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2014 | Forschung

Studie: Jugendliche und Online-Werbung im Social Web

Die Studie „Jugendliche und Online-Werbung im Social Web“ verfolgt das Ziel, eine Grundlage für die zielgruppenorientierte Verbraucherbildung zu schaffen und konkrete Handlungsempfehlungen für Einrichtungen des Verbraucherschutzes und der Verbraucherberatung in Bezug auf die Altersgruppe der 12- bis 16-Jährigen zu formulieren.

Studienprofil: Erhebungsgruppe von 67 Jugendlichen, qualitative Detailauswertung der Äußerungen von 49 Jugendlichen (32 Jungen und 17 Mädchen) im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren (Gruppenerhebungen in geteilten Schulklassen, je eine pro Mittelschule, Realschule und Gymnasium), Analyse der Werbe- und Konsumangebote relevanter Online-Angebote.

Mediennutzung der Befragten: Angebote des Social Web werden überwiegend täglich oder zumindest mehrmals die Woche genutzt. Nur einzelne Jugendliche machen dies seltener oder nie. Der Zugriff erfolgt über unterschiedliche Endgeräte - meist über Smartphone, Laptop oder Computer.

 

Kernergebnisse der Studie:

Kommerzielle Angebote stehen im Mittelpunkt des Medienalltags der Jugendlichen            
Die für die befragten Jugendlichen wichtigsten Plattformen sind durchweg kommerzielle Angebote. In der Angebotsanalyse wurden entsprechend die Sozialen Netzwerkdienste facebook, YouTube, Skype sowie die bei den Jugendlichen beliebte Instant-Messenger-Anwendung WhatsApp untersucht. facebook, YouTube, Skype finanzieren sich durch Werbung. WhatsApp hingegen ist eine gebührenfinanzierte App und verzichtet auf Werbeeinblendungen. 

Der Vielfalt an Werbeformen steht ein unzureichendes Informationsangebot entgegen
Die Angebote facebook, YouTube und Skype beinhalten eine große Bandbreite an unterschiedlichen Werbeformen. Dazu gehören auch spezifische Werbeformate, die nur in Sozialen Netzwerkdiensten zu finden oder teils auch nicht als Werbung gekennzeichnet sind. In den Informationen für die Nutzenden sind detaillierte Angaben über die Werbeformen und die hierzu durchgeführte Auswertung von persönlichen Informationen auf verschiedene Stellen verstreut und ohne Fachkenntnisse kaum nachvollziehbar.

Überwiegend kritisieren die Jugendlichen Online-Werbung  
Die Jugendlichen äußern sich überwiegend kritisch zu Werbeformen, die sie im Social Web wahrnehmen. Dabei gehen sie von ihrer subjektiven Nutzungsperspektive aus und kritisieren Werbung insbesondere dann, wenn durch diese Nutzungshemmnisse entstehen, wenn die beworbenen Inhalte nicht mit persönlichen Interessen korrespondieren oder wenn die Inhalte für sie als Zielgruppe nicht angemessen sind. 

Umgangsweisen der Jugendlichen: hinnehmend, nutzenorientiert und nur selten unterbindend     
Auch wenn die Jugendlichen Werbung vielfältig kritisieren und sich in ihrem Tun häufig dadurch beeinträchtigt fühlen, nehmen sie diese meistens hin. Einige Jugendliche gehen auch gezielt auf spezifisch dargebotene Werbeinhalte zu, wenn diese ihren Interessen entsprechen. Teilweise erkennen sie in diesen Fällen Werbung aber gar nicht als solche. Nur wenige Jugendliche haben sich Wege erschlossen, Werbung durch Zusatzsoftware zu begrenzen. Offenbar besteht hier eine deutliche Diskrepanz zwischen der kritischen Bewertung der Jugendlichen und ihrem tatsächlichen Handeln.

Die Jugendlichen erkennen Gestaltungsmittel von Werbung, von den Auswertungsverfahren für personalisierte Werbung haben sie keine Vorstellung            
Die befragten Jugendlichen sprechen nur einen Teil der Bandbreite an Werbeformen, mit denen sie in Kontakt kommen, als Werbung an. In der Auseinandersetzung mit Gestaltungselementen von Werbung im Social Web können die Jugendlichen aber eine Reihe von wesentlichen Prinzipien erkennen und darin die Absicht der Werbetreibenden hinterfragen. Die Auswertungsverfahren und ‑möglichkeiten hinter den Erscheinungsformen sind den Jugendlichen allerdings nicht bekannt und für sie ohne Unterstützung auch nicht durchschaubar. 

Die Jugendlichen haben kaum eine Vorstellungen von den Geschäftsmodellen der Angebote         
Die Heranwachsenden wissen äußerst wenig über die Geschäftsmodelle der Angebote. Vielmehr werden verschiedene falsche Annahmen über die Geschäftsmodelle geäußert. Einzelne Jugendliche sprechen Werbung in ihrer Bedeutung für die kostenlose Nutzungsmöglichkeit der Plattformen an. Es ist aber weitgehend davon auszugehen, dass die Spezifika von werbefinanzierten Angeboten für Jugendliche nicht nachvollziehbar sind. Vor- und Nachteile unterschiedlicher Finanzierungsmodelle können sich die befragten Jugendlichen aber im Rahmen der Workshops erschließen und betonen dabei insbesondere nutzungshemmende Effekte gebührenfinanzierter Modelle. Um als mündige Verbraucherinnen und Verbraucher reflektierte Entscheidungen zu treffen, müssen Jugendliche allerdings die zugrunde liegenden kommerziellen Strukturen der Social Web-Angebote sowie deren besondere Marktmechanismen durchblicken und brauchen hierbei Unterstützung.

Aus zusätzlichen Informationen können die Jugendlichen nur bedingt sinnvolle Konsequenzen für ihr Handeln ableiten            
Sinnvolle Konsequenzen können die Jugendlichen aus zusätzlichen Informationen nur bedingt ableiten. Hier zeigt sich, dass mehr Informationen über Hintergründe allein Heranwachsende nicht ausreichend unterstützen würden. Insbesondere wird deutlich, dass Handlungsoptionen, die sich die Jugendlichen wünschen und die ihnen mehr Selbstbestimmung erlauben, nicht zur Verfügung stehen. 

Die Jugendlichen haben kaum eine Vorstellung von Ansätzen und Institutionen des Verbraucherschutzes und stützen sich bei der Informationssuche auf Kriterien, die sie häufig aber nicht überprüfen
Die Jugendlichen haben kaum eine Vorstellung von Ansätzen und Institutionen des Verbraucherschutzes und kennen ihre Rechte nur ausschnitthaft. Sie haben zudem keine Vorstellungen, wie sie ihre Rechte überhaupt durchsetzen könnten. Bei ihrer Wahl von personalen wie auch medialen Informationsquellen beziehen sie ganz unterschiedliche Kriterien ein. Hierzu gehören Unabhängigkeit, Erfahrung, Kompetenz oder Verständlichkeit. Die genannten Kriterien überprüfen Jugendliche im konkreten Handeln aber offenbar nur unzureichend.

Die befragten Jugendlichen sind mit Blick auf ihre Verbraucherrechte als besonders schutzwürdig anzusehen
Die Ergebnisse werfen die Frage auf, inwiefern junge Verbraucherinnen und Verbraucher vor Anforderungen gestellt sind, die sie überfordern. Hinweise für eine Überforderung liefert z. B. das Schwanken der Jugendlichen in der Argumentation zwischen der Forderung nach einem harten Durchgreifen des Staates und der Überbetonung der Selbstverantwortung der Nutzenden. Die Wünsche der Befragten nach umfassenderen Informationen und weiterreichenden Entscheidungsmöglichkeiten verweisen zugleich auf Unterstützungsmöglichkeiten und Ansatzpunkte für Verbraucherbildung und Verbraucherschutz.

 

Drei zentrale Herausforderungen für eine zielgruppenadäquate Verbraucherbildung
Aus den Ergebnissen lassen sich drei zentrale Herausforderungen für eine zielgruppengerechte Verbraucherbildung ableiten: 

  • Erstens soll mit der Vorstellung ‚Ich weiß schon alles‘ akzentuiert werden, dass sich die Jugendlichen im Umgang mit den entsprechenden Angeboten überwiegend als kompetent und wissend erleben. In der pädagogischen Arbeit muss also erst ein Bewusstsein geschaffen werden, dass es Bereiche gibt, die die Jugendlichen nicht überblicken – ohne dass ihr Wissen und ihre Erfahrungen abgewertet werden.
  • Zweitens fordert die unkritische Auseinandersetzung mit Informationsquellen die Verbraucherbildung heraus, Wege zu gehen, entsprechende Informationen auf jugendnahen Wegen zu verbreiten aber zugleich auch das Informationshandeln von Jugendlichen als Thema aufzugreifen.
  • Drittens beanspruchen Jugendliche eigene Entscheidungsfähigkeit, die im Zuge der Verbraucherbildung gestärkt werden sollte. Dabei ist zu beachten, dass die Angebote für Jugendliche wichtige Handlungsräume sind und Entscheidungen zur Nutzung nicht allein rational getroffen werden. So stellt sich als Herausforderung, wie die Handlungsfähigkeit der Jugendlichen in diesen medialen Räumen gestärkt werden kann.

 

Vier Ansatzpunkte für die zielgruppenadäquate Verbraucherbildung      
In vier Bereichen können direkte Ansatzpunkte für die Verbraucherbildung benannt werden. 

  • Um die Zielgruppe zu erreichen und an den Erfahrungen der Jugendlichen anzusetzen, sollte diesen zum Einstieg Raum gegeben werden. So kann auch in der praktischen Arbeit an ihrer Bewertung von Werbeformen und -inhalten angeknüpft werden. 
  • Es ist davon auszugehen, dass die Möglichkeiten der Anbieter Daten auszuwerten, Jugendlichen nicht bewusst sind. Entsprechend sollten im Umgang mit den Angeboten verborgene Strukturen(wie Auswertungsverfahren, Marktmechanismen etc.) erfahrbar gemacht werden
  • Jugendlichen fällt es schwer, Konsequenzen auf persönlicher und insbesondere gesellschaftlicher Ebene abzuschätzen und in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Neben der Vermittlung von Information sollte folglich insbesondere die Reflexion dieser Fragen als Grundlage für eine mündige Positionierung unterstützt werden. 
  • Schließlich muss gerade im Bereich des Verbraucherschutzes von Unkenntnis der Jugendlichen ausgegangen werden. Insofern stellt die Information über den Verbraucherschutz hinsichtlich der einschlägigen Gesetzeslage, relevanter Ansätze, Prinzipien und Institutionen des Verbraucherschutzes und der Verbraucherinformation einen weiteren wichtigen Ansatzpunkt dar. 

 

Die Studienergebnisse im Volltext sowie die auf Grundlage der Studie entwickelten Materialien für die pädagogische Arbeit im Unterricht und der außerschulischen Jugendbildung finden Sie unter:www.verbraucherbildung.socialweb.bayern.de

 

Zitationshinweis der Studie: 

Brüggen, Niels; Dirr, Eva; Schemmerling, Mareike; Wagner, Ulrike (2014): Jugendliche und Online-Werbung im Social Web. Herausgegeben von Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. München. 

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