Neue als Web 2.0 bzw. social software bezeichnete Formen der Mediennutzung und vor allem der Mediengestaltung (Anwendungen wie Wikis, Blogs und Podcasts sowie Projekte wie StudiVZ, Flickr, YouTube etc.) stellen lediglich am Rande eine technologische, vielmehr jedoch eine soziale Revolution dar. Immer mehr Menschen bedienen sich des World Wide Webs, um den ‚medialen Spieß’ umzudrehen: Von passiven Medienkonsumentinnen und -konsumenten avancieren sie zu aktiven Medienproduzentinnen und -produzenten und zeigen der ganzen Welt, wer sie sind, was sie fühlen und welche Meinungen sie zu bestimmten Themen vertreten. Dass diese Entwicklung bedeutende medienpädagogische Potenziale aufweist, liegt auf der Hand. Doch worin bestehen diese? Und ist das tatsächlich alles so neu? Wo stößt auch Medienpädagogik 2.0 an ihre Grenzen?
2008/02: Medienpädagogik 2.0?!
aktuell
- Stichwort MMORP
Stichwort MMORP
Der Markt für Onlinespiele boomt. Onlinespiele, das sind Computerspiele unterschiedlicher Genres, die man im Internet bzw. über das Internet spielt. Das Spektrum reicht von einfachen Browserspielen bis hin zu komplexen Echtzeitsimulationen. MMORP (Massive Multiplayer Online Role Play) sind Onlinespiele, die auf Internet-Servern gespielt werden, die bis zu 5.000 Spielenden gleichzeitig Raum bieten. Neben dem Erwerb des Grundspiels wird die Zugangsberechtigung zum Spiel über eine monatliche Gebühr erworben. Ein Großteil des Spielreizes der MMORPs macht die Weiterentwicklung der Spielfigur aus. Anfangs ist der Spielcharakter sehr limitiert in seinen Fähigkeiten und Aktionsmöglichkeiten. Im Laufe des Spiels werden Erfahrungspunkte gesammelt, mit Hilfe derer neue Fähigkeiten freigeschaltet werden. Mit der Ausführung von Aktionen verbessern sich die sogenannten Talente.
Auf dem Weg zum höchsten Level sind die Spielenden auf andere angewiesen. Viele Spielerinnen und Spieler schließen sich deshalb zu Gemeinschaften zusammen, den Gilden oder Clans.World of Warcraft (WOW) ist das mit Abstand erfolgreichste MMORP mit derzeit über neun Millionen registrierten Nutzerinnen und Nutzern weltweit. Primäre Zielgruppe sind Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 21 Jahren. Im Gegensatz zu vielen anderen Computerspielen ist WOW keine reine Männerdomäne, weibliche Spielerinnen sind auf dem Vormarsch.
Das erste weltweit erfolgreiche MMORP war Ultima Online, aktuelle populäre Ableger sind Tabula Rasa, Guild Wars, Dark Age of Camelot und Herr der Ringe Online. Von den Fans sehnsüchtig erwartet werden derzeit die Spiele Warhammer Online und Age of Conan, die im Laufe des Jahres erscheinen sollen. Die ausufernde Komplexität der Spielwelt, die starke Identifikation mit der Spielfigur und nicht zuletzt das enorme Motivationspotenzial der MMORPs sind die Vorraussetzungen für ein besonders intensives Spielerlebnis. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene, deren Umwelt wenig Gestaltungsmöglichkeiten bietet, die wenig Anerkennung in ihrem sozialen Umfeld erfahren, kann WOW eine verlockende Plattform sein, sich Glücksgefühle und Erfolgserlebnisse zu verschaffen.
Entsprechend groß ist das Risiko, völlig in dieser Parallelwelt aufzugehen und das Interesse an Kontakten, Verpflichtungen und Freizeitaktivitäten in der realen Welt zu verlieren.
thema
- Aktive Medienarbeit im Zeitalter des partizipativen Netzes
Aktive Medienarbeit im Zeitalter des partizipativen Netzes
Im Kontext von Web 2.0 hervorgehobene mediale Potenziale zur Aktivierung der Individuen und zur Förderung ihrer Partizipation an gesellschaftlichen Prozessen wurden bereits lange vor der Entfaltung der aktuellen Medienanwendungen erkannt und auch in der praktischen medienpädagogischen Arbeit berücksichtigt. merz unterhielt sich dazu mit Fred Schell, einem der Pioniere der Aktiven Medienarbeit.
(merz 2008-2, S. 9-12)
- Gabi Reinmann: Lernen und Lehren im Zeitalter des Web 2.0
Gabi Reinmann: Lernen und Lehren im Zeitalter des Web 2.0
Lernen und Lehren im Zeitalter des Web 2.0 bedeutet nicht automatisch, dass in Schule, Hochschule und Weiterbildung auch im didaktischen Sinne ein neues Bildungszeitalter angebrochen ist. Der Beitrag geht der Frage nach, ob und wenn ja, in welcher Weise es eine Entwicklung vom E-Learning 1.0 zum E-Learning 2.0 geben könnte und inwieweit sich diese in verschiedenen Kontexten vollzieht. Dazu wird ein Streifzug durch den aktuellen Stand des E-Learning gemacht, es wird Bezug auf die empirische Befundlage genommen und es werden einige kritische Überlegungen zur Zukunft des E-Learning angestellt.
Literatur
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JIM-Studie 2007. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart
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Reinmann, Gabi/Mandl, Heinz (in Druck). Wissensmanagement und Weiterbildung. In: Rudolf Tippelt/Aiga von Hippel (Hg.), Handbuch Weiterbildung/Erwachsenenbildung. Opladen: Leske + Budrich
Reinmann, Gabi (2007). Bologna in Zeiten des Web 2.0. Assessment als Gestaltungsfaktor (Arbeitsbericht Nr. 16). URL: imb.phil.uni-augsburg.de/imb/system/files/Arbeitsbericht16.pdf [Zugriff: 01.01.2008]
Reinmann, Gabi/Sporer, Thomas/Vohle, Frank (2007). Bologna und Web 2.0: Wie zusammenbringen, was nicht zusammenpasst? In: Reinhard Keil/Michael Kerres/ Rolf Schulmeister (Hg.), eUniversity – Update Bologna. Münster: Waxmann. S. 263-278
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Seufert, Sabine/Euler, Dieter (2005). Nachhaltigkeit von eLearning-Innovationen: Fallstudien zu Implementierungsstrategien von eLearning als Innovationen an Hochschulen (SCIL-Arbeitsbericht 4). St.Gallen: SCIL
Tulodziecki, Gerhard/Herzig, Bardo (2002). Computer & Internet im Unterricht. Medienpädagogische Grundlagen und Beispiele. Berlin: Cornelsen
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(merz 2008-2, S. 13-20)
- Horst Niesyto und Verena Ketter: Jugendliche und Web 2.0
Horst Niesyto und Verena Ketter: Jugendliche und Web 2.0
Es reicht nicht aus, nur auf die technischen, ästhetischen und kommunikativen Potenziale von Web 2.0 hinzuweisen. An der Zielgruppe Jugendliche verdeutlicht der Beitrag soziokulturelle Unterschiede in der Nutzung von Internet und Web 2.0. Am Beispiel einer aktuellen Praxisforschungsstudie werden erste Befunde referiert, die Möglichkeiten einer medienpädagogischen Förderung insbesondere in bildungsbenachteiligten Milieus aufzeigen.
Literatur
Gerhards, Maria/Mende, Annette (2007). Offliner 2007. Zunehmend distanzierter, aber gelassener Blick aufs Internet. In: Media Perspektiven Nr. 8 (2007), S. 379-392
Groeben, Norbert/Hurrelmann, Bettina (Hg.) (2002). Lesekompetenz. Bedingungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim und München: Juventa
Iske, Stefan/Klein, Alexandra/Kutscher, Nadia (2004). Digitale Ungleichheit und formaler Bildungshintergrund – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung über Nutzungsdifferenzen von Jugendlichen im Internet. www.kib-bielefeld.de/externelinks2005/digitaleungleichheit.pdf [Zugriff: 09.02.2008]
Ketter, Verena (2008). Weblogs in der Kinder- und Jugendarbeit. In: Röll, Franz Josef/Ertelt, Jürgen (Hg.) (2008), Web 2.0: Jugend online als pädagogische Herausforderung. Navigation durch die digitale Jugendkultur. München: kopaed (in Vorbereitung)
Kommer, Sven (2006). Zum medialen Habitus von Lehramtsstudierenden. Oder: Warum der Medieneinsatz in der Schule eine so ‚schwere Geburt’ ist. In: Treibel, Annette/Maier, Maja S./Kommer, Sven/Welzel, Manuela (Hg.), Gender medienkompetent. Medienbildung in einer heterogenen Gesellschaft. Wiesbaden: VS-Verlag, S. 165-177
Kompetenzzentrum Informelle Bildung (Hg.) (2007). Grenzenlose Cyberwelt? Zum Verhältnis von digitaler Ungleichheit und neuen Bildungszugängen von Jugendlichen. Wiesbaden: VS-Verlag
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.) (2007). JIM-Studie 2007. Jugend, Information (Multi-)Media. Stuttgart: Landesanstalt für Kommunikation
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.) (2005). JIM-Studie 2005. Jugend, Information (Multi-)Media. Stuttgart: Landesanstalt für Kommunikation
Niesyto, Horst (2000). Medienpädagogik und soziokulturelle Unterschiede. Eine Studie zur Förderung der aktiven Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus bildungsmäßig und sozial benachteiligten Verhältnissen. Baden-Baden/Ludwigsburg: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest
Oehmichen, Ekkehardt/Schröter, Christian (2007). Zur typologischen Struktur medienübergreifender Nutzungsmuster. In: Media Perspektiven Nr. 8 (2007), S. 406-422
Schäfer, Miriam/Lojewski, Johanna (2007). Internet und Bildungschancen. Die soziale Realität des virtuellen Raumes. München: kopaed
Wagner, Ulrike/Eggert, Susanne (2007). Quelle für Information und Wissen oder unterhaltsame Action? Bildungsbenachteiligung und die Auswirkungen auf den Medienumgang Heranwachsender. In: medien + erziehung, 51. Jahrgang, Nr. 5, S. 15-23
Wagner, Ulrike/Theunert, Helga (Hg.) (2006). Neue Wege durch die konvergente Medienwelt. BLM-Schriftenreihe, Bd. 85. München: Fischer
(merz 2008-2, S. 23-29)
Beitrag aus Heft »2008/02: Medienpädagogik 2.0?!«
Autor: Horst Niesyto, Verena Ketter
Beitrag als PDF - Ingrid Paus-Hasebrink, Tanja Jadin und Christine W.Wijnen: Web 2.0-Klasse: Projektorientiertes Lernen mit Wikis
Ingrid Paus-Hasebrink, Tanja Jadin und Christine W.Wijnen: Web 2.0-Klasse: Projektorientiertes Lernen mit Wikis
Mit dem Pilotprojekt Web 2.0-Klasse werden neue Lern- und Lehrmethoden an österreichischen Hauptschulen erforscht. Die wissenschaftliche Evaluation des Projekts verdeutlicht dabei die Potenziale zur Steigerung der Lernmotivation von Schülerinnen und Schülern durch den Einsatz von Web 2.0 im Unterricht. Darüber hinaus führt dieser zu einer reflektierteren Auseinandersetzung mit dem Medium Internet.
Literatur
Paus-Hasebrink, Ingrid/Jadin, Tanja/Wijnen, Christine W. (2007). Lernen mit Web 2.0. Aktualisierter Bericht zur Evaluation des Projekts „Web 2.0-Klasse“. www.telekom.at/Content.Node/verantwortung/sponsoring/projekte/web20klasse-evaluationsbericht.pdf [Zugriff: 28.01.2008]
Weitere Informationen zum Projekt: www.telekom.at/Content.Node/verantwortung/sponsoring/projekte/web20klasse.php [Zugriff: 28.01.2008]
(merz 2008-2, S. 46-49)
Beitrag aus Heft »2008/02: Medienpädagogik 2.0?!«
Autor: Ingrid Paus-Hasebrink, Tanja Jadin
Beitrag als PDF - Iwan Pasuchin und Thomas Häcker: Lernen 2.0 in politökonomischen Kontexten am Beispiel des Portfolioansatzes
Iwan Pasuchin und Thomas Häcker: Lernen 2.0 in politökonomischen Kontexten am Beispiel des Portfolioansatzes
Ist ‚Lernen 2.0’ ein Schritt in Richtung einer stärkeren Selbst- und Mitbestimmung der Individuen oder werden diese auf eine immer raffiniertere Weise an der Herstellung ihrer eigenen Marktfunktionalität im Sinne eines ‚reibungslosen Kapitalismus’ beteiligt? Steuern wir damit auf die Erfüllung seit langem angestrebter pädagogischer und gesellschaftspolitischer Visionen zu, oder auf einen sozialdarwinistischen Kampf ‚gläserner Menschen’ um ihr Überleben in der informationsbasierten Wirtschaft?
Literatur
Barrett, Helen C. (2001). Electronic Portfolios – A Chapter in Educational Technology. ABC-CLIO.1-7. www.elec-tronicportfolios.com/portfolios/encyclopediaentry.htm. [Zugriff: 16.06.2003]
Böhm, Winfried (2004). Geschichte der Pädagogik. Von Platon bis zur Gegenwart. München: C. H. BeckCastells, Manuel (2003). Jahrtausendwende. Teil 3 der Trilogie Das Informationszeitalter. Übersetzt von Reinhard Kößler. Opladen: Leske + Budrich
Castells, Manuel (2005). Die Internet-Galaxie. Internet, Wirtschaft und Gesellschaft. Wiesbaden: VS-VerlagDewey, John (1916). Democracy and Education: An Introduction to the Philosophy of Education. New York: Macmillan
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EK – Europäische Kommission (Hg.) (2006). Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung. www.ec.europa.eu/education/policies/2010/doc/comm481_de.pdf [Zugriff: 10.08.2007]
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Gates, Bill (19972). Der Weg nach vorn. Die Zukunft der Informationsgesellschaft. München: Wilhelm HeyneHäcker, Thomas (2007a). Portfolio: Ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen. Eine explorative Studie zur Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe I. Hohengehren: Schneider
Häcker, Thomas (2007b). Portfolio – ein Medium im Spannungsfeld zwischen Optimierung und Humanisierung des Lernens. In: Gläser-Zikuda, Michaela/Hascher, Tina (Hg.), Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen. Lerntagebuch und Portfolio in Bildungsforschung und Bildungspraxis. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. S. 63-85
Mattelart, Armand (2003). Kleine Geschichte der Informationsgesellschaft. Berlin: Avinus
Paulson, F. Leon./Paulson, Pearl R./Meyer, Carol A. (1991). What Makes a Portfolio a Portfolio? Eight thoughtful guidelines will help educators encourage self-directed learning. Educational Leadership, 48 (5). S. 60-63
Robins, Kevin/Webster, Frank (1999). Times of the Technoculture: From the Information Society to the Virtual Life: Information, Communication and the Technological Order. London: Routlege(merz 2008-2, S. 30-36)
Beitrag aus Heft »2008/02: Medienpädagogik 2.0?!«
Autor: Iwan Pasuchin, Thomas Häcker
Beitrag als PDF - Jürgen Ertelt: netzcheckers.de
Jürgen Ertelt: netzcheckers.de
Das Projekt netzcheckers.de hat in gewisser Weise die Entwicklungen des Web 2.0 voraus genommen und entsprechende Prinzipien auf die Jugend(medien)arbeit übertragen. Ein durchschlagender Erfolg blieb dem Projekt jedoch bisher versagt. Es gibt jedoch Ideen, wie sich dies möglichst bald ändern könnte und gleichzeitig der medienpädagogische Anspruch aufrechterhalten bleibt.
Literatur:
Röll, Franz Josef (2003). Pädagogik der Navigation. Selbstgesteuertes Lernen durch Neue Medien. München: kopaed-Verlag
(merz 2008-2, S. 41-45)
- Matthias Kießling: Jugend 2.0?
Matthias Kießling: Jugend 2.0?
Will man die Internetnutzung Jugendlicher differenziert beschreiben, so sind die Tätigkeiten zu erfassen, die sie im Internet realisieren. Im Rahmen des Medienkonvergenz Monitoring an der Universität Leipzig wurden mehr als 5.000 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren unter anderem zu ihrer Internetnutzung befragt.1 Die Stichprobe umfasst ausschließlich Internetnutzende. Diese greifen zu 94 Prozent auf Breitbandanschlüsse zu. Knapp einem Zehntel der Jugendlichen wurde ein niedriger Bildungshintergrund (nBH) zugeschrieben. Dies sind all jene, deren (geplanter) Schulabschluss nicht das Abitur ist. Der vergleichsweise geringe Anteil könnte darauf verweisen, dass für genau diese Gruppe stärkere Zugangsbeschränkungen in Bezug auf (schnelle) Internetanschlüsse bestehen (vgl. JIM 2007). Unter dem Fokus Web 2.0 sind Internetaktivitäten von Interesse, die mit Plattformen, Netzwerken, Selbstpräsentation und Eigenproduktivität zusammenhängen. Diese umfassen vor allem kommunikative und produktive, aber auch rezeptive Tätigkeiten: Bei kommunikativen Internettätigkeiten zeigen sich kaum Differenzen in Bezug auf Bildung: Formal hoch wie niedrig Gebildete kommunizieren im Netz, seltener öffentlich als privat. Vorrang vor dem Gestalten von Inhalten2 in Weblogs oder Foren hat für sie also der Austausch im Freundeskreis oder mit Mitschülerinnen und Mitschülern über Instant Messenger oder E-Mail.3 Die Daten bestätigen zudem den Zusammenhang zwischen häufigerem Chatten und einem niedrigen Bildungshintergrund. (vgl. z. B. Otto et al. 2005).
Auch rezeptiv sind Jugendliche ohne relevante Differenzen in Bezug auf den Bildungshintergrund tätig. Vor allem mögen sie Online-Videos und somit die programmunabhängige, individualisierte Rezeption massenmedialer und privater Inhalte und die Einbettung der Rezeption in kommunikative Kontexte. Insgesamt sind hinsichtlich rezeptiver und kommunikativer Internettätigkeiten kaum auffällige bildungsbezogene Unterschiede ersichtlich. Diesbezüglich unerwartete Differenzen zeigen sich jedoch für produktiv-gestaltende Internettätigkeiten. Nur ein Teil der Jugendlichen nutzt das Internet als Mitmachmedium. Jedoch sind Heranwachsende mit nBH hier aktiver. Nach eigener Auskunft stellen sie etwas häufiger Dateien ins Internet und haben so selbst an der Gestaltung von Inhalten teil. Am wichtigsten sind hier Bilder, die vor allem im Kontext der Selbstpräsentation in sozialen Netzwerken hochgeladen werden. Sehr viel seltener gestalten Heranwachsende Inhalte im Internet mit potenziell massenmedialem Charakter. Zwar rezipieren fast alle Videos, aber nur wenige stellen auch selbst Filme ins Internet. Befragte mit nBH werden auch hier signifikant häufiger tätig als jene mit hBH. Die Partizipation an der Gestaltung von Internetinhalten ist demnach verstärkt für Jugendliche mit nBH von Interesse.
Ein nBH schränkt den Zugang zu produktiv-gestaltenden Medientätigkeiten nicht nur nicht ein; für die untersuchte Stichprobe ist sogar ein gegenteiliger Effekt beobachtbar. Jugendliche mit nBH, die auf die Breite der produktiven Möglichkeiten des Web 2.0 zugreifen können, eignen sich produktiv-gestaltende Medientechniken offenbar in mindestens gleichem Umfang an wie Jugendliche mit hBH. Damit rücken zwei Aspekte in den Mittelpunkt des Interesses: Einerseits stellt sich die Frage, aus welchen Gründen Jugendliche produktiv-gestaltende Internettätigkeiten (nicht) ausführen. Andererseits sind die inhaltsbezogenen Fähigkeiten Jugendlicher von besonderem Interesse: Wie setzen sich Jugendliche kommunikativ, rezeptiv und produktiv mit welchen Inhalten auseinander und inwiefern spielt der Bildungshintergrund beim Verständnis und der Reflektion eigener und fremder Inhalte eine Rolle? Das Medienkonvergenz Monitoring wird als Untersuchung mit Langzeitperspektive zukünftig vor allem versuchen, die Entwicklung jugendlicher Wege durch Medienwelten zu qualifizieren und somit auch wichtige Ergebnisse zum Umgang Jugendlicher mit Medieninhalten und mit dem Internet als Mitmachmedium zu liefern.
Anmerkungen
1 Das Medienkonvergenz Monitoring untersucht die konvergenzbezogene Medienaneignung Jugendlicher. Die kompletten Ergebnisse der hier vorgestellten Online-Befragung werden auf der Website des Projekts (www.medienkonvergenz-monitoring.de) dokumentiert.
2 Das Gestalten von Inhalten umfasst Tätigkeiten, bei denen öffentlich zugängliche Internetinhalte erschaffen bzw. verändert werden. Das reicht vom Einstellen von Texten oder Links über die Spiegelung von YouTube-Videos bis hin zur Präsentation eigener Bilder oder Videos.
3 Darauf verweist auch die große Verbreitung von sozialen Netzwerken wie schülerVZ. Hier kommunizieren die Nutzenden vornehmlich mit Personen aus dem sozialen Nahraum.Literatur:
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2007). JIM-Studie 2007 – Jugend, Information, (Multi-) Media. Stuttgart: Landesanstalt für Kommunikation
Otto, Hans-Uwe/Kutscher, Nadia/Klein, Alexandra/Iske, Stefan (2005). Soziale Ungleichheit im virtuellen Raum: Wie nutzen Jugendliche das Internet? familien-wegweiser.de/bmfsfj/generator/RedaktionBMFSFJ/Abteilung5/Pdf-Anlagen/jugend-internetlangfassung,property=pdf,bereich=,sprache=de,rwb=true.pdf [Zugriff: 20.02.2008].
Wagner, Ulrike/Theunert, Helga (2006). Neue Wege durch die konvergente Medienwelt. München: Fischer
(merz 2008-2, S. 21-22)
- Sascha Düx: ROOTS&ROUTES TV
Sascha Düx: ROOTS&ROUTES TV
Webvideoplattformen spielen eine immer wichtigere Rolle in jugendlichen Medienwelten. Im Projekt ROOTS&ROUTES TV füllen Jugendliche in sechs nordrhein-westfälischen Städten und in neun europäischen Partnerländern eine eigene Webvideoplattform mit Filmen über Jugendkultur und interkulturelles Zusammenleben in ihren Städten.
Literatur
Düx, Sascha (2008). Jugendmedienarbeit im Web 2.0 – Chronik eines verschleppten Booms. In: MedienConcret, Heft 2008. Köln: JFC-Medienzentrum
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.) (2007). JIM-Studie 2007. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Landesanstalt für Kommunikation
(merz 2008-2, S. 37-40)
spektrum
- Annette Wiegelmann-Bals und Lars Zumbansen: Kommerzielle Spielkonzepte im Unterricht
Annette Wiegelmann-Bals und Lars Zumbansen: Kommerzielle Spielkonzepte im Unterricht
Konsolenhersteller wie Sony versprechen ihrer jungen Zielgruppe einzigartige Spielewelten, in denen Ideale und Wunschvorstellungen der jeweiligen Kultur zum Ausdruck kommen. Im Rahmen des hier methodisch und inhaltlich vorgestellten Unterrichtsentwurfes zur schulischen Medienerziehung sollen sich Schülerinnen und Schüler der manipulativen Werbestrategien sowie ihrer Rolle als Konsumenten bewusst werden.
Literatur
Gast, Wolfgang (1996). Werbung. In: Werner Faulstich (Hg.). Medien in der Schule. Paderborn: Schöningh
Haug, Wolfgang F. (1971). Kritik der Warenästhetik. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Karmasin, Helene (2004³). Produkte als Botschaften. Wien: Ueberreuter
Piaget, Jean (1975). Nachahmung, Spiel und Traum. Die Entwicklung der Symbolfunktion beim Kinde. Stuttgart: Klett
Pias, Claus (2003). Computerspiel. Zusammenspiel von Mensch und Maschine. In: K+U 274/275 (2003), S. 58-60
Tulodziecki, Gerhard (19973). Medien in Erziehung und Bildung. Grundlagen und Beispiele einer handlungs- und entwicklungsorientierten Medienpädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt
Wenz, Karin (Hg.) (2001). Spiele und Spielen. In: Zeitschrift für Semiotik, 23, S. 269
Links
Internetdatenbank mit über 4000 Video- und Computerspielspots zum kostenfreien Download:http://reklamy.gry-online.pl [Zugriff: 13.12.2006]
Kommerzielle Werbedatenbank, in der jedoch kostenfrei die Produktionsdaten zu diversen Werbespots und Anzeigen recherchiert werden können: www.adforum.com/german/DEU/index.asp [Zugriff: 13.12.2006]
(merz 2008-2, S. 60-65)
- Wolfgang Gast: Willst du mit mir in den Urlaub fahren? – Ja, aber am Ende der Reise gut ankommen.
Wolfgang Gast: Willst du mit mir in den Urlaub fahren? – Ja, aber am Ende der Reise gut ankommen.
Medienbilder und vermittelte Lebensgefühle in Werbe-Spots für verschiedene Alterszielgruppen geben den gesellschaftlichen Umgang der Generationen mit- und untereinander wieder. Zur Klärung dieses Phänomens und des Verbraucherverhaltens werden unterschiedliche Werbekonzepte analytisch aufbereitet und interpretiert.
Literatur:
ARD Forschungsdienst. Aktuelle Ergebnisse der Werbewirkungsforschung. In: Media Perspektiven 12/2007, S. 642-648Bayerische Landeszentrale für Neue Medien (Hg). tendenz, 4/2007, S. 29
Dove-Studie Schönheit – keine Frage des Alters. Juni 2006 Enslin, Anna-Pia (2003). Generationen 50Plus. Die Ausgegrenzten der mobilen Informationsgesellschaft. Text- und Rezeptionsanalyse aktueller Medienwirkung. Diss. Gießen. Marburg: Tectum Verlag
Gast, Wolfgang (2002). Die Ausgegrenzten. Wahrnehmung der Medien- und Werbeangebote durch die 50+-Generationen – eine Problemskizze. medien praktisch, 1/2002, S. 12-13
Gast, Wolfgang (2000). Werbezielgruppe 50+. Das Corega-Tabs-Syndrom. In: Raum, Zeit, Medium – Sprache und ihre Determinanten. Festschrift für Hans Ramge. Darmstadt: Hessische Historische Kommission Darmstadt, S. 711-719
Gleich, Uli (1999). Über 50-Jährige als Zielgruppe für Marketing und Werbung. Media Perspektiven, 6/1999, S. 306
Lützen, Wolf Dieter (1979). Das Produkt als ‚Held’ und andere Typen der Fernsehwerbung. In: Helmut Kreuzer/ Karl Prümm (Hg.), Fernsehsendungen und ihre Formen. Stuttgart: Reclam, S. 230-248
de.sevenload.com/videos/HlsPgTK/Dove-pro-Age-Werbespot [Zugriff: 1.2.2008].
Willenbrock, Harald (2006). Den Kauf-Knopf gibt es nicht. Marketing-Kolumne in BrandEins 08/2006, S. 15(merz 2008-2, S. 50-60)
medienreport
- Daniel Ammann: Kleine Heldin - ganz groß
Daniel Ammann: Kleine Heldin - ganz groß
Lotta kann fast alles (DVD). 2 Bilderbuch-Filme. Nach der Buchvorlage von Astrid Lindgren und Ilon Wikland. Hamburg: Oetinger, 2007, 60 Min. 12,95 €
Das bewährte Bilderbuch hat im modernen Medienzeitalter noch lange nicht ausgedient. Dank digitaler Technik findet es als interaktive Spielgeschichte oder auf DVD sogar zu neuen Vermittlungsformen. Nach dem Tivola Verlag, der 2005 in Anlehnung an erste Produkte der Hamburger Firma Schirmbuch Bilderbuch-DVDs ins Programm aufnahm, bringt seit Herbst 2007 auch der Kinder- und Jugendbuchverlag Oetinger ausgewählte Bilderbuchgeschichten als DVD-Filme auf den Bildschirm. Das gemeinsame Betrachten und Vorlesen eines Bilderbuches soll und kann dadurch natürlich nicht ersetzt werden. Die sorgfältig abgefilmten Bilderbücher sind vielmehr als Ergänzung gedacht und stellen innerhalb eines reichhaltigen Medienensembles eine sinnvolle Alternative zum Fernsehangebot dar. Wie bei Hörbüchern wird das Erzählen der Geschichte von professionellen Sprecherinnen oder Sprechern besorgt. Die als Ganzes oder auch nur in einem kleinen Ausschnitt gezeigten Bildtafeln erscheinen ohne Schrift, werden aber oft durch Geräusche oder Musik unterlegt. Bilderbuch-Filme können zu Hause am Fernseher oder auf dem Computer betrachtet werden und lassen sich für größere Gruppen auch als Bilderbuchkino vorführen.
In den neuen Bilderbuchfilmen von Oetinger sind die ursprünglichen Buchillustrationen mit Hilfe einfacher Legetricktechnik liebevoll teilanimiert und sanfte Überblendungen, ruhige Zoom- oder Schwenkbewegungen nehmen auf die kindliche Wahrnehmung Rücksicht. Dies schafft zusätzliche Anreize, führt behutsam an die Bildsprache des Fernsehens heran und setzt doch einen bewussten Kontrast zu den rasanten Trickfilmangeboten im Kinderprogramm. Lotta kann fast alles – findet sie zumindest. Immerhin ist Astrid Lindgrens kleine Heldin schon fünf Jahre alt. Sie kann Rad fahren oder auf Skiern Slalom laufen und geht selbstverständlich schon zur Schule – wenn auch nur „im Geheimen“, wie sie gerne sagt. Im Alltag wird das gesunde Selbstbewusstsein des willensstarken (und zuweilen etwas mürrischen) Mädchens aber immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Die älteren Geschwister Mia-Maria und Jonas ziehen sie bei jeder Gelegenheit damit auf, dass sie für dies oder jenes eben noch zu klein sei. Davon lässt sich Lotta nicht entmutigen, im Gegenteil: Sie will sich und der Welt beweisen, dass sie schon fast alles kann. Die beiden Bilderbuchfilme auf der liebevoll gestalteten DVD erzählen in Bild und Ton, wie sich Lotta ein Fahrrad ‚borgt’, weil das ersehnte Geburtstagsgeschenk ausgeblieben ist, oder wie sie das Weihnachtsfest rettet, indem sie für die Bescherung gerade noch rechtzeitig einen Tannenbaum auftreibt. Dank einer zweiten Tonspur kann man sich die beiden Geschichten mit Lotta aus der Krachmacherstraße auch in englischer Sprache anhören. Ein interaktives Wörterbuch mit 28 Bildkarten und die Vokabelliste im Booklet regen vielleicht dazu an, sich spielerisch auf die neue Sprache einzulassen.
- Hannah Landeck: Aufklärung, mal anders
Hannah Landeck: Aufklärung, mal anders
Lust und Frust 1-3, 2007, 120 Min, freigegeben ab 12 Jahren, als DVD oder Video erhältlich. Kaufpreis jeweils 40 €, Ausleihe (Medienprojekt Wuppertal) 15 €
Das Medienprojekt Wuppertal, die größte Jugendvideoproduktion in Deutschland, hat eine umfassende Anzahl von sexualpädagogischen Kurzfilmen mit Jugendlichen produziert. Unter Anleitung von Medienpädagoginnen und Medienpädagogen sowie Filmemacherinnen und Filmemachern sind drei DVDs mit dem Titel Lust und Frust 1-3 erschienen. Rund um das Thema Sex drehen sich die zahlreichen Filme und es werden Tabus angesprochen, die sonst selten thematisiert werden. Im Kurzfilm Noch mal und noch mal reden gleichgeschlechtliche Kleingruppen offen über das Thema Selbstbefriedung: wann man es macht, wie, wo und wie häufig. Teilweise oder ganz wurde in geschlechtshomogenen Gruppen gearbeitet, um Raum für einen weiblichen bzw. männlichen Blick auf Sexualität zu ermöglichen.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene reflektieren ihre Sexualität, erzählen von Problemen und Ängsten und beschreiben schöne Liebeserlebnisse. Das thematische Spektrum ist sehr vielseitig und facettenreich. So sprechen pubertierende Mädchen und Jungs über Unsicherheiten mit dem anderen Geschlecht, körperliche Entwicklungen, das erste Verliebt-Sein und übers ‚Rummachen’. Jugendliche schildern das ‚erste Mal’ und beschreiben diesbezüglich ihre Gefühle, Ängste und Erwartungen. Problematisiert werden auch Verhütung, ungewollte Schwangerschaft und Geschlechtskrankheiten. Das Verhältnis von Liebe und Sex wird kritisch hinterfragt. Unterschiedliche Vorstellungen von Liebesbeziehungen werden von Pärchen, aber auch in gleichgeschlechtlichen Gesprächsrunden diskutiert. Was ‚darf’ ich in einer Beziehung, was nicht? Welche Erwartungen habe ich an meinen Partner oder meine Partnerin? Authentisch werden der Alltag von Zweisamkeit, Höhen und Tiefen, Eifersucht, Kontrolle, Sehnsucht und Schlussmachen beschrieben. Im Kurzfilm Aus dem Nähkästchen. Zwei Generationen, ein Thema wird der Umgang mit Sexualität generationsspezifisch und sehr persönlich von Jana und ihrer Großmutter geschildert. Ähnlichkeiten und Unterschiede sind erkennbar.Pornografie, sexuelle Belästigung, Prostitution und Homosexualität werden in einigen Kurzfilmen behandelt. Auf der DVD Lust und Frust 3 kommen Jugendliche mit Migrationshintergund zu Wort. Sexualität wird aus dem Blickwinkel verschiedenster Kulturen betrachtet. Kulturelle Bräuche und Unterschiede, die Bedeutung von Religion und Ehre, Jungfräulichkeit sowie gesellschaftliche Frauen und Männerrollen sind Thema. Migrantinnen und Migranten schildern in den beiden Kurzfilmen Haram oder Hallal – Think different und Warum soll Liebe tabu sein? Zwei lesbische Migrantinnen erzählen ihre Erfahrungen mit Homosexualität.
Diese Sammlung von Kurzfilmen stellt persönliche und biografische Erzählungen von Jungen und Mädchen verschiedenen Alters und unterschiedlicher sozialer sowie kultureller Herkunft dar. Die Stärke von Lust und Frust 1-3 liegt in der Vielschichtigkeit, mit der das Thema Sex behandelt wird. Die Kurzfilme sind für thematisch unterschiedliche Aspekte und ebenso für verschiedenste Zielgruppen geeignet. Sexuelle Differenzen und Gemeinsamkeiten beider Geschlechter werden offensichtlich. Die DVDs tragen zur Aufklärung bei und geben zahlreiche Anstöße, über die ‚eigene’ und die ‚andere’ Sexualität nachzudenken. Die Jugendlichen erzählen sehr offen sowie selbstbewusst, was sie bewegt, aber es wird ebenso deutlich, wie verletzlich und sensibel sie dieses Thema machen kann. Durch die ehrliche Darstellung haben Zuschauende die Möglichkeit, sich mit Haltungen und Einstellungen zu identifizieren.
Die Filme wurden sehr abwechslungsreich produziert. Innerhalb der einzelnen realistischen Kurzfilme gibt es inszenierte Sequenzen, kurze Animationsfilme oder bei-spielsweise eine Traummannknete, die im Laufe des Films mehrere Gesichter erhält. Es wurde passende Filmmusik zur jeweiligen Thematik ausgewählt. Die DVD Lust und Frust 1 enthält unter anderem auch sehr amüsante Kurzfilme. In zwei Produktionen wird die herkömmliche, verklemmte Art und Weise der Aufklärung humorvoll reflektiert, vorgeführt und hinterfragt.Auch wenn einige Filme etwas konstruiert und sehr inszeniert wirken, ist diese Sammlung eine ansprechende Form der Aufklärung, eine, die ankommt.
- Helene Hecke: Krieg in den Medien
Helene Hecke: Krieg in den Medien
„Krieg in den Medien“ – Ein multimediales Lernangebot (Hrsg.: Bundszentrale für politische Bildung, Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen, u. a.) zu beziehen über die Bundeszentrale für politische Bildung für 6 Euro (unter: www.bpb.de)
Hubschrauber-Geknatter, Maschinengewehre, soldatische Heldenfiguren, Blut, Tod und Ehre … ob nun in Filmen, Computerspielen oder in den Nachrichten: Kriegsbilder bedienen fast immer die gleichen Klischees. Doch der öffentliche Umgang damit ist widersprüchlich. Einerseits werden sie als jugendgefährdend indiziert, auf der anderen Seite werden sie benötigt für die Berichterstattung. Wie aber soll man Jugendlichen erklären, warum bestimmte Kriegsspiele verboten sind, während ihnen in den TV-News eben-falls Granateinschläge oder amputierte Opfer vorgeführt werden? Gibt es ‚gute Gewalt’ wie in Aufklärungsfilmen und ‚schlechte Gewalt’ wie in Egoshootern? Realität lässt sich ja nicht verbieten.
Eine Arbeitsgruppe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) hat sich drei Jahre lang mit diesem Thema beschäftigt. Herausgekommen ist Krieg in den Medien, ein umfangreiches Lernprogramm auf DVD. Aufgeteilt ist das Programm in drei Module. Im ersten Teil wird das Thema „Krieg“ historisch erklärt, im zweiten Teil die Inszenierung von Kriegsbildern untersucht und schließlich deren Einsatz für Propaganda-Zwecke vorgeführt. Bei alldem war es den Initiatoren wichtig, zwei Anliegen zu verknüpfen: die reine sachliche Wissensvermittlung und Methoden der Medienerziehung. Was ist eigentlich Krieg? Wie werden Kriege in der Öffentlichkeit verhandelt? Und was bedeutet Krieg für demokratische Gesellschaften? Politische Bildung wird hier endlich ‚medienkompetent’. Und interaktiv. Ein Novum gegenüber grauen Broschüren, die den Leserinnen und Lesern wenig eigene Gedankenkraft abfordern.
„Ausgangspunkt war für uns die Debatte um den Film Soldat James Ryan“, erklärt der Medienpädagoge Leopold Grün (FSF). Die Fernsehausstrahlung wurde kritisiert, weil es sich zwar um einen Antikriegsfilm handelt, jedoch um einen mit besonders brutalen Sequenzen. Gemäß dem FSK16-Siegel für jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer ungeeignet. Nun sind Kriege in unserem Land glücklicherweise weit weg oder lange her. Die Brutalität und Konsequenzen eines Krieges werden vielleicht nur durch solch drastische Bilder nachvollziehbar — wie es auch Aufgabe eines Antikriegsfilmes sein soll. Trotzdem können Filme mit aufklärerischem Gehalt genauso verstörend wirken wie ein simples Computerspiel.
Echte Medienkompetenz geht darüber hinaus, dass ein Teenager weiß, wo er verbotene Spiele herunterladen kann. Bei allem medialen Angebot sollte man in der Lage sein, die vorgesetzten Inhalte zu hinterfragen, ihre Machart zu durchschauen. Das Lernprogramm führt mit zahllosen Beispielen durch die ‚medialen Schützengräben’. Anhand der Filmszenen können Aufgaben gelöst werden. Es sind manche drastischen Bilder dabei, doch gerade die Analyse, der genaue Blick auf das Detail schafft Distanz und einen Schutz vor zu verstörender Wirkung.
So wird herausgearbeitet, mit welchen Methoden Filmemacher zusätzliche Spannung erzeugen. Wie werden schnelle Schnittfolgen, Nahaufnahmen, Musik zu bestimmten Zwecken eingesetzt? Und vor allem: Was kommt in der Dramaturgie einiger Genres überhaupt nicht vor? Besonders Computerspiele klammern die unerträglichen Seiten der Gewalt beinahe vollständig aus. Es geht weder um Opfer, noch um Schmerz, Leid, politische oder soziale Grundkonflikte. Jedes Medienprodukt kann also nur einen schmalen Blickwinkel auf die Realität wiedergeben. Wenige Schnitte verändern die komplette Bildaussage. Und gerade das, was ausgeblendet bleibt, wäre vielleicht der interessantere Teil der Botschaft gewesen.
Gleiches gilt für Nachrichtenformate. Kriegsreporterin Bettina Gaus erläutert, wie sogenanntes „Militainment“ funktioniert: „Wenn Blut geflossen ist, interessiert das jede Redaktion der Welt. Die Frage ist nur, ob man den Hintergrundbericht dazu auch noch losbekommt.“ — Warten auf Angriffe, Ekel und Angst sind meistens keine Meldung wert. Die eingebetteten Journalisten stehen ständig unter dem Druck, spektakuläre Bilder zu liefern ohne den Krieg zu verherrlichen. Denn auch Nachrichten sind eine Ware und müssen sich verkaufen. Und selbst Nachrichten machen sich gelegentlich zum Büttel der Propaganda, wie die Korrespondentin Antonia Rados im Interview eingesteht. Unter ganz bestimmten Prämissen hergestellt und nicht immer so wertfrei präsentiert, wie man sich das vorstellen mochte. Eine interessante Erkenntnis für Erwachsene wie Jugendliche zugleich, denen der Blick hinter die Kulissen fremd ist. Was aber ist Propaganda? Gefälschte Zeugenberichte im Kuwait-Krieg oder auch schon der erhobene Daumen eines Tom Cruise als Kampfpilot? Die Grenzen zwischen einer faustdicken Lüge und geschickt geschnittenen Bildern sind fließend: für den Profi nicht immer durchschaubar, für die Zuschauerinnen und Zuschauer nur, wenn er sich möglicher Manipulation bewusst ist. Die DVD Krieg in den Medien ist für den Schuleinsatz geeignet, entsprechend sind die Themenblöcke vom Umfang auf das Format einer Unterrichtsstunde angelegt. Arbeitsblätter lassen sich ausdrucken, Aufgabenteile können aber auch übersprungen werden, bzw. das reine Bild-Material für eigene Fragestellungen genutzt werden. Die Einführungstouren allein schaffen schon Ansatzpunkte für interessante Diskussionen. Gleichzeitig empfiehlt sich das Programm auch als interaktives Lernspiel außerhalb betreuter Curricula. Viele Eltern stehen hilflos vor der Frage, wie sie ihren Sprösslingen den Fernseh-Showdown erklären sollen. Beste Hilfe für die Jugendlichen: Informationen selbst filtern zu können, um sozusagen ihre eigenen Redakteurinnen bzw. Redakteure zu werden. In der Realität wie in Hollywood.
- Kai Hanke: Genius - Im Zentrum der Macht
Kai Hanke: Genius - Im Zentrum der Macht
Genius – Im Zentrum der Macht. Cornelsen 2007. Windows 2000/XP SP2/Vista; Systemanforderungen: PIII 1,4GHz/512MB RAM; USK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung; Bestellung über die Bundeszentrale für politische Bildung, 6 € Bereitstellungspauschale
Der Markt für Computer- und Konsolenspiele boomt. So viel steht fest. Besonders Jugendliche verbringen große Teile ihrer Freizeit am PC, zum Chatten, Arbeiten oder eben: zum Spielen. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass Cornelsen in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) diesen Umstand nun nutzt, um der politischen Bildung Einzug in die Welt von Gamerinnen und Gamern zu eröffnen. Die Hersteller folgen damit dem Trend, Lernstoffe in spielerischen Formaten aufzubereiten: Sogenannte ‚Serious Games’ haben den Anspruch, Wissensvermittlung mit handelndem spielerischem Lernen zu kombinieren. Genius Politik reiht sich in dieses ehrgeizige Vorhaben ein, und zwar durchaus mit Erfolg: 2007 wurde das Spiel mit der GIGA-Maus sowie dem Serious-Games-Award ausgezeichnet.
Genius Politik erinnert an Aufbausimulationen wie SimCity oder Anno 1602. In einer detailreichen 3D-Spielewelt steht die Spielerin oder der Spieler vor der Aufgabe, Politik in leitender Position verantwortungsvoll zu gestalten. Lebenspraktische Fragestellungen müssen mit den Spielregeln des Rechtsstaates und der politischen Grundordnung verknüpft werden und es gilt, Verkehrs-, Wirtschafts-, Bildungs- und Familienpolitik aktiv zu beeinflussen. Gelingt es dabei, die Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürger zu befriedigen, so werden Wahlen gewonnen, die politische Karriere setzt sich fort: In jedem Level wartet eine größere Herausforderung. So steigt man von einer kleinen Gemeinde im Allgäu über das Ministerpräsidentenamt in NRW schließlich sogar auf zur Bundeskanzlerin bzw. zum Bundeskanzler. Dazu braucht es nicht nur die Fähigkeit zur strategischen Planung und Gestaltung der Region, auch der geschickte Umgang mit der eigenen Partei oder dem politischen Gegner sind gefragt. Die Steuerung des grafisch aufwändigen Spiels ist schnell und bequem zu erlernen, das Gameplay durchaus mit dem von etablierten Aufbausimulationen vergleichbar (in Anbetracht des Preises durchaus keine Selbstverständlichkeit). Die aufwändigen Animationen und die durchgehende 3D-Grafik stellen andererseits aber auch hohe Anforderungen an die Systemleistung – ein Hindernis gerade für Zielgruppen mit technisch nicht ganz aktueller Medienausstattung. Diesem Hindernis versucht Cornelsen mit einem Patch zu begegnen, das die technischen Anforderungen reduziert und kostenfrei auf der Internetseite des Spiels zum Download bereit steht. Ein weiteres Manko ist der relativ unflexible Spielablauf. Einige politische Entscheidungen werden nahezu vorgegeben, den Spielenden bleibt also nicht vollkommen freie Hand bei politischen Entscheidungen. Insofern – und auch durch die wiederholten, etwas überdidaktisierten Lernspiele, die den Spielfluss unterbrechen – bleibt der pädagogische Zeigefinger nicht unsichtbar.
Alles in allem jedoch ist Genius – im Zentrum der Macht ein äußert gelungenes Serious Game, durchaus geeignet für Jugendliche, die sich spielerisch mit Politik beschäftigen wollen. Auch der Einsatz im Schulunterricht ist denkbar, wobei von Seiten der Entwickler offen bleibt, wie genau das Spiel in den Unterricht eingebunden werden soll. Im Hinblick auf die Zielgruppe ‚politikfernen Jugendliche’ bleibt zweifelhaft, ob Politikmuffel mit niedrigem Bildungsniveau, Leseunlust und einer Neigung zu actionorientierten Spielen von einem klassischen Strategiespiel wie Genius Politik angesprochen werden. So sind viele der Aufgaben oft nur mit leseintensiver Vorbereitung im spielinternen Pressearchiv zu lösen. So ist das mit politischer Bildung: Die zu vermittelnden Inhalte sind komplex, demokratische Partizipation ist Übungssache. Und trotzdem füllt das Spiel eine Lücke. Ein so differenziertes Spiel, das die komplizierte Welt der strategischen Politik interessant und kreativ zum Thema macht, war bislang nicht auf dem Markt. Und auch, wenn es wohl nicht zum Kassenschlager werden wird: Genius – Im Zentrum der Macht schafft es, Spaß und Unterhaltung in die politische Bildung zu bringen.
- Michael Bloech: Bedrückende Kinderschicksale
Michael Bloech: Bedrückende Kinderschicksale
Generation Kplus ist der Titel des etablierten Kinderfilmfestivals innerhalb der Berlinale – eine Bezeichnung, die seit drei Jahren Fortschritt und Dynamik suggerieren möchte. Doch in diesem Jahr zeigte schon der erste Blick in das Programmheft des Festivals, dass sich leider etwas ganz anderes abzuzeichnen droht. Nur noch zehn Kinderfilme, anstatt der bisher üblichen 14 Filme wurden für den Wettbewerb ausgewählt, davon lediglich drei empfohlen für Kinder unter acht Jahre. Ein Trend, der sich bereits in den letzten Jahren andeutete: Die Adressaten, an die sich die Filme richten, werden zunehmend älter, Filme für die Kleinen befinden sich scheinbar im Rückzug. Auch die Themen sind zunehmend bedrückend – locker, leichte Filme bildeten eher die Ausnahme. Kein Wunder also, dass der recht konventionelle, aber lustige französische Animationsfilm Auf in den Westen, Lucky Luke von der Internationalen Jury mit dem Großen Preis des Deutschen Kinderhilfswerks mit der Begründung ausgezeichnet wurde: „Der Film zelebriert die Freude, die uns das Kino bereiten kann.“ Der gesamte osteuropäische Raum, klassischer Kinderfilmlieferant bis weit in die 90er Jahre, war dagegen überhaupt nicht mehr vertreten. Eine deutsche Produktion war gar nicht erst angetreten. Lediglich in einer Cross-Section wurde aus dem Berlinale Wettbewerb der mehr als umstrittene deutsch-österreichische Film Feuerherz gezeigt, der das Schicksal einer Kindersoldatin erzählt. Diesen Beitrag jedoch als Kinderfilm zu bezeichnen, kann durchaus als gewagt gelten. Vielleicht wäre es wesentlich geschickter gewesen, den Wettbewerbsbeitrag The Song of Sparrows – Avaze Gonjeshk-ha von Majid Majidi in die Cross-Section aufzunehmen. Majid Majidi ist mit seinen wunderschönen Kinderfilmen Kinder des Himmels und Die Farben des Paradieses einer der renommiertesten Kinderfilmproduzenten Irans. Und auch bei The Song of Sparrows – Avaze Gonjeshk-ha hat Majid Majidi wieder Familien als Publikum im Visier. Poetisch einfühlsam wird hier die Geschichte des dreifachen Familienvaters Karim erzählt, der vor den Toren der Stadt Teheran auf einer Straußenfarm arbeitet. Das Leben scheint für ihn und seine Familie unkompliziert, doch als ein ihm anvertrauter Strauß aus seinem Gehege flieht, wird ihm gekündigt. Nun beginnt für Karim eine wahre Odyssee, um das Auskommen der Familie zu sichern. Mit seinem klapprigen Motorrad versucht er in Teheran Boten- und Taxidienste zu erledigen, doch dann passiert ihm schließlich ein weiteres Missgeschick. Auf seinem Hof wird Karim unter einer zusammenbrechenden Mauer begraben und muss mit gebrochenem Bein für lange Zeit das Bett hüten. Die Stunde seiner Frau und seiner Kinder ist gekommen: Zusammen mit Freunden und viel Fantasie gelingt es ihnen, für das notwendige Familieneinkommen zu sorgen. Mit viel Humor und Herzblut wird diese kleine Geschichte erzählt und eröffnet uns einen Einblick in eine für uns fremde Welt. Viele kleine, unterhaltsame Episoden münden schließlich in die sehr sympathische, politische Aussage, dass die patriarchale Lebensweise mit Charme und Humor aufgebrochen und überwunden werden kann. Vor allem der unglaubliche Reza Najie in der Rolle des unermüdlichen Karims sorgt mit seiner lakonischen Spielweise dafür, dass der Film glaubwürdig, authentisch und warmherzig seine Geschichte entfalten kann. Kein Wunder also, das Reza Najie einen goldenen Bären für seine überragende schauspielerische Leistung erhielt. In gewisser Weise thematisch vergleichbar, versuchte sich bei Generation Kplus der brasilianisch, französische Film Mutum von Sandra Kogut dem Leben einer Bauernfamilie im brasilianischen Hinterland zu nähern. Doch im Gegensatz zu dem iranischen Film wurden hier alle Register einer ‚Überdramatisierung’, einer Spirale des Elends gezogen. Immer bedrückender wird hier ein kleiner Junge mit seinem furchtbaren, unausweichlichen Schicksal konfrontiert. Ständig passieren neue Katastrophen, die Familie ist arm, die Böden trocken, der Vater gewalttätig, der sympathische Onkel aus dem Haus getrieben, der Bruder stirbt und schließlich wird der Junge von seiner Mutter in die ferne große Stadt geschickt. Nichts lässt der Film aus, um die Zuschauerinnen und Zuschauer in einen Sog tiefer Depression zu ziehen, die wirklich sprachlos macht. Der Film erhebt dabei den Anspruch auf dokumentarische Wirklichkeitsnähe und so erhielt Mutum auch eine lobende Erwähnung der internationalen Jury für seinen ‚Realismus’. Aber dennoch erzeugte der pessimistisch stimmende Film bei vielen Kindern Ratlosigkeit, da der Film völlig auf Erklärungen verzichtet und zu keiner Zeit positive Perspektiven aufzeigt. Ebenfalls ein Film, der sich mit einem ernsten Thema beschäftigte, war die amerikanische Produktion Chop Shop, die ein düsteres Bild des amerikanischen „Way of Life“ vermittelt. Der zwölfjährige Alejandro, ein Waisenkind aus New York, lebt mit seiner älteren Schwester auf dem Gelände eines gigantischen Autofriedhofs. Wüssten die Zuschauenden nicht, dass es hier um das Armenviertel des Stadteil Queens geht, dann könnte das Ganze auch in den Slums von Südamerika spielen. Schon F. Scott Fitzgerald bezeichnete vor einem dreiviertel Jahrhundert diese Gegend in Der große Gatsby als ‚Tal der Asche’. In dem ganzen Dreck und Müll haben sich in heutiger Zeit kleine, illegale Werkstätten angesiedelt, die mit gebrauchten Autoteilen handeln und kleine Reparaturen erledigen. Alejandro arbeitet als Einweiser, der wild gestikulierend potenziellen Kunden den Weg zum Chef der Werkstatt weist. Der Junge ist unglaublich fleißig und spart jeden Dollar, um zusammen mit seiner Schwester einen alten Imbisswagen zu kaufen, der den Weg aus dem Elend sicherstellen soll. Doch der Kauf erweist sich als übler Betrug, das Geld ist verloren und der Junge befindet sich schließlich wieder am Anfang. Dennoch verliert Alejandro niemals den Mut und seine Würde. Trotz aller Tristesse, gelingt es zu zeigen, dass Würde und Stolz, Verantwortung und Selbstachtung keine Frage des sozialen Status’ sind. Im Gegensatz zu Mutum erweist sich Alejandro dem scheinbar ausweglosen Schicksal nicht hilflos ausgeliefert. Chop Shop zeigt vielmehr, wie wichtig es trotz Rückschlägen ist, seine Ziele und die Hoffnung nicht aufzugeben. Damit ist Chop Shop einer der Filme, dessen Bilder einem nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Ob jedoch all diese beeindruckend bedrückenden und ernsten Filme von Generation Kplus für Kinder geeignet scheinen, mag trotz ihrer jungen sympathischen Protagonisten und der soziopolitischen Relevanz der Themen zumindest in Frage gestellt werden.
- Sarah Kerenkewitz und Klaus Martin Schulte: Die rätselhaft-vertraute Welt der Hörspielserie Die drei ???
Sarah Kerenkewitz und Klaus Martin Schulte: Die rätselhaft-vertraute Welt der Hörspielserie Die drei ???
„und dann hört man seine alten Kassetten wieder und merkt: Man liebt sie eigentlich immer noch“Andreas Fröhlich, Sprecher von Bob Andrews von den drei ??? (Bastian 2003)
Die Abenteuer der drei ??? Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews aus Rocky Beach faszinieren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland seit den späten 70er Jahren. Mit über 27 Millionen verkauften Exemplaren sind Die drei ??? die erfolgreichste Kinderhörspielserie in Deutschland, wobei sich die Zielgruppe in den letzten Dekaden stark gewandelt hat: Richtete sich die Reihe ursprünglich an Neun- bis 14-Jährige, so sind es mittlerweile vor allem die 20- bis 35-Jährigen, die den größten Anteil der Hörerschaft bestreiten.
1 Dieser Umstand deutet darauf hin, dass es viele Hörerinnen und Hörer gibt, die ihre ‚kindliche Leidenschaft’ als junge Erwachsene weiter pflegen bzw. wiederentdecken, und es kommt die Frage auf, was denn die Faszination des Hörspiels gerade bei der Zielgruppe der jungen Erwachsenen ausmacht.Sarah Kerenkewitz ist dieser Frage in einer qualitativ-empirischen Studie nachgegangen, in der sie Probanden im Alter von Mitte 20 bis Anfang 30, die „Generation der Kassettenkinder“ (Bastian 2003), in Tiefeninterviews zu ihrem Erleben befragte (vgl. Schmid-Gönner 2006). Es ging dabei nicht um Einstellungen oder Meinungen, sondern vielmehr um die Frage: Was geht wirklich in der Hörerin oder dem Hörer vor? Welche dramatischen Entwicklungen kommen beim Hören in Gang? Denn die persönlichen Erlebensgeschichten sind nicht deckungsgleich mit den ‚objektiven’ Geschichten des Hörspiels. So wird bei den Erzählungen auch die eigene Kindheit zum Thema, inklusive zum Beispiel des alten Kassettenrekorders, den man damals besessen hat, und ebenfalls Tätigkeiten, die man beim Hören ausführt: Aufräumen, Spülen, oder aber ein gemütliches ‚Verkriechen’ vor der Außenwelt. Solche scheinbaren ‚Nebensächlichkeiten’ wurden bei der Untersuchung ebenso berücksichtigt wie spontane ‚Nacherzählungen’ der Hörspiele. Auch diese sind keineswegs deckungsgleich mit den ‚objektiven’ Geschichten – vielmehr werden bestimmte Höhepunkte herausgegriffen, spezielle Atmosphären beschrieben und ausgemalt et cetera.
Erfragt wurden daher die persönlichen Erlebensgeschichten in offen geführten Tiefeninterviews, ein Ansatz, der von Wilhelm Salber entwickelt wurde
2. Diese Geschichten folgen einer Dramatik, die dem Hörpublikum höchstens teilweise bewusst ist und die sich bei aller Individualität der Geschichten als roter Faden durch alle Interviews zieht. Es zeigte sich, dass beim Hören der drei ??? ein seelisches Grundproblem bearbeitet wird, das jeder Mensch aus dem eigenen Alltag kennt. Um die Ergebnisse der Studie darzustellen, werden zunächst zur Veranschaulichung die durchgängigen Züge der Erlebensgeschichten – unter Vernachlässigung der individuellen Ausprägungen – in einer vereinheitlichenden prototypischen Form geschildert.
3. Im Vordergrund des Erlebens steht ein Eintauchen in eine rätselhaft vertraute Welt, das sich in mehreren Schritten entfaltet. In den Interviews zum Erleben zeigt sich zunächst übergreifend die Beschreibung einer vertrauten, gemütlichen Welt: Ein ‚akustisches Kuscheln’, ein Gefühl des Schönen, Angenehmen, Vertrauten eröffnet den Weg in die ???-Welt. Da ist man also wieder, in Rocky Beach, hört wieder die altbekannten Stimmen der drei Detektive, die mit Sicherheit jeden Fall lösen werden. Das hat etwas Nostalgisches, geradezu Beruhigendes. Wenn man diese Beschreibungen hört, fällt es beinahe schwer sich vorzustellen, dass es hier um so ernste Dinge wie Verbrechen und deren Aufklärung gehen soll. Man ist unter Umständen „total gestresst [...] und genervt vom Alltag, dann leg ich mir halt so eine CD in die Anlage, und das lenkt mich einfach ab, das bringt mich auf andere Gedanken“, da kann man „mal so ein bisschen abschalten“, kann sich „dieses Gefühl zurückholen, irgendwie nichts machen zu müssen“. Die angestrebte seelische Verfassung wird beschrieben als „eine ganz bewusst fabrizierte Gemütlichkeit“. Entsprechend stellt man sich auch Rocky Beach und speziell die Zentrale der Detektive als gemütlichen Ort vor, wo man sich „vor der Welt versteckt“. Das Hören bringt „Kindheitserinnerungen“ zurück, es lässt sich eine seelische Qualität von „ach ja, schön“ ausmachen.
Diese ‚Wohlfühlatmosphäre’ wird durch feste Strukturen gestützt, die in ihrer scheinbar ewigen Wiederkehr ein Gefühl der Verlässlichkeit vermitteln. Vor dem ‚geistigen Auge’ baut sich immer wieder die gleiche vertraute Szenerie in Rocky Beach auf, wo offenbar immer „Sonnenschein und gute[s] Wetter“ herrschen: „immer Ferien, wir sind immer jung, das ist schon sehr beruhigend“. Die Protagonisten kommen einem dabei beinahe wie „alte Freunde“ vor, auf deren immer gleich bleibende Charakterzüge man sich felsenfest verlassen kann. So wisse man immer gleich: „»ha, in dieser Situation ist Peter gefragt«, oder »hier brauchen wir Bob!« oder »jetzt Justus, du bist an der Reihe«“. Dieses Trio bildet für die Hörerin bzw. den Hörer eine Einheit, in der jeder seine feste Rolle und Funktion hat; die Freundschaft der drei scheint durch „nichts“ zu „erschüttern“ zu sein: „Also, die drei halten zusammen wie Pech und Schwefel. Und das ist ja auch so etwas, was sich im Grunde genommen jeder Mensch wünscht. Einfach gute Freunde zu haben.“ Auch der Rest des Hörspiels ist vom Erleben her gekennzeichnet durch feste, verlässliche Formen wie zum Beispiel Rituale (Überreichen der Visitenkarte), Stereotype (typische Verbrecher) und altbekannte Stimmen. Zudem könne man sich stets eines guten Ausgangs der Geschichte gewiss sein.In dieser abgesicherten Atmosphäre kommen nun brisante Entwicklungen in Gang. Detektive und Hörerinnen und Hörer werden mit mysteriösen Vorkommnissen konfrontiert, die einen regelrechten Sog entwickeln. Rätselhaftes bricht aus dem Alltag hervor, öfters sogar durch einen Anruf von Hitchcock, den die Hörerin bzw. der Hörer per se mit Suspense verbindet. Nun geht es auf in andere, spannende, rätselhafte, gefährliche Welten, heraus aus der Atmosphäre des Gemütlichen und Abgesicherten:„Also in Rocky Beach, da wo sie wohnen, ist es heimelig und nett, wenn es jetzt meinetwegen, ach was weiß ich, zu dem Gespensterschloss hingeht oder irgendwo in eine Geisterstadt, oder all so was, das stell ich mir dann irgendwie total gruselig vor. Dann sehe ich echt so eine ausgestorbene Stadt, und alles klappert, und man weiß jetzt nicht: »Ist da wer, ist da keiner?« und auch immer gleich sehr abgeschottet, dass ich auch immer gleich denke: »Egal, wo die dann sind, da wird die keiner hören, und die sind auf eigene Faust da irgendwo, im Wald oder der Geisterstadt oder im Schloss.«
“Das wird als unheimlich empfunden, und man erinnert sich, dass man ‚damals’ als Kind sogar manche Passagen richtig gruselig fand. Doch auch ‚heute’ steigert sich das Erleben immer wieder zu schaurigen Momenten, wo auch die Detektive „panisch werden“, weil zum Beispiel plötzlich „so ein Knall, oder das Knarren einer Tür“ ertönt und schließlich noch „irgendwelche Geistermusik“ einsetzt: „[...] wenn die dann plötzlich die Tür aufmachen, dann wird die Musik ganz laut.“ Da verspüre man fast körperlich „diesen leisen Windhauch, dieses Orgelspiel“. Das sei ausgesprochen „dramatisch“.
4. Beim Erleben solcher Spannungsmomente kommt nun einerseits der verständliche Wunsch nach rationaler Auflösung des Mysteriösen zum Ausdruck, gleichzeitig aber auch der Wunsch nach Erhaltung des Rätselhaften, denn so ganz möchte man sich von dem Kind, das man selber einmal gewesen ist und das zumindest teilweise noch so herrlich naiv und unbeschwert an Spukgeschichten geglaubt hat, für das die ganze Welt noch aufregend war, gar nicht trennen. Der ‚geheimnisvolle Touch’ der Kindheit soll nicht vollkommen verloren gehen, selbst wenn man es eigentlich ‚besser’ weiß: „Wer weiß, vielleicht gibt es dieses Tiefseemonster ja dann doch! Sie haben da ja irgend so einen Schatten gesehen.“Aus dieser ambivalenten Haltung heraus kommt ein Mitraten in Gang, das zu einer Lösung der Rätsel Schritt für Schritt führen soll. Wichtig ist dabei, dass die Auflösung für die Hörerinnen und Hörer nachvollziehbar bleibt. Man will weder mehr noch weniger wissen als die drei Detektive, weder ‚alles vorgesetzt’ noch wichtige Hinweise und ‚Denkanstöße’ vorenthalten bekommen. Dabei scheint es nicht einmal störend zu wirken, dass die meisten ???-Hörerinnen bzw. -Hörer zumindest ihre Lieblingsfolgen nahezu auswendig kennen. Es ist das Mitraten in Form einer entlanghangelnden Mitbewegung selber, die Vergnügen bereitet. Nicht die rational-logische Aufklärung als Information wirkt anziehend, sondern die schrittweise Verwandlung von Rätselhaftem in Rationales als eine Entwicklung, die man immer wieder aufs Neue durchleben kann.Im Hintergrund des Erlebens ist dabei stets eine gegenläufige Kraft wirksam, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich ist. Neben dem im besten Sinne kindlich anmutenden Eintauchen in eine rätselhaft-vertraute Welt, das ein beinahe schon romantisch-verklärtes Licht auf das Erleben der Hörspielserie wirft, kommt immer wieder ein nüchterner, erwachsener Blick zum Vorschein, mit dessen Hilfe man sich von der Hörspielserie, aber auch von der eigenen Vorliebe für selbige zu distanzieren sucht.Schon der Umstand, als Erwachsener ein Kinderhörspiel zu hören, sorgt für ein Moment der peinlichen Berührtheit. Es ist einem unangenehm, mit dieser ‚Leidenschaft’ an die ‚Öffentlichkeit’ – und das kann schon der engere Freundeskreis sein – zu treten und genießt die Hörspiele daher lieber im Geheimen. Der ‚Hype’, der sich gerade in den letzten Jahren um die Serie gebildet hat, wirkt dabei geradezu als Entlastung, da man sieht, dass offenbar viele junge Erwachsene dieses eigentlich doch kindlich anmutende Hobby teilen. Trotzdem bleibt man vorsichtig und distanziert sich auch im Interview durchgehend von Details der Serie, die allzu kindlich erscheinen.
Diese Tendenz kann sich so zuspitzen, dass schon das Motto der Serie – ‚Kinder lösen Fälle für Erwachsene’ – streng rational beurteilt und so als völlig unrealistisch abqualifiziert wird. Es ist der bzw. die nüchterne, rational denkende Erwachsene in den Hörerinnen und Hörern, die oder der hier neben dem eigenen ‚inneren Kind’ steht – so wie man es vielleicht früher als Kind erlebt hat, dass die eigenen Vorlieben von den Eltern oder anderen Erwachsenen freundlich, aber nachsichtig belächelt wurden. Hörerinnen und Hörer der drei ??? sind nun – als junge Erwachsene – Erwachsene und Kind zugleich: Einerseits liebt man – als ‚großes Kind’ – diese kindliche Welt, in die man eintauchen und mitfiebern kann, wie drei jugendliche Detektive Kriminalfälle lösen, andererseits ist man erwachsen und fragt sich ernstlich, was man denn eigentlich noch daran findet und schämt sich gelegentlich sogar ein wenig für seine Vorliebe.Diese beiden hier beschriebenen Tendenzen des Erlebens stehen sich jedoch keineswegs so ‚unversöhnlich’ gegenüber, wie es vielleicht anmutet. Tritt der rationale, erwachsene Blick zunächst auch als Störung des Erlebens in Erscheinung, zeigt die nähere Betrachtung hingegen, dass sich gerade im Zusammenspiel beider Tendenzen überhaupt erst die Wirkung des Hörspiels entfaltet.Nur oberflächlich betrachtet geht es um ‚spannende Kriminalfälle’, die ja bekanntlich per se eine beliebte ‚Freizeitbeschäftigung’ darstellen. Oberflächlich betrachtet könnte man in der Tat sagen, hier gehe es um die Wirkung eines Krimis, wie man ihn auch im Fernsehen allenthalben sehen kann, aber eben ‚nur’ für Kinder. Tatsächlich zeigt sich jedoch, dass die eigene Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen bzw. der erreichte Entwicklungsstand das oben erwähnte Grundproblem ist, das im Erleben des Hörspiels ‚behandelt’ wird. Dies tritt auch in den Tätigkeiten hervor, die das ‚Drumherum’ des Hörens bilden: ‚kindliches’ Vor-dem-Kassettenrekorder-Sitzen versus ‚erwachsenes’ Bewältigen des Alltags (Spülen, Aufräumen et cetera) – die erwachsenen Hörerinnen und Hörer tun mal das eine, mal das andere, was entsprechend zu unterschiedlichen Formen des Erlebens führt: Eintauchen oder ‚Nebenbei-Hören’. Vor allem aber greift der typische Aufbau, der den Folgen in der Regel zugrunde liegt, das Grundproblem auf: In dem Muster ‚Kinder lösen Fälle für Erwachsene’ lassen sich beide Tendenzen unterbringen und in der oben beschriebenen Entwicklung vom Rätselhaften zum Rationalen einer Lösung zuführen – hier wird nicht nur der jeweilige Kriminalfall aufgelöst, sondern auch der Konflikt zwischen beiden Tendenzen. Die eigene Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen ist bekanntlich eine Entwicklung vom Erleben einer rätselhaften, spannenden, aber auch bedrohlichen Welt (alles ist zunächst unbekannt und alle anderen größer als man selbst) hin zu einer Welt, in der man einerseits zunehmend Überblick und Kontrolle gewinnt, in der aber auch viele Dinge zunehmend ihren geheimnisvollen Zauber verlieren. Im Mitraten bei den mysteriösen Fällen und dem schrittweisen Wandel von der anfänglichen Vertrautheit, dem Einbruch des Mysteriösen, der Steigerung zu unheimlichen Augenblicken, bis hin zu der stets sicheren Auflösung am Schluss kann man sozusagen noch einmal nachträglich ‚in Kurzform’ den Wandel in der eigenen Entwicklung durchleben. In dieser Verwandlung von Mysteriösem zu Vertrautem, von Rätselhaftem zu Rationalem, von Kindlichem zu Erwachsenem, das sich als Entwicklung über die ganze jeweilige Folge erstreckt, liegt offenbar das Anziehende des Hörspiels. Deswegen spielt es auch kaum eine Rolle, ob man die Auflösung schon kennt – wesentlich ist vielmehr die Gewissheit, dass es am Ende eine sichere, rationale Auflösung gibt.Die Hörspielserie bietet also einerseits ein Refugium, in dem man der erwachsenen Welt ein stückweit entfliehen und noch einmal ein bisschen ‚Kind’ sein kann, andererseits aber auch die Möglichkeit, in angenehmer Weise zu spüren, dass man die schwierige Entwicklung zum Erwachsenen ‚geschafft’ hat: Einerseits kann man mitfiebern, als ob man noch wirklich Angst hätte, andererseits kann man sich stets genüsslich sagen: ‚Ach ja, davor habe ich mich damals gegruselt.’
Es ist nur ein kurzer Rollenwechsel, der hier angestrebt wird, denn kaum ein Erwachsener will wohl ernstlich noch einmal ein Kind oder Jugendlicher mit allen Schwierigkeiten der Kindheit und Jugend sein, wie sicherlich auch kaum ein Kind ernstlich schon ein Erwachsener mit allen damit verbundenen Konsequenzen – insbesondere Pflichten – sein möchte. Beim Hören der Serie treten vielmehr der oder die Erwachsene und das Kind in den Hörerinnen und Hörern mit ihren gegensätzlichen Erlebens- und Sichtweisen in einen unterhaltsamen Dialog. So erlebt man einen ‚gemütlichen Schauer’, ein abgesichertes Risiko in einer rätselhaft-vertrauten Welt.
Anmerkungen
1 Quelle: www.natuerlichvoneuropa.de
2 zur morphologisch-psychologischen Wirkungsforschung siehe Salber 1995, 1989, zum Tiefeninterview siehe Herbert 1999
3 Doppelte Anführungszeichen kennzeichnen dabei Zitate aus den Interviews.
4 Die hier angeführten Beschreibungen beziehen sich inhaltlich auf die Folge Die drei ??? und das Gespensterschloss
Literatur
Bastian, Annette (2003). Das Erbe der Kassettenkinder. Brühl: EccomediaFitzek, Herbert (1999). Beschreibung und Interview. Entwicklungen von Selbstbeobachtung in der morphologischen Psychologie. Journal für Psychologie 7 (2), S. 19-26
Salber, Wilhelm (1989). Der Alltag ist nicht grau. Bonn: BouvierSalber, Wilhelm (1995). Wirkungsanalyse. Bonn: Bouvier
Schmidt-Gönner, Sarah (2006). Das Erleben der Hörspielserie „???“. Eine pädagogisch-psychologische qualitativ-empirische Untersuchung. Bonn: Unveröffentlichte Magisterarbeitwww.natuerlichvoneuropa.de [Zugriff: 10.12.2007]
Beitrag aus Heft »2008/02: Medienpädagogik 2.0?!«
Autor: Sarah Kerenkewitz, Klaus Martin Schulte
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publikationen
- Ammann, Daniel/Fröhlich, Arnold (Hg.): Trickfilm entdecken. Animationstechniken im Unterricht
Ammann, Daniel/Fröhlich, Arnold (Hg.): Trickfilm entdecken. Animationstechniken im Unterricht
Wie kommt überhaupt Bewegung ins Bild? Wo liegt der Trick beim Animationsfilm? Diese Fragen faszinieren Kinder und Jugendliche – wie auch Erwachsene. Die Autoren stellen mit Trickfilm entdecken nun ein Handbuch vor, das es ermöglicht, diese Faszination auch im Schulunterricht nutzbar zu machen. So können die kreative Arbeit mit (Trick-)Film und das Verständnis von Film im Allgemeinen gefördert werden. Nahe am pädagogischen Alltag und mit praktischen Ideen für den Einsatz von Trickfilm in der Schule erläutern die Autoren die Grundsätze des bewegten Bildes. Die Bandbreite der Ideen reicht vom Daumenkino über Stop-Motion bis zum bewegten Bildschirmschoner.
Eine beigefügte DVD enthält einen Datenteil mit Anleitungen und Kopiervorlagen und eine reiche Auswahl an Filmbeispielen. Zudem sind die Beispiele für den Unterricht mit erklärenden Darstellungen illustriert. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf digitalen Produktionsverfahren. Einzelne ausgewählte Methoden wie Mal- oder Sachtrick sowie Produktionstechniken mit Fotoapparat, Scanner oder bestimmten Softwareprogrammen werden erläutert. Ein Glossar im Anhang sowie ausführliche Literaturangaben helfen beim Einstieg in das Arbeiten mit Trickfilmtechniken. Um den Zugang zum Thema im Unterricht zu ermöglichen, wird Bezug auf beliebte Trickfilmfiguren genommen, anhand derer Formen und Anwendungsbereiche des Animationsfilms erläutert werden können. Mit dem Handbuch erhalten Lehrpersonen aller Schulstufen sowie pädagogische Fachkräfte eine leichtverständliche und trotzdem fundierte Handreichung, um das Thema Trickfilm auch praktisch im Unterricht erfahrbar zu machen und damit das Thema Medienkompetenz nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch aufzugreifen.
- Brand, Eva/Brand, Peter (Hg.): Die Zeitung in der Primarstufe
Brand, Eva/Brand, Peter (Hg.): Die Zeitung in der Primarstufe
Zeitung? In der Primarstufe? – Ist das nicht eine allzu schwere Kost für Kinder im Grundschulalter? Nein, sagen die Herausgeberinnen und Herausgeber dieses Handbuches zur Arbeit mit der Zeitung im Grundschulunterricht. Zeitung hat sich ihrer Meinung nach als Arbeitsmittel in der Grundschule bewährt – und das stellen verschiedenen Beiträge von Praktikerinnen und Praktikern aus Schule und Journalismus unter Beweis: Bewährte Unterrichtsideen und illustrierte Erfahrungsberichte in Bezug auf den Umgang mit Zeitung in der Grundschule veranschaulichen die Potenziale des Mediums, beispielsweise hinsichtlich der Leseförderung, des fächerübergreifenden Unterrichts und der Vermittlung von Medienkompetenz. Kreativ-gestalterische Arbeiten werden dabei ebenso thematisiert wie redaktionelle Aufgaben und das eigene Verfassen von Texten.
Dadurch eignet sich der Band insgesamt besonders für die Vorbereitung eigener Zeitungsprojekte in der Grundschule. Die Beiträge bieten unter anderem. Hilfestellungen für die Vor- und Nachbereitung von Praxisprojekten, für die Kooperation mit den Eltern, spielerische und lebensweltnahe Aneignung an das Medium sowie Foto- und Internetarbeit. Eine fundierte theoretische Auseinandersetzung mit Themen wie Medienkompetenz- oder Leseförderung kann und will nicht geleistet werden, eine praktische Anleitung für die Zeitungsarbeit in und außerhalb der Schule bietet das Handbuch allemal.
- Buermann, Uwe: Aufrecht durch die Medien. Chancen und Gefahren des Informationszeitalters und die neuen Aufgaben der Pädagogik
Buermann, Uwe: Aufrecht durch die Medien. Chancen und Gefahren des Informationszeitalters und die neuen Aufgaben der Pädagogik
Bereits 1998 („Techno, Internet, Cyberspace“) beleuchtete Uwe Buermann in verständlichem, authentisch-kundigem Stil das Verhältnis von Jugend und elektronischen Medien anhand der Jugend-Kultur-Phänomene der 90er Jahre.Als erfahrener und engagierter Waldorf-Lehrer für Computer- und Medienkunde, stets die Chancen und Gefahren des Informationszeitalters in den Blick nehmend, führt er nun seine Leserschaft aus soziologisch-pädagogischer Sicht in die spannende Beziehung zwischen Mensch und Kommunikationstechnologie ein.
Aus dieser Perspektive, die Heranwachsende und Erwachsene als Medien-Akteure wie auch als Rezipienten beleuchtet, gelingt es ihm, die Qualität der Wechselwirkungen auch quantitativ sichtbar zu machen. Das Buch führt nicht umsonst im Untertitel „Chancen und Gefahren des Informationszeitalters und die neuen Aufgaben der Pädagogik“. Zwischen den von Buermann nach Alter, Bildung und Berufsbiografie differenzierten Nutzer-Gruppen und ihren Medien, merkmalsbezogen nach technischer Ausstattung, persönlichem Stellenwert, Nutzungshäufigkeit, persönlichem Ausdrucksverlangen und anderem mehr deckt er neue Beziehungen auf. Diese Auswertungen zum Kommunikationsverhalten (mit Online-Fragebogen zur ausdrücklichen Weiterverwendung!) und aufschlussreiche Interviews mit Schülerinnen und Schülern verdeutlichen und begründen den Titelanspruch zusätzlich.
Als pädagogische Untersuchung im Rahmen seiner Mitarbeit am Stuttgarter Institut für Pädagogik, Sinnes- und Medienökologie entstanden, setzt sich Buermann mit der Thematik auch anthropologisch auseinander. Einleitend knapp den historischen Wandel des Verhältnisses zwischen Medium und (zunehmend passivem) Anwender skizzierend, leitet er über den mediengeförderten Individualisierungstrend hinüber zum deklarierten Lebensziel der Mediengesellschaft: wahrgenommen zu werden. Homepages, Quizsendungen, Talkshows, Dokus, Reality Soaps oder Talentshows werden als Instrumente und Sendeformate unter die Lupe genommen. Gleichzeitig charakterisiert er neue Lebensmodell- und Suchttypologien und analysiert so den gläsernen Konsumenten oder als Suchtform den Informationsjunkie sowie als dessen positives Gegenstück den stetig lernenden Zeitgenossen, dessen Steigerung der mündige, da urteilsfähige und wahrheitsgegründete Weltbürger ist. Die Suche des jungen Menschen nach sich selbst, nach dem eigenen „Ich“ auf dem Weg zwischen Freiheit und Manipulation liefert dem Autor den zentralen Ansatzpunkt für seine konkret aufgestellten Anforderungen an die Pädagogik. Buermann plädiert last but not least für eine Verschiebung des Bildungsakzentes weg von der Wissensvermittlung hin zur Fähigkeitsbildung.Eine sehr lesens- und nachdenkenswerte Lektüre!
- Decke-Cornill, Helene/Luca, Renate (Hg.): Jugendliche im Film – Filme für Jugendliche. Medienpädagogische, bildungstheoretische und didaktische Perspektiven
Decke-Cornill, Helene/Luca, Renate (Hg.): Jugendliche im Film – Filme für Jugendliche. Medienpädagogische, bildungstheoretische und didaktische Perspektiven
Kino und Filme gehören zur Lebenswelt von Jugendlichen und gleichzeitig thematisieren Filme die Lebenswelt Jugendlicher. Die Publikation beleuchtet diverse Aspekte dieser Wechselbeziehung aus verschiedenen pädagogischen Perspektiven. Einführend thematisieren die Autorinnen und Autoren das Spannungsverhältnis zwischen Filmerleben und pädagogisch-didaktischem Filmanalysieren und erläutern unterschiedliche Ansätze zur Filmarbeit in der Medienpädagogik und Didaktik. Aus bildungstheoretischer Perspektive werden filmpädagogische Konzepte sowie filmische Entwürfe von Jugend und Heranwachsen untersucht. Neben der Bildungsfunktion des Lehrkörpers Kino im Unterricht wird das bildende Potenzial filmischer Praxis in Schulen betrachtet.
Auch die Frage nach der Wirkung von Filmen auf Jugendliche wird nicht ausgelassen. An verschiedenen Beispielen wird deutlich, wie Filme jugendrelevante Themen darstellen und wie die Jugendlichen damit umgehen. Schließlich wird der Frage nach dem Bildungspotenzial von Filmen – besonders im Fremdsprachenunterricht – nachgegangen. Am Ende entsteht ein fragmentarisches, jedoch insbesondere für die Institutionen Kino und Schule perspektiven- und aufschlussreiches Bild.
- Dorn, Kirsten: Tronis Reise ins Internet
Dorn, Kirsten: Tronis Reise ins Internet
Was machen Elektronen im Computer? Wofür braucht man eine Festplatte? Wie funktioniert das Internet? Und was ist eine Firewall? Diesen Fragen geht Kirsten Dorn in Tronis Reise ins Internet auf den Grund. Gemeinsam mit dem Elektron Troni, das in einer Computerstadt lebt, begibt sich der Leser bzw. die Leserin auf ein spannendes Abenteuer durch das Internet, wo Troni auf IP-Adressen, Viren und „Matrix-Städte“ trifft. Im Zuge dieser mal abenteuerlichen, mal lustigen Geschichten werden die wichtigsten Begriffe und Zusammenhänge des Datenflusses im Netz erklärt.
Im Anhang des Buches finden sich zusätzlich Erläuterungen der Begriffe, die verbunden mit Beispielen der Internetnutzung im Alltag die Verknüpfung zwischen der fiktionalen Geschichte und der realen Funktionsweise von Technik erleichtern sollen. Insgesamt betrachtet ist das Buch ideal, um Kindern ab dem Grundschulalter die Welt der Computer und des Internets nahe zu bringen und gemeinsam mit ihnen zu erarbeiten. Das kindgerechte Heranführen an die wichtigsten Begriffe und Zusammenhänge bietet eine erste Grundlage für die Thematisierung der auf den ersten Blick so abschreckend komplex wirkenden Internettechnik. Darauf aufbauend können Eltern und pädagogische Fachkräfte das Internet gemeinsam mit den Kindern erkunden und den Umgang damit üben.
- Hug, Theo (Hg.): Didacts of Microlearning. Concepts, Discourses and Examples
Hug, Theo (Hg.): Didacts of Microlearning. Concepts, Discourses and Examples
Lehren und Lernen verändern sich
Lehren und Lernen verändern sich in der Dynamik der Wissensgesellschaft und mit der Integration neuer Medien und ihrer Phänomene in Lehr- und Lernprozesse. Wie in diesem Zusammenhang „Lebenslanges Lernen“ realisiert und Lehrenden und Lernenden entsprechende Methoden und Werkzeuge an die Hand gegeben werden können, ist eine der zentralen Aufgaben, mit denen sich Bildungseinrichtungen konfrontiert sehen. Dazu gehört auch, formelles Lernen neu zu überdenken, ebenso, Muster und Strukturen informellen Lernens anzuerkennen und in Schule und Unterricht zu integrieren.Theo Hug positioniert sich mit seinem englischsprachigen Sammelband an der Schnittstelle von formellem Lernen in Unterrichtskontexten und informellem Lernen, das in Freizeitkontexten, selbst organisiert, situativ und oft nicht intendiert stattfindet. Ausgehend von aktuellen Dynamiken der Wissensgesellschaft und ihrem Umgang mit Medien als kulturellen Gegenständen bietet der Band theoretische und praktische Ansatzpunkte, um die Veränderungen in Wissensaneignung, Wissensverteilung und Lernen, die mit technologischen und institutionellen Entwicklungen einhergehen, kritisch zu reflektieren und für die praktische Umsetzung zu operationalisieren.
Hug hat einen Band zusammengestellt, der sich als Einführung wie auch zur Vertiefung eignet. Dass er dabei die Miniaturisierung, Fragmentierung und Elementarisierung von Lernangeboten ebenso fokussiert wie kurzfristige Lernaktivitäten ist für den aktuellen Diskurs zu formellem, informellem und lebenslangem Lernen hilfreich. In der Konsequenz wird Lernen als das Zusammenfügen von modularen Lerneinheiten durch die Lernenden verstanden. So werden in sechs Kapiteln Microdidactics und Microlearning vorgestellt und diskutiert. Neue Lernräume werden in den Blick genommen, Theorien und Konzepte zur Anwendung präsentiert und Methoden zur Evaluierung, Umsetzung und Qualitätssicherung verfügbar gemacht. Mobile Learning, E-Learning, Gaming und Playful Learning, Web 2.0 mit Chats und Online-Foren sowie Videokonferenzen dienen als Beispiele. Anstatt radikale Umbrüche im Lehren und Lernen zu propagieren, konzentrieren sich Hug und seine Autorinnen und Autoren auf kleine Schritte – in Medienangebot und -nutzung ebenso wie im Lehren und Lernen.
- Kleinman, Sharon (Hg.): Displacing Place. Mobile Communication in the Twenty-first Century
Kleinman, Sharon (Hg.): Displacing Place. Mobile Communication in the Twenty-first Century
Dass mobile Informations- und Kommunikationstechnologien wie Mobiltelefone, Laptops, BlackBerries and iPods unser Leben beeinflussen, erfahren (und vor allem: hören!) wir alltäglich – spätestens bei der nächsten Fahrt mit Bus und Bahn. Doch wie genau verändern sie menschliches Leben, Arbeiten, Spielen und Lernen? Und wie werden Beziehungen, Gesellschaften und die Umwelt davon beeinflusst? Mit diesen Fragen befassen sich die von Sharon Kleinman gesammelten 14 Essays. Sie reflektieren die Thematik aus den unterschiedlichsten fachlichen Perspektiven: Das Phänomen mobile Kommunikation wird dabei unter anderem aus der Sicht von Kommunikationswissenschaft und Soziologie, der Rechtswissenschaft, den Cultural Studies oder Erziehungswissenschaften genauso in den Blick genommen wie von Medizin und Umweltforschung.
Die Themen des Bandes reichen vom Leben und Lieben im Zeitalter der mobilen I&K-Technologien, über Cyberkriminalität und Podcasting als Teilhabe an Öffentlichkeit bis hin zur Reflektion der mobile Information und Kommunikation in der (konstatierten) Effizienzkultur. So ergibt sich ein buntes Stelldichein der US-amerikanischen Wissenschaft, essayistisch und durchaus unterhaltend aufbereitet. Die Grundthesen sind nicht unbedingt neu, doch von steter Relevanz: Mobiltechnik macht uns relativ unabhängig von bestimmten Orten, Multitasking wird zur Gewohnheit! Und während immer wieder neue Technologien (auf dem Markt) auftauchen, vollzieht sich der Wechsel von ihrer Neuartigkeit in die alltägliche Nutzung im-mer schneller. Mit allen Vor- und Nachteilen. Wo Mensch und Gesellschaft dabei bleiben, das versucht der Band zu klären. Dass er den Problembereich dabei nicht erschöpfend klärt, sondern zu weiterer Beschäftigung – zumal mit fachlichen Positionen aus dem Angloamerikanischen Raum – anregt, sei hier als Plus vermerkt.
- Klemm, Michael/Jakobs, Eva-Maria (Hg.): Das Vergnügen in und an den Medien – Interdisziplinäre Perspektiven
Klemm, Michael/Jakobs, Eva-Maria (Hg.): Das Vergnügen in und an den Medien – Interdisziplinäre Perspektiven
Medien sollen informieren, bilden und unterhalten. Besonders der Unterhaltungsanspruch spiegelt sich in der heutigen Medienwelt. Wie sich Unterhaltung medial umsetzen lässt, wie unterhaltende Medienformate entstehen und wie sie aufgenommen werden, diesen Fragen nähern sich verschiedene Autorinnen und Autoren in diesem Band aus der Reihe der „Bonner Beiträge zur Medienwissenschaft“.
Nach einer theoretischen Einführung zum Unterhaltungsbegriff und dazu, wie Vergnügen in den Medien entsteht, werden schließlich die Medienprodukte sowie die Perspektiven der Produzentinnen und Produzenten bzw. die Sicht der Rezipienten erläutert. Die Medienanalysen von TV-Sendungen, Comics und Homepages dienen dazu, einen interdisziplinären Einblick in Machart, Entstehung und Reflexion von Unterhaltung in den Medien zu geben. Dabei wird der Gegenstand nicht nur theoretisch reflektiert, sondern auch konkret an bekannten Beispielen, wie zum Beispiel Monty Python, TV total oder Kaffeeklatsch diskutiert. Die Aufsatzsammlung bietet eine breite Grundlage für eigene Überlegungen und will weitere Untersuchungen zum wachsenden Vergnügen an und in den Medien anregen.
- MKFS-Broschüre: Mit Kindern ins Kino
MKFS-Broschüre: Mit Kindern ins Kino
Lesen, Schreiben, Kino Schulfach Film: Ein Leitfaden für Lehrer
Filme verstehen, sagt der renommierte Medienpädagoge Stefan Aufenanger (Universität Mainz), habe neben Lesen und Schreiben mittlerweile den Stellenwert einer „dritten Kulturtechnik“. Mathematiklehrer dürften wohl das Rechnen vermissen, aber selbst sie werden einräumen, dass bewegte Bilder unsere Gesellschaft und damit auch den Kinderalltag prägen. Und da das Kino am Anfang dieser Bilderkette steht, ist das Filmverständnis einer der wichtigsten Schlüssel zur Medienkompetenz. Trotzdem ist der Kinobesuch einer Grundschulklasse schon allein wegen des logistischen Aufwands ein anspruchsvolles Unterfangen. Und nicht nur das. „Achten Sie während des Films immer wieder auf die Reaktionen der Kinder“, rät ein soeben erschienener „Leitfaden zur praktischen Filmarbeit“: weil man nie weiß, ob die Kleinen das Geschehen auf der Leinwand auch angemessen verarbeiten. Als einzelne Lehrperson im dunklen Kinosaal eine zwanzigköpfige Klasse im Augen zu behalten: Das klingt nach einer anstrengenden Vorstellung; in jeder Hinsicht.Davon abgesehen kann der zwanzigseitige Ratgeber eine enorme Hilfe sein, denn er bietet Lehrkräften (oder Menschen aus der Kinder- und Jugendarbeit) äußerst nützliche Tipps für die Vor- und Nachbereitung eines Filmerlebnisses.
Die von der Stiftung Medienkompetenz und der Stiftung Lesen initiierte Broschüre soll Lehrerinnen und Lehrer dazu anregen, Kindern zu helfen, „dass das Filme sehen nicht zum bloßen Medienkonsum wird“. Die Herausgeber appellieren, man solle das Potenzial des Films nutzen, „um die Fantasie der Kinder anzukurbeln“ und ihnen „entscheidende Hilfestellungen“ bei der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt zu geben. Tatsächlich können Filme ja stärker noch als das flüchtigere Fernsehen bei der Bewältigung des Alltags helfen: weil man durch die Identifikation mit (möglicherweise auch abschreckenden) Vorbildern auf spielerische Weise ungewohnte Perspektiven einnehmen kann. Gerade für Grundschulkinder ist ein gemeinsamer Kinobesuch natürlich ein besonderes Ereignis, zumal es für einige Mädchen und Jungen sicher eine Premiere ist. Schritt für Schritt beschreibt die Broschüre, wie das Vorhaben angegangen werden sollte: vom Elternabend über die Vorgespräche mit den Kindern und die Organisation des Unterfangens bis zur detaillierten Aufarbeitung des Gesehenen. In den entsprechenden Ausführungen werden auch Lehrkräfte weiterführender Schulen noch viele nützliche Anregungen finden. Die empfohlenen praktischen Übungen etwa zur Bedeutung von Ton und Musik, konkrete Bastelvorschläge (Daumenkino, Lochkamera) oder eine Einführung in die Filmanalyse (Farbdramaturgie, Bildwirkungen etc.) sind eine wahre Fundgrube.
Mitunter wirken die Hinweise allzu belehrend, aber dafür haben die Autorinnen und Autoren auch Aspekte bedacht, die man leicht übersehen kann. Spätestens die Vorschläge für konkrete Aufgaben nach dem Kinobesuch, mit deren Hilfe die Kinder das Erlebnis bestmöglich verarbeiten sollen, lassen sich auf Medienerfahrungen aller Art übertragen. Und so ist die Lektüre des Leitfadens selbst dann gewinnbringend, wenn man den Aufwand eines gemeinsamen Kinobesuchs doch eher scheut. Weitere Informationen unter: www.mkfs.de
- Peez, Georg (Hg.): Handbuch Fallforschung in der ästhetischen Bildung/Kunstpädagogik
Peez, Georg (Hg.): Handbuch Fallforschung in der ästhetischen Bildung/Kunstpädagogik
Qualitative Forschung in der Kunstpädagogik
Empirische Wissenschaft erforscht häufig die Phänomene, die sich empirisch erforschen lassen. Diese Feststellung ist ebenso tautologisch wie kennzeichnend und es ist kein Zufall darin zu sehen, dass ‚Kunst’ und ‚empirische Forschung’ noch immer häufig als einander ausschließende Handlungsbereiche angesehen werden. Zu diffus scheint das Feld ästhetischer Erfahrung, als dass es wissenschaftlicher Rationalität zuzuführen wäre. Angesichts einer sich in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter ausdifferenzierenden sozialwissenschaftlichen Methodik ist diese Dichotomie aber nur (noch) stringent zu argumentieren, wenn unter empirischer Forschung allein quantifizierend-messende Zugänge gefasst würden. Das vorliegende Handbuch versucht in insgesamt 18 Beiträgen auf der Basis qualitativer und rekonstruktiver Methoden ästhetische Erfahrung und Kunsterleben empirisch zu fassen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der weiteren Marginalisierung von Unterrichtsfächern wie Musik und Kunst infolge der PISA-Debatten betont der Herausgeber die Notwendigkeit empirischer Forschung in der Kunstpädagogik: „(…) sowohl um sich vor Selbstüberschätzungen zu schützen als auch um die Bedeutung und Eigenständigkeit künstlerischer Zugriffsweisen herauszustellen.“ (S. 1) Qualitative Methodik wird für die Evaluation ästhetischer Bildungsprozesse, für die Analyse ästhetischer Praxen (von Kindern und Jugendlichen) sowie den Aufschluss neuer Erkenntnisdimensionen für die Kunstpädagogik herangezogen. Ziel des Handbuches ist es, das Spektrum und die Vielfalt der methodischen Ansätze und Möglichkeiten darzustellen und der adressierten Leserschaft – vornehmlich Studierende, ReferendarInnen sowie Lehrende im Bereich der Ästhetischen Bildung/Kunstpädagogik an Schulen und Hochschulen – näherzubringen. Der Sammelband gliedert sich in die drei Sektionen „Unterrichtsforschung/Wirkungsforschung“, „Erforschung ästhetischer Praxis und Rezeption“ sowie „Professionsforschung“. Während im ersten Abschnitt die ‚Wirkungen’ ästhetischer Erfahrung und Erziehung in schul- und freizeitpädagogischen Kontexten untersucht werden, ist der Fokus im zweiten Abschnitt grundsätzlicher auf die ästhetische Wahrnehmung und das ästhetische Handeln von Kindern und Jugendlichen gerichtet.
Anhand ausgewählter Einzelfälle werden im letzten Abschnitt exemplarisch Analysen biografischer Bedingungen und Berufsvorstellungen von Kunstpädagoginnen und Kunstpädagogen vorgestellt. Insgesamt gibt die Publikation einen umfassenden und informativen Einblick in die Erkenntnispotenziale qualitativer Forschung für ästhetische und/oder performative Gegenstandsbereiche. Wenngleich das Gros der Arbeiten die Analyse visueller Wahrnehmungs- und Ausdrucksformen beschreibt, werden in einzelnen Beiträgen auch Bewegung, Tanz und Musik in den Blick genommen. Mit teilnehmender Beobachtung, qualitativen Interviews, Gruppendiskussionen, aber auch Bild-, Foto- und Videodokumenten werden über alle Beiträge hinweg der gesamte ‚Bestand’ qualitativer Erhebungsinstrumente in Dienst genommen und sehr unterschiedliche Analysematerialen untersucht. Positiv hervorzuheben ist die anschauliche und transparente Darlegung der Untersuchungsschritte, die jeweils anhand einer Fallstudie exemplifiziert werden. Eine große Vielfalt ist auch hinsichtlich der Auswertungsmethoden zu konstatieren (zum Beispiel Dokumentarische Methode; Grounded Theory; Kontextuelles Verstehen der Medienaneignung; qualitative Inhaltsanalyse; phänomenologische und hermeneutische Ansätze), deren Gemeinsamkeiten und Differenzen allerdings nicht immer deutlich werden. Hier setzt das Buch Orientierungswissen bereits voraus; zu wünschen wäre daher ein Einführungs- oder Übersichtsartikel, der es vermag, die heterogenen Methoden und Ansätze in ihrer historisch-disziplinären Genese und hinsichtlich ihrer Leistungen sowie Grenzen in Bezug auf bestimmte Zielgruppen oder Gegenstandsbereiche zu verorten. Dessen ungeachtet bietet das „Handbuch Fallforschung in der Ästhetischen Bildung/Kunstpädagogik“ aufgrund der Breite an Untersuchungszugängen, -methoden und -gegenständen sowie der transparenten wie lesbaren Darstellung der allermeisten Beiträge wichtige Orientierungen und Anregungen nicht nur für die kunstpädagogische, sondern gleichfalls die medienpädagogische Forschung und Praxis, deren Schnittflächen angesichts der Mediatisierung und Ästhetisierung der Erfahrungswelten von Kindern und Jugendlichen zahlreich sind und noch zunehmen werden.
- Schäfer, Miriam/Lojewski, Johanna: Internet und Bildungschancen. Die soziale Realität des virtuellen Raumes
Schäfer, Miriam/Lojewski, Johanna: Internet und Bildungschancen. Die soziale Realität des virtuellen Raumes
In der Öffentlichkeit wird Neuen Medien oftmals wie selbstverständlich eine neue Qualität des Lernens und der Bildung zugesprochen. Schlagwort ist hier das selbstbestimmte, unabhängige Lernen. Vor allem dem Internet wird dahingehend ein großes Potenzial attestiert. Die nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit von Informationen und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten scheinen geeignet, Wissens- und Bildungsteilhabe auch außerhalb von klassischen Bildungsinstitutionen zu ermöglichen.
Die Autorinnen greifen diese Annahmen auf und diskutieren sie kritisch. Vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheitsstrukturen und Ergebnissen der PISA-Studien stellen sie dabei zunächst den Bildungsbegriff selbst in Frage und thematisieren ungleichen Bildungschancen als Ausgangssituation informeller Bildung. Im Anschluss erfolgt eine Diskussion des Medienbegriffs sowie gängiger Medienkompetenzmodelle im Hinblick auf ihre immanenten Bildungsziele. Auf Basis aktueller Forschungsergebnisse wird dann versucht, jugendliche Mediennutzungsweisen in Bezug auf das Internet darzustellen. Dies bietet den Autorinnen schließlich eine Grundlage für die Entwicklung von Kriterien für integrative, ungleichheitssensible Angebote für benachteiligte Zielgruppen im Offline- und Online-Bereich. Durch die theoretische Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex informelle Bildung und Neue Medien sowie durch die Vorstellung von Konzepten, Zielen und Methoden in der praktischen Bildungsarbeit bietet das Buch damit zweierlei: einerseits eine nützliche Grundlage für die Vorbereitung und Umsetzung eigener Ideen in der Bildungsarbeit mit Neuen Medien und andererseits einen Überblick über die aktuelle theoretische Diskussion zum Thema.
- Ueffing, Claudia M.: Pädagogik der frühen Kindheit im Kontext von Migration – Theoretische Grundlagen und erzieherische Praxis
Ueffing, Claudia M.: Pädagogik der frühen Kindheit im Kontext von Migration – Theoretische Grundlagen und erzieherische Praxis
Die öffentliche Diskussion um geringere Bildungschancen für Heranwachsende mit Migrationshintergrund in Deutschland ist nicht neu. Gerade die Pädagogik der frühen Kindheit steht diesbezüglich vor der wichtigen Aufgabe, den Grundstein für den weiteren Bildungsverlauf zu legen. Auf Grundlage einer Untersuchung kommunaler Kindertageseinrichtungen in München entwickelt die Autorin verschiedene Ansätze für einen effektiveren Theorie-Praxis-Transfer. Nach einer einführenden Bestandsaufnahme der historischen und aktuellen Situation von Bildung und Migration in Deutschland, beschäftigt sich das Buch mit der Elementarerziehung speziell in München.
Vorgestellt wird das Modellprojekt MIKE (Münchner interkulturelle Pädagogik im Elementarbereich), welches durch Beratung sowie ein Konzept zur Personalentwicklung den Theorie-Praxis-Transfer fördert. Schließlich wird anhand verschiedener Projekte für die erzieherische Praxis gezeigt, dass vor allem die Kooperation zwischen Eltern und Fachpersonal sowie Sprachförderung den Weg zur Überwindung der migrationsbedingten Bildungsungleichheit bereiten. Insbesondere Pädagoginnen und Pädagogen dürften hier hilfreiche Anregungen finden.
- Weber, Mathias (Hg.): Das Web-Adressbuch für Deutschland 2008. Die 6.000 wichtigsten deutschen Internet-Adressen
Weber, Mathias (Hg.): Das Web-Adressbuch für Deutschland 2008. Die 6.000 wichtigsten deutschen Internet-Adressen
Online-Suchmaschinen wie Google sind zwar hilfreich, aber sie überhäufen die Nutzerinnen und Nutzer nicht selten mit einer großen Informationsflut. Sich in diesen reichhaltigen Informationen zu orientieren und Internetseiten herauszufiltern, welche für die eigenen Belange hilfreich sind, kostet meist viel Zeit. Eine sinnvolle Alternative bietet da das Web-Adressbuch. Aus über acht Millionen deutschsprachigen Web-Seiten wurden die 6.000 aktuell wichtigsten Internetseiten ausgewählt.
Dieses Nachschlagewerk erleichtert den Suchenden die Orientierung. Gegliedert in thematische Kapitel werden 21 Kategorien wie „Essen und Trinken“, „Gesundheit“, „Internet und Computer“, „Reisen und Umwelt“ genannt. Diese Kategorien gliedern sich in rund 1.700 Rubriken. Die besten Web-Seiten zur jeweiligen Rubrik werden in einem Kurzkommentar beschrieben. Farbig abgebildete Internetseiten ergänzen die kurze Charakteristik und wirken sehr anschaulich. Die Benutzerinnen und Benutzer können sich so gleich ein Bild vom Aufbau einzelner Seiten verschaffen. Um Antworten auf Fragen oder Zusatzinformationen leicht zu erhalten, werden E-Mail-Adressen der jeweiligen Macherinnen bzw. Macher mit aufgeführt. Ein Stichwortindex am Ende des Buches trägt zur Orientierung in den breit gefächerten Themenbereichen bei. Die elfte Auflage des Web-Adressbuches 2008 enthält zudem ein Themenspecial zum Web 2.0.Mit diesem Nachschlagewerk wird gezieltes Recherchieren im Internet möglich und es lassen sich neue Web-Seiten entdecken, die Suchmaschinen nicht immer anzeigen.
kolumne
- Hans-Dieter Kübler: Wohlfeile Sündenböcke
Hans-Dieter Kübler: Wohlfeile Sündenböcke
Vom Termin her nicht ganz einsichtig, meinten die Mainstream-Medien zum Jahreswechsel 2007/2008 die sogenannte 68er-Bewegung aufleben lassen zu müssen. Denn ein markantes Datum lag nicht an. Und so jubiläumsträchtig sind 40 Jahre eigentlich nicht, als dass man sie demonstrativ feiern müsste. Aber womöglich wollte sich der eine oder andere Redakteur – der sich insgeheim selbst zu dieser Generation zählt und nun auch der Verrentung entgegenblickt – noch ein publizistisches Denkmal setzen. Erneut kursierten unisono die längst bekannten Fotos von Demos, freier Liebe und der Kommune 1, den Bürger schreckenden Protagonisten mit ihren Plakaten und Sprüchen durch Blätter und über Bildschirme, Dutschke, Cohn-Bendit und Krahl untergehakt mit allen den anderen, in Berlin und Frankfurt, Ho Chi Minh-Losungen skandierend, von Wasserwerfern zurückgepeitscht oder gleich in polizeilichen Gewahrsam genommen.
Und folgerichtig mussten solche Radikalisierungen in Brandanschlägen, Attentaten und Terrorismus enden, die RAF sozusagen als unausweichliche Konsequenz von Schüler-Revolte und Studenten-Rebellion. Nein, eine Aufarbeitung von Strukturen und grundlegende Veränderungen war es nicht und sollte es auch nicht sein, eher schon die effiziente Form der Etikettierung, des Branding, wie es im Branchen-Jargon wohl heißt. Dass es ‚die’ 68er gar nicht gab, vielmehr es sich um eine unüberschaubare Vielfalt von Aufbrüchen, Anfragen, Gruppierungen, Initiativen et cetera handelt, die sich massenmedial in jenen Fotos nur unzureichend visualisieren lassen, das kümmert die selbsternannten Interpreten nicht.
Wie Konservative schon seit jeher pauschale Schuldzuweisungen und Geschichtsklitterungen regelmäßig verteilen, wenn sie angebliche Leistungsverweigerung in der Schule, Werteverfall in Gesellschaft und Familie, soziale Zerrüttungen, Drogenkonsum und Kriminalität anprangern und umstandslos der antiautoritären Erziehung zuschieben, scheint nun auch dem ehedem ‚linken Milieu’ wohlfeil, sogar zur stilisierten Eigendiffamierung zu taugen: Die präzeptive Tonlage gab der selbstherrliche ‚Zwischenrufer’ des STERN, Hans-Ulrich Jörges, in seiner sogenannten ‚Brandrede’ vor (stern.de 16.01.2008): Politisiert habe ihn noch als Pennäler ein Schulstreik in Frankfurt 1969 (!) – „eine rauschhafte Erfahrung, Wochen glückstaumelnder Freiheit … Rock ‚n’ Roll bis morgens um vier“ –, bis es ihm schnell dämmerte: „totalitär“ sei die Bewegung gewesen, auf fatale Weise deutsch und unerbittlich auf blutigen Wegen: Repression statt Freiheit.“ Da ist die probate Metapher, die schon so oft zur Geschichtsbiegung herhalten musste: Totalitarismus gilt als Pauschalverdikt, wenn man etwas grobschlächtig denunzieren will, ob Hitlers oder Stalins Regime, im sogenannten Historikerstreikt sowieso.
Den Gipfel der perfiden Absurdität erklomm masochistisch der selbstgewisse Historiker Götz Aly, einst selbst vehementer 68er und zeit seines Lebens Faschismusforscher: Formal, in den totalitären Ritualen gleiche „unser Kampf“ dem der flugs herbeifantasierten 33er, der faschistischen Vätergeneration. Schlimmer kann man sich wohl kaum verirren, das lässt sich psychoanalytisch nur noch als rabiate Selbstaggression erklären, aber umso wirksamer wurde es medial ausgeschlachtet. Und da sich zugleich noch Hitlers „Kampf“ um die „Machtergreifung“ zum 75. Male jährt, fand sich wie von selbst jene verheerende Koinzidenz. Willkommen im historischen Tohuwabohu!
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