Sophia Mellitzer
Beiträge in merz
Sophia Mellitzer: Always-On-L(e)ine
Ein Tag in den Sommerferien. Auf dem Weg nach Hause möchte ich auf meiner Lieblingsparkbank rasten. Doch die ist besetzt: zwei zottelige Hunde sitzen darauf und wackeln unruhig mit ihren Schwänzchen. Ihre Kopfhaare sind mit niedlichen Spängchen und bunten Zopfgummis geschmückt. Vor der Bank steht ein junges Mädchen mit ganz ähnlicher Frisur. Sie hält ihr Smartphone auf die
beiden Vierbeiner gerichtet und gibt Anweisungen: „Sitz! Rosa, schau zu mir! Bleib!“ Ich muss lachen, trete näher an die Szene heran und frage neugierig: „Sind die Fotos für Instagram?“ Schüchtern bejaht die Teenagerin meine Frage. Als ich erzähle, dass ich ab und zu Fotos unserer Hündin Kira im WhatsApp-Status teile, taut sie auf. Sie habe sich extra den Terrier ihrer Freundin ausgeliehen, damit sie das Paar auf ihrem Instagram-Profil posten kann. Hundebilder ergäben viele Likes!Hirtenhunde hüten, Jagdhunde jagen, Suchhunde schnüffeln – und Instagram-Hunde posten? Unsere Kira könnte wirklich etwas von ihren Hundefreundschaften lernen. Ihr Kumpel Pan zum Beispiel, ein wunderschöner Australian Shepherd, schaut für Leckerlis in die Kamera und erzielt als @engergy.on4paws täglich mehr Likes mit seinen bernsteinfarbenen Augen. Er startet gerade seine Social-Media-Karriere – und das nicht ohne Ambitionen. Würde eine „Kooperations“-Anfrage kommen, meinte das Frauchen, wäre sie nicht abgeneigt. Ab 1.000 Followerinnen und Followern wären Hundeprofile für Firmen bereits interessant. Oder sehen wir uns die Labradorhündin @mysofiesworld an. Auf Sofies hübsche Leine angesprochen, bekam ich prompt eine Visitenkarte ihres Facebook-Profils ausgehändigt, wo ich mir auch gleich die empfohlene, handgefertigte Leine bestellen könne. Sehr geschäftstüchtig!
So weit sind Kira und ich noch nicht. Vor einem Jahr verwirklichte mein Mann seinen Lebenstraum ‚Hund'. Kaum war Kira adoptiert, stellte sie nicht nur unseren gesamten Familienalltag, sondern auch mein digitales Leben auf den Kopf. Gassi-geh-Gruppenchats im Messenger, Hundeerziehungs-Tutorials auf YouTube und hunderte knuffiger Hundebilder in der Galerie – so sieht es nach einem zugegebenermaßen holprigen Start als Hundebesitzerin auf meinem Smartphone aus. Das erste Mal alleine Gassi gehen endete schon an der nächsten Straßenecke. Kira hatte sich wild entschlossen in der Leine festgebissen, zog mit all ihrer Kraft daran und wollte partout nicht mehr weiterlaufen. Entsetzt sendete ich schnell ein verwackeltes Foto an unsere Hundetrainerin mit der Bitte um Soforthilfe. Augenblicke später erhielt ich schon die rettenden Tipps per WhatsApp: Ruhig bleiben, auf die Leine stellen und Kira unbedingt geistig mehr beschäftigen – denn: sie wolle nur spielen! War Kira frühabends besonders unruhig, erzielte meine hoffende Gruppenchat-Eröffnung zum ‚Play Date‘ – dank Always On – gleich zwei erleichterte Hundebesitzerinnen am Zaun, die froh waren, dass ihre jungen Vierbeiner endlich ihre überschüssige Kraft loswerden konnten.
Diese Energie könnten wir doch noch besser einsetzen, oder nicht?! Werbung auf vier Beinen – wäre das nicht auch was für Kira? Bisher erfreue ich mich nur daran, unsere hübsche Hündin ganz unzensiert, jedoch ziemlich inszeniert im WhatsApp-Status zu posten. Ich muss zugeben, der Gedanke an ein eigenes Hunde-Profil reizt mich sehr. Bis Kira (gegen Leckerli) ansprechende Posen einnimmt und sich für Social Media von ihrer besten Seite zeigt, bedarf es jedoch noch einigen Trainings.
Sophia Mellitzer: stichwort: Webinar
Der Begriff ist ein Neologismus unserer Zeit und setzt sich aus den Wörtern Seminar und Web zusammen. Mit Webinar wird ein Seminar bezeichnet, das live im Internet stattfindet. Statt im Seminarraum treffen sich Lehrende und Lernende online im Webinarraum und beschäftigen sich gezielt mit einem Lerngegenstand. In der Regel ist eine Fachperson mit Bild und Ton zugeschaltet und gibt thematischen Input anhand einer Präsentation. Für einen strukturierten Ablauf sorgt die Moderation, Fragen können im Chat oder per Mikrofon gestellt werden. Webinare sind schon länger wichtiger Bestandteil des E-Learnings, seit 2003 ist der Begriff beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wortmarke eingetragen.
Obgleich Webinare seit Längerem als Lernformat etabliert sind, ist in Zeiten der Corona-Krise das Interesse an diesem interaktiven Lernformat stark gewachsen. Beim Umstieg von Präsenz zu Online-Lehre ist derzeit in vielen Internetforen eine Frage dominant: „Wer kennt eine gute Webinarsoftware?“. Der Markt für Videokonferenzsysteme ist groß und differenziert sich vor allem in Sachen Kosten und Datenschutz. Auf dem Markt existieren viele kommerzielle Webinare mit dem Ziel, Produkte zu verkaufen. Auch Bildungsinstitutionen können Webinare für sich nutzen – als Aushängeschild für ihre Inhalte und als offenes Lernformat für alle.
Wer an einem Webinar teilnehmen möchte, benötigt ein internetfähiges Gerät mit Lautsprecher, optional sind Mikrofon und Kamera. Je nach Webinarsystem loggen sich Lernende per Browser über einen Link ins System ein oder über ein Plug-in, das zuvor heruntergeladen werden muss. Ein großer Vorteil von Webinaren ist – wie bei allen E-Learning-Formaten – ihre Ortsunabhängigkeit. Wird die Sitzung aufgezeichnet, ist sie zudem als Lerninhalt nachhaltig einsetzbar. „Hallo – hört ihr mich? Seht ihr mich?“ – technische Hürden oder Chat-Missverständnisse gehören zu den klassischen Herausforderungen. Eine präzise Vorbereitung, eine festgelegte Netiquette und eine gute Moderation helfen, diese zu meistern. Didaktisch müssen Webinare keine reine Frontallehre sein. Vielfältige System-Funktionen wie Umfragen, Gruppenarbeitsräume, kollaborative Whiteboards oder geteilte Notizen können zur Förderung von sozialem Lernen und gemeinsamer Wissenskonstruktion eingesetzt werden.
Unter Fachleuten kursiert der Fun Fact, dass elf Prozent der Teilnehmenden bei Videokonferenzen keine Hose tragen. Ob es stimmt oder nicht – zu den größten Herausforderungen von Webinaren gehört sicherlich, sich nicht im selben physischen Raum zu befinden, sondern nur per Bildschirm miteinander verbunden zu sein.
Sophia Mellitzer/Sina Stecher: Wir waren schon online, bevor es beliebt wurde! Ein Erfahrungsbericht, wie soziales Lernen online gestaltet werden kann
Das Blended-Learning-Angebot der Medien_Weiter_Bildung kombiniert seit 2018 die Vorteile des Online- und Offline-Lernens miteinander. Corona hat die Offline-Phasen erschwert und zu manchen Zeitpunkten auch komplett unmöglich gemacht. Die Phasen des Online-Lernens hingegen waren bereits in der Kursstruktur verankert, sodass die Pandemie (zumindest im Online-Teil) keine unerwarteten Änderungen mit sich brachte. Im Folgenden richten wir den Blick darauf, wie einige Aspekte von Online-Formaten ausgestaltet werden können, um soziales Lernen zu ermöglichen.
Literatur:
Bett, Katja/Fassnacht, Konrad (2015). Die Blended-Learning-Formel. Webinare+E-Learning+Präsenz. http://didactic-design.de/wp-content/uploads/562DE_WP_Erfolgreiches-Lernen-mit-Webinaren.pdf [Zugriff: 16.12.2020]
Bett, Katja/Gaiser, Birgit (2010). E-Moderation. www.eteaching.org/lehrszenarien/vorlesung/diskussion/e-moderation.pdf [Zugriff: 18.11.2020]
Demmler, Kathrin/Rösch, Eike (2014). Aktive Medienarbeit in einem mediatisierten Umfeld. In: Kammerl, Rudolf/Unger, Alexander/Grell, Petra/Hug, Theo (Hrsg.), Diskursive und produktive Praktiken in der digitalen Kultur. Jahrbuch Medienpädagogik 11. Wiesbaden: Springer VS, S. 191–207.
Kerres, Michael/Rehm, Martin (2015). Soziales Lernen im Internet – Plattformen für das Teilen von Wissen in informellen und formellen Lernkontexten. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 52 (1), S. 33–45. DOI: 10.1365/s40702-014-0112-2.
Stecher, Sina/Mellitzer, Sophia/Demmler, Kathrin (2019). Blended Learning in der Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe: Expertise im Rahmen des Projekts LooM. München. www.jff.de/fileadmin/user_upload/jff/projekte/LooM/jff_muenchen_2019_veroeffentlichung_loom_expertise_blended_learning.pdf [Zugriff: 17.11.2020]
Sophia Mellitzer: „Immer schön lächeln!“ – Whatsapp im Vorort
Kürbisse über Kürbisse. Kaum geht es auf Halloween zu, grinsen sie mir von überall her entgegen. Der Größe nach aufgereiht schmücken sie schon seit Wochen die heimischen Vorgärten und gammeln dem großen Tag entgegen. Allein auf dem Weg zur S-Bahn zähle ich 13 Stück. Im WhatsApp-Status überbieten sich meine Kontakte, wer die schönste Fratze geschnitzt hat. Manche posten sogar den Entstehungsprozess vom Aushöhlen bis zum Beleuchten – natürlich flankiert mit fröhlich lächelnden Kindern in perfekt aufgeräumten Wohnküchen. Nicht umsonst heißt diese Messenger-Funktion ‚Status‘. Ende Oktober dann der panische Hilferuf im Familienchat: „Wo gibt es noch Kürbisse?“. Auf dem Acker zum Selbstpflücken: nur noch matschige Reste. Im Supermarkt: alles ausverkauft. Beim Baumarkt: leider vergriffen. Im Nachbarort beim Großbauern gebe es noch welche, die rettende Info. Eine Diskussion entbrennt im Chat mit 257 Teilnehmer*innen: Ob es ethisch vertretbar sei, bei einem derartig dramatischen Kürbis-Mangel mehr als einen Kürbis pro Familie zu kaufen? Die Admins mahnen zur Besonnenheit „Kürbiskostüm, 1–3 Jahre, 5 €“ – schon wieder grinst mir digitales Gemüse entgegen.
Ach ja: Ich bin Admin von zwei der sechs örtlichen Flohmarkt-Gruppen und überprüfe täglich die Einhaltung der Gruppenregeln. Eine lautet „Crosspostings vermeiden!“. Taucht also dieses Angebot noch in anderen Gebrauchtwaren-Gruppen auf, schreibe ich die verkaufstüchtige Person freundlich an. Die Nachrichtenflut so gering wie möglich zu halten, lautet die Mission. Ping! Schon wieder lacht mich ein Kürbis an, dieses Mal in Muffinform. „Sollen wir einen Kuchenverkauf zu Halloween machen?“. Jetzt ist es der Elternbeirat-Gruppenchat des Kindergartens. Ein paar Tage später gebe ich freundlich lächelnd orange-schwarze Teigwunder an zahlungskräftige Familien weiter. Natürlich poste ich das Ganze auf Whats-App, damit alle an ihr Kleingeld denken. Und dann kommt der große Tag, der 31. Oktober. Nun wird im Familienchat gerätselt, welcher Ortsteil sich am besten für „Süßes oder Saures“ eignet. Es wird eine digitale Karte geteilt, in die sich alle eintragen können, die Trick-or-Treat-Besuch empfangen möchten. Im Süden heißt es, gebe es das „Horror-Haus“, da müsse man unbedingt hin. Mit Skeletten, Sound- und Lichtinstallationen, einem Friedhof und sogar einer Nebelmaschine. Das Haus liegt bei uns um die Ecke. Als ich um 19 Uhr ankomme, sehe ich das Haus vor lauter Schaulustigen nicht. Himmel, lesen die etwa alle den Familienchat mit? Ich jedenfalls stelle ein Foto unseres mittlerweile schief grinsenden, leicht verschimmelten Kürbiskunstwerks in meinen Status.Denn irgendwo habe ich gelesen, dass sich besonders Mütter mit dem Online-Teilen vom „perfekten“ Familienleben gegenseitig unter Druck setzen. Dem möchte ich als Vorort-Bewohnerin heute Mal etwas entgegensetzen.
Sophia Mellitzer: Ein Podcast für jede Lebenslage
Heute ist nicht mein Tag. Ich trete müde in die Pedale meines Drahtesels. Am S-Bahnsteig krame ich Smartphone und Kopfhörer aus dem Rucksack. Jetzt brauche ich erstmal eine ordentliche Portion Motivation! Zielsicher klicke ich mich durch Spotify zu einer meiner Lieblings-Podcasterinnen: Michelle Obama. Sie spricht über Berufstätigkeit, Muttersein, Politik, Freundschaft und Mentoring. Die Landschaft zieht an mir vorbei, um mich herum Reisende, Berufstätige, Schulkinder. „We all have a light“ – das nehme ich ihr sofort ab und fühle mich durch ihre kraftvollen Worte und ihren klugen Humor schon viel beschwingter. Im Büro angekommen schnappe ich in der Küche ein paar Wortfetzen auf: „Frankreich, Polizeigewalt, Proteste“. Au Backe, habe ich da etwas nicht mitbekommen? Das muss ich mir auf der Rückfahrt gleich mal anhören. Was jetzt? – diese Frage stellt sich der Nachrichtenpodcast und erklärt mir in wenigen Minuten das Wichtigste zur aktuellen Lage. Gleichzeitig ploppt eine Nachricht auf meinem Handy auf. Meine Freundin berichtet von Selbstzweifeln. Puh, das kenne ich. Für solche Probleme gibt’s nur eines: Die Lösung, den Psychologiepodcast. Alle Folgen habe ich schon durchgehört und kenne mich theoretisch bestens aus mit Prokrastination, Perfektionismus und Parentifizierung. Schnell teile ich die Folge zum Selbstwert mit ihr. Überhaupt liebe ich es, alle möglichen Stichwörter in Spotify einzugeben: „Wackelzahnpubertät“, „Gewaltfreie Kommunikation“, „Mental Load“ und „Rassismuskritik“, oder auch „Italienisch auf Reisen“ und „Vogelstimmen erkennen“. Zugegeben kommt dabei nicht immer das heraus, was ich mir erhoffe. Es ist auch einiges an Esoterik, Geschwurbel und Selbstvermarktung dabei. Mitunter Skurriles. Gebe ich „Mauersegler“ ein, bekomme ich den Podcast GUT ZU VÖGELN angezeigt. Einschalten lohnt sich, wer begeisterten Hobby-Ornitholog*innen beim Plaudern über Federvieh zuhören möchte. Das ist für mich 1-A-Unterhaltung und ich verpasse keine Folge. Dafür zeige ich meinen Dank mittels 5-Sterne-Bewertungen oder einer E-Mail an das Redaktionsteam. Denn gute Podcasts machen mein Leben reicher. Besonders schätze ich persönliche Geschichten, die mir unter die Haut gehen. Ungeschminkte Wahrheiten bei Eltern ohne Filter, Coaching-Sitzungen bei den Alltagsfeministinnen, gruselige Verbrechen oder auch den Anruf deines Lebens bei Telephobia. Podcasts erweitern meinen Horizont, kitzeln an meinen Emotionen und lassen mich nachts einschlafen. Hierzu empfehle ich AUGEN ZU. Wenn Giovanni di Lorenzo und Florian Illies über Kunst philosophieren, werden meine Lider ganz schwer. Nur nicht vergessen, den Sleeptimer einzustellen! Sonst werde ich plötzlich von Bibi und Tina aus dem Schlaf gerissen, weil unser Vorschulkind mal wieder meinen Spotify-Account verwendet hat. Höchste Zeit, die Einstellungen zu überprüfen … das mache … ich dann … morgen. Zzzz.
Sophia Mellitzer: Ich faste, also poste ich
Halte durch!“, „Bleib stark!“, „Vorsicht: Chips enthalten leider auch Zucker.“ „Hast du es schon mit Bananen-Avocado-Kakao-Creme versucht?“, „Nimm es doch nicht so ernst. Du darfst auch mal cheaten!“. Solche Nachrichten bekomme ich seit 29 Tagen. Jedes Jahr zwischen Fasching und Ostern verzichte ich auf eine Sache, die mir schwerfällt. Doch nur für mich selbst zu Fasten – das wäre mir zu öde. Ich liebe es, meine Erfahrungen mit anderen zu teilen! Deshalb poste ich mit der Bildunterschrift „Tag 1/46: …“ täglich ein neues (Beweis-)Foto in meinen WhatsApp-Status. Dieser selbst auferlegte Zwang motiviert mich enorm, am Fasten dranzubleiben. Gleichzeitig helfen mir die Statusbilder, den Prozess ein wenig zu reflektieren.
Dieses Jahr faste ich Süßigkeiten und verzichte weitgehend auf Zucker. Schon am ersten Tag berichte ich schockiert, dass sowohl mein Knusper-Bio-Müsli als auch meine Lieblings-Erdnusscreme Zucker enthalten. Was soll ich denn jetzt frühstücken? Prompt bekomme ich zahlreiche Empfehlungen zuckerfreier Frühstücksprodukte zugeschickt. Praktisch! Schon bald etabliere ich neue Essensroutinen und poste Bilder meiner zuckerfreien Lieblingsspeisen. Doch ganz ehrlich: wenn in der Büro-Küche köstlicher Kuchen bereitsteht oder die Kinder das erste Eis des Frühlings auf dem Marktplatz genießen fällt mir der Verzicht verdammt schwer. Auch das teile ich mit meiner kleinen WhatsApp-Community. Und ernte Mitgefühl und Durchhalteparolen. Besonders viel Aufmerksamkeit erhält ein Post, der mich als Naschkatze entlarvt: „Tag 24/46: Wenn das Einkaufen zur Challenge wird“ zeigt ein Foto des Schokoladen-Regals im Supermarkt. Aufgewachsen in einer Kleinstadt mit Schokoladenfabrik lag in unserer Küchenschublade stets Bruchschokolade in Quadraten bereit, zarter Schokoduft begleitete meinen Weg zur Schule. Wochenlang ohne Süßes auszukommen ist etwas völlig Neues für mich. Kein Wunder, dass mir ab und zu ein Ausrutscher passiert. „Tag 28/46: Aus Versehen Teig genascht.“ - auch das Foto der Rührschüssel landet in meinem Status.
Noch schwerer fiel mir mein Verzicht im letzten Jahr: Gegenstände fasten. Jeden Tag teilte ich ein Foto einer Sache, die ich verschenkt, verkauft oder entsorgt hatte. Das war vielleicht anstrengend. Ich hänge sehr an all meinen Dingen. Diese Fastenzeit hätte ich ohne das Posten sofort wieder aufgegeben. Aber auf die Fotos von der sortierten Küchenschublade, der entmüllten Zimmerecke und dem freien Platz im Badschrank erhielt ich viel Zuspruch und das hat mich enorm gestärkt. Einige machten sogar mit, schickten mir Fotos und Infos über ihren Fortschritt beim Ausmisten. Ich bin schon gespannt, welche Idee ich nächstes Jahr umsetzen werde. CO2, Plastik, Instagram, Online-Shopping – mir fällt da so einiges ein. Nur auf Messenger kann ich nicht verzichten – sonst fehlt mir der äußere Anreiz und der Rückhalt von Freund*innen und Familie!