Pressebericht zur ausgebuchten Tagung "Medien Macht Gender"
Mehr Gendersensibilität in Medien und Pädagogik!
Zum vierten Mal luden das JFF – Institut für Medienpädagogik in Zusammenarbeit mit der Aktion Jugendschutz Bayern (aj) und dem Bayerischen Jugendring / Kommission Mädchen- und Frauenarbeit des Bayerischen Jugendrings zur jährlichen medienpädagogischen Auftakttagung nach Gauting ein.Wie beeinflussen Medien die Wahrnehmung von Geschlecht? Welche Impulse regen Heranwachsende an, ihre eigene Identität abseits gesellschaftlicher Stereotypen zu reflektieren? Wie können pädagogische Fachkräfte gendersensibel arbeiten? Diese Fragen standen im Fokus der ausgebuchten Veranstaltung am 31. Januar im Institut für Jugendarbeit in Gauting, die vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) gefördert wurde.Bayerns Familienstaatssekretärin Carolina Trautner ließ übermitteln: „Unsere Kinder werden heute ganz selbstverständlich in beeindruckenden Medienwelten groß. Dort sind sie starken Eindrücken ausgesetzt, die oft einseitig oder überzeichnet sind. Ich halte es für wichtig, junge Menschen dabei nicht alleine zu lassen. Sie sollen lernen, sich mit stereotypen Geschlechterrollen auseinanderzusetzen und dabei ihre eigene Identität und ein gesundes Selbstbewusstsein finden. Das ist der wirksamste Schutz vor falschen Vorbildern in der medialen Welt. Erkenntnisse der Genderforschung können hier der Medienpädagogik sicher wertvolle Hinweise liefern.“
Kathrin Demmler vom JFF – Institut für Medienpädagogik, Matthias Fack vom Bayerischen Jugendring und Beatrix Benz von der Aktion Jugendschutz sprachen als Veranstaltende der Tagung über die weitreichende Macht der Medien und ihren Einfluss auf gesellschaftliche Geschlechterbilder. Kathrin Demmler betonte die pädagogischen Potenziale, die mit aktiver Medienarbeit einhergehen. Gerade hinsichtlich der Auseinandersetzung mit Rollen(vor)bildern oder Geschlechterstereotypen würde das Erzählen eigener Geschichten oder die spielerische Auseinandersetzung mit Identitäten viele Möglichkeiten bieten. Matthias Fack wies auf die mangelnde Repräsentation von Frauen in Medienhäusern sowie die holzschnittartigen Frauen- und Männerbilder in zahlreichen Medienproduktionen hin und stellte fest: „Medien sind im Leben junger Menschen nicht mehr wegzudenken. Auch die Jugendarbeit fördert mit ihren medienpädagogischen Angeboten die Medienkompetenz junger Menschen. Ziel ist einreflektierter und selbstbestimmter Umgang mit Medien in einer digitalen Gesellschaft. Denn im Gegensatz zu Schule und manchem Elternhaus können Kinder und Jugendliche in der Jugendarbeit mit Medien kreativ umgehen, wenn sie etwa selbst zu Produzentinnen und Produzenten werden. Leitidee und Auftrag der Jugendarbeit ist es zudem, Diskriminierungen jeglicher Art entgegenzuwirken. Auf diesem Grundsatz unserer Satzung fußt die gesamte Arbeit des Bayerischen Jugendrings.Jugendarbeit in Bayern ist für alle Jugendlichen da, ganz egal welche sexuelle Orientierung sie haben, welches Geschlecht sie haben oder welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen.“ Beatrix Benz hob die Wichtigkeit der Selbstbefähigung von Kindern und Jugendlichen hervor und rief pädagogische Fachkräfte und Institutionen dazu auf, sich sinnbildlich eine gendersensible Brille aufzusetzen und diese zu trainieren.
Dr. Imke Schmincke von der Ludwig-Maximilians-Universität München sprach über aktuelle Debatten in der Genderforschung und postulierte, dass Sprache die Wahrnehmung der Wirklichkeit konstruiere und damit eine gendersensible Sprache wichtig sei. Erkenntnisse aus ihrer aktuellen Studie zu Influencerinnen und Influencern auf Instagram stellte Dr. Martina Schuegraf von der Filmuniversität Babelsberg vor. Exemplarisch veranschaulichte Schuegraf an Fallbeispielen, dass bei Profilen mit höherer Followerzahl sehr prägnante weibliche und männliche Geschlechterzuschreibungen sowie ein starker Fokus auf Körperlichkeit existiere. Nichtsdestotrotz könne das soziale Netzwerk auch eine Chance für Aktivistinnen und Aktivisten darstellen, so Schuegraf. Mit dem Geschlecht als sozialer Strukturkategorie sowie deren spezifischen Herausforderungen für die pädagogische Praxis beschäftigte sich der Vortrag von Dr. Klemens Ketelhut, von der Heidelberg School of Education. Dabei stellte er aktuelle Ansätze der Gender Studies vor. Er wies auf die bedeutende Rolle der Medien im Sozialisationsprozess hin, die stereotypische Rollenbilder bereits im Kindesalter manifestieren würden. Von Pädagoginnen und Pädaogen als ebenfalls von sozialen Kategorien geprägten Personen verlange dies ein besonders hohes Differenzbewusstseinin der täglichen Arbeit.
In vertiefenden Workshops befassten sich die Teilnehmenden unter anderem mit der Eigenreflexion pädagogischer Fachkräfte, der Selbstdarstellung im Netz sowie Apps und Programmieren für Mädchen. Die Referierenden und Workshopleitenden waren sich in einer abschließenden Diskussion einig, dass die Stärkung einer reflexiven Medienkompetenz von Heranwachsenden eine zentrale Bedeutung für eine gesunde Identitätsbildung habe: „Jugendliche niedrigschwellig zum Reden bringen, nicht moralisieren, sondern sie zum Überlegen bringen – warum nutze ich Social Media überhaupt?“, gab Michael Kröger von der Aktion Jugendschutz als Anregung den pädagogischen Fachkräften mit. In seiner Schlussreflexion schlug Matthias Fack vor, das Tagungsmotto „Medien Macht Gender“ auch als Aufforderung an die Medien zu verstehen, endlich im Bereich Gender aktiv zu werden, beispielsweise durch medienpädagogische Angebote direkt vor Ort in den Funkhäusern. Was politische Forderungen betrifft, müsse man noch lauter werden – diese Tagung sei dafür als Startsignal zu verstehen.
Begleitet wurde die Tagung durch die Ausstellung „Das bisschen Pink ist erst der Anfang“, organisiert von der Mädchen- und Frauenkommission des BJR. Meike Harms rundete die gelungene Veranstaltung mit einem Poetry Slam ab: „Reflektieren und Geschlechterklischees begraben, weil Vorbilder immer Nachwirkungen haben.“
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