Gaming als Jugendarbeit
Ziel des Projekts ist es, sozial isolierte junge Menschen anzusprechen, die normalerweise keinen Zugang zu Jugendservices haben. Gaming ist ein wichtiger Teil des Lebens junger Menschen, und Computerspiele zeigen eine Reihe von Vorteilen und Bedrohungen für ihr Wohlbefinden. Trotz dessen werden Computerspiele selten in der Jugendarbeitspraxis genutzt. Dieses Projekt zielt darauf ab, über die typischen Grenzen der Jugendarbeit hinauszugehen und Praktiken zu entwickeln, um die Sichtweisen des Jugendarbeitssektors auf Computerspiele und isolierte Jugendliche zu verändern.
Land
Irland
Organisation
Carlow Regional Youth Service
Zielgruppe
Teenager und sozial isolierte junge Menschen
Ziele
Nutzung von Gaming im Rahmen der Jugendarbeit. Dabei sollen sozial isolierte junge Menschen erreicht werden, die normalerweise nicht an Initiativen der Jugendarbeit teilhaben.
Entwicklung
Es war im Feld der Jugendarbeit allgemein anerkannt, dass viele junge Menschen intensiv Videospiele nutzen. Dies galt insbesondere für diejenigen, die ein schweres Trauma erlitten hatten oder sich durch besondere Bedürfnisse auszeichneten.
Es zeigte sich, dass Spiele für diese Jugendlichen von großer Bedeutung waren und viel Zeit beanspruchten. Auch wurde klar, dass wir als Agentur für Jugendarbeit nicht wussten, wie wir junge Menschen in dieser Situation am besten unterstützen können.
Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurden Gruppen zur Unterstützung junger Gamerinnen und Gamer geschaffen. Diese haben junge Menschen, von denen viele bisher keinerlei Angebote der Jugendhilfe in Anspruch genommen haben, mit einer Vielzahl unterschiedlicher sozialer und emotionaler Bedürfnisse angesprochen.
Aktivität
Wir haben mehrere Monate lang mit etlichen jungen Menschen zusammengearbeitet, um eine Gruppe und Angebote zu entwickeln, die den Bedürfnissen junger Gamerinnen und Gamer gerecht werden. Gemeinsam wurde ein Ablauf entwickelt, den wir Woche für Woche zur Hand nehmen und die Struktur und die Aktivitäten verbessern:
4:00-5:00 Uhr – freies Spielen
5:00 Uhr – Gruppenchat / Gruppendiskussion
5:15 Uhr – Herausforderung oder Aktivität für die ganze Gruppe
Ca. 5:45 Uhr – freies Spielen
6:00 – 6:30 Uhr – Pause, die Jugendlichen essen (sie bringen ihr eigenes Essen zum Aufwärmen in der Mikrowelle mit oder gehen – mit elterlicher Erlaubnis – in die Stadt)
6:30 Uhr – freies Spielen
7:30 Uhr – Gruppendiskussion und Auswertung der Sitzung
8:00 Uhr – Ende
Zusätzlich zu dem oben genannten Programmpunkten finden jede Woche einige “Ausbrechen”-Aktivitäten statt. Dies können z.B. Videobearbeitung, Veranstaltungsplanung oder Beratungssitzungen zur Verbesserung unseres Angebots sein. Wie ein Jugendlicher diese Woche sagte: “Die Aktivität kann alles Mögliche sein und ist sehr vielfältig”.
Ressourcen
Spielekonsolen und Computer. Diese haben wir von unterschiedlichen Orten, teilweise auch als Spende, zusammengetragen.
Ältere Geräte sind für junge Menschen besonders interessant. Daher sind drei unserer Fernseher sehr alte Modelle, die auf Facebook Marketplace kostenlos angeboten wurden.
Feedback
Junge Menschen haben sehr positives Feedback gegeben. Die Gruppe wurde unter anderem als “der beste Teil meiner Woche” bezeichnet. Andere Jugendliche sagten: “Ich liebe diese Gruppe, ich finde sie einfach super, weil ich Spiele spielen und gleichzeitig sozial aktiv sein kann. Normalerweise spiele ich nur Spiele und bin allein, aber hier kann ich dabei sozial aktiv sein” und: “Ich habe eigentlich keine Freunde und ich gehe auch nicht zur Schule, deshalb hilft mir diese Gruppe, Freunde zu finden und irgendetwas zu tun”.
Die Eltern äußern sich besonders positiv, dass die Gruppe für ihre Kinder einen erheblichen Unterschied gemacht hat. Es gibt etliche junge Menschen, für die diese Gruppe ihre wichtigste oder einzige soziale Aktivität ist. In einigen Fällen dürfte sie auch den Verlauf ihres jungen Lebens verändert haben.
Evaluation
Jede Woche wird mit den Jugendlichen eine Gruppenevaluation durchgeführt. Dabei nennen die Jugendlichen einen Aspekt, der ihnen Spaß gemacht hat, einen anderen, der nächste Woche verändert werden sollte und einen ermutigenden Kommentar für eine bzw. einen Gleichaltrigen. Durch dieses einfache Schema werden Reflexion, Evaluation und Teamarbeit in jede Sitzung integriert.
Außerdem wird meistens nach zusätzlichem Feedback gefragt. Die Jugendlichen werden dabei unterstützt, ihre eigenen Veranstaltungen für andere Jugendliche zu organisieren, wie z.B. offene Spieleturniere. Sie werden auch bei der Evaluation dieser Veranstaltungen unterstützt.
Mehrwert
Die Gründung dieser Gruppe bzw. “Gaming-Gemeinschaft“ hat einen vielseitigen Mehrwert:
Es wurde ein Umfeld geschaffen, in dem sich junge Menschen gegenseitige unterstützen können. Dies ist besonders wichtig für junge Menschen, die außerhalb der Gruppe nur wenige oder sogar keine sozialen Kontakte haben.
Bislang gab es keine klare Antwort für Eltern oder Fachleute, die Unterstützung für Jugendliche suchten, welche intensiv Computerspiele spielen. Jetzt gibt es einen Vorgehensweise, im Rahmen derer wir den Jugendlichen Unterstützung anbieten können.
Darüber hinaus hat die Gruppe gemeinsam an etlichen Projekten gearbeitet. Eines davon war die Organisation eines zahlreich besuchten „Game-Fest“-Events im Stil einer Comic-Con.
Der Mehrwert des Programms wird am deutlichsten, wenn man sich die Entwicklung der Jugendlichen innerhalb der Gruppe ansieht. Für viele verkörperte das Programm einen Wendepunkt in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung. Auch für sozial zurückgezogene Jugendliche stellte es eine Gelegenheit dar, mit Hilfe von Spielen wieder Verbindungen zu anderen zu knüpfen.
Weitere Informationen:
Der Hauptveranstalter der Gruppe, Tom Manning, schreibt zurzeit eine Abschlussarbeit darüber, wie Jugendhilfe auf die Bedürfnisse junger Menschen eingehen kann, die intensiv Computerspiele spielen. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf sozial isolierten Jugendlichen. Bei Interesse an einer weiteren Diskussion wenden Sie sich bitte an ihn (c00245037@itcarlow.ie).
Steckbrief
Ansprechpersonen
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Dr.
Niels
Brüggen
Leitung der Abteilung Forschung
niels.brueggen@jff.de
+49 89 68 989 130 -
Fabian
Wörz
Praxis | Büro Berlin
fabian.woerz@jff.de
+49 30 87 337 951 -
Mareike
Schemmerling
Leitung der Abteilung Praxis
mareike.schemmerling@jff.de
+49 89 689 89 140
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