vor allem die Veröffentlichung eigener Filme wesentlich schwerer zu bewerkstelligen war, gehört es mittlerweile zunehmend zur gängigen Praxis auch vieler Privatpersonen, selbst gedrehte Videos ins Netz zu stellen und zu kommentieren. Der Kreativität der Nutzerinnen und Nutzer sind keine Grenzen gesetzt. Die Internetplattform Youtube verzeichnete bereits 2008 ca. 150.000 Videouploads pro Tag (vgl. Spielmann 2011). Was läge da näher, als dieses offensichtlich im Trend liegende Medium auch für Bildungszwecke nutzbar zu machen? Gerade in der Schule – so die Hoffnung – könne so die Motivation gesteigert und neben Softskills auch Fachwissen ganz nebenbei vermittelt werden.Genau damit beschäftigen sich die Monografie Filmbildung! Traditionen, Modelle, Perspektiven von Raphael Spielmann und das Herausgeberwerk Fächer der schulischen Medienbildung von Matthias Kepser.Spielmann umreißt dazu zunächst die geschichtlichen und theoretischen Hintergründe der Filmbildung und die immer wiederkehrenden Probleme des Faches, sich neben den etablierten Bildungsbereichen als vielversprechende Lehrform durchzusetzen und in der Schule Fuß zu fassen. Daraufhin geht er genau dieses Problem an, indem er den Versuch unternimmt, ein filmdidaktisches Modell für den Unterricht zu entwerfen.
Gerade die vielfältigen Kompetenzen, die sich Jugendliche bei der Beschäftigung mit dem Genre Film aneignen können, sind es, die Spielmann hervorhebt. Dies kann allerdings nur umgesetzt werden, wenn es gelingt, in der Filmdidaktik sowohl die Theorie als auch die Praxis zu vereinen und den Schülerinnen und Schülern so zum einen praktische Erfahrungen und zum anderen aber auch wertvolles Hintergrundwissen zu vermitteln. Zudem versucht Spielmann die einzelnen durch die Filmbildung zu erlernenden Kompetenzen mit den jeweiligen Schulfächern zu verknüpfen und so praktische Herangehensweisen aufzuzeigen. Doch er geht sogar noch einen Schritt weiter und bietet seinen Leserinnen und Lesern Anregungen für eine mögliche curriculare Einbindung der Filmbildung in die schulischen Lehrpläne. Dazu arbeitet er zunächst die aktuelle Situation heraus und zeigt auf, inwiefern Filmbildung bereits jetzt in die Lehrpläne integriert ist. Daran anschließend stellt er einzelne Filmcurriculums-Entwürfe vor und erarbeitet darauf aufbauend selbst ein detailliertes Filmcurriculum. Schließlich untermauert Spielmann seine theoretischen Ausführungen noch durch die ausführliche Evaluation verschiedener Schülerfilme, wobei er erneut gezielt auf den Kompetenzerwerb durch die Filme eingeht.
In der Diskussion der Ergebnisse bezieht er zudem verschiedene äußere Einflüsse, wie das Schulfach, die Lehrkraft oder die Schulart mit ein und führt auf Basis der Ergebnisse zum Abschluss noch eine Überarbeitung des zuvor aufgestellten Filmcurriculums durch. Durch viele Grafiken und Fotos gelingen ein anschaulicher Überblick sowie ein detailliertes Aufzeigen von Möglichkeiten praktischer Filmbildung in der Schule, die sich in allen Punkten durch umfassende theoretische Untermauerung aber auch praktische Anwendungsorientierung auszeichnet. Einzig eine Nummerierung der Unterkapitel könnte den Lesekomfort noch etwas erhöhen.Auch das Herausgeberwerk von Matthias Kepser geht auf die schulische Filmbildung ein. Der Schwerpunkt liegt hier allerdings zunächst auf der Kanondebatte, mit der sich die ersten drei Artikel auseinandersetzen. Dabei wird die Frage diskutiert, welche Filme im Unterricht behandelt werden sollten und ob dies in einem Filmkanon festzulegen ist. Während im ersten Beitrag die Situation in Deutschland genauer beleuchtet wird, wird im zweiten Artikel ein Blick auf die Situation in den USA, der ‚Heimat‘ des Films geworfen. Grundsätzliche Fragen zu Entstehung und Funktion medialer Kanons diskutiert der dritte Beitrag und wirft dabei die Frage auf, ob ein solcher Kanon in der heutigen Zeit nicht als obsolet angesehen werden kann. Der zweite Teil des Herausgeberwerkes beschäftigt sich wie auch Spielmann mit den verschiedenen Fächern schulischer Filmbildung. Dazu umreißt Carola Surkamp zunächst, wie Filmbildung unter besonderer Berücksichtigung der Filmästhetik in den einzelnen Fächern umgesetzt werden kann, während der zweite Beitrag die innovative Filmbildung insbesondere im Geschichtsunterricht thematisiert.
Daraufhin wirft das Buch noch einen Blick auf die Filmgeschichte als Teil schulischer Bildung, wobei auf Filmklassiker – wie etwa Emil und die Detektive oder Filme aus den ufa-Studios der 20er und 30er Jahre – und deren Einsatz im Schulunterricht, aber auch auf die Filmmontage als neue Kunstform eingegangen wird. Schließlich verweist der letzte Teil des Herausgeberwerkes auf die handlungs- und produktionsorientierte Arbeit mit (Spiel-)Filmen, wie etwa das Schreiben von Drehbüchern oder Filmkritiken und liefert damit Ansätze für eine praktische, in der Schule auch umsetzbare Filmbildung. So gelingt ein guter Überblick über die Nutzung des Films in der Schule, wobei die praktische Anwendung sowie die Verknüpfung mit einzelnen Schulfächern immer berücksichtigt werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass dabei im Gegensatz zu den Ausführungen Spielmanns die Nutzung bereits bestehender Film im Vordergrund steht, während die eigene praktische Arbeit mit dem Medium Filme lediglich im letzten Beitrag zum Ausdruck kommt.Einen ganz anderen, aber ebenso interessanten Zugang wählt Thomas Henke mit seinem Projekt Social Dogma, das die Vorlage für das gleichnamige Herausgeberwerk bildet. Hier geht es nicht um theoretische Rechtfertigung sondern um die rein praktische Anwendung des Films als Kunstform.
Henke bezieht dabei auch geschickt Studentinnen und Studenten in sein Projekt mit ein und überlässt ihnen sogar die federführende Umsetzung der Filmarbeit. Damit leistet auch er einen wichtigen Beitrag zur Filmbildung, zwar weniger auf konzeptioneller, als vielmehr auf praktisch anwendender Ebene. Die Studentinnen und Studenten portraitierten für das Projekt je eine Person, die sich in einer außergewöhnlichen Lebenssituation befindet oder eine spezielle Besonderheit aufzuweisen hat. Wichtig waren dabei neben dem inhaltlichen Gehalt und der sozialen Brisanz des Themas vor allem auch die künstlerische Umsetzung und der kreative Umgang mit dem Medium Film. So entstanden elf ganz unterschiedliche (Selbst-)Portraits, die auch die Beziehung zwischen Student bzw. Studentin und dem gefilmten Individuum widerspiegelt. Das Herausgeberwerk beleuchtet das Projekt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, wobei alle Beiträge sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache verfasst sind: So beschreibt nicht nur der Projektleiter Thomas Henke seine Sicht auf das Projekt, sondern es werden von den unterschiedlichen Autorinnen und Autoren auch das Museum als Ort der Filmausstellung, die Selbstinszenierung als soziale Erfahrung oder eine philosophische Sicht auf das Projekt eingenommen.
Zudem weist auch die Gestaltung des Buches mit vielen anschaulichen Fotos einen sehr künstlerischen Charakter auf.Jedes der drei sehr anschaulich gestalteten Werke ermöglicht somit auf ganz unterschiedliche Weise einen Einblick in das Thema Filmbildung, ob auf die konkrete Anwendung in der Schule oder durch die konkrete Erfahrung im Rahmen eines Projektes. Somit eröffnet sich dem Leser oder der Leserin eine Vielfalt möglicher Herangehensweisen an die Themen Film – Bildung und Filmbildung.
Zahn, Manuel/Pazzini, Karl-Josef (Hrsg.) (2011). Lehr- Performances. Filmische Inszenierungen des Lehrens. (Medienbildung und Gesellschaft; 17) Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. 220 S., 29,95 €
Die in diesem Band versammelten Beiträge betrachten und analysieren die filmische Inszenierung des Lehrens und die Tätigkeit von Lehrkräften. Gegenstand sind in erster Linie Spielfilme, aber auch die Fernsehserie The Wire. Es geht um die Möglichkeit, an diesem Material für das Thema relevante Imaginationen und Diskurse auszumachen, seien sie kultureller, gesellschaftlicher oder bildungspolitischer Art. In Abgrenzung zu quantitativen Forschungen soll eine andere Art von Empirie erschlossen werden: eine, bei der die „Berührung“ das Kriterium für die Wahrheit der Botschaft abgibt (Vorwort der Herausgeber, S. 8).Beispielhaft erklären im ersten Beitrag Maarten Simons und Jan Masschelein, dass sie über den Eindruck schreiben, den sie gewannen, als sie über den Lehrer im Film Der Sohn (Luc und Jean-Pierre Dardenne) nachdachten; wobei sie sich lose einiger Konzepte Michel Foucaults bedienen, um Formulierungen für das Gesehene anzubieten. Ähnlich wird auch mit anderen theoretischen Rahmungen in den weiteren Beiträgen verfahren.
Der Band geht zurück auf Vorträge einer Ringvorlesung, die 2010 an der Universität Hamburg stattfand. Pazzini ist dort Professor für Erziehungswissenschaft und Bildende Kunst, Zahn Lehrbeauftragter. Auf deren einleitendes Vorwort folgen 13 voneinander unabhängige Beiträge.Diese beziehen sich zum Teil auf je einen Film (z. B. Das Fliegende Klassenzimmer, Der Club der toten Dichter, Mona Lisas Lächeln, Die Welle, Die Klasse, Das weiße Band), teils wird eine ganze Kollektion verwandter Filme betrachtet (z. B. Monsieur Mathieu und seine Brüder. Anmerkungen zur Inszenierung von Musiklehrern im populären Film, ein Beitrag von Jürgen Vogt).Im Einzelnen sind die Fragestellungen sehr unterschiedlich wie auch der jeweils verwendete theoretische Rahmen.Es wird in der Regel eine pädagogische Sicht eingenommen, darüber hinaus aber auch eine Sicht aus der Film- und Medienwissenschaft: wenn Winfried Pauleit Les 400 coups (deutsch Sie küssten und sie schlugen ihn, François Truffaut 1959) als „einen paradigmatischen Film des modernen Kinos“ herausstellt, „in der das Kino sich mit Ähnlichkeit und Differenz der Institutionen Schule und Kino am Beispiel ihrer Lehrperformances“ auseinandersetze (S. 50).
Bezeichnend für alle Beiträge ist, dass sie keine ausgearbeitete Methode der Filmanalyse anbieten. Wie es Zahn beispielhaft ausdrückt, folge er eher „den Spuren“, die der Film (Blackboards/Die schwarze Tafel) an ihm „hinterlassen“ habe; dies verstehe er „weder als Analyse noch als Interpretation“, sondern als Darstellung seiner „deutenden Annäherungen“ (S. 97 f.; Hervorhebung im Original). Pazzini ergänzt in seinem Beitrag (Kann man Übertragung sehen?) gleichsam: Auch „den Akteuren intransparente, unbewusste Prozesse“ könnten „Spuren bilden, die vom Anderen wahrgenommen werden“ könnten (S. 199). Insgesamt fällt auf, dass die Beiträge wenig auf die spezifische Ausdrucksmaterialität des Films wie Schnitt, Kameraeinstellung, Raum, Licht und Farbe, Geräusche und Musik eingehen, stattdessen findet sich häufiger eine fast ausschließliche Betonung der Handlung und des Dialogs. Verschriftlichungen wie Sequenz- und Filmprotokoll werden fast nicht eingesetzt, Screenshots im Grunde nur illustrativ verwendet.Mit seinem Anliegen, fiktionale Filme als Erfahrungsquellen über das Lehren zu erschließen, begibt sich der Band keineswegs auf Neuland; doch er geht wenig auf das inhaltliche und methodische Umfeld ein: So findet sich beispielsweise kein Hinweis auf Mary M. Daltons mehrfach aufgelegte und erweiterte Studie über Lehrerinnen, Lehrer und Lehre in Kinofilmen (The Hollywood Curriculum; zuerst 1999, zuletzt 2010) und kein einziger Beitrag des einschlägigen Handbuchs Film- und Fotoanalyse in der Erziehungswissenschaft ist auch nur erwähnt (hrsg. von Yvonne Ehrenspeck und Burkhard Schäffer, 2003); selbst grundlegende und verbreitete Literatur zur qualitativen Filmanalyse bleibt unberücksichtigt. Der Band gleicht deshalb einem Solitär.
Busch, Christoph (2010). Rechtsradikalismus im Internet. Siegen: Universitätsverlag Siegen. 388 S., 14,90 €.
Wie sich Rechtsradikalismus im Internet verbreitet, welche Auswirkungen dies auf seine Handlungsfähigkeit hat und welche Personen von rechtsradikalen Websites angesprochen werden, das und einige weitere Fragen untersuchten Studierende der Universität Siegen gemeinsam mit Expertinnen und Experten dieser Thematik. Aus den empirischen Ergebnissen sowie aus der gemeinsamen Diskussion derselben entstand im Anschluss das Herausgeberwerk ‚Rechtsradikalismus im Internet‘. In sechs Kapiteln und insgesamt 19 Beträgen wird dabei zunächst eine thematische Eingrenzung von Rechtsradikalismus und seinen Strukturen im Internet vorgenommen, woraufhin rechtsradikale Onlineshops genauer unter die Lupe genommen werden.
Anschließend wird die Ästhetik und Selbstinszenierung rechtsradikaler Websites in den Fokus gerückt.Schließlich wird auch die Wirkung rechtsradikaler Internetauftritte auf die Öffentlichkeit betrachtet, wobei explizit auf mögliche Strategien zum Umgang mit diesen Inhalten aus Politik, Social Media sowie auf die Sichtweise von Jugendlichen auf diese Angebote eingegangen wird. Zu guter Letzt wird ein Ausblick gewagt, indem die mediale Aufklärung über Rechtsradikalismus am Beispiel von Tageszeitungen und Websites untersucht und bewertet wird. Insgesamt gibt dieses Buch einen guten Überblick über die Strukturen und Wirkungszusammenhänge von Rechtsradikalismus in Internet, wobei ein kritischer Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre geworfen wird.
Dittler, Ulrich/Hoyer, Michael (Hrsg.) (2012). Aufwachsen in sozialen Netzwerken. Chancen und Gefahren von Netzgemeinschaften aus medienpsychologischer und medienpädagogischer Perspektive. München: kopaed. 274 S., 18,80 €.
Soziale Netzwerke sind ein Phänomen der heutigen Zeit, welches sich im Laufe der letzten Jahre fest im Alltag von uns Menschen, vor allem von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, etabliert hat. Der Sammelband Aufwachsen in sozialen Netzwerken vereint medienpsychologische und medienpädagogische Sichtweisen bezüglich der Möglichkeiten und potenziellen Gefahren von sozialen Netzwerken. Die Herausgeber schaffen durch die Diversität der Beiträge einen guten Rundumblick über die Thematik. Gleichzeitig zeichnen sich Schwerpunktthemen ab. Zum einen beschreiben einige der Expertinnen und Experten die Nutzung sozialer Netzwerke auf Basis von Studien und aus Sicht eines Selbstversuchs.
Des Weiteren finden digitale Freundschaften als Erweiterung von Beziehungen Betrachtung. Einerseits wird genauer auf den Begriff ‚Freundschaft‘ Bezug genommen und wie sich virtuelle Freundschaften auf reale auswirken, andererseits zeigt eine Studie Möglichkeiten zur Pflege von Online-Freundschaften auf. Andere Autoren gehen den Fragen der Zweck- und Zielgerichtetheit der Kommunikation in sozialen Netzwerken nach. Dabei steht die Grundfrage der Nutzung parallel mit der Veränderung der Kommunikation durch Social Network Sites im Vordergrund. Die Interessen hinter den Netzwerken sind als weiteres Schwerpunktthema ein essentieller Teil des Werkes, da kommerzielle Absichten von Unternehmen, persistente Speicherung von persönlichen Daten, Privatsphärenschutz und Entstehung von Abhängigkeit aufgegriffen werden. Ebenso konzentriert sich der Sammelband auf digitale Selbstdarstellung und deren Folgen. Zwei Beiträge thematisieren ‚Cybermobbing‘ in unterschiedlichen Kontexten.
Auch das Spannungsfeld von Selbstdarstellung und Privatsphäre und die Bedeutung von Online-Reputation werden beschrieben. Empfehlenswert ist dieser Sammelband für pädagogische Fachkräfte, medienpädagogisch Interessierte und Studierende einschlägiger Fachrichtungen.
Moser, Heinz/Grell, Petra/Niesyto, Horst (Hrsg.) (2011). Medienbildung und Medienkompetenz. Beiträge zu Schlüsselbegriffen der Medienpädagogik. München: kopaed Verlag. 273 S., 18 €.
Das Herausgeberwerk versucht eine Übersicht über die verschiedenen Standpunkte zu zwei der zentralen Leitbegriffe in der Medienpädagogik zu geben und greift damit ein im Fachbereich sehr kontrovers diskutiertes Thema auf. Während zunächst die zentralen Begriffe und Kontroversen in zwei Beiträgen aufgezeigt werden, spiegelt sich in den folgenden Artikeln ganz die aktuelle Diskussion um die Begriffe Medienkompetenz, Medienbildung und Medienerziehung, aber auch um die angloamerikanischen Ausdrücke ‚media literacy‘ und ‚media literacy education‘ wider. Schließlich erfolgt ein Ausblick auf mögliche Perspektiven dieser Diskussion für die künftige medienpädagogische Praxis, wobei noch der Begriff Mediendidaktik aufgegriffen wird.
Dabei will das Herausgeberwerk, das auf den Diskussionspapieren der Herbsttagung 2010 der Sektion Medienpädagogik in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) beruht, keine endgültige Lösung anbieten. Vielmehr ist es das Ziel, den Diskurs über die Schlüsselbegriffe der Medienpädagogik zu fördern und Anregungen für weitere konzeptionelle und akzentuierende Überlegungen und theoretische Reflexionen zu geben. So gelingt es, die aktuelle Debatte differenziert widerzugeben, was eine eigenständige Orientierung und Meinungsbildung der Leserinnen und Leser begünstigt.
Gerade um das Feld der Medienpädagogik in seiner Struktur sowie in seinem Fachverständnis kennenzulernen und zu verstehen, kann dieses Buch daher wertvolle Hilfe leisten.
Vollbrecht, Ralf/Wegener, Claudia (Hrsg.) (2010). Handbuch Mediensozialisation. Wiesbaden: VS Verlag. 462 S., 49,95 €.
Das ‚Aufwachsen in Medienwelten‘ ist mittlerweile ein viel strapaziertes Thema, das an diversen Stellen behandelt wird. Wie sehen diese Medienwelten aus? Wie bewegen sich Kinder darin? Wo sind Chancen? Wo Gefahren? Und wie ist all das zu bewerten? Zu diesen Fragen finden sich in der Literatur die unterschiedlichsten Ansätze, Herangehensweisen und Antwortversuche. Ralf Vollbrecht und Claudia Wegener versuchen sich im vorliegenden Handbuch an einer Bündelung und Sammlung der verschiedenen Herangehensweisen an das Thema und legen ein fast 500 Seiten schweres Werk vor, in dem mehr als 50 Autorinnen und Autoren Aspekte des Themas behandeln.
Dank übersichtlicher Gliederung kann das Buch eine gute Struktur und sinnvolle Aufteilung vorweisen, die nach den theoretischen Grundlagen aller Art – von Konstruktivismus und Entwicklungspsychologie über sozioökologische Ansätze bis Cultural Studies – Mediensozialisation ausführlich in verschiedenen Kontexten beleuchtet – im Lebenslauf ebenso wie in sozialen und institutionellen Kontexten und in Medienbezügen – um schließlich den Bogen zu Diskursen und Ansätzen praktischer Arbeit zu schlagen. Die Beiträge sind dabei stimmig und umfassend ausgewählt, der Zugang zum Thema wird sowohl über Theorie-Ansätze als auch über die Kontexte, in denen Kinder agieren, sowie die verschiedenen Medien, mit denen sie konfrontiert sind, ermöglicht. Die Breite der Autorinnen und Autoren ermöglicht zudem ganz verschiedene, sich ergänzende Herangehensweisen und Blickwinkel.
Insgesamt wurde so eine gute Basis geschaffen, die sowohl Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet als auch interessierten ‚Einsteigern‘ einen fundierten und vielfältigen Einblick in die Mediensozialisation Heranwachsender bietet.
kolumne
Günther Anfang: „Wie lange darf mein Kind jetzt eigentlich fernsehen?“
Mit dieser Frage wird man häufig auf Elternabenden zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Die Meinungen gehen da sehr auseinander. Während ein Teil der Eltern das Fernsehen am liebsten vollkommen verbieten würde, ist der andere Teil ziemlich verunsichert, da man ja immer wieder hört, dass zu viel Fernsehen schädlich ist. Wieder andere sind davon überzeugt, dass vor allem die hektischen Schnitte dafür verantwortlich sind, dass sich unsere Kinder nicht mehr konzentrieren können. „Ich hab da mal einen Artikel eines Hirnforschers gelesen, der nachweist, dass die schnellen Schnitte das Hirn der Kinder nachhaltig schädigen.“ Solche und ähnliche Sätze bekommt man immer wieder zu hören, wenn man in Sachen Elternabend zum Thema Medien unterwegs ist. In der Regel wird man dafür von einem besorgten Mitglied des Elternbeirats engagiert, mit dem Hinweis, dass das Thema Medien an der Schule gerade intensiv diskutiert wird und deshalb der Rat eines Experten hinzugezogen werden sollte.
Auf die Frage wie viele Eltern denn erwartet werden, bekommt man dann häufig die ausweichende Antwort: „ Also ziemlich viele. Wir machen den Elternabend auf alle Fälle in der großen Aula.“ Am Elternabend selbst sieht es dann leider häufig sehr ernüchternd aus. Zwar ist die große Aula bestuhlt, doch weist die Art der Bestuhlung schon einmal darauf hin, dass nicht so viele Eltern kommen werden wie erwartet. „Ja, leider haben schon einige Eltern abgesagt, da sie einen anderen Termin haben. Und heute Abend ist ja auch noch das Fußballspiel im Fernsehen.“ Nun gut, dann werden es halt wieder die üblichen zehn bis 15 Eltern, die eigentlich schon alles wissen und nur noch kommen, um Bestätigung zu erfahren. Sie wissen jedenfalls, wie viel Fernsehen sein darf, nur bei den Computerspielen sind sie häufig noch ratlos. „Mein Sohn ist in letzter Zeit nicht mehr von diesen Spielen wegzubringen. Ist er schon computersüchtig?“ Hier beginnt in der Regel eine heftige Diskussion über Sucht und Suchtgefahren, doch stellt sich schnell heraus, dass das exzessive Spielen eine vorübergehende Erscheinung ist, von Sucht noch sehr weit entfernt. Ein weiteres Thema sind natürlich auch die ‚Killerspiele‘.
Zwar sind alle Eltern davon überzeugt, dass ihr Kind durch die Spiele nicht zum Killer wird, aber über Wirkungen lässt sich trotzdem trefflich streiten. Und: „Ich hab da mal einen Artikel gelesen ...“. Dies gipfelt dann nur noch in der Aussage eines Elternteils oder einer Lehrkraft, dass die Kinder heutzutage viel aggressiver sind und noch zutreten, wenn ein Kind schon am Boden liegt. Spätestens dann ist für viele bestätigt, dass die Medien die Ursache allen Übels sind. Am Ende des Elternabends ist man sich jedenfalls einig, dass es gut war, sich mit den Problemen des Medienumgangs der Kinder auseinandergesetzt zu haben. Und man ist sich sicher, Erziehungsrezepte für diejenigen gewonnen zu haben, die nicht da waren.
Beitrag aus Heft »2012/03: Privatsphäre und Datenschutz im Netz«
Autor: Günther Anfang
Beitrag als PDFEinzelansicht
Ansprechperson
Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
kati.struckmeyer@jff.de
+49 89 68 989 120
Ausgabe bei kopaed bestellen
Zurück