Dr. Peter Radtke
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- Peter Radtke: Zum Bild behinderter Menschen in den Medien
Peter Radtke: Zum Bild behinderter Menschen in den Medien
Was wir denken, wie wir handeln, wird zu einem Großteil von den Massenmedien bestimmt. Das ist selbst dort der Fall, wo wir uns frei von derartigen Bevormundungen glauben. Die Macht der Bilder und Worte wird umso stärker, je weniger die Möglichkeit einer persönlichen Überprüfung gegeben ist.Dies gilt in ähnlicher Weise auch für Informationen über Menschen mit einer Behinderung. Theoretisch könnte sich zwar jeder durch persönliche Wahrnehmung ein eigenes Urteil bilden, doch in der Praxis verhindern Berührungsängste und andere Umstände zumeist eine solche Überprüfung. Ungeachtet der erheblichen Anstrengungen in den vergangenen Jahrzehnten, die Kluft zwischen den beiden Gesellschaftsgruppen einzuebnen, ist ein persönlicher Kontakt untereinander noch weitgehend die Ausnahme.
Daran ändert auch der Abbau architektonischer Hindernisse und der verbesserte Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln nichts, wodurch man heute mehr Rollstuhlfahrer, gehbehinderte oder blinde Passanten als früher im Straßenbild sieht. Erwiesenermaßen führt dies nicht automatisch zu einer intensiveren Kontaktaufnahme. Vielmehr ist es noch immer die Regel, dass Eltern ihre Kinder beim Anblick eines sichtbar von einer Behinderung Betroffenen ohne weitere Erklärung mit der Bemerkung fortziehen: „Da schaut man nicht hin; das tut man nicht!“ Der oder die Gemaßregelte wird niemals ein unverkrampftes Verhältnis zu behinderten Menschen aufbauen können. Was sogenannte Nichtbehinderte über Menschen mit einer Behinderung wissen, erfahren sie in der Regel aus den Medien. Unter diesen Umständen ist es entscheidend, welches Menschenbild ihnen dort vermittelt wird...
( merz 2003/03, S. 141 - 147 )