2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben
Die Medien und das gute Leben: Medien durchziehen Arbeits- und Berufsleben, beeinflussen Paarbeziehungen, steuern bewusst oder auch unbewusst das Wohlbefinden und verändern in ihrem Verhältnis zu diesen und anderen alltäglichen Lebensbereichen sowohl Mediennutzung als auch Abstinenz. Wo beginnt und endet ein gutes Leben mit Medien? Gibt es ein ‚normal‘ oder ein ‚zu viel‘? Für wen ist welcher Umgang ‚richtig‘? Wie sieht unser medial durchdrungenes Leben künftig idealerweise aus?
merz 1/19 zum Thema „Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben“ gibt einen Überblick über Forschungsergebnisse und -ansätze zu Medien und well-being und geht dabei unter anderem Fragen zur Kompatibilität des permanenten Onlineseins mit Konzepten zur Achtsamkeit, Mindfulness wie auch der Fokussierung auf die innere Wahrnehmung nach. Zudem wird ebenso das Spektrum von Ambient-Assisted-Living-Systemen und ihrem Nutzen im Alter bis hin zur Pflege untersucht. Abseits theoretischer Zugänge befasst sich merz 1/19 auch mit (alltags-)praktischen Zugängen vom Glück als Schulfach über das Training von Aufmerksamkeit bei Vor- und Schulkindern bis hin zu nützlichen Apps, die die Erhöhung des Wohlbefindens und Alltagsbewältigung in den Fokus rücken.
aktuell
Nicole Lohfink: Modellversuch ‚Medienkompetenz in der Frühpädagogik stärken‘
Im Herbst 2018 fiel der Startschuss für den Modellversuch ‚Medienkompetenz in der Frühpädagogik stärken‘ des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS). 100 ausgewählte Modell-Kitas werden über zwei Jahre lang begleitet und bei der Erprobung und dem Einsatz von digitalen Medien und Methoden zur Förderung der Medienkompetenz unterstützt. Federführend dabei ist das Institut für Frühpädagogik (ifp), das hier mit mehreren Partnern, darunter auch das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis sowie das neugegründete Zentrum für Medien in der Frühpädagogik (ZMF) in Amberg, kooperiert.
Der kompetente Umgang mit digitalen Medien kann als Voraussetzung für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe gelten und wird neben Lesen, Schreiben und Rechnen als eine vierte Kulturtechnik gehandelt. Mit dem Beschluss „Medienpädagogik als Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe" hat die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) bereits 1996 die Grundlage dafür gelegt, woraufhin sich im Dezember 2016 die Kultusministerkonferenz mit dem Kompetenzmodell „Kompetenzen in der digitalen Welt“ darauf verständigte, das Medienkompetenzmodell für die frühkindliche Bildung weiterzuentwickeln.
Um diesen Kinderrechten im Sinne der Beteiligung an digitaler Bildung und Schutz sowie Befähigung im Umgang mit Online-Risiken zu entsprechen, legt bereits § 9 AVBayKiBiG ‚Informationstechnische Bildung, Medienbildung und -erziehung‘ als ein von bayerischen Kitas zu erfüllendes Bildungs- und Erziehungsziel fest: „Kinder sollen die Bedeutung und Verwendungsmöglichkeiten von alltäglichen informationstechnischen Geräten und von Medien in ihrer Lebenswelt kennenlernen.“
Die Konzeption des Modellversuchs orientiert sich dementsprechend an den in § 14 Abs. 2 festgelegten Inhalten des AVBayKiBiG und folgt dem Leitmotiv: Digitale Bildung von Anfang an und Nutzung der Chancen der Digitalisierung für das Bildungssystem Kita (digitale Transformation) – dafür steht dieser Modellversuch. Nach einem umfangreichen Bewerbungsverfahren wurde eine Auswahl an Einrichtungen getroffen, die ein möglichst breites Spektrum abbilden soll, was Größe und interne Strukturen angeht. Dabei werden die ausgewählten Modelleinrichtungen von insgesamt 19 Mediencoaches bis 2020 begleitet. Die Mediencoaches sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in der theoretischen und praktischen Umsetzung der Alltags-integrierten medienpädagogischen Projekte. Sie führen verschiedene Fortbildungen mit den Teams durch, in denen die pädagogischen Fachkräfte ihren eigenen Umgang mit digitalen Medien erweitern und auf den Einsatz mit den Kindern bezogen ausbauen können.
Im Laufe des Modellversuchs werden in drei verschiedenen Handlungsfeldern Zwischenziele und Umsetzungsschritte entwickelt und erprobt: Bildungsarbeit mit den Kindern, Stärkung der Fachkräfte auch im Bereich Dokumentation und Beobachtung und Vernetzung mit Eltern und Bildungspartnerinnen und -partnern. Anhand der gewonnenen Erfahrungen kann jede Modellkita ein einrichtungsspezifisches Konzept zur Stärkung von Medienkompetenz entwickeln. Ermittelte regionale Ressourcen werden infolge für eine regionale
Vernetzung genutzt und das entstandene Medienkonzept wird in die bisherige pädagogische Konzeption eingebunden.
www.ifp.bayern.de/projekte/curricula/Medienkompetenz.phpBeitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Nicole Lohfink
Beitrag als PDFEinzelansichtDana Neuleitner: Jugendmedienschutzindex: Der Umgang mit onlinebezogenen Risiken
Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte fürchten beim Umgang Heranwachsender mit onlinebezogenen Risiken vor allem inhaltsbezogene Risiken (51 %), persönliche Folgen (34 %), kompetenzbezogene und strukturelle Defizite (27 %) sowie Risiken durch das Verhalten von Heranwachsenden (25 %). Unter anderem zu diesem Ergebnis kam der zweite Jugendmedienschutzindex 2018 innerhalb der Untersuchungen zum Umgang mit onlinebezogenen Risiken aus Perspektive von Jugendlichen, Eltern und pädagogischen Lehr- und Fachkräften.
Keine Sorgen in Bezug auf die Online-Nutzung der Heranwachsenden im Alter von neun bis 16 Jahren machten sich nur 13 Prozent, wohingegen im Rahmen des ersten Jugendmedienschutzindex fast ein Drittel der Eltern (27 %) und rund ein Viertel der Kinder (42 %) dieser Kategorie zustimmten. Die Befragten stimmten weitestgehend darin überein, dass Heranwachsende bei ihrer Online-Nutzung und dabei entstehenden Risiken Unterstützung benötigen. Dazu gehören etwa die Beurteilung des Wahrheitsgehalts von Informationen und Werbung oder eine angemessene Selbstdarstellung in Social Media. Der Großteil (88 %) spricht sich für eine Alterskennzeichnung von Online- Angeboten aus. Jedoch befürchten über die Hälfte (66 %) ebenfalls, sichtbare Alterskennzeichen könnten den Reiz für Kinder bzw. Jugendliche erhöhen – besonders ab elf Jahren. Nahezu alle Befragten sehen die Verantwortung für den Jugendmedienschutz bei den Behörden für die Beaufsichtigung der Medien (90 %), Anbietern von Inhalten im Internet (92%) und bei den Eltern (100 %). Schulen werden zu 76 Prozent als verantwortlich betrachtet . Von den Lehrkräften fühlt sich jedoch die Hälfte im Umgang mit Jugendmedienschutz überfordert. Lediglich bei 53 Prozent der befragten Lehrkräfte waren medienpädagogische Inhalte Teil der Ausbildung. Dies spiegelte sich auch im Wissensindex wider. Für die explorative Untersuchung wurden 296 Lehr- und pädagogische Fachkräfte, die an schulischen oder außerschulischen Einrichtungen in Bayern, Hamburg und Schleswig-Holstein tätig sind, hinsichtlich ihrer Sorgen, Einstellungen, Wissen und Handlungen online befragt. Im Auftrag der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia- Diensteanbieter ( FSM) erfolgte die Erhebung durch das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg und dem JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis in München.
www.fsm.de/de/jugendmedienschutzindexBeitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Dana Neuleitner
Beitrag als PDFEinzelansichtDana Neuleitner: ARD/ZDF-Onlinestudie 2018
Zum ersten Mal seit Bestehen der ARD/ZDF-Onlinestudie sind über 90 Prozent der Deutschen online – eine Million mehr als im vergangenen Jahr. Die Nutzung von Medien und die Kommunikation via Internet sind insgesamt deutlich angestiegen, wobei dies vor allem für das Sehen, Hören und Lesen von Inhalten und die Kommunikation im Netz zutrifft. 54 Millionen Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren nutzen das Internet täglich, also 9,5 Millionen mehr als vor drei Jahren. Dies entspricht etwa drei Viertel der Bevölkerung, deren durchschnittliche Nutzungszeit mit einem Anstieg um 47 Minuten bei 196 Minuten pro Tag liegt. Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen nimmt sich durchschnittlich sogar 79 Minuten mehr und damit insgesamt täglich 353 Minuten Zeit für das Netz.
Von der täglichen medialen Nutzung (82 Minuten) im Internet entfallen 32 Minuten auf Sehen, 30 Minuten auf Lesen und 25 Minuten auf das Hören der Inhalte. Mindestens einmal wöchentlich greifen 83 Prozent der 14- bis 29-Jährigen auf Videoportale zu, gefolgt von Video-Streaming-Diensten (67 %) und Videos auf Facebook (47 %) bzw. Instagram (42 %). Fernsehsendungen rezipieren sie zu 39 Prozent live oder zeitversetzt über das Internet. Auch die Kategorien Musik-Streaming-Dienste (69 %) und Musik über YouTube (62 %) nutzen Heranwachsende deutlich intensiver. Damit liegen die befragten 14- bis 29-Jährigen in allen Kategorien über dem deutschen Durchschnitt. Nur im Bereich der Radionutzung, dem Gebrauch von Hörbüchern (je 16 % aller Befragten vs. 14 % der Heranwachsenden) wie auch der Nutzung von Webradios bzw. Webchannels (15 % vs. 12 %) zeigen sich geringe Abweichungen vom Durchschnitt. Befragt wurden 2.009 Mitglieder der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren.
www.ard-zdf-onlinestudie.deBeitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Dana Neuleitner
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: Kinder. Bilder. Rechte. Persönlichkeitsrechte von Kindern im Kontext der digitalen Mediennutzung in der Familie
Digitale Medien sind in Familien zu einem wesentlichen Bestandteil für die Beziehungspflege der Eltern geworden. Das Teilen von Daten und insbesondere von Bildern ihrer Kinder in Sozialen Netzwerken stellt sie jedoch, aufgrund begrenzten Wissens in Bezug auf Datenschutzfragen Datenschutzfragen und möglichen Konsequenzen, vor neue Herausforderungen der Wahrnehmung von Persönlichkeitsrechten ihrer Kinder.
Das Deutsche Kinderhilfswerk untersuchte in der Studie Kinder. Bilder. Rechte. – Persönlichkeitsrechte von Kindern im Kontext der digitalen Mediennutzung in der Familie die Praxis des Sharenting in Familien, um dessen Zusammenhang mit der Medienerziehung empirisch zu rekonstruieren.
Im Rahmen der Medienerziehung fragen sich Eltern zwar, wie sie die Mediennutzung ihrer Kinder erzieherisch begleitet können und reflektieren ihre eigene Praxis. Die meisten zeigen sich jedoch, unabhängig von ihrem Bildungshintergrund, damit überfordert, den Anschluss an die medialen Entwicklungen nicht zu verlieren und geraten in einen Konflikt zwischen Autonomieermöglichung und Schutz der Privatsphäre ihrer Kinder. Einerseits neigen sie zu stark kontrollierenden Eingriffen in deren Privatsphäre, andererseits verlagern sie die Verantwortung auf die jungen Nutzenden. Werden Bilder der Kinder zugunsten einer komfortablen aber oft unreflektierten Form der Beziehungspflege geteilt, werden häufig die Rechte des Kindes am eigenen Bild verletzt.
Kinder haben dagegen genaue Vorstellungen davon, was geteilt werden darf und würden in der Regel deutlich weniger Bilder preisgeben. Diese Kriterien zur Problematisierung von Inhalten divergieren allerdings mit der Erwachsenensichtweise auf unproblematische Inhalte. Währen Kinder ihrerseits zwar Wert darauf legen, dass Bilder von ihnen nicht ungefragt geteilt werden, gehen sie widersprüchlich mit den Rechten anderer am eigenen Bild um, solange diese nicht ausdrücklich protestieren.
Insgesamt offenbart sich ein Mythos der „Aushandlungsfamilie“ sowie eine widerspruchsgeladene Praxis des Sharenting zwischen Eltern und Kindern entlang einer etablierten erzieherischen Praxis, die nur eine geringe Beteiligung der Kinder vorsieht.
Die Studie basiert auf 37 Interviews mit Eltern und Kindern zwischen sechs und 15 Jahren aus den Bundesländern Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein und wurde in Kooperation mit der Universität zu Köln erstellt.
www.dkhw.deBeitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: stichwort Hey, Siri!
Mehr als zwölf Millionen sollen laut Marktforschern zu Weihnachten weltweit verschenkt worden sein und bereits jede bzw. jeder Deutsche besitzt mindestens eines der vernetzten Smart-Home- Geräte, die zunehmend auch über Sprachsteuerung Beleuchtung, Thermostate, Videoüberwachung oder Markisen steuern. Smarte Lautsprecher gehören zu der am stärksten wachsenden Produktkategorie im Bereich Consumer Electronics und ersetzen zugunsten beschleunigter Informationsabfrage und erleichterter Bedienung nach und nach die manuelle Befehlseingabe. Zur Aktivierung genügen Signalworte wie „Hey Siri“ oder „Okay Google“ und schon können die Anfragen über die Server der entsprechenden Hersteller in Form von Informationen oder einer Aktion an den Gerätebesitzenden gesendet werden. Zu den fünf beliebtesten Sprachassistenten gehören Alexa, Siri, Google, Cortana und Bixby. Sie eigenen sich für den Einsatz in nahezu allen Lebenslagen: Sie übersetzen Fragen, befolgen Anweisungen, steuern Geräte oder spielen Musik und lesen Bücher vor. Ob das Organisieren von Kalendern oder das Vorbereiten von Einkaufslisten – die Erhöhung des Komforts kennt fast keine Grenzen. Im Geschäft der ‚globalen Strategie‘, umfassende Spracherkennungslösungen anzubieten, stehen Unternehmen wie Hotelketten, Banken, Haushaltsgeräteanbieter oder Autohersteller zunehmend auf Du und Du mit den sprechenden Systemen. Der „Siegeszug der Sprachassistenten“, wie es zuletzt der Bitkom-Präsident formulierte, findet dabei immer mehr Möglichkeiten und „Skills“, die sich explizit an eine Zielgruppe unter sechs Jahren richten – von Quizfragen und Motivieren zum Zähneputzen, bis hin zur Begleitung beim Schlafengehen durch das Vorspielen von Gute-Nacht-Geschichten. Selbst bei den Hausaufgaben cleverer Sechsjähriger können die virtuellen Assistenten behilflich sein. Das finden Erziehende solange unterhaltsam, bis die nächsten Puppenhäuser und eine kostspielige Rechnung in die Wohnung flattern; wie vielleicht auch ungefragt Dritte. Kindersicherungen existieren kaum, zur Verfügung stehen lediglich einige Filtereinstellungen, das Deaktivieren von Spracheinkäufen, die Verwendung von Bestätigungscodes, ein eingeschränkter YouTube-Modus oder das Blocken bestimmter Titel für Google Play Music. Selbst das Versprechen des permanenten Ausschaltens konnten Sicherheitsforschende bereits 2017 durch damals noch mögliche unhörbare Ultraschall-Sprachbefehle widerlegen. Nicht zu Unrecht wurde Amazon Echo im vergangenen Jahr mit dem Big Brother Award ausgezeichnet und hinterlässt als neu avanciertes „Cloud Pet“ ein ungutes Gefühl im Wohn- wie auch Spielbereich. Denn die ständig empfangsbereiten smarten Lautsprecher lernen von den Gewohnheiten, Hobbys und Interessen der (jungen) Userinnen und User und ermöglichen via Profiling und Datafizierung ein Behavioral Targeting, das letztlich (ungefragt) der Monetarisierung weiterer kooperierender Unternehmen und Drittanbieter der Smart Voices dient. Wenn man dem ständigen Datenabruf der auch im Auftrag der Behörden arbeitenden „Standby“- Geräte eine Pause gönnen mag, kann neuerdings auf die datenschutzfreundliche Mozilla-Alternative Common Voice zurückgegriffen werden: ein quelloffenes Programm zur Spracherkennung, das auch ohne kontinuierliche Internetverbindung auskommt.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Antje Müller
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thema
Karin Knop/Roland Bader/Andreas Lange: Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben
Der Wohlstand von Gesellschaften oder einzelner Individuen wurde und wird noch häufig (ausschließlich) anhand monetärer oder materieller Indikatoren bestimmt. Bezogen auf die ebenfalls mehrdimensionalen Konzepte subjektives Wohlbefinden, Lebensqualität und Lebenszufriedenheit werden neben dem Einkommen nunmehr unter anderem aber auch Gesundheit, Bildung, Arbeit, die sozialen Verbindungen und Beziehungen als Gradmesser herangezogen (u. a. Diener et al. 1997). Positive Emotionen, Kompetenz- und Autonomieerleben sowie gelingende soziale Beziehungen haben dabei einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Glückserleben und psychologisches Wohlbefinden oder well-being (Ryan/Deci 2000). Es geht also um die Summe an bereichsspezifischen Verwirklichungschancen von Menschen und die objektiven und subjektiven Freiheitsgrade und Potenziale im Bereich realisierbarer Lebensentwürfe, die das Individuum hat oder eben vermisst, um ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben nach eigenen Plänen und Vorlieben zu führen. Der Einfluss der Medien auf die Lebensqualität ist dabei nicht zu unterschätzen. Wohlbefinden und Glück sind dann dezidiert das Resultat der Auseinandersetzung mit verschiedensten Medieninhalten von Buch, Radio, Fernsehen und Onlinemedien. Medien sind dann in vielen Bereichen des Lebens eine wertvolle Ressource, die beispielsweise durch Erholung, vielfältige Bedürfnisbefriedigungsoptionen, soziale Interaktionen und soziale Unterstützung das Wohlbefinden erhöhen (kann). Wenn – um einige anschauliche Beispiele zu nennen – durch eine spannende Serie Unterhaltungserleben und Abschalten ermöglicht wird, wenn durch einen Spielfilm oder eine Dokumentation eine Auseinandersetzung mit Werten oder Lebenszielen geschieht, wenn soziale Unterstützung erfahren oder Identitätsarbeit durch digitale soziale Medien praktiziert werden kann, wenn durch Produktion eines Videos, Radiobeitrags oder eines Blogs selbstständig und kreativ Medienprodukte erschaffen werden, wenn durch digitale Technologien Zeitersparnis und generelle Lebenserleichterung erfolgt, dann tragen Medien fraglos zur Verbesserung des individuellen Wohlbefindens und der Steigerung von Verwirklichungschancen bei. Voraussetzung für diese positiven Medienwirkungen auf das Wohlbefinden ist aber unter anderem ein selbstbestimmtes, kompetentes Medienhandeln. Vor diesem Hintergrund unternimmt merz 1/2019 eine vielfältige und facettenreiche Bearbeitung des komplexen Themas.
Zu diesem HeftAndreas Lange und Karin Knop geben einen Überblick zum Stand der allgemeinen, soziologischen und psychologischen Glücks- und Zufriedenheitsforschung. Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden, Wohlstand und Glückserleben werden bezogen auf die Lebensphasen Kindheit, Jugend-, Erwachsenen- und Seniorenalter beleuchtet. Aufgezeigt wird die zentrale Rolle von Selbstregulationsfähigkeiten deren Bedeutung für die Erfüllung von Grundbedürfnissen nach Autonomie, Kompetenzerleben und Zugehörigkeit. Dabei kann Mediengebrauch das Wohlbefinden situativ oder langfristig steigern. Es wird ausgelotet, wo Grenzen undChancen der Steigerung des Wohlbefindens qua Medien zu verorten sind.
Frank Schneider und Annabell Halfmann befassen sich mit den gesundheitsfördernden und vorbeugenden Aspekten der Salutogenese und zeigen auf, wie der achtsame, selbstkontrollierte und sinnstiftende Umgang mit Onlinemedien gelingen und zur Steigerung des Wohlbefindens beitragen kann.
Karin Knop, Sarah Lutz, Ines Vogel und Roland Gimmler veranschaulichen auf Basis des aktuellen Forschungsstandes die Potenziale und Herausforderungen der mobilen, digitalen Kommunikation via Smartphone für direkte interpersonale Kommunikation. Mit Bezug auf relevante Dimensionen von Medienkompetenz werden Gelingensbedingungen skizziert und medienpädagogische Implikationen abgeleitet.
Das Schulfach Glück trägt seit 2007 an der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg zur Steigerung des Wohlbefindens von Schülerinnen und Schülern bei. Welche Rolle die Medien innerhalb dieses innovativen Fachunterrichts spielen, erläutert die Lehrerin Andrea Gietzelt im Interview mit Karin Knop.
Roland Bader diskutiert in seinem Beitrag, inwieweit Alltagsunterstützende Assistenzlösungen, sogenanntes Ambient Assisted Living, das Potenzial haben, älteren Menschen durch eine medienunterstützte intelligente Lösung einen längeren Verbleib in ihrem eigenen häuslichen Wohnumfeld zu ermöglichen. Es werden Beispiele und Einblicke in die bisherigen Projekte und den aktuellen Stand der Entwicklung gegeben.
Überblicksorientierte Beiträge aus der Forschung werden ergänzt durch Einblicke in medienpädagogische Praxisprojekte und nützliche Tools. Das Projekt ATOLE (Attentif à l’école) des französischen Hirnforschers Jean-Philippe Lachaux arbeitet daran, Kindern Wege aufzuzeigen, wie sie auf der Grundlage aktueller Hirnforschung die Steuerung ihrer Aufmerksamkeit verbessern können. Elke Dillmann berichtet über das Webvideo-Projekt Here’s my story von der Arbeit mit geflüchteten Menschen, die ihre Geschichten erzählen und dabei Identitätsfragen und ihre eigenen Kompetenzen fokussieren. Nadja Jennewein beschreibt in ihrem Beitrag MoMimA – Moderne Medizintechnik im Altenheim, wie sich Pflegeschülerinnen und -schüler mediengestützt mit ethischen Fragen des Technikeinsatzes in der Pflege auseinandersetzen.
Aus der Fülle der Apps, die für die medienpädagogische Arbeit oder zum Eigengebrauch hilfreich sein können, hat die Redaktion einige ausgewählt und getestet, darunter Smiling Mind, Breathe, Think, Do with Sesame, Quality Time und Daylio – Tagebuch und Stimmungen. Weitere App-Rezensionen sind zudem auf der merz-Homepage unter www.merz-zeitschrift.de abrufbar.
Literatur
Diener, Ed/Suh, Eunkook/Oishi, Shigehiro (1997). Recent findings on subjective well-being. In: Indian Journal of Clinical Psychology, 24(1), pp. 25–41.
Reinecke, Leonard/Oliver, Mary Beth (2017). Handbook of media use and well-being. New York, NY: Routledge.
Ryan, Richard M./Deci, Edward L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. In: American Psychologist, 55(1), pp. 68–78.Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Karin Knop, Roland Bader, Andreas Lange
Beitrag als PDFEinzelansichtAndreas Lange/Karin Knop: Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben in unterschiedlichen Lebensphasen
Wie können Medienangebote, Medienrezeption sowie aktive Medienbeteiligung zu einem guten gelingenden, glücklichen Leben beitragen? Dieser Frage wird im Kontext allgemeiner, soziologischer und psychologischer Glücks- und Zufriedenheitsforschung bezogen auf die Lebensphasen Kindheit, Jugend-, Erwachsenen- und Seniorenalter nachgegangen. Aufgezeigt wird die zentrale Rolle der Förderung von Selbstregulationsfähigkeiten und der Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse wie denjenigen nach Autonomie, Kompetenzerleben und Zugehörigkeit durch Mediengebrauch als vermittelnde Faktoren, die das Wohlbefinden situativ oder langfristig steigern können. Abschließend wird übergreifend diskutiert, wo Grenzen und Chancen der Steigerung des Wohlbefindens qua Medien zu verorten sind.
Literatur
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Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Andreas Lange, Karin Knop
Beitrag als PDFEinzelansichtApp: Smiling Mind
Einen lächelnden Geist und Meditation für jedes Alter, das verspricht Smiling Mind. Die App ist ein kostenloses Angebot der gleichnamigen australischen Non-Profit-Organisation. Enthalten sind Lektionen für verschiedene Zielgruppen: Berufstätige, Erwachsene und Heranwachsende. Letztere werden in verschiedene Altersgruppen unterteilt, für die jeweils adäquate Meditationseinheiten zur Verfügung stehen. Zudem gibt es ein Programm für das Klassenzimmer, das Lehrkräfte gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern erarbeiten oder als Anreiz für Entspannungseinheiten in der Schule verwenden können. Bevor die downloadbaren Lektionen beginnen, wird der eigene Gemütszustand abgefragt: Wie glücklich, zufrieden und aufmerksam bist du? Mit Hilfe einer ruhigen Stimme und atmosphärischer Musik werden die Nutzenden durch die pausierbaren Lektionen geführt. Der Programmfortschritt ist stets einsehbar, sowohl während der Einheit als auch im Gesamtüberblick im Hauptmenü. Zu den Themenbereichen gehören etwa bewusstes Atmen, Umgang mit Veränderung, Körperwahrnehmung oder Gefühlsinterpretation in Privatleben, Schule, Universität und Berufsleben. Diese Vielfalt ermöglicht es den Anwendenden, beinahe in jedem Lebensbereich ihre aktuelle Situation zu reflektieren. Kinder und Jugendliche erhalten so hilfreiche Ansätze, um etwa Beziehungen, Konzentration und Stressbewältigung zu verbessern. Auch den Bereichen bewusste Ernährung, Arbeitsumfeld, Bildung oder Sport wird Aufmerksamkeit geschenkt. Die meisten Übungen umfassen etwa drei bis zehn Minuten. Das Dashboard bietet darüber hinaus einen Wochenüberblick über Stimmungslage, Anzahl der geleisteten Einheiten und die dafür aufgewendete Zeit. Die App ist bisher nur auf Englisch verfügbar. Viele Einheiten können jedoch für Eltern oder Lehrkräften als Anregung dienen – hierzu gehört etwa das Programm Mirror Movement oder A Mindful Hug is the Shortest Distance Between Friends. Diese können entweder gemeinsam mit den Kindern bzw. Jugendlichen erarbeitet oder auf Deutsch übertragen und angewendet werden. Eine selbstständige Nutzung wäre für Jugendliche mit ersten Englischvorkenntnissen denkbar. Einige Lektionen sind jedoch erst nach einer Freischaltung nutzbar. Das Programm bietet sowohl hinsichtlich der
Themenauswahl als auch in Bezug auf Altersgruppen und passgenaue Kurseinheiten ein breites Repertoire, während es sich zugleich übersichtlich präsentiert. Android (kostenfrei) | iOS (kostenfrei); USK ab 0 Jahren, englischRoland Bader: Atole – ATtentif à lécOLE Die Rückgewinnung der Aufmerksamkeit
„Könnte ein Rennfahrer auch nur eine Minute überleben, wenn er seine Aufmerksamkeit nichtwährend der Fahrt völlig konzentriert halten würde? Wie machst du es, deine Aufmerksamkeit bei einer Tätigkeit aufrechtzuerhalten, die dir Spaß macht? Woran erkennst du, wenn deine Aufmerksamkeit bei einer langweiligen Geschichte abschweift?“ – „Wie im Gehirn entsteht überhaupt so etwas wie Aufmerksamkeit? Wofür brauchst du sie? Und wie schaffst du es, sie über längere Zeit aufrechtzuerhalten?“
Mit solchen Fragen und Übungen regt das französische Programm ATOLE (Attentif à l’école) Vorschul- und Grundschulkinder an, sich mit ihrer Aufmerksamkeit zu beschäftigen. Bei der Aufmerksamkeit handelt es sich um eine Art von komplexer Bewegung. Sie zu steuern kann man lernen, wenn man weiß, wie sie funktioniert.
Die leitende Metapher für die (Rück-)Gewinnung der Aufmerksamkeit des im Jahr 2014 gestarteten Projekts ATOLE ist der Schwebebalken: „Es ist nicht einfach, über einen Schwebebalken zu balancieren. Es ist aber auch nicht unmöglich. Du kannst es lernen, indem du es übst. Und genauso ist es mit der Aufmerksamkeit. Und wäre es nicht gut, wenn du deine Aufmerksamkeit selbst steuern könntest, auf all die Dinge, so wie du das willst? […] Es lauern Gefahren, die dich bei dem Balancieren auf dem Schwebebalken aus dem Gleichgewicht zu bringen drohen. […] Es sind Verlockungen und Versuchungen, oder aber beängstigende Impulse, Gefühle oder Assoziationen, die dein Gleichgewicht bedrohen. Sei also wachsam! Werde aufmerksam dafür, schon kleine Anzeichen dafür zu erkennen, wenn der Verlust deines Gleichgewichts droht. Du kannst rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen, um im Gleichgewicht zu bleiben. Und wenn du mal kippst, ist das auch nicht schlimm. Verlange nichts Unmögliches von dir. Mit Übung wirst du deine Aufmerksamkeit über eine längere Strecke stabilisieren“ (Jean-Philippe Lachaux, übersetzt aus dem Französischen).
So in etwa könnte die Herangehensweise und der Tonfall des Programms ATOLE übersetzt werden. Ein lockerer und freundlicher Plauderton, der voller Metaphern und Alltagsbeispiele für Grundschulkinder steckt. Ein Ton, wie ihn auch der Hauptverantwortliche für die Entwicklung und den Schuleinsatz des Programms, Jean-Philippe Lachaux, in seinen Vorträgen und Präsentationen an den Tag legt. Er betont dabei, dass Kinder ihre Fähigkeit zur Aufmerksamkeitserhaltung steigern können, wenn sie lernen, ihre Tätigkeiten einzuteilen. Denn oft versuchen sie – wie auch Erwachsene – alles auf einmal zu machen. Das ist einer der Gründe, weshalb sie leicht die Konzentration verlieren. Im ATOLE-Programm wird ihnen beigebracht, sich kleinere Ziele zu setzen, um sich ohne kognitive Überlastung über ihre oder seine Absichten klar zu werden und somit entscheiden zu können, was wichtig ist und was nicht.
Trotz des lockeren und kindgerechten Umgangs geht es um ein wichtiges Anliegen: Kindern die Steuerung ihrer Aufmerksamkeit zurück in die eigenen Hände zu legen. Im Unterricht arbeiten sie über ein ganzes Jahr daran, in zehn Lektionen. Diese bestehen jeweils aus Beispielfragen, die die Lehrkraft stellen kann, kurzen erklärenden Texten, Bildern und Aufgaben sowie Erwartungshorizonten. Zunächst lernen die Kinder die Rolle der Neuronen im Gehirn kennen, insoweit sie den Prozess der Aufmerksamkeit betreffen.
Im weiteren Verlauf des Programms wenden die Schülerinnen und Schüler dann ihre Aufmerksamkeit den eigenen Kognitionsprozessen zu: Sie werden aufmerksam dafür, wie sie denken, sich konzentrieren, ihre Wahrnehmung fokussieren, was sie ablenkt und wie sie trotzdem ihre Aufmerksamkeit, sprich Balance immer wieder neu ausrichten können. Das geschieht, indem dafür Neugier geweckt wird, wie die kognitiven Prozesse funktionieren. Sie arbeiten daran, Aufgaben zu planen, Ziele zu verfolgen und ihre begrenzte Ressource Aufmerksamkeit sinnvoll einzuteilen. Denn eine „Unterteilung in kleinere Aufgaben, die man nacheinander abhaken kann, um wieder vollständig für eine neue Aufgabe bereit zu sein“ ist sinnvoller, als sich zu viele Ziele gleichzeitig zu stecken, wie Lachaux erklärt.
Den erhobenen Zeigefinger („Jetzt konzentrier dich doch!“) sucht man vergebens bei ATOLE. Lachaux ist selbst Hirnforscher am Institut INSERM des CRNL (Lyon Neuroscience Research Center). Metakognition, also die Fokussierung auf die eigenen Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits- und Denkprozesse, wird im Programm ATOLE als Königsweg des Lernens verstanden. Sich darüber klar zu werden, wie und warum man denkt und lernt, ist bei vielen kognitiven Aufgaben von großer Hilfe, wie die konstruktivistischen Lerntheorien schon immer betont haben. Darüber hinaus ist das Üben von Metakognition, also das Training der Art und Weise, wie man selbst
wahrnimmt, denkt und fühlt, die Grundlage von Achtsamkeit und Meditation.Gerade wenn man sich vor Augen führt, in welchem Ausmaß Werbung, das Smartphone und viele weitere Ablenkungen um die Aufmerksamkeit von Kindern buhlen, muss ATOLE zugestanden werden, dass es an einem zentralen Punkt ansetzt. Es kommt nicht nur ohne erhobenen Zeigefinger aus, sondern sogar ohne ein Ermahnen zum Stillsitzen, welches in der Meditation oft praktiziert wird, in der Schule aber auch nicht unumstritten ist.
Aufmerksamkeit fokussieren zu lernen funktioniert eben auch in Bewegung und ohne Vorhaltungen, wie krankmachend und schlecht Smartphone seien. Aber auch ohne die Verlockungen und Ablenkungen zu verharmlosen, die davon unzweifelhaft ausgehen.
LiteraturARTE-Beitrag über Jean-Philippe Lachaux und seine Arbeit mit Schülerinnen und Schülern von Laurence Serfaly (2016): „Immer vernetzt – wenn das Gehirn überfordert ist“ www.youtube.com/watch?v=bzC5x8NsC8c [Zugriff: 16.01.2019]
CRNL – Inserm (Centre de Recherche en Neuroscience de Lyon). crnl.univ-lyon1.fr/index.php/fr [Zugriff: 16.01.2019]
Die Materialien, Videos und Folien zur Arbeit mit ATOLE werden von den Autorinnen und Autoren kostenlos zur Verfügung gestellt unter https://drive.google.com/drive/folders/16QPycHDrgfOwdfU41w3joB3p6JJzwo6?usp=sharing [Zugriff: 16.01.2019]
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Roland Bader
Beitrag als PDFEinzelansichtFrank M. Schneider/Annabell Halfmann: Digitales Wohlbefinden und Salutogenese
In Zeiten, in denen wir über Mobilgeräte permanent online und mit anderen verbunden sein können, stellt sich die Frage, ob das permanente Online-Sein ein gutes Leben fördert oder erschwert. Der Fokus liegt hierbei auf den gesundheitsfördernden und vorbeugenden Aspekten der Salutogenese1 und auf der achtsamen, selbstkontrollierten und sinnstiftenden Nutzung der Onlinemedien.
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Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Frank M. Schneider, Halfmann Annabell
Beitrag als PDFEinzelansichtApp: Forest
Die App Forest von Seekrtech verspricht den Nutzenden eine mögliche Lösung zur Erhöhung der eigenen Produktivität. Basierend auf einem ‚Spiel‘-Prinzip kann ein Zeitintervall zwischen zehn und 120 Minuten festgelegt werden, in dem produktiv gearbeitet werden soll. Hierzu pflanzt die Nutzerin bzw. der Nutzer zu Beginn einen virtuellen Samen. Je länger die angegebene Zeit, desto größer wird der daraus entstehende Baum. Ist dieser ausgewachsen erhält der Nutzende Münzen, die den Kauf neuer Baumarten erlauben. Während des Zeitintervalls wird das Gerät für andere Aktivitäten gesperrt. Der Wachstumsprozess vom kleinen Samen bis zum Busch oder Baum wird visuell dargestellt und versorgt die Nutzerin bzw. den Nutzer mit kleinen Sprüche wie „Zurück an deine Arbeit!“ oder „Schau mich nicht so an!“. Verlässt man die App vor Ablauf der angegebenen Zeit, um das Smartphone anderweitig – zum Beispiel für ein Telefonat – zu nutzen, stirbt der Baum.
Forest ist zum Großteil offline und auf Deutsch verfügbar. Des Weiteren verlangt die App die Berechtigung, beim Start ausgeführt werden zu können und den Telefonstatus und die Identität abzurufen. Es wird oft Werbung eingeblendet und neue Baumarten können nur mit einem hohen Vorrat an Münzen erworben werden, wobei zusätzlich nach jedem Kauf der Preis steigt. Forest schafft jedoch ein gutes Bewusstsein dafür, wie häufig reflexartig zum Smartphone gegriffen wird. In der Premium-Version können zudem bis zu fünf echte Bäume von der Non-Profit-Organisation Trees for the Future gepflanzt werden – über 375.000 Bäume konnten dadurch auch in der realen Welt wachsen. Die Nutzerin bzw. der Nutzer erhält durch den Waldbestand und die Chronik einen guten Überblick darüber, wann und aus welchem Grund Handypausen eingelegt wurden. Aktiviert man den Handytracker, zeichnet die App einerseits die reine Bildschirmzeit auf und andererseits, wie oft das Handy am Tag aufgehoben wurde. Die Premiumversion ermöglicht es zudem, Einblicke in die täglichen Nutzungszeiten sowie verwendeten Applikationen zu erhalten. Ob die App tatsächlich „die beste Heilung für Handysucht“ ist, wie die Entwickler versprechen, ist jedoch – allein vom gesetzten pathologischen Ansatzpunkt her mit Fokussierung auf Nutzungs- und Impulskontrolle –fraglich. Theoretisch könnte auch bei Forest das Belohnungsprinzip den gegenteiligen Effekt erzielen, wodurch statt Bewusstsein und Achtsamkeit eher ein Interesse an der spielerischen Herausforderung gestärkt wird: Erstellt man einen Forest-Account, erhält man Einblick in die weltweite ‚Wald-Rangliste‘ und die Wälder seiner Freunde.
Die App Forest ist für Android-Betriebssysteme kostenlos erhältlich, bzw. ist als Premiumversion für Android für 1,99 € sowie für Apple-Geräte für 2,29 € erwerbbar.
App: Menthal
Die App Menthal zeichnet das Smartphone-Nutzungsverhalten auf, um den Userinnen und Usern einen Überblick über die täglichenOnline-Zeiten und Dauer der genutzten Apps zu geben. Auch Angaben über den täglichen Gemütszustand sind möglich, um so etwa die Diagnose und Therapie von Depressionen zu verbessern. Gleichzeitig ist die App Teil eines Forschungsprojekts der Universität Bonn zur quantitativen Erfassung von Nutzungsweisen. Die Forscher wollen so eine fundierte wissenschaftliche Basis in Bezug auf eine gesunde Smartphone-Nutzung legen.
App: Breathe, Think, Do with Sesame
Frustration ist ein Alltagsgefühl, mit dem auch Kinder schon in Berührung kommen. Während Erwachsene häufig frustriert sind, weil etwas in der Arbeit nicht so läuft wie geplant, erleben Kinder dieses Gefühl der enttäuschten Erwartungen beispielsweise beim Erlernen von Alltagsroutinen wie dem morgendlichen Anziehen oder dem Schlafengehen. Hier setzt die App Breathe, Think, Do with Sesame an. Anhand von fünf ausgewählten Szenarien helfen die Kinder einem freundlichen Monster dabei, mit schwierigen Situationen umzugehen. Zunächst wird das Problem dargestellt – etwa die Angst des Monsters davor, im Dunkeln zu schlafen. Anschließend wird das App-nutzende Kind durch eine Erzählerstimme dazu aufgefordert, das Monster zu beruhigen. Dies gelingt durch langsames Tippen auf dessen Bauch. Infolge holt das Monster dreimal tief Luft und sein Gesichtsausdruck ändert sich langsam zu einem Lächeln. Im zweiten Schritt soll sich das Kind zusammen mit dem Monster drei Möglichkeiten überlegen, um das Problem zu lösen. Dargestellt wird dies durch ein Minispiel, in dem Gedankenblasen zerplatzt werden sollen. Am Ende darf die junge Nutzerin bzw. Nutzer einen der drei Pläne auswählen. Im Szenario Angst im Dunkeln umfassen diese ein Buch anschauen, dass das Schlafengehen zum Thema hat, mit einem Plüschtier kuscheln oder einen Erwachsenen darum bitten, dem Monster den Rücken zu streicheln. Abschließend wird eine kurze Sequenz gezeigt, in der das Monster durch die ausgewählte Aktion die Situation meistert. Zur besseren Einprägung wird wiederholt, was das Kind machen kann, wenn es einmal frustriert ist: Tief durchatmen, Nachdenken und dann einen Plan in die Tat umsetzen. Außerdem solle es immer daran denken, dass es auch einen Erwachsenen fragen kann. Für diese stellt die App einen umfassenden Elternbereich zur Verfügung, der durch eine spezielle Wischbewegung vor Kindern geschützt ist. Hier werden unter anderem folgende Themen behandelt: Ausdauer, Umgang mit einer (vorübergehenden) Trennung von den Eltern oder anderen Bezugspersonen, Geduld, Umgang mit Fehlern und Selbstbewusstsein. Zu jedem Thema gibt es einen kurzen Einführungstext, ein paar nützliche Beispielsätze zur Beruhigung des Kindes in herausfordernden Situationen sowie eine kurze Anleitung für eine Aktivität, die man mit ihnen durchführen könnte. Zu einigen Einheiten stehen außerdem kurze, kindgerechte Videos zur Verfügung, die die Eltern ihrem Nachwuchs zeigen können. Die liebevoll gestaltete App ist bisher nur auf Englisch und Spanisch erhältlich. Da jedoch innerhalb der App die Möglichkeit besteht, die Aufforderungen selbst mit dem Mikrofon aufzunehmen, können Eltern Breathe, Think, Do with Sesame ihren Kindern mit einer eigenen Übersetzung zugänglich machen. Die werbefreie App wird für Kinder bis sechs Jahre empfohlen. Android (kostenfrei) | iOS (kostenfrei); USK ab 0 Jahren, englisch und spanisch
Karin Knop/Sarah Lutz/Ines Vogel/Roland Gimmler: Potenziale und Herausforderungen der Smartphone-Nutzung für (gelingende) soziale Beziehungen und f2f-Kommunikation
Dank Smartphones und mobilem Internet ist es so einfach wie nie zuvor, Kontakte zu pflegen und Erlebnisse mit anderen zu teilen. Gleichzeitig verweisen Kampagnen wie „Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?“ auf negative Folgen für das soziale Miteinander und individuelle Wohlbefinden. Der vorliegende Beitrag beleuchtet Chancen und Risiken der Smartphone-Nutzung für soziale Beziehungen, stellt aktuelle Studienergebnisse vor und leitet daraus medienpädagogische Implikationen ab.
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Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Karin Knop, Sarah Lutz, Ines Vogel, Roland Gimmler
Beitrag als PDFEinzelansichtApp: Quality Time
Das Smartphone ist ein Allrounder und ständiger Begleiter. Ihm wird inzwischen mehr Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt als unter Umständen vielleicht der Familie, Freunden oder den Hobbies. Die App Quality Time hilft den Nutzenden dabei, die Smartphone-Aktivitäten von denen in der Außenwelt besser zu trennen, wenn sie „Qualitätszeit“ verbringen möchten. Das heißt, wenn sie ihre freie Zeit bewusst mit außermedialen menschlichen Beziehungen oder ihren Lieblingstätigkeiten verbringen möchten. Die App unterteilt diese Qualitätszeit in die Bereiche „Relaxing“, „Reading“, „Family“, „Sports“ und generelle Quality Time. Wählt man einen der Bereiche aus, erscheint eine Stoppuhr. Nachdem diese angetippt wurde, wird aufgezeichnet, wie viel Qualitätszeit man in diesem Bereich verbringt. Die jeweilige Gesamtzeit sowie die Summe aller Bereichszeiten können in einer Statistik angezeigt werden. Eine Herausforderung bei der Reflexion qualitätsvoll verbrachter Zeit stellt jedoch dar, dass die Uhr nicht angehalten bzw. die letzte aufgenommene Zeit nicht gelöscht werden kann, sollte einmal das Zurücksetzen der Stoppuhr vergessen worden sein. Diese Zeit fließt auch in die Gesamtzeit ein und kann nicht mehr entfernt werden. Wird gerade aufgezeichnet, stehen andere Apps nicht zur Verfügung. Im Gegensatz zur Forest-App (siehe im Heft auf S. 24), in der die qualitätsvoll verbrachte Zeit pro Einheit anhand der Wuchshöhe eines Baumes und der Dichte des entstehenden Waldes ablesbar ist, wird hier kein Überblick über die Länge vollzogener einzelner Einheiten und deren Häufigkeit gegeben. Erschwerend hinzu kommen teilweise inkorrekt angezeigte Zeiten in den Statistiken. Die App bietet zudem die Möglichkeit, Abwesenheitsnachrichten zu versenden, um so Kontaktpersonen via E-Mail oder Anrufenden mitzuteilen, dass man gerade nicht erreichbar ist. Der Hersteller 200 Apps verlangt außerdem unter anderem Zugriff auf Telefonstatus, Identität und Kontakte des App-Nutzenden. Dabei besteht die Option, Notfallkontakte einzustellen, deren Anrufe auch während der Sammlung von Qualitätszeit angezeigt werden. Die „Erfolge“ können mit Freunden geteilt werden. Im Vergleich zu anderen Apps, die sich ebenfalls mit der Thematik des ‚produktiven‘ Zeiterfassens befassen, bietet Quality Time ein gut überschaubares Maß an Möglichkeiten, das auf das Notwendigste beschränkt ist. Somit eignet sich die App nur für Nutzende, die lediglich einen groben Überblick über ihre sinnvoll verbrachte Zeit erhalten möchten. Die Option, Abwesenheits-SMS zu verschicken ist positiv hervorzuheben und kann prinzipiell nützlich sein, es muss jedoch daran gedacht werden, dass hier hohe Kosten anfallen können. Durch die praktische Handhabung kann die App leicht in den Alltag integriert werden. Android (kostenfrei) | iOS (kostenfrei); USK ab 0 Jahren, englisch
Elke Dillmann: Here’s my story – ein Webvideoprojekt, das Resilienz und Selbstwert fördert
Eine Episode aus der eigenen Biografie als Webvideo zu erzählen, also eine Situation, in der ich mich selbst als stark wahrgenommen habe, kreativ zu bearbeiten, das verändert Wahrnehmung und Einstellung von Jugendlichen. Die Evaluation zeigt: Das Selbstwertgefühl steigt. Besonders stark profitieren Mädchen und Jugendliche mit Migrationshintergrund.
Here’s my story ist ein Projekt des Bayerischen Rundfunks und der Stiftung Zuhören, unterstützt von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft e. V.. In sechs Jahren haben über 1.000 Heranwachsende zwischen 13 und 25 Jahren teilgenommen. Sie besuchten Mittelschulen und Klassen für Geflüchtete an beruflichen Schulen. Die Aufgabe: In einer Woche einen individuellen, autobiografischen Clip zu drehen, der im Netz veröffentlicht wird – unterstützt von Medienprofis. Das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen IZI untersuchte 99 Jugendliche vor und nach dem Projekt.1
Das Motto von „Here’s my story“: „Wo komme ich her, wo will ich hin?“ Wir blicken zurück und nach vorn, bergen Schätze in der Lebensgeschichte und entwickeln Ziele für die Zukunft – mit den Mitteln der kreativen Medienarbeit.
Am Anfang steht die „Identitätswerkstatt“. In drei Schritten entwickeln die Teilnehmenden ein Bild von sich selbst und ihren Stärken – im Wortsinn, denn als Erstes zeichnen alle einen Umriss der eigenen Person mit charakteristischen Merkmalen (Frisur, Pose etc.). Diese Silhouette wird im Lauf des Vormittags mit dem gefüllt, was diesen Menschen ausmacht:
- Meine Werte. Dem Psychologen Robert Johnson2 (2013) zufolge erkennen Menschen "eigene Charakterzüge oft zunächst an anderen, bevor sie sehen, dass diese Eigenschaften auch die eigenen sind". Also fragen wir: Wen bewunderst du? Und welche Eigenschaften bewunderst du an diesem Menschen? Und wie viel von dir steckt in dem, was du im anderen wahrnimmst?
- Meine Fähigkeiten. Was kann ich gut? Und welche Fähigkeit verbirgt sich hinter dieser Fähigkeit? Ich kümmere mich um meine jüngeren Geschwister – bedeutet das, dass ich zuverlässig und sorgfältig bin oder sorge ich für gute Laune und mache Mut?
- Meine Erfahrungen. Wann habe ich erlebt, dass ich mehr konnte, als ich dachte? Wann bin ich über mich hinausgewachsen, habe meine Komfortzone verlassen, wann ist mir etwas gelungen? Was hat mir dabei geholfen?
Das so entstandene facettenreiche Bild einer Persönlichkeit steckt voller Geschichten, die erzählt werden wollen, Geschichten, die stark
machen. Eine dieser Geschichten wählen die Jugendlichen aus und erzählen sie vor der Kamera.Alle Jugendlichen bekommen für die Projektwoche ein iPad. So haben sie immer die Hoheit über ihre Geschichte, sammeln Fotos, Videos, Sounds und produzieren ihre Geschichte selbst. Sie schreiben einen Interviewleitfaden, der es ihnen erleichtert, ihre Geschichte vor der Kamera stringent zu erzählen. Die Mediencoaches erfragen die Geschichte in Video-Interviews und zusammen mit Fotos, Handy-Videos und Schnittbildern wird am iPad ein Film draus.
Die Jugendlichen erzählen von Flucht, von Vorurteilen, denen sie begegnen, vom Spagat zwischen verschiedenen Kulturen und Brüchen im Leben. Sie erzählen von dem, was ihnen Kraft und Mut gibt, von Zielen und Träumen, von Familie, Solidarität und Freundschaft und davon, was aus ihrem Leben einmal werden soll. Die Ergebnisse sind so bunt wie die Autorinnen und Autoren. Die Jugendlichen erleben, dass ihr Leben erzählenswert ist. Die Geschichten werden in einem professionellen Rahmen – auf www.br.de/mystory – veröffentlicht und bekommen Feedback aus aller Welt.
Resilienz ist die Fähigkeit, an einer Krise nicht zu zerbrechen, sondern – nach angemessener Verarbeitungszeit – wieder kraftvoll und psychisch gesund handlungsfähig zu sein. Nach der Projektwoche steigen die Resilienz-Werte der beteiligten Jugendlichen von vorher 66,8 auf 70,53 Prozent zumindest auf ein moderates Niveau – besser, aber immer noch nicht gut. Am meisten profitieren die Mittelschülerinnen und -schüler. Sie kommen mit der geringsten Resilienz in das Projekt, steigern sich am meisten, bleiben aber immer noch auf dem niedrigsten Wert – eine gesellschaftliche Aufgabe, denn für einen gelungenen Start ins Berufsleben ist Resilienz unabdingbar.
Die Zustimmung zur Aussage „Ich bin entschlossen“ steigt im Laufe des Projekts um 46 % bei Jugendlichen, die nicht in Deutschland geboren sind. Sie, die sich im Asylverfahren oft den für sie schwer nachvollziehbaren Entscheidungen der Behörden ausgeliefert fühlen, erleben sich durchs Medienmachen als handlungsfähig. Während vor dem Projekt noch fast die Hälfte (44 %) der nicht in Deutschland Geborenen angibt, sich gelegentlich „richtig nutzlos“ zu fühlen, sinkt der Anteil nach dem Projekt auf 15 Prozent.
„Ich mag mich“ sagten am Anfang des Projekts noch 58 Prozent der Mädchen, am Ende waren es schon 76 Prozent. „Alles in allem bin ich mit mir selbst zufrieden“, bejahten am Ende sogar 84 Prozent der Mädchen – jedoch immer noch deutlich weniger als die Jungen mit 93 Prozent. Gerade Mädchen haben in der Pubertät oft Probleme, sich selbst als wertvoll wahrzunehmen, messen sich an medialen Vorbildern, definieren sich über vermeintliche körperliche Defizite. Here’s my story gibt ihnen die Möglichkeit, Stärken unabhängigvom Aussehen zu erkennen.
Die aktive Medienarbeit bietet – im entsprechenden Setting – hervorragende Möglichkeiten, Jugendliche bei der Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls zu unterstützen. Die kreative Arbeit mit der eigenen Biografie in einem lebensweltnahen Format – Webvideo – ist nachweislich wirksam.
Anmerkungen
1 Eine ausführliche Beschreibung der Studienergebnisse
in televIZIon 31/2018/1
2 Vgl. Johnson, Robert: Das Gold im Schatten (2013)
3 Zur quantitativen Erfassung von Resilienz wurde
die modifizierte Kurzform RS-13 von Leppert et al.
(2008) herangezogen.Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Elke Dillmann
Beitrag als PDFEinzelansichtKarin Knop: Schulfach Glück
Ein ungewöhnliches Schulfach trägt zur Steigerung des Wohlbefindens von Schülerinnen und Schülern bei. Welche Rolle nehmen Medien innerhalb dieses innovativen Fachunterrichts ein? Dr. Karin Knop, geschäftsführende Beauftragte am Zentrum für Lehrerbildung der Universität Koblenz-Landau, sprach mit Andrea Gietzelt, Lehrerin an der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg, um Inhalte, Potenziale und Weiterentwicklungen dieses außergewöhnlichen Schulfachs kennenzulernen.
Das Interview führte Karin Knop.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Karin Knop
Beitrag als PDFEinzelansichtNadja Jennewein: MoMimA – Moderne Medizintechnik im Altenheim
Mediengestützte Diskurse über moderne Medizintechnik im Altenheim
Unter welchen Bedingungen ist der Einsatz eines Beziehungsroboters bei hochaltrigen und dementen Menschen denkbar? Inwieweit ist es ethisch vertretbar, weglaufgefährdete Patientinnen und Patienten mit einem GPS-Tracker zu orten? Rechtfertigt Sicherheit die Überwachung dementer Menschen? Führt das Telemonitoring von Vitaldaten zu Harmonisierungszwängen im Gesundheitswesen?
Komplexe Fragen, die nicht unbedingt zu den alltäglichen Interessen junger Menschen gehören. Im Projekt MoMimA setzen sich Pflegeschülerinnen
und -schüler der Altenpflege mit ethischen Spannungsfeldern im Kontext moderner Medizintechnologien auseinander und lernen Medien als Informations- und Produktionswerkzeug zur Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen kennen. MoMimA ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme Diskursprojekte zu ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen in den modernen Lebenswissenschaften und initiiert mediengestützte Diskurse über ethische Fragen und soziale Problemstellungen, die durch den Einsatz von Medizintechnik bei hochaltrigen und dementen Menschen aufgeworfen werden. Umgesetzt wird das interdisziplinäre Workshopkonzept im Verbund vom JFF – Institut für Medienpädagogik und dem Zentrum für Gesundheitsethik Hannover (ZfG).Technisierung der Pflege als gesellschaftliches Thema
Die Situation von Pflegebedürftigen und der sogenannte Pflegemangel, insbesondere im Bereich der Versorgung von hochaltrigen und dementen
Menschen, ist gegenwärtig Thema breiter Diskussionen. Unstrittig scheint dabei, dass die demographische Entwicklung und der damit verbundene steigende Bedarf an Pflegekräften es notwendig macht, über grundlegende Veränderungen in der Struktur und Organisation von Pflege nachzudenken. Aus der Digitalisierung und Technisierung ergeben sich dabei Möglichkeiten, durch die Pflegeprozesse unterstützt werden können. Der Einsatz von moderner
Medizintechnologie und automatisierten Systemen ist dabei in vielen Bereichen denkbar und wird bereits in einigen Bereichen erprobt. Die medizin- und pflegeethische Fachdebatte zum Einsatz moderner Technologie im Bereich der Pflege wird bereits breit geführt und begleitet die Entwicklung konkreter Anwendungen.
Im Gegensatz zur Fachdebatte wird die öffentliche und mediale Debatte zu Medizintechnik im Bereich der Altenpflege aktuell aber nur punktuell geführt. Insbesondere die Perspektive demenziell erkrankter Patientinnen sowie Patienten und deren Angehörigen, als auch die Perspektive vonPflegekräften sind in der medialen Darstellung kaum vorzufinden. Als Schnittstelle zwischen Betroffenen und der Öffentlichkeit werden in MoMimA deshalb speziell Pflegeschülerinnen und -schüler dafür sensibilisiert, ethische Spannungsfelder auszuloten, sich zu positionieren und ihre Meinungen zu artikulieren. Zudem werden sie
dazu angeregt, sich zu fragen, wie die Perspektive von dementen und hochaltrigen Personen, die selbst nicht am Diskurs teilnehmen können, von ihnen aufgegriffen werden kann.Das interdisziplinäre Workshopkonzept
Das Workshopkonzept von MoMimA ist interdisziplinär angelegt und verbindet Methoden der ethischen Reflexion mit Methoden der aktiven Medienarbeit. Zielsetzung des fünftägigen Workshopformates ist es, Pflegeschülerinnen und -schüler interaktiv an ethische und soziale Fragestellungen im Bereich moderner Medizintechnologien heranzuführen und sie über die Gestaltung eigener Medienprodukte (Videos, Audio-Clips, Printprodukte) zur Artikulation ihrer Aushandlungsprozesse anzuregen. Die inhaltliche Auseinandersetzung erfolgt dabei exemplarisch im Kontext der drei Technologiebereiche Bewegungsmonitoring, Beziehungsroboter und Telemonitoring von Vitaldaten.
Ausgehend vom Prinzip der themenzentrierten aktiven Medienarbeit stehen in der Anfangsphase der Workshops zunächst die Erschließung der Relevanz der Thematik für die eigene Lebenswelt bzw. ihr Arbeitsfeld und der Aufbau von Fachwissen bei den Pflegeschülerinnen und -schülern im Vordergrund. Daran schließen sich Überlegungen zur Partizipation von pflegebedürftigen dementen oder hochaltrigen Personen im Diskurs an. Didaktisch angeleitet wird dieser Arbeitsprozess mittels Methoden der ethischen Reflexion, welche die Teilnehmenden dazu anregen, ethische Fragestellungen zu identifizieren, sachlich einzuordnen und sich individuell zu positionieren. Um verschiedene Interessengruppen und Konfliktpotenziale im Kontext moderner Medizintechnologien
zu erkennen, werden die Teilnehmenden mittels interaktiver Methoden (z. B. Fall- und Rollenspiele) zum Perspektivwechsel und zur Selbstreflexion angeregt. Dabei wird die Perspektive von unterschiedlichen Beteiligten eingenommen, wie die der Betroffenen selbst, die von deren Angehöriger oder die der professionell Pflegenden. In diesem Prozess können relevante Themen wie beispielsweise Fürsorgepflichten, Freiheit und Selbstbestimmung auf verschiedenen Ebenen
(individuell, organisatorisch, gesellschaftlich) diskutiert werden. Im Fokus stehen an dieser Stelle damit nicht die technologischen Möglichkeiten, sondern vielmehr die sozialen Kontexte und Wertefragen im Umgang mit der Medizintechnik. Mit dem neu aufgebauten Fach- und Diskurswissen geht der Workshop in die mediengestalterische Phase über. Von den Schülerinnen und Schülern individuell entwickelte Fragestellungen im Bereich moderner Medizintechnologien
werden in Gruppenarbeitsprozessen redaktionell diskutiert und mediengestalterisch umgesetzt. Im Vordergrund steht dabei das Ziel, durch eine lebensweltnahe Kampagne sowohl Pflegepersonal und Angehörige als auch die breite Öffentlichkeit zum Diskurs einzuladen und für ethische Fragestellungen im Bereich moderner Medizintechnologien im Altenheim zu sensibilisieren. Realisiert wird dies über die Veröffentlichungen der Medienprodukte im Internet (momima.jff.de) und deren Präsentation auf publikumswirksamen Diskursveranstaltungen. Im Jahr 2018 wurden an den teilnehmenden Pflegeschulen in Bayern insgesamt fünf Workshops mit anschließender Diskursveranstaltung realisiert. Für 2019 sind sowohl interaktive Ausstellungen als auch Fachveranstaltungen für Pflegekräfte, Lehrkräfte allgemeinbildender Schulen und die Wissenschaft geplant. Zudem wird die methodische Herangehensweise der Workshops modulhaft für
die Lehre aufbereitet und in geeigneter Weise veröffentlicht.Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Nadja Jennewein
Beitrag als PDFEinzelansichtRoland Bader: Lebensqualität und Wohlbefinden durch alltagsunterstützende Assistenz- Lösungen für Senioren?
Die Mehrzahl älterer Menschen wünscht sich den Erhalt ihrer Selbstbestimmung, damit sie so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung wohnen bleiben können. Im Rahmen des Internets der Dinge und den sich rasch ausbreitenden Technologien des Smart Homes sind Assistenz- und Unterstützungstechniken vielfältiger Art verfügbar, um die zunehmenden körperlichen und kognitiven Defizite zu kompensieren. Im Fokus des folgenden Beitrags steht die Frage, ob und
inwiefern Medien in Form von alltagsunterstützenden Assistenzlösungen oder Ambient Assisted Living (AAL) einen Beitrag zum Erhalt von Selbstbestimmung, Wohlbefinden und Lebensqualität älterer Menschen leisten können.Literatur
Auhagen, Ann Elisabeth (Hrsg.) (2008). Positive Psychologie. 2. Auflage. Beltz PVU: Weinheim und Basel.
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Schelisch, Lynn (2016). Technisch unterstütztes Wohnen im Stadtquartier, Quartiersforschung. Wiesbaden: Springer. DOI 10.1007/978-3-658-11308-7_2.
Weber, Karsten/Wackerbarth, Alena (2017). Methoden der ethischen Evaluierung digitalisierter Dienstleistungen in der Pflege. In: Pfannstiel, Mario A./Krammer, Sandra/Swoboda, Walter (Hrsg.), Digitale Transformation von Dienstleistungen im Gesundheitswesen – Impulse für die Pflegepraxis. Wiesbaden: Springer, S. 71–86. DOI 10.1007/978-3-658-13642-0.
Weber-Fiori, Barbara/Stähle, Benjamin/Pfiffner, Steffen/Reiner, Benjamin/Ertel, Wolfgang/Winter, Maik H. J. (2017). Marvin, ein Assistenzroboter für Menschen mit körperlicher Behinderung im praktischen Einsatz. In: Pfannstiel, Mario A./Krammer, Sandra/ Swoboda, Walter (Hrsg.), Digitale Transformation von Dienstleistungen im Gesundheitswesen – Impulse für die Pflegepraxis. Wiesbaden: Springer, S. 269–285. DOI: 10.1007/978-3-658-13642-0.
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Oberzaucher, Johannes/Krainer, Daniela (2017). Elektronische Hilfsmittel für diagnostische Zwecke – aktuelle Ansätze und zukünftige Herausforderungen. In: Likar, Rudolf/ Bernatzky, Günther/Pinter, Georg/Pipam, Wolfgang/Janig, Herbert/Sadjak, Anton (Hrsg.), Lebensqualität im Alter. Therapie und Prophylaxe von Altersleiden. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer, S. 401–423. DOI: 10.1007/978-3-662-53101-3.
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Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Roland Bader
Beitrag als PDFEinzelansichtApp: Daylio - Tagebuch und Stimmungen
Wie geht es dir? Was war heute los? Bei der Anwendung Daylio des gleichnamigen Entwicklers handelt es sich um einen praktischen und übersichtlichen Stimmungsverfolger für alle Altersgruppen. In drei verschiedenen Darstellungsweisen bietet die App die Möglichkeit, tägliche Einträge zur aktuellen Stimmung zu einem selbst bestimmbaren Zeitpunkt sowie die damit in Verbindung stehenden Tätigkeiten festzuhalten. Daylio unterscheidet bis zu fünf Stimmungen, vom leuchtend gelben „Super“, bis hin zum schwarz-gefärbten „Lausig“. Ist das zugehörige Smiley gewählt, können beliebig viele Aktivitäten über klassische Emoji-Symbole hinzugefügt werden. Der verfügbare Symbolkatalog kann dabei jederzeit erweitert werden. Für genauere Umschreibungen steht dem Nutzenden in Anlehnung an einen klassischen Tagebucheintrag ein zusätzliches Notizfeld zur Verfügung. Alle Einträge sind jederzeit (rückwirkend) bearbeitbar und können auch mit anderen via Mail oder Soziale Netzwerke geteilt werden. Unterschiedliche Darstellungsweisen sichern dabei einen tageszeitbezogenen, monatlichen oder jährlichen Kalenderüberblick. Für all diejenigen, die grafische Darstellung bevorzugen, hält die App zudem auch Statistiken mit Stimmungsverlauf, Überblick über die damit oft im Zusammenhang stehenden Aktivitäten, bis hin zu Aktivitätszähler und Durchschnittsstimmungswerten bereit. Daylio kennzeichnet sich durch seine einfache Sprache und wirkt trotz vielfältiger Funktionen und Darstellungsmöglichkeiten nicht überladen. Mit wenigen Klicks werden nur die nötigsten Stimmungsmerkmale aufgenommen und dennoch umfangreich ausgewertet. Der Verzicht auf Bedienzwänge und ständige Erinnerungen ermöglichen eine unaufdringliche, individuelle Nutzung, die sich leicht in den Tag integrieren lässt, ohne die Aufmerksamkeit der Nutzenden zu sehr durch die Anwendungsfunktionalitäten selbst zu vereinnahmen. Zwar bewirbt Daylio in regelmäßigen Abständen seine Premiumversion mit zusätzlichen Funktionen wie PIN-Schutz, sicherem Backup über Google Drive oder dem CSV-Export etwa zum Archivieren oder Drucken der Daten, allerdings kommen die Hersteller ohne
Bewerbung externer Produkte aus und setzen auf Unterstützung durch Spenden. Die App Daylio eignet sich insgesamt gut, um die eigenen Gewohnheiten besser zu verstehen und zu analysieren. Dabei kann durch eine die Selbstreflexion fördernde, sachliche Aufbereitung sowohl die eigene Achtsamkeit hinsichtlich wohltuender Aktivitäten gestärkt als auch ganz pragmatisch die eigene Produktivität beobachtet werden.
spektrum
Ines schell-Kiehl/Nicole Ketelaar/Jack de Swart: Cybermobbing als Herausforderung für die Soziale Arbeit
Cybermobbing ist in den vergangenen Jahren ein zunehmendes Problem unter Jugendlichen geworden und somit ein immer wichtigeres Thema. Der Großteil der internationalen und nationalen Studien zu Cybermobbing fokussiert ‚verhaltensunauffällige‘ Jugendliche im Kontext Schule. Zu konstatieren ist ein Mangel an Studien, die den Umgang mit digitalen Medien bei Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf untersuchen. Der Beitrag geht auf diese spezielle Zielgruppe im Kontext Sozialer Arbeit ein und nimmt die Notwendigkeit passender Präventions- und Interventionsansätze sowie die grundsätzliche Sensibilisierung der professionell Tätigen für diese Fragestellung in den Blick.
Literatur
Baas, Niels (2015). Samen de online wereld verkennen. Een reisgids voor in de klas en thuis. Enschede: Pica.
Cross, Donna/Barnes, Amy/Papageorgiou, Alana/Hadwen, Kate/Hearn, Lydia/Lester, Leanne (2015). A social-ecological framework for understanding and reducing cyberbullying behaviours. In: Aggression and Violent Behavior. DOI: 10.1016/j.avb.2015.05.016.
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Pfetsch, Jan (2015). Bystander von Cybermobbing. Studie der TU Berlin.
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Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Ines Schell-Kiehl, Nicole Ketelaar, Jack de Swart
Beitrag als PDFEinzelansichtJan-Hinrik Schmidt/Kali Richter: Öffentliche Kindheit in Elternblogs?
In Elternblogs geben Menschen Einblick in ihren Familienalltag und berühren damit meist auch Rechte der Kinder, insbesondere in Hinblick auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung. Der Beitrag stellt Befunde einer Befragung von deutschsprachigen Elternbloggerinnen und -bloggern vor und verdeutlicht, inwieweit die spezifische Form der Öffentlichkeit von Elternblogs gerade im Umgang mit personenbezogenen Informationen und Werbung in Konflikt mit den Schutzinteressen der Kinder stehen kann.
Literatur
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Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Jan-Hinrik Schmidt, Kali Richter
Beitrag als PDFEinzelansichtWolfgang Wagner: Entwickeln von Grundvorstellungen des Programmierens bei Kindern zum Aufbau einer digititalen Literarität
Der Wandel unserer Gesellschaft zu einer Informationsgesellschaft ist seit nahezu einem halben Jahrhundert im Gange. Der Umgang mit mobilen digitalen Geräten von Smartphones, Tablets bis hin zu Fitnessarmbändern ist im privaten Alltag allgegenwärtig. Diese Durchdringung unseres beruflichen und privaten Lebens mit digitalen Medien bezeichnet Lindner (2017) als digitalen Klimawandel, weil sie langsam verläuft und schwer bestimmbar ist. Honegger (2017) spricht wiederum von einem Leitmedienwechsel, bei dem das Buch vom vernetzten Computer abgelöst wird. Da eine Aufgabe unserer Bildungsinstitutionen die Vorbereitung auf die momentane und zukünftige Lebenswelt ist, zählt die Vermittlung digitaler Kompetenzen zu ihren Aufträgen. Die digitalen Kompetenzen teilen sich in die ineinander verschränkten Bereiche der Anwendungskompetenzen, der Medienbildung und der Informatik.
Literatur
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Häsel-Weide, Uta (2017). Inklusiven Mathematikunterricht gestalten. In: Mit Heterogenität im Mathematikunterricht umgehen lernen. Wiesbaden: Springer Spektrum. S. 17-28.
Hielscher, Michael/Döbeli Honegger, Beat (2017). Informatik ohne Strom. Pädagogische Hochschule Schwyz. ilearnit.ch/download/InformatikohneStrom.pdf
Hirt, Ueli/Wälti, Beat (2008). Lernumgebungen im Mathematikunterricht: natürliche Differenzierung für Rechenschwache und Hochbegabte. Kallmeyer.
Döbeli Honegger, Beat (2017). Mehr als 0 und 1: Schule in einer digitalisierten Welt. Bern: hep Verlag.
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Krauthausen, Günter/Scherer, Petra (2014). Natürliche Differenzierung im Mathematikunterricht: Konzepte und Praxisbeispiele aus der Grundschule. Kallmeyer.
Ladel, Silke (2018). Sinnvolle Kombination virtueller und physischer Materialien. In: Ladel, Silke/Knopf, Julia/Weinberger, Armin (Hrsg.), Digitalisierung und Bildung. S. 3-22. Wiesbaden: Springer VS.
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Weigand, Hans-Georg/Filler, Andreas/Hölzl, Reinhard/Kuntze, Sebastian/Ludwig, Matthias/Roth, Jürgen/Schmidt-Thieme, Barbara/Wittmann, Gerald (2009). Didaktik der Geometrie für die Sekundarstufe I. Heidelberg: Springer Spektrum.
Video
Wagner, Wolfgang (2018b). Vom Roboterspiel zur Bee-bot: Algorithmisieren in der Grundschule. https://youtu.be/IL9f1wuxF7I [Zugriff: 08.11.2018]
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Wolfgang Wagner
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medienreport
Antje Müller: 35. GMK-Forum Kommunikationskultur
Digitalisierung. Teilhabe. Vielfalt. Drei Schlagwörter, die das diesjährige Forum der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur bestimmten. Inklusion ist ein Thema, das den Fachdiskurs schon immer beschäftigt hat und seinem Wesen nach, nämlich andere einschließen und mitmachen lassen, schon immer zentraler Bestandteil der Medienwelt gewesen ist. Sei es bei der Informationssuche, Wissensbereitstellung, beim Produzieren oder Gestalten – es geht immer um ein ‚für‘ jemanden oder ‚mit‘ jemandem.
Potenziale digitaler Inklusion offenbaren sich dabei insbesondere in einem transdisziplinären Praxisfeld, das Benachteiligte durch Medien (wieder) einbeziehen lässt. Wichtig sei eine zielgruppenspezifische Bildung, so Ingo Bosse von der Universität Dortmund in seinem eröffnenden Impuls. Inklusive Teilhabe fange dabei an, ein Bewusstsein zu bilden, gemeinsam zu handeln und könne so in digitales Empowerment sowie Partizipationschancen münden, wie sie sich beispielsweise in der Bloggerszene eröffnet haben. Gestaltungsprinzipien gilt es dabei zu kennen und nutzbar zu machen. Und das heißt eben nicht nur Kompensation von Defiziten, sondern (Universal-)Gruppen einschließen. Es bedeutet miteinander und voneinander lernen, die jeweilige Lebenswelt zu berücksichtigen, zu kooperieren und Barrierefreiheit zu schaffen. Doch inklusives Denken UND auch Handeln ist leichter ausgerufen als umgesetzt. Eindrücklich schilderte dies die Moderatorin des Eröffnungstags und Autorin, Ninia LaGrande in ihrem abendschließenden Poetry-Slam. In rasanter, fast atemloser Rhythmik beschrieb sie ihr ‚Groß'-Werden, nur ohne das ‚groß'. Wir schluckten, aber LaGrande plauderte belustigt, manchmal zynisch und ab und an etwas genervt über die alltägliche Problematisierung des Nichtproblems ihrer Körpergröße von etwa 1,40 m. Über die Anteilnahme anderer, wo es eigentlich nichts anteilzuhaben gab. Über ein extra bisschen an Aufmerksamkeit, über Annahmen des Nicht-Könnens und vor allem -Erreichens. Spätestens hier wurde klar: Ungewohntes oder Unübliches kann keinen Maßstab stellen und trotzdem bewegt man sich träge im Kreis, eingekocht mit Stereotypen und Vorurteilen, verrührt mit Unmengen an Meinungen.
Aber wie über den Tellerrand schauen, im zähen Einheitsbrei? „Check your privilege!“ – so oder so ähnlich könnte ein erster Schritt hinaus in Richtung inklusives Denken aussehen. Mit dem Blick auf intersektionale Perspektiven digitaler Medienkulturen und dem Fokus auf sowohl Ein- als auch Ausschluss gesellschaftlicher Kategorien, wie unter anderem Herkunft oder Geschlecht, zeigte Ricarda Drüeke von der Universität Salzburg am zweiten Tag vor allem Eines auf: Wer alle teilhaben lassen möchte, muss bei sich selbst anfangen! Ohne ein ständiges Beobachten und kritisches Reflektieren des Selbst, des eigenen Standpunkts wie auch der Situation kann weder erfasst werden, welche Kategorien wirksam sind, noch aus welchen (historischen) Gründen sie aus Macht- und Herrschaftsverhältnissen geworden sind. Über aktuelle Beispiele wie Hashtags mit „Trending Topics“ (#IfTheyGunnedMeDown, #blacklivesmatter, #MeToo), Protesten mit pinken Katzenmützen bis hin zu Diskriminierungserfahrungen (Dunja Hayali, Collien Ulmen-Fernandes) via Hate Speech – das sogenannte „Traveling Concept“ zeigt beispielhaft, wie Diskriminierungen offengelegt und Teilhabemöglichkeiten erweitert können – auch wenn der Weg dorthin schwierig ist. Andere Wege und vor allem Perspektiven ließen sich in den anschließenden zahlreichen Workshops erkunden: Ob bei der Auseinandersetzung mit dem Einfluss der Algorithmen, die bei der „Inklusion des Exklusiven“ behilflich wie hinderlich sein können. Ob bei Beleuchtung von (digitalen) Bildungsmaterialien oder Apps und ihre Wirkung auf eine inklusive politische Bildung. Ob bei spielerischer Auseinandersetzung mit Fake News oder bei Einblicken in die inklusive Medienarbeit im schulischen wie auch außerschulischen Kontext.
War man nicht bereits beeindruckt von der Vielfältigkeit elektronischer Orientierungshilfen, die zum Beispiel Kommunikation unterstützen und als „expressiven“ Kanal für beeinträchtige Heranwachsende fungieren können, überraschten auch ganz grundsätzliche Fragen wie Zuständigkeiten, Rollenüberschneidungen, Anbieterverantwortlichkeit, Unterstützungsstrukturen und letztlich eben auch ein unvermeidlich großes Stück Selbstverantwortlichkeit und ein unverzichtbares Sich-Einbringen in der inklusiven Praxis. Die Qual der Wahl des passenden Inputs potenzierte sich nochmals in der zweiten nachmittäglichen Workshop-Runde. Es gab Tipps für Eltern, Medienmachende und bildungspolitisch Wirkende aber auch für pädagogische Fachkräfte, Sozialarbeitende und Therapeutinnen und Therapeuten – von allgemeiner inklusiver Medienbildung, über eine einfache Sprache oder Skills wie (Gaming-)Impulskontrolle, bis hin zum (beeinträchtigten) Sehen und Denken. Der Markt der Vielfalt mit seinen Medienkultur- und Aktivangeboten spiegelte sich nicht nur auf der Ausstellungsfläche mit Bee-Bots, Bloxel und Co., sondern kristallisierte sich als Wesensmerkmal des inhaltlichen Inputs wie auch des Outputs. Sichtbar machen. Einschließen. Aber auch Sehen und gesehen werden. Wer sich nicht zerteilen wollte, blieb im nahtlosen, rastlosen Austausch. Dies aber galt so oder so als Prämisse. Weite Wege wurden zum Teil auf sich genommen, um sich spätestens auf dem Netzwerkabend wiederzusehen und – oder vor allem: kennenzulernen. Krönenden Abschluss des GMK-Forums bildete traditionell die jährliche Dieter Baacke Preisverleihung mit ausgezeichneten Medienprojekten. Die Preisträgerinnen und Preisträger 2018 ragten insbesondere durch ihre einzigartigen Konzepte rund um Interkulturalität, Intergenerationalität, Minorität, Integration und Teilhabe heraus. Neben wieder auflebender und angereicherter klassischer Tools wie Video, Foto und Trickfilm, beeindruckten die damit neu verwobenen und folglich neu gedachten Möglichkeiten digitaler Synergien: Vom digitalen Storytelling, über ein Alternate Reality Game, interdisziplinäre Kunstformen und Patchwork-(Handyfoto-)Bildband bis hin zur App und letztlich auch Multimedialität – die gewählten Projekte standen auch hier ganz im Zeichen der Vielfalt. Und ja, endlich auch das mittlerweile 13-jährige Spieleratgeber-Projekt. Wir fragen uns auch, warum das so lang gedauert hat! Für Interessierte sei zum Weiterdenken zuletzt noch erwähnt: Das Positionspapier der GMK-Fachgruppe Inklusive Medienbildung, hervorgebracht und zur Diskussion gestellt am letzten Veranstaltungstag, bündelt zentrale Forderungen zur Weiterentwicklung inklusiver Medienbildung in Praxis und Theorie und fordert: „Medienbildung für alle: Medienbildung inklusiv gestalten!" Weitere Informationen unter: www.gmk-net.de/veranstaltungen/35-forum-kommunikationskultur-der-gmk-2018/
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtPia Deutsch: Digital Streetwork – Pädagogische Interventionen im Web 2.0
Amadeu Antonio Stiftung (2017). Digital Streetwork. Pädagogische Interventionen im Web 2.0. Berlin: Druckzone. 40 S., kostenfrei downloadbar unter www.amadeu-antonio- stiftung.de/w/files/pdfs/digital_streetwork_web.pdf
Soziale Medien nehmen in den heutigen Lebenswirklichkeiten ein wesentlichen Raum ein. Hier werden Standards gesetzt und politische Meinungen junger Menschen ausgebildet, gefestigt und an Gleichaltrige weitergegeben. Digitale Lebenswelten sind folglich zu erschließen, um Jugendliche besser erreichen zu können. Insbesondere, wenn Rechtsextremismus und Rechtspopulismus im Internet über die digitalen Grenzen hinweg aufbegehren. In Anbetracht der sich noch in den Anfängen befindlichen Präventionsarbeit in Sozialen Netzwerken sind weitere Erfahrungen und praktische Ansätze von Nöten, zu denen die Handreichung DIGITAL STREETWORK – Pädagogische Interventionen im Web 2.0 von Christina Dinar und Cornelia Heyken einen Beitrag liefert. Aufbereitet für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wird Handwerkszeug in Form von Handlungsoptionen und hilfreichen Informationen zur Adressierung von Jugendliche im Netz, bereitgestellt. Dabei fokussiert das Angebot das Handlungsfeld des Sozialen Netzwerkdiensts Facebook. Ziel des Projekts ist es, das Klima in Online- Debatten positiver, ziviler und respektvoller zu gestalten und junge Menschen mit rechten Affinitäten zu erreichen, um so einer weiteren Verfestigung dieser Einstellungen entgegenzuwirken und eine Distanzierung zu fördern. Ebenso sollen Jugendliche, die sich gegen rechte Affinitäten im Netz einsetzen, gestärkt werden. Neben der Ansprache von rechtsextrem- affinen Jugendlichen ist die Ansprache von sogenannten ‚Bystandern‘, bzw. Beobachtenden und Zuschauenden, ein weiterer wichtiger Aspekt. Innerhalb der kostenlosen Broschüre wird zunächst ein Überblick über die Mediennutzung von Jugendlichen gegeben. Hierzu werden unter anderem Ergebnisse der JIM-Studie und der SINUS-Jugendstudie u18 herangezogen. Letztere zeigt auf, dass einige Jugendliche politische Vorgänge eher leidenschaftslos verfolgen und sich von den Themen nicht angesprochen fühlen, obwohl sie durchaus eine politische Agenda besitzen. Die Jugend(sozial)arbeit soll diese Einstellung off- wie online ändern, wobei Herausgeberinnen betonen, dass Soziale Netzwerke nicht nur als Lebenswelt, sondern ebenso als Sozialraum von Jugendlichen angesehen werden sollten. Digital Streetwork verdeutlicht somit, dass die pädagogische On- und Offline-Arbeit stärker miteinander verbunden werden sollte. Die Frage, wie diese Verknüpfung stattfinden soll, wird jedoch offengelassen. Derzeit finden sich jedoch nur vereinzelt Einrichtungen in Sozialen Online-Netzwerken, wobei repräsentative Zahlen durch systematische und umfassende Erhebungen fehlen. Somit stellt sich die Frage, ob und wie Jugendliche, die offline keinen Kontakt zur Jugendsozialarbeit aufnehmen, in Sozialen Netzwerkendiensten erreicht werden können. Dieser und anderer Fragesn nimmt sich debate// mit der Handreichung Digital Streetwork an. Das Projekt zielt darauf, Jugendlichen mit rechtsaffinem Kommentaren und menschenfeindlichen Inhalten auf Facebook online zu kontaktieren und über persönliche Nachrichten direkt in der digitalen Umgebung in einer „One-to-One“-Interaktion anzusprechen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von debate// sind mit ihren privaten Accounts selbst auf öffentlichen Facebook-Seiten aktiv und begegnen abwertenden Kommentaren im Sinne des sogenannten „One-to-Many“-Ansatzes mit sachlichen, aufklärenden Diskussionsbeiträgen und (Gegen-)Argumentationen bzw. Counter Speech. Dabei sollen auch Mitlesende erreicht und Jugendliche, die sich offen gegen Hetze positionieren, positiv bestärkt und unterstützt werden. Digital Streetwork legt offen, dass für eine erfolgreiche Arbeit im Netz nicht nur Faktoren wie ein glaubwürdiges, authentisches Profil, Medienkompetenz und Kenntnisse über die jugendliche Kommunikation sowie der Jugend- und Netzkultur entscheidend sind, sondern ebenso die Grenze zwischen privatem und professionellem Handeln nicht übertreten werden darf. Es gelingt einige Parallelen zur offline-Arbeit herzustellen und für die erste Kontaktaufnahme einen Leitfaden zu erstellen, welcher insbesondere die Bedeutung der Sprache und die persönliche Vorstellung für den Beziehungsaufbau mit einem Dialog auf Augenhöhe in den Fokus rückt. Hierzu wird eine Grafik angeboten, die bei der Einordnung der Äußerungen eines auffälligen Jugendlichen und der Identifikation der Präventionsstufe Orientierung bietet. Nach Kontaktaufnahme sollte demzufolge die pädagogische Fachkraft den Jugendlichen innerhalb einer sachlichen Argumentation mit den dargebotenen verzerrten Annahmen konfrontieren, um eine Selbstreflexion zu bewirken. Hilfreiche Tipps bietet Digital Streetwork dabei unter anderem zu wirksamen Maßnahmen im Falle eines hohen Widerstandes des Jugendlichen oder für den Umgang mit besonderen kommunikativen Herausforderungen, wie dem Verdrehen von Fakten oder Nichtanerkennung von Quellen. Jedoch werden keine Hinweise bezogen auf konkrete Fallbeispiele gegeben, in denen die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter selbst zum Ziel von Hassattacken werden. Die Lesenden sind zudem dazu angehalten, diese bewährte Herangehensweise möglichst eigenständig, je nach spezifischer Bedarfslage, zu adaptieren und ist gefordert, adäquat einzuschätzen, ob und wie diese Form des Counter Speech auch auf andere Soziale Netzwerkedienste wie Instagram, Snapchat oder Twitter übertragen werden kann. Ein ausreichendes Maß an Medienkompetenz stellt demzufolge eine zwingende Voraussetzung dar. DIGITAL STREETWORK – Pädagogische Interventionen im Web 2.0 ist eine gute Hilfestellung für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die ihr Arbeitsfeld auf das Internet ausweiten möchten und hierzu spezifische Kenntnisse sowie Best practice-Beispiele für erfolgreichen Counter Speech benötigen. Auf 40 Seiten wird ihnen nahezu eine Schritt-für-Schritt-Anleitung geboten, die detailliert verschiedene Ansatzpunkte aufzeigt und erläutert. Positiv fällt zudem auf, dass die wichtigsten Informationen noch einmal in grafischen Übersichten veranschaulicht oder in Merkkästen prägnant zusammengefasst werden und dabei die Bedeutung von ‚Bystandern‘ ebenfalls Berücksichtigung findet. Auf diese Weise wird ein umfassender Blick auf dieses Themengebiet gewährleistet und gleichzeitig ein wichtiger Impuls zur Erstarkung der Präventionsarbeit im Web gegeben. Die Handreichung Digital Streetwork – Pädagogische Interventionen im Web 2.0 entstand aus dem Projekt debate//, welches von der Freudenberg Stiftung und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!" gefördert und im vergangenen Jahr von der Amadeu Antonio Stiftung herausgegeben wurde.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Pia Deutsch
Beitrag als PDFEinzelansichtDana Neuleitner: Khan Academy Kids
Khan Academy (2018). Khan Academy Kids. App für iOS und Android. kostenfrei.
Digitale Medien sind selbst für die Kleinsten schon interessant – schließlich verbringen auch ihre Eltern einen Großteil des Tages vor mobilen Endgeräten. Doch wenn sich die Kinder selbst an Smartphone oder Tablet ausprobieren wollen, bekommen viele Erziehungsberechtigte Bauchschmerzen. Denn auf dem Markt gibt es kaum Applikationen, in denen sich die Heranwachsenden sicher und sinnvoll bewegen können und womöglich sogar noch etwas dazulernen. Khan Academy Kids verspricht hier Abhilfe. Als Gründer Salman Khan feststellen musste, dass kaum kindgerechte Apps existierten, mit denen sein dreijähriger Sohn spielend lernen konnte, entwickelte er seine App Khan Academy mit Lerninhalten für ältere Schüler und Erwachsene weiter und passte das bereits erfolgreiche Lernangebot auch auf Zwei- bis Fünfjährige an. Seit Mitte des Jahres kann die kostenlose App zur Vorbereitung der Kinder auf den Kindergarten oder die Schule genutzt werden.
Khans Wunsch ist es, bereits die Kleinsten für lebenslanges Lernen zu begeistern. Hier soll das Angebot nicht auf einen Aspekt wie etwa Lesen beschränkt werden, sondern erstreckt sich vielmehr auch auf Bereiche wie Rechnen und Farben lernen bis hin zum logischen Denken. Auch soziale Aspekte, wie etwa die Thematik des Teilens oder das Erkennen verschiedener Emotionen werden ebenso spielerisch aufbereitet und animieren die Kinder unter anderem mit Videos zum Mitmachen.
Nachdem unter Angabe des Alters und der Bestimmung eines Avatars ein Benutzerprofil für das Kind eingerichtet wurde, führt der Bär Kodi spielerisch in die Welt des Lernens ein. Die liebevoll gestalteten Tiercharaktere Füchsin Sandy, Elefant Ollo, Vogel Peck und Waschbär Reya begleiten die jungen Lernenden dann weiter durch die einzelnen Spielstationen. Das Kind kann auf zwei verschiedene Arten lernen: Es kann sich selbstständig altersentsprechende Lerninhalte über die Bibliothek aussuchen oder dem vorgeschlagenen Lernpfad folgen. Die Bibliothek ist in vier große Bereiche eingeteilt: Bücher, Videos, ein Kreativbereich sowie einzelne „Level“, die das Kind in selbstgewählter Reihenfolge bewältigen kann. In der zweiten Variante wird dem Kind ein Pfad vorgeschlagen, auf dem es Schritt für Schritt neue Aufgaben und Herausforderungen lösen bzw. bewältigen kann. Dieser Pfad wird fortlaufend auf die Entwicklung des Kindes und dessen Lernfortschritt angepasst. Die Lerneinheiten sind dabei bunt durchmischt mit abwechslungsreichen Themengebieten. Dementsprechend folgt auf eine Einheit zu Emotionen beispielsweise eine zu Buchstaben. Jede Lernthematik wird zunächst durch ein kurzes Video erklärt, bevor verschiedene Aufgaben dazu gestellt werden, bei denen unter anderem der Sprachgebrauch oder die Lautgebung einzelner Buchstaben in unterschiedlichen Wortzusammenhängen aufgezeigt werden. Viele Lerneinheiten werden von animierten Videos begleitet, in deren Verlauf interaktive Aufgaben gestellt werden. Aufgabenstellungen oder Erklärungen erfolgen hier zum Teil kurz aufeinander. Auch musische Untermalung wird geboten. Beliebte Kinderlieder sorgen dabei für zusätzlichen Spaß am Lernen.
Für weitere Motivation sorgt ein simples Belohnungssystem: Je mehr Erfahrung das Kind sammelt und je besser es die Aufgaben bewältigt, desto mehr Zubehör kann es für die Tiercharaktere beim ‚Faultier- Lieferdienst‘ aussuchen. So sammelt es für Elefant Ollo Spielzeug für die Badewanne, für Vogel Peck und Bär Kodi Kostüme für ihre Kleiderschränke, für Waschbär Reya Insekten oder für Füchsin Sandy Musikinstrumente. Mit diesen Objekten kann das Kind jederzeit spielen und dabei unter anderem Hand- Auge-Koordination oder Zählen üben.
Die Bedienung der App ist für Kinder, die zuvor schon ein digitales Gerät in der Hand hatten, recht einfach. Für alle anderen würde sich ein kurzes Erklärvideo anbieten, das in die Handhabung eines Smartphones einführt. Zwar findet sich in der Bibliothek eine Lerneinheit, die den Umgang mit virtuellen Büchern erklärt, doch im regulären Spielpfad fehlt diese Option.
Etwas zu einfach scheint es dagegen, den Elternbereich öffnen zu können. Dieser ist direkt im Hauptmenü auswählbar, lediglich gesichert durch eine schriftliche Aufforderung, in eine bestimmte Richtung zu wischen, um den Zugang zu entsperren. Verborgen sind in diesem Bereich jedoch nur Einstellungen für Benutzernamen und Avatare. Einen Überblick über den aktuellen Lernstand ihres Kindes erhalten Eltern lediglich über farbige Icons in der ‚Bibliothek‘. Darin erkennen sie, ob eine Lerneinheit noch nicht begonnen wurde, sich noch in Bearbeitung befindet oder bereits abgeschlossen ist. Hier wären beispielsweise Statistiken sinnvoll, die die Nutzungsdauer und -häufigkeit aufzeigen oder die Lernerfolge in den einzelnen Einheiten darstellen – etwa ob das Kind in allen Bereichen aktiv ist oder sich auf wenige beschränkt.
Hinsichtlich des Energie- und Datenverbrauchs der Anwendung schlägt allerdings die stetig erforderliche Internetverbindung zu Buche. Eine Nutzung auf dem Tablet scheint zudem empfehlenswert, da einige Aufgaben, wie etwa das Zeichnen, auf dem kleineren Display deutlich schwieriger zu lösen sind. Beim Zählenlernen würde es sich zudem anbieten, wenn das Kind seine Auswahl bestätigen müsste – so genügt ein stures Herumtippen auf dem Bildschirm, bis die geforderte Anzahl an Objekten schließlich erwischt wurde.
Positiv hervorzuheben ist, dass keine In-App- Käufe möglich sind und auch keine Werbung geschaltet wird. Für den Abruf der Spielstände, auch von anderen Geräten, müssen sich die Eltern mit ihrer E-Mail-Adresse registrieren. Allerdings wird bei der Installation unter anderem der Zugriff auf das Mikrofon und die Erlaubnis nach der Kontensuche auf dem Gerät eingefordert, bei dem jedoch in den AGBs versichert wird, dass die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Khan Academy ist eine Non-Profit-Organisation, die unter anderem unterstützt wird durch Lernmaterialien- Spenden von Super Simple, National Geographic Young Explorer, National Head Start Association und Bellwether , wie etwa Tierfotos oder Videos. Die App gewann bereits einen Parent’s Choice Award.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Dana Neuleitner
Beitrag als PDFEinzelansichtDana Neuleitner: Chika, die Hündin im Ghetto
Batsheva Dagan (2018). Chika, die Hündin im Ghetto. Hörbuch, gelesen von Barbara Nüsse. 1 CD, etwa 30 Minuten. Hamburg: Oetinger Media GmbH. 13,00 €.
Vor über 80 Jahren begann in Deutschland eine Zeit des Schreckens: der offiziell größte Völkermord in der Geschichte Europas. Wer nicht in das System passte, wurde etwa weggesperrt oder ermordet. Darunter auch Kinder. Wie sah das Leben eines fünfjährigen Juden während des Dritten Reichs aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Filmhörspiel Chika, die Hündin im Ghetto. Die Geschichte, die basierend auf den Erinnerungen von Batsheva Dagan verfasst wurde, spielt im Sommer 1944 und beruht auf wahren Begebenheiten. Eingeleitet wird die Erzählung von einer kurzen, kindgerechten Erklärung zu den Anfängen und Verhältnissen im Zweiten Weltkrieg.
Der fünfjährige Mikasch lebt zusammen mit seinen Eltern in einem polnischen Ghetto. Dort muss er sich an genaue Regeln halten, denn die Nazis „taten Menschen, die anders waren als sie selbst oder anders dachten, schlimme Dinge an“. Beim Spielen auf der Straße gerät der Junge mit einem Soldaten aneinander. Dieser beschuldigt ihn, einen Apfel stehlen zu wollen. Die Hündin Chika beschützt Mikasch jedoch, indem sie den Soldaten ins Hosenbein beißt, wodurch der Junge davonlaufen kann. Während sich die Hörerin oder der Hörer zunächst noch über diese Tat freuen mag, erahnt man im weiteren Verlauf bald, dass Konsequenzen für die beiden drohen könnten. Und tatsächlich: Kurz darauf wird verkündet, dass Hunde von nun an im Ghetto verboten seien. Um die liebste Spielgefährtin des Sohnes zu retten, will Mikaschs Vater Chika in einer Nacht- und -Nebel-Aktion aus dem Viertel hinausbringen, denn durch die Hündin gelang es Mikasch, selbst unter den widrigsten Umständen im Ghetto unbeschwerte Momente zu genießen und beispielsweise das Pfeifen zu lernen. Der Gedanke daran, dass Chika zurückkommt, wenn der Krieg zu Ende ist, macht Mikasch das Leben im Ghetto erträglicher. Neben Chika hat der Fünfjährige auch noch die etwa gleichaltrige Johanna zum Spielen. Ihr erklärt er, dass „Krieg“ mit den Soldaten zu tun hat und auch damit, dass die Juden keine Hunde haben und keine Äpfel essen dürfen. Die neugierige Johanna fragt daraufhin nach, ob der Krieg auch damit zu tun habe, dass sie möglicherweise „totgeschossen werden“.
Kinder fassen unter den Begriff „Krieg“ oftmals etwas ganz anderes als andere Altersgenossen oder gar Erwachsene und können oftmals dessen weitreichende Bedeutung nicht gänzlich verstehen. Auch Mikasch, der diese schwere Zeit sogar selbst erlebt hat, hat das alles noch nicht ganz verstanden. Hierdurch bietet sich die Möglichkeit, mit den Heranwachsenden über ihr Wissen und ihre Gedanken zu Kriegen zu sprechen und ihnen den Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen näher zu bringen. In einer kindgerechten Weise könnten ebenso Impulse gesetzt werden, um auch auf andere Konflikte auf der Welt einzugehen und Kindern so zu verdeutlichen, was womöglich Gleichaltrige anderer Herkunft erleben bzw. erlebt haben. Ebenso werden Kindern durch die Erzählung Chika, die Hündin im Ghetto Informationen geboten, die ihnen womöglich auch im massenmedialen Alltag und im Umgang mit Kriegsberichterstattungen weiterhelfen können. Das Hörbuch ist in der Lage dieses schwierige Thema fassbar zu machen, ohne die jungen Hörenden zu verängstigen. Für Lehrkräfte würde es sich darüber hinaus anbieten, die heute geltenden Menschenrechte und die von der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte anzusprechen, wonach beispielsweise festgestellt werden könnte, dass Kinder grundsätzlich sehr wohl Äpfel essen oder einen Hund haben dürfen und nicht „totgeschossen“ werden dürfen.
Das im Oktober 2018 bei Oetinger Media GmbH erschienene Hörspiel Chika, die Hündin im Ghetto basiert auf dem gleichnamigen Kurzfilm, der unter anderem auf dem Kurzfilmfestival ArtCity als Bester Animationsfilm ausgezeichnet worden ist. Der Film erhielt außerdem das Prädikat ‚besonders wervoll‘. Das Hörspiel wird für Grundschüler ab einem Alter von sechs Jahren empfohlen. Die gleichnamige Geschichte veröffentlichte die Autorin bereits 2008.
An das Hörspiel, welches unter der Regie von Sandra Schießl entstanden ist, schließt sich ein etwa zwölfminütiges Interview mit der Autorin an, das weitere Aspekte ihres eigenen Lebens im Ghetto aufzeigt. Die inzwischen 93-jährige Batsheva Dagan wurde Psychologin, Erzieherin und Dozentin in der Lehrerausbildung und widmete sich dem Kampf gegen das Vergessen. Im Interview erzählt sie, wie es ihr gelang, trotz des Lernverbots im Ghetto Französisch zu lernen und auch, wie den Kindern mit Hilfe von Sockenpuppen erklärt wurde, wie sie sich bei Christen verstecken können. Außerdem erfahren die Hörerinnen und Hörer, wie es mit Mikasch nach Ende der Geschichte weiterging und wo Chika versteckt wurde. Dagan erläutert außerdem die Bedeutung des Grußes „Shalom“, der Farbe Gelb und dass ihre Bücher immer ein Happy End haben, „denn [sie] will den Kindern die Hoffnung nicht rauben“. Die CD bietet außerdem noch Dagans Gedichte „Vom Abschneiden der Haare“ und „Dort träume ich“, die sich ebenfalls mit ihren Erfahrungen zur Thematik des Holocaust auseinandersetzen.
Durch die Hörspiellänge von etwa 30 Minuten kann Chika, die Hündin im Ghetto gut in Unterrichtsstunden eingebaut werden. Das etwa 15 Minuten umfassende Zusatzmaterial kann entweder gemeinsam mit den Kindern rezipiert werden oder der Lehrkraft dienen, sich auf mögliche Fragen der Kinder zum Thema (Welt-)Krieg vorzubereiten. Das liebevolle Hörspiel nähert sich auf leicht verständliche Weise einem ernsten und emotionalen Thema, das nach einer zusätzlichen Einordung durch einen Erwachsenen oder eine Lehrkraft verlangt. Eltern, die sich die Geschichte gemeinsam mit ihrem Nachwuchs anhören, sollten sich der Thematik aus der Perspektive des Kindes nähern und gegebenenfalls zusätzliche Informationen zur Vermittlung an Kinder heranziehen.
„Ihr habt immer eine Wahl zwischen Gut und Böse. Jede Stunde und überall. Es hängt von euch ab, wie ihr entscheidet“, lautete der Rat der Autorin an Grundschülerinnen und -schüler. Chika, die Hündin im Ghetto kann somit einer jungen und auch kriegsunvorbelasteten Generation dabei helfen, historische Fehler nicht zu vergessen und auch ihre eigenen Entscheidungen stets zu überdenken.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Dana Neuleitner
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publikationen
Georg Materna: Desinformation, Schimpf und Schande im globalen Dorf
Pörksen, Bernhard (2018). Die große Gereiztheit. Wege aus der kollektiven Erregung. München: Carl Hanser Verlag, 256 S., 22 €.
Zu den heiß diskutierten Entwicklungen der letzten Jahre zählt, welchen Einfluss die verstärkte Nutzung Sozialer Medien durch beinahe alle Bevölkerungsgruppen auf Politik und Gesellschaft hat. Was machen Fake News mit der öffentlichen Meinung? Wie kann der stetigen Verbreitung von Hass und (zum Teil unzensierten) Skandalen in sozialen Medien begegnet werden? Bernhard Pörksen hat sich diesen Fragen in einem geistreichen Essay angenommen. Sein Ausgangspunkt: Unsere von Medien durchdrungene Gesellschaft lebt in einem Zustand ständiger Gereiztheit. Das mediale Nervensystem der globalisierten Welt hat diese nicht zu einem romantischen globalen Dorf werden lassen, sondern zu einem Ort, an dem Desinformation, Schimpf und Schande in die kleinsten Winkel alltäglicher Lebenswelten vorzudringen vermögen. Pörksens Buch führt durch fünf verschiedene Krisen-Kapitel, bevor er es mit einem Utopie-Kapitel ausklingen lässt. Die erste Krise betrifft die alte Frage, wie Menschen die Wahrheit erkennen können. Medienvermittelte Information hat sich hierfür als ein wichtiges Werkzeug erwiesen. Aktuelle Entwicklungen wie Filterblasen und Fake News führen die mediale Wahrheitssuche jedoch in eine Krise. Pörksen gibt hierfür ein Beispiel aus dem amerikanischen Wahlkampf 2016, bei dem die auf Facebook in Bezug auf Shares, Likes und Kommentare 20 erfolgreichsten Falschnachrichten mit den 20 erfolgreichsten Artikeln etablierter Medien verglichen wurden. Falschnachrichten generierten in drei Monaten vor der US-Präsidenten-Wahl 8,7 Millionen Reaktionen, während die nach journalistischen Qualitätsmaßstäben gefertigten „nur“ auf 7,3 Millionen kamen. Falschnachrichten „kombinieren den Wow- Effekt der Überraschung mit dem Sedativum der Bestätigung […]. Was emotionalisiert, so lautet die Grundregel in sozialen Netzwerken, funktioniert“ (S. 34 f.). Pörksen nennt das „Informationswäsche“. Informationen werden aus dem Kontext gerissen, umgedeutet, Quellen gehen im Prozess des Kopierens, Teilens, Verlinkens verloren.
Das führt in eine zweite Krise: die sich verstärkende Schwierigkeit eines politischen, auf rationalen Argumenten basierenden Diskurses. Die Demokratie transformiert sich in eine Empörungsdemokratie. Diese Entwicklung wird von einer sich wandelnden Medienöffentlichkeit unterstützt, in der die Gatekeeper der klassischen Massenmedien an Einfluss verlieren und Online-Medien ihr Versprechen von Partizipation in einer Art einlösen, durch die problematische gesellschaftliche Tendenzen verstärkt werden. Der Einzelne „ist zum Regisseur seiner Welterfahrung geworden, [er] vermag sich aus den unterschiedlichsten Erfahrungen eine private Wirklichkeit zu konstruieren, die ihm plötzlich als allgemeingültige Realität erscheint“ (S. 78). Einher gehen diese privaten Wirklichkeiten oftmals mit pauschalem Systemmisstrauen. Politischen Einfluss gewinnen die Regisseurinnen und Regisseure privater Welterfahrung nicht mehr als Kollektive, sondern als Konnektive, die als themen- und anlassspezifische „Individualmasse“ (S. 89) in Erscheinung treten.
Nach den Ausführungen der ersten beiden Kapitel, in denen der komplexe Stand der Forschung auf bewundernswerte Weise zusammengefasst wird, verliert Pörksens Argumentation im dritten Kapitel kurzzeitig an Fahrt. Die dritte aufgeführte Krise sieht er im Autoritätsverlust von Amtsträgern und Institutionen. Diese durchaus nachvollziehbare Diagnose verbindet er jedoch stark mit Max Webers Vorstellung von Amtscharisma. Charismatikerinnen und Charismatiker leben von der Inszenierung und von symbolischen Gesten; die Skandalisierung privater Fehltritte und Fotos aus ihrem uninszenierten Leben – die „Schmerzen der Sichtbarkeit“ (S. 92) – untergraben jedoch letztendlich ihre Autorität, so Pörksens These. Das ist einerseits richtig, anderseits wäre es ebenso spannend gewesen zu fragen, ob der Verlust von Charisma als Autoritätslegitimation nicht als Zeichen gesellschaftlichen Wandels zu mehr Augenhöhe gelesen werden und wie mithilfe medialer Öffentlichkeit zukünftig Autorität legimitiert werden könnte.
Im nächsten Kapitel geht Pörksen auf die Behaglichkeitskrise ein und nimmt wieder die gewohnte Flughöhe auf. So beschreibt er eine junge Herausforderung journalistischen Arbeitens, die er als „digitalen Schmetterlingseffekt“ (S. 128) bezeichnet. Pörksen gibt das Beispiel eines amerikanischen Pastors aus Florida mit kleiner Gemeinde und wenigen Followern in sozialen Medien, welcher 2010 zum Jahrestag der Anschläge auf die Twin Towers zur Verbrennung des Korans aufrief. Sein Ansinnen stieß auf wenig Resonanz, bis ihn CNN zum Thema befragte. Danach gibt der Pastor 150 weitere Interviews, in Jakarta und Kabul kommt es zu Protesten gegen ihn. Je näher der Jahrestag rückt, desto besorgter werden Politikerinnen und Politiker weltweit. Der US-Oberbefehlshaber, Angela Merkel, Hillary Clinton, der Vatikan und andere kritisieren ihn. Als der Pastor seinen Aufruf zurücknimmt, erklärt eine andere Gruppe, die Koranverbrennungen durchzuführen, was wenige Tage später zu Protesten in Indien führt, bei denen 16 Menschen zu Tode kommen. Minimaler Anstoß, maximaler Effekt.
Im vorletzten Kapitel zur Reputationskrise führt Pörksen aus, wie die beschriebenen Veränderungen auf der Subjektebene zu verheerenden Konsequenzen führen können. Denn in sozialen Medien werden nicht nur Politiker und Prominente Opfer von Skandalen, sondern auch der gemeine Bürger wird an den digitalen Pranger gestellt. Das führt zu neuen Herausforderungen, denn während einige der Skandale durchaus wichtige Reinigungsfunktionen für das soziale Zusammenleben besitzen, vernichten andere das soziale Leben von Betroffenen aufgrund kleinster Verfehlungen. Hierauf zu reagieren ist für die Betroffenen nicht einfach. Kontrollversuch und Kontrollverlust liegen nah beieinander, wenn ersterer in Form von medialen Gegendarstellungen erneute Aufmerksamkeit erregt und direkt in letzterem mündet.
Neue, bessere Umgangsformen mit und in den sich wandelnden Öffentlichkeiten zu vermitteln, ist daher Pörksens Utopie. Im letzten Kapitel formuliert er die Idee einer redaktionellen Gesellschaft, in der die „Prinzipien eines ideal gedachten Journalismus zum Bestandteil der Allgemeinbildung und zum selbstverständlichen Ethos“ werden (S. 189). Pörksen argumentiert für eine durch Diskursorientierung, ethisch-moralische Abwägung und Kritik geprägte Medienbildung, die als eigenes Schulfach eingeführt werden sollte. Er tritt ein für dialogischen Journalismus und Transparenzpflichten von Plattform-Monopolisten. Leider bezieht er hierbei medienpädagogische Erkenntnisse und Initiativen nicht mit ein. Das wird viele medienpädagogische Fachkräfte fragend zurück lassen. Dennoch sei ihnen Pörksens Buch als Lesespaß und kompakte Zeitdiagnose wärmstens empfohlen. Es bietet spannende Einblicke, treffende Formulierungen und ist so ausgiebig mit Quellen versehen, dass es als Fundgrube zur Recherche dienen kann.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Georg Materna
Beitrag als PDFEinzelansichtPia Deutsch: Bewegtbilder besitzen pädagogisches Potenzial
Rückert, Friederike (2018). Bewegte Welt // Bewegte Bilder. München: kopaed. 300 S., 22,80 €.
Kinder und Jugendliche eignen sich ihr Wissen oftmals durch Bewegtbilder an. Selbst die Eigenproduktion und Distribution von Filmen ist mittlerweile durch mobile Medien einfacher geworden. Diese technologischen Entwicklungen bieten zum einen neue Möglichkeiten, aber gleichzeitig auch Herausforderungen für die Kunstpädagogik und Fachdisziplinen, die sich mit der Filmund Medienbildung befassen. Der Band Bewegte Welt // Bewegte Bilder erläutert in drei Teilen das pädagogische Potenzial von Bewegtbildern. Verschiedene Autorinnen und Autoren geben hierauf rezeptiv orientierte Einblicke, gefolgt von einer Diskussion filmdidaktischer Fragestellungen anhand ausgewählter Best-Practice-Beispiele.
Zum Einstieg wird gezeigt, wie Schülerinnen und Schüler einen reflektierten Zugang zu Bewegtbildmedien erlangen können. Es wird erklärt, dass ein Filmbild nicht zwingend identisch sein muss mit dem was es abbildet – ganz nach dem berühmten Satz „Ceci n’est pas une pipe“ des Künstlers René Magritte. Außerdem wird eine realistisch wirkende Kameraeinstellung aus dem Film L‘arrivée d‘un train à La Ciotat der Gebrüder Lumière angeführt und resümiert, dass Filme nicht die Realität abbilden (können); vermutlich der wichtigste Aspekt, der bei Filmanalysen beherzigt werden sollte. Die Filmbildung wird am Beispiel von Jacquot de Nantes des Regisseurs Agnès Vardas ebenso thematisiert, denn dieser steht exemplarisch für eine besondere Herangehensweise, die gekennzeichnet ist durch die spezielle Annäherung an die Dramaturgie. Als Schluss wird gezogen, dass das phänomenologische Bildungspotenzial auch im Handwerk des Filmemachenden zu finden sei, was durch eine oftmals einseitige Fokussierung auf die Digitalisierung schnell ausgeblendet würde. Plädiert wird deshalb für die Verwendung analoger Technik in der Bildung. Anhand der Betrachtung der norwegischen Webserie Skam und der heute vielfältigen Medienkultur gelingt es, die Erfolgsfaktoren für gelungene Webserien herauszukristallisieren. Daneben wird vorgeschlagen, Skam als Beispiel für neue Formen der Bewegtbildvermittlung einzusetzen und damit einen Anstoß für die ästhetische Darstellung jugendrelevanter Themen zu geben. Es wird deutlich erkennbar, dass sich dafür eingesetzt wird, die Aufmerksamkeit auf dieses unbekanntere Genre zu lenken und im Zuge dessen neue Impulse zu setzen.
Das fünfte Kapitel fungiert als Einleitung in den didaktischen Teil und thematisiert die filmische Vermittlung von Bildungsinhalten mit unterhaltenden Zugängen. Ein Beispiel soll zur Nachahmung anregen. Die Didaktik des Lernfilms wird thematisiert, denn Lernfilme können unter bestimmten Bedingungen zum Ausbau der fachlichen und der Allgemeinbildung sowie der Medienkompetenz beitragen. Der Autor betont zwar, dass Lernfilme auf lange Sicht den persönlichen Kontakt zwischen Lehrendem und Lernendem nicht ersetzen können, spricht sich jedoch dafür aus, sie als Ergänzung der Präsenzlehre miteinzubeziehen. Die Verbesserung des Lernerfolgs durch Lernfilme steht offenkundig im Zentrum des Kapitels. Ein Best-Practice-Beispiel zu digitaler Bildung durch Videos steht im Fokus von Kerstin Kremer und der Herausgeberin Friederike Rückert. Neben einer Projektvorstellung liefern sie Argumente warum Filmbildung als Teil digitaler Bildung gelten kann. Folgt man dieser Auffassung, so sollte Filmbildung mehr Beachtung in der Debatte finden. Eingeleitet durch die außerschulische Bildung behandelt der dritte Teil verschiedene Beispiele, die innerhalb eines Rückblicks, einer Einschätzung der Filmdidaktik und wie man Filmen lernt thematisiert werden. Es wird erkenntlich, dass finanzielle Unterstützung und moderne Ausstattung wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Annahme und Arbeit der Bildungseinrichtungen darstellen und ebenso, welche Rolle dabei professionelle Filmschaffende spielen können. Zusätzlich wird am Projekt Perspektivwechsel aufgezeigt, in welch hohem Maße Filmbildung für ein interkulturelles Projektlernen geeignet erscheint und dabei gleichzeitig Kompetenzen im Bereich der Filmbildung stärken kann. Der Initiator eines Fernsehprojektes einer Schule, Sönke Zankel, stellt an diesem Beispiel Erkenntnisse und Ratschläge für Lehrende bereit, die selbst ein solches realisieren möchten. Dabei haben die Fragen, wie Filmbildung in der Kunstpädagogik eingesetzt werden kann und welche Potenziale und Chancen Handys, Smartphones und Tablets hierfür mitbringen, immer den Fokus auf das mit einzubeziehende geänderte Bild- und Filmverständnis der Jugendlichen. Diese Erkenntnisse sind sicherlich als Hilfestellung für Lehrende, gewiss auch für diejenigen, die ein etwaiges Projekt starten wollen, angedacht. Experte und Lehrender Hans Oluf Schou führt schließlich in das an dänischen Gymnasien unterrichtete Fach ‚Media Studies‘ ein, welches als vorbildliche Umsetzung von Film- und Medienbildung angesehen werden kann. Eine Adaption dieses Faches in das deutsche Bildungswesen stellt sich als lohnenswerte Unternehmung heraus, da derartige Projekte bisher lediglich im Sprachunterricht oder an der Universität zu finden sind. Die Schnittstellen von Realität, Virtualität, Film und Neuer Musik in intermedialen Kunstformen sowie deren didaktisches Potenzial für die Praxis werden aufgezeigt. Jedoch wurden nur universitäre Beispiele vorgestellt. Deshalb ist fraglich, wie gut Jüngere insbesondere virtuelle Projekte umsetzen können.
Der Band richtet sich vor allem an pädagogisches Fachpersonal, die Bewegtbilder im Unterricht einsetzen wollen. Es gelingt, das Fachgebiet und sein Potenzial für das pädagogische Arbeitsfeld durch eine vielfältige Betrachtung und eine Verknüpfung von theoretischen Ansätzen sowie praktische Gestaltung herauszuarbeiten. Der allgemeine und der didaktische Teil kommen jedoch etwas kurz. Es werden zwar viele Beispiele als Anregung genannt, teilweise sind diese jedoch sehr spezifisch und schwer verallgemeinerbar, sodass die Nachahmung mitunter schwer werden könnte. Die Unterteilung in drei Teile erscheint zunächst sinnvoll, führt jedoch dazu, dass etwa die interkulturelle und die kulturelle Sichtweise auseinander gerissen werden. Dabei ist anzumerken, dass die Aufteilung nicht gleichmäßig erfolgt, sondern den Beispielen mehr Beachtung geschenkt wird, vielleicht sogar zu viel. Die durch den Klappentext suggerierte Fokussierung auf Kunstpädagogik verbleibt in der theoretisch-praktischen Abhandlung zudem eher am Rand. Neben zahlreichen Beispielen und Projektbeschreibungen sind Vorschläge zur konkreten, gegebenenfalls auch originären Verwirklichung derselben vergleichsweise selten auszumachen.
Insgesamt ist es dem Band gelungen, einen thematisch breiten Überblick über die Möglichkeiten der Film- und Medienbildung zu geben und alle relevanten Aspekte zu beleuchten.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Pia Deutsch
Beitrag als PDFEinzelansichtNathanael Riemer: Piasecki, Stefan (2017). Credere et ludere. Computer- und Videospiele aus religionspädagogischer Perspektive. Baden-Baden: Tectum Wissenschaftsverlag. 778 S., 69,95 €.
Worin bestehen die Herausforderungen von Videospielen für die gegenwärtigen Gesellschaften und inwiefern sind sie für Religionsgemeinschaften, religionspädagogische und medienpädagogische Fachkräfte von Relevanz? Diese Fragen möchte das 778 Seiten umfassende Buch des Medienwissenschaftlers Stefan Piasecki beantworten, hinter dem sich die überarbeitete Habilitationsschrift verbirgt, die er als Professor an der Kasseler CVJM-Hochschule verfasste. Einleitend stellt der Autor seine Forschungsfragen vor, die erkennbar von konfessionell- kirchlichen Perspektiven geprägt sind. Insofern ist es erfreulich, dass er sich nicht nur an das wissenschaftliche Lesepublikum wendet, sondern immer auch die interessierten und fragenden Laien im Blick hat. So bietet der Autor in verständlicher Form zunächst systematische Überblicke über die Geschichte der Videospiele, die spieltheoretischen Grundlagen (Huizinga, Caillois, Weizenbaum) und die Versuche, alltagsweltliche Prozesse durch Gamification spielerisch zu gestalten. Piasecki führt ebenfalls in die gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Videospielen ein, wobei er in seine Darstellung nicht nur die Forschungsergebnisse der Game Studies einbezieht, sondern auch auf die marktwirtschaftlichen Dimensionen der Gameindustrie aufmerksam macht. Schließlich übersteigen die Budgets großer Videospiele schon seit rund zehn Jahren die von Blockbustern der Filmindustrie. Anschließend nimmt Piasecki eine Bestimmung des Religionsbegriffes vor und erläutert im nun folgenden Herzstück seiner Arbeit die Wechselwirkungen zwischen Religionen und Videospielen. In alphabetischer Reihenfolge stellt er die mythologischen, religiösen und ethischen Aspekte von neunzehn Verkaufsschlagern der Videospielindustrie vor, die von 1980 bis in die frühen 2010er Jahre reichen. In den letzten zwei Hauptkapiteln stellt der Autor den Bezug zu den religionspädagogischen Kontexten her. Spieleentwicklerinnen und Spieleentwickler bedienen sich vollkommen frei aus den Schatzkammern religiös geprägter Mythen und gewachsener Weltreligionen, indem sie alle Aspekte funktionalistisch einsetzen, „um eine Geschichte plausibler erzählen oder Handlungsintentionen fiktionaler Charaktere besser begründen zu können.“ (S. 677) Die vorliegende Publikation trägt wesentlich zum besseren Verständnis der Welt der Videospiele bei. Allerdings werden die Rezeptionen religiöser Motive in Games das spielende Volk kaum dazu veranlassen, Gotteshäuser zu betreten oder zu eifrigen Lesern heiliger Schriften zu werden.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Nathanael Riemer
Beitrag als PDFEinzelansichtLara Moritz: Mascheroni, Giovanna/Ponte, Chrisitna/ Jorge, Ana (Hrsg.) (2018). Digital Parenting. The Challenges for Families in the Digital Age. Göterborg: Nordicom. 240 S., 25,00 €.
Die Digitalisierung stellt Eltern vor immer neuen Herausforderungen. Sie müssen abwägen, wie sie ihre Kinder an einen sicheren Umgang mit Medien heranführen und gleichzeitig auch ihren eigenen Umgang mit neuen Medien stetig hinterfragen. Digital Parenting fokussiert sich in drei großen Kapiteln auf die Aspekte der elterlichen Mediation, den Umgang der Eltern mit digitalen Medien und den Herausforderungen, Risiken und Möglichkeiten von digitalen Medien. Unter anderem anhand von Studien wird die digitale Erziehung verschiedener Altersgruppen in unterschiedlichen soziokulturellen Umwelten aufgezeigt und diskutiert. So können Vergleiche zwischen den Maßnahmen von Eltern, die digital gut vernetzt sind und denen, die wenig Kontakt zur digitalen Welt haben, bei der Erziehung zum Umgang mit digitalen Medien gezogen werden. Auch das wenig erforschte Feld der sehr jungen Kinder wird in einigen Studien aufgegriffen. Enthaltene Langzeitstudien zeigen darüber hinaus die veränderte Nutzungsweise digitaler Medien im Verlauf des Älterwerdens sowie die Einflussnahme auf die Mediennutzung durch Eltern und Geschwister auf. Auch auf spezielle Herausforderungen wie Online-Glücksspiel und die Isolation in ländlichen Gebieten geht Digital Parenting ein. Zusammen mit der Analyse von Online-Diskussionen über sensible Themen, wie genetische Krankheiten und Geburten, wird ein differenziertes und anschauliches Bild der Thematik gezeichnet, wobei sich in der Gesamtheit eher gegen eine stark restriktive Mediation der Eltern ausgesprochen wird. Vor allem durch Kapitel über die Screen-Time Debatte und das thematisieren des „sharenting“ möchte Digital Parenting zu Diskussionen anregen. Ein Foto- Guide am Ende des Bandes dient als kurze Anleitung für Eltern in Bezug auf das Teilen von Fotos ihrer Kinder in Sozialen Netzwerken. Somit richtet sich die Publikation unter anderem an Praktikerinnen und Praktiker, Forschende, wie auch an Eltern, Lehrpersonen und Schülerinnen bzw. Schüler, sowie an NGOs und Politik-Machende, denen hier, basierend auf einer Anzahl von Studien, Lösungen und neue Regelungen für die digitale Erziehung von Kindern vorgeschlagen werden.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Lara Moritz
Beitrag als PDFEinzelansichtAntje Müller: Möslein-Tröppner, Bodo/Bernhard, Willi (2018). Digitale Gamebooks in der Bildung. Spielerisch lehren und lernen mit interaktiven Stories. Wiesbaden: Springer Gabler. 171 S., 24,99 €.
Spielen gehört zu einer der intuitivsten und gleichzeitig effektivsten Lernformen. Zusammen mit der wachsenden Anerkennung des (Video-)Gamings, und zwar auch als Instrument zur Information und kulturellen Bildung, erfreut es sich insbesondere im Bildungsbereich wachsender Beliebtheit. Mit dem Format des Gamebooks, wie es Möslein-Tröppner und Bernhard in ihrem Band Digitale Gamebooks in der Bildung beschreiben, werden die Vorteile des spielerischen Lernens mit den digitalen Möglichkeiten verbunden und in einem neuartigen Game-based-Learning- Kontext integriert. Enthoben aus seinem klassischen Ursprung in der Unterhaltungsliteratur oder Computerspielindustrie bietet das kollaborative Gamebook eine alternative und zeitgemäße Methode zur Wissensvermittlung ausgehend von Textkomponenten, die sich in der Spielumgebung und individuellen Spielentscheidungen zu einer Story formen und fast nebenbei zum Lernen motivieren. Dabei spielt die Kollaboration mit anderen Spielenden eine wesentliche Rolle, um als Lesender wie auch Lernender ‚vorwärts‘ zu kommen. Die positive Wirkung des spannenden Kopfkinos im Lese- Spiel-Modus können Lehrende beispielsweise im Projektunterricht, als Aufklärungs- oder Prüfungsform einsetzen und Schülerinnen und Schüler dazu anregen sich Wissensgebiete in Eigenregie spielerisch anzueignen. In Digitale Gamebooks in der Bildung beschreiben die Autoren Schritt für Schritt wie dies zu bewerkstelligen ist. Angefangen von historischen Ursprüngen und Einsatzgebieten des Gamebooks, über dessen mögliche Komponenten bis hin zur Automatisierung der Erstellung via Templates, selbst an eine Handlungsanleitung zur Erstellung eines eigenen Gamebooks wird gedacht. Mit zahlreichen Beispielen unterschiedlichster Anforderungsgrade bietet der Band zugängliche Erklärungen, die den Gamebook-Anwendenden in einem angemessenen Tempo an das zunächst abstrakt anmutende Konstrukt Gamebook heranführen und ihn darüber hinaus auch zur selbstanwendenden Gamedesignerin bzw. -designer werden lassen. Die induktive Herangehensweise des Bandes mit vielen schematischen Darstellungen für beispielhafte Anwendungen, zur Ausgestaltung von Bausteinen oder des Story-Design, inklusive eines Downloadlinks zu einem Muster- Gamebook sichern, selbst für Einsteigerinnen und Einsteiger, eine machbare Umsetzung und zügige Integration in Lehrund Lernkontexte. Mitbringen sollten angehende Gamebook- Designerinnen und -Designer jedoch ein gewisses Interesse an logischen Prozessen sowie Freude an Kreativität und Storyfindung, die bei der Bewältigung der zunehmenden Komplexität des Bandes hilfreich ist. Digitale Gamebooks in der Bildung bietet insgesamt ein gut durchdachtes Bildungs-)Konzept, das ein vielversprechendes Tool ins Zentrum der Lernmethoden rückt.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Antje Müller
Beitrag als PDFEinzelansichtHeinrike Paulus: Schaumburg, Heike/Prasse, Doreen (2019). Medien und Schule. Theorie – Forschung – Praxis. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. 288 S., 19,99 €.
Ein Blick in die Geschichte der Medienpädagogik zeigt: Im Unterricht sind Medien seit jeher allgegenwärtig und notwendig, angefangen beim Buch über den Film bis zu den konvergierenden Medien wie Tablet oder Smartphone. Zugleich ist Medienbildung eine essenzielle Aufgabe der Schule. Unerlässlich ist es heute, Schülerinnen und Schülern auf ein selbstbestimmtes und verantwortliches Handeln in der Medienwelt vorzubereiten. Als zentralen Akteure der Medienintegration müssen Lehrkräfte daher über Innovationsbereitschaft sowie medienerzieherische und mediendidaktische Kompetenz verfügen. Heike Schaumburg und Doreen Prasse erläutern in ihrer Publikation Konzepte wie die der Medienbildung, Medienkompetenz und schulischen Medienerziehung unter Berücksichtigung internationaler Studien. Daneben stellen sie medienpädagogisches (Grundlagen-)Wissen verständlich und strukturiert dar. In sechs mehrfach untergliederten Kapiteln werden Theorien und Befunde zur Nutzung, emotionalen Wirkungsweise und zu Potenzialen und Risiken von (digitalen) Medien zusammengetragen. Dabei konzentrieren sich die Autorinnen auf die von Digitalität durchdrungene Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Neben den Nutzungsweisen Heranwachsender richten sie ihr Augenmerk auch darauf, wie digitale Medien gewinnbringend im Unterricht genutzt und zugleich medienbezogene Kompetenzen fachintegriert vermittelt werden können. Den Leserinnen und Lesern werden praxisrelevante Hinweise für einen pädagogisch angemessenen Umgang mit Medien an die Hand gegeben, etwa zur Arbeit mit iPads, Web Quests oder Entwicklung einer Handyordnung an der Schule. Besonders hilfreich je Kapitel sind die kompakten Infokästen zu relevanten Theorien, Definitionen, Studien oder Praxisbeispielen, welche ergänzt werden durch strukturierte Schaubilder oder tabellarische Übersichten. Das wissenschaftliche Studienbuch richtet sich an alle, die sich für Schule und Medien interessieren, insbesondere an Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten sowie Lehramtsstudierende, deren zukünftiger Berufsalltag mehr denn je vom digitalen Lernen geprägt ist.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Heinrike Paulus
Beitrag als PDFEinzelansichtHeinrike Paulus: Toman, Hans (2018). Perspektiven der aktiven Medienarbeit im Projektunterricht. Merkmale, Methoden, Kompetenzen, Szenarien und Perspektiven. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. 269 S., 24,00 €.
Eine der wichtigsten Methoden der Medienpädagogik ist die aktive Medienarbeit. Dadurch lässt sich individuelle Medienkompetenz nicht nur erlernen, sondern auch festigen und weiterentwickeln. Einen wichtigen Beitrag leistet dabei eine kritische und kreative Nutzung von Medien im projektbezogenen Unterricht. So lassen sich auch realitätsnahe und sozialorientierte Themen mit Hilfe von Medien bearbeiten. In seinem aktuellen Band zeigt Hans Toman, wie Schülerinnen und Schüler durch eine realitätsnahe, im Projektunterricht gestaltete aktive Medienarbeit lernen, sich medial im gesellschaftlichen Diskurs zu artikulieren und so ihre eigene Sichtweise einzubringen. Der Autor greift verschiedene Themenbereiche wie etwa Sport und Medien oder Kinder und Medien auf, die sich durchaus mittels aktiver Medienarbeit erörtern lassen. Der neun Kapitel umfassende Band widmet sich intensiv den Facetten von Projektunterricht sowie -methoden und setzt sich mit medienwissenschaftlichen Grundlagen, aber auch mit Merkmalen der aktiven Medienarbeit auseinander, die durch praxisrelevante Projekte und Szenarien ergänzt werden. In einem gesonderten Kapitel ergründet Toman ebenso das bildungspolitische Thema Inklusion und zeigt, wie diese mit aktiver Medienarbeit unterstützt werden kann. Der Band ist als eine medienpädagogische Bestandsaufnahme zu verstehen, die fundiert relevante Themen der Medienpädagogik anspricht, an manchen Stellen jedoch die aktive Medienarbeit etwas aus dem Blick verliert. Den noch gelingt es, praxisbezogene Hinweise mit den gängigen theoretischen Grundbegriffen der Medienpädagogik zu verknüpfen. Das Glossar könnte gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung allerdings einige Begriffe mehr umfassen. Dennoch ist der Band ein idealer Unterrichtsbegleiter für Lehrkräfte aller Schularten und Jahrgangsstufen, Studierende der verschiedenen Lehrämter sowie Medienpädagoginnen und -pädagogen.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Heinrike Paulus
Beitrag als PDFEinzelansichtHeinrike Paulus: von Gehlen, Dirk (2018). Gebrauchsanweisung für das Internet. München: Piper Verlag. 217 S., 15,00 €.
Ist Heimat da, wo sich das WLAN automatisch verbindet? Oder ist das Internet selbst schon Heimat? Wie muss man sich eigentlich dieses Internet vorstellen? All diesen Fragen und mehr geht der Journalist und Medienwandel- Experte Dirk von Gehlen nach. Sein Buch richtet sich daher an jene, die zwar Grundlegendes zur Anwendungen des Internets besitzen, aber noch mehr etwa über dessen Mediengeschichte oder physische Grundstruktur erfahren wollen. Wertvolles Hintergrundwissen wird in Gebrauchsanweisung für das Internet vermittelt, das Mediennutzerinnen und -nutzer aller Generationen in ihrer Medienkompetenz stärken kann und somit eine geeignete Quelle auch für alle Aktive im Bereich der Medienbildung darstellt. Für von Gehlen ist das Internet ein großer Kontinent und gleichsam ortloser Ort, den es zu erkunden und zugänglich zu machen gilt. Seine Leserinnen und Leser nimmt er in seinem gut recherchierten Buch mit auf eine spannende Reise – selbstbestimmt und angstfrei sollen sie davon zurückkommen. Bezüge zum Alltag machen das vermittelte Wissen anschaulich: So vergleicht er die Passwörter von E-Mail-Postfächern oder zahlreichen Benutzerkonten mit der eigenen Zahnbürste. Beide wechselt man regelmäßig und gibt sie nicht weiter. Mit unterhaltsamen Beispielen wie diesem und auch sachlich fundierten Darlegungen erläutert von Gehlen die gesellschaftlichen, politischen und technischen Mechanismen und Prinzipien des Internets. Dabei widmet er sich nicht nur dem, was auf dem Bildschirm von Tablet, Smartphone und Laptop geschieht, sondern auch der technischen Infrastruktur. In 21 Kapiteln geht der Autor etwa dem digitalen Dialekt in der Emoji- Nutzung auf den Grund, stellt eine Typologie der Nutzerinnen und Nutzer auf oder zeichnet deren Gepflogenheiten nach. Zugleich widmet er sich auch medienpädagogischen Kernthemen, Kinder als zentrale Nutzergruppe und Cybermobbing. Den Schluss seiner Ausführungen rahmt ein sehr ausführliches Glossar, das sowohl der Erläuterung der wichtigsten Begriffe und zentraler Personen des Web erläutert, als auch als themenspezifische Zusammenfassung des Bandes nutzbar ist.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Heinrike Paulus
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kolumne
Hans-Dieter Kübler: Medienfreiheit verkehrt
Längst verklungen sind die Schalmeien über das demokratische Potenzial des Internets: Zwar kann jede bzw. jeder mit jeder bzw. jedem noch direkt – ungehindert von den professionellen Gate Keepern – kommunizieren und seine Meinungen frei vertreten, aber das ermöglichen mächtige Provider und Plattformen, die alle Daten nebenbei verhökern und mit solch werbeträchtigen Filterblasen enorm verdienen. Durchkommerzialisiert und von den IT-Giganten dominiert hat das Internet längst seine emanzipatorischen Verheißungen verloren. In der öffentlichen Wahrnehmung wird es – womöglich zu einseitig – verstärkt als unkontrolliertes Forum für Hasstiraden, Diffamierungen, Promiskuität und Fake News wahrgenommen. Der Rechtspopulismus nutzt es für seine Propaganda, in seinen dunklen Ecken vernetzen sich sexuelle Abnormitäten, Terrorismus und organisierte Kriminalität. Da dürfte es auf breite Zustimmung stoßen, wenn sich nun auch die EU-Kommission auf Drängen des EU-Parlaments aufmacht, um die wachsende Desinformation, wie sie Fake News übersetzt, einzudämmen. Wie schon 2016 beim Thema Hassrede, ließ sie den Verhaltenskodex Code of Practice on Online Desinformation ausarbeiten, der Mitte Oktober von Betreibern führender Onlineplattformen sowie Sozialer Netzwerke und über 50 weiteren Firmen unterzeichnet wurde. Das umfangreiche Memorandum umfasst fünf Kompetenzbereiche: Werbeeinnahmen von Unternehmen, die falsche Informationen verbreiten, sollen gestoppt, gefälschte Accounts und Bots unterbunden, politische Werbekampagnen transparenter, Meldungen von Fake News-Fällen für Userinnen und User vereinfacht und die Verbreitung von Desinformationen strukturell besser überwacht werden. Schon Ende des Jahres will die Kommission einen ersten Rechenschaftsbericht abliefern. Viel Aufmerksamkeit hat diese Maßnahme in der deutschen Öffentlichkeit nicht gefunden, obwohl sie recht gravierend werden könnte: Zwar kritisierten Medien- und Plattformvertreter, dass der Kodex keinen gemeinsamen Ansatz, keine sinnvollen Verpflichtungen, keine messbaren Ziele und Durchsetzungsinstrumente und damit keine Möglichkeit zur Überwachung des Umsetzungsprozesses enthalte. Aber die viel grundsätzlichere Frage, wie das Internet die überkommene Meinungs- und Pressefreiheit notwendig oder arbiträr verändert, wird kaum diskutiert. Dem feudalen Staat vom Bürgertum seit 1848 abgerungen, in der Weimarer Verfassung erstmals anerkannt, vom Nazi-Regime sogleich kassiert, in der BRD von den Besatzungsmächten zugestanden und im Grundgesetz als Grundrecht verankert, in der DDR nur deklamiert, derzeit in anderen europäischen Staaten von „illiberalen“ und rechtspopulistischen Autokraten bedroht, überträgt die EU den Schutz und die Einhaltung der digitalen Medienfreiheit nun mächtigen Online-Giganten in Form einer Selbstverpflichtung. Abgesehen davon, dass es wohl nie konsensfähige Definitionen für Fake News in einem derart ideologisch zerstrittenen Europa geben wird, zeigt diese unverbindliche Bitte, wie ohnmächtig inzwischen (quasi) staatliche Instanzen gegenüber dem globalen, vermachteten Internet geworden sind.
Beitrag aus Heft »2019/01 Medien, Wohlbefinden, gelingendes Leben«
Autor: Hans-Dieter Kübler
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Kati StruckmeyerVerantwortliche Redakteurin
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