2001/04: Medienutopien gestern und heute
thema
Peter M. Spangenberg: Technikinnovationen und Medienutopien
Die Geschichte der Medien war immer auch eine der Utopien und allgemeiner gesellschaftlicher Euphorie.
Am Beispiel der Verbreitung der Telegraphie und des Internets lassen sich erstaunliche Übereinstimmungen der Phantasievorstellungen erkennen.(merz 2001-04, S. 214-222)
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Autor: Peter M. Spangenberg
Beitrag als PDFEinzelansichtHans-Dieter Kübler: Von der politischen Gegenaufklärung zur marktkonformen Qualifizierung
Der Rückblick auf eine merz-Diskussion von 1981 über neue Medien und Pädagogik zeigt, dass Medienpädagogik ihr praktisches Tun aus empirischen Analysen gewinnen muss.(merz 2001-04, S. 229-234)
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Autor: Hans-Dieter Kübler
Beitrag als PDFEinzelansichtRudolf Maresch: Der Hype ist vorbei
Haben sich die Glücksversprechen für mehr Demokratie und Selbstbestimmung verwirklicht? Oder hat das Internet nicht doch weniger Freiheit und mehr Selbstkontrolle sowie die Kommerzialisierung von Information und Wissen gebracht?
(merz 2001-04, S. 235-242)
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Autor: Rudolf Maresch
Beitrag als PDFEinzelansichtCarsten Quesel: „Plötzlich war ich im Computer“
Die Mensch-Maschine-Schnittstelle ist bereits Thema zahlreicher theoretischer Untersuchungen. Hier kommen 12 - 16-jährige Jugendliche zu Wort, die ihre Träume und Befürchtungen im Umgang mit der neuen Technologie äußern.
(merz 2001-04, S. 243-247)
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Autor: Carsten Quesel
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spektrum
Jürgen Hüther: Adolf Reichwein
In den letzten Jahren ist die Medienpädagogik zu einer gefragten Disziplin avanciert. Dass sie jedoch bereits eine lange Geschichte aufweisen kann, ist vielen nicht bewusst. Dies gibt Anlass, eine merz-Reihe über Medienpädagogen zu eröffnen, die in Vergessenheit zu geraten scheinen oder geraten sind, obwohl viele Grundsätze ihres Wirkens für die Entwicklung notwendig waren.
(merz 2004-01, S. 262-264)
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Autor: Jürgen Hüther
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medienreport
Erwin Schaar: Unsicherheit bei den erzählerischen Mitteln
Die angebotene Auswahl bei einem Filmfestival ist so subjektiv wie die bei anderen Veranstaltungen. Da mischen das Lokalpatriotische mit und Interessen, die auf persönlichen Beziehungen beruhen. Das muss und kann gar nicht geändert werden, nur vergessen sollte man es nicht bei der Beurteilung.Wie die deutsche Reihe beim Filmfest München zustande kam, das entzieht sich meiner Kenntnis, aber es darf festgestellt werden, dass die Auswahl zumindest interessant war. Einen ernsten Einspruch würde ich nur bei Clemens Kubys Dokumentation „Unterwegs zur nächsten Dimension“ wagen, die uns esoterische und andere medizinische Gaukler in der ganzen Welt als höchst seriöse Vertreter einer ‘anderen Dimension’ vermitteln will. Soll denn die Volksverdummung wieder damit beginnen, dass man jetzt die manipulativen Tricks anderer Religionsgemeinschaften als die Erlösung feiert?Keine Propaganda für diesen Film, der wohl klammheimlich in die Auswahl rutschte.Zu viel ModischesDie gesehenen Filme Revue passieren lassen, nach acht Tagen Eintauchen in die schnellen Bilder, bedarf einer erhöhten Konzentration, weil zu viele der ‘jungen’ Filme noch nicht ihren Stil gefunden haben, die heute vielfältigen technischen Möglichkeiten zu deren üppigen Gebrauch verführen, und eine aggressive Schwenk- und Schnitttechnik analog der Videoclips eine Bilderflut erzeugt, was auf ein souveränes Aneignen modischer Vorbilder schließen lässt, aber wenig mit eigenen Bildfindungen zu tun hat. Die gegenwärtig keineswegs minimalen Finanzmittel der Förderinstitutionen der verschiedenen Bundesländer verführen junge Regisseure gar oft zu einem kaum überlegt sparsamen disziplinierten Filmen, was auch den Geschichten, die erzählt werden wollen, eine längere Präsenz im Gedächtnis des Zusehers verschaffen würde.
Aber auch die Unsicherheit im Aufbau von Szenen und im Führen von Schauspielern wird durch die Spot-Ästhetik weg’inszeniert’. In einem SZ-Interview (3. Juli 2001) meinte der Regisseur Hans-Christian Schmid („Nach fünf im Urwald“, „Crazy“): „Ich denke nicht, dass durch mehr finanzielle Förderung die besseren Filme entstehen...Bei den deutschen Filmschulen habe ich das Gefühl, dass eine Unsicherheit vorherrscht, was den Einsatz erzählerischer Mittel betrifft“.Ein etwas reduziertes WeltbildDie Filmgeschichten beginnen zwar immer wieder ganz originell, verlieren aber meist durch die Überfrachtung des Erzählflusses mit Details, die die Prägnanz der Personenentwicklung hemmen. Am Ende ist man dann doch etwas ratlos über den Versuch: was war nun wohl die Botschaft des jungen Filmemachers? Da die filmischen Personen mangels Inszenierungskraft die Aufmerksamkeit an ihnen erlahmen lassen, versucht man als Zuschauer sich an die Geschichte zu halten, die die zwei Stunden Filmzeit dann zu strukturieren hat bzw. hätte.Das kann man bei dem langen Erstlingsspielfilm „Nichts bereuen“ von Benjamin Quabeck genauso feststellen wie bei Christian Züberts „Lammbock“, Buket Alakus’ „Anam“ wie Simon Verhoevens „100 Pro“, aber auch bei Ralf Huettners „Mondscheintarif“, obwohl Huettner ein schon wesentlich länger gedienter Regisseur ist. Geschichten über Discos, schöne Mädchen, Rauschstimulantien, dazu viele erheiternde Dialoge bzw. Sprüche der schnoddrigen Art mögen einen jugendlichen Insiderkreis bei Laune halten, menschlich berühren sie kaum. Haben uns doch schon die unendlichen TV-Comedies den Nerv getötet. Mir wird in diesem Zusammenhang auch die oft von Vertretern der Jugendfilmarbeit geäußerte Meinung verständlich, ihre von ihnen betreuten Produkte könnten sich durchaus mit denen der Profis messen: eben, weil diese sich genauso noch in der Phase der Selbstfindung befinden, die ja nicht unbedingt der großen Öffentlichkeit bedarf, um zu reifen.KreisverkehrWie gesagt, Stories sollen über sich hinausweisen, wenn sie nicht zu Anekdoten verkommen, in Selbstverliebtheit verkümmern wollen. Was für ein bestimmtes Entwicklungsalter seine Bedeutung hat, das Lernen der Bildsprache, der Versuch der jugendlichen Selbstfindung, muss in einem Werk, das auch ohne intime Kenntnis des Autors seinen Weg machen muss, anders beurteilt werden.Da erzählt also „100 Pro“ den Versuch zweier Jungen, Mädchen zu imponieren, in eine In-Disco eigelassen zu werden, um am Ende ihre Jungenfreundschaft wieder zum Lebensmittelpunkt zu machen; in „Lammbock“ versorgt der illegale Anbau von Cannabis zwei junge Männer mit dem dringend benötigten Lebensunterhalt und die Story mit oft aufdringlichen Witzen; in „Mondscheintarif“ will ein Mädchen einen Typ für sich interessieren und gewinnen; und auch in „Nichts bereuen“ geht es um Beziehungen - ein Junge zwischen zwei jungen Frauen, wobei die eine eher die Mütterlichkeit, die andere die eher Extrovertierte verkörpert. Auch wenn der entscheidungsgeplagte 19jährige Daniel mit einer begrenzten Profession als Pfleger im Zivildienst zu kämpfen hat, ist dieses soziale Moment eher ein Zugeständnis an die Geschichte und kaum mehr als ein Sozialschlenker.
Aus dieser erzählerischen Rolle fällt sicher „Anam“ der in Istanbul geborenen Buket Alakus, die das Leben einer türkischen Familie in Deutschland mit den persönlichen und gesellschaftlichen Widrigkeiten schildert. Aber wenn das ethnische Moment nicht wäre, hätte die Erzählung wenig Eigenes und könnte den populärtheaterhaften Duktus kaum verbergen. Verkleidung in Türkisch, ein Lob nur dann, wenn den Zuseher der Vorwurf ‘Türkische Familie in Deutschland’ schon befriedigt.Wiener Prägnanz und deutscher BrechtEinem Film wurde etwas zu wenig Aufmerksamkeit zuteil, der eindeutig der profundeste war: „Lovely Rita“ der 1972 geborenen Wienerin Jessica Hausner, die sowohl für das Buch und die Regie verantwortlich zeichnet. Mit ihrem Kameramann Martin Gschlacht schildert sie das das Leben und ein Weltbild suchende 15jährige Mädchen, dem die Enge des Elternhauses, wo die formale Reglementierung von Handlungen Lebensinhalt ist, zu keiner Entfaltung verhilft. So sucht Rita Verständnis und Zuneigung bei dafür ungeeigneten Menschen, die ihre Suche nicht verstehen können oder wollen. Das Ergebnis könnte katastrophaler nicht sein.Eine morbide Atmosphäre, eine genaue Beobachtung der Menschen, das prägnante Timing der Schilderung, eine excellente Führung der Schauspieler, besonders der beeindruckenden Barbara Osika als Rita: fast hat es den Anschein, als ob die künstlerischen Voraussetzungen im Nachbarland Österreich andere wären. Oder ist es bei Hausner das Fehlen der männlichen Selbstverliebtheit, die die Stringenz einer so reichen Erzählweise befördern? Der Wiener Arnold Schönberg hat gesagt, dass der Künstler den Notschrei des Menschen in seinem Produkt verarbeite, das dann als Widerhall, eben als Kunst nach außen dringe. Das Verständnis nicht verweigern möchte ich auch dem Film „Boots“ des alten Fassbinderschauspielers Ulli Lommel, der die Geschichte eines deutschen Dirigenten erzählt, der seine geschiedene Frau und seinen Sohn in Los Angeles besucht, wo die beiden mit dem neuen Ehemann und Vater, einem rassistischen Richter, leben. Der Sohn, Neonazi und Judenhasser, muss seine jüdische Abstammung erfahren, der rassistische Siefvater wird mit dem ‘schwarzen’ Blut eines Vorfahren konfrontiert. Gewiss, sehr konstruiert, aber in Brechtscher Manier abgehandelt gewinnt dieser Independent-Film doch auch durch die eindringliche Darstellung des heute 57jährigen Lommel. Er zeigt auf eine einfache Weise, wie begründungslos Klischees zu lebensfeindlichem Verhalten führen.Von den genannten Filmen sind im Verleih: „100 Pro“ bei Zephir Film, „Lammbock“ und „Mondscheintarif“ bei Senator. Sie werden in der nächsten Zeit in die Kinos kommen.
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Autor: Erwin Schaar
Beitrag als PDFEinzelansichtHeike Babisch: Spannung geboten: CD-ROMs für Kinder
Wer kennt das nicht, man verfolgt gebannt einen Krimi im Fernsehen, versucht selbst die Beweise zusammenzufügen, um den Täter überführen zu können...? Zumindest den kleinen Detektiven kann jetzt geholfen werden. Eine ganze Reihe CD-ROM-Spiele bieten für jeden Geschmack und jedes Können spannende Kriminalfälle. Wer sich mit Detektivspielen noch nicht so gut auskennt, dem sei „Der kleine Vampir 2 – Der verschwundene Sarg“ empfohlen. Der kleine Vampir 2 – Der verschwundene Sarg. Ravensburger Interactive, Ravensburg 2001, Windows 95/ 98, Macintosh, EUR 25,00Toni hilft seinem Freund, dem kleinen Vampir Rüdiger, dessen Sarg wiederzufinden. Tante Dorothee hat den Sarg versteckt und nun ist es Rüdiger peinlich, vor den anderen Vampiren ohne seinen Sarg dazustehen. Der Spieler schlüpft in die Rolle Tonis und folgt den Spuren und Ratschlägen, die ihm Anna und Rüdiger geben. Kommt Toni mal nicht weiter, dann hilft ihm Rüdiger mit kleinen Tipps. Falls man dann immer noch nicht so recht weiß, wie man zu Rüdigers Sarg gelangt, gibt es konkretere Hinweise. Kein Detektiv wird scheitern. Zwischendurch laden eine Reihe kleiner Spiele zum Zeitvertreib ein. Manchmal muss man sich auch einen Weg über den Bach oder vorbei am Wachhund Attila suchen.
Dafür sind Merkfähigkeit und Geschicklichkeit gefragt. Auf Tonis Computer können sich die Spieler in den Ruhepausen schon einmal eine gute Verkleidung für den nächsten Fasching ansehen oder Grußkarten an Freunde schicken. Trotz der einfachen Grafik sind am Friedhof, bei Toni zu Hause, in der Burg oder bei Herrn Geiermeier immer wieder ein paar kleine Überraschungen eingebaut und laden zum Erkunden des Bildschirms ein: klickt man z. B. auf einen Grabstein, dann wird er in Sekundenschnelle mit Efeu überwuchert.Klar, dass Friedhöfe nicht jedermanns Sache sind. Wem sie zu gruselig sind und wer lieber im fernen Orient sein Kamel mit der Tastatur geschickt durch die Wüste lenkt, ist als Assistent von „Kommissar Kugelblitz 3 – Fall Wüstenkönig“ richtig aufgehoben. Kommissar Kugelblitz 3 – Der Fall Wüstenkönig. Terzio, München 2002, Windows 95/98, Macintosh, EUR 26,00Grafisch ist der Kommissar ähnlich wie „Der kleine Vampir 2“ gestaltet, doch wesentlich farbenfroher, da man sich bei strahlendem Sonnenschein am Rande einer Oase bewegt und nicht spät abends zwischen Friedhöfen und Burgkellern recherchiert.
Der Kommissar mit der gelbgetupften Krawatte muss für seinen Freund, den Sultan von Jamei, einen gestohlenen Dolch wiederfinden und den Dieb überführen. Dabei bestimmen die sechs- bis zehnjährigen Spieler selbst das Tempo des Spiels und können in aller Ruhe die verschiedenen Läden, den Garten und den Palast besichtigen. Natürlich hilft der Kommissar seinem Assistenten bei Bedarf auf die Sprünge. Die Schauplätze sind mit vielen Details ausgeschmückt und bieten vom Flaschengeist bis zur Schlange im Korb alle möglichen Entdeckungen an. Freche Spieler können den Kommissar auch mal anklicken: dann grummelt er entweder „stups mich nicht, ich muss mich konzentrieren“ oder „wenn du mich kitzelst, kann ich nicht nachdenken“. Will man zwischendurch eine Pause auf der Suche nach dem Dieb einlegen, dann empfiehlt sich das Café. Dort kann man an Spielautomaten ein „Servierspiel“ spielen, bei dem es auf Geschwindigkeit ankommt oder Teppiche nach Farben und Mustern kombinieren. Um in den Ermittlungen weiter zu kommen, muss man ähnlich dem Spiel „Der kleinen Vampir 2“ seine Fähigkeiten im Erkennen von Formen unter Beweis stellen und eine Kopie von Schriftzeichen anfertigen. Wie „Der kleine Vampir 2“ wird auch der Kommissar durch Mausklick bewegt und das fördert den Umgang sowohl mit der Maus als auch mit der Tastatur. Eigentlich schade, dass man nach dem Spiel die Lösung schon kennt und auf den nächsten Fall von Kommissar Kugelblitz warten muss.Sollte es tatsächlich Detektive geben, denen der Orient noch nicht sonnig und warm genug ist und die selbst ein Schilfboot bauen möchten, so empfiehlt sich eine Reise zu Sethi nach Ägypten. Sethi und das Geheimnis des Pharaos. United Soft Media, München 2002, Windows 95/ 98/2000, Windows ME/XP, Macintosh, EUR 24,90Die Geschichte von „Sethi und das Geheimnis des Pharaos“ ist ähnlich spannend erzählt wie die der beiden zuvor beschriebenen. Um Ägypten vor einer Heuschreckenplage zu bewahren, muss Sethi die Krone, das Machtsymbol des Pharaos, finden und zu ihm zurückbringen.
Ein Vorteil gegenüber den anderen Spielen ist sicherlich, dass man am Anfang die Option hat, sich das Spiel und die Bewegung der Figur erklären zu lassen. Besonders für Kinder, die noch nicht so viele Erfahrungen im Krimispiel gesammelt haben, ist das eine Erleichterung. Sie müssen sich nicht von den Eltern die Bedienungsanweisung vorlesen lassen. Die komplizierten ägyptischen Namen der Götter, der Königin oder des bösen Priesters fordern von Anfang an die Merkfähigkeit der Sechsjährigen, doch keine Angst, man kann jederzeit mit einem Mausklick zu den Menschen zurückgehen und sie noch einmal befragen, falls man mal nicht ganz so konzentriert zugehört hat. Wunderschön ist, dass der Spieler mit Sethi unstrukturiert Orte besuchen und dort in aller Ruhe Hinweise entdecken kann, die im weiteren Spielverlauf nützlich sind. Am Ende müssen alle Symbole der Macht gefunden sein, doch eine feste Reihenfolge gibt es nicht. Dies ist allerdings die Schwierigkeit des Spiels. Zwischendurch erhält Sethi immer wieder neue Aufträge, die er ebenfalls auszuführen hat, will er dem Pharao auf der Suche helfen. Am Ende verliert vielleicht so mancher kleine Ägypter ein wenig den Überblick über das eigentliche Spielziel. Wie bei „Kommissar Kugelblitz 3“ und bei „Der kleine Vampir 2“ gibt es auch hier viele kleine versteckte Details in den einzelnen Bildern zu erkunden. Fährt man mit der Maus im Dorf über die Frau auf dem Dach, winkt sie und ruft „Hallo“, der Mann lässt die große Vase klirrend zu Boden fallen etc. Weiß man nicht weiter, so kann Sethis kleiner Freund Pepi an vielen Stellen einen guten Rat geben.
Insgesamt wird hier mehr eigenständiges Denken gefordert als bei „Kommissar Kugelblitz 3“ oder bei „Der kleine Vampir 2“, wobei manchmal die komplizierten Namen und am Ende der scheinbar endlose und nicht zu stoppende Abspann stören. Dafür ist das Erfolgserlebnis nach Lösung dieses komplizierten Falls umso größer. Das trifft bei dem Spiel mit der blonden Schönheit Barbie leider nicht zu.Barbie – Geheimagentin Barbie. Vivendi Universal Interactive, Langen 2002, Windows 95/98, Windows ME, EUR 25,60Schade, dass die Macher von „Barbie - Geheimagentin Barbie“ die Chance auf ein anspruchsvolles und spannendes Spiel rund um diese beliebte Puppe nicht genutzt haben. Bei einer Modenschau in New York wird die neue Kollektion von Barbies Freundin Teresa gestohlen. Darunter befindet sich ein Stoff, aus dem ein „Unsichtbarkeitsanzug“ hergestellt werden könnte, der seinen Träger eben unsichtbar macht. Man wird von Beckys nerviger Piepsstimme durch das Spiel gelotst. Der Spieler oder eher die Spielerin, da Jungen vergeblich nach einer Identifikationsperson suchen werden, muss nur den Wegen zur glitzernden Wolke folgen, sich an Wachmännern vorbeischleichen, über Dächer springen, etc. Nach Hinweisen suchen muss man nicht. Barbie findet eigentlich alles alleine. Die Spielerin darf zwischendurch nur ein paar Puzzle-Spiele lösen und das passende Outfit aussuchen. Auch echte Barbie-Liebhaber werden durch das ständige „Welches Outfit soll ich tragen?“ oder „Ich sollte mich umziehen!“ schnell genervt sein. Zwar ist das Spiel schon ab sechs Jahren, doch erfordert es eine recht genaue Handhabung der Tastatur.
Dies wiederum ist nicht einfach, da Barbie sich selbst nur ungenau lenken lässt. Dazu kommt die nötige Ausdauer sich durch ein Spiel zu spielen, dass eigentlich kaum mit neuen Überraschungen aufwartet und dem Spürsinn junger Detektivinnen keine Herausforderung bietet. Aus diesem „Stoff“ hätte mehr gemacht werden können als ein so eintöniges „Rumrennspiel“. „Rumrennen“ darf man dagegen bei den fünf Freunden eher wenig. Fünf Freunde – Geheime Mission M.A.G.–X.. Ravensburger Interactive, Ravensburg 2001, Windows 95/ 98/2000, Windows NT, EUR 25,00 Zwar ist die CD-ROM „Fünf Freunde – Geheime Mission M.A.G.-X“ (ab sieben Jahren) grafisch und inhaltlich eine Wohltat im Vergleich zu „Barbie“, doch auch hier kann leicht Langeweile aufkommen. Selbständiges Agieren ist nicht gefragt. In der Eingangsszene stürzt ein Flugzeug auf der Felseninsel ab. Bei ihrer Erkundung erfahren die fünf Freunde, dass der verletzte Pilot ein Geheimagent ist, dem sein wertvolles Funkgerät abhanden gekommen ist. Nun müssen die fünf Freunde dem verletzten Piloten auf der Suche nach dem Funkgerät helfen. Je nach Situation wählt der Computer aus, ob man sich als George oder Dick durch die Szene spielt. Schade ist, dass in jeder Szene jede Person immer etwas zu sagen hat. Oftmals sind die Kommentare wie „Ich bin schon ganz aufgeregt“ und „Los geht’s zum nächsten Abenteuer“ überflüssig und bringen das Spiel ins Stocken, da man immer warten muss, bis alle ausgesprochen haben. Selbst in spannenden Szenen stehen die fünf Detektive recht passiv und scheinbar unbeteiligt im Bild.
Anne neigt dazu, sich sehr häufig am Fuß zu kratzen, während Dick abwechselnd seine Hände in den Hosentaschen ruhen lässt oder sich am Kinn reibt. Befremdlich wirkt, dass man als Spieler als erster die Gruppe der Freunde verlässt, aber als letzter der Gruppe am neuen Ort des Geschehens ankommt. Da kommt trotz der genialen Grafik nicht richtig Spannung auf.Leider ist auch die Handhabung der Funktionen nicht einheitlich: mal muss man alles Werkzeug aus dem Rucksack nehmen, um es einsetzen zu können und mal kann man das Werkzeug schon im Rucksack benutzen. Der Spieler hat leider keine Möglichkeit, selbst die verschiedenen Orte des Geschehens zu untersuchen und zu erkunden. Sobald man die nähere Umgebung entdecken möchte, wird man von den Freunden zurückgehalten: „Oh nein George, so kommen wir aber nicht zum Strand“ oder „Dick, träum nicht, wir müssen jetzt los“. Die Bewegungsfreiheit und Entdeckerlust werden dadurch natürlich ganz schön eingeschränkt. Für jüngere Spieler hat dies aber den Vorteil, sie wissen, dass sie in der gezeigten Szene noch etwas zu erledigen haben und erst dann dem linearen Spielverlauf weiterfolgen können. Ein großes Plus des Spiels ist die Option, den gesprochenen Text am unteren Bildschirmrand anzuzeigen. Außerdem können durch die Zweisprachigkeit der CD-ROM erste Verständnisfertigkeiten für Englisch geübt werden.
Dem Spiel liegen viele gute Ideen zugrunde, unnötige Ungereimtheiten und die fehlende interaktive Erzählstruktur können einem jedoch leicht die Lust am Knobeln verderben.Ganz anders beim „Meisterdetektivpaket 2“: Hier sind gerade die nicht-lineare Erzählstruktur und die Knobelaufgaben für die Lösung des Falls wichtig. Das Meisterdetektivpaket 2 – Ein Fall für TKKG – Katjas Geheimnis/Ein Fall für Mütze & Co – Entführung in Rosenburg. Tivola, Berlin 2001, Windows 3.x/95/98/ME/NT/2000/XP, Macintosh, EUR 20,40 Das Problem, wie ein Spieler mehrere Personen durch das Spiel führen kann ohne dass dabei langwierige Dialoge entstehen, wurde bei „Ein Fall für Mütze & Co – Entführung in Rosenburg“ und „Ein Fall für TKKG – Katjas Geheimnis“ am besten gelöst. Bei beiden CD-ROMs kann man sich als Spieler einen der Detektive aussuchen und so z. B. bei „Ein Fall für Mütze & Co“ als Karin mit Hilfe der Maus die Leute befragen. Erhält man nicht die gewünschte Antwort oder ist der Meinung, die befragte Person könnte mehr wissen, dann schickt man einfach noch mal Billy oder Mütze dorthin, in der Hoffnung sie könnten mehr Indizien sammeln. Dadurch scheint sich zwar das Spiel in die Länge zu ziehen, aber man bekommt auch Lust, das Spiel nach Lösung des Falls gleich noch einmal zu spielen und zu testen, ob man nicht das nächste Mal schneller zum Ziel kommt. Bei „Ein Fall für Mütze & Co“ ist der Fall klar: Verbrecher haben Zak, Karins kleinen Hund, gestohlen und nun suchen Karin und ihre Freunde nach Spuren und Indizien, die sie zu den Tätern führen. Die Geschichte rund um „Ein Fall für TKKG“ ist etwas komplexer. Katja, eine Freundin von Tim, Karl, Klößchen und Gaby, ist verschwunden und nun müssen die Detektive scheinbar die ganze Stadt befragen, um Katja wiederzufinden. Doch wer glaubt, der Fall sei dann bereits gelöst, der irrt.
Denn plötzlich fehlt wieder jede Spur von dem Mädchen. Die Grafik ist wie bei den meisten Kinderspielen einfach, aber sehr übersichtlich gestaltet und besonders bei „Ein Fall für Mütze & Co“ gibt es wieder überall Möglichkeiten, Leute anzuklicken, die dann in der Nase bohren, einem die Zunge rausstrecken oder einem unerwartet vielleicht doch einen nützlichen Hinweis geben können. Bei „Ein Fall für TKKG – Katjas Geheimnis“ sind diese Möglichkeiten zwar ein wenig reduziert, doch verliert das Spiel dadurch nicht an Überraschungen und Spannung. Für achtjährige Detektive, die gerne in die Rolle anderer schlüpfen, sehr eigenständig ihre Umgebung entdecken wollen und noch dazu immer wissen, welche Frage sie ihren möglichen Zeugen stellen sollten, damit sie zur Lösung des Falls kommen, sind diese beiden Spiele eine spannende Herausforderung. Wer schon mehr Erfahrung in der Ermittlung von komplizierten Kriminalfällen hat, der sollte sich „Die Drei ??? – Gespensterjagd“ oder „Die Drei ??? – Alarm im Internet“ (ab zehn Jahren) zulegen. Die drei ??? – Gespensterjagd. United Soft Media, München 2001, Windows 95/98/2000/ME/XP, Macintosh, EUR 24,90Die drei ??? – Alarm im Internet. United Soft Media, München 2001, Windows 95/98/2000/ME/XP, Macintosh, EUR 24,90Aber Vorsicht: hier sind wahre Experten gefragt. Bei der Gespensterjagd erhalten die drei Detektive Peter Shaw, Justus Jonas und Bob Andrews Kassetten mit seltsamen Nachrichten. Wer genau den Anweisungen folgt und keine der Zeichen, die in Rocky Beach überall versteckt sein können übersieht, kommt schließlich hinter den Fall und wird erfahren, wer das Gespenst ist. Ganz anders in „Alarm im Internet“: hier müssen die drei ??? eingreifen, nachdem ein Virus ihren Computer lahmgelegt hat und die Gefahr besteht, dass die ganze Stadt von einer Flutwelle heimgesucht wird, da der Erpresser alle Gewalt über sämtliche Computersysteme der Stadt hat. Der Spieler erhält auditive Hinweise über Telefon, durch Kassetten, die an verschiedenen Orten gefunden werden müssen oder durch Gespräche mit anderen.
Die kniffligen Denkaufgaben müssen aber fast ohne Hilfestellung gelöst werden. Als erfolgreicher Detektiv muss man sich also in Rocky Beach auskennen, gut kombinieren und beobachten können, denn sonst wird man womöglich vom Täter überlistet. Überall könnten Hinweise versteckt sein. Manche Entdeckung wird erst nach einem Weilchen zu einem wichtigen Indiz für die Überführung des Täters. Doch auch hier ist Vorsicht angesagt: nicht alles, was man anklicken oder kaufen kann, wird auch wirklich benötigt! Wirklich toll ist, dass man das gesamte Spielfeld erkunden kann und sich nicht an eine chronologische Reihenfolge zu halten hat. Nur, wer den Fall schnell lösen will, sollte sich überlegen wofür man wann einen Beweis braucht, aber wer will das schon. Es gibt so viele Möglichkeiten des Einkaufens, Entdeckens und Faulenzens. Wenn doch nur in Rocky Beach nicht so seltsame Dinge passieren würden....Erst die Kombination aus einer spannend erzählten Geschichte, sinnvoll eingesetzten interaktiven Elementen und einer ansprechenden grafischen Umsetzung machen einen Krimi zu einem faszinierenden Fall. Kinder werden sich spielend begeistern lassen und auch manche Eltern könnten so von der einen oder anderen CD-ROM an den PC gefesselt werden.
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Autor: Heike Babisch
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Bloech: Heidi - Johanna Spyris Evergreen
Manche Filme haben es zunächst relativ leicht und dann doch unendlich schwer, so wohl auch der neue Versuch, Johanna Spyris weltberühmten Roman neu zu verfilmen. Im „Heidi-Jahr“ dürfte es angesichts des 100. Todestages der Schweizer Schriftstellerin für den renommierten eidgenössischen Filmemacher Markus Imboden relativ einfach gewesen sein, Fördermittel für die Produktion seines Films zu akquirieren. Schaut man ins Internet, dann finden sich prompt mannigfaltige Hinweise, dass die Schweizer Tourismusbranche zwar nicht direkt in Imbodens Film, aber dafür intensiv in das Gesamtprojekt „Heidi“ investiert hat: Unter www.myheidi.ch loggt man sich beispielsweise beim Tourismusverband Graubünden ein und kann sich über allerlei Touristisches im „Heidiland“ informieren. Nur sollte man es vermeiden, einfach nur den Begriff Heidi in Suchmaschinen einzugeben, weil man dann möglicherweise auf den Seiten eines weltbekannten Modells landet.Der filmische Heidi-KultWelche Großeltern oder Eltern erinnern sich nicht an Gustav Knuth mit seiner großartigen knorrigen Stimme in der Rolle des Alpöhis in einer mehr als populären deutsch-österreichischen Verfilmung von Werner Jacobs aus dem Jahr 1965. Die Verbreitung des Films erfolgte nach der erfolgreichen Kinoauswertung über das relativ neue Medium Fernsehen.
Der Film „Heidi“ wurde damit zu einem Sozialisationselement gleich mehrerer Generationen. Wobei er vor allem Mädchen und natürlich deren Eltern angesprochen hat. Der herzergreifende Film wurde zum Kultobjekt eines Massenpublikums im deutschsprachigen Raum und gleichzeitig zum Angriffspunkt der Filmkritik, die mit dem Begriff Kitsch den Heidi-Kult zu desavouieren versuchte. Dieser Kult ist aber nicht nur ein deutsches Phänomen, sondern tatsächlich ein weltweites. Die ‘Globalisierung’ Heidis begann filmisch bereits 1920 in den USA mit einer Stummfilmproduktion und zieht sich heute bis nach Japan, wo Heidi-Zeichentrickserien im Fließbandverfahren produziert wurden und werden. Der erste der Heidi-Romane erschien 1880 und wurde in über 40 Sprachen mit einer Gesamtauflage von ebenso vielen Millionen übersetzt, und weltweit existieren über zehn Verfilmungen.Natur und EmanzipationAnkerpunkte des Erfolgs sind wohl hauptsächlich zum einen die Darstellung der Liebe zur Natur und zum anderen der Emanzipationsgedanke. Der modernen Technikgesellschaft mit all ihren bedrohlich wirkenden Veränderungen und Verunsicherungen wird die intakte Natur der Schweizer Bergwelt entgegengesetzt. Dieses Motiv besitzt auch nach 120 Jahren noch immer - unabhängig von seinem Wahrheitsgehalt - Bedeutung.
Tschernobyl, BSE oder Aids bilden dabei die exponierten Schlaglichter, die eine Rückbesinnung auf eine unberührte Natur als Wunschgedanken fördern. Doch längst ist die Welt der Alpen von Autobahnen und Seilbahntrassen durchschnitten, BSE dringt selbst in die einsamsten Alpendörfer vor und der Fremdenverkehr ist zur Industrie mutiert. Und dann ist da noch der Emanzipationsgedanke, personifiziert durch ein Mädchen, das ihre psychische und auch existentielle Krise aus eigener Kraft überwindet. Motor in dieser Bewältigungsstrategie ist ihr ungebremster Optimismus, ihre absolute moralische Integrität und ihre Fähigkeit zur absoluten Liebe. Da es Heidi gelingt, das Herz ihres Großvaters durch ihre liebenswerte, unbekümmerte Art zu erweichen, löst sie auch ihre eigenen Probleme. Der Sprung in die JetztzeitAn diese ‘Ankerpunkte’ knüpft auch die Neuverfilmung an und versucht eine zeitgenössische Präsentation: Mountainbikes, SMS und E-mail werden von den Kids in dem Schweizer Bergdorf mit entwaffnender Selbstverständlichkeit genutzt. Schwer hat es daher der Film vor allem bei dem Publikum, die sich an das vermeintliche Original aus den 60er Jahren erinnert und die sanften Modernisierungen nicht verkraften oder akzeptieren will. Aber die Grundkonstellation ist selbstverständlich gleich geblieben: Heidi zieht nach dem Tod ihrer Mutter auf einen wildromantisch gelegenen Einödhof zu ihrem verbitterten, eigenbrötlerischen Großvater. Der ist nicht gerade begeistert, findet aber durch Heidi den Weg aus seiner Isolation. Doch das Glück währt nicht lange, denn die Tante holt das Mädchen zu sich in die hektische Großstadt. Dort ergeben sich massive Konflikte mit der von der Tante vernachlässigten Tochter, die eifersüchtig wird. Schließlich macht sich Heidi in einer Nacht heimlich auf den Weg zurück zu ihrem geliebten Großvater. ZwiespaltNatürlich sind die Berge beeindruckend, Heidi ist wirklich liebenswert, der Alpöhi störrisch und die Tante wunderbar modern, d.h. von Arbeitswelt und Familie überfordert. Alles funktioniert, dennoch hat es genau damit der Film nicht einfach. Zu sehr muss er mit den Klischees eines intakten Heimat- und Naturbegriffs kämpfen. Der Entwurf von Gegenwelten ist eben nicht unproblematisch, zumal er wie in diesem Fall rückwärtsgerichtet ist und sich die gewünschten Zustände wohl nicht mehr realisieren lassen.Imbodens Film behandelt natürlich auch das Hauptmotiv des Romans, das junge Mädchen, das aus eigener Kraft seine bedrückende Situation meistert. Hier wird deutlich, warum auch diese Neuverfilmung wohl Jungens nicht so gut gefallen wird: einmal geht es um ein starkes Mädchen, dessen Freund, der junge Peter, nur eine untergeordnete Rolle spielt. Und dann wird wohl auch die immanente Technikangst die prämännlichen Phantasien einer perfekten modernen Gesellschaft etwas ins Wanken bringen. Schließlich ist da noch der emotionale Aspekt: in einer Zeit, in der es cool ist, als Mann oder Junge keinerlei Gefühlsregungen zu zeigen, kommen die Tränen, die auch diese Filmfassung beim Betrachten erzeugt, dieser Zielgruppe sicherlich nicht gelegen.
P.S.
Ein paar Surftipps mit Ernsthaftem und Kuriosem zur Autorin Johanna Spyri und deren Romanfigur Heidi:
www.graubuenden.ch/d/aktuell/heidi.php3
Beitrag aus Heft »2001/04: Medienutopien gestern und heute«
Autor: Michael Bloech
Beitrag als PDFEinzelansichtAlexander Fedorov: Russland - Von der Filmpädagogik zur Medienpädagogik
merz stellt seit der Nummer 1/2001 Beiträge von europäischen MedienpädagogInnen vor, die entweder die Situation in ihren Länder schildern oder über Projekte berichten, die eher singulären Charakter haben. Ohne Situation oder Projekte zu bewerten, möchte merz damit über den europäischen Stand der Medienpädagogik informieren.
(merz 2001-04, S. 256-261)
Beitrag aus Heft »2001/04: Medienutopien gestern und heute«
Autor: Alexander Fedorov
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kolumne
Wolfram Knorr: Leerlaufende Betriebsamkeit
John Ford, der Homer des amerikanischen Kinos, wusste, dass seine epischen Reisen in die Vergangenheit mit der Realität wenig zu tun hatten. In seinen nationalen Legenden ging es ihm um eine höhere Wahrheit. Der Imperativ seines Oeuvres fällt in seinem Film „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ (1961): „Wenn die Legende Wirklichkeit wird, drucke die Legende.“Als er im Auftrag der US Navy einen Film über Pearl Harbor drehte, stellte er den japanischen Überfall in großen Teilen einfach nach. Dafür erhielt das Werk einen Oscar - als bester Dokumentarfilm. Ford war egal, ob amerikanische Flieger japanische vortäuschten und schon zu Wracks geschossene Schiffe noch einmal zur Explosion gebracht wurden. Die Bilder waren in dem Sinne ‘echt’, in dem sie einen wahren Eindruck des Überfalls vermittelten.Ford konnte nicht wissen, welche Entwicklung die „laufenden Bilder“ nehmen würden. Er glaubte noch, mit den Mitteln der Manipulation einer „höheren Wahrheit“ dienen zu können. Die neuen elektronischen Medien sind längst pervertiert, haben die Wahrhaftigkeit in Stücke geschlagen und in rein konsumistische Perspektiven aufgelöst. Hunderte von Fernsehprogrammen bieten zahllose Programme und Formate, auf der fieberhaften Suche nach der richtigen und gewinnbringenden Bedürfnis-Befriedigung. Die Folge: Überall der gleiche Kram. Der Computer mit seinem Internet ist noch besser und noch schneller und noch detaillierter. Um Wahrheit in partiellen oder gar komplexen Zusammenhängen gehts dabei freilich nicht mehr; es geht ausschließlich um Informationen, die ungeprüft durchs Netz flottieren und immer weniger mit der Wirklichkeit zu tun haben. Den Nutzern ist nur noch das Medium oder der Internet-Zugang gemeinsam. Die Interessen dagegen sind zersplittert und schließen sich einander aus. Die Sicht auf die Dinge ist rein egoistisch und produziert - grotesk genug - statt Öffnung Isolation.
Jugendliche ballern in düsteren Ruinen um ihr virtuelles Leben, Hacker knacken Codes, Musikfans bieten illegale Mitschnitte, Künstler basteln an neuen World Wide Web-Formen, Pornographen und andere Schmuddeltypen suchen sich ihre voyeuristischen Nischen und das Netz produziert seine eigenen Stars, die den real existierenden Kino- und Mattscheibenhelden schärfste Konkurrenz machen. Wie einst das Traumfabrik-Imperium auf erfolgreiche Comic-Helden wie Flash Gordon und Superman reagierte, indem es die Strich-Rivalen ganz machiavellistisch an die Brust drückte, so verfährt es auch mit den Kultfiguren aus dem Reich der Pixel.Lara Croft war erst der Anfang. Eine schwindelerregende neue Stufe erreichte der japanische Spieleerfinder Hironobu Sakaguchi mit der Kinoversion seines erfolgreichen Games „Final Fantasy“. Seine Stars, von Aki Ross bis Doktor Sid, sind allesamt rein virtuell. Wurde Lara Croft noch - wie einst die Comic-Helden - mit einer Schauspielerin besetzt (Angelina Jolie), haben Sakaguchi und seine zweihundert Mitarbeiter nicht einmal mehr mit Vorbildern aus dem Reich der Wirklichkeit gearbeitet. Die Figuren entstammen allesamt aus der Pixel-Welt - und sind gespenstisch echt. Die Haut der Heldin Aki wurde mit kleinen Haut-Unreinheiten und Sommersprossen versehen; 60. 000 Haare auf den Kopf so plaziert und einzeln bearbeitet, dass man glaubt, sie seien wie von Fotos hineinkopiert. Was den Menschenschöpfern allerdings noch nicht gelang, ist die Umsetzung von Emotion auf die Mimik. Konzentriert man sich allerdings auf die Augen, ist die Irritation perfekt.Dass bereits aus Hollwood beunruhigende Töne über diese Entwicklung zu hören sind, ist verständlich. Der Schritt zur perfekten Täuschung ist nurmehr ein kleiner. Die Medien befinden sich in einem besinnungslosen Taumel, fast blindwütig auf die technische Perfektion fixiert.Geschichten, die zu einer sinnstiftenden Wahrheit führen könnten, werden dabei ignoriert. Hier liegt das Dilemma der alles beherrschenden Bilderkultur. Die Fähigkeit zur bloßen Virtualität und zum Reality-Prinzip sind (vorläufig noch?) reine leerlaufende Betriebsamkeit.
Beitrag aus Heft »2001/04: Medienutopien gestern und heute«
Autor: Wolfram Knorr
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