Ruth Graf
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- Hans Ulrich Grunder/Ruth Graf: Drei Irrläufer
Hans Ulrich Grunder/Ruth Graf: Drei Irrläufer
In den vergangenen Jahren sind deutsche Bildungspolitiker/innen nicht müde geworden, zu fordern, Schulen sollten sich entwickeln, es gelte, im Bildungswesen Vielfalt anzustreben. Abgesehen von manchem neoliberalistischen Fehlschluss beschert die neue bildungspolitische Maxime Schulen, die sich profilieren wollen, viel Arbeit an pädagogischen, didaktischen, unterrichtsmethodischen und institutionellen Fragen. Letztlich geht es aber auch um die Außendarstellung des ‚Gesichts einer Schule’. Dass vollmundige bildungspolitische Phrasen den Schulen nicht weiterhelfen, zeigen die unzureichenden offiziellen baden-württembergischen Versuche, Schulprofile im Internet bekannt zu machen. Dass eine so defizitäre Informationspolitik in Bezug auf Schulentwicklung den Schulen eher schadet als ihnen hilft, belegen die Ergebnisse der nachstehenden kleinen Untersuchung, die in anderen Bundesländern wohl ebenso problematische Resultate zeitigen dürfte.Veraltet und unübersichtlichDie Suche nach Schulen mit Profil und nach Informationen zur Schulentwicklung auf der Homepage des ‚Landesinstituts für Erziehung und Unterricht Stuttgart’ (LEU) (http://www.leu. bw.schule.de) beginnt mit einer Enttäuschung: Der ‚Vorhabensbereich Schulentwicklung’ führt in eine Sackgasse. Die Navigation ist verwirrend; sie erfolgt über die Sitemap.
Der entsprechende Hinweis ist gut versteckt. Ist diese Hürde überwunden, hat man die Wahl zwischen den Abteilungen I-III. Abteilung I ‚Grundlagen, Information und Dokumentation’ informiert über die vier Handlungsfelder der Schulentwicklung: ‚Erziehung und Unterricht’, ‚Verbesserung der Kommunikation in der Schule’, ‚Verstärkung der Mitarbeit von Schülerinnen und Schülern und Eltern’ und ‚Öffnung von Schule für ihr Umfeld’. Einige Beispiele veranschaulichen die praktische Umsetzung der Handlungsfelder. Sie sind jedoch teilweise veraltet. Ebenfalls veraltet ist die Liste derjenigen Schulen, die Schulentwicklung durchführen bzw. durchgeführt haben. Die Einträge stammen aus der Zeit zwischen 1995 und 1998. Auch der Informationsgehalt der Liste lässt zu wünschen übrig: verzeichnet sind Namen und Adresse der Schulen. Einige wenige Schulen geben an, auch im Internet präsent zu sein, wovon jedoch nicht alle tatsächlich online besucht werden können. Eine weitere Liste, die ‚Schulberichte’ verspricht, informiert in Stichworten über 311 durchgeführte und laufende Projekte. Es ist allerdings nicht ersichtlich, wann die Liste das letzte Mal aktualisiert wurde. Vor diesem Hintergrund übertreffen sich die Angaben zur Laufzeit der Projekte an Genauigkeit. Einige konkretere Angaben zur Durchführung von Projekten gibt es zwar, sie liegen allerdings ebenfalls Jahre zurück. Insgesamt fehlen der Website Übersichtlichkeit und Struktur.
Außerdem ist sie hinsichtlich der Schulentwicklung veraltet. Warum ist sie noch online? Diese Frage stellt sich insbesondere im Hinblick auf die ‚aktuelle Website zur Schulentwicklung’ des Landesinstituts für Erziehung und Unterricht’ (LEU) in Stuttgart.Anspruch und WirklichkeitAuf der ‚aktuellen Website zur Schulentwicklung’ des LEU (http://www.leu.bw.schule.de/sep/index.php) ist zu erfahren, dass das Thema ‚innere Schulentwicklung’, das bislang auf vier Handlungsfeldern basierte, inzwischen eine Neustrukturierung seines Systemzusammenhangs erfahren hat. Schulentwicklung wird nun formuliert als eine Trias, bestehend aus Unterrichtsentwicklung, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung. Auf der ‚aktuellen Website zur Schulentwicklung’ werden diese drei Begriffe ausführlich erläutert und mit Hilfe von Beispielen veranschaulicht.Die neu gestaltete Homepage des LEU zur praktischen Schulentwicklung versteht sich als Kommunikationsplattform für Schulentwicklung in Baden-Württemberg.
Um den Anspruch einer Kommunikationsplattform einlösen zu können, müssten allerdings mehr als die bisher 36 Projekte zur Schulentwicklung in der Datenbank abrufbar sein. Sind die baden-württembergischen Schulen überhaupt ausreichend informiert darüber, dass sie ihre Schulprojekte hier vorstellen können? Wie kommen die Einträge der Datenbank zu Stande? Auf der Website zur Schulentwicklung ist ein Anmeldeformular abrufbar, mit dem Schulen ihre Schulprojekte in Stichworten vorstellen können. Ist davon auszugehen, dass die Projekteinträge ausschließlich auf den Angaben der Schulen basieren? Oder gibt es Auswahlkriterien, anhand derer entschieden wird, welches Projekt tatsächlich zur Schulentwicklung beiträgt und infolgedessen in die Datenbank aufgenommen wird? Vertrauen die Betreiber der Website auf die Initiative der Schulen, dass sie sich mit ihren Schulprojekten anmelden? Auch die Navigation der Website lässt zu wünschen übrig: Der unscheinbare Button ‚Suche’ führt überraschenderweise zur Datenbank der Website. Die Datenbankrecherche kann zum einen über Regionen erfolgen, zum anderen nach Stichworten. Wird nach Regionen recherchiert, werden mit Hilfe einer Graphik die baden-württembergischen Oberschulämter und Schulämter ausgewählt, die zu den jeweils zugeordneten Schulprojekten führen. Die Recherche nach Stichworten erfolgt über die Kombination einer Schulart (Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Berufliche Schule, Förderschule, Sonderschule), eines Inhalts (Unterrichtsentwicklung, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung), eines Landkreises und eines Schlagworts.
Letzteres hat allerdings wegen der wenigen Einträge kaum Aussicht auf Erfolg. Wie passt dies zusammen mit dem erklärten Anspruch der Website, zur Verbreitung von Informationen über laufende und abgeschlossene Schulprojekte beizutragen? Fraglich ist im Übrigen die Qualität der Datenbankeinträge: Teils sind sie unvollständig, teils sind sie zu wenig aussagekräftig, als dass das betreffende Schulprojekt klar umrissen würde. Hilfreich kann dann nur ein Blick auf die schuleigenen Websites sein, wenn die durchgeführten Projekte dort ausführlicher vorgestellt werden, was teilweise der Fall ist. Immerhin 27 der 36 Websites sind bislang online präsent. Besser wäre es, wenn baldmöglichst alle Schulen im Internet zu finden wären – nicht zuletzt um dem Anspruch der landesweiten Schulvernetzung gerecht zu werden. Denkbar wäre doch, im Rahmen eines Projekts eine schuleigene Website zu gestalten?!Guter Inhalt – aber die Verpackung? Auf den Seiten des Landesbildungsservers Baden-Württemberg (http://www.leu.bw.schule.de /allg/projekte/inno1.htm) findet sich eine weitere Seite zum Thema ‚Innovative Schulprojekte’. Dort ist zu erfahren, dass eines der Anliegen der ‚Medienoffensive Schulen Baden-Württemberg’ die Förderung innovativer Schulprojekte war. Alle baden-württembergischen Schulen waren aufgefordert, sich an der Aktion zu beteiligen und schulische Pilotprojekte durchzuführen. Nach Abschluss der vierten Förderrunde der innovativen Schulprojekte steht nun die Auswertung der Projektergebnisse und die Präsentation der Projektberichte in einer Datenbank im Vordergrund. Die Datenbank versteht sich als Anlaufstelle für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Schulen, die sich über Projekte informieren wollen, Anregungen zur Planung und Durchführung eigener Vorhaben erhalten, Materialien austauschen oder bei gleichartigen Projekten miteinander kooperieren möchten.
Zur Dokumentation der Erfahrungen sind alle Schulen, die Schulprojekte mit Fördermitteln durchgeführt, aber bisher noch keinen Bericht verfasst haben, derzeit auf den Seiten der ‚Innovativen Schulprojekte’ aufgefordert, dies baldmöglichst nachzuholen. Ein entsprechendes Berichtsformular ist online verfügbar. Die Datenbank, in der die Berichte der über 1000 durchgeführten Schulprojekte künftig abrufbar sein sollen, ist allerdings merkwürdigerweise über den Button ‚Berichte’ derzeit noch nicht online verfügbar. Bisher kann hier lediglich über die allgemeine Suchmaschine des Landesbildungsservers gesucht werden. Unter dem Button ‚Recherche’ findet sich allerdings ein Link zur Datenbankrecherche auf dem Landesbildungsserver, wo die Projektberichte der insgesamt vier Förderrunden abrufbar sind. Gibt es einen Unterschied zwischen der Datenbankrecherche, die künftig unter ‚Berichte’ abrufbar sein soll und der bereits vorhandenen Datenbankrecherche unter ‚Recherche’? Momentan sind in der vorhandenen Datenbank 1066 Einträge abrufbar. Recherchiert werden kann über eine Suchmaske, über die eine Volltextsuche genauso möglich ist, wie die gezielte Recherche nach Fach, Klassenstufe, Schulart, Medienkategorie und Projektkategorie.
Zusätzlich zu einer ausführlichen Projektbeschreibung enthalten die Projektberichte beispielsweise Angaben zu den Projektlaufzeiten, zu den Zahlen der beteiligten SchülerInnen und LehrerInnen und der Bewertung der Projekte. Soweit vorhanden, werden weiterführende Links zu den schuleigenen Websites zur Verfügung gestellt. Lobenswert ist die Fülle an Datenbankeinträgen, die einen schönen Überblick über laufende und abgeschlossene Schulprojekte bietet. Schade ist jedoch, dass die Gesamtstruktur dieser Website ähnlich unübersichtlich gestaltet ist, wie die zuvor vorgestellten Seiten und dass auch ihre Navigation eher zur Verwirrung als zur Orientierung beiträgt. Schließlich lässt sich festhalten, dass nicht jeder Hinweis auf Schulentwicklung tatsächlich hält, was er verspricht, und dass veraltete Informationen parallel zu aktuellen im Internet abrufbar sind. Beides sollte sich schnellstmöglich ändern, will man dem Anspruch des Internets als eines aktuellen Mediums gerecht werden. Zu wünschen bleibt eine gelungenere Kombination aus Übersichtlichkeit und Aktualität. Für die Betreiber der Seiten bedeutet dies sowohl die Neustrukturierung der genannten Websites, um eine schnelle, übersichtliche Navigation zu gewährleisten, als auch ihre kontinuierliche Überarbeitung, Weiterentwicklung und Aktualisierung. Veraltete Seiten, deren Überarbeitung sich nicht lohnt, sollten sie so schnell wie möglich aus dem Netz nehmen!