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2002

Jahresbericht 2002

Berichte über die Projekte aus Forschung und Praxis, sowie Informationen über die Publikationen des JFF aus dem Jahr 2002

Das Massaker an einem Erfurter Gymnasium hat auch die Arbeit des Instituts im Jahre 2002 stark beeinflusst. Wir wurden häufig angefragt und um eine Stellungnahme gebeten, zumal der jugendliche Täter neben seiner Mitgliedschaft in einem Schützenverein auch begeisterter Spieler von Computer-Kriegsspielen war. Neben vielen weiteren Aktivitäten wurde ein vielbeachtetes Positionspapier zum "Handlungsbedarf nach Erfurt" entwickelt und an offizielle Stellen in Kommunen, Bund und Land versandt. In diesem Jahresbericht ist dem Umgang mit den Ereignissen in Erfurt ein eigener Teil gewidmet (vgl. "Schreckensmythos Computerspiel" im Anschluss an das Vorwort). Leider gelingt es in unserer Gesellschaft nur sehr selten, Probleme langfristig präsent zu halten. Wenn der Druck der Tatsachen und der Medien nachlässt, geraten Ereignisse, auch so schreckliche wie das Erfurter Massaker, schnell wieder in Vergessenheit und mit ihnen die Ursachen und die Notwendigkeiten, diese anzugehen und zu verändern.

Auch wenn aktuelle Ereignisse die Fachkompetenz und Arbeitskapazität von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts fordern, geht die reguläre medienpädagogische Arbeit des JFF weiter und diese erschöpft sich nicht in Routinen. Fortschreitende Medienentwicklungen und sich ständig ändernde Umgangsweisen Heranwachsender mit Medien und ihren Angeboten erfordern angemessene medienpädagogische Konzeptionen und Handlungsstrategien. Eine dieser medialen Fortentwicklungen ist das Internet. Es ist inzwischen zu einem stark kommerziell dominierten virtuellen Raum geworden. Heranwachsende nutzen dieses Medium aber nicht nur, um sich zu unterhalten oder um zu konsumieren, sondern auch als Mittel der Information und des Austausches mit anderen. Das JFF trägt dieser Entwicklung in seinen Forschungs- und Praxisaktivitäten Rechnung.

Ein Arbeitsschwerpunkt im Jahr 2002 waren der Aufbau und die Erprobung von Internetplattformen für junge Menschen. Allerdings beschränkt sich das JFF nicht darauf, den vielen bereits bestehenden Plattformen neue hinzu zu gesellen, sondern es stellt auch hier die medienpädagogische Zielsetzung in den Mittelpunkt, Medien als Mittler und Werkzeug zur Auseinandersetzung mit und zum Handeln in der Realität zu nutzen. Auf dieser Grundlage haben Internetplattformen die Aufgabe, Heranwachsende zu informieren, ihnen Anregungen und die Möglichkeit, sich auszutauschen, zu geben, um in der nichtmedialen Wirklichkeit aktiv zu werden. Die Handlungsbereiche, auf die sich unsere Plattformen richten, sind das friedliche Zusammenleben der Menschen und der Schutz unserer Umwelt.

Die erste dieser Plattformen, nämlich D-A-S-H – für Vernetzung – gegen Ausgrenzung, hat das JFF konzeptionell bereits 2001 entwickelt, Anfang 2002 im Internet eröffnet und inzwischen ausgebaut. D-A-S-H bietet eine Plattform für aktive Gruppen, aber auch für diejenigen, die aktiv werden möchten und nach Möglichkeiten hierfür suchen. Die Angebote, die D-A-S-H für junge Menschen, die sich gegen Rassismus und Ausgrenzung engagieren, bereitstellt, reichen von Informationen über medienpädagogische und -technische Unterstützung, über Qualifizierungsmaßnahmen bis hin zur Durchführung modellhafter Projekte. Seit Mitte 2002 wird D-A-S-H mit zusätzlicher Unterstützung durch die Kommission Jugend der Europäischen Union als europaweite Internetplattform ausgebaut. Damit versuchen wir, den Problemen von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus, die nicht vor Grenzen halt machen, gerecht zu werden und einen Beitrag zu einem einheitlichen Vorgehen in einem vereinten Europa gegen all diejenigen zu leisten, die in den Köpfen oder sogar mit Taten Schranken zwischen den Menschen aufrichten und sich über andere erheben wollen.

Mit dem Aufbau einer weiteren Internetplattform wurde Mitte des Jahres 2002 begonnen: Das VUZ-Virtuelles Umweltbildungszentrum hat sich das Ziel gesetzt, die Internetplattform für Kinder und Jugendliche zu werden, die sich aktiv mit der Umwelt auseinander setzen wollen. Auch hier sollen v.a. Umweltaktivitäten in der Praxis angeregt und unterstützt werden. Das Projekt wird Anfang 2003 mit einem Wettbewerb zum Thema ‘Wasser’ an die Öffentlichkeit treten und Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich mit ihren Ideen zu diesem Thema im Internet zu präsentieren. Als Paten konnten wir den Meteorologen Jörg Kachelmann gewinnen. Einige Pläne für das VUZ werden wir aber nicht realisieren können, denn es fehlt das Geld. Trotz intensiver Bemühungen ist es nicht gelungen, Firmen als Unterstützer für das VUZ zu finden. Das zeigt zum einen, dass das Thema Umwelt aktuell keine gesellschaftliche Priorität besitzt, und zum anderen, dass in der ökonomischen Krise, sei sie echt oder behauptet, Gutes tun zweitrangig wird. Allerdings gelang es, gemeinnützige Institutionen und Einzelpersonen zu finden, die das Projekt unterstützen.

Die Frage nach der Bedeutung und dem Nutzen neuartiger Medienentwicklungen für die Heranwachsenden steht auch hinter dem neuen Schwerpunkt unserer Forschung. Wie gehen Kinder und Jugendliche mit der ständig zunehmenden, sich ergänzenden, ersetzenden und überlappenden Medienvielfalt um? 2002 hat das Institut eine Pilotstudie zu fernsehkonvergenten Internetangeboten abgeschlossen. Im kommenden Jahr wird dies mit einer auf drei Jahre angelegten Studie, die nach der Bedeutung konvergenter Angebote im Medienensemble fragt, fortgesetzt. Schon heute sucht die Medienpädagogik Wege, mit dem Phänomen der Medienkonvergenz umzugehen. Reichweite und Sinnhaftigkeit entsprechender Modelle sind allerdings sehr unterschiedlich. Ausgehend von so genannten ökonomischen Sachzwängen beschränken sich manche medienpädagogischen Angebote auf die Heranführung an die Medientechnik und deren Beherrschung. Andere sehen in der Wissensvermittlung über Medien, v.a. über Computer und Internet (E-Learning etc.) Möglichkeiten der Kompensation vorhandener Defizite im Bildungsbereich. Wieder andere sind einer einseitigen Technikeuphorie verhaftet und würden den Computer am liebsten bereits den Säuglingen in die Wiege legen. Etliche Vertreterinnen und Vertreter der Medienpädagogik, aber auch der Politik, meinen, die Frage nach der Kompetenz beantwortet zu haben: Sie nehmen die ‚alten’ audiovisuellen und gedruckten Medien einfach nicht mehr wahr und reduzieren Medienpädagogik auf den funktionalen Umgang mit Computer und Internet. All diesen unbedachten Ansätzen sollen ganzheitliche medienpädagogische Ansätze entgegengestellt werden. Eine fundierte Analyse der Aneignung des konvergenten Medienangebots durch Kinder und Jugendliche wird dafür die entscheidenden Grundlagen erbringen.

Sowohl die beiden Internetplattformen als auch die Konvergenzforschung zeigen, dass die pädagogische Orientierung am Menschen auch im Umgang mit den digitalen Medien der Handlungsmaßstab des JFF ist. Je totaler der Medienzugriff auf unser Leben und insbesondere auf das der Heranwachsenden wird, desto wichtiger ist es, sich zu vergewissern, welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten es gibt, das Leben selbsttätig mit und ohne Medien zu gestalten, und desto dringender ist es, zu erforschen, wie die Medien in das alltägliche Leben eingreifen und wo sie dort Hilfen bieten oder Probleme bereiten. Das JFF wird auch im kommenden Jahr in Forschung und Praxis an dieser Fragestellung arbeiten.

Manchmal findet die Arbeit des JFF auch Anerkennung bei hohen Repräsentanten der Bundesrepublik, deren tägliches Metier nicht Kinder und Jugendliche sind. So hat im Herbst 2002 Bundestagspräsident Wolfgang Thierse das JFF besucht und in einem mehrstündigen Gespräch die fundierte Arbeit des Instituts gewürdigt. Besonders unsere Projekte, die sich mit Fremdenfeindlichkeit befassen – D-A-S-H und format – stießen auf sein Interesse. Er konnte jedoch auch von der Notwendigkeit überzeugt werden, dass verantwortliches pädagogisches Handeln ein empirisches Fundament durch praxisrelevante Forschung braucht.

Die angespannte ökonomische Situation, die ja Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen trifft, hat 2002 noch zu keinen stärkeren Eingriffen in die Arbeit des JFF geführt. Wir bedanken uns an dieser Stelle für die Weitsicht der Einrichtungen, die uns unterstützt haben: Dem Freistaat Bayern (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus und Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen), beim Bund (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), bei den Städten Augsburg und München, bei den Landesmedienanstalten, insbesondere bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, bei der Kommission Jugend der Europäischen Union, beim Bayerischen Rundfunk, beim ZDF und bei den vielen anderen, die an anderer Stelle im Jahresbericht genannt sind. Wir hoffen und sind überzeugt, dass wir dank dieser Weitsicht auch in den nächsten Jahren unsere anerkannte Arbeit mit gleichem Elan und gleichem Erfolg weiterführen können.

Prof. Dr. Bernd Schorb
1. Vorsitzender


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